Entscheidungsdatum
27.03.2019Norm
BBG §40Spruch
W265 2215840-1/4E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Karin RETTENHABER-LAGLER als Vorsitzende und die Richterin Dr. Tanja KOENIG-LACKNER sowie die fachkundige Laienrichterin Dr. Christina MEIERSCHITZ als Beisitzerinnen über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , gegen den Bescheid des Sozialministeriumservice, Landesstelle Wien, vom 06.02.2019, betreffend die Abweisung des Antrages auf Ausstellung eines Behindertenpasses zu Recht erkannt:
A)
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
I. Verfahrensgang:
Die Beschwerdeführerin stellte am 23.05.2018 beim Sozialministeriumservice (in der Folge auch als belangte Behörde bezeichnet) einen Antrag auf Ausstellung eines Behindertenpasses und legte dabei ein Konvolut an medizinischen Befunden vor.
Die belangte Behörde gab in der Folge ein Sachverständigengutachten eines Arztes für Allgemeinmedizin unter Anwendung der Bestimmungen der Einschätzungsverordnung in Auftrag. In dem auf einer persönlichen Untersuchung der Beschwerdeführerin am 13.09.2018 basierenden Gutachten vom 31.12.2018 wurde Folgendes - hier in den wesentlichen Teilen wiedergegeben - ausgeführt:
"Anamnese:
AE, 2x Curretage, Meniskusoperation rechtes Knie; 2008 und 2009 Tumorektomie beide Brüste - zuerst links, dann rechts; Hashimoto bekannt; Behandlungen wegen Depressio.
Derzeitige Beschwerden:
Frau XXXX berichtet über ihre Kniebeschwerden rechts, über ihre Depressionen, über ihre Brustschmerzen und über ihre Gewichtsprobleme.
Behandlung/en / Medikamente / Hilfsmittel:
Euthyrox, Oleovit, Durotiv, Simvastatin, Escitalopram, Trittico retard, Tizanidin, Deanxit, Seractil forte.
Sozialanamnese:
arbeitslos, verheiratet, ein Kind - kommt auf Anraten der Nachbarin zur Untersuchung - vielleicht hat man dann mehr Chancen auf die Pension.
Zusammenfassung relevanter Befunde (inkl. Datumsangabe):
Befundnachreichung MRT linkes Kniegelenk - Diagnosezentrum Brigittenau - 13.10.2018:
Chondropathia patellae Grad IV lateralbetont, Kniegelenksbinnenstrukturen unauffällig.
MRT rechtes Kniegelenk: winzige Restmenisci am Vorder- und Hinterhornbereich, Chondropathia patellae Grad IV lateralbetont.
Röntgenbefund Gesamte WS und Becken - XXXX - vom 8.5.2018:
Osteochondrosen, Uncovertebralgelenksarthrosen, Spondylosen, rotationsskoliotische Fehlhaltung, mäßige ISG-Arthrosen, mäßige Coxa vara beidseits.
Mammasonographie beidseits - XXXX - vom 20.4.2018: unauffälliger postoperativer Befund - Mammateilresektion bds. - malignomsuspekte Strukturen sind nicht nachweisbar.
Neuropsychiatrischer Befund - XXXX - vom 16.10.2017:
posttraumatische Störung mit flash backs, St. p. Mamma-Ca, Panikattacken.
Röntgen beider Kniegelenke - XXXX - vom 29.8.2017: medial und retropatellar betonte Gonarthrosen beidseits - rechts etwas ausgeprägter als links.
Schilddrüsensonographie - XXXX - vom 6.6.2017: geringe Größenabnahme bei chronischer Immunthyreopathie vom Typ Hashimoto.
Untersuchungsbefund:
Allgemeinzustand:
gut
Ernährungszustand:
adipös
Größe: 158 cm Gewicht: 99 kg Blutdruck: 145/90
Klinischer Status - Fachstatus:
Kopf/Hals: Haut und sichtbare Schleimhäute gut durchblutet, Visus (Brillenträgerin) und Gehör altersentsprechend unauffällig, unauffällige Halsorgane.
Thorax/Herz/Lunge: Narben nach Tumorektomie beidseits und axillärer
Lymphknotenexstirpation beidseits; auskultatorisch unauffällig, Nichtraucherin, keine Atemauffälligkeiten.
Abdomen: über TN, unauffällige Organgrenzen, AE-Narbe, keine Druckempfindlichkeit.
Extremitäten: Narbe rechtes Knie medial - geringes Beugedefizit rechtes Knie, linkes Knie frei beweglich, übrige Gelenke auch frei beweglich, kein Tremor, keine Ödeme, keine sensomotorischen Defizite.
Wirbelsäule: unauffällig strukturiert, frei bewegliche HWS, LWS -
FBA im Stehen: 10 cm.
Gesamtmobilität - Gangbild:
Frei, sicher praktisch unbehindert.
Status Psychicus:
Voll orientiert, Stimmung und Antrieb unauffällig, kooperativ.
Ergebnis der durchgeführten Begutachtung:
Lfd. Nr.
Bezeichnung der körperlichen, geistigen oder sinnesbedingten Funktionseinschränkungen, welche voraussichtlich länger als sechs Monate andauern werden: Begründung der Positionsnummer und des Rahmensatzes:
Pos.Nr.
GdB %
1
Posttraumatische Belastungsstörung mit Flash backs Unterer Rahmensatz, da psychopathologisch stabil und sozial integriert.
03.05.04
30
2
Mammateilresektion beidseits wegen Malignombefund Eine Stufe über dem unteren Rahmensatz, da Heilungsbewährung abgeschlossen; keine Progression bekannt.
13.01.02
20
3
Abnützungserscheinungen am Stütz- und Bewegungsorgan Oberer Rahmensatz, da nachvollziehbare Beschwerden, beweisende radiologische Befunde und geringe Funktionsdefizite vorliegen.
02.02.01
20
4
Thyreoiditis Hashimoto Unterer Rahmensatz, da medikamentös gut behandelbar.
09.01.01
10
Gesamtgrad der Behinderung 30 v.H.
Begründung für den Gesamtgrad der Behinderung:
Leiden 1 wird durch die Leiden 2-4 wegen fehlender maßgeblicher ungünstiger Beeinflussung des Hauptleidens und fehlender maßgeblicher funktioneller Zusatzrelevanz nicht weiter erhöht.
Folgende beantragten bzw. in den zugrunde gelegten Unterlagen diagnostizierten Gesundheitsschädigungen erreichen keinen Grad der Behinderung:
Adipositas ist ein Risikofaktor - bedingt keinen Grad der Behinderung.
Stellungnahme zu gesundheitlichen Änderungen im Vergleich zum Vorgutachten:
Entfällt, da Erstuntersuchung.
Begründung für die Änderung des Gesamtgrades der Behinderung:
Entfällt, da Erstuntersuchung.
[x] Dauerzustand
..."
Mit Schreiben vom 02.01.2019 brachte die belangte Behörde der Beschwerdeführerin das Ergebnis des Ermittlungsverfahrens in Wahrung des Parteiengehörs gemäß § 45 AVG zur Kenntnis und räumte ihr die Möglichkeit einer Stellungnahme ein. Die Beschwerdeführerin gab keine Stellungnahme ab.
Mit dem angefochtenen Bescheid vom 06.02.2019 wies die belangte Behörde den Antrag der Beschwerdeführerin auf Ausstellung eines Behindertenpasses ab und führte begründend aus, dass das medizinische Beweisverfahren einen Grad der Behinderung von 30 v.H. ergeben habe und somit die Voraussetzungen zur Ausstellung eines Behindertenpasses nicht gegeben seien. Die wesentlichen Ergebnisse des ärztlichen Begutachtungsverfahrens seien dem Beiblatt, das einen Bestandteil der Begründung bilde, zu entnehmen. Der Beschwerdeführerin sei Gelegenheit gegeben worden, zum Ergebnis des Ermittlungsverfahrens Stellung zu nehmen. Da eine Stellungnahme innerhalb der gesetzten Frist nicht eingelangt sei, habe vom Ergebnis des Ermittlungsverfahrens nicht abgegangen werden können. Mit dem Bescheid wurde der Beschwerdeführerin das ärztliche Sachverständigengutachten übermittelt.
Mit E-Mail vom 07.03.2019 erhob die Beschwerdeführerin gegen diesen Bescheid fristgerecht die gegenständliche, als "Berufung" bezeichnete Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht. Darin brachte sie im Wesentlichen vor, mit dem Bescheid bzw. dem diesem zugrundeliegenden Gutachten nicht einverstanden zu sein, ihre Beschwerden hätten sich verschlechtert. Sie ersuchte um Kenntnisnahme des der Beschwerde angeschlossenen Befundes. Der Beschwerde wurde ein MRT-Befund beider Kniegelenke vom 21.02.2019 angeschlossen.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
Die Beschwerdeführerin brachte am 23.05.2018 den gegenständlichen Antrag auf Ausstellung eines Behindertenpasses beim Sozialministeriumservice ein.
Die Beschwerdeführerin hat ihren Wohnsitz bzw. gewöhnlichen Aufenthalt im Inland.
Bei der Beschwerdeführerin bestehen folgende Funktionseinschränkungen, die voraussichtlich länger als sechs Monate andauern werden:
1. Posttraumatische Belastungsstörung mit Flash backs
2. Mammateilresektion beidseits wegen Malignombefund
3. Abnützungserscheinungen am Stütz- und Bewegungsapparat
4. Thyreoditis Hashimoto
Hinsichtlich der bei der Beschwerdeführerin bestehenden Funktionseinschränkungen, deren Ausmaß, medizinischer Einschätzung und deren wechselseitiger Leidensbeeinflussung werden die diesbezüglichen Beurteilungen im seitens der belangten Behörde eingeholten Sachverständigengutachten eines Arztes für Allgemeinmedizin vom 31.12.2018 zu Grunde gelegt.
Der Gesamtgrad der Behinderung der Beschwerdeführerin beträgt aktuell 30 v.H.
2. Beweiswürdigung:
Das Datum der Einbringung des gegenständlichen Antrages auf Ausstellung eines Behindertenpasses basiert auf dem Akteninhalt.
Die Feststellung zum Wohnsitz bzw. gewöhnlichen Aufenthalt der Beschwerdeführerin im Inland ergibt sich aus dem Akt; konkrete Anhaltspunkte dafür, dass die Beschwerdeführerin ihren Wohnsitz bzw. gewöhnlichen Aufenthalt nicht im Inland hätte, sind im Verfahren nicht hervorgekommen.
Der Gesamtgrad der Behinderung gründet sich auf das durch die belangte Behörde eingeholte Sachverständigengutachten eines Arztes für Allgemeinmedizin vom 31.12.2018, basierend auf einer persönlichen Untersuchung der Beschwerdeführerin am 13.09.2018.
Darin wird auf die Art der Leiden der Beschwerdeführerin und deren Ausmaß schlüssig und widerspruchsfrei eingegangen. Der sachverständige Gutachter setzt sich auch mit der Frage der wechselseitigen Leidensbeeinflussungen und dem Zusammenwirken der zu berücksichtigenden Gesundheitsschädigungen auseinander. Die getroffenen Einschätzungen, basierend auf den im Rahmen der persönlichen Untersuchung erhobenen Befunden, entsprechen den festgestellten Funktionsbeeinträchtigungen. Die Gesundheitsschädigungen wurden nach der Einschätzungsverordnung richtig eingestuft.
Das Beschwerdevorbringen, wonach sich der Zustand der Beschwerdeführerin verschlechtert habe, kann durch den vorgelegten MRT-Befund vom 21.02.2019 nicht bestätigt werden. In diesem Befund der beiden Kniegelenke wird eine geringe, medialbetonte Gonarthrose und eine beginnende Femoropatellararthrose links, eine mittelgradige, medialbetonte Gonarthrose und mittelgradige Femoropatellararthrose rechts und eine geringe Patellalateralisation beidseits diagnostiziert. Daraus lässt sich keine nennenswerte Verschlechterung des bereits im Gutachten vom 31.12.2018 berücksichtigten Knieleidens erkennen. Die Beschwerdeführerin berichtete im Rahmen der Anamnese am 13.09.2018 über Kniebeschwerden im rechten Knie, der Sachverständige hielt auch die Ergebnisse der bei Antragsstellung vorgelegten Befund in seinem Gutachten fest. Demnach wurde im vorgelegten Röntgenbefund beider Kniegelenke vom 29.08.2017 eine medial und retropatellar betonte Gonarthrose beidseits, rechts etwas ausgeprägter als links, festgestellt. In einem nachgterichten MRT-Befund vom 13.10.2018 wurden im linken Kniegelenk eine Chondropathia patellae Grad IV lateralbetont und unauffällige Kniegelenksbinnenstrukturen, im rechten Kniegelenk winzige Restmenisci am Vorder- und Hinterhornbereich und eine Chondropathia patellae Grad IV lateralbetont diagnostiziert. In der Untersuchung durch den Gutachter zeigte sich ein geringes Beugedefizit im rechten Knie, das linke Knie war frei beweglich. Die Abnützungserscheinungen im Stütz- und Bewegungsapparat, welche auch die Kniegelenke umfassen, sind daher mit dem oberen Rahmensatz der Positionsnummer 02.02.01 und einem Grad der Behinderung von 20 vH korrekt eingestuft, da die geschilderten Beschwerden nachvollziehbar und durch radiologische Befunde belegt sind, jedoch nur geringe Funktionsdefizite bestehen. Die bestehenden Kniebeschwerden sind somit im Gutachten berücksichtigt, eine Verschlechterung dieses Leidens ist nicht objektivierbar.
Der im Rahmen der Beschwerde vorgelegte Befund war somit nicht geeignet, eine andere Beurteilung der Funktionsbeeinträchtigungen mit einem höheren Grad der Behinderung herbeizuführen bzw. eine zwischenzeitig eingetretene Verschlechterung der Leidenszustände zu belegen und allenfalls zu einer anderen rechtlichen Beurteilung zu führen.
Die Beschwerdeführerin ist dem vorliegenden Sachverständigengutachten im Lichte obiger Ausführungen daher nicht auf gleicher fachlicher Ebene entgegengetreten, steht es dem Antragsteller, so er der Auffassung ist, dass seine Leiden nicht hinreichend berücksichtigt wurden, nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes doch frei, das im Auftrag der Behörde erstellte Gutachten durch die Beibringung eines Gegengutachtens eines Sachverständigen seiner Wahl zu entkräften (vgl. etwa VwGH 27.06.2000, 2000/11/0093).
Seitens des Bundesverwaltungsgerichtes bestehen folglich keine Zweifel an der Richtigkeit, Vollständigkeit, Widerspruchsfreiheit und Schlüssigkeit des vorliegenden Sachverständigengutachtens vom 31.12.2018. Dieses wird daher in freier Beweiswürdigung der gegenständlichen Entscheidung zu Grunde gelegt.
3. Rechtliche Beurteilung:
Zu Spruchteil A)
Die gegenständlich maßgeblichen Bestimmungen des Bundesbehindertengesetzes lauten auszugsweise:
"§ 40. (1) Behinderten Menschen mit Wohnsitz oder gewöhnlichem Aufenthalt im Inland und einem Grad der Behinderung oder einer Minderung der Erwerbsfähigkeit von mindestens 50% ist auf Antrag vom Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen (§ 45) ein Behindertenpass auszustellen, wenn
1. ihr Grad der Behinderung (ihre Minderung der Erwerbsfähigkeit) nach bundesgesetzlichen Vorschriften durch Bescheid oder Urteil festgestellt ist oder
2. sie nach bundesgesetzlichen Vorschriften wegen Invalidität, Berufsunfähigkeit, Dienstunfähigkeit oder dauernder Erwerbsunfähigkeit Geldleistungen beziehen oder
3. sie nach bundesgesetzlichen Vorschriften ein Pflegegeld, eine Pflegezulage, eine Blindenzulage oder eine gleichartige Leistung erhalten oder
...
5. sie dem Personenkreis der begünstigten Behinderten im Sinne des Behinderteneinstellungsgesetzes, BGBl. Nr. 22/1970, angehören.
(2) Behinderten Menschen, die nicht dem im Abs. 1 angeführten Personenkreis angehören, ist ein Behindertenpaß auszustellen, wenn und insoweit das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen auf Grund von Vereinbarungen des Bundes mit dem jeweiligen Land oder auf Grund anderer Rechtsvorschriften hiezu ermächtigt ist.
§ 41. (1) Als Nachweis für das Vorliegen der im § 40 genannten Voraussetzungen gilt der letzte rechtskräftige Bescheid eines Rehabilitationsträgers (§ 3) oder ein rechtskräftiges Urteil eines Gerichtes nach dem Arbeits- und Sozialgerichtsgesetz, BGBl. Nr. 104/1985, ein rechtskräftiges Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes oder die Mitteilung über die Gewährung der erhöhten Familienbeihilfe gemäß § 8 Abs. 5 des Familienlastenausgleichsgesetzes 1967, BGBl. Nr. 376. Das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen hat den Grad der Behinderung nach der Einschätzungsverordnung (BGBl. II Nr. 261/2010) unter Mitwirkung von ärztlichen Sachverständigen einzuschätzen, wenn
1. nach bundesgesetzlichen Vorschriften Leistungen wegen einer Behinderung erbracht werden und die hiefür maßgebenden Vorschriften keine Einschätzung vorsehen oder
2. zwei oder mehr Einschätzungen nach bundesgesetzlichen Vorschriften vorliegen und keine Gesamteinschätzung vorgenommen wurde oder
3. ein Fall des § 40 Abs. 2 vorliegt.
...
§ 42. (1) Der Behindertenpass hat den Vornamen sowie den Familien- oder Nachnamen, das Geburtsdatum, eine allfällige Versicherungsnummer, den Wohnort und einen festgestellten Grad der Behinderung oder der Minderung der Erwerbsfähigkeit zu enthalten und ist mit einem Lichtbild auszustatten. Zusätzliche Eintragungen, die dem Nachweis von Rechten und Vergünstigungen dienen, sind auf Antrag des behinderten Menschen zulässig. Die Eintragung ist vom Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen vorzunehmen.
...
§ 45. (1) Anträge auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme einer Zusatzeintragung oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung sind unter Anschluss der erforderlichen Nachweise bei dem Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen einzubringen.
(2) Ein Bescheid ist nur dann zu erteilen, wenn einem Antrag gemäß Abs. 1 nicht stattgegeben, das Verfahren eingestellt (§ 41 Abs. 3) oder der Pass eingezogen wird. Dem ausgestellten Behindertenpass kommt Bescheidcharakter zu.
(3) In Verfahren auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme von Zusatzeintragungen oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung hat die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts durch den Senat zu erfolgen.
(4) Bei Senatsentscheidungen in Verfahren gemäß Abs. 3 hat eine Vertreterin oder ein Vertreter der Interessenvertretung der Menschen mit Behinderung als fachkundige Laienrichterin oder fachkundiger Laienrichter mitzuwirken. Die fachkundigen Laienrichterinnen oder Laienrichter (Ersatzmitglieder) haben für die jeweiligen Agenden die erforderliche Qualifikation (insbesondere Fachkunde im Bereich des Sozialrechts) aufzuweisen.
§ 47. Der Bundesminister für Arbeit und Soziales ermächtigt, mit Verordnung die näheren Bestimmungen über den nach § 40 auszustellenden Behindertenpaß und damit verbundene Berechtigungen festzusetzen."
Wie oben unter Punkt II.2. ausgeführt, wird der gegenständlichen Entscheidung das seitens der belangten Behörde eingeholte Sachverständigengutachten eines Arztes für Allgemeinmedizin vom 31.12.2018, beruhend auf einer persönlichen Untersuchung der Beschwerdeführerin am 13.09.2018 zu Grunde gelegt, wonach der Grad der Behinderung der Beschwerdeführerin aktuell 30 v.H. beträgt. Die Funktionseinschränkungen wurden im Gutachten entsprechend den Bestimmungen der Einschätzungsverordnung richtig eingestuft.
Die Beschwerdeführerin ist diesem medizinischen Sachverständigengutachten, wie bereits erwähnt, nicht auf gleicher fachlicher Ebene entgegengetreten, steht es dem Antragsteller, so er der Auffassung ist, dass seine Leiden nicht hinreichend berücksichtigt wurden, nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes doch frei, das im Auftrag der Behörde erstellte Gutachten durch die Beibringung eines Gegengutachtens eines Sachverständigen seiner Wahl zu entkräften (vgl. etwa das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 27.06.2000, Zl. 2000/11/0093).
Mit einem Gesamtgrad der Behinderung von 30 v.H. sind die Voraussetzungen für die Ausstellung eines Behindertenpasses gemäß § 40 Abs. 1 BBG, wonach behinderten Menschen mit Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt im Inland und einem Grad der Behinderung oder einer Minderung der Erwerbstätigkeit von mindestens 50 v.H. ein Behindertenpass auszustellen ist, aktuell nicht erfüllt.
Im Übrigen ist aber auch darauf hinzuweisen, dass bei einer späteren Verschlechterung des Leidenszustandes die neuerliche Einschätzung des Grades der Behinderung nach Maßgabe des § 41 Abs. 2 BBG in Betracht kommt.
Die Beschwerde war daher spruchgemäß abzuweisen.
Zum Entfall einer mündlichen Verhandlung:
Gemäß § 24 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen.
Gemäß § 24 Abs. 2 VwGVG kann die Verhandlung entfallen, wenn
1. der das vorangegangene Verwaltungsverfahren einleitende Antrag der Partei oder die Beschwerde zurückzuweisen ist oder bereits auf Grund der Aktenlage feststeht, dass der mit Beschwerde angefochtene Bescheid aufzuheben, die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt oder die angefochtene Weisung für rechtswidrig zu erklären ist oder
2. die Säumnisbeschwerde zurückzuweisen oder abzuweisen ist.
Gemäß § 24 Abs. 3 VwGVG hat der Beschwerdeführer die Durchführung einer Verhandlung in der Beschwerde oder im Vorlageantrag zu beantragen. Den sonstigen Parteien ist Gelegenheit zu geben, binnen angemessener, zwei Wochen nicht übersteigender Frist einen Antrag auf Durchführung einer Verhandlung zu stellen. Ein Antrag auf Durchführung einer Verhandlung kann nur mit Zustimmung der anderen Parteien zurückgezogen werden.
Gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG kann, soweit durch Bundes- oder Landesgesetz nicht anderes bestimmt ist, das Verwaltungsgericht ungeachtet eines Parteiantrags von einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und einem Entfall der Verhandlung weder Art. 6 Abs. 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, BGBl. Nr. 210/1958, noch Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union, ABl. Nr. C 83 vom 30.03.2010 S. 389 entgegenstehen.
Die Frage der Feststellung des Gesamtgrades der Behinderung wurde unter Mitwirkung eines ärztlichen Sachverständigen geprüft. Die strittigen Tatsachenfragen (Art und Ausmaß der Funktionseinschränkungen) gehören dem Bereich zu, der vom Sachverständigen zu beleuchten ist. Der entscheidungsrelevante Sachverhalt ist vor dem Hintergrund des vorliegenden, nicht substantiiert bestrittenen schlüssigen Sachverständigengutachtens geklärt, sodass im Sinne der Judikatur des EGMR und der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. VwGH 16.12.2013, 2011/11/0180) und des Verfassungsgerichtshofes (vgl. VfGH 09.06.2017, E 1162/2017) eine mündliche Verhandlung nicht geboten war. Art. 6 EMRK bzw. Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union stehen somit dem Absehen von einer mündlichen Verhandlung gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG nicht entgegen. Im vorliegenden Fall wurde darüber hinaus seitens beider Parteien eine mündliche Verhandlung nicht beantragt (vgl. VwGH 16.12.2013, 2011/11/0180 mit weiterem Verweis auf die Entscheidung des EGMR vom 21.03.2002, Nr. 32.636/96). All dies lässt die Einschätzung zu, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten ließ und eine Entscheidung ohne vorherige Verhandlung im Beschwerdefall nicht nur mit Art. 6 EMRK und Art. 47 GRC kompatibel ist, sondern auch im Sinne des Gesetzes (§ 24 Abs. 1 VwGVG) liegt, weil damit dem Grundsatz der Zweckmäßigkeit, Raschheit, Einfachheit und Kostenersparnis (§ 39 Abs. 2a AVG) gedient ist, gleichzeitig aber das Interesse der materiellen Wahrheit und der Wahrung des Parteiengehörs nicht verkürzt wird.
Zu Spruchteil B)
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
Konkrete Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung sind weder in der gegenständlichen Beschwerde vorgebracht worden noch im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht hervorgekommen. Das Bundesverwaltungsgericht konnte sich bei allen erheblichen Rechtsfragen auf Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bzw. auf eine ohnehin klare Rechtslage stützen.
Schlagworte
Behindertenpass, Grad der Behinderung, SachverständigengutachtenEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2019:W265.2215840.1.00Zuletzt aktualisiert am
06.06.2019