TE Bvwg Erkenntnis 2019/3/27 I414 2119090-3

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 27.03.2019
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Entscheidungsdatum

27.03.2019

Norm

AsylG 2005 §10 Abs1 Z3
AsylG 2005 §55
AsylG 2005 §58 Abs10
BFA-VG §18 Abs2
BFA-VG §21 Abs7
BFA-VG §9
B-VG Art.133 Abs4
EMRK Art.2
EMRK Art.3
EMRK Art.8
FPG §46
FPG §50 Abs1
FPG §50 Abs2
FPG §50 Abs3
FPG §52 Abs2 Z2
FPG §52 Abs9
VwGVG §24
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §28 Abs2

Spruch

I414 2119090-3/3E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Christian EGGER als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX, Staatsangehörigkeit Nigeria, vertreten durch Mag. Brigitte TCHOUKWE TCHOUA, gegen den Bescheid des Bundesamts für Fremdenwesen und Asyl vom 15.02.2019, Zl. XXXX, zu Recht erkannt:

A)

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

Der Beschwerdeführer reiste illegal in das österreichische Bundesgebiet ein und stellte am 26.01.2014 einen Antrag auf internationalen Schutz.

Mit Bescheid der belangten Behörde vom 09.12.2015, Zl. XXXX, wies die belangte Behörde den Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Absatz 1 iVm § 2 Absatz 1 Ziffer 13 Asylgesetz 2005, BGBl. I Nr.100/2005 (AsylG) idgF (Spruchpunkt I.) sowie hinsichtlich des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf seinen Herkunftsstaat Nigeria gemäß § 8 Absatz 1 iVm § 2 Absatz 1 Ziffer 13 AsylG (Spruchpunkt II.) als unbegründet ab. Zugleich wurde dem Beschwerdeführer ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß §§ 57 und 55 AsylG nicht erteilt. Gemäß § 10 Absatz 1 Ziffer 3 AsylG iVm § 9 BFA-Verfahrensgesetz, BGBl. I Nr. 87/2012 (BFA-VG) idgF wurde gegen den Beschwerdeführer eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Absatz 2 Ziffer 2 Fremdenpolizeigesetz 2005, BGBl. I Nr. 100/2005 (FPG) idgF erlassen. Weiters wurde gemäß § 52 Absatz 9 FPG festgestellt, dass seine Abschiebung gemäß § 46 FPG nach Nigeria zulässig ist (Spruchpunkt III.). Die Frist für eine freiwillige Ausreise wurde gemäß § 55 Absatz 1 bis 3 FPG mit zwei Wochen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung festgesetzt (Spruchpunkt IV.).

Die gegen diesen Bescheid fristgerecht erhobene Beschwerde wurde nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 25.02.2016 mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 28.04.2016, Zl. I409 2119090-1/7E als unbegründet abgewiesen. Diese Entscheidung erwuchs in Rechtskraft.

Am 14.09.2017 stellte der Beschwerdeführer erneut einen Antrag auf internationalen Schutz.

Mit Bescheid der belangten Behörde vom 08.05.2018, Zl. XXXX wurde der Antrag auf internationalen Schutz hinsichtlich des Status des Asylberechtigten vom 14.09.2017 gemäß § 68 Abs. 1 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 wegen entschiedener Sache zurückgewiesen (Spruchpunkt I.) Zugleich wurde der Antrag auf internationalen Schutz hinsichtlich des Status des subsidiär Schutzberechtigten gemäß § 68 Abs. 1 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 wegen entschiedener Sache zurückgewiesen (Spruchpunkt II.). Weiters wurde dem Beschwerdeführer ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG nicht erteilt (Spruchpunkt III.). Gemäß § 10 Absatz 1 Ziffer 3 AsylG iVm § 9 BFA-Verfahrensgesetz, BGBl I Nr. 87/2012 (BFA-VG) idgF wurde gegen den Beschwerdeführer eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Absatz 2 Ziffer 2 Fremdenpolizeigesetz 2005, BGBl I Nr. 100/2005 (FPG) idgF erlassen (Spruchpunkt IV.) und wurde gemäß § 52 Absatz 9 FPG festgestellt, dass seine Abschiebung gemäß § 46 FPG nach Nigeria zulässig ist (Spruchpunkt V.). Eine Frist für eine freiwillige Ausreise gemäß § 55 Absatz 1a FPG wurde nicht eingeräumt (Spruchpunkt VI.).

Die gegen diesen Bescheid fristgerecht erhobenen Beschwerde wurde mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 12.07.2018, Zl. I417 2119090-2/5E als unbegründet abgewiesen. Diese Entscheidung erwuchs in Rechtskraft.

Am 09.10.2018 stellte der Beschwerdeführer gegenständlichen Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels aus Gründen des Art. 8 EMRK.

Mit Bescheid der belangten Behörde vom 15.02.2019, Zl. XXXX wurde der Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels aus Gründen des Artikel 8 EMRK gemäß § 58 Abs. 10 AsylG zurückgewiesen (Spruchpunkt I.), erließ die belangte Behörde gegen den Beschwerdeführer eine Rückkehrentscheidung (Spruchpunkt II.) und stellte fest, dass seine Abschiebung nach Nigeria zulässig ist (Spruchpunkt III.). Zugleich erkannte die belangte Behörde einer Beschwerde gegen diese Entscheidung die aufschiebende Wirkung ab (Spruchpunkt IV.).

Gegen diesen Bescheid wurde rechtzeitig und zulässige Beschwerde erhoben. Im Wesentlichen wurde ausgeführt, dass die vormalige Vertretung des Beschwerdeführers nicht alle Unterlagen, welche die soziale, berufliche und sprachliche Integration des Beschwerdeführers belegen, eingebracht habe. Der Beschwerdeführer sei seit über fünf Jahren in Österreich aufhältig. Die nunmehr vorgelegten Unterlagen würden eine maßgebliche Änderung des Sachverhaltes bezüglich seines Privat- und Familienlebens in Österreich begründen.

Mit Schriftsatz vom 15.03.2019, beim Bundesverwaltungsgericht eingelangt am 22.03.2019, legte die belangte Behörde dem Bundesverwaltungsgericht die Beschwerde samt Verwaltungsakt vor.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

1.1. Zur Person des Beschwerdeführers:

Der Beschwerdeführer ist volljährig, ledig, kinderlos und Staatsbürger von Nigeria.

Der Beschwerdeführer leidet nicht an schweren körperlichen oder psychischen Beeinträchtigungen, die einer Rückführung in seinen Herkunftsstaat entgegenstünden.

Der Beschwerdeführer ist arbeitsfähig.

In Nigeria besuchte der Beschwerdeführer die Schule und finanzierte sich seinen Lebensunterhalt durch seine Tätigkeit als Wachtelfarmer und Glückspielaufseher.

Der Beschwerdeführer reiste am 25.01.2014 illegal in das österreichische Bundesgebiet ein und stellte am nachfolgenden Tag einen Antrag auf internationalen Schutz. Seither ist der Beschwerdeführer durchgehend in Österreich aufhältig. Nach rechtskräftigem Abschluss des ersten Asylverfahren am 03.05.2016 und Ablauf der Frist für die freiwillige Ausreise kam der Beschwerdeführer seiner Ausreiseverpflichtung nicht nach. Am 14.09.2017 stellte er einen Folgeantrag auf internationalen Schutz, welcher ebenfalls rechtskräftig negativ entschieden wurde. Auch nach rechtskräftigen Abschluss des Folgeverfahrens kam er seiner Ausreiseverpflichtung nicht nach.

Der Beschwerdeführer stellte am 09.10.2018 gegenständlichen Antrag auf Ausstellung eines Aufenthaltstitels zur Aufrechterhaltung des Privat- und Familienlebens.

Der Beschwerdeführer verfügt in Österreich über keine familiären Anknüpfungspunkte.

Es kann nicht festgestellt werden, dass sich der Beschwerdeführer in einer Beziehung oder Lebensgemeinschaft befindet.

Der Beschwerdeführer verfügt über ein Sprachdiplom (Deutsch A2). Der Beschwerdeführer verdient sich seinen Lebensunterhalt durch den Verkauf von Straßenzeitungen und bezog während seiner Asylverfahren Leistungen aus der staatlichen Grundversorgung.

Der Beschwerdeführer ist nicht legal erwerbstätig.

Er besucht regelmäßig die Kirche und pflegt soziale Kontakte zu Österreichern. Der Beschwerdeführer ist seit Frühjahr 2018 bei einem sozialen Integrationsprojekt tätig und ihm wurde eine geringfügige Anstellung in Aussicht gestellt. Zudem verfügt er über eine Einstellungszusage als Verkäufer.

Der Beschwerdeführer ist strafrechtlich unbescholten.

Dass der Beschwerdeführer über ein Sprachdiplom Niveau A2 verfügt, er regelmäßig die Kirche besucht und eine Straßenzeitung verkauft wurde im rechtskräftig abgeschlossenen Asylverfahren zu Zl. I417 2119090-2/5E berücksichtigt. Im gegenständlichen Verfahren wurden Arbeitsvorverträge, Unterstützungserklärungen sowie Bestätigungsschreiben vorgelegt.

1.2. Zu den Feststellungen zur Lage in Nigeria:

Hinsichtlich der aktuellen Lage im Herkunftsstaat des Beschwerdeführers sind gegenüber den im angefochtenen Bescheid vom 15.02.2019 getroffenen Feststellungen keine entscheidungsmaßgeblichen Änderungen eingetreten.

Im Rahmen des Beschwerdeverfahrens ist auch keine Änderung bekannt geworden, sodass das Bundesverwaltungsgericht sich diesen Ausführungen vollinhaltlich anschließt und auch zu den seinen erhebt.

Das politische System Nigerias orientiert sich stark am System der Vereinigten Staaten; in der Verfassungswirklichkeit dominieren der Präsident und die ebenfalls direkt gewählten Gouverneure. Die lange regierende People¿s Democratic Party (PDP) musste nach den Wahlen 2015 erstmals seit 1999 in die Opposition; seither ist die All Progressives¿ Congress (APC) unter Präsident Muhammadu Buhari an der Macht.

In Nigeria herrscht keine Bürgerkriegssituation, allerdings sind der Nordosten, der Middle Belt und das Nigerdelta von Unruhen und Spannungen geprägt. Für einzelne Teile Nigerias besteht eine Reisewarnung, insbesondere aufgrund des hohen Entführungsrisikos.

Im Norden und Nordosten Nigerias hat sich die Sicherheitslage verbessert; in den ländlichen Teilen der Bundesstaaten Borno, Yobe und Adamawa kommt es aber weiterhin zu Anschlägen der Boko Haram. Es gelang den Sicherheitskräften zwar, Boko Haram aus den meisten ihrer Stellungen zu vertreiben, doch war es kaum möglich, die Gebiete vor weiteren Angriffen durch die Islamisten zu schützen. Der nigerianischen Armee wird vorgeworfen, im Kampf gegen Boko Haram zahlreiche Menschenrechtsverletzungen begangen zu haben; die von Präsident Buhari versprochene Untersuchung blieb bisher aber folgenlos.

Das Nigerdelta (Bundesstaaten Ondo, Edo, Delta, Bayelsa, Rivers, Imo, Abia, Akwa Ibom und Cross River) ist seit Jahren von gewalttätigen Auseinandersetzungen und Spannungen rund um die Verteilung der Einnahmen aus den Öl- und Gasreserven geprägt. Von 2000 bis 2010 agierten in der Region militante Gruppen, die durch ein im Jahr 2009 ins Leben gerufene Amnestieprogramm zunächst beruhigt wurden. Nach dem Auslaufen des Programmes Ende 2015 brachen wieder Unruhen aus, so dass eine weitere Verlängerung beschlossen wurde. Die Lage hat sich seit November 2016 wieder beruhigt, doch bleibt sie volatil. Insbesondere haben Angriffe auf die Ölinfrastrukturen in den letzten zwei Jahren wieder zugenommen. Abgelegene Gebiete im Nigerdelta sind teils auch heute noch unter der Kontrolle separatistischer und krimineller Gruppen.

In Zentralnigeria (Middle Belt bzw. Jos Plateau) kommt es immer wieder zu lokalen Konflikten zwischen ethnischen, sozialen und religiösen Gruppen. Der Middle Belt bildet eine Brücke zwischen dem vorwiegend muslimischen Nordnigeria und dem hauptsächlich christlichen Süden. Der Ursprung dieser Auseinandersetzungen, etwa zwischen (überwiegend muslimischen nomadischen) Hirten und (überwiegend christlichen) Bauern, liegt oft nicht in religiösen Konflikten, entwickelt sich aber häufig dazu.

Die Justiz Nigerias hat ein gewisses Maß an Unabhängigkeit und Professionalität erreicht, doch bleibt sie politischem Einfluss, Korruption und einem Mangel an Ressourcen ausgesetzt. Eine systematisch diskriminierende Strafverfolgung ist nicht erkennbar, doch werden aufgrund der herrschenden Korruption tendenziell Ungebildete und Arme benachteiligt. Das Institut der Pflichtverteidigung gibt es erst in einigen Bundesstaaten. In insgesamt zwölf nördlichen Bundesstaaten wird die Scharia angewendet, Christen steht es aber frei, sich einem staatlichen Gerichtsverfahren zu unterwerfen. Der Polizei, die durch geringe Besoldung und schlechte Ausrüstung eingeschränkt ist, wird oftmals die Armee zur Seite gestellt. Insgesamt ist trotz der zweifelsohne vorhandenen Probleme im Allgemeinen davon auszugehen, dass die nigerianischen Behörden gewillt und fähig sind, Schutz vor nichtstaatlichen Akteuren zu bieten. Problematisch ist aber insbesondere, dass Gefangene häufig Folterung und Misshandlung ausgesetzt sind. Disziplinarrechtliche oder strafrechtliche Folgen hat dies kaum. Die Bedingungen in den Haftanstalten sind hart und lebensbedrohlich. Nigeria hält an der Todesstrafe fest, diese ist seit 2006 de facto ausgesetzt, wobei es in den Jahren 2013 und 2016 in Edo State aber zu einzelnen Hinrichtungen gekommen war. Die Regierung Buharis hat der Korruption den Kampf erklärt, doch mangelt es ihr an effektiven Mechanismen.

Die Menschenrechtssituation in Nigeria hat sich in den letzten 20 Jahren verbessert, schwierig bleiben aber die allgemeinen Lebensbedingungen. Die Versammlungsfreiheit ist verfassungsrechtlich garantiert, wird aber gelegentlich durch das Eingreifen von Sicherheitsorganen bei politisch unliebsamen Versammlungen eingeschränkt. Die politische Opposition kann sich aber grundsätzlich frei betätigen; es gibt auch keine Erkenntnisse über die Verfolgung von Exilpolitikern durch die nigerianische Regierung. Gelegentlich gibt es aber, vor allem bei Gruppen mit sezessionistischen Zielen, Eingriffe seitens der Staatsgewalt. Dabei ist insbesondere die Bewegung im Süden und Südosten Nigerias zu nennen, die einen unabhängigen Staat Biafra fordert. Dafür treten sowohl das Movement for the Actualisation of the Sovereign State of Biafra (MASSOB) und die Indigenous People of Biafra (IPOB) ein. Seit der Verhaftung des Leiters des inzwischen verbotenen Radiosenders "Radio Biafra" im Oktober 2015 kommt es vermehrt zu Demonstrationen von Biafra-Anhänger, gegen die laut verschiedenen Berichten, unter anderem von Amnesty International, von den nigerianischen Sicherheitskräften mit Gewalt vorgegangen worden sein soll.

Im Vielvölkerstaat Nigeria ist Religionsfreiheit einer der Grundpfeiler des Staatswesens. Etwa 50% der Bevölkerung sind Muslime, 40 bis 45% Christen und der Rest Anhänger von Naturreligionen. Im Norden dominieren Muslime, im Süden Christen. Religiöse Diskriminierung ist verboten. In der Praxis bevorzugen die Bundesstaaten aber in der Regel die jeweils durch die lokale Mehrheitsbevölkerung ausgeübte Religion. Insbesondere in den Scharia-Staaten ist die Situation für Christen sehr schwierig. Die Toleranz zwischen den Glaubensgemeinschaften ist nur unzureichend ausgeprägt, mit Ausnahme der Yoruba im Südwesten Nigerias, unter denen auch Ehen zwischen Christen und Muslimen verbreitet sind. Speziell in Zentralnigeria kommt es zu lokalen religiösen Auseinandersetzungen, die auch zahlreiche Todesopfer gefordert haben. In Nigeria gibt es auch noch Anhänger von Naturreligionen ("Juju"); eine Verweigerung der Übernahme einer Rolle als Priester kann schwierig sein, doch wird dies nicht als Affront gegen den Schrein empfunden und sind auch keine Fälle bekannt, in denen dies zu einer Bedrohung geführt hätte. Im Süden Nigerias sind auch Kulte und Geheimgesellschaften vorhanden; insbesondere im Bundesstaat Rivers überschneiden sich Kulte häufig mit Straßenbanden, kriminellen Syndikaten etc. Mafiöse Kulte prägen trotz ihres Verbotes das Leben auf den Universitäten; es wird auch über Menschenopfer berichtet.

Insgesamt gibt es (je nach Zählweise) mehr als 250 oder 500 Ethnien in Nigeria. Die wichtigsten sind die Hausa/Fulani im Norden, die Yoruba im Südwesten und die Igbo im Südosten. Generell herrscht in Nigeria Bewegungsfreiheit und ist Diskriminierung aufgrund der Zugehörigkeit zu einer bestimmten Ethnie verboten. Allerdings diskriminieren Gesetze jene ethnischen Gruppen, die am jeweiligen Wohnort nicht eigentlich indigen sind. So werden etwa Angehörige der Volksgruppe Hausa/Fulani im Bundesstaat Plateau diskriminiert.

Generell besteht aufgrund des fehlenden Meldewesens in vielen Fällen die Möglichkeit, Verfolgung durch Umzug in einen anderen Teil des Landes auszuweichen. Dies kann aber mit gravierenden wirtschaftlichen und sozialen Problemen verbunden sein, wenn man sich an einen Ort begibt, in dem keinerlei Verwandtschaft oder Bindung zur Dorfgemeinschaft besteht.

Nigeria verfügt über sehr große Öl- und Gasvorkommen, der Großteil der Bevölkerung ist aber in der Landwirtschaft beschäftigt. Abgesehen vom Norden gibt es keine Lebensmittelknappheit. Mehr als zwei Drittel der Bevölkerung leben in absoluter Armut. Offizielle Arbeitslosenstatistiken gibt es nicht, allerdings gehen verschiedene Studien von einer Arbeitslosigkeit von 80% aus. Die Großfamilie unterstützt beschäftigungslose Angehörige.

Die medizinische Versorgung ist mit jener in Europa nicht vergleichbar, sie ist vor allem im ländlichen Bereich problematisch. Leistungen der Krankenversicherung kommen nur etwa 10% der Bevölkerung zugute. In den Großstädten ist eine medizinische Grundversorgung zu finden, doch sind die Behandlungskosten selbst zu tragen. Medikamente sind verfügbar, können aber teuer sein.

Besondere Probleme für abgeschobene Asylwerber nach ihrer Rückkehr nach Nigeria sind nicht bekannt. Das "Decree 33", das eine Doppelbestrafung wegen im Ausland begangener Drogendelikte theoretisch ermöglichen würde, wird nach aktueller Berichtslage nicht angewandt.

Es wird weiters festgestellt, dass der Beschwerdeführer seinen Lebensunterhalt aus eigener Kraft bestreiten kann, zumal er über eine Schulausbildung in Nigeria und Arbeitserfahrung in Nigeria als auch in Österreich verfügt und arbeitsfähig ist. Selbst wenn ihm kein privater Familienverband soziale Sicherheit bieten sollte, kann er seinen Lebensunterhalt wie o. a. aus eigener Kraft bestreiten.

2. Beweiswürdigung:

2.1. Zum Sachverhalt:

Die festgestellten Tatsachen ergeben sich aus den Akten des Bundesamtes und des Bundesverwaltungsgerichtes, aus dem Ermittlungsverfahren der rechtskräftig abgeschlossenen Asylverfahren zur Zahl I409 2119090-1 und Zl. I417 2119090-2 sowie aus dem "Länderinformationsblatt der Staatendokumentation" zu Nigeria. Auskünfte aus dem Strafregister der Republik Österreich, dem Zentralen Melderegister (ZMR), der Grundversorgung (GVS) und aus dem Informationsverbundsystem Zentrales Fremdenregister (IZR) wurden ergänzend zum vorliegenden Akt eingeholt.

Der Beschwerdeführer bestreitet den von der belangten Behörde festgestellten Sachverhalt nicht substantiiert und erstattete in der Beschwerde auch kein konkretes sachverhaltsbezogenes Vorbringen, sodass das Bundesverwaltungsgericht den maßgeblichen Sachverhalt als ausreichend ermittelt ansieht und sich der von der belangten Behörde vorgenommenen, nachvollziehbaren Beweiswürdigung vollumfänglich anschließt.

Die belangte Behörde hat ein ordnungsgemäßes Ermittlungsverfahren durchgeführt und in der Begründung des angefochtenen Bescheides die Ergebnisse dieses Verfahrens, die bei der Beweiswürdigung maßgebenden Erwägungen und die darauf gestützte Beurteilung der Rechtsfrage klar und übersichtlich zusammengefasst. Das Bundesverwaltungsgericht verweist daher zunächst auf diese schlüssigen und nachvollziehbaren beweiswürdigenden Ausführungen der belangten Behörde im angefochtenen Bescheid. Auch der Beschwerde vermag das Bundesverwaltungsgericht keine neuen Sachverhaltselemente zu entnehmen, welche geeignet wären, die von der erstinstanzlichen Behörde getroffenen Entscheidungen in Frage zu stellen.

2.2. Zur Person des Beschwerdeführers:

Die Feststellungen zu seinen Lebensumständen, zur Volljährigkeit und zur Staatsangehörigkeit des Beschwerdeführers gründen sich auf die Feststellungen der rechtskräftigen Erkenntnisse des Bundesverwaltungsgerichtes vom 28.04.2015, Zl. I409 2119090-1/7E und vom 12.07.2018, Zl. I415 2119090-2/5E sowie aus dem gegenständlichen Antrag auf Ausstellung eines Aufenthaltstitels zur Aufrechterhaltung des Privat- und Familienlebens vom 09.10.2018.

Die Feststellung zum Gesundheitszustand ergibt sich aus den Vorverfahren. Es wurde im gegenständlichen Verfahren keine gesundheitliche Beeinträchtigung vorgebracht. Auch aus der Aktenlage sind keine schweren körperlichen oder psychischen Beeinträchtigungen ableitbar.

Die Feststellung, wonach der Beschwerdeführer arbeitsfähig ist, ergibt sich aus dem unbedenklichen Akteninhalt. Im Beschwerdeschriftsatz vom 14.03.2019 wird ausgeführt, dass der Beschwerdeführer arbeitswillig und arbeitsfähig sei. Ferner wurden zwei Arbeitsvorverträge vorgelegt.

Die Feststellungen, wonach der Beschwerdeführer in Nigeria die Schule besuchte und seinen Lebensunterhalt durch seine Tätigkeit als Wachtelfarmer und Glückspielaufseher finanzierte, ergeben sich aus den Feststellungen der rechtskräftig abgeschlossenen Asylverfahren.

Die Feststellungen, wonach der Beschwerdeführer illegal am 25.01.2014 in das österreichische Bundesgebiet einreiste und am nachfolgenden Tag einen Antrag auf internationalen Schutz stellte, sich seither durchgehend in Österreich aufhält, nach rechtskräftigem Abschluss des ersten Asylverfahren und Ablauf der Frist für die freiwillige Ausreise seiner Ausreiseverpflichtung nicht nachkam, am 14.09.2017 einen Folgeantrag auf internationalen Schutz stellte, welcher negativ entschieden wurde und seiner Ausreiseverpflichtung nicht nachkam, ergeben sich aus dem unbedenklichen Akteninhalt und dem aktuellen Auszug aus dem Fremdenregister (IZR).

Die Feststellung, wonach der Beschwerdeführer gegenständlichen Antrag auf Ausstellung eines Aufenthaltstitels zur Aufrechterhaltung des Privat- und Familienlebens stellte, ergibt sich aus dem unbedenklichen Akteninhalt.

Die Feststellung, wonach der Beschwerdeführer über keine familiären Anknüpfungspunkte verfügt, ergibt sich aus den rechtskräftig abgeschlossenen Asylverfahren und aus dem gegenständlichen Antrag sowie aus dem Beschwerdeschriftsatz.

Die Negativfeststellung, wonach sich der Beschwerdeführer in einer Beziehung oder in einer Lebensgemeinschaft befindet, ergibt sich aus den rechtskräftig abgeschlossenen Asylverfahren und aus dem gegenständlichen Antrag. Auch im Beschwerdeschriftsatz wurde nicht behauptet, dass er sich in einer Beziehung oder in einer Lebensgemeinschaft befindet.

Die Feststellungen, wonach der Beschwerdeführer über ein Sprachdiplom A2 verfügt, seinen Lebensunterhalt durch den Verkauf von Straßenzeitungen verdient und während seiner Asylverfahren Leistungen aus der staatlichen Grundversorgung bezog, ergibt sich aus den rechtskräftig abgeschlossenen Asylverfahren, aus den vorgelegten Unterlagen und aus dem aktuellen Auszug aus dem Betreuungsinformationssystem (GVS).

Die Feststellung, wonach der Beschwerdeführer nicht legal erwerbstätig ist, ergibt sich aus dem Auszug aus dem Betreuungsinformationssystem (GVS).

Die Feststellung, wonach der Beschwerdeführer regelmäßig die Kirche besucht, ergibt sich aus dem rechtskräftigen Asylverfahren zu Zl. I417 2119090-2/5E und aus den vorgelegten Unterlagen. Die Feststellungen zu den sozialen Kontakten in Österreich ergeben sich aus den vorgelegten Empfehlungsschreiben. Die Feststellung, wonach der Beschwerdeführer sich bei einem sozialen Integrationsprojekt engagiert und sich um eine legale Erwerbstätigkeit bemüht, ergibt sich aus den vorgelegten Bestätigungsschreiben sowie aus den vorgelegten Einstellungszusagen.

Die Feststellung zu seiner strafgerichtlichen Unbescholtenheit ergibt sich aus dem aktuellen Strafregisterauszug.

Da sich das Beschwerdevorbringen mit den sozialen Kontakten des Beschwerdeführers, seiner Arbeitswilligkeit und Arbeitsfähigkeit auseinandersetzt und diese Vorbringen in der vorangegangenen rechtskräftigen Rückkehrentscheidung vom 12.07.2018 berücksichtigt wurden und somit kein schützenswertes Privat- und Familienleben begründet wird, konnte zusammengefasst festgestellt werden, dass sich aufgrund des vorliegenden Antrags keine neu zu prüfenden Sachverhaltselemente ergeben haben.

2.3. Zum Herkunftsstaat:

Die Feststellungen zur Lage im Herkunftsstaat beruhen auf dem aktuellen Länderinformationsbericht der Staatendokumentation für Nigeria vom 07.08.2017 samt den dort publizierten Quellen und Nachweisen. Dieser Länderinformationsbericht stützt sich auf Berichte verschiedener ausländischer Behörden, etwa die allgemein anerkannten Berichte des Deutschen Auswärtigen Amtes, als auch jene von Nichtregierungsorganisationen, wie bspw. Open Doors, sowie Berichte von allgemein anerkannten unabhängigen Nachrichtenorganisationen.

Die Feststellungen zur Lage im Herkunftsstaat in Nigeria ergeben sich insbesondere aus den folgenden Meldungen und Berichten:

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AA - Auswärtiges Amt (21.11.2016): Bericht über die asyl- und abschieberelevante Lage in der Bundesrepublik Nigeria

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AA - Auswärtiges Amt (4.2017a): Nigeria - Innenpolitik, http://www.auswaertiges-amt.de/DE/Aussenpolitik/Laender/Laenderinfos/Nigeria/Innenpolitik_node.html, Zugriff 6.7.2017

-

AA - Auswärtiges Amt (4.2017c): Nigeria - Wirtschaft, http://www.auswaertiges-amt.de/DE/Aussenpolitik/Laender/Laenderinfos/Nigeria/Wirtschaft_node.html, Zugriff 26.7.2017

-

AA - Auswärtiges Amt (24.7.2017): Nigeria - Reise- und Sicherheitshinweise (Teilreisewarnung), http://www.auswaertiges-amt.de/DE/Laenderinformationen/00-SiHi/NigeriaSicherheit.html, Zugriff 24.7.2017

-

AI - Amnesty International (6.2017): Submission To The United Nations Committee On The Elimination Of Discrimination Against Women,

https://www.ecoi.net/file_upload/1930_1500389874_int-cedaw-ngo-nga-27623-e.pdf, Zugriff 28.7.2017

-

AI - Amnesty International (24.2.2016): Amnesty International Report 2015/16 - The State of the World's Human Rights - Nigeria, http://www.ecoi.net/local_link/319680/458848_de.html, Zugriff 28.7.2017

-

AI - Amnesty International (24.11.2016): Sicherheitskräfte töten mindestens 150 friedliche Demonstrierende, https://www.amnesty.de/2016/11/22/nigeria-sicherheitskraefte-toeten-mindestens-150-friedliche-demonstrierende, Zugriff 13.6.2017

-

BMEIA - Außenministerium (24.7.2017): Reiseinformationen - Nigeria,

http://www.bmeia.gv.at/aussenministerium/buergerservice/reiseinformation/a-z-laender/nigeria-de.html, Zugriff 24.7.2017

-

BS - Bertelsmann Stiftung (2016): BTI 2016 - Nigeria Country Report,

https://www.bti-project.org/fileadmin/files/BTI/Downloads/Reports/2016/pdf/BTI_2016_Nigeria.pdf, Zugriff 6.7.2017

-

EASO - European Asylum Support Office (6.2017): EASO Country of Origin Information Report Nigeria Country Focus, http://www.ecoi.net/file_upload/90_1496729214_easo-country-focus-nigeria-june2017.pdf, Zugriff 21.6.2017

-

FFP - Fund for Peace (10.12.2012): Beyond Terror and Militants:

Assessing Conflict in Nigeria,

http://www.fundforpeace.org/global/library/cungr1215-unlocknigeria-12e.pdf, Zugriff 21.6.2017

-

FH - Freedom House (1.2017): Freedom in the World 2017 - Nigeria, https://www.ecoi.net/local_link/341818/485138_de.html, Zugriff 26.7.2017

-

FH - Freedom House (2.6.2017): Freedom in the World 2017 - Nigeria, http://www.refworld.org/docid/5936a4663.html, Zugriff 12.6.2017

-

GIZ - Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (7.2017a): Nigeria - Geschichte und Staat, http://liportal.giz.de/nigeria/geschichte-staat.html, Zugriff 2.8.2017

-

GIZ - Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (4.2017b): Nigeria - Gesellschaft, http://liportal.giz.de/nigeria/gesellschaft.html, Zugriff 13.6.2017

-

IOM - International Organization for Migration (8.2014): Nigeria - Country Fact Sheet,

https://milo.bamf.de/milop/livelink.exe/fetch/2000/702450/698578/704870/698704/8628861/17247436/17297905/Nigeria_-_Country_Fact_Sheet_2014%2C_deutsch.pdf?nodeid=17298000&vernum=-2, Zugriff 21.6.2017

-

ÖBA - Österreichische Botschaft Abuja (9.2016): Asylländerbericht Nigeria

-

OD - Open Doors (2017): Nigeria, https://www.opendoors.de/christenverfolgung/weltverfolgungsindex/laenderprofile/2017/nigeria, Zugriff 14.6.2017

-

SBM - SBM Intel (7.1.2017): A Look at Nigeria's Security Situation,

http://sbmintel.com/wp-content/uploads/2016/03/201701_Security-report.pdf, Zugriff 24.7.2017

-

UKHO - United Kingdom Home Office (8.2016b): Country Information and Guidance Nigeria: Women fearing gender-based harm or violence, https://www.gov.uk/government/uploads/system/uploads/attachment_data/file/595734/CIG_-_Nigeria_-_Women.pdf, Zugriff 12.6.2017

-

USCIRF - United States Commission on International Religious Freedom (26.4.2017): Nigeria,

https://www.ecoi.net/file_upload/5250_1494486149_nigeria-2017.pdf, Zugriff 7.7.2017

-

USDOS - U.S. Department of State (19.7.2017): Country Report on Terrorism 2016 - Chapter 2 - Nigeria, https://www.ecoi.net/local_link/344128/487671_de.html, Zugriff 28.7.2017

-

USDOS - U.S. Department of State (3.3.2017): Country Report on Human Rights Practices 2016 - Nigeria, http://www.ecoi.net/local_link/337224/479988_de.html, Zugriff 8.6.2017

Angesichts der Seriosität und Plausibilität der angeführten Erkenntnisquellen sowie dem Umstand, dass diese Berichte auf einer Vielzahl verschiedener, voneinander unabhängigen Quellen beruhen und dennoch ein in den Kernaussagen übereinstimmendes Gesamtbild ohne wissentliche Widersprüche darbieten, besteht kein Grund, an der Richtigkeit der Angaben zu zweifeln.

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu A) Abweisung der Beschwerde

3.1. Zur Zurückweisung des Antrages auf Erteilung eines Aufenthaltstitels aus Gründen des Art. 8 EMRK (Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheids):

Gemäß §§ 55 AsylG ist im Bundesgebiet aufhältigen Drittstaatsangehörigen von Amts wegen oder auf begründeten Antrag eine "Aufenthaltsberechtigung plus" zu erteilen, wenn

1. dies gemäß § 9 Abs. 2 BFA-VG zur Aufrechterhaltung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK geboten ist und

2. der Drittstaatsangehörige das Modul 1 der Integrationsvereinbarung gemäß § 14a NAG erfüllt hat oder zum Entscheidungszeitpunkt eine erlaubte Erwerbstätigkeit ausübt, mit deren Einkommen die monatliche Geringfügigkeitsgrenze (§ 5 Abs. 2 Allgemeines Sozialversicherungsgesetz (ASVG), BGBl. I Nr. 189/1955) erreicht wird.

Gemäß § 58 Abs 10 AsylG sind Anträge gemäß § 55 als unzulässig zurückzuweisen, wenn gegen den Antragsteller eine Rückkehrentscheidung rechtskräftig erlassen wurde und aus dem begründeten Antragsvorbringen im Hinblick auf die Berücksichtigung des Privat- und Familienlebens gemäß § 9 Abs. 2 BFA-VG ein geänderter Sachverhalt, der eine ergänzende oder neue Abwägung gemäß Art. 8 EMRK erforderlich macht, nicht hervorgeht. Anträge gemäß §§ 56 und 57, die einem bereits rechtskräftig erledigten Antrag (Folgeantrag) oder einer rechtskräftigen Entscheidung nachfolgen, sind als unzulässig zurückzuweisen, wenn aus dem begründeten Antragsvorbringen ein maßgeblich geänderter Sachverhalt nicht hervorkommt.

Die vorliegende Regelung des § 58 Abs. 10 Asylgesetz 2005 folgt dem früheren § 44b NAG nach und ist dem § 68 AVG nachempfunden. Die Notwendigkeit einer ergänzenden, respektive neuen Abwägung nach § 9 BFA-VG verbietet bereits die Anwendung dieser Bestimmung. Vergleichsmaßstab ist die erste inhaltliche Entscheidung.

Erkennt das Bundesverwaltungsgericht eine Zurückweisung nach § 58 Abs. 10 Asylgesetz für rechtswidrig, kann es nur mit einer Behebung vorgehen, nicht etwa in einem (im Sinne einer inhaltlichen Entscheidung) den Titel zuerkennen.

Gem. § 44b Abs. 1 Z.1 NAG ist unter anderem ein Antrag wie der vorliegende als unzulässig zurückzuweisen, wenn gegen den Antragsteller eine Ausweisung rechtskräftig erlassen wurde und aus dem begründeten Antragsvorbringen im Hinblick auf die Berücksichtigung des Privat- und Familienlebens gemäß § 11 Abs. 3 NAG ein maßgeblich geänderter Sachverhalt nicht hervorkommt. Der Sache nach ist der Zurückweisungsgrund des § 44b Abs. 1 Z. 1 NAG der Zurückweisung wegen entschiedener Sache gem. § 68 AVG nachgebildet. Die zu § 68 Abs. 1 AVG entwickelten Grundsätze für die Beurteilung, wann eine Änderung eines Sachverhaltes als wesentlich anzusehen ist, können daher auch für die Frage, wann maßgebliche Sachverhaltsänderungen im Sinne des § 44b Abs. 1 Z. 1 vorliegen, herangezogen werden.

Demnach ist eine Sachverhaltsänderung dann wesentlich, wenn sie für sich allein oder in Verbindung mit anderen Tatsachen den Schluss zulässt, dass nunmehr bei Bedachtnahme auf die damals maßgebend erachteten Erwägungen eine andere Beurteilung jener Umstände, die seinerzeit den Grund für die rechtskräftige Entscheidung gebildet haben, nicht von vornherein als ausgeschlossen gelten kann. Die Erlassung eines inhaltlich anders lautenden Bescheides (bezogen auf § 44b Abs. 1 Z. 1 NAG: eine andere Beurteilung der Verhältnismäßigkeit des Eingriffs in Rechte nach Art. 8 EMRK) muss also zumindest möglich sein; in dieser Hinsicht hat die Behörde eine Prognose zu treffen. Dabei ist die Wesentlichkeit der Sachverhaltsänderung nach der Wertung zu beurteilen, die das geänderte Sachverhaltselement in der seinerzeitigen Entscheidung erfahren hat. Bei dieser Prognose sind hier die nach Art. 8 EMRK relevanten Umstände jedenfalls soweit miteinzubeziehen, als zu beurteilen ist, ob es angesichts dieser Umstände nicht von vornherein als ausgeschlossen gelten kann, dass im Blick auf früher maßgebliche Erwägungen eine andere Beurteilung nach Art. 8 EMRK unter Bedachtnahme auf den gesamten vorliegenden Sachverhalt nunmehr geboten sein könnte. Eine andere Beurteilung der Verhältnismäßigkeit des Eingriffs in Rechte nach Art. 8 EMRK muss sich zumindest als möglich darstellen (VwGH vom 3.10.2013, 2012/22/0068).

Im Grunde des § 44b Abs. 1 letzter Halbsatz NAG haben nach der Erlassung der erstinstanzlichen Entscheidung eingetretene Umstände keinen Einfluss auf die Beurteilung, ob die auf § 44b Abs. 1 Z. 1 NAG gegründete Antragszurückweisung von der Erstbehörde zu Recht vorgenommen wurde (VwGH vom 22.1.2014, 2013/22/0007). Folglich mussten die Integrationsschritte wie der neue Arbeitsvorvertrag und die weiteren Unterstützungserklärungen dieser Entscheidung nicht zugrunde gelegt werden, da sie erst nach Erlassung der erstinstanzlichen Entscheidung dargelegt wurden.

Bei folgenden Konstellationen ging der VwGH von keiner wesentlichen Änderung des Sachverhaltes aus:

• Erk. vom 27.1.2015, Ra 2014/22/0094: Weder ein Zeitablauf von ca. 2 Jahren zwischen der rechtskräftigen Ausweisung und dem Zurückweisungsbeschluss der Behörde noch verbesserte Deutschkenntnisse und Arbeitsplatzzusagen stellen eine maßgebliche Sachverhaltsänderung im Sinne des § 44b NAG idF vor 2012/I/087 dar.

• Erk. vom 27.1.2015, Ra 2014/22/0108: Ein arbeitsrechtlicher Vorvertrag (dem in Hinblick darauf, dass der Fremde mangels entsprechender Deutschkenntnisse keinen Zugang zum Arbeitsmarkt hat, die Relevanz abgesprochen wurde) und auch der bloße Besuch eines Deutschkurses durch den Fremden können keine umfassende Neubeurteilung iSd. Art. 8 EMRK nach sich ziehen.

• Erk. vom 19.11.2014, 2012/22/0056: Die Behörde hat die Sprachkenntnisse des Fremden und die Einstellungszusage ihrer Entscheidung zugrunde gelegt. Es ist im Ergebnis nicht zu beanstanden, dass die Behörde in diesen Umständen keine solche maßgebliche Änderung des Sachverhaltes sah, die eine Neubeurteilung in Hinblick auf Art. 8 EMRK erfordert hätte.

• Erk. vom 19.11.2014, 2013/22/0017: Mit Patenschaftserklärungen wird letztlich nur die finanzielle Unterstützung des Fremden dokumentiert und keine im Sinne des Art. 8 EMRK relevante Integration dargelegt.

Diesen exemplarisch dargelegten höchstgerichtlichen Entscheidungen ist zu entnehmen, dass nicht jede Änderung in Bezug auf die privaten und familiären Anknüpfungspunkte zur Erforderlichkeit einer neuerlichen meritorischen Prüfung des Antrags führt, sondern dass dies nur dann der Fall ist, wenn der Änderung nicht nur eine bloß untergeordnete Tatsachenrelevanz zukommt (s. auch VwGH vom 19.2.2009, 2008/01/0344). Dem Erk. des VwGH ist auch zu entnehmen, dass durch den nunmehrigen § 58 Abs 10 AsylG hintangehalten werden soll, dass durch "Kettenanträge" in der Absicht, die Durchsetzung bestehender Rückkehrentscheidungen zu unterlaufen, die Behörde gehindert wird, aufenthaltsbeendende Maßnahmen zu effektuieren.

Dies ist in gegenständlichem Fall zutreffend. Die letzte rechtskräftige Entscheidung über seine Ausweisung erging durch Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes am 12.07.2018 zu Zl. I417 2119090-2/5E. Zuvor wurde mit rechtskräftiger Entscheidung durch Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes am 28.04.2015 seine Ausweisung angeordnet. Dem gegenständlichen Antrag vom 09.10.2018 - nur drei Monate später - wurden lediglich Empfehlungsschreiben und Arbeitsvorverträge beigelegt.

Insgesamt kommt daher auch das Gericht zur Auffassung, dass keine Änderung des maßgeblichen Sachverhalts eingetreten ist, sodass die Zurückweisung des gegenständlichen Antrages gem. § 55 AsylG durch das BFA gerechtfertigt war.

3.2. Zur Rückkehrentscheidung (Spruchpunkt II. des angefochtenen Bescheids):

Gemäß § 9 Abs 1 BFA-VG ist die Erlassung einer Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG, wenn dadurch in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen wird, zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art 8 Abs 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist. Bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art 8 EMRK sind insbesondere die in § 9 Abs 2 Z 1 bis 9 BFA-VG aufgezählten Gesichtspunkte zu berücksichtigen (die Art und Dauer des bisherigen Aufenthaltes und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Fremden rechtswidrig war, das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens, die Schutzwürdigkeit des Privatlebens, der Grad der Integration, die Bindungen zum Heimatstaat des Fremden, die strafgerichtliche Unbescholtenheit, Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts, die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Fremden in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren, die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes des Fremden in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist).

Bei der Setzung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme kann ein ungerechtfertigter Eingriff in das Recht auf Achtung des Privat- und Familienlebens des Fremden iSd. Art. 8 Abs. 1 EMRK vorliegen. Daher muss überprüft werden, ob sie einen Eingriff und in weiterer Folge eine Verletzung des Privat- und/oder Familienlebens des Fremden darstellt.

Der Beschwerdeführer verfügt in Österreich über keine familiären Anknüpfungspunkte. Er ist auch gegenüber niemandem unterhaltspflichtig und führt keine Lebensgemeinschaft oder eine "familienähnliche" Beziehung in Österreich.

Die Rückkehrentscheidung stellt somit keinen Eingriff in das Recht auf Familienleben dar, sondern allenfalls einen solchen in das Privatleben.

Es ist in weiterer Folge zu prüfen, ob ein Eingriff in das Recht auf Achtung des Privatlebens des Beschwerdeführers im gegenständlichen Fall durch den Eingriffsvorbehalt des Art. 8 EMRK gedeckt ist und ein in einer demokratischen Gesellschaft legitimes Ziel, nämlich die Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung iSv. Art. 8 (2) EMRK, in verhältnismäßiger Weise verfolgt.

Der Beschwerdeführer ist seit Jänner 2014 in Österreich aufhältig. Er reiste illegal in das Bundegebiet ein und konnte seinen Aufenthalt lediglich durch die Stellung zweier unbegründeter Asylanträge vorübergehend legalisieren. Trotz der zuletzt im Juli 2018 rechtskräftig negativ abgeschlossenen Asylverfahren hat sich der Beschwerdeführer beharrlich geweigert, seiner Ausreiseverpflichtung nachzukommen.

Der Beschwerdeführer begründete sein Privatleben zu einem Zeitpunkt, als der Aufenthalt lediglich durch die Stellung unbegründeter Asylanträge vorübergehend legalisiert war. Auch war der Aufenthalt des Beschwerdeführers zum Zeitpunkt der Begründung der Anknüpfungspunkte im Rahmen des Privatlebens ungewiss und nicht dauerhaft, sondern auf die Dauer seiner Asylverfahren beschränkt.

Letztlich ist auch festzuhalten, dass der Beschwerdeführer nicht gezwungen ist, nach einer Ausreise allenfalls bestehende Bindungen zur Gänze abzubrechen. So stünde es ihm frei, diese durch briefliche, telefonische, elektronische Kontakte oder durch gegenseitige Besuche aufrecht zu erhalten (vgl. Peter Chvosta: "Die Ausweisung von Asylwerbern und Art. 8 MRK", ÖJZ 2007/74 mwN).

Hinweise auf eine zum Entscheidungszeitpunkt vorliegende berücksichtigungswürdige besondere Integration des Beschwerdeführers in sprachlicher, beruflicher und gesellschaftlicher Hinsicht sind schon im Hinblick auf die kurze Dauer seines bisherigen Aufenthalts in Österreich seit Jänner 2014 nicht anzunehmen. Daran ändert auch der Umstand nichts, dass der Beschwerdeführer über ein Sprachdiplom (Deutsch A2) verfügt. Deutschkenntnisse allein reichen nämlich noch nicht aus, um die fortgeschrittene oder gar vollständige Integration eines Fremden in Österreich annehmen zu können, wenngleich der Spracherwerb und der tatsächliche Wille, die deutsche Sprache zu erlernen, zweifellos ein wesentliches Kriterium bei der Beurteilung der Integration in Österreich darstellen. Was die Deutschkenntnisse des Beschwerdeführers betrifft, so sei in diesem Zusammenhang auch auf die höchstgerichtliche Judikatur verwiesen, wonach selbst die - hier bei weitem nicht vorhandenen - Umstände, dass selbst ein Fremder, der perfekt Deutsch spricht sowie sozial vielfältig vernetzt und integriert ist, über keine über das übliche Maß hinausgehenden Integrationsmerkmale verfügt und diesen daher nur untergeordnete Bedeutung zukommt (Erk. d. VwGH vom 6.11.2009, 2008/18/0720; 25.02.2010, 2010/18/0029).

Mit Blick auf die Frage einer allfälligen Integration des Beschwerdeführers in den heimischen Arbeitsmarkt war festzustellen, dass er bisher keine erlaubte Beschäftigung in Österreich ausgeübt hat und in Österreich von Leistungen der Grundversorgung für Asylwerber lebte. Es wird jedoch nicht verkannt, dass der Beschwerdeführer Straßenzeitungen verkauft, sich bei einem Integrationsprojekt engagiert, sich um eine Stellte bemüht und soziale Kontakte zu Österreichern pflegt sowie nicht straffällig geworden ist.

Der Umstand, dass der Beschwerdeführer in Österreich nicht straffällig geworden ist, bewirkt keine Erhöhung des Gewichtes der Schutzwürdigkeit von persönlichen Interessen an einem Aufenthalt in Österreich, da das Fehlen ausreichender Unterhaltsmittel und die Begehung von Straftaten eigene Gründe für die Erlassung von aufenthaltsbeendenden Maßnahmen darstellen (VwGH 24.07.2002, 2002/18/0112).

Auch die vom Beschwerdeführer vorgelegte Einstellungszusagen verleihen seinen persönlichen Interessen kein entscheidendes Gewicht. Aus seinen Arbeitsvorverträgen lässt sich keinerlei Garantie auf eine (Weiter-)Beschäftigung ableiten; hieraus ist nur ein - wenn auch nicht sehr ausgeprägtes - Bemühen um eine Arbeit zu erkennen (zur Gewichtung von Einstellungszusagen vgl. auch das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 13.10.2011, Zl. 2011/22/0065, mwN).

Der Beschwerdeführer verbrachte den überwiegenden Teil seines Lebens in Nigeria und wurde dort sozialisiert. Er spricht nach wie vor seine Muttersprache und ist mit den regionalen Sitten und Gebräuchen der Kultur seines Herkunftsstaates vertraut.

Dem allenfalls bestehenden Interesse des Beschwerdeführers an einem Verbleib in Österreich (bzw Europa) stehen öffentliche Interessen gegenüber.

Der VwGH hat festgestellt, dass beharrliches illegales Verbleiben eines Fremden nach rechtskräftigem Abschluss des Asylverfahrens bzw. ein länger dauernder illegaler Aufenthalt eine gewichtige Gefährdung der öffentlichen Ordnung im Hinblick auf ein geordnetes Fremdenwesen darst

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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