TE Bvwg Erkenntnis 2019/4/1 W256 2191077-1

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Veröffentlicht am 01.04.2019
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Entscheidungsdatum

01.04.2019

Norm

AsylG 2005 §3 Abs1
AsylG 2005 §3 Abs5
B-VG Art.133 Abs4

Spruch

W256 2191073-1/5E

W256 2191077-1/5E

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin Mag. Caroline KIMM als Einzelrichterin über die Beschwerde von 1. XXXX , alias XXXX , geboren am XXXX und 2. XXXX , geboren am XXXX , beide StA Somalia, gegen Spruchpunkt I. der Bescheide des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 16. Februar 2018, 1. Zl. XXXX und 2. Zl. XXXX zu Recht:

A) Den Beschwerden wird stattgegeben, und den Beschwerdeführerinnen

gemäß § 3 Abs. 1 AsylG 2005 der Status von Asylberechtigten zuerkannt.

Gemäß § 3 Abs. 5 AsylG 2005 wird festgestellt, dass den Beschwerdeführerinnen damit kraft Gesetzes die Flüchtlingseigenschaft zukommt.

B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

Verfahrensgang und Sachverhalt:

Die Erstbeschwerdeführerin ist die Mutter der Zweitbeschwerdeführerin. Dem Ehemann der Erstbeschwerdeführerin bzw. dem Vater der Zweitbeschwerdeführerin, XXXX wurde mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 18. August 2015, GZ: W XXXX rechtskräftig Asyl zuerkannt.

Die Erstbeschwerdeführerin stellte am 18. November 2016 einen Antrag auf internationalen Schutz nach dem Asylgesetz 2005 (AsylG 2005). Am 2. November 2017 beantragte der Vater der Zweitbeschwerdeführerin als gesetzlicher Vertreter für seine am 24. Oktober 2017 geborene Tochter, die Zweitbeschwerdeführerin, Asyl.

Mit den angefochtenen Bescheiden wies die belangte Behörde die Anträge der Beschwerdeführerinnen auf internationalen Schutz hinsichtlich der Zuerkennung des Status der Asylberechtigten jeweils ab (Spruchpunkt I.), der Status der subsidiär Schutzberechtigten wurde ihnen dagegen jeweils zuerkannt (Spruchpunkt II.) und eine befristete Aufenthaltsberechtigung jeweils erteilt (Spruchpunkt III).

Darin stellte die belangte Behörde zunächst u.a. fest, dass die Erstbeschwerdeführerin und XXXX traditionell verheiratet und diese Eltern der minderjährigen Zweitbeschwerdeführerin seien. In der Beweiswürdigung betreffend die Erstbeschwerdeführerin führte die belangte Behörde dazu u.a. aus, dass die Ehe im Herkunftsstaat noch nicht bestanden habe, sondern laut den Ausführungen der Erstbeschwerdeführerin im März 2015 im Jemen geschlossen worden sei. Auch im Jemen habe jedoch kein "Eheleben" bestanden, weil der "Ehegatte lediglich für 3 Wochen auf Besuch bei seiner Schwester im Jemen" gewesen sei. Ebenso habe die Erstbeschwerdeführerin ihren Ehegatten in Italien nur 2 Tage gesehen und würde diese mit ihrem "Ehegatten" erst seit 21. Dezember 2016 in Österreich zusammenleben.

Weiters stellte die belangte Behörde in den angefochtenen Bescheiden fest, dass XXXX mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 18. August 2015, GZ: W XXXX rechtskräftig Asyl zuerkannt worden sei.

Rechtlich führte die belangte Behörde zu Spruchpunkt I. aus, dass sowohl in Bezug auf die Erstbeschwerdeführerin, als auch in Bezug auf die Zweitbeschwerdeführerin keine asylrelevante Verfolgung namhaft gemacht habe werden können, weshalb spruchgemäß zu entscheiden gewesen sei.

Dagegen richtet sich die vorliegende Beschwerde. Die belangte Behörde habe sich u.a. mit dem Flüchtlingsstatus des Vaters der Zweitbeschwerdeführerin und Ehemannes der Erstbeschwerdeführerin und damit mit der Bestimmung des § 34 AsylG 2005 in keiner Weise auseinandergesetzt.

Mit Schreiben vom 5. März 2019 teilte das Bundesverwaltungsgericht der belangten Behörde mit, dass es aufgrund der eigenen Feststellungen der belangten Behörde in den angefochtenen Bescheiden davon ausgeht, dass es sich bei den Beschwerdeführerinnen um Familienangehörige des XXXX im Sinne des § 2 Abs. 1 Z 22 AsylG 2005 handelt und insofern die Bestimmung des § 34 AsylG 2005 zur Anwendung gelangt.

Dazu hat sich die belangte Behörde im Rahmen des Parteiengehörs nicht geäußert.

Eine durch das Bundesverwaltungsgericht am 26. März 2019 eingeholte Strafregisterabfrage brachte hervor, dass die Erstbeschwerdeführerin unbescholten ist.

Beweiswürdigung: Der oben wiedergegebene Verfahrensgang und Sachverhalt ergibt sich aus dem vorgelegten Verwaltungsakt sowie der eingeholten Strafregisterabfrage.

Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

zu Spruchpunkt A.

Im vorliegenden Fall handelt es sich laut den eigenen Feststellungen der belangten Behörde bei XXXX um den Ehemann der Erstbeschwerdeführerin und den Vater der minderjährigen Zweitbeschwerdeführerin und wurde diesem - ebenfalls nach den eigenen Feststellungen der belangten Behörde - mit Erkenntnis vom 18. August 2015, GZ: XXXX rechtskräftig Asyl gemäß § 3 Abs. 1 AsylG 2005 zuerkannt.

Gemäß § 34 Abs. 2 Z 1 bis Z 3 AsylG 2005 hat die Behörde auf Grund eines Antrages eines Familienangehörigen eines Fremden, dem der Status des Asylberechtigten zuerkannt worden ist, dem Familienangehörigen mit Bescheid den Status eines Asylberechtigten zuzuerkennen, wenn dieser nicht straffällig geworden ist und gegen den Fremden, dem der Status eines Asylberechtigten zuerkannt wurde, kein Verfahren zur Aberkennung des Status anhängig ist (§ 7).

Gemäß Abs. 5 dieser Bestimmung gelten die Bestimmungen der Abs. 1 bis 4 sinngemäß für das Verfahren beim Bundesverwaltungsgericht.

Gemäß § 2 Abs. 1 Z 22 AsylG 2005 ist u.a. Familienangehöriger, wer Ehegatte oder zum Zeitpunkt der Antragstellung minderjähriges lediges Kind eines Asylwerbers oder eines Fremden ist, dem der Status des Asylberechtigten zuerkannt wurde, sofern die Ehe bei Ehegatten bereits vor der Einreise bestanden hat.

Die Qualifikation eines Ehegatten als Familienangehörigen setzt folglich voraus, dass die Ehe bereits vor der Einreise bestanden hat und nach wie vor aufrecht ist. Darauf, dass die Ehe bereits im Herkunftsland geschlossen wurde, kommt es nach der aktuellen Rechtslage hingegen nicht an (vgl. demgegenüber § 2 Abs. 1 Z 22 AsylG 2005 in der Fassung vor dem Fremdrechtsänderungsgesetz 2017, BGBl. I Nr. 68/2017). Ebenso wenig fordert das Gesetz ein (Mindestmaß an) Zusammenleben der Eheleute.

Im vorliegenden Fall ging die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid selbst davon aus, dass die Erstbeschwerdeführerin mit XXXX traditionell verheiratet und diese Ehe (laut den eigenen Angaben der Erstbeschwerdeführerin) auch vor der Einreise im Jemen geschlossen worden sei.

Es bestehen vor dem oben wiedergegebenen rechtlichen Hintergrund daher von Seiten des erkennenden Gerichts keine Bedenken daran, dass die Erstbeschwerdeführerin als Familienangehörige des XXXX im Sinne des AsylG 2005 anzusehen ist und insofern für diese die Begünstigungen eines Familienverfahrens nach § 34 AsylG 2005 zum Tragen kommen.

Die in der Beweiswürdigung des angefochtenen Bescheides enthaltenen Ausführungen der belangten Behörde, wonach die Ehe der Erstbeschwerdeführerin mit XXXX im Herkunftsland nicht vorgelegen und auch ein Zusammenleben ("Eheleben") im Jemen aufgrund des kurzen Aufenthaltes von XXXX nicht anzunehmen sei, stehen der rechtlichen Zuordnung der Erstbeschwerdeführerin als Familienangehörige - wie oben ausgeführt - jedenfalls nicht entgegen.

Dass es sich bei der minderjährigen Zweitbeschwerdeführerin als Tochter des XXXX um dessen Familienangehörige im Sinne des § 2 Abs. 1 Z 22 AsylG 2005 handelt, und insofern die Begünstigungen eines Familienverfahrens nach § 34 AsylG 2005 auch für diese zum Tragen kommen, kann ebenfalls nicht in Zweifel gezogen werden.

Die belangte Behörde hat sich mit dem Vorliegen eines Familienverfahrens im Übrigen (rechtlich) aber auch gar nicht auseinandergesetzt. Auch ist sie den Ausführungen des erkennenden Gerichtes, wonach die Beschwerdeführerinnen schon aufgrund der eigenen Feststellungen der belangten Behörde als Familienangehörige des XXXX anzusehen seien, in keiner Weise entgegengetreten.

Da somit aber im vorliegenden Fall unbestritten ein Familienverfahren im Sinne des § 34 AsylG 2005 vorliegt und dem Ehemann der Erstbeschwerdeführerin bzw. dem Vater der Zweitbeschwerdeführerin der Status eines Asylberechtigten bereits zuerkannt wurde, ist auch den Beschwerdeführerinnen der Status von Asylberechtigten zuzuerkennen, zumal keine Sachverhaltselemente, die unter einen der Tatbestände des § 34 Abs. 2 Z 1 bis 3 AsylG 2005 zu subsumieren wären, erkennbar sind und solche von der belangten Behörde im Übrigen auch gar nicht vorgetragen wurden.

Eine Auseinandersetzung mit den eigenen Fluchtgründen der Beschwerdeführerinnen war daher nicht erforderlich (siehe dazu ausdrücklich den Beschluss des Verwaltungsgerichtshofes vom 30. April 2018, Ra 2017/01/0418).

Gemäß § 3 Abs. 5 AsylG 2005 war die Entscheidung über die Asylgewährung mit der Feststellung zu verbinden, dass den Beschwerdeführerinnen damit kraft Gesetzes die Flüchtlingseigenschaft zukommt. Lediglich der Vollständigkeit halber ist darauf hinzuweisen, dass der gegenständliche maßgebliche Antrag des XXXX auf internationalen Schutz jedenfalls vor dem 15. November 2015 gestellt wurde (siehe dazu auch § 34 Abs. 4 AsylG 2005, wonach Familienangehörige unter den Voraussetzungen des Abs. 2 und 3 den gleichen Schutzumfang erhalten); die §§ 2 Abs. 1 Z 15 und 3 Abs. 4 AsylG 2005 finden daher gemäß § 75 Abs. 24 leg.cit. im vorliegenden Fall keine Anwendung.

zum Entfall einer mündlichen Verhandlung:

Gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG kann eine mündliche Verhandlung unterbleiben, wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint oder sich aus den bisherigen Ermittlungen zweifelsfrei ergibt, dass das Vorbringen nicht den Tatsachen entspricht. Ungeachtet eines entsprechenden Antrags kann gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG die Durchführung einer Verhandlung auch dann unterbleiben, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und einem Entfall der Verhandlung Art. 6 Abs. 1 EMRK bzw. Art. 47 GRC nicht entgegenstehen.

Da im vorliegenden Fall keine Sachverhaltsfragen, sondern lediglich Rechtsfragen zu klären waren, konnte gemäß § 24 Abs 5 VwGVG von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung abgesehen werden.

zu Spruchpunkt B.

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt.

Weder mangelt es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. die oben angeführten Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes), noch weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab; diese ist auch nicht uneinheitlich.

Sonstige Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage liegen nicht vor.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Schlagworte

Asylgewährung von Familienangehörigen, Familienverfahren

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2019:W256.2191077.1.00

Zuletzt aktualisiert am

05.06.2019
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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