TE Vwgh Beschluss 1999/3/3 99/04/0014

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Veröffentlicht am 03.03.1999
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Index

10/07 Verwaltungsgerichtshof;
40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

AVG §71 Abs1 Z1;
VwGG §46 Abs1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. W. Pesendorfer und die Hofräte DDr. Jakusch und Dr. Stöberl als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Martschin, über den Antrag des WO in K, vertreten durch Dr. H, Rechtsanwalt in K, auf Bewilligung der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gemäß § 46 VwGG, den Beschluß gefaßt:

Spruch

Der Antrag des Antragstellers, ihm unter Aufhebung des hg. Beschlusses vom 16. Dezember 1998, Zl. 98/04/0177-5, die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Frist zur Behebung der Mängel der zur hg. Zl. 98/04/0177 erhobenen Beschwerde zu bewilligen, wird abgewiesen.

Begründung

Mit hg. Beschluß vom 16. Dezember 1998, Zl. 98/04/0177-5, wurde das Verfahren über die vom Beschwerdeführer gegen den Bescheid des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten vom 29. Dezember 1997 erhobene Beschwerde eingestellt, weil er es unterlassen hatte, innerhalb der ihm mit Verfügung des Verwaltungsgerichtshofes vom 12. Oktober 1998 gemäß § 34 Abs. 2 VwGG gesetzten Frist dem zur Behebung der der Beschwerde anhaftenden Mängel eingebrachten ergänzenden Schriftsatz auch die ursprünglich der Beschwerde angeschlossen gewesene Kopie des angefochtenen Bescheides anzuschließen.

Mit dem nunmehr vorliegenden Antrag begehrt der Beschwerdeführer, ihm die Wiedereinsetzung gegen die Versäumung dieser Frist zu bewilligen. Er bringt hiezu in sachverhaltsmäßiger Hinsicht vor, im gegenständlichen Fall werde in der Kanzlei seines Rechtsvertreters die Tätigkeit (postalische Abfertigung von Schriftstücken samt dazugehörigen Beilagen) nahezu ausschließlich von einer bestimmten Kanzleiangestellten durchgeführt. Diese verfüge über eine reiche einschlägige berufliche Erfahrung. Sie sei seit dem Jahr 1956 durchgehend bei Rechtsanwälten beschäftigt gewesen. In der Kanzlei des Vertreters des Beschwerdeführers sei sie seit Mai 1993 beschäftigt und habe sämtliche ihr übertragenen Aufgaben, insbesondere die postalische Abfertigung von Schriftstücken samt dazugehörigen Beilagen, zur vollsten Zufriedenheit ausgeübt. Es handle sich bei ihr um eine äußerst umsichtige und verläßliche Kanzleiangestellte, der ein derartiges Versehen noch nicht unterlaufen sei. Der Rechtsvertreter des Antragstellers habe daher darauf vertrauen können, daß diese Kanzleiangestellte, nachdem er die ergänzenden Schriftsätze unterfertigt gehabt habe und auch die in Frage stehende Kopie des angefochtenen Bescheides der belangten Behörde vom 29. Dezember 1997 bei den an den Verwaltungsgerichtshof zu übermittelnden Unterlagen in der richtigen Reihenfolge gesehen habe, auch diese Beilage zusammen mit den ergänzenden Schriftsätzen an den Verwaltungsgerichtshof postalisch übermitteln werde.

Gemäß § 46 Abs. 1 VwGG ist, wenn eine Partei durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis - so dadurch, daß sie von einer Zustellung ohne ihr Verschulden keine Kenntnis erlangt hat - eine Frist versäumt und dadurch einen Rechtsnachteil erleidet, dieser Partei auf Antrag die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu bewilligen. Daß der Partei ein Verschulden an der Versäumung zur Last liegt, hindert die Bewilligung der Wiedereinsetzung nicht, wenn es sich nur um einen minderen Grad des Versehens handelt.

Wie der Antragsteller richtig hervorhebt, ist nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu dieser Bestimmung die Organisation des Kanzleibetriebes eines Rechtsanwaltes so einzurichten, daß u.a. auch die vollständige und fristgerechte Erfüllung von Mängelbehebungsaufträgen, die ja bereits das Vorliegen einer zumindest zum Teil nicht den gesetzlichen Vorschriften entsprechenden Eingabe zur Grundlage haben, gesichert erscheint. Die anwaltliche Sorgfaltspflicht umfaßt in einem solchen Fall auch die geeignete Überwachung des Fertigmachens der Postsendung zur Abgabe und die Überprüfung der Vollständigkeit der an den Verwaltungsgerichtshof in Befolgung des Verbesserungsauftrages übermittelten Aktenstücke. Unterläuft jedoch den (sonst verläßlichen) Kanzleibediensteten erst nach der Unterfertigung und Kontrolle eines fristgebundenen Schriftsatzes durch den Rechtsanwalt im Zuge der Kuvertierung oder Postaufgabe ein Fehler, so ist dieser, sofern nicht nach der konkreten Fallgestaltung ein eigenes Verschulden des Rechtsanwaltes hinzutritt, nicht dem Rechtsanwalt (und damit der Partei) als Verschulden anzurechnen (vgl. den hg. Beschluß vom 30. September 1994, Zl. 94/08/0168, und die dort zitierte hg. Vorjudikatur).

Im vorliegenden Fall trug der in Befolgung des Mängelbehebungsauftrages vom 12. Oktober 1998, Zl. 98/04/0177-2, vom Vertreter des Beschwerdeführers unterfertigte und in der Folge an den Verwaltungsgerichtshof übersandte Schriftsatz (auf der ersten Seite, rechts unten) folgenden Vermerk:

"zweifach

1 Halbschrift

4 Beilagen (2-fach)

3 Beschwerdeausfertigungen vom 19.02.1998"

Tatsächlich waren diesem Schriftsatz bei seinem Einlagen beim Verwaltungsgerichtshof vier (andere) Beilagen, nicht aber der Bescheid des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten vom 29. Dezember 1997 angeschlossen.

Unter diesen Umständen konnte der Vertreter des Beschwerdeführers, auch wenn ihm, wie im vorliegenden Antrag behauptet, bei Unterfertigung dieses Schriftsatzes eine Ausfertigung des Bescheides des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten vom 29. Dezember 1997 vorlag, nicht ohne weiteres darauf vertrauen, es werde auch diese Bescheidausfertigung bei Abfertigung des Schriftsatzes angeschlossen werden, obwohl eine entsprechende Anordnung am Schriftsatz nicht angebracht war. Daß aber der Vertreter des Beschwerdeführers in anderer Weise Vorsorge für den verläßlichen Anschluß dieser Beilage getroffen hätte, wird auch im vorliegenden Wiedereinsetzungsantrag nicht behauptet.

Den Vertreter des Beschwerdeführers trifft somit am Unterbleiben des Anschlusses der fraglichen Beilage ein eigenes Verschulden, das im Hinblick darauf, daß es sich bei dem fraglichen Schriftsatz bereits um einen zur Verbesserung von der Beschwerde anhaftenden Mängeln erstatteten Schriftsatz handelte, einen minderen Grad des Versehens übersteigt.

Dem Antrag konnte daher nicht stattgegeben werden. Wien, am 3. März 1999

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1999:1999040014.X00

Im RIS seit

20.11.2000
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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