TE Bvwg Erkenntnis 2019/3/29 W260 2149885-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 29.03.2019
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Entscheidungsdatum

29.03.2019

Norm

AsylG 2005 §10 Abs1 Z3
AsylG 2005 §55
AsylG 2005 §57
AsylG 2005 §8 Abs1
BFA-VG §9
B-VG Art.133 Abs4
FPG §46
FPG §50
FPG §52 Abs2 Z2
FPG §52 Abs9
FPG §55 Abs1
FPG §55 Abs2

Spruch

W260 2149885-1/18E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Mag. Markus BELFIN über die Beschwerde von XXXX , geboren am XXXX , StA. Afghanistan, vertreten durch Mag. Wolfgang AUER, Rechtsanwalt in 8700 Leoben, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl, Regionaldirektion Steiermark, vom 16.02.2017, Zl. XXXX , nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung zu Recht:

A)

Die Beschwerde gegen die Spruchpunkte II. bis IV. des angefochtenen Bescheides wird als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. XXXX (im Folgenden "Beschwerdeführer"), ein afghanischer Staatsangehöriger, reiste illegal in das Bundesgebiet ein und stellte am 07.07.2015 gegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz.

2. Bei der Erstbefragung am 08.07.2015 vor Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes gab der Beschwerdeführer im Beisein eines Dolmetschers für die Sprache Dari an, er sei im Iran geboren und habe dort bis zu seiner Ausreise gelebt. Er habe im Iran keine Papiere erhalten, keine Schule besuchen und nicht arbeiten dürfen. Das Leben im Iran sei für Afghanen schwer.

3. Dem vom Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (im Folgenden "belangte Behörde") in Auftrag gegeben Sachverständigengutachten über die Volljährigkeitsbeurteilung vom 14.08.2015 ist zu entnehmen, dass das errechnete "fiktive" Geburtsdatum der XXXX ist.

Dieses Gutachten wurde dem Beschwerdeführer mittels Verfahrensanordnung der belangten Behörde vom 17.09.2015 zur Kenntnis gebracht.

4. Am 11.04.2016 erfolgte die niederschriftliche Ersteinvernahme des Beschwerdeführers vor der belangten Behörde im Beisein eines Dolmetschers für die Sprache Dari. Der Beschwerdeführer gab an, er sei im Iran geboren worden und habe dort bis zu seiner Ausreise gelebt. Er habe keine Ausbildung absolviert, aber als Straßenverkäufer gearbeitet. Die Eltern, ein Bruder, fünf Schwestern sowie eine Tante mütterlicherseits leben noch im Iran. Der Beschwerdeführer habe den Iran verlassen, weil er dort keinen Aufenthaltsstatus gehabt habe und Afghanen von Seiten der Regierung und von Seiten der Gesellschaft unterdrückt werden.

Der Beschwerdeführer sei noch nie in Afghanistan gewesen. Er kenne das Land und die Menschen nicht. Es sei ihm erzählt worden, dass dort Krieg herrsche und die Taliban regieren. In Afghanistan leben vier Tanten und ein Onkel mütterlicherseits des Beschwerdeführers.

In Österreich leben ein Onkel mütterlicherseits und eine Cousine seiner Mutter mit deren Tochter. Mit dieser Tochter sei der Beschwerdeführer verlobt. Er besuche in Österreich einen Deutschkurs und betreibe Sport. Der Beschwerdeführer legte Deutschkursbestätigungen vor.

5. Mit nunmehr angefochtenem Bescheid wies die belangte Behörde den Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 (Spruchpunkt I.) und bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Afghanistan gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 (Spruchpunkt II.) ab. Gemäß § 57 AsylG 2005 erteilte die belangte Behörde dem Beschwerdeführer keinen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen und erließ gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005 iVm § 9 BFA-VG gegen den Beschwerdeführer eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG 2005. Die belangte Behörde stellte gemäß § 52 Abs. 9 FPG 2005 fest, dass die Abschiebung des Beschwerdeführers gemäß § 46 FPG 2005 nach Afghanistan zulässig sei (Spruchpunkt III.). Weiters sprach die belangte Behörde aus, dass die Frist für die freiwillige Ausreise des Beschwerdeführers gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG 2005 zwei Wochen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung betrage (Spruchpunkt IV).

Zu den Gründen für das Verlassen des Herkunftsstaates bzw. zu der Situation im Falle einer Rückkehr stellte die belangte Behörde insbesondere fest, der Beschwerdeführer habe keinerlei individuelle Verfolgungssituation in seinem Herkunftsstaat behauptet. Es habe daher nicht festgestellt werden können, dass der Beschwerdeführer einer konkreten persönlichen asylrelevanten Bedrohung in Afghanistan ausgesetzt gewesen sei bzw. eine solche zukünftig zu befürchten hätte. Zudem bestehe für den Beschwerdeführer eine taugliche innerstaatliche Flucht- und Schutzalternative. Der Beschwerdeführer sei volljährig, gesund und arbeitsfähig und könne seinen Lebensunterhalt in Kabul bestreiten. Er liefe nicht Gefahr, grundlegende und notwendige Lebensbedürfnisse nicht befriedigen zu können und in eine aussichtlose Lage zu geraten.

6. Mit Verfahrensanordnung vom 17.02.2017 wurde dem Beschwerdeführer gemäß § 52 Abs. 1 BFA-VG der Verein Menschenrechte Österreich als Rechtsberater für das Beschwerdeverfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht zur Seite gestellt.

7. Der Beschwerdeführer erhob fristgerecht gegen die Spruchpunkte

II. und III. dieses Bescheides das Rechtsmittel der Beschwerde und führte darin begründend zusammengefasst aus, dass es die belangte Behörde unterlassen habe, auf das individuelle Vorbringen des Beschwerdeführers einzugehen und die Gesamtbeurteilung anhand der verfügbaren herkunftsstaatsspezifischen Informationen und entsprechend der bisherigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichtes vorzunehmen. Die Familie des Beschwerdeführers habe Afghanistan bereits vor seiner Geburt verlassen, er habe, bis auf das Band der Staatsbürgerschaft, keinerlei Bezug zu Afghanistan. Eine zumutbare innerstaatliche Fluchtalternative stehe dem Beschwerdeführers mangels eines sozialen und familiären Netzwerkes nicht zur Verfügung. Er wäre bei einer Rückkehr nach Afghanistan vollkommen auf sich alleine gestellt. Wie sich aus den im Verfahren herangezogenen Quellen ergebe, stelle sich die Versorgungslage für alleinstehende Rückkehrer ohne jeglichen familiären Rückhalt als unzureichend dar. Staatliche Unterstützung sei unwahrscheinlich. Unter Berücksichtigung der den Beschwerdeführer betreffenden individuellen Umstände könne nicht mit der erforderlichen Sicherheit ausgeschlossen werden, dass er im Falle der Rückkehr nach Afghanistan einer realen Gefahr iSd Art. 3 EMRK ausgesetzt wäre.

8. Die Beschwerde und der Bezug habende Verwaltungsakt langten am 13.03.2017 beim Bundesverwaltungsgericht ein.

9. Mit Schreiben vom 22.03.2017 gab der Beschwerdeführer bekannt, dass er einen Rechtsanwalt mit seiner Vertretung beauftragt habe.

Der Verein Menschenrechte Österreich gab daraufhin mit Schreiben vom 22.09.2017 die Niederlegung der Vollmacht bekannt.

10. Mit Schreiben des Bundesverwaltungsgerichtes vom 14.07.2017 wurde eine mündliche Verhandlung anberaumt.

11. Das Bundesverwaltungsgericht führte am 26.09.2017 eine öffentliche mündliche Beschwerdeverhandlung durch, an der die belangte Behörde entschuldigt nicht teilnahm.

Der Beschwerdeführer wurde im Beisein seines Rechtsvertreters und einer Dolmetscherin für die Sprache Dari eingehend zur Situation in seinem Herkunftsstaat und zur Situation in Österreich befragt.

Das Bundesverwaltungsgericht legte im Rahmen der Verhandlung die aktuellen Länderinformationen zu Afghanistan, genauer das Länderinformationsblatt der Staatendokumentation vom 22.06.2017, welche dem Beschwerdeführer bereits übermittelt wurden; Gutachten Mag. Karl Mahringer zu GZ: BVwG-160.000/0001-Kammer A/2017; Gutachten Mag. Karl Mahringer, Aktualisierung des Gutachten vom 5.3.2017; Auszug aus UNHCR-Richtlinien zur Feststellung des internationalen Schutzbedarfs afghanischer Asylsuchender vom 04.05.2016, Interne Schutzalternative; ACCORD- Anfragebeantwortung vom 12.06.2015 (a-9219) Situation für AfghannInnen, die ihr ganzes Leben im Iran verbracht haben, vor und räumte den Parteien des Verfahrens die Möglichkeit ein, hierzu innerhalb einer Frist von drei Wochen eine schriftliche Stellungnahme abzugeben.

12. Der Beschwerdeführer führte hiezu namens seiner bevollmächtigen Vertretung in seiner Stellungnahme vom 09.10.2017 im Wesentlichen aus, dass er im Iran geboren worden sei und keine Anknüpfungspunkte zu Afghanistan habe. Die aktuelle Sicherheitslage in Afghanistan gestalte sich nach wie vor als prekär. Die Arbeitslosigkeit sei extrem hoch. Nach Berichten diverser Medien, bzw. beispielsweise von PRO ASYL vom 25.08.2017, herrsche in Städten wie Kabul mangelnder Zugang zu Wohnungen und Arbeit. Soziale Netzwerke wären erforderlich. Im Fall des Beschwerdeführers seien diese aber überhaupt nicht vorhanden. In Österreich leben ein Onkel und ein Cousin des Beschwerdeführers. Das Asylverfahren des Onkels sei nach wie vor anhängig. Dem Cousin sei subsidiärer Schutz zuerkannt worden, wie der beigelegten Urkunde zu entnehmen sei. Der Beschwerdeführer habe sich in Österreich bemüht zu integrieren und seine Sprachkenntnisse zu verbessern. Er verfüge derzeit über ein Sprachniveau B1.

Die belangte Behörde gab keine Stellungnahme ab.

13. Mit Schreiben vom 04.12.2018 übermittelte das Bundesverwaltungsgericht den Verfahrensparteien folgende aktualisierte Länderinformationen zum Parteiengehör:

Länderinformationsblatt zu Afghanistan, Stand 23.11.2018; UNHCR Richtlinien zur Feststellung des Internationalen Schutzbedarfes Afghanischer Asylsuchender, Stand 30.08.2018; Auszugsweise Übersetzung der EASO Country Guidance Afghanistan, Juni 2018, Seiten 21-25, Seiten 98-109. Weiters wurde dem Beschwerdeführer aufgetragen, innerhalb einer Frist von zwei Wochen aktuelle Integrationsbestätigungen, Arztbestätigungen, Befunde, Diagnosen, Informationen über weitere Behandlungen und sonstige relevante Informationen zu übermitteln, sofern er bisher diese Dokumente weder dem Gericht noch der Erstbehörde übermittelt habe.

14. Mit Stellungnahme vom 27.12.2018 übermittelte der Beschwerdeführer namens seiner bevollmächtigen Vertretung weitere Integrationsunterlagen, sowie Berichte zur Lage in Afghanistan und verwies auf das Vorbringen in seiner Stellungnahme vom 09.10.2017.

Die belangte Behörde erstattete keine Stellungnahme.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

1.1. Feststellungen zur Person des Beschwerdeführers:

Der Beschwerdeführer führt den Namen XXXX , geboren am XXXX in Teheran im Iran, ist afghanischer Staatsangehöriger, gehört der Volksgruppe der Tadschiken an, ist sunnitischer Moslem, gesund und ledig.

Die Muttersprache des Beschwerdeführers ist Dari. Neben seiner Muttersprache spricht der Beschwerdeführer Farsi und hat Kenntnisse der deutschen Sprache.

Die Eltern des Beschwerdeführers sind vor der Geburt des Beschwerdeführers von Afghanistan in den Iran gezogen. Der Beschwerdeführer wurde im Iran geboren und lebte bis zu seiner Ausreise im Iran. Der Beschwerdeführer besuchte im Iran keine Schule. Er hat als Straßenverkäufer und Köhler gearbeitet.

Die Eltern und die Geschwister des Beschwerdeführers leben nach wie vor in Teheran. Der Vater ist Arbeiter. Die Schwestern des Beschwerdeführers arbeiten gelegentlich von zu Hause aus. Die finanzielle Situation der Familie ist als eher schlecht zu bezeichnen.

Der Beschwerdeführer steht mit seiner Familie regelmäßig über eine "App" in Kontakt.

In Afghanistan leben vier Tanten und ein Onkel mütterlicherseits des Beschwerdeführers. Zu diesen hat der Beschwerdeführer keinen Kontakt.

Der Beschwerdeführer gilt in seinem Herkunftsstaat als Zivilist.

Der Beschwerdeführer reiste ungefähr im Mai 2015 aus dem Iran aus und gelangte über die Türkei, über Griechenland und weitere Staaten nach Österreich, wo er illegal einreiste und am 07.07.2015 einen Antrag auf internationalen Schutz stellte.

1.2. Aufgrund der Einschränkung der Beschwerde auf die Spruchpunkte II. (Nichtzuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten) und III. (Rückkehrentscheidung) des angefochtenen Bescheides ist dessen Spruchpunkt I. (Nichtzuerkennung des Status des Asylberechtigten) in Rechtskraft erwachsen und darüber nicht mehr abzusprechen.

Erwägungen zu den Fluchtgründen des Beschwerdeführers können daher dahingestellt bleiben.

1.3. Zu einer möglichen Rückkehr des Beschwerdeführers in den Herkunftsstaat:

Eine afghanische Herkunftsprovinz kann nicht festgestellt werden.

Dem Beschwerdeführer steht aber als innerstaatliche Flucht- und Schutzalternative eine Rückkehr in die Stadt Mazar-e Sharif zur Verfügung, wo es ihm möglich ist, ohne Gefahr, grundlegende und notwendige Lebensbedürfnisse wie Nahrung, Kleidung sowie Unterkunft nicht befriedigen zu können bzw. in eine ausweglose bzw. existenzbedrohende Situation zu geraten, zu leben.

Dem Beschwerdeführer droht bei seiner Rückkehr in diese Stadt mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit kein Eingriff in seine körperliche Unversehrtheit.

Der Beschwerdeführer ist jung und arbeitsfähig. Seine Existenz kann er in Mazar-e Sharif - zumindest anfänglich - mit Hilfs- und Gelegenheitsarbeiten sichern. Er ist auch in der Lage, eine einfache Unterkunft zu finden.

Der Beschwerdeführer hat auch die Möglichkeit, finanzielle Unterstützung in Form der Rückkehrhilfe in Anspruch zu nehmen, sodass er im Falle der Rückkehr - neben den eigenen Ressourcen - auf eine zusätzliche Unterstützung zur Existenzsicherung greifen kann. Diese Rückkehrhilfe umfasst jedenfalls auch die notwendigen Kosten der Rückreise. Er hat zwar keine Schulbildung, weist aber bereits Berufserfahrung als Straßenverkäufer und Köhler im Iran auf, die er auch in Mazar- e Sharif wird nutzen können. Der Beschwerdeführer spricht Dari, eine der Landessprachen, auf muttersprachlichem Niveau, sowie Farsi, eine weitere in Afghanistan gesprochene Sprache. Die kulturellen Gepflogenheiten seines Herkunftsstaates sind dem Beschwerdeführer bekannt.

Die Stadt Mazar-e Sharif ist von Österreich aus sicher mit dem Flugzeug zu erreichen.

Der Beschwerdeführer ist gesund. Der Beschwerdeführer läuft im Falle der Rückkehr nach Mazar-e Sharif nicht Gefahr, aufgrund seines derzeitigen Gesundheitszustandes in einen unmittelbar lebensbedrohlichen Zustand zu geraten, oder dass sich eine Erkrankung in einem lebensbedrohlichen Ausmaß verschlechtern wird. Es sind auch sonst keine objektivierten Hinweise hervorgekommen, dass allenfalls andere schwerwiegende körperliche oder psychische Erkrankungen einer Rückführung des Beschwerdeführers in den Herkunftsstaat entgegenstehen würden.

1.4. Feststellungen zum Leben des Beschwerdeführers in Österreich:

Der Beschwerdeführer befindet sich seit seiner Antragstellung im Juli 2015 auf Grund einer vorübergehenden Aufenthaltsberechtigung nach dem AsylG 2005 durchgehend rechtmäßig im Bundesgebiet.

Er bezieht seit seiner Einreise Leistungen aus der vorübergehenden Grundversorgung.

Der Beschwerdeführer ist nicht selbsterhaltungsfähig.

Der Beschwerdeführer besuchte Deutschkurse und verfügt über Kenntnisse der deutschen Sprache. Sprachzertifikate über absolvierte Deutschprüfungen konnte der Beschwerdeführer nicht vorweisen. Er besuchte in Österreich im Schuljahr 2017/2018 die Übergangsklasse einer berufsbildenden mittleren und höheren Schule. In seiner Freizeit spielt er unregelmäßig Fußball.

In Österreich leben ein Onkel des Beschwerdeführers namens XXXX , geb. XXXX , sowie ein Cousin namens XXXX . Weiters lebt eine Cousine mütterlicherseits in Österreich.

Die Verlobung des Beschwerdeführers mit der Tochter dieser Cousine wurde mittlerweile gelöst.

Eine besondere Beziehungsintensität zu seinen Verwandten in Österreich besteht nicht.

Neben losen Freundschaften konnten keine weiteren substantiellen Anknüpfungspunkte im Bereich des Privatlebens des Beschwerdeführers in Österreich festgestellt werden.

Der Beschwerdeführer ist in Österreich strafrechtlich unbescholten.

1.5. Feststellungen zur Lage im Herkunftsstaat:

Zur Lage in Afghanistan werden die im Länderinformationsblatt der Staatendokumentation in der Gesamtaktualisierung vom 29.06.2018 mit Stand vom 23.11.2018, in den UNHCR Richtlinien vom 30.08.2018 und den EASO Leitlinien zu Afghanistan vom Juni 2018 enthaltenen folgenden Informationen als entscheidungsrelevant festgestellt:

1.5.1. Sicherheitslage:

Die Sicherheitslage in Afghanistan bleibt insgesamt volatil und weist starke regionale Unterschiede auf. Provinzen und Distrikten mit aktiven Kampfhandlungen stehen andere gegenüber, in denen die Lage trotz punktueller Sicherheitsvorfälle vergleichsweise stabil ist. Die afghanische Regierung behält die Kontrolle über Kabul, größere Bevölkerungszentren, Transitrouten, Provinzhauptstädte und den Großteil der Distriktzentren. Ausländische Streitkräfte und Regierungsvertreter sowie die als ihre Verbündeten angesehenen Angehörigen der afghanischen Sicherheitskräfte und Vertreter der afghanischen Regierung sind prioritäre Ziele der Aufständischen. Eine Bedrohung für Zivilisten geht insbesondere von Kampfhandlungen zwischen den Konfliktparteien sowie improvisierten Sprengkörpern, Selbstmordanschlägen und komplexen Angriffen auf staatliche Einrichtungen aus. In einigen Teilen des Landes ist fehlende Sicherheit die größte Bewegungseinschränkung. In bestimmten Gebieten machen Gewalt durch Aufständische, Landminen und improvisierte Sprengfallen (IEDs) das Reisen besonders gefährlich, speziell in der Nacht. Bewaffnete Aufständischengruppen betreiben illegale Checkpoints und erpressen Geld und Waren.

1.5.1.1. Provinz Balkh

Hingegen handelt es sich bei der Provinz Balkh, mit deren Hauptstadt Mazar- e Sharif, laut EASO um einen jener Landesteile, wo willkürliche Gewalt ein derart niedriges Ausmaß erreicht, dass für Zivilisten im Allgemeinen keine reelle Gefahr besteht, von willkürlicher Gewalt im Sinne von Art 15 (c) der Qualifizierungsrichtlinie persönlich betroffen zu sein.

Die Provinz Balkh ist nach wie vor eine der stabilsten Provinzen Afghanistans, sie zählt zu den relativ ruhigen Provinzen in Nordafghanistan. Balkh hat im Vergleich zu anderen Regionen weniger Aktivitäten von Aufständischen zu verzeichnen. Manchmal kommt es zu Zusammenstößen zwischen Aufständischen und den afghanischen Sicherheitskräften, oder auch zu Angriffen auf Einrichtungen der Sicherheitskräfte. Im Zeitraum 01.01.2017 - 30.4.2018 wurden in der Provinz 93 sicherheitsrelevante Vorfälle registriert.

Im gesamten Jahr 2017 wurden 129 zivile Opfer (52 getötete Zivilisten und 77 Verletzte) registriert. Hauptursache waren IEDs, gefolgt von Bodenoffensiven und Blindgänger/Landminen. Dies bedeutet einen Rückgang von 68% im Gegensatz zum Vergleichsjahr 2016. Zusammenstöße zwischen Aufständischen und Sicherheitskräften finden statt. Regierungsfeindliche Gruppierungen versuchen ihren Aufstand in der Provinz Balkh voranzutreiben.

1.5.2. Sichere Einreise:

Die Stadt Mazar- e Sharif ist über den internationalen Flughafen sicher erreichbar. Der Flughafen von Mazar-e Sharif (MRZ) liegt 9 km östlich der Stadt im Bezirk Marmul. Die Befahrung der Straßen von diesem Flughafen bis zur Stadt Mazar-e Sharif ist zur Tageszeit im Allgemeinen sicher.

1.5.3. Wirtschafts- und Versorgungslage:

Zur Wirtschafts- und Versorgungslage ist festzuhalten, dass Afghanistan weiterhin ein Land mit hoher Armutsrate und Arbeitslosigkeit ist. Seit 2002 hat Afghanistan mit Unterstützung durch die internationale Gemeinschaft wichtige Fortschritte beim Wiederaufbau seiner Wirtschaft erzielt. Nichtsdestotrotz bleiben bedeutende Herausforderungen bestehen, da das Land weiterhin von Konflikten betroffen, arm und von Hilfeleistungen abhängig ist. Während auf nationaler Ebene die Armutsrate in den letzten Jahren etwas gesunken ist, stieg sie in Nordostafghanistan in sehr hohem Maße. Im Norden und im Westen des Landes konnte sie hingegen reduziert werden. Angesichts des langsamen Wachstums, sicherheitsbedingter Versorgungsunterbrechungen und schwacher landwirtschaftlicher Leistungen, nimmt die Armut auch im Jahr 2018 weiterhin zu.

In den Jahren 2016-2017 wuchs die Arbeitslosenrate, die im Zeitraum 2013-2014 bei 22,6% gelegen hatte, um 1%. Die Arbeitslosigkeit betrifft hauptsächlich gering qualifizierte bildungsferne Personen; diese sind auch am meisten armutsgefährdet. Über 40% der erwerbstätigen Bevölkerung gelten im Jahr 2018 als arbeitslos oder unterbeschäftigt. Es müssten jährlich geschätzte 400.000 neue Arbeitsplätze geschaffen werden, um Neueinsteiger in den Arbeitsmarkt integrieren zu können.

Die afghanische Regierung hat Bemühungen zur Armutsreduktion gesetzt und unterstützt den Privatsektor weiterhin dabei, nachhaltige Jobs zu schaffen und das Wirtschaftswachstum voranzutreiben. Die Ausstellung von Gewerbeberechtigungen soll gesteigert, steuerliche Sanktionen abgeschafft und öffentlich-private Partnerschaften entwickelt werden; weitere Initiativen sind geplant (BFA Staatendokumentation 4.2018; vgl. TD 28.12.2017).

1.5.3.1. Wirtschaftslage der Stadt Mazar-e Sharif:

Mazar- e Sharif ist ein Wirtschafts- und Verkehrsknotenpunkt in Nordafghanistan. Die Region entwickelt sich wirtschaftlich gut. Es entstehen neue Arbeitsplätze, Firmen siedeln sich an und auch der Dienstleistungsbereich wächst. Die Infrastruktur ist jedoch noch unzureichend und behindert die weitere Entwicklung der Region. In Mazar- e Sharif besteht laut EASO grundsätzlich die Möglichkeit, sicheren Wohnraum zu mieten. Als Alternative dazu stehen ferner günstige Unterkünfte in "Teehäusern" zur Verfügung. Generell besteht in Mazar- e Sharif laut EASO, trotz der im Umland herrschenden Dürre, keinerlei Lebensmittelknappheit. In Mazar- e Sahrif haben die meisten Leute laut EASO Zugang zu erschlossenen Wasserquellen sowie auch zu besseren Sanitäreinrichtungen. Schulische Einrichtungen sind in Mazar-e Sharif vorhanden.

1.5.4. Medizinische Versorgung:

Medizinische Versorgung ist in Afghanistan insbesondere in größeren Städten wie etwa auch in Mazar- e Sharif sowohl in staatlichen als auch privaten Krankenhäusern verfügbar. In Mazar- e Sharif zählt dazu das Alemi Krankenhaus. Psychische Krankheiten wie posttraumatische Belastungsstörung, Depression und Angstzustände - die oft durch den Krieg hervorgerufen wurden - sind in Afghanistan weit verbreitet, es gibt aber nur geringe Kapazitäten zur Behandlung dieser Erkrankungen. Spezifische Medikamente sind grundsätzlich verfügbar.

1.5.5. Ethnische Minderheiten:

In Afghanistan leben laut Schätzungen vom Juli 2017 mehr als 34,1 Millionen Menschen. Zuverlässige statistische Angaben zu den Ethnien Afghanistans und zu den verschiedenen Sprachen existieren nicht.

Schätzungen zufolge, sind: 40% Paschtunen, rund 30% Tadschiken, ca. 10% Hazara, 9% Usbeken. Auch existieren noch andere ethnische Minderheiten, wie z.B. die Aimaken, die ein Zusammenschluss aus vier semi-nomadischen Stämmen mongolisch, iranischer Abstammung sind, sowie die Belutschen, die zusammen etwa 4 % der Bevölkerung ausmachen. Die afghanische Verfassung schützt sämtliche ethnische Minderheiten. Neben den offiziellen Landessprachen Dari und Paschtu wird in der Verfassung (Art. 16) sechs weiteren Sprachen ein offizieller Status in jenen Gebieten eingeräumt, wo die Mehrheit der Bevölkerung (auch) eine dieser Sprachen spricht. Diese weiteren in der Verfassung genannten Sprachen sind Usbekisch, Turkmenisch, Belutschisch, Pashai, Nuristani und Pamiri. Es gibt keine Hinweise, dass bestimmte soziale Gruppen ausgeschlossen werden. Keine Gesetze verhindern die Teilnahme der Minderheiten am politischen Leben. Nichtsdestotrotz, beschweren sich unterschiedliche ethnische Gruppen, keinen Zugang zu staatlicher Anstellung in Provinzen haben, in denen sie eine Minderheit darstellen.

Die Dari-sprachige Minderheit der Tadschiken, zu denen der Beschwerdeführer zählt, ist die zweitgrößte und zweitmächtigste Gemeinschaft in Afghanistan. Sie machen etwa 30% der afghanischen Gesellschaft aus. Außerhalb der tadschikischen Kerngebiete in Nordafghanistan bilden Tadschiken in weiten Teilen Afghanistans ethnische Inseln, namentlich in den größeren Städten: In der Hauptstadt Kabul sind sie knapp in der Mehrheit. Aus historischer Perspektive identifizierten sich Sprecher des Dari-Persischen in Afghanistan nach sehr unterschiedlichen Kriterien, etwa Siedlungsgebiet oder Herkunftsregion. Dementsprechend nannten sie sich zum Beispiel kaboli (aus Kabul), herati (aus Herat), mazari (aus Mazar-e Scharif), panjsheri (aus Pajshir) oder badakhshi (aus Badakhshan). Sie konnten auch nach ihrer Lebensweise benannt werden. Der Name tajik (Tadschike) bezeichnete traditionell sesshafte persischsprachige Bauern oder Stadtbewohner sunnitischer Konfession. Die Tadschiken sind im nationalen Durchschnitt mit etwa 25% in der Afghan National Army (ANA) und der Afghan National Police (ANP) repräsentiert.

1.5.6. Religion:

Etwa 99,7% der afghanischen Bevölkerung sind Muslime, davon zwischen 84,7 und 89,7% Sunniten, wie es auch der Beschwerdeführer ist.

1.5.7. Rückkehrer:

In der Zeit von 2012 bis 2017 sind 1.821.011 Personen nach Afghanistan zurückgekehrt, wobei der Großteil der Rückkehrer aus Pakistan und dem Iran kommen. Bis Juli 2017 kehrten aus Europa und der Türkei 41.803 Personen nach Afghanistan zurück. In der Provinz Balkh ließen sich von den insgesamt ca. 1,8 Millionen Rückkehrer/innen in der Zeit von 2012 bis 2017 109.845 Personen nieder.

Aufgrund der schwierigen wirtschaftlichen Bedingungen besteht auch für zurückkehrende Flüchtlinge das Risiko, in die Armut abzurutschen. Sowohl das Welternährungsprogramm der Vereinten Nationen (United Nations World Food Programme) als auch andere UN-Organisationen arbeiten mit der afghanischen Regierung zusammen, um die Kapazität humanitärer Hilfe zu verstärken, rasch Unterkünfte zur Verfügung zu stellen und Hygiene- und Nahrungsbedürfnisse zu stillen.

Die afghanische Regierung kooperierte mit UNHCR, IOM und anderen humanitären Organisationen, um IDPs, Flüchtlingen, rückkehrenden Flüchtlingen und anderen betroffenen Personen Schutz und Unterstützung zu bieten. Die Fähigkeit der afghanischen Regierung vulnerable Personen zu unterstützen, einschließlich Rückkehrer/innen aus Pakistan und dem Iran, bleibt begrenzt und ist weiterhin auf die Hilfe der internationalen Gemeinschaft angewiesen. Auch wenn scheinbar kein koordinierter Mechanismus existiert, der garantiert, dass alle Rückkehrer/innen die Unterstützung erhalten, die sie benötigen, und dass eine umfassende Überprüfung stattfindet, können Personen, die freiwillig oder zwangsweise nach Afghanistan zurückgekehrt sind, dennoch verschiedene Unterstützungsformen in Anspruch nehmen. Eine Reihe unterschiedlicher Organisationen ist für Rückkehrer/innen und Binnenvertriebene (IDP) in Afghanistan zuständig (BFA Staatendokumentation 4.2018). Außerdem erhalten Rückkehrer/innen Unterstützung von der afghanischen Regierung, den Ländern, aus denen sie zurückkehren, und internationalen Organisationen (z.B. IOM) sowie lokalen Nichtregierungsorganisationen (NGO) (z. B. IPSO und AMASO). Nichtsdestotrotz scheint das Sozialkapital die wichtigste Ressource zu sein, die Rückkehrer/innen zur Verfügung steht, da keine dezidiert staatlichen Unterbringungen für Rückkehrer existieren und familiäre Unterbringungsmöglichkeiten für Rückkehrer/innen daher als die zuverlässigste und sicherste Möglichkeit erachtet werden. So kehrt der Großteil der (freiwilligen bzw. zwangsweisen) Rückkehrer/innen direkt zu ihren Familien oder in ihre Gemeinschaften zurück. Für jene, die diese Möglichkeit nicht haben sollten, stellen die Regierung und IOM eine temporäre Unterkunft zur Verfügung. Neue politische Rahmenbedingungen für Rückkehrer/innen und IDPs wurden von unterschiedlichen afghanischen Behörden, dem Ministerium für Flüchtlinge und Repatriierung (MoRR) und internationalen Organisationen geschaffen und sind im Dezember 2016 in Kraft getreten. Diese Rahmenbedingungen gelten sowohl für Rückkehrer/innen aus der Region (Iran und Pakistan), als auch für jene, die aus Europa zurückkommen oder IDPs sind. Soweit dies möglich ist, sieht dieser mehrdimensionale Ansatz der Integration unter anderem auch die individuelle finanzielle Unterstützung als einen Ansatz der "whole of community" vor. Demnach sollen Unterstützungen nicht nur Einzelnen zugutekommen, sondern auch den Gemeinschaften, in denen sie sich niederlassen. Die Rahmenbedingungen sehen die Grundstücksvergabe als entscheidend für den Erfolg anhaltender Lösungen. Hinsichtlich der Grundstücksvergabe wird es als besonders wichtig erachtet, das derzeitige Gesetz zu ändern, da es als anfällig für Korruption und Missmanagement gilt. Auch wenn nicht bekannt ist, wie viele Rückkehrer/innen aus Europa Grundstücke von der afghanischen Regierung erhalten haben - und zu welchen Bedingungen - sehen Experten dies als möglichen Anreiz für jene Menschen, die Afghanistan schon vor langer Zeit verlassen haben und deren Zukunftsplanung von der Entscheidung europäischer Staaten über ihre Abschiebungen abhängig ist.

Die Großfamilie ist für Zurückkehrende die zentrale soziale Institution in Afghanistan und bildet das wichtigste soziale Sicherheitsnetz der Afghanen. Alle Familienmitglieder sind Teil des familiären Netzes. Die Großfamilie trägt zu Schutz, Betreuung und Versorgung ihrer Mitglieder bei. Sie bildet auch eine wirtschaftliche Einheit; die Männer der Familie sind verpflichtet, die Mitglieder der Großfamilie zu unterstützen und die Familie in der Öffentlichkeit zu repräsentieren. Auslandsafghanen pflegen zumeist enge Kontakte mit ihren Verwandten in Afghanistan. Quellen zufolge verlieren nur sehr wenige Afghanen in Europa den Kontakt zu ihrer Familie. Die Qualität des Kontakts mit der Familie hängt möglicherweise auch davon ab, wie lange die betreffende Person im Ausland war bzw. wie lange sie tatsächlich in Afghanistan lebte, bevor sie nach Europa migrierte. Der Faktor geographische Nähe verliert durch technologische Entwicklungen sogar an Wichtigkeit. Der Besitz von Mobiltelefonen ist mittlerweile "universell" geworden und digitale Kommunikation wird eine zunehmende Selbstverständlichkeit, vor allem in den Städten. Ein fehlendes familiäres Netzwerk stellt eine Herausforderung für die Reintegration von Migrant/innen in Afghanistan dar. Quellen zufolge haben aber alleinstehende afghanische Männer, egal ob sie sich kürzer oder länger außerhalb der Landesgrenzen aufhielten, sehr wahrscheinlich eine Familie in Afghanistan, zu der sie zurückkehren können. Eine Ausnahme stellen möglicherweise jene Fälle dar, deren familiäre Netze in den Nachbarstaaten Iran oder Pakistan liegen. Quellen zufolge halten Familien in Afghanistan in der Regel Kontakt zu ihrem nach Europa ausgewanderten Familienmitglied und wissen genau Bescheid, wo sich dieses aufhält und wie es ihm in Europa ergeht. Dieser Faktor wird in Asylinterviews meist heruntergespielt und viele Migranten, vor allem Minderjährige, sind instruiert zu behaupten, sie hätten keine lebenden Verwandten mehr oder jeglichen Kontakt zu diesen verloren.

Neben der Familie als zentrale Stütze der afghanischen Gesellschaft, kommen noch weitere, wichtige Netzwerke zum Tragen, wie z. B. der Stamm, der Clan und die lokale Gemeinschaft. Diese basieren auf Zugehörigkeit zu einer Ethnie, Religion oder anderen "professionellen" Netzwerken (Kolleg/innen, Kommilitonen etc.) sowie politische Netzwerke usw. Die unterschiedlichen Netzwerke haben verschiedene Aufgaben und unterschiedliche Einflüsse - auch unterscheidet sich die Rolle der Netzwerke zwischen den ländlichen und städtischen Gebieten. Ein Netzwerk ist für das Überleben in Afghanistan wichtig. So sind einige Rückkehrer/innen auf soziale Netzwerke angewiesen, wenn es ihnen nicht möglich ist, auf das familiäre Netz zurückzugreifen. Ein Mangel an Netzwerken stellt eine der größten Herausforderungen für Rückkehrer/innen dar, was möglicherweise zu einem neuerlichen Verlassen des Landes führen könnte. Die Rolle sozialer Netzwerke - der Familie, der Freunde und der Bekannten - ist für junge Rückkehrer/innen besonders ausschlaggebend, um sich an das Leben in Afghanistan anzupassen. Sollten diese Netzwerke im Einzelfall schwach ausgeprägt sein, kann die Unterstützung verschiedener Organisationen und Institutionen in Afghanistan in Anspruch genommen werden.

Afghanische Flüchtlinge im Iran

Die letzten zwei bis drei Jahre zeigen doch auf eine progressivere Entwicklung für Afghanen im Iran, wo sich die Maßnahmen der iranischen Behörden auf einen höheren Integrationsgrad der Afghanen zubewegen. Die freiwillige Rückkehr der afghanischen Flüchtlinge ist immer noch das Hauptziel der iranischen Flüchtlingspolitik, aber man hat eingesehen, dass dies im Moment nicht in größerem Maße geschehen kann. Deshalb versucht man Maßnahmen zu ergreifen, die die Situation für die Afghanen verbessern, während man darauf wartet, dass eine Rückkehr stattfinden kann. Es gibt heute einen politischen Willen, die Fähigkeit der Afghanen, sich besser selbst zu versorgen und selbstständiger zu werden, zu unterstützen, aber gleichzeitig sind die Ressourcen des Iran begrenzt und dies bedeutet eine große Herausforderung für die iranischen Behörden. Es gibt auch von den iranischen Behörden nicht zuletzt aus sicherheitsmäßigen Aspekten Interesse daran, mehr Kenntnisse über die Anzahl der sich illegal im Land aufhaltenden Staatsbürger zu erhalten. Dieses hatte zur Folge, dass die iranischen Behörden im Jahr 2017 mit einer Zählung (headcount) und der Registrierung der Afghanen, die sich illegal im Land aufhalten, begonnen haben. In dieser ersten Runde hat man einige ausgewählte Kategorien priorisiert, beispielsweise nicht-registrierte Afghanen, die mit iranischen Staatsbürgern verheiratet sind und Kinder in der Schule haben.

Im Gegensatz zu Pakistan leben nur 3% der afghanischen Flüchtlinge in Iran in Camps. Auch wenn die Flüchtlingslager für Amayesh-registrierte ("Amayesh" ist die Bezeichnung für das iranische Flüchtlingsregistrierungssystem, Anm.) Personen vorgesehen sind, leben dort in der Praxis auch nicht-registrierte Afghanen.

Die Mehrheit der Afghanen, die sich sowohl legal als auch illegal im Land aufhalten, wohnen in von Afghanen dominierten urbanen und halb-urbanen Gebieten. Schätzungen zufolge leben circa 57% der Afghanen im Iran in der Provinz Teheran, Isfahan sowie Razavi-Chorsan (mit Maschhad als Hauptort). Um die 22% leben in den Provinzen Kerman, Fars und Ghom, während die Übrigen in den anderen Provinzen verteilt sind. Die afghanische Flüchtlingspopulation im Iran besteht aus einer Anzahl unterschiedlicher ethnischer Gruppen. Schätzungen über die registrierten Afghanen zufolge gehört die Mehrheit von ihnen der Ethnie der Hazara an, gefolgt von Tadschiken, Paschtunen, Belutschen und Usbeken. Es fehlen Zahlen zur nicht-registrierten Gemeinschaft, dennoch stellen auch hier die Hazara und die Tadschiken eine Mehrheit dar.

2. Beweiswürdigung:

2.1. Zu den Feststellungen zur Person des Beschwerdeführers:

Die Feststellungen zur Identität des Beschwerdeführers ergeben sich aus seinen Angaben vor der belangten Behörde und dem Bundesverwaltungsgericht, sowie aus dem von der belangten Behörde eingeholten Sachverständigengutachten über die Volljährigkeitsbeurteilung. Die Identität des Beschwerdeführers steht mit einer für das Verfahren ausreichenden Sicherheit fest.

Die Feststellungen zur Staatsangehörigkeit, Herkunft, ethnischen und religiösen Zugehörigkeit sowie zu den Aufenthaltsorten, Familienangehörigen, Sprachkenntnissen, der Schulbildung und Berufserfahrung des Beschwerdeführers beruhen auf dessen plausiblen, im Wesentlichen gleichbleibenden Angaben im Laufe des Asylverfahrens.

2.2. Die Feststellung, dass Spruchpunkt I. (Nichtzuerkennung des Status des Asylberechtigten) des Bescheides der belangten Behörde in Rechtskraft erwachsen ist, darüber daher nicht mehr abzusprechen ist und Erwägungen zu den Fluchtgründen des Beschwerdeführers dahingestellt bleiben können, ergibt sich daraus, dass sich die Beschwerde ausdrücklich nur gegen die Spruchpunkte II. (Nichtzuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten) und III. (Rückkehrentscheidung) richtet.

2.3. Zu den Feststellungen zu einer möglichen Rückkehr des Beschwerdeführers in den Herkunftsstaat:

Die Feststellungen zur Rückkehr des Beschwerdeführers nach Afghanistan ergeben sich aus den o.a. Länderfeststellungen unter Berücksichtigung des vom Beschwerdeführer in seiner Beschwerde, in seinen Stellungnahmen zur Gefährdungslage in Afghanistan diesbezüglich angeführten Länderberichtsmaterials in Zusammenschau mit den vom Beschwerdeführer glaubhaft dargelegten persönlichen Umständen.

Die Eltern des Beschwerdeführers haben Afghanistan vor der Geburt des Beschwerdeführers verlassen und sind in den Iran gezogen. Eine Herkunftsprovinz in Afghanistan konnte nicht festgestellt werden, da der Beschwerdeführer im gesamten Verfahren keine diesbezüglichen Angaben machen konnte und insbesondere in der Beschwerdeverhandlung angab, nicht zu wissen, wo seine Eltern in Afghanistan geboren wurden (vgl. S 8 der Niederschrift der Beschwerdeverhandlung).

Dem Beschwerdeführer ist es aber jedenfalls möglich, in die Stadt Mazar-e Sharif als innerstaatliche Flucht- und Schutzalternative zurückzukehren. Mazar- e Sharif ist, wie aus den zitierten Länderfeststellungen zu entnehmen ist, für Zivilisten, wie es der Beschwerdeführer ist, weitgehend sicher, sodass der Beschwerdeführer bei einer Rückkehr in diese Stadt mit keinen Eingriffen in seine körperliche Unversehrtheit zu rechnen hat.

Eine Reise nach Mazar-e Sharif ist über den internationalen Flughafen sicher und legal möglich, die Kosten für die Anreise werden ihm im Rahmen der Rückkehrhilfe grundsätzlich ersetzt.

Die Feststellungen, dass der Beschwerdeführer in der Lage sein wird, in Mazar- e Sharif für seine grundlegendsten Bedürfnisse selbst aufzukommen, obwohl er keine familiären oder sozialen Anknüpfungspunkte in dieser Stadt hat, ergeben sich aus seinen eigenen Angaben im gegenständlichen Asylverfahren unter Berücksichtigung der dieser Entscheidung zugrundeliegenden Länderinformationen. Laut den zitierten EASO Leitlinien vom Juni 2018 ist in der Stadt Mazar- e Sharif die Lebensmittelsicherheit gewährleistet und die darin unter Punkt 1.5.3.1. genannte Basisinfrastruktur steht dem Beschwerdeführer zur Verfügung. Derzeit liegen nach dem Ergebnis des Ermittlungsverfahrens in Mazar-e Sharif keine exzeptionellen Umstände vor, die annehmen lassen würden, dass der Beschwerdeführer dort keine Lebensgrundlage vorfindet, und von ihm die Grundbedürfnisse der menschlichen Existenz nicht gedeckt werden können.

Aufgrund seiner sprachlichen und beruflichen Kenntnisse sind die Lebensgrundlage und die Existenz des Beschwerdeführers im Falle seiner Rückkehr bei Inanspruchnahme der angebotenen Rückkehrhilfe auch ohne soziales Netz und finanzielle Unterstützung durch seine Familie mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit ausreichend gesichert. Es gibt auch keinen Grund zur Annahme, warum der Beschwerdeführer nicht auch in Afghanistan arbeitsfähig sein sollte, zumal er in Afghanistan gesprochene Sprachen spricht und im Iran Arbeitserfahrung als Straßenverkäufer und Köhler gesammelt hat.

Allein der Umstand, dass der Beschwerdeführer fast sein ganzes Leben im Iran, einem islamischen Land, verbracht hat, kann im gegenständlichen Fall nicht zu einer existenzgefährdenden Situation im Falle einer Rückkehr nach Afghanistan führen. Der Beschwerdeführer ist in einem islamischen Land sozialisiert worden. Er kennt die Sitten und Gebräuche Afghanistans und ist in einem afghanischen Haushalt groß geworden. Seine Eltern sind in Afghanistan aufgewachsen und somit mit den afghanischen Traditionen vertraut. Vor diesem Hintergrund kann der Beschwerdeführer auf die Unterstützung durch seine Familie zurückgreifen. Er wird daher in der Lage sein, sich in Mazar-e Sharif zurecht zu finden.

Die diesbezüglichen Feststellungen decken sich auch mit den diesem Verfahren zugrundliegenden UNHCR Richtlinien zur Feststellung des internationalen Schutzbedarfs afghanischer Asylsuchender vom 30.08.2018, wonach UNHCR der Auffassung ist, dass eine vorgeschlagene interne Schutzalternative nur dann zumutbar ist, wenn die Person Zugang zu (i) Unterkunft, (ii) grundlegender Versorgung wie sanitäre Infrastruktur, Gesundheitsversorgung und Bildung und (iii) Lebensgrundlagen hat oder über erwiesene und nachhaltige Unterstützung verfügt, die einen angemessenen Lebensstandard ermöglicht. UNHCR ist zwar der Auffassung, dass eine interne Schutzalternative nur dann als zumutbar angesehen werden kann, wenn die Person im voraussichtlichen Neuansiedlungsgebiet Zugang zu einem Unterstützungsnetzwerk durch Mitglieder ihrer (erweiterten) Familie oder durch Mitglieder ihrer größeren ethnischen Gemeinschaft hat und man sich vergewissert hat, dass diese willens und in der Lage sind, den Antragsteller tatsächlich zu unterstützen. Die einzige Ausnahme von diesem Erfordernis der externen Unterstützung stellen nach Auffassung von UNHCR alleinstehende, leistungsfähige Männer und verheiratete Paare im erwerbsfähigen Alter ohne besonderen Gefährdungsfaktoren, wie es der Beschwerdeführer ist, dar. Diese Personen können unter bestimmten Umständen ohne Unterstützung von Familie und Gemeinschaft in städtischen und halbstädtischen Gebieten leben, die die notwendige Infrastruktur sowie Lebensgrundlagen zur Sicherung der Grundversorgung bieten und die unter der tatsächlichen Kontrolle des Staates stehen (vgl. S 134f der UNHCR Richtlinie vom 30.08.2018 in der deutschen Übersetzung).

Worin die reale Gefahr der unmenschlichen und erniedrigenden Behandlung im Falle einer Rückkehr nach Afghanistan konkret liegt, vermochte der Beschwerdeführer nicht darzutun.

Im Gutachten von Stahlmann, welches der Beschwerdeführer in seiner Stellungnahme vom 09.10.2017 zitiert, wird zwar der Schluss gezogen, dass alleine aufgrund der Anwesenheit einer Person in Afghanistan die Gefahr eines ernsthaften Schadens hinsichtlich ihres Lebens oder ihrer körperlichen Unversehrtheit bestehe. Dabei ist jedoch zu beachten, dass in diesem Gutachten eine subjektive Quellenauswahl und Quelleninterpretation vorgenommen wird. Von regionalen Einzelfällen werden Rückschlüsse auf die Situation in Afghanistan landesweit gezogen. Die Gutachterin trifft zur Sicherheitslage in Afghanistan teilweise nur sehr allgemein gehaltene Aussagen, die im Übrigen einer rechtlichen Beurteilung gleichkommen, und lässt dabei vor allem regionale Unterschiede zwischen den einzelnen Provinzen vollkommen außer Acht. Insbesondere weist das Gutachten von Stahlmann nicht denselben Beweiswert für das erkennende Gericht auf, wie länderkundliche Informationen (z.B. Länderinformationsblatt, UNHCR-Richtlinien vom 30.08.2018, EASO Leitlinien zu Afghanistan vom Juni 2018), die einen qualitätssichernden Objektivierungsprozess für die Gewinnung von Informationen zur Lage im Herkunftsstaat durchliefen, und vermag daher die auf objektiven und für jedermann nachvollziehbaren Quellen beruhenden Länderinformationen nicht zu entkräften.

Dass der Beschwerdeführer bei einer Rückkehr nach Mazar-e Sharif nicht mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit in eine existenzbedrohende Notlage geraten würde, ergibt sich insbesondere auch aus den dieser Entscheidung zugrunde liegenden Länderfeststellungen, wonach jedenfalls zweifelsfrei feststeht, dass derzeit, trotz der Dürre im Umland, keine exzeptionellen Umstände in dieser Stadt gegeben sind, die annehmen lassen würden, dass der Beschwerdeführer dort keine Lebensgrundlage vorfindet, und von ihm die Grundbedürfnisse der menschlichen Existenz nicht gedeckt werden können.

Im gegenständlichen Verfahren nahm das Bundesverwaltungsgericht eine individuelle Einzelfallprüfung vor, wie sie sowohl von EASO als auch von UNHCR für die Annahme einer innerstaatlichen Flucht- und Schutzalternative gefordert wird. Das erkennende Gericht kommt zu dem Schluss, dass entgegen dem Vorbringen des Beschwerdeführers, in seinem Fall eine Rückkehr nach Afghanistan möglich und zumutbar ist.

Der Beschwerdeführer ist nach seinen eigenen glaubhaften Angaben gesund.

Ausgehend von diesen Ermittlungsergebnissen wurde keine Feststellung getroffen, dass der Beschwerdeführer auch im Falle seiner Rückkehr aufgrund seines Gesundheitszustandes in einen unmittelbaren lebensbedrohlichen Zustand geraten wird bzw. dass keine Gründe gesundheitlicher Natur einer Rückführung des Beschwerdeführers in seinen Heimatstaat entgegenstehen.

2.4. Zu den Feststellungen zum (Privat- und Familien)Leben des Beschwerdeführers in Österreich:

Betreffend das Privat- und Familienleben des Beschwerdeführers in Österreich wurden dessen Angaben in der Beschwerdeverhandlung sowie die vorgelegten Unterlagen den Feststellungen zugrunde gelegt.

Die Feststellung der Unbescholtenheit des Beschwerdeführers ergibt sich aus einer aktuellen Abfrage des Strafregisters der Republik Österreich.

2.5. Zu den Länderfeststellungen zur allgemeinen Lage in Afghanistan:

Die Feststellungen zur im vorliegenden Zusammenhang maßgeblichen Situation im Herkunftsstaat stützen sich auf die zitierten Quellen. Da diese aktuellen Länderberichte auf einer Vielzahl verschiedener, voneinander unabhängiger Quellen von regierungsoffiziellen und nicht-regierungsoffiziellen Stellen beruhen und dennoch ein in den Kernaussagen übereinstimmendes Gesamtbild ohne wesentliche Widersprüche darbieten, besteht im vorliegenden Fall für das Bundesverwaltungsgericht kein Anlass, an der Richtigkeit der getroffenen Länderfeststellungen zu zweifeln.

Insoweit den Feststellungen zur Lage im Herkunftsstaat Berichte älteren Datums zugrunde liegen, ist auszuführen, dass sich seither die darin angeführten Umstände unter Berücksichtigung der dem Bundesverwaltungsgericht von Amts wegen vorliegenden Berichte aktuelleren Datums für die Beurteilung der gegenwärtigen Situation nicht wesentlich geändert haben. Die Parteien des Verfahrens haben alle genannten Länderinformationen mit der Möglichkeit zur Abgabe einer Stellungnahme vom erkennenden Gericht übermittelt bekommen und haben von diesem Recht auch teilweise Gebrauch gemacht. Die vom Beschwerdeführer in seinen Stellungnahmen zitierten Länderinformationen finden Großteils Deckung in dem von der Staatendokumentation des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl erstellten Länderinformationen zu Afghanistan. Insoweit es hier Abweichungen zu den dieser Entscheidung zugrunde gelegten Länderinformationen gibt, wird dem entgegengehalten, dass diese Länderinformationen der Staatendokumentation auf dem aktuellen Stand sind, und alle, für das gegenständliche Verfahren wesentlichen Aspekte berücksichtigen.

Insoweit in den Stellungnahmen vom 09.10.2017 und 20.12.2018 auf die schlechte Sicherheitslage und Versorgungslage in Kabul Bezug genommen wird, ist festzuhalten, dass der Beschwerdeführer, folgend der Empfehlung der UNHCR Richtlinie vom 30.08.2018, auf eine innerstaatliche Fluchtalternative nach Mazar-e Sharif, nicht jedoch nach Kabul verwiesen wird.

Der Beschwerdeführer legt im Rahmen der Stellungnahme vom 20.12.2018 Dokumente und Zeitungsberichte in englischer Sprache vor. Der Beschwerdeführer verkennt hier, dass die Amtssprache deutsch ist und Zeitungsberichte aus beweiswürdigender Sicht, nicht auf der gleichen Ebene, wie zB. die in das Verfahren eingebrachten Länderinformationen zu beurteilen sind und ihnen somit keine Beweiskraft zukommt.

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu A)

3.1. Aufgrund der Beschränkung der Beschwerde auf die Spruchpunkte II. (nicht Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten) und III. (Rückkehrentscheidung) des angefochtenen Bescheides, war verfahrensgegenständlich iSd. § 27 VwGVG nur in diesem Umfang zu entscheiden und wuchs der Spruchpunkt I. (Nichtzuerkennung des Status des Asylberechtigten) des genannten Bescheides in Rechtskraft.

3.2. Zur Beschwerde gegen Spruchpunkt II. des angefochtenen Bescheides:

3.2.1. Wird ein Antrag auf internationalen Schutz in Bezug auf die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten abgewiesen, so ist dem Fremden gemäß § 8 Abs. 1 Z 1 AsylG 2005 der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuzuerkennen, wenn eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen Herkunftsstaat eine reale Gefahr einer Verletzung von Artikel 2 EMRK, Artikel 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten würde oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde.

Ausgehend von der ständigen Rechtsprechung des EuGH sind nach der Statusrichtlinie vom subsidiären Schutz nur Fälle realer Gefahr, einen auf ein Verhalten eines Akteurs iSd Art. 6 Statusrichtlinie zurückzuführenden ernsthaften Schaden iSd Art. 15 Statusrichtlinie zu erleiden (Art. 15 lit. a und b), sowie Bedrohungen in einem bewaffneten Konflikt (lit. c) umfasst. Nicht umfasst ist dagegen die reale Gefahr jeglicher etwa auf allgemeine Unzulänglichkeiten im Heimatland zurückzuführender Verletzung von Art. 3 EMRK. (vgl. VwGH 06.11.2018, Ra 2018/01/01606-12)

Unter Gefahr in diesem Sinne ist eine ausreichend reale, nicht nur auf Spekulationen gegründete Gefahr ("a sufficiently real risk") möglicher Konsequenzen für den Betroffenen im Zielstaat zu verstehen (vgl. VwGH 19.02.2004, 99/20/0573). Es müssen stichhaltige Gründe für die Annahme sprechen, dass eine Person einem realen Risiko einer unmenschlichen Behandlung ausgesetzt wäre, und es müssen konkrete Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass gerade die betroffene Person einer derartigen Gefahr ausgesetzt sein würde. Diese Gefährdung bzw. Bedrohung muss, wie schon ausgeführt, von einem Akteur im Sinne des Art. 6 der Statusrichtlinie ausgehen (vgl. VwGH 06.11.2018, Ra 2018/01/01606-12). Die bloße Möglichkeit eines realen Risikos oder Vermutungen, dass der Betroffene ein solches Schicksal erleiden könnte, reichen nicht aus. Gemäß der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes erfordert die Beurteilung des Vorliegens eines tatsächlichen Risikos eine ganzheitliche Bewertung der Gefahr an dem für die Zulässigkeit aufenthaltsbeendender Maßnahmen unter dem Gesichtspunkt des Artikels 3 EMRK auch sonst gültigen Maßstab des "real risk", wobei sich die Gefahrenprognose auf die persönliche Situation des Betroffenen in Relation zur allgemeinen Menschenrechtslage im Zielstaat zu beziehen hat (vgl. VwGH 31.03.2005, 2002/20/0582; 31.05.2005, 2005/20/0095).

Die Gefahr muss sich auf das gesamte Staatsgebiet beziehen (vgl. VwGH 30.06.2005, 2002/20/0205, mwN). Herrscht in einem Staat eine extreme Gefahrenlage, durch die praktisch jeder, der in diesen Staat abgeschoben wird - auch ohne einer bestimmte Bevölkerungsgruppe oder Bürgerkriegspartei anzugehören -, der konkreten Gefahr einer Verletzung der durch Artikel 3 EMRK gewährleisteten Rechte ausgesetzt wäre, so kann dies der Abschiebung eines Fremden in diesen Staat entgegenstehen (vgl. VwGH 17.09.2008, 2008/23/0588).

Die bloße Möglichkeit einer dem Artikel 3 EMRK widersprechenden Behandlung in jenem Staat, in den ein Fremder abgeschoben wird, genügt nicht, um seine Abschiebung in diesen Staat als unzulässig erscheinen zu lassen; vielmehr müssen konkrete Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass gerade der Betroffene einer derartigen Gefahr ausgesetzt sein würde (vgl. VwGH 18.10.2005, 2005/01/0461).

Gemäß § 8 Abs. 2 AsylG 2005 ist die Entscheidung über die Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten nach § 8 Abs. 1 AsylG 2005 mit der abweisenden Entscheidung nach § 3 AsylG 2005 oder der Aberkennung des Status des Asylberechtigten nach § 7 AsylG 2005 zu verbinden.

3.2.2. Gemäß § 8 Abs. 3 AsylG 2005 sind Anträge auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abzuweisen, wenn eine innerstaatliche Fluchtalternative (§ 11) offensteht.

Kann Asylwerbern in einem Teil ihres Herkunftsstaates vom Staat oder sonstigen Akteuren, die den Herkunftsstaat oder einen wesentlichen Teil des Staatsgebietes beherrschen, Schutz gewährleistet werden, und kann ihnen der Aufenthalt in diesem Teil des Staatsgebietes zugemutet werden, so ist gemäß § 11 Abs. 1 AsylG 2005 der Antrag auf internationalen Schutz abzuweisen (Innerstaatliche Fluchtalternative). Schutz ist gewährleistet, wenn in Bezug auf diesen Teil des Herkunftsstaates keine wohlbegründete Furcht nach Artikel 1 Abschnitt A Z 2 Genfer Flüchtlingskonvention vorliegen kann und die Voraussetzungen zur Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten (§ 8 Abs. 1) in Bezug auf diesen Teil des Herkunftsstaates nicht gegeben sind.

Bei der Prüfung, ob eine innerstaatliche Fluchtalternative gegeben ist, ist auf die allgemeinen Gegebenheiten des Herkunftsstaates und auf die persönlichen Umstände der Asylwerber zum Zeitpunkt der Entscheidung über den Antrag abzustellen (§ 11 Abs. 2 AsylG 2005).

§ 11 AsylG 2005 unterscheidet dabei nach seinem klaren Wortlaut zwei getrennte und selbständig zu prüfende Voraussetzungen der innerstaatlichen Fluchtalternative.

Zum einen ist zu klären, ob in dem als innerstaatliche Fluchtalternative ins Auge gefassten Gebiet Schutz vor asylrechtlich relevanter Verfolgung und vor Bedingungen, die nach § 8 Abs. 1 AsylG 2005 die Gewährung von subsidiärem Schutz rechtfertigen würden, gegeben ist. Demgemäß verbietet sich die Annahme, der Schutz eines Asylwerbers sei innerstaatlich zumindest in einem Teilgebiet gewährleistet, jedenfalls dann, wenn in dieser Region Verhältnisse herrschen, die Art. 3 MRK widersprechen. Zum anderen setzt die Annahme einer innerstaatlichen Fluchtalternative voraus, dass dem Asylwerber der Aufenthalt in diesem Gebiet zugemutet werden kann.

Für den Herkunftsstaat des Beschwerdeführers, Afghanistan, gilt es an dieser Stelle auszuführen, dass nach Ansicht des EGMR die allgemeine Situation in Afghanistan nicht dergestalt ist, dass schon alleine die Rückkehr eines Antragstellers eine ernsthafte Bedrohung für die durch Artikel 3 EMRK geschützten Rechte bedeuten würde (vgl. EGMR Urteil Husseini v. Sweden vom 13.10.2011, Beschwerdenummer 10611/09, Ziffer 84 sowie das Erkenntnis des EGMR, wonach die allgemeine Situation in Afghanistan nicht so gelagert ist, dass die Ausweisung dorthin automatisch gegen Artikel 3 EMRK verstoße würde:

EGMR AGR/Niederlande, 12.01.2016, 13.442/08; VwGH 23.02.2016, 2015/01/0134). Trotz der weiterhin als instabil zu bezeichnenden allgemeinen Sicherheitslage ist damit eine Rückkehr nach Afghanistan nicht grundsätzlich ausgeschlossen.

Die Zumutbarkeit des Aufenthaltes ist daher von der Frage der Schutzgewährung in diesem Gebiet zu trennen. Selbst wenn in dem betreffenden Gebiet also keine Verhältnisse herrschen, die Art. 3 MRK widersprechen (oder auf Grund derer andere Voraussetzungen des § 8 Abs. 1 AsylG 2005 für die Zuerkennung von subsidiärem Schutz erfüllt wären), wäre eine innerstaatliche Fluchtalternative bei Unzumutbarkeit des Aufenthaltes in diesem Gebiet zu verneinen. (vgl. VwGH 23.1.2018, Ra 2018/18/001)

Im Sinne einer unionsrechtskonformen Auslegung ist das Kriterium der "Zumutbarkeit" nach § 11 Abs. 1 AsylG 2005 gleichbedeutend mit dem Erfordernis nach Art. 8 Abs. 1 Statusrichtlinie, dass vom Asylwerber vernünftigerweise erwartet werden kann, sich im betreffenden Gebiet seines Herkunftslandes niederzulassen.

Dabei ist auf die allgemeinen Gegebenheiten des Herkunftsstaates und auf die persönlichen Umstände des Asylwerbers zum Zeitpunkt der Entscheidung über den Antrag abzustellen (§ 11 Abs. 2 AsylG 2005; vgl. auch die im Wesentlichen

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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