TE Bvwg Erkenntnis 2019/4/1 W133 2205255-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 01.04.2019
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Entscheidungsdatum

01.04.2019

Norm

BBG §40
BBG §41
BBG §45
B-VG Art.133 Abs4

Spruch

W133 2205255-1/3E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Natascha GRUBER als Vorsitzende und den Richter Mag. Michael SCHWARZGRUBER sowie den fachkundigen Laienrichter Prof. Dr. Gerd GRUBER als Beisitzer über die Beschwerde von XXXX , gegen den Bescheid des Sozialministeriumservice, Landesstelle Wien, vom 03.08.2018, betreffend die Abweisung des Antrages auf Ausstellung eines Behindertenpasses, zu Recht erkannt:

A)

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang

Der Beschwerdeführer, ein Staatsangehöriger des Irak mit befristeter Aufenthaltsberechtigung als subsidiär Schutzberechtigter in Österreich, stellte am 28.02.2018 einen Antrag auf Ausstellung eines Behindertenpasses beim Sozialministeriumservice, Landesstelle Wien (in der Folge als "belangte Behörde" bezeichnet) und legte medizinische Unterlagen vor.

Die belangte Behörde holte in der Folge ein Sachverständigengutachten eines Arztes für Allgemeinmedizin ein. In diesem Gutachten vom 04.04.2018 wurden auf Grundlage einer persönlichen Untersuchung und umfassender Darstellung der Statuserhebung die Funktionseinschränkungen der Leidensposition

Lfd. Nr.

Bezeichnung der körperlichen, geistigen oder sinnesbedingten Funktionseinschränkungen, welche voraussichtlich länger als sechs Monate andauern werden: Begründung der Positionsnummer und des Rahmensatzes:

Pos.Nr.

GdB %

1

Totalendoprothese des rechten Hüftgelenkes Heranziehung dieser Position, da mittelgradige Funktionseinschränkung

02.05.07

20

zugeordnet und

nach der Einschätzungsverordnung ein Gesamtgrad der Behinderung von 20 von Hundert (v.H.) eingeschätzt. Der Gutachter führte betreffend weitere Leiden, die der Beschwerdeführer vorgebracht, aber teilweise nicht belegt hatte, wie folgt aus:

"Folgende beantragten bzw. in den zugrunde gelegten Unterlagen diagnostizierten Gesundheitsschädigungen erreichen keinen Grad der Behinderung:

Hepatitis C, Sichelzellanämie: durch entsprechende Laborbefunde nicht belegt.

Multisegmentale Arthrosen der LWS (Lendenwirbelsäule)und BWS-Bereich

Coxarthrose links: ohne signifikante funktionelle Defizite.

Depressive Episoden: ohne fachärztliche Befunddokumentation."

Mit Schreiben vom 06.04.2018 räumte die belangte Behörde dem Beschwerdeführer förmlich Parteiengehör gemäß § 45 AVG zu dem Gutachten und eine dreiwöchige Frist zur Stellungnahme ein.

Der Beschwerdeführer reichte in der Folge weitere medizinische Befunde betreffend die vorgebrachte Hepatitis C-Erkrankung und die Sichelzellanämie nach.

Die belangte Behörde beauftragte in der Folge neuerlich den Arzt für Allgemeinmedizin, welcher bereits das Gutachten vom 04.04.2018 erstellt hatte, mit der ergänzenden Begutachtung der vorgelegten Befunde.

In seinem ergänzenden Sachverständigengutachten vom 04.07.2018 berücksichtigte der Gutachter auch die neu vorgelegten Befunde, ordnete die Funktionseinschränkungen den Leidenspositionen

Lfd. Nr.

Bezeichnung der körperlichen, geistigen oder sinnesbedingten Funktionseinschränkungen, welche voraussichtlich länger als sechs Monate andauern werden: Begründung der Positionsnummer und des Rahmensatzes:

Pos.Nr.

GdB %

1

Totalendoprothese des rechten Hüftgelenkes Heranziehung dieser Position mit dem oberen Rahmensatz, da Beugung bis 100% möglich

02.05.07

20

2

Sichelzellanämie Eine Stufe über dem unteren Rahmensatz, da mäßiggradige Reduktion der Erythrozytenzahl

10.01.01

20

3

PCR positive Hepatitis C Unterer Rahmensatz, da keine Therapieverpflichtung besteht, bei normalen Leberfunktionsparametern

07.05.01

10

zu und schätzte

nach der Einschätzungsverordnung medizinisch einen Gesamtgrad der Behinderung von 20 von Hundert (v.H.) ein. Begründend führte der Gutachter aus, das führende Leiden unter der Position 1 werde von den anderen Leiden nicht erhöht, da kein maßgebliches ungünstiges Zusammenwirken vorliege.

Mit Schreiben vom 11.07.2018 räumte die belangte Behörde dem Beschwerdeführer förmlich Parteiengehör gemäß § 45 AVG auch zu diesem ergänzenden Gutachten und eine dreiwöchige Frist zur Stellungnahme ein.

Mit Schreiben vom 25.07.2018 erklärte sich der Beschwerdeführer mit dem Grad der Behinderung von 20% nicht einverstanden. Er begründete seinen Einwand nicht und legte seinem Schreiben einen Röntgenbefund vom 21.06.2018 und einen Laborbefund vom 29.06.2018 bei.

Mit ergänzender gutachterlicher Stellungnahme vom 03.08.2018 führte der Gutachter im Hinblick auf den Einwand des Beschwerdeführers vom 25.07.2018 aus, dieser gebe ohne Angabe von Gründen an, mit den 20% nicht einverstanden zu sein. Hierzu sei festzuhalten, dass die Leiden 1,2 und 3 entsprechend den Kriterien der Einschätzungsverordnung korrekt eingeschätzt seien. Insgesamt lägen keine neuen Erkenntnisse hinsichtlich noch nicht adäquat berücksichtigter behinderungswirksamer Funktionseinschränkungen vor. Es komme zu keiner Änderung des Gutachtens.

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid vom 03.08.2018 wies die belangte Behörde den Antrag des Beschwerdeführers auf Ausstellung eines Behindertenpasses gemäß §§ 40, 41 und 45 Bundesbehindertengesetz (BBG) ab, da er mit dem festgestellten Grad der Behinderung von 20% die Voraussetzungen für die Ausstellung eines Behindertenpasses nicht erfülle. In der Begründung verwies die belangte Behörde auf das Ergebnis der ärztlichen Begutachtung, wonach der Grad der Behinderung 20% betrage.

Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer mit Schreiben vom 06.09.2018 fristgerecht eine Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht. Darin führt er aus, er sei mit dem Grad der Behinderung von 20% nicht einverstanden. Der Beschwerde legte er weitere medizinischen Befunde bei.

Die belangte Behörde legte am 07.09.2018 die Beschwerde und den Bezug habenden Verwaltungsakt dem Bundesverwaltungsgericht zur Entscheidung vor.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen (Sachverhalt):

Der Beschwerdeführer ist Staatsangehöriger des Irak mit befristeter Aufenthaltsberechtigung als subsidiär Schutzberechtigter in Österreich und hat seinen Wohnsitz bzw. gewöhnlichen Aufenthalt in Österreich.

Er brachte am 28.02.2018 einen Antrag auf Ausstellung eines Behindertenpasses bei der belangten Behörde ein.

Bei dem Beschwerdeführer bestehen folgende Funktionseinschränkungen, die voraussichtlich länger als sechs Monate andauern werden:

1) Totalendoprothese des rechten Hüftgelenkes, wobei eine Beugung bis 100° möglich ist;

2) Sichelzellanämie bei nur mäßiggradiger Reduktion der Erythrozytenzahl;

3) PCR positive Hepatitis C, wobei jedoch keine Therapieverpflichtung besteht, bei normalen Leberfunktionsparametern.

Leiden 1 wird durch die Leiden 2 und 3 nicht erhöht, da keine ungünstige wechselseitige Leidensbeeinflussung vorliegt und die Leiden 2 und 3 gering ausgeprägt sind und daher auch keine zusätzlichen erheblichen Funktionseinschränkungen bewirken.

Der Gesamtgrad der Behinderung des Beschwerdeführers beträgt aktuell 20 v. H.

Hinsichtlich der bei dem Beschwerdeführer bestehenden einzelnen Funktionseinschränkungen, deren Ausmaß, wechselseitiger Leidensbeeinflussung und medizinischer Einschätzung werden die diesbezüglichen Beurteilungen im Sachverständigengutachten des Arztes für Allgemeinmedizin vom 04.04.2018 sowie in dem ergänzenden Sachverständigengutachten vom 04.07.2018 und der ergänzenden gutachterlichen Stellungnahme vom 03.08.2018 der nunmehrigen Entscheidung zu Grunde gelegt; diesbezüglich wird auf die nachfolgenden beweiswürdigenden und rechtlichen Ausführungen verwiesen.

Das von dem Beschwerdeführer erstattete unsubstantiierte Beschwerdevorbringen führt zu keiner geänderten Einschätzung. Die bestehenden Funktionseinschränkungen wurden in den vorliegenden Gutachten durch die vorgenommene medizinische Beurteilung korrekt berücksichtigt; diesbezüglich wird auf die nachfolgenden beweiswürdigenden Ausführungen verwiesen.

Unter Berücksichtigung der dem Bundesverwaltungsgericht vorliegenden medizinischen Befunde und der Untersuchungsergebnisse im Gutachten ist eine höhere Einschätzung der festgestellten Leidenszustände zum Entscheidungszeitpunkt nicht möglich.

2. Beweiswürdigung:

Das Datum der Einbringung des gegenständlichen Antrages auf Ausstellung eines Behindertenpasses basiert auf dem Akteninhalt.

Die Feststellungen zur Staatsangehörigkeit und zum Wohnsitz bzw. gewöhnlichen Aufenthalt des Beschwerdeführers im Inland ergeben sich aus der im Akt aufliegenden Kopie der Meldebestätigung und seinen eigenen Angaben bei der Antragstellung; konkrete Anhaltspunkte dafür, dass er seinen Wohnsitz bzw. gewöhnlichen Aufenthalt nicht mehr im Inland hätte, sind im Verfahren nicht hervorgekommen. Auch die belangte Behörde ging vom Vorliegen dieser Voraussetzung aus.

Der Gesamtgrad der Behinderung basiert auf dem seitens der belangten Behörde eingeholten Sachverständigengutachten des Arztes für Allgemeinmedizin vom 04.04.2018 sowie dem ergänzenden Sachverständigengutachten vom 04.07.2018 und der ergänzenden gutachterlichen Stellungnahme vom 03.08.2018. In diesen Gutachten wird auf die Art der Leiden des Beschwerdeführers und deren Ausmaß vollständig, nachvollziehbar und widerspruchsfrei eingegangen. Der Gutachter setzt sich auch umfassend und nachvollziehbar mit den vorgelegten Befunden und dem Vorbringen des Beschwerdeführers im Rahmen der Untersuchung auseinander. Im ergänzenden Sachverständigengutachten vom 04.07.2018 und der ergänzenden gutachterlichen Stellungnahme vom 03.08.2018 berücksichtigte der Sachverständige auch die im Rahmen des Parteiengehörs nachgereichten Befunde. Die getroffenen Einschätzungen, basierend auf den im Rahmen persönlicher Untersuchung erhobenen Befunden, entsprechen auch den festgestellten Funktionsbeeinträchtigungen (diesbezüglich wird auch auf die oben nur auszugsweise wiedergegebenen Ausführungen im Gutachten verwiesen); die Gesundheitsschädigungen wurden nach der Einschätzungsverordnung auch richtig eingestuft.

Führendes Leiden des Beschwerdeführers ist der Zustand nach Totalendoprothese des rechten Hüftgelenkes. Dieses Leiden wurde von dem Sachverständigen unter Berücksichtigung des Umstandes, dass im Rahmen der Untersuchung eine Beugung bis 100° möglich war, korrekt dem oberen Rahmensatz der Positionsnummer 02.05.07 der Anlage zur Einschätzungsverordnung zugeordnet, welche Funktionseinschränkungen der Hüftgelenke geringen Grades einseitig betrifft. Diese Beurteilung entspricht auch dem im Rahmen der Beschwerde vorgelegten Röntgenbefund vom 25.08.2017, worin ein regelrechter Prothesensitz ohne nachweisbare Lockerungszeichen dokumentiert ist.

Im Gutachten vom 04.04.2018 wurde folgender Status mit guter Beweglichkeit und Mobilität dokumentiert:

"...

Neurologisch: grob neurologisch unauffällig. Sensibilitätsstörungen werden keine angegeben.

WIRBELSÄULE:

Die Rückenmuskulatur ist symmetrisch ausgebildet, kein wesentlicher Hartspann der Rückenmuskulatur.

HWS: altersentsprechend frei beweglich, Drehung und Seitneigung beidseits frei. KJA: 1cm

BWS: altersentsprechend frei beweglich

LWS: altersentsprechend frei beweglich FBA: 10 cm

Obere Extremitäten:

Trophik und Tonus seitengleich normal, grobe Kraft bds nicht signifikant vermindert. Schultergelenk rechts Seitliches Anheben:

140° Anheben nach vorne: 160°

Schultergelenk links Seitliches Anheben: 140° Anheben nach vorne:

160°

Nackengriff: bds möglich Schürzengriff: bds möglich

Hand- und Fingergelenke: keine signifikanten Funktionseinschränkungen

Der Pinzettengriff ist beidseits mit allen Fingern möglich.

Der Faustschluss ist beidseits mit allen Fingern möglich.

Untere Extremitäten:

Trophik und Tonus seitengleich normal, grobe Kraft bds nicht signifikant vermindert. Hüftgelenk rechts: Beugung: 100° Rotation:

30-0-30° klassische blande Narbe nach TEP

Hüftgelenk links: Beugung: 120° Rotation: 40-0-40°

Kniegelenk rechts: 0-0-140°

Kniegelenk links: 0-0-140°

Sprunggelenke: beidseits annähernd normale Beweglichkeit, Fußheben und -senken bds durchführbar, alle Funktionen ungestört.

Zehenstand und Fersenstand beidseitig möglich, Einbeinstand bds möglich, Fußpulse bds palpabel.

Keine Ödeme, keine postthrombotischen Veränderungen.

Gesamtmobilität - Gangbild:

Ungestört, kommt in normalen Straßenschuhen, ohne Gehhilfen, vermag sich selbständig aus- und wieder anzuziehen und ist in den Bewegungsabläufen nicht maßgeblich behindert. Freies Gehen im Untersuchungsraum anstandslos möglich.

Status Psychicus:

Zeitlich, örtlich und zur Person orientiert. Wirkt in der Kommunikation unauffällig, freundlich, die Stimmungslage ist ausgeglichen. Merkfähigkeit, Konzentration und Antrieb unauffällig.

...."

Die getroffene Einschätzung des Leidens 1 erweist sich somit auch vor dem Hintergrund des Untersuchungsergebnisses als nachvollziehbar und richtig.

Auch das Leiden Nr. 2 "Sichelzellanämie" wurde aufgrund der vorliegenden geringen Ausprägung korrekt eine Stufe über dem unteren Rahmensatz der Positionsnummer 10.01.01 der Anlage zur Einschätzungsverordnung, welche therapierefraktäre Anämien mit leichten bis mäßigen Auswirkungen betrifft, zugeordnet und mit einem Einzelgrad der Behinderung von 20% bewertet. Aus den vorgelegten Laborbefunden ergibt sich regelmäßig eine nur leichte bis mäßiggradige Reduktion der Erythrozytenzahl. Befunde, die eine schwere therapierefraktäre Anämie belegen würden, liegen nicht vor.

Die PCR positive Hepatitis C-Erkrankung wurde unter Berücksichtigung des Umstandes, dass keine Therapieverpflichtung besteht und zudem normale Leberfunktionsparameter erhoben werden konnten, nachvollziehbar und richtig dem unteren Rahmensatz der Positionsnummer 07.05.01 der Anlage zur Einschätzungsverordnung, welche chronische Hepatitis mit geringer klinisch entzündlicher Aktivität betrifft, zugeordnet. Höhere Funktionseinschränkungen in Form mehrfach überschrittener ALAT/GPT Referenzwerte sind nicht befundmäßig dokumentiert. Die gewählte Einschätzung erweist sich daher ebenfalls als nachvollziehbar und richtig.

Auch die vom Beschwerdeführer im Rahmen der Beschwerde nachgereichten Befunde objektivieren keine höheren Funktionseinschränkungen als bereits berücksichtigt. Das Attest des Hausarztes vom 15.02.2018 vermag ebenfalls keine geänderte Beurteilung zu bewirken, zumal die darin zum Teil angeführte Ausprägung der Leiden sich offenbar nur auf die Angaben des Beschwerdeführers stützt und nicht durch entsprechende Facharztbefunde untermauert bzw objektiviert ist.

Dass der Gutachter die Funktionseinschränkungen des Beschwerdeführers tatsachenwidrig beurteilt hätte, kann vor dem Hintergrund der vorgelegten Befunde sowie unter Berücksichtigung der Untersuchungsergebnisse nicht erkannt werden. Die Funktionseinschränkungen des Beschwerdeführers wurden umfassend und differenziert nach den konkret vorliegenden Krankheitsbildern auch im Zusammenwirken zueinander nachvollziehbar und richtig berücksichtigt.

Das unsubstantiierte Vorbringen des Beschwerdeführers im Rahmen der Beschwerde ist somit nicht geeignet, das vorliegende Sachverständigengutachten zu entkräften und eine Änderung des Ermittlungsergebnisses herbeizuführen. Der Beschwerdeführer ist dem Sachverständigengutachten im Rahmen der Beschwerde auch nicht auf gleicher fachlicher Ebene entgegengetreten, steht es dem Antragsteller, so er der Auffassung ist, dass seine Leiden nicht hinreichend berücksichtigt wurden, nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes doch frei, das im Auftrag der Behörde erstellte Gutachten durch die Beibringung eines Gegengutachtens eines Sachverständigen seiner Wahl zu entkräften (vgl. etwa das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 27.06.2000, Zl. 2000/11/0093).

Seitens des Bundesverwaltungsgerichtes bestehen folglich keine Zweifel an der Richtigkeit, Vollständigkeit und Schlüssigkeit des vorliegenden Sachverständigengutachtens des Arztes für Allgemeinmedizin vom 04.04.2018 sowie des ergänzenden Sachverständigengutachtens vom 04.07.2018 und der ergänzenden gutachterlichen Stellungnahme vom 03.08.2018. Diese werden daher in freier Beweiswürdigung der gegenständlichen Entscheidung zu Grunde gelegt.

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu Spruchteil A)

Die gegenständlich maßgeblichen Bestimmungen des Bundesbehindertengesetzes (BBG), BGBl. 283/1990 idF BGBl. I Nr. 59/2018, lauten auszugsweise:

"§ 40. (1) Behinderten Menschen mit Wohnsitz oder gewöhnlichem Aufenthalt im Inland und einem Grad der Behinderung oder einer Minderung der Erwerbsfähigkeit von mindestens 50% ist auf Antrag vom Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen (§ 45) ein Behindertenpass auszustellen, wenn

1. ihr Grad der Behinderung (ihre Minderung der Erwerbsfähigkeit) nach bundesgesetzlichen Vorschriften durch Bescheid oder Urteil festgestellt ist oder

2. sie nach bundesgesetzlichen Vorschriften wegen Invalidität, Berufsunfähigkeit, Dienstunfähigkeit oder dauernder Erwerbsunfähigkeit Geldleistungen beziehen oder

3. sie nach bundesgesetzlichen Vorschriften ein Pflegegeld, eine Pflegezulage, eine Blindenzulage oder eine gleichartige Leistung erhalten oder

...

5. sie dem Personenkreis der begünstigten Behinderten im Sinne des Behinderteneinstellungsgesetzes, BGBl. Nr. 22/1970, angehören.

(2) Behinderten Menschen, die nicht dem im Abs. 1 angeführten Personenkreis angehören, ist ein Behindertenpass auszustellen, wenn und insoweit das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen auf Grund von Vereinbarungen des Bundes mit dem jeweiligen Land oder auf Grund anderer Rechtsvorschriften hiezu ermächtigt ist.

§ 41. (1) Als Nachweis für das Vorliegen der im § 40 genannten Voraussetzungen gilt der letzte rechtskräftige Bescheid eines Rehabilitationsträgers (§ 3), ein rechtskräftiges Urteil eines Gerichtes nach dem Arbeits- und Sozialgerichtsgesetz, BGBl. Nr. 104/1985, ein rechtskräftiges Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes oder die Mitteilung über die Gewährung der erhöhten Familienbeihilfe gemäß § 8 Abs. 5 des Familienlastenausgleichsgesetzes 1967, BGBl. Nr. 376. Das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen hat den Grad der Behinderung nach der Einschätzungsverordnung (BGBl. II Nr. 261/2010) unter Mitwirkung von ärztlichen Sachverständigen einzuschätzen, wenn

1. nach bundesgesetzlichen Vorschriften Leistungen wegen einer Behinderung erbracht werden und die hiefür maßgebenden Vorschriften keine Einschätzung vorsehen oder

2. zwei oder mehr Einschätzungen nach bundesgesetzlichen Vorschriften vorliegen und keine Gesamteinschätzung vorgenommen wurde oder

3. ein Fall des § 40 Abs. 2 vorliegt.

...

§ 42. (1) Der Behindertenpass hat den Vornamen sowie den Familiennamen, das Geburtsdatum eine allfällige Versicherungsnummer und den festgestellten Grad der Behinderung oder der Minderung der Erwerbsfähigkeit zu enthalten und ist mit einem Lichtbild auszustatten. Zusätzliche Eintragungen, die dem Nachweis von Rechten und Vergünstigungen dienen, sind auf Antrag des behinderten Menschen zulässig. Die Eintragung ist vom Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen vorzunehmen.

...

§ 45.

(1) Anträge auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme einer Zusatzeintragung oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung sind unter Anschluss der erforderlichen Nachweise bei dem Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen einzubringen.

(2) Ein Bescheid ist nur dann zu erteilen, wenn einem Antrag gemäß Abs. 1 nicht stattgegeben, das Verfahren eingestellt (§ 41 Abs. 3) oder der Pass eingezogen wird. Dem ausgestellten Behindertenpass kommt Bescheidcharakter zu.

(3) In Verfahren auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme von Zusatzeintragungen oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung hat die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts durch den Senat zu erfolgen.

(4) Bei Senatsentscheidungen in Verfahren gemäß Abs. 3 hat eine Vertreterin oder ein Vertreter der Interessenvertretung der Menschen mit Behinderung als fachkundige Laienrichterin oder fachkundiger Laienrichter mitzuwirken. Die fachkundigen Laienrichterinnen oder Laienrichter (Ersatzmitglieder) haben für die jeweiligen Agenden die erforderliche Qualifikation (insbesondere Fachkunde im Bereich des Sozialrechts) aufzuweisen.

....

§ 46. Die Beschwerdefrist beträgt abweichend von den Vorschriften des Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetzes, BGBl. I Nr. 33/2013, sechs Wochen. Die Frist zur Erlassung einer Beschwerdevorentscheidung beträgt zwölf Wochen. In Beschwerdeverfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht dürfen neue Tatsachen und Beweismittel nicht vorgebracht werden."

Wie oben unter Punkt II.2. eingehend ausgeführt wurde, werden der gegenständlichen Entscheidung die vollständigen, schlüssigen und widerspruchsfreien allgemeinmedizinischen Sachverständigengutachten vom 04.04.2018 und 04.07.2018 sowie die ergänzende gutachterliche Stellungnahme vom 03.08.2018 zu Grunde gelegt, wonach der Grad der Behinderung des Beschwerdeführers 20% beträgt. Die Gesundheitsschädigungen wurden in den Gutachten auch nach den Bestimmungen der Einschätzungsverordnung richtig eingestuft; diesbezüglich wird auch auf die obigen detaillierten Ausführungen im Rahmen der Beweiswürdigung verwiesen. Wie ebenfalls bereits oben im Rahmen der Beweiswürdigung dargelegt wurde, waren die im Rahmen der Beschwerde erhobenen unsubstantiierten Einwendungen nicht geeignet, die vorliegenden aktuellen Gutachten zu entkräften. Es ist daher davon auszugehen, dass der Grad der Behinderung des Beschwerdeführers zum aktuellen Entscheidungszeitpunkt 20% beträgt.

Mit einem Gesamtgrad der Behinderung von 20% sind die Voraussetzungen für die Ausstellung eines Behindertenpasses gemäß § 40 Abs. 1 BBG, wonach behinderten Menschen mit Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt im Inland und einem Grad der Behinderung oder einer Minderung der Erwerbstätigkeit von mindestens 50 v.H. ein Behindertenpass auszustellen ist, nicht erfüllt.

Schließlich ist darauf hinzuweisen, dass für das Verfahren nach § 46 Bundesbehindertengesetz eine Neuerungsbeschränkung besteht, wonach im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht neue Tatsachen und Beweismittel nicht vorgebracht werden dürfen. Bei einer Verschlechterung des Leidenszustandes kommt jedoch eine neuerliche Einschätzung des Grades der Behinderung nach Maßgabe des § 41 Abs. 2 BBG in Betracht.

Die Beschwerde war daher spruchgemäß abzuweisen.

Im gegenständlichen Fall wurde die Frage der Feststellung des Gesamtgrades der Behinderung unter Mitwirkung von ärztlichen Sachverständigen geprüft. Die strittigen Tatsachenfragen (Schmerzen, Art und Ausmaß der Funktionseinschränkungen) gehören dem Bereich zu, der vom Sachverständigen zu beleuchten ist. Der entscheidungsrelevante Sachverhalt ist vor dem Hintergrund des vorliegenden, nicht substantiiert bestrittenen schlüssigen Sachverständigengutachtens geklärt, sodass im Sinne der Judikatur des EGMR und der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 16.12.2013, Zl. 2011/11/0180) eine mündliche Verhandlung nicht geboten war. Art. 6 EMRK bzw. Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union stehen somit dem Absehen von einer mündlichen Verhandlung gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG nicht entgegen (vgl. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 16.12.2013, Zl. 2011/11/0180 mit weiterem Verweis auf die Entscheidung des EGMR vom 21.03.2002, Nr. 32.636/96). Beide Parteien stellten zudem keinen Antrag auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung. All dies lässt die Einschätzung zu, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten ließ und eine Entscheidung ohne vorherige Verhandlung im Beschwerdefall nicht nur mit Art. 6 EMRK und Art. 47 GRC kompatibel ist, sondern auch im Sinne des Gesetzes (§ 24 Abs. 1 VwGVG) liegt, weil damit dem Grundsatz der Zweckmäßigkeit, Raschheit, Einfachheit und Kostenersparnis (§ 39 Abs. 2a AVG) gedient ist, gleichzeitig aber das Interesse der materiellen Wahrheit und der Wahrung des Parteiengehörs nicht verkürzt wird (vgl. dazu die Entscheidung des Verfassungsgerichtshofes vom 09.06.2017, Zl. E 1162/2017-5).

Zu Spruchteil B)

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Dieser Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Konkrete Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung sind weder in der gegenständlichen Beschwerde vorgebracht worden, noch im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht hervorgekommen. Das Bundesverwaltungsgericht konnte sich bei allen erheblichen Rechtsfragen auf Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bzw. auf eine ohnehin klare Rechtslage stützen.

Schlagworte

Behindertenpass, Grad der Behinderung, Sachverständigengutachten

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2019:W133.2205255.1.00

Zuletzt aktualisiert am

06.06.2019
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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