Entscheidungsdatum
27.03.2019Norm
AsylG 2005 §3 Abs1Spruch
W217 2124660-1/24Z
BESCHLUSS
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Julia STIEFELMEYER als Einzelrichterin über die Beschwerde des XXXX , StA. Afghanistan, geb. XXXX , vertreten durch MigrantInnenverein St. Marx, gegen Spruchpunkt I. des Bescheides des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 16.03.2016, Zl. XXXX , beschlossen:
A)
Das Verfahren wird wegen Zurückziehung der Beschwerde hinsichtlich Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides vom 16.03.2016 eingestellt.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
I. Verfahrensgang:
1. Herr XXXX (in der Folge BF), StA. Afghanistan, stellte am 30.10.2015 einen Antrag auf Gewährung von internationalem Schutz.
1.1. Bei der Erstbefragung vor Organen der PI Schwechat am 31.10.2015 führte der BF aus, er habe Afghanistan wegen der schlechten Sicherheitslage und wegen der Armut verlassen. In seiner Provinz seien die Taliban sehr mächtig. Sie hätten von ihm verlangt, dass er mit ihnen in den Krieg ziehe oder sie finanziell unterstütze. Da er beides nicht gekonnt habe, habe er das Land verlassen. Einmal seien die Taliban auch bei ihm zu Hause gewesen und hätten die Tazkiras der Familie verbrannt.
1.2. In der Einvernahme vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (in der Folge BFA) am 16.03.2016 führte der BF aus, er sei verheiratet und habe drei Kinder. Er sei am XXXX in Baghlan geboren und schiitischer Hazara. Er könne nicht ausschließen, dass er Verwandte in der Hauptstadt Kabul habe. Er habe die Grundschule besucht und als Hilfsarbeiter gearbeitet. Zu seinen Fluchtgründen befragt führte der BF aus, in dem Jahr als Ashraf Ghani Präsident geworden sei, seien die Taliban zu ihm gekommen und hätten ihn rekrutieren wollen. Sie hätten damals den ganzen Distrikt eingenommen und alle jungen Männer dort rekrutiert bzw. terrorisiert. Es habe keinen konkreten Vorfall mit ihm gegeben. Aus Angst um sein Leben habe er seine Familie verlassen müssen. Seine Familie sei nicht mehr dort, alles sei verbrannt worden, damit meine er das Haus. Das sei alles passiert nachdem sie geflüchtet seien. Seine Familie lebe zwar noch dort, aber bei den Nachbarn, diese seien auch Hazara. Der BF habe telefonischen Kontakt zu den Nachbarn. Über den Brand habe er Kenntnis durch seine Familie, diese habe ihm davon am Telefon erzählt.
1.3. Mit Bescheid vom 16.03.2016 wies das BFA unter Spruchpunkt I. den Antrag des BF auf internationalen Schutz hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005, BGBl I Nr. 100/2005 (AsylG) idgF ab. Unter Spruchpunkt II. wurde der Antrag auf internationalen Schutz hinsichtlich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG in Bezug auf den Herkunftsstaat Afghanistan abgewiesen. Unter Spruchpunkt III. wurde dem BF ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß §§ 57 und 55 AsylG nicht erteilt. Gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG wurde gegen den BF eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen und festgestellt, dass die Abschiebung des BF nach Afghanistan gemäß § 46 FPG zulässig ist. Gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG betrage die Frist für die freiwillige Ausreise des BF 2 Wochen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung (Spruchpunkt IV.).
Begründend führte das BFA aus, die Identität des BF stehe nicht fest. Der BF sei afghanischer Staatsangehöriger. Seine Angaben zum Fluchtgrund seien "blass" und wenig detailreich geschildert, sein Vorbringen absolut unglaubhaft. Der BF sei ein arbeitsfähiger, gesunder junger Mann, von dem die grundsätzliche Teilnahmemöglichkeit am Erwerbsleben vorausgesetzt werden könne. Es bestehe eine taugliche innerstaatliche Fluchtalternative. Es wäre ihm jedenfalls möglich, den Lebensunterhalt in Kabul zu bestreiten. Es könne nicht angenommen werden, dass der BF im Falle einer Rückkehr einer existenziellen Bedrohung ausgesetzt sein könnte, sodass die Abschiebung eine Verletzung des Art. 3 EMRK bedeuten würde. Die Rückkehrentscheidung stelle keinen Eingriff in die Achtung des Familienlebens dar. Auch seien im Verfahren keine Ansatzpunkte hervorgetreten, die die Vermutung einer besonderen Integration des BF in Österreich rechtfertigen würden.
2. Mit Beschwerde vom 29.03.2016 bekämpfte der BF sämtliche Spruchpunkte des Bescheides vom 16.03.2016. Der BF brachte im Wesentlichen vor, dass er bei Taliban gearbeitet habe und von dort direkt geflohen sei. Daraufhin sei das Haus seiner Familie abgebrannt. Die Familie müsse nun verteilt auf Nachbarn und andere Familienmitglieder wohnen.
In einem weiteren Schriftsatz vom 05.10.2017 wurde eine Ergänzung der Beschwerde vorgelegt, worin vorgebracht wurde, das Dorf des BF bestehe aus ca. 200 Häusern und werde von Hazara und Sayed bewohnt. Das umliegende Gebiet sei ethnisch durchmischt. Alle Einwohner bis auf die Hazara und die Sayed hätten sich den Taliban angeschlossen oder mit diesen kooperiert. In der Folge sei die Lage für die Hazara und Sayed immer bedrückender geworden. Hazara sei pauschal unterstellt worden, die Regierung zu unterstützen. Talibankämpfer hätten immer wieder deren Häuser aufgesucht und diese nach Tazkira oder afghanischen Wahlkarten durchsucht. Sowohl der BF als auch sein Vater seien von den Taliban persönlich angesprochen, der BF überdies auf seinem Weg zu seinem Arbeitsplatz regelmäßig von den Taliban kontrolliert worden. Hazara seien am Ende der Willkür der Taliban ausgesetzt gewesen, weshalb der BF sich zur Flucht entschlossen habe, woraufhin seine Eltern geschlagen worden seien und ihr Haus angezündet worden sei. Dem BF drohe Verfolgung in seiner Heimatsprovinz. Da der BF den Taliban in seinem Gebiet persönlich bekannt sei, würde sich die Bedrohung auch auf andere Teile Afghanistans, insbesondere auch auf Kabul erstrecken, vor allem deshalb, weil eine Ansiedlung wohl nur in den nach Ethnien getrennten Elendsvierteln möglich wäre und die hohe Wahrscheinlichkeit bestehe, dass auch Personen seiner Herkunftsregion dort leben. 3. Am 22.03.2019 fand vor dem Bundesverwaltungsgericht eine öffentliche mündliche Verhandlung statt, im Zuge derer der BF die Beschwerde, soweit sie sich gegen Spruchpunkt I. bezieht, zurückgezogen hat.
II. Rechtliche Beurteilung:
Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.
Da in den hier maßgeblichen gesetzlichen Bestimmungen eine Senatszuständigkeit nicht vorgesehen ist, obliegt somit in gegenständlicher Rechtssache die Entscheidung dem nach der jeweils geltenden Geschäftsverteilung des Bundesverwaltungsgerichtes zuständigen Einzelrichter.
Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das VwGVG, BGBl. I 2013/33 idgF, geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.
Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung - BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes - AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 - DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.
Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen.
Gemäß § 31 Abs. 1 VwGVG erfolgen die Entscheidungen und Anordnungen durch Beschluss, soweit nicht ein Erkenntnis zu fällen ist.
Gemäß § 13 Abs. 7 AVG können Anbringen in jeder Lage des Verfahrens zurückgezogen werden.
In welchen Fällen das Verfahren einzustellen ist, regelt das VwGVG nicht. Die Einstellung steht nach allgemeinem Verständnis am Ende jenes Verfahrens, in denen ein Erledigungsanspruch nach Beschwerdeeinbringung verloren geht, worunter auch der Fall der Zurückziehung der Beschwerde zu subsumieren ist (vgl. Fister/Fuchs/Sachs, Das neue Verwaltungsgerichtsverfahren [2013] § 28 VwGVG, Anm. 5).
Zu A)
Da der BF während der mündlichen Verhandlung vom 22.03.2019 seine Beschwerde gegen Spruchpunkt I. des Bescheides des BFA vom 16.03.2016, Zl. XXXX , zur Abweisung seines Antrages auf internationalen Schutz hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten zurückgezogen hat, ist der angefochtene Bescheid zu Spruchpunkt I. rechtskräftig geworden. Das diesbezügliche Verfahren ist gemäß § 13 Abs. 7 AVG iVm §§ 28 Abs. 1 und 31 Abs. 1 VwGVG mit Beschluss einzustellen (vgl VwGH 29.04.2015, Fr 2014/20/0047).
Zu B):
Gemäß § 25a Abs. 1 des Verwaltungsgerichtshofgesetzes 1985 (VwGG), BGBl. Nr. 10/1985 in der geltenden Fassung, hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision gegen die gegenständliche Entscheidung ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt.
Schlagworte
Verfahrenseinstellung, ZurückziehungEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2019:W217.2124660.1.00Zuletzt aktualisiert am
05.06.2019