TE Bvwg Erkenntnis 2019/3/28 W132 2205253-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 28.03.2019
beobachten
merken

Entscheidungsdatum

28.03.2019

Norm

BBG §40
BBG §41
BBG §45
B-VG Art.133 Abs4

Spruch

W132 2205253-1/3E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Ursula GREBENICEK als Vorsitzende und den Richter Mag. Christian DÖLLINGER sowie die fachkundige Laienrichterin Dr. Regina BAUMGARTL als Beisitzer über die Beschwerde von XXXX , geboren am XXXX , gegen den Bescheid des Bundesamtes für Soziales und Behindertenwesen, Landesstelle Wien vom XXXX , in Form von Ausstellung eines bis 01.05.2022 befristeten Behindertenpasses gemäß § 40, § 41 und § 45 Bundesbehindertengesetz (BBG), zu Recht erkannt:

A)

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen und der angefochtene Bescheid bestätigt.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Am 30.05.2018 hat der Beschwerdeführer beim Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen (Kurzbezeichnung:

Sozialministeriumservice; in der Folge belangte Behörde genannt) unter Vorlage eines Befundkonvolutes einen Antrag auf Ausstellung eines Ausweises gemäß § 29b der Straßenverkehrsordnung (StVO) gestellt, welcher auch als Antrag auf Ausstellung eines Behindertenpasses und Vornahme der Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung" gilt, sofern die antragstellende Partei nicht bereits im Besitz eines solchen ist.

1.1. Zur Überprüfung des Antrages wurde von der belangten Behörde ein Sachverständigengutachten von Dr. XXXX , Ärztin für Allgemeinmedizin, basierend auf der persönlichen Untersuchung des Beschwerdeführers am 11.07.2018, mit dem Ergebnis eingeholt, dass der Grad der Behinderung in Höhe von 70 vH bewertet wurde.

1.2. Im Rahmen des gemäß § 45 Abs. 3 AVG erteilten des Parteiengehörs wurden Einwendungen erhoben.

1.3. Zur Überprüfung der Einwendungen wurde von der belangten Behörde von der bereits befassten Sachverständigen, Dr. XXXX , basierend auf der Aktenlage, eine mit 01.08.2018 datierte medizinischen Stellungnahme mit dem Ergebnis eingeholt, dass weder die erhobenen Einwendungen, noch die vorgelegten Beweismittel geeignet seien, eine geänderte Beurteilung zu begründen.

1.4. Am XXXX hat die belangte Behörde dem Beschwerdeführer gemäß § 40, § 41 und § 45 BBG einen bis 01.05.2022 befristeten Behindertenpass ausgestellt und einen Grad der Behinderung in Höhe von 70 vH eingetragen sowie die Zusatzeintragung "Gesundheitsschädigung gemäß § 2 Abs. 1 erster Teilstrich der Verordnung des Bundesministers für Finanzen über außergewöhnliche Belastungen, BGBl. Nr. 303/1996" vorgenommen.

Die der Entscheidung zugrunde gelegten Sachverständigengutachten wurden dem Bescheid in Kopie beigelegt.

1.5. Mit Bescheid vom XXXX hat die belangte Behörde den Antrag auf Vornahme der Zusatzeintragung "Dem Inhaber des Passes ist die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung nicht zumutbar" in den Behindertenpass gemäß § 42 und § 45 BBG abgewiesen.

2. Gegen den Bescheid in Form von Ausstellung eines befristeten Behindertenpasses wurde vom Beschwerdeführer fristgerecht Beschwerde erhoben. Ohne Vorlage von Beweismitteln wurde im Wesentlichen vorgebracht, dass die Kompetenz des Gutachtens angezweifelt werde, da wegen Ablaufes der fünfjährigen Heilungsbewährung eine Befristung bis 01.05.2022 ausgesprochen worden sei. Aus den vorgelegten Befunden sei ersichtlich, dass keine Besserung seines Zustandes - Urostoma wegen Entfernung der Blase - erfolgen könne. Die Befristung sei somit falsch und widerspreche § 42 BBG. Auch sei die Gutachterin nur Allgemeinmedizinerin und nicht Urologin. Es sei ein Urologe beizuziehen. Der Behindertenpass sei unbefristet auszustellen.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

1.1. Dem Beschwerdeführer wurde am XXXX ein bis 01.05.2022 befristeter Behindertenpass ausgestellt und ein Grad der Behinderung in Höhe von 70 vH eingetragen. Es wurden die Zusatzeintragungen "Gesundheitsschädigung gemäß § 2 Abs. 1 erster Teilstrich der Verordnung des Bundesministers für Finanzen über außergewöhnliche Belastungen, BGBl. Nr. 303/1996" vorgenommen.

1.2. Der Gesamtgrad der Behinderung beträgt 70 vH.

Die Heilungsbewährung gemäß Position 13.01.03 ist noch nicht abgelaufen.

1.2.1. Ausmaß der Funktionseinschränkungen:

Allgemeinzustand gut. Ernährungszustand adipös. Hautfarbe rosig, sichtbare Schleimhäute gut durchblutet. Caput: Visus unauffällig, Hörvermögen nicht eingeschränkt. Keine Lippenzyanose. Sensorium altersentsprechend, HNA frei. Collum: Schilddrüse schluckverschieblich, keine Einflussstauung, Lymphknoten nicht palpabel. Pulse allseits tastbar.

Thorax: Symmetrisch, elastisch. Cor: Rhythmisch, rein, normfrequent.

Blutdruck: 150/80. Pulmo: Vesikuläratmung, keine Atemnebengeräusche, keine Dyspnoe.

Abdomen: Bauchdecke weich, kein Druckschmerz, keine Resistenzen tastbar. Hepar am Ribo, Lien nicht palpabel. Nierenlager frei. Urostoma rechter Unterbauch, gut sitzend, dicht, med. Unterbauchnarbe.

Obere Extremitäten: Symmetrische Muskelverhältnisse. Nackengriff und Schürzengriff beidseits uneingeschränkt durchführbar, grobe Kraft beidseits nicht vermindert, Faustschluss und Spitzgriff beidseits durchführbar. Die übrigen Gelenke altersentsprechend frei beweglich. Sensibilität wird unauffällig angegeben.

Untere Extremitäten: Zehenspitzen- und Fersenstand sowie Einbeinstand beidseits durchführbar. Beide Beine von der Unterlage abhebbar. Grobe Kraft beidseits nicht vermindert. Freie Beweglichkeit in Hüftgelenken und Kniegelenken. Bandstabil. Kein Erguss. Symmetrische Muskelverhältnisse. Sensibilität wird unauffällig angegeben. Keine Varikositas, keine Ödeme beidseits.

Wirbelsäule: Kein Klopfschmerz. Finger Boden Abstand im Stehen 30 cm. Rotation und Seitwärtsneigung in allen Ebenen frei beweglich.

Status Psychicus: Klar, orientiert, psychopathologisch unauffällig.

1.2.2. Beurteilung der Funktionseinschränkungen:

Lfd. Nr.

Funktionseinschränkung

Position

GdB

01

Zustand nach bösartiger Neubildung der Blase und Prostata Zwei Stufen über dem unteren Rahmensatz, da Zustand nach Zystoprostatektomie und Anlage eines Urostomas.

13.01.03

70 vH

02

Nicht insulinpflichtiger Diabetes mellitus Mittlerer Rahmensatz, da mittels oraler Medikation zufriedenstellende Blutzuckerwerte erzielt werden können.

09.02.01

20 vH

03

Leichte Hypertonie Fixposition

05.01.01

10 vH

Gesamtgrad der Behinderung

70 vH

 

 

Die führende Funktionsbeeinträchtigung Nr. 1 wird durch die Leiden unter Nr. 2 und 3 nicht weiter erhöht, da das durch diese Leiden bewirkte Funktionsdefizit geringen Ausmaßes ist und keine ungünstige wechselseitige Leidensbeeinflussung vorliegt.

Eine Nachuntersuchung des Beschwerdeführers ist erforderlich, da eine Besserung des Leidenszustandes bei Zustand nach bösartiger Neubildung von Blase und Prostata nach Ablauf der fünfjährigen Heilungsbewährung zu prüfen ist.

2. Beweiswürdigung:

Zu 1.1.) Die Feststellungen zu den allgemeinen Voraussetzungen ergeben sich aus dem diesbezüglich unbedenklichen, widerspruchsfreien und unbestrittenen Akteninhalt.

Zu 1.2.) Die Feststellungen zu Art und Ausmaß der Funktionseinschränkungen gründen sich - in freier Beweiswürdigung - in nachstehend ausgeführtem Umfang auf die eingeholten und vorgelegten und Beweismittel:

Das durch die belangte Behörde eingeholte ärztliche Sachverständigengutachten Dris. XXXX und dessen Ergänzung sind vollständig, schlüssig, nachvollziehbar und frei von Widersprüchen. Es wurde auf die Art der Leiden und deren Ausmaß ausführlich eingegangen.

Die getroffenen Einschätzungen, basierend auf dem im Rahmen persönlicher Untersuchung des Beschwerdeführers erhobenen klinischen Befund, entsprechen unter Berücksichtigung der vorgelegten Beweismittel den festgestellten Funktionseinschränkungen. Diese stehen nicht im Widerspruch zum Ergebnis des eingeholten Sachverständigenbeweises, es wird kein höheres Funktionsdefizit beschrieben, als gutachterlich festgestellt wurde und sie enthalten auch keine neuen fachärztlichen Aspekte, welche unberücksichtigt geblieben sind.

Die befasste Sachverständige hat sich mit den Angaben des Beschwerdeführers und den vorgelegten Beweismitteln eingehend auseinandergesetzt. Die Krankengeschichte des Beschwerdeführers wurde umfassend und differenziert nach den konkret vorliegenden Krankheitsbildern auch im Zusammenwirken zueinander berücksichtigt.

Das durch die belangte Behörde eingeholte Sachverständigengutachten Dris. XXXX und dessen Ergänzung stehen mit den Erfahrungen des Lebens, der ärztlichen Wissenschaft und den Denkgesetzen nicht in Widerspruch. Auch war dem Vorbringen sowie vorgelegten Beweismitteln kein Anhaltspunkt zu entnehmen, die Tauglichkeit der befassten Sachverständigen oder deren Beurteilung beziehungsweise Feststellungen in Zweifel zu ziehen.

Die Beurteilung der Funktionseinschränkungen wurde vom Beschwerdeführer auch nicht bestritten, sondern lediglich die in den Behindertenpass eingetragene Befristung in Beschwer gezogen.

Dass die fünfjährige Heilungsbewährung von Leiden 1 noch nicht abgelaufen ist, wird vom Beschwerdeführer nicht in Frage gestellt.

Zur Erörterung der Rechtsfrage, dass die Heilungsbewährung bei der Beurteilung zu berücksichtigen ist, siehe die rechtlichen Erwägungen unter Punkt II.3.1.

3. Rechtliche Beurteilung:

Gemäß § 6 des Bundesgesetzes über die Organisation des Bundesverwaltungsgerichtes (Bundesverwaltungsgerichtsgesetz - BVwGG) entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Gemäß § 45 Abs. 3 BBG hat in Verfahren auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme von Zusatzeintragungen oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts durch den Senat zu erfolgen. Gegenständlich liegt somit Senatszuständigkeit vor.

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das Bundesgesetz über das Verfahren der Verwaltungsgerichte (Verwaltungsgerichts-verfahrensgesetz - VwGVG) geregelt (§ 1 leg.cit.).

Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

Gemäß § 27 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, soweit nicht Rechtswidrigkeit wegen Unzuständigkeit der Behörde gegeben ist, den angefochtenen Bescheid auf Grund der Beschwerde (§ 9 Abs. 1 Z 3 und 4) oder auf Grund der Erklärung über den Umfang der Anfechtung (§ 9 Abs. 3) zu überprüfen.

Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen.

Gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG hat das Verwaltungsgericht über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.

Zu A)

1. Zur Entscheidung in der Sache:

Unter Behinderung im Sinne dieses Bundesgesetzes ist die Auswirkung einer nicht nur vorübergehenden körperlichen, geistigen oder psychischen Funktionsbeeinträchtigung oder Beeinträchtigung der Sinnesfunktionen zu verstehen, die geeignet ist, die Teilhabe am Leben in der Gesellschaft zu erschweren. Als nicht nur vorübergehend gilt ein Zeitraum von mehr als voraussichtlich sechs Monaten. (§ 1 Abs. 2 BBG)

Behinderten Menschen mit Wohnsitz oder gewöhnlichem Aufenthalt im Inland und einem Grad der Behinderung oder einer Minderung der Erwerbsfähigkeit von mindestens 50% ist auf Antrag vom Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen (§ 45) ein Behindertenpaß auszustellen, wenn

1. ihr Grad der Behinderung (ihre Minderung der Erwerbsfähigkeit) nach bundesgesetzlichen Vorschriften durch Bescheid oder Urteil festgestellt ist oder

2. sie nach bundesgesetzlichen Vorschriften wegen Invalidität, Berufsunfähigkeit, Dienstunfähigkeit oder dauernder Erwerbsunfähigkeit Geldleistungen beziehen oder

3. sie nach bundesgesetzlichen Vorschriften ein Pflegegeld, eine Pflegezulage, eine Blindenzulage oder eine gleichartige Leistung erhalten oder

4. für sie erhöhte Familienbeihilfe bezogen wird oder sie selbst erhöhte Familienbeihilfe beziehen oder

5. sie dem Personenkreis der begünstigten Behinderten im Sinne des Behinderten-einstellungsgesetzes, BGBl. Nr. 22/1970, angehören.

(§ 40 Abs. 1 BBG)

Behinderten Menschen, die nicht dem im Abs. 1 angeführten Personenkreis angehören, ist ein Behindertenpaß auszustellen, wenn und insoweit das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen auf Grund von Vereinbarungen des Bundes mit dem jeweiligen Land oder auf Grund anderer Rechtsvorschriften hiezu ermächtigt ist. (§ 40 Abs. 2 BBG)

Die Höhe des Freibetrages bestimmt sich nach dem Ausmaß der Minderung der Erwerbsfähigkeit (Grad der Behinderung). Die Minderung der Erwerbsfähigkeit (Grad der Behinderung) richtet sich in Fällen,

1. in denen Leistungen wegen einer Behinderung erbracht werden, nach der hiefür maßgebenden Einschätzung,

2. in denen keine eigenen gesetzlichen Vorschriften für die Einschätzung bestehen, nach § 7 und § 9 Abs. 1 des Kriegsopferversorgungsgesetzes 1957 bzw. nach der Einschätzungsverordnung, BGBl. II Nr. 261/2010, für die von ihr umfassten Bereiche.

Die Tatsache der Behinderung und das Ausmaß der Minderung der Erwerbsfähigkeit (Grad der Behinderung) sind durch eine amtliche Bescheinigung der für diese Feststellung zuständigen Stelle nachzuweisen.

Zuständige Stelle ist:

-

Der Landeshauptmann bei Empfängern einer Opferrente (§ 11 Abs. 2 des Opferfürsorgegesetzes, BGBl. Nr. 183/1947).

-

Die Sozialversicherungsträger bei Berufskrankheiten oder Berufsunfällen von Arbeitnehmern.

-

In allen übrigen Fällen sowie bei Zusammentreffen von Behinderungen verschiedener Art das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen; dieses hat den Grad der Behinderung durch Ausstellung eines Behindertenpasses nach §§ 40 ff des Bundesbehindertengesetzes, im negativen Fall durch einen in Vollziehung dieser Bestimmungen ergehenden Bescheid zu bescheinigen.

(§ 35 Abs. 2 Einkommensteuergesetz 1988)

Als Nachweis für das Vorliegen der im § 40 genannten Voraussetzungen gilt der letzte rechtskräftige Bescheid eines Rehabilitationsträgers (§ 3), ein rechtskräftiges Urteil eines Gerichtes nach dem Arbeits- und Sozialgerichtsgesetz, BGBl. Nr. 104/1985, ein rechtskräftiges Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes oder die Mitteilung über die Gewährung der erhöhten Familienbeihilfe gemäß § 8 Abs. 5 des Familienlastenausgleichsgesetzes 1967, BGBl. Nr. 376.

Das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen hat den Grad der Behinderung nach der Einschätzungsverordnung (BGBl. II Nr. 261/2010) unter Mitwirkung von ärztlichen Sachverständigen einzuschätzen, wenn

1. nach bundesgesetzlichen Vorschriften Leistungen wegen einer Behinderung erbracht werden und die hiefür maßgebenden Vorschriften keine Einschätzung vorsehen oder

2. zwei oder mehr Einschätzungen nach bundesgesetzlichen Vorschriften vorliegen und keine Gesamteinschätzung vorgenommen wurde oder

3. ein Fall des § 40 Abs. 2 vorliegt.

(§ 41 Abs. 1 BBG)

Der Behindertenpass hat den Vornamen sowie den Familiennamen, das Geburtsdatum eine allfällige Versicherungsnummer und den festgestellten Grad der Behinderung oder der Minderung der Erwerbsfähigkeit zu enthalten und ist mit einem Lichtbild auszustatten. Zusätzliche Eintragungen, die dem Nachweis von Rechten und Vergünstigungen dienen, sind auf Antrag des behinderten Menschen zulässig. Die Eintragung ist vom Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen vorzunehmen. (§ 42 Abs. 1 BBG)

Der Behindertenpaß ist unbefristet auszustellen, wenn keine Änderung in den Voraussetzungen zu erwarten ist. (§ 42 Abs. 2 BBG)

Anträge auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme einer Zusatzeintragung oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung sind unter Anschluß der erforderlichen Nachweise bei dem Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen einzubringen. (§ 45 Abs. 1 BBG)

Ein Bescheid ist nur dann zu erteilen, wenn einem Antrag gemäß Abs. 1 nicht stattgegeben, das Verfahren eingestellt (§ 41 Abs. 3) oder der Pass eingezogen wird. Dem ausgestellten Behindertenpass kommt Bescheidcharakter zu. (§ 45 Abs. 2 BBG)

Das Beschwerdevorbringen ist nicht geeignet, die Feststellung, dass die fünfjährige Heilungsbewährung von Leiden 1 noch nicht abgelaufen ist, und der Behindertenpass daher befristet ausgestellt wurde, zu entkräften.

Bei Entfernung eines Malignoms innerhalb der fünfjährigen Heilungsbewährung sieht die Einschätzungsverordnung die Position 13.01.03 mit einem Rahmensatz von 50 vH bis 100 vH vor.

Nach Abschluss der fünfjährigen Heilungsbewährung ist bei Entfernung eines Malignoms mit abgeschlossener adjuvanter Behandlung die Position 13.01.02 der Einschätzungsverordnung mit einem Rahmensatz von 10 vH bis 40 vH heranzuziehen.

Eine neuerliche Überprüfung nach Ablauf der Heilungsbewährung hat somit jedenfalls zu erfolgen.

Der Einwand des Beschwerdeführers, dass sich der Zustand nach Entfernung der Blase und Urostoma nicht bessern könne, ist somit nicht zielführend, da die Phase der fünfjährigen Heilungsbewährung nicht auf die Heilung des vom Malignom betroffenen Organes abstellt, sondern auf die rezidivfreie Heilung des den Ist-Zustand auslösenden Malignoms.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Soweit in der Beschwerde die Einholung eines medizinischen Sachverständigengutachtens der Fachrichtungen Urologie beantragt wird, ist dazu auf die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu verweisen, wonach die Behörden iZm der Einschätzung des Grades der Behinderung verpflichtet sind, zur Klärung medizinischer Fachfragen ärztliche Gutachten einzuholen. Das Gesetz enthält aber keine Regelung, aus der erschlossen werden kann, dass ein Anspruch auf die Beiziehung von Fachärzten bestimmter Richtung bestünde. Es besteht demnach kein Anspruch auf die Zuziehung eines Facharztes eines bestimmten medizinischen Teilgebietes. Es kommt vielmehr auf die Schlüssigkeit der eingeholten Gutachten an (vgl. VwGH 24.06.1997, Zl. 96/08/0114). Wie unter Punkt II.2. bereits ausgeführt, wurden das durch die belangte Behörde eingeholte Sachverständigengutachten und dessen Ergänzung als nachvollziehbar, vollständig und schlüssig erachtet.

Gegenständlich liegen keine konkreten Anhaltspunkte vor, dass die Befassung einer Sachverständigen der Fachrichtung Allgemeinmedizin sachwidrig erfolgt ist. Die Begutachtung erfolgte nicht zu dem Zweck der Behandlung des beim Beschwerdeführer vorliegenden Leidens sondern, zur Erhebung der Funktionseinschränkungen.

2. Zum Entfall einer mündlichen Verhandlung:

Das Verwaltungsgericht hat auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen.

(§ 24 Abs. 1 VwGVG)

Die Verhandlung kann entfallen, wenn

1. der das vorangegangene Verwaltungsverfahren einleitende Antrag der Partei oder die Beschwerde zurückzuweisen ist oder bereits auf Grund der Aktenlage feststeht, dass der mit Beschwerde angefochtene Bescheid aufzuheben, die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt oder die angefochtene Weisung für rechtswidrig zu erklären ist oder

2. die Säumnisbeschwerde zurückzuweisen oder abzuweisen ist.

(§ 24 Abs. 2 VwGVG)

Der Beschwerdeführer hat die Durchführung einer Verhandlung in der Beschwerde oder im Vorlageantrag zu beantragen. Den sonstigen Parteien ist Gelegenheit zu geben, binnen angemessener, zwei Wochen nicht übersteigender Frist einen Antrag auf Durchführung einer Verhandlung zu stellen. Ein Antrag auf Durchführung einer Verhandlung kann nur mit Zustimmung der anderen Parteien zurückgezogen werden. (§ 24 Abs. 3 VwGVG)

Soweit durch Bundes- oder Landesgesetz nicht anderes bestimmt ist, kann das Verwaltungsgericht ungeachtet eines Parteiantrags von einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und einem Entfall der Verhandlung weder Art. 6 Abs. 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, BGBl. Nr. 210/1958, noch Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union, ABl. Nr. C 83 vom 30.03.2010 S. 389 entgegenstehen. (§ 24 Abs. 4 VwGVG)

Das Verwaltungsgericht kann von der Durchführung (Fortsetzung) einer Verhandlung absehen, wenn die Parteien ausdrücklich darauf verzichten. Ein solcher Verzicht kann bis zum Beginn der (fortgesetzten) Verhandlung erklärt werden. (§ 24 Abs. 5 VwGVG)

Maßgebend für die gegenständliche Entscheidung über den Gesamtgrad der Behinderung sind die Art und das Ausmaß der beim Beschwerdeführer festgestellten Gesundheitsschädigungen. Zur Klärung des Sachverhaltes wurden daher die der angefochtenen Entscheidung zugrunde gelegten Sachverständigengutachten geprüft. Wie unter Punkt II. 2. bereits ausgeführt, wurden diese als nachvollziehbar, vollständig und schlüssig erachtet.

Der Beschwerdeführer hat von den Sachverständigengutachten vollinhaltlich Kenntnis erlangt. Im Rahmen des Beschwerdevorbringens hatte der Beschwerdeführer die Möglichkeit sich zu äußern bzw. Beweismittel vorzulegen. Es wurden der Beschwerde jedoch keine Beweismittel beigelegt, welche mit der gutachterlichen Beurteilung der Funktionseinschränkungen nicht in Einklang stehen. Das Beschwerdevorbringen war - wie unter Punkt II.2. bzw. II.3.1. bereits ausgeführt - nicht geeignet, relevante Bedenken an den sachverständigen Feststellungen und Beurteilungen hervorzurufen. Das Bundesverwaltungsgericht hat sich den tragenden beweiswürdigenden Erwägungen der belangten Behörde, dass die eingeholte Sachverständigengutachten schlüssig und frei von Widersprüchen sind, angeschlossen. Sohin ist der Sachverhalt geklärt. Daher konnte die Durchführung einer mündlichen Verhandlung unterbleiben. Die Anwendung der Einschätzungsverordnung stellt im Übrigen eine Rechtsfrage dar.

Der Anspruch einer Partei auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung ist auch kein absoluter. (VfGH vom 09.06.2017, E 1162/2017)

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 des Verwaltungsgerichtshofgesetzes 1985 (VwGG) hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Vielmehr hängt die Entscheidung von Tatsachenfragen ab. Maßgebend sind die Art des Leidens und das festgestellte Ausmaß der Funktionsbeeinträchtigungen.

Es handelt sich um eine einzelfallbezogene Beurteilung, welche im Rahmen der von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätze vorgenommen wurde.

Schlagworte

Befristung, Behindertenpass, Grad der Behinderung,
Sachverständigengutachten

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2019:W132.2205253.1.00

Zuletzt aktualisiert am

06.06.2019
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten