Entscheidungsdatum
02.04.2019Norm
AsylG 2005 §10 Abs1 Z5Spruch
W265 2158444-2/6E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Karin RETTENHABER-LAGLER als Einzelrichterin über die Beschwerde von XXXX , geboren am XXXX , Staatsangehörigkeit Afghanistan, vertreten durch die Volkshilfe Flüchtlings- und MigrantInnenbetreuung GmbH, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom XXXX , nach Beschwerdevorentscheidung vom 08.01.2019, zu Recht erkannt:
A) I. Die Beschwerde wird hinsichtlich der Spruchpunkte I. und II.
des angefochtenen Bescheides als unbegründet abgewiesen.
II. In Erledigung der Beschwerde werden die Spruchpunkte III. bis
VII. des angefochtenen Bescheides ersatzlos behoben.
B) Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
1. Verfahrensgang:
1. Der minderjährige Beschwerdeführer, ein afghanischer Staatsangehöriger, stellte am 17.07.2015 einen Antrag auf Gewährung von internationalem Schutz in Österreich.
2. Mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl, Regionaldirektion Kärnten, vom 12.04.2017 wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 abgewiesen (Spruchpunkt I.), der Status des subsidiär Schutzberechtigten wurde ihm gemäß § 8 Abs. 1 AsylG 2005 zuerkannt (Spruchpunkt II.) und ihm gemäß § 8 Abs. 4 AsylG 2005 eine befristete Aufenthaltsberechtigung bis zum 11.04.2018 erteilt (Spruchpunkt III.).
3. Mit Anlassbericht der Landespolizeidirektion Oberösterreich vom 02.01.2018 wurde das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl dahingehend darüber informiert, dass der Beschwerdeführer wegen des Verdachts auf schweren Raubes in Untersuchungshaft genommen worden sei.
4. Mit Schreiben des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 18.01.2018 wurde der Beschwerdeführer, vertreten durch seine gesetzliche Vertretung, über die Einleitung eines Aberkennungsverfahrens hinsichtlich seines zuerkannten Status des subsidiär Schutzberechtigten informiert.
5. Am 02.02.2018 langte beim Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl eine Stellungnahme zum Aberkennungsverfahren betreffend den Beschwerdeführer ein.
6. Am 10.04.2018 wurde dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl das Urteil des XXXX vom XXXX zu XXXX übermittelt. Darin wurde der Beschwerdeführer wegen dem Verbrechen des schweren Raubes nach §§ 142 Abs. 1 und 143 Abs. 1 zweiter Fall StGB zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von zwei Jahren verurteilt.
7. Am 24.04.2018 brachte der Beschwerdeführer beim Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl den gegenständlichen Antrag auf Verlängerung der befristeten Aufenthaltsberechtigung ein.
8. Im Rahmen der Durchführung einer mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht zog der Beschwerdeführer im Beisein seiner gesetzlichen Vertretung seine Beschwerde gegen Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides zurück.
9. Mit Beschluss des Bundesverwaltungsgerichts vom 05.07.2018, Zl. W270 2158444-1/18E, wurde das Verfahren eingestellt.
10. Am 10.10.2018 wurde vom Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl eine Einvernahme des Beschwerdeführers unter Beiziehung seines gesetzlichen Vertreters und einer Dolmetscherin für die Sprache Dari durchgeführt. Im Rahmen der Einvernahme wurde der Beschwerdeführer zu der von ihm begangenen Straftat, seiner zur Vermeidung allfälliger weiterer Straftaten gesetzten Schritte, seinen Reisedokumenten, seinen Angehörigen, Lebensumständen, Deutschkenntnissen, allfälligen Beschäftigungsverhältnissen, Weiterbildung, sonstigen Integrationsschritten einschließlich besonderen Bildungen zu Österreich, der seinerzeit erfolgten Einreise in das Bundesgebiet sowie der aktuellen Länderinformation zu Afghanistan unter Setzung einer Frist von zwei Wochen Gelegenheit zur Stellungnahme eingeräumt.
Der Beschwerdeführer gab u.a. an, im Falle einer Rückkehr nach Afghanistan würde er von niemandem Schutz erhalten. Er habe Angst vor einer Rückkehr, da seine gesamte Familie im Iran lebe.
Im Zuge der Einvernahme legte der Beschwerdeführer ein Konvolut an Integrationsunterlagen vor.
Abschließend stellte der gesetzliche Vertreter den Antrag, dem Beschwerdeführer den Status des subsidiär Schutzberechtigten nicht abzuerkennen bzw. eine Duldung auszusprechen. Darüber hinaus verwies er auf die am nächsten Tag stattfindende Verhandlung am OLG XXXX , wo das Strafausmaß neu bemessen werde und auf die Einsicht des Beschwerdeführers, welcher ein neues Leben in Österreich beginnen werde, zu seinen Taten zu stehen und die Schuld anerkennen werde.
11. Mit Stellungnahme vom 30.08.2018 nahm der gesetzliche Vertreter des Beschwerdeführers zu den in der Einvernahme übergebenen Länderberichtsmaterial Stellung.
12. Mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 08.11.2018 wurde der dem Beschwerdeführer mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 12.04.2018 (gemeint wohl: 12.04.2017) zuerkannte Status des subsidiär Schutzberechtigten gemäß § 9 Abs. 2 AsylG 2005 von Amts wegen aberkannt (Spruchpunkt I.) und die erteilte befristete Aufenthaltsberechtigung als subsidiär Schutzberechtigter gemäß § 9 Abs. 4 AsylG 2005 entzogen (Spruchpunkt II.). Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen wurde dem Beschwerdeführer gemäß § 57 AsylG 2005 nicht erteilt (Spruchpunkt III.). Gemäß § 10 Abs. 1 Z 5 AsylG 2005 iVm § 9 BFA-VG wurde gegen den Beschwerdeführer eine Rückkehrentscheidung nach § 52 Abs. 2 Z 4 FPG erlassen (Spruchpunkt IV.). Es wurde gemäß § 9 Abs. 2 AsylG 2005 iVm § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass seine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung aus dem österreichischen Bundesgebiet nach Afghanistan unzulässig ist (Spruchpunkt V.). Schließlich wurde ausgesprochen, dass die Frist für die freiwillige Ausreise des Beschwerdeführers gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG zwei Wochen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung beträgt (Spruchpunkt VI.) und gemäß § 53 Abs. 1 iVm Abs. 3 Z 1 FPG 2005 wurde gegen den Beschwerdeführer ein dreijähriges Einreiseverbot erlassen (Spruchpunkt VII).
Die belangte Behörde stellte im angefochtenen Bescheid u.a. fest, dass aufgrund des fehlenden familiären und sozialen Netzwerkes in Verbindung mit dem Alter des Beschwerdeführers nicht ausgeschlossen werden könne, dass der Beschwerdeführer bei einer Rückkehr in seinen Herkunftsstaat in eine ausweglose Lage geraten könne. Weiters führte die belangte Behörde in seiner rechtlichen Beurteilung aus, dass dem Beschwerdeführer mit Bescheid vom 12.04.2017 aufgrund seiner Minderjährigkeit der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt worden sei. Da er nach wie vor minderjährig sei, stehe für die entscheidende Behörde in seinem Fall fest, dass eine Rückführung in seinen Herkunftsstaat nach wie vor zu einer konkreten Gefahr einer Verletzung, im Besonderen der durch Art. 3 EMRK gewährleisteten Rechte, führen würde. Auf Grund dessen war der Status des subsidiär Schutzberechtigten mangels Erfüllung der Voraussetzungen gemäß § 9 Abs. 1 AsylG 2005 nicht abzuerkennen.
Im Fall des Beschwerdeführers sei jedoch § 9 Abs. 2 Z 3 AsylG 2005 erfüllt, da er mit Urteil vom XXXX des XXXX rechtskräftig wegen eines Verbrechens unter Anwendung des § 5 Z 4 JGG nach § 143 Abs. 1 StGB zu einer unbedingten Haft von 24 Monaten verurteilt worden sei. Seine Tat sei gemäß § 17 StGB als Verbrechen zu klassifizieren. Dem Beschwerdeführer war daher gemäß § 9 Abs. 2 AsylG 2005 der Status des subsidiär Schutzberechtigten abzuerkennen.
Zur Zulässigkeit einer Rückkehrentscheidung führte das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl aus, in Gesamtbetrachtung der Situation aller Interessen sei festzustellen, dass im vorliegenden Fall den öffentlichen Interessen an einem geordneten Fremdenwesen besondere Bedeutung zukomme. Es seien keine weiteren Umstände ersichtlich, die zu Gunsten des Beschwerdeführers sprechen würden. Ein möglicher Eingriff in die durch Art. 8 EMRK geschützten Rechte könne jedenfalls als gerechtfertigt angesehen werden. Daher sei die Rückkehrentscheidung zulässig. Gemäß § 52 Abs. 9 FPG habe das Bundesamt mit einer Rückkehrentscheidung gleichzeitig festzustellen, ob die Abschiebung des Drittstaatsangehörigen gemäß § 46 FPG in einen odermehrere bestimmte Staaten zulässig sei. Die Abschiebung des Beschwerdeführers sei unzulässig, daher sei der Aufenthalt im Bundesgebiet gemäß § 46a Abs. 1 Z 2 FPG geduldet. Die Ausreiseverpflichtung bleibe unberührt.
13. Mit Verfahrensanordnung vom 09.11.2018 wurde dem Beschwerdeführer die ARGE Rechtsberatung - Diakonie und Volkshilfe als Rechtsberater zur Seite gestellt.
14. Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer fristgerecht Beschwerde. Darin wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass gegen das Urteil vom XXXX des XXXX , womit der Beschwerdeführer zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren wegen §§ 142 Abs. 1 und 143 Abs. 1 zweiter Fall StGB verurteilt worden sei, seitens des Pflichtverteidiger Berufung erhoben worden sei. Mit Urteil des XXXX vom XXXX wurde der Berufung teilweise Folge gegeben und das angefochtene Urteil in seinem Strafausspruch dahingehend geändert, dass die verhängte Freiheitsstrafe auf zwanzig Monate herabgesetzt worden sei, zumal die bisherige Unbescholtenheit und das jugendliche Alter stärker zu gewichten waren. Dieser Umstand sei von der belangten Behörde unzureichend beachtet worden. Im Ergebnis sei daher die erlassene Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG iVm § 9 BFA-VG iVm § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG auf Dauer für unzulässig zu erklären und auszusprechen, dass die Voraussetzungen für die Erteilung einer Aufenthaltsberechtigung / plus gemäß § 55 Abs. 1 AsylG vorliegen und daher sei gemäß § 58 Abs. 2 AsylG ein Aufenthaltstitel gemäß § 55 AsylG von Amts wegen zu erteilen.
15. Mit Beschwerdevorentscheidung der belangten Behörde vom 08.01.2019 wurde der dem Beschwerdeführer mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 12.04.2018 (gemeint wohl: 12.04.2017) zuerkannte Status des subsidiär Schutzberechtigten gemäß § 9 Abs. 2 AsylG 2005 von Amts wegen aberkannt (Spruchpunkt I.) und die erteilte befristete Aufenthaltsberechtigung als subsidiär Schutzberechtigter gemäß § 9 Abs. 4 AsylG 2005 entzogen (Spruchpunkt II.). Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen wurde dem Beschwerdeführer gemäß § 57 AsylG 2005 nicht erteilt (Spruchpunkt III.). Gemäß § 10 Abs. 1 Z 5 AsylG 2005 iVm § 9 BFA-VG wurde gegen den Beschwerdeführer eine Rückkehrentscheidung nach § 52 Abs. 2 Z 4 FPG erlassen (Spruchpunkt IV.). Es wurde gemäß § 9 Abs. 2 AsylG 2005 iVm § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass seine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung aus dem österreichischen Bundesgebiet nach Afghanistan unzulässig ist (Spruchpunkt V.). Schließlich wurde ausgesprochen, dass die Frist für die freiwillige Ausreise des Beschwerdeführers gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG zwei Wochen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung beträgt (Spruchpunkt VI.) und gemäß § 53 Abs. 1 iVm Abs. 3 Z 1 FPG 2005 wurde gegen den Beschwerdeführer ein 30-monatiges Einreiseverbot erlassen (Spruchpunkt VII).
16. Gegen die verfahrensgegenständlich angefochtene Beschwerdevorentscheidung wurde ein Vorlageantrag erhoben und die Spruchpunkte I., II., III., IV., VI., und VII. vollinhaltlich bekämpft. Inhaltlich wurde auf die Ausführungen in der Beschwerde verwiesen.
17. Der Vorlageantrag und der Verwaltungsakt langten am 17.01.2019 beim Bundesverwaltungsgericht ein. Anlässlich der Beschwerdevorlage beantragte das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl die Abweisung der Beschwerde.
18. Am 20.03.2019 langte beim Bundesverwaltungsgericht eine Berichterstattung der Landespolizeidirektion Oberösterreich ein, wonach im Rahmen einer Personenkontrolle am 19.03.2019 beim Beschwerdeführer Drogen gefunden worden seien.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
Der entscheidungsrelevante Sachverhalt steht fest.
1.1. Zur Person des Beschwerdeführers:
Der Beschwerdeführer ist Staatsangehöriger von Afghanistan, der Volksgruppe der Hazara und der schiitischen Religionsgemeinschaft zugehörig. Der Beschwerdeführer wurde in Teheran im Iran geboren. Der Beschwerdeführer ist minderjährig.
Dem Beschwerdeführer wurde mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 12.04.2017 gemäß § 8 Abs. 1 AsylG der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt und ihm eine befristete Aufenthaltsberechtigung bis zum 11.04.2018 erteilt.
Der Beschwerdeführer wurde mit Urteil des XXXX vom XXXX , XXXX , rechtskräftig am 11.10.2018, wegen §§ 142 Abs. 1, 143 Abs. 1 2.Fall StGB (schwerer Raub) zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren verurteilt.
Der dagegen erhobenen Berufung wurde mit Urteil des XXXX vom XXXX , teilweise Folge gegeben und das angefochtene Urteil in seinem Strafausspruch dahingehend geändert, dass die über den Beschwerdeführer verhängte Freiheitsstrafe auf zwanzig Monate herabgesetzt wurde.
Aufgrund der Straffälligkeit des Beschwerdeführers wurde von der belangten Behörde amtswegig ein Aberkennungsverfahren eingeleitet und dem Beschwerdeführer mit Bescheid vom 08.11.2018 der ihm zuerkannte Status des subsidiär Schutzberechtigen gemäß § 9 Abs. 2 AsylG aberkannt.
Der Beschwerdeführer ist seit seiner Antragstellung am 17.07.2015 zunächst aufgrund der vorübergehenden Aufenthaltsberechtigung während des Asylverfahrens, danach aufgrund der ihm erteilten befristeten Aufenthaltsberechtigung aufgrund der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten aufhältig. Der Beschwerdeführer besuchte zwei Jahre lang die Neue Mittelschule (ohne Beurteilung) und besuchte Deutschkurse, aktuell auch in der Justizanstalt. Der Beschwerdeführer lebt in Österreich überwiegend von der öffentlichen Hand und ist keiner Erwerbstätigkeit nachgegangen.
Der Beschwerdeführer wurde am 17.02.2019 aus der Strafhaft entlassen.
Der Beschwerdeführer verfügt in Österreich über keine Familienangehörigen.
Unter Berücksichtigung der individuellen Situation des Beschwerdeführers und der aktuellen Lage in der von ihm angegebenen Herkunftsprovinz seiner Eltern Ghor bzw. im Raum Kabul, Mazar- e Sharif oder Herat kann nicht festgestellt werden, dass sich die Umstände, die zur Zuerkennung des subsidiär Schutzberechtigten mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom XXXX geführt haben, wesentlich und nicht nur vorübergehend gebessert haben.
1.2. Zur Lage in Afghanistan
Zur Lage in Afghanistan werden die folgenden in den Länderinformationsblättern der Staatendokumentation in der Fassung laut Gesamtaktualisierung 02.03.2017 mit Stand vom 25.09.2017, in der Fassung der Gesamtaktualisierung vom 29.06.2018 mit Stand vom 29.10.2018, in den notorischen UNHCR-Richtlinien vom 30.08.2018 und den notorischen EASO Leitlinien zu Afghanistan vom Juni 2018 enthaltenen Informationen als entscheidungsrelevant festgestellt:
1.2.1. Sicherheitslage
Wegen einer Serie von öffentlichkeitswirksamen (high-profile) Angriffen in städtischen Zentren, die von regierungsfeindlichen Elementen ausgeführt wurden, erklärten die Vereinten Nationen (UN) im Februar 2018 die Sicherheitslage für sehr instabil (UNGASC 27.2.2018). Für das Jahr 2017 registrierte die Nichtregierungsorganisation INSO (International NGO Safety Organisation) landesweit 29.824 sicherheitsrelevante Vorfälle. Im Jahresvergleich wurden von INSO 2016 landesweit 28.838 sicherheitsrelevante Vorfälle registriert und für das Jahr 2015 25288. Für das Jahr 2017 registrierte die UN insgesamt 23.744 sicherheitsrelevante Vorfälle in Afghanistan (UNGASC 27.2.2018); für das gesamte Jahr 2016 waren es 23.712 (UNGASC 9.3.2017). Landesweit wurden für das Jahr 2015 insgesamt 22.634 sicherheitsrelevanter Vorfälle registriert (UNGASC 15.3.2016). Im Jahr 2017 waren auch weiterhin bewaffnete Zusammenstöße Hauptursache (63%) aller registrierten sicherheitsrelevanten Vorfälle, gefolgt von IEDs (Sprengfallen/ Unkonventionelle Spreng- oder Brandvorrichtung - USBV) und Luftangriffen. Für das gesamte Jahr 2017 wurden 14.998 bewaffnete Zusammenstöße registriert (2016: 14.977 bewaffnete Zusammenstöße) (USDOD 12.2017). Im August 2017 stuften die Vereinten Nationen (UN) Afghanistan, das bisher als "Post-Konflikt-Land" galt, wieder als "Konfliktland" ein; dies bedeute nicht, dass kein Fortschritt stattgefunden habe, jedoch bedrohe der aktuelle Konflikt die Nachhaltigkeit der erreichten Leistungen (UNGASC 10.8.2017). Die Zahl der Luftangriffe hat sich im Vergleich zum Jahr 2016 um 67% erhöht, die gezielten Tötungen um 6%. Ferner hat sich die Zahl der Selbstmordattentate um 50% erhöht. Östlichen Regionen hatten die höchste Anzahl an Vorfällen zu verzeichnen, gefolgt von südlichen Regionen. Diese beiden Regionen zusammen waren von 55% aller sicherheitsrelevanten Vorfälle betroffen (UNGASC 27.2.2018). Für den Berichtszeitraum 15.12.2017 - 15.2.2018 kann im Vergleich zum selben Berichtszeitraum des Jahres 2016, ein Rückgang (-6%) an sicherheitsrelevanten Vorfällen verzeichnet werden (UNGASC 27.2.2018). Afghanistan ist nach wie vor mit einem aus dem Ausland unterstützten und widerstandsfähigen Aufstand konfrontiert. Nichtsdestotrotz haben die afghanischen Sicherheitskräfte ihre Entschlossenheit und wachsenden Fähigkeiten im Kampf gegen den von den Taliban geführten Aufstand gezeigt. So behält die afghanische Regierung auch weiterhin Kontrolle über Kabul, größere Bevölkerungszentren, die wichtigsten Verkehrsrouten und den Großteil der Distriktzentren (USDOD 12.2017). Zwar umkämpften die Taliban Distriktzentren, sie konnten aber keine Provinzhauptstädte (bis auf Farah-Stadt; vgl. AAN 6.6.2018) bedrohen - ein signifikanter Meilenstein für die ANDSF (USDOD 12.2017; vgl. UNGASC 27.2.2018); diesen Meilenstein schrieben afghanische und internationale Sicherheitsbeamte den intensiven Luftangriffen durch die afghanische Nationalarmee und der Luftwaffe sowie verstärkter Nachtrazzien durch afghanische Spezialeinheiten zu (UNGASC 27.2.2018).
Die von den Aufständischen ausgeübten öffentlichkeitswirksamen (high-profile) Angriffe in städtischen Zentren beeinträchtigten die öffentliche Moral und drohten das Vertrauen in die Regierung zu untergraben. Trotz dieser Gewaltserie in städtischen Regionen war im Winter landesweit ein Rückgang an Talibanangriffen zu verzeichnen (UNGASC 27.2.2018). Historisch gesehen gehen die Angriffe der Taliban im Winter jedoch immer zurück, wenngleich sie ihre Angriffe im Herbst und Winter nicht gänzlich einstellen. Mit Einzug des Frühlings beschleunigen die Aufständischen ihr Operationstempo wieder. Der Rückgang der Vorfälle im letzten Quartal 2017 war also im Einklang mit vorangegangenen Schemata (LIGM 15.2.2018).
1.2.1.1. Provinz Ghor
Ghor ist 480 km von Kabul entfernt und grenzt an die Provinzen Herat, Badghis, Faryab, Sar-e Pul, Bamyan, Helmand und Farah. Ghor hat folgende administrative Einheiten: Taiwara/Taywara, Tolak/Tulak, Sagher/Saghar, Pasaband, Dolaina/Du Layna, Shahrak, Dawalatyar, Chahar Sada/Charsadra, Lal-o-Sari Jangle/Lal Wa Sarjangal und die Hauptstadt Chaghcharan (UN OCHA 4.2014; vgl. Pajhwok o.D.), heute bekannt als Firozkoh/Feroz Koh (Pajwhok 13.3.2018; vgl. Gandhara 14.2.2018). Firozkoh/Chaghcharan verfügt über einen regionalen Flughafen mit Linienbetrieb (vgl. Flughafenkarte der Staatendokumentation; Kapitel 3.35.).
Ghor ist eine der unterentwickelten Provinzen des Landes (Pajhwok 12.11.2017). Das Straßennetzwerk besteht aus verfallenen und ländlichen Straßen (Gandhara 14.2.2018). Wegen ihrer Unwegsamkeit wurden die Straßen in der Provinz Ghor verwendet, um Drogen, aber auch Waffen zwischen dem Norden und dem Süden des Landes zu schmuggeln, so ein lokaler Polizeibeamter (Pajhwok 15.1.2017).
Die Bevölkerungszahl der Provinz wird auf 713.158 geschätzt (CSO 4.2017).
Allgemeine Informationen zur Sicherheitslage
Die Provinz Ghor hat lange unter fehlender Aufmerksamkeit der afghanischen Regierung gelitten; so war beispielsweise die Rechtsstaatlichkeit nicht existent und schwerwiegende Menschenrechtsverletzung wurden nicht bestraft. Dennoch war es fast
2.700 Polizisten und Offizieren der Armee möglich, das weitläufige Gebiet der Provinz vor den Taliban zu schützen (NYT 7.8.2017).
Im Zeitraum 1.1.2017-30.4.2018 wurden in der Provinz 66 sicherheitsrelevante Vorfälle registriert.
Im gesamten Jahr 2017 wurden 33 zivile Opfer (19 getötete Zivilisten und 14 Verletzte) registriert. Hauptursache waren IEDs, gefolgt von Bodeneinsätzen und Blindgängern/Landminen. Dies bedeutet einen Rückgang von 59% im Gegensatz zum Vergleichsjahr 2016 (UNAMA 2.2018).
Militärische Operationen in Ghor
In der Provinz Ghor kam es im Juli 2017 zu Zusammenstößen zwischen den Aufständischen und den afghanischen Truppen; dabei kamen Taliban ums Leben (Tolonews 17.7.2017). Es werden militärische Operationen durchgeführt, um bestimmte Gegenden von Talibankämpfern (Khaama Press 12.2.2018; vgl. Tolonews 27.7.2017, Tolonews 17.7.2017) und IS-Anhängern (Tolonews 24.4.2017) zu befreien. Es kam zu Luftangriffen (Tolonews 24.4.2017).
Regierungsfeindliche Gruppierungen in Ghor
Sowohl die Taliban als auch Sympathisanten des IS sind in der Provinz in einer Anzahl von abgelegenen Distrikten aktiv (Khaama Press 23.7.2017). Regierungsbeamten zufolge wird die Anwesenheit von Taliban und einer Fraktion, die mit dem IS sympathisiert, von zwei Männern gestützt, die für ihre kriminellen Aktivitäten in der Provinz Ghor bekannt sind (NYT 7.8.2017). Kämpfe zwischen Anhängern der Taliban und des IS finden statt (Khaama Press 6.8.2017).
2017 waren in einigen abgelegenen Distrikten der Provinz Ghor, wie Taiwara, die Taliban aktiv (Tolonews 27.7.2017; vgl. Khaama Press 23.7.2017, AAN 7.8.2017). Anfang 2018 hätten Taliban vier Mitglieder eines Impfteams entführt und dann frei gelassen. Das Geschehen wurde vom Pressesprecher des Provinzgouverneurs bestätigt, jedoch vom Leiter des öffentlichen Gesundheitswesens dementiert (Pajhwok 11.3.2018; vgl. ZDF 2.1.2018). Im Jänner 2018 fand ein Selbstmordanschlag in der Provinzhauptstadt, Firozkoh, statt, bei dem zwei Personen ums Leben kamen (Pajhwok 12.1.2018).
Sympathisanten des IS sind hauptsächlich in der östlichen Provinz Nangahar aktiv; nichtsdestotrotz, versuchen dessen Anhänger in anderen Teilen des Lands - inklusive des Nordens und Nordwestens - Fuß zu fassen. Beispielsweise wurde Ende Februar 2018 in Ghor ein lokaler Anführer des IS verhaftet (Khaama Press 12.2.2018).
Im Jahr 2017 waren Mitglieder des IS in der Provinz aktiv (UNAMA 2.2018; vgl. Pajhwok 11.2.2018); diese scheinen keine formelle Verbindung zur IS-Gruppierung der Provinz Nangarhar [Anmerkung:
Sympathisanten des IS sind hauptsächlich in Nangahar aktiv] zu haben (UNAMA 2.2018). Die Anhänger des IS in Ghor waren in einigen Distrikten aktiv (Khaama Press 23.7.2017). Auch wurden - einer Quelle zufolge - junge Männer und Kinder im Norden der Provinzhauptstadt Firozkoh von arabischsprachigen Anhängern des IS ausgebildet, die behaupteten, den direkten Befehlen des IS-Anführers Abu Bakr al-Baghdadi zu unterliegen (Tolonews 9.6.2017).
Für den Zeitraum 1.1.2017 - 31.1.2018 wurden IS-bezogene Vorfälle in Ghor registriert (ACLED 23.2.2018).
1.2.1.2. Provinz Balkh
Bei der Provinz Balkh, mit deren Hauptstadt Mazar- e Sharif, handelt es sich laut EASO im Juni 2018 um einen jener Landesteile, wo willkürliche Gewalt ein derart niedriges Ausmaß erreicht, dass für Zivilisten im Allgemeinen keine reelle Gefahr besteht, von willkürlicher Gewalt im Sinne von Art 15 (c) der Qualifizierungsrichtlinie persönlich betroffen zu sein.
Die Provinz Balkh liegt in Nordafghanistan; sie ist geostrategisch gesehen eine wichtige Provinz und bekannt als Zentrum für wirtschaftliche und politische Aktivitäten. Sie hat folgende administrative Einheiten: Hairatan Port, Nahra-i-Shahi, Dihdadi, Balkh, Daulatabad, Chamtal, Sholgar, Chaharbolak, Kashanda, Zari, Charkont, Shortipa, Kaldar, Marmal, und Khalm; die Provinzhauptstadt ist Mazar-e Sharif. Die Provinz grenzt im Norden an Tadschikistan und Usbekistan. Die Provinz Samangan liegt sowohl östlich als auch südlich von Balkh. Die Provinzen Kunduz und Samangan liegen im Osten, Jawzjan im Westen und Sar-e Pul im Süden (Pajhwok o.D.y).
Balkh grenzt an drei zentralasiatische Staaten: Turkmenistan, Usbekistan und Tadschikistan (RFE/RL 9.2015). Die Bevölkerungszahl der Provinz wird auf 1.382.155 geschätzt (CSO 4.2017).
Die Hauptstadt Mazar-e Sharif liegt an der Autobahn zwischen Maimana [Anm.: Provinzhauptstadt Faryab] und Pul-e-Khumri [Anm.:
Provinzhauptstadt Baghlan]; sie ist gleichzeitig ein Wirtschafts- und Verkehrsknotenpunkt in Nordafghanistan. Die Region entwickelt sich wirtschaftlich gut. Es entstehen neue Arbeitsplätze, Firmen siedeln sich an und auch der Dienstleistungsbereich wächst. Die Infrastruktur ist jedoch noch unzureichend und behindert die weitere Entwicklung der Region. Viele der Straßen, vor allem in den gebirgigen Teilen des Landes, sind in schlechtem Zustand, schwer zu befahren und im Winter häufig unpassierbar (BFA Staaatendokumentation 4.2018). In Mazar-e Sharif gibt es einen internationalen Flughafen (vgl. Flughafenkarte der Staatendokumentation; Kapitel 3.35).
Im Juni 2017 wurde ein großes nationales Projekt ins Leben gerufen, welches darauf abzielt, die Armut und Arbeitslosigkeit in der Provinz Balkh zu reduzieren (Pajhwok 7.6.2017).
Nach monatelangen Diskussionen hat Ende März 2018 der ehemalige Gouverneur der Provinz Balkh Atta Noor seinen Rücktritt akzeptiert und so ein Patt mit dem Präsidenten Ghani beendet. Er ernannte den Parlamentsabgeordneten Mohammad Ishaq Rahgozar als seinen Nachfolger zum Provinzgouverneur (RFE/RL 23.3.2018; vgl. Reuters 22.3.2018). Der neue Gouverneur versprach, die Korruption zu bekämpfen und die Sicherheit im Norden des Landes zu garantieren (Tolonews 24.3.2018).
Allgemeine Information zur Sicherheitslage
Die Provinz Balkh ist nach wie vor eine der stabilsten Provinzen Afghanistans (RFE/RL 23.3.2018), sie zählt zu den relativ ruhigen Provinzen in Nordafghanistan (Khaama Press 16.1.2018; vgl. Khaama Press 20.8.2017). Balkh hat im Vergleich zu anderen Regionen weniger Aktivitäten von Aufständischen zu verzeichnen (RFE/RL 23.3.2018; vgl. Khaama Press 16.1.2018).
Manchmal kommt es zu Zusammenstößen zwischen Aufständischen und den afghanischen Sicherheitskräften (Tolonews 7.3.2018), oder auch zu Angriffen auf Einrichtungen der Sicherheitskräfte (BBC 22.4.2017; vgl. BBC 17.6.2017).
In der Provinz befindet sich u.a. das von der deutschen Bundeswehr geführte Camp Marmal (TAAC-North: Train, Advise, Assist Command - North) (NATO 11.11.2016; vgl. iHLS 28.3.2018), sowie auch das Camp Shaheen (BBC 17.6.2017; vgl. Tolonews 22.4.2017).
Im Zeitraum 1.1.2017-30.4.2018 wurden in der Provinz 93 sicherheitsrelevante Vorfälle registriert.
Im gesamten Jahr 2017 wurden 129 zivile Opfer (52 getötete Zivilisten und 77 Verletzte) registriert. Hauptursache waren IEDs, gefolgt von Bodenoffensiven und Blindgänger/Landminen. Dies bedeutet einen Rückgang von 68% im Gegensatz zum Vergleichsjahr 2016 (UNAMA 2.2018).
Militärische Operationen in Balkh
Die afghanischen Verteidigungs- und Sicherheitskräfte führen regelmäßig militärische Operationen durch, um regierungsfeindliche Aufständische zu verdrängen und sie davon abzuhalten, Fuß im Norden des Landes zu fassen (Khaama Press 16.1.2018). Diese militärischen Operationen werden in gewissen Gegenden der Provinz geführt (Tolonews 18.3.2018; vgl. PT.3.2018, Pajhwok 21.8.2017, Pajhwok 10.7.2017). Dabei werden Taliban getötet (Tolonews 18.3.2018; vgl. PT 6.3.2018, Pajhwok 10.7.2017) und manchmal auch ihre Anführer (Tolonews 18.3.2018; vgl. Tolonews 7.3.2018, PT 6.3.2018, Tolonews 22.4.2017).
Zusammenstöße zwischen Aufständischen und Sicherheitskräften finden statt (Tolonews 7.3.2018).
Regierungsfeindliche Gruppierungen in Balkh
Regierungsfeindliche Gruppierungen versuchen ihren Aufstand in der Provinz Balkh voranzutreiben (Khaama Press 16.1.2018). Sowohl Aufständische der Taliban als auch Sympathisanten des IS versuchen in abgelegenen Distrikten der Provinz Fuß zu fassen (Khaama Press 20.8.2017).
Im Zeitraum 1.1.2017 - 15.7.2017 wurden keine IS-bezogenen Vorfälle in der Provinz registriert. Im Zeitraum 16.7.2017 - 31.1.2018 wurden dennoch vom IS verursachten Vorfälle entlang der Grenze von Balkh zu Sar-e Pul registriert (ACLED 23.2.2018).
1.2.1.3 Provinz Herat
Bei der Provinz Herat (mit Ausnahme der Stadt Herat) handelt es sich laut EASO im Juni 2018 um einen jener Landesteile Afghanistans, wo willkürliche Gewalt stattfindet und allenfalls eine reelle Gefahr festgestellt werden kann, dass der Antragsteller ernsthaften Schaden im Sinne von Artikel 15(c) der Qualifizierungsrichtlinie nehmen könnte - vorausgesetzt, dass er aufgrund seiner persönlichen Verhältnisse von derartigen Risikofaktoren konkret betroffen ist.
Bei der Stadt Herat handelt es sich laut EASO im Juni 2018 um einen jener Landesteile Afghanistans, wo willkürliche Gewalt ein derart niedriges Ausmaß erreicht, dass für Zivilisten im Allgemeinen keine reelle Gefahr besteht, von willkürlicher Gewalt im Sinne von Artikel 15(c) der Qualifizierungsrichtlinie persönlich betroffen zu sein.
Herat ist eine der größten Provinzen Afghanistans und liegt im Westen des Landes. Herat grenzt im Norden an die Provinz Badghis und Turkmenistan, im Süden an die Provinz Farah, im Osten an die Provinz Ghor und im Westen an den Iran. Die Provinz ist in folgende Bezirke eingeteilt, die gleichzeitig auch die administrativen Einheiten bilden: Shindand, Engeel/Injil, Ghorian/Ghoryan, Guzra/Guzara und Pashtoon Zarghoon/Pashtun Zarghun, werden als Bezirke der ersten Stufe angesehen. Awba/Obe, Kurkh/Karukh, Kushk, Gulran, Kuhsan/Kohsan, Zinda Jan und Adraskan als Bezirke zweiter Stufe und Kushk-i-Kuhna/Kushki Kohna, Farsi, und Chisht-i-Sharif/Chishti Sharif als Bezirke dritter Stufe (UN OCHA 4.2014; vgl. Pajhwok o. D.). Provinzhauptstadt ist Herat- Stadt, welche sich im gleichnamigen Distrikt befindet und eine Einwohnerzahl von 506.900 hat (CP 21.9.2017). In der Provinz befinden sich zwei Flughäfen: ein internationaler in Herat-Stadt und ein militärischer in Shindand (vgl. Flughafenkarte der Staatendokumentation; Kapitel 3.35.). Die Bevölkerungszahl der Provinz wird auf 1.967.180 geschätzt (CSO 4.2017). In der Provinz leben Paschtunen, Tadschiken, Hazara, Turkmenen, Uzbeken und Aimaken (Pajhwok o.D.; vgl. NPS o.D.).
Herat ist eine relativ entwickelte Provinz im Westen des Landes. Das Harirud-Tal, eines der fruchtbarsten Täler des Landes, wo Baumwolle, Obst und Ölsaat angebaut werden, befindet sich in der Provinz (AJ 8.3.2012). Bekannt ist Herat auch wegen seiner Vorreiterrolle in der Safran- Produktion (AJ 8.3.2012; vgl. EN 9.11.2017). Es sollen Regierungsprogramme und ausländische Programme zur Unterstützung der Safran-Produktion implementiert werden. Safran soll eine Alternative zum Mohnanbau werden (Tolonews 10.11.2017; vgl. EN 9.11.2017). Anfang Jänner 2018 wurde ein Labor zur Kontrolle der Safran-Qualität in Herat errichtet (Pajhwok 13.1.2018). Die Safran-Produktion garantierte z.B. auch zahlreiche Arbeitsplätze für Frauen in der Provinz (Tolonews 10.11.2017; vgl. EN 9.11.2017). Auch in unsicheren Gegenden wird Safran angebaut. (Tolonews 10.11.2017). Insgesamt wurden 2017 in der Provinz min. 8 Tonnen Safran produziert; im Vorjahr 2016 waren es 6.5 Tonnen (Pajhwok 13.1.2018; vgl. EN 9.11.2017). Trotzdem stieg im Jahr 2017 in der Provinz die Opiumproduktion. In den Distrikten Shindand und Kushk, geprägt von schlechter Sicherheitslage, war der Mohnanbau am höchsten (UNODC 11.2017).
Im Dezember 2017 wurden verschiedene Abkommen mit Uzbekistan unterzeichnet. Eines davon betrifft den Bau einer 400 Km langen Eisenbahnstrecke von Mazar-e Sharif und Maymana nach Herat (UNGASC 27.2.2018; vgl. RFE/RL 6.12.2017).
Mitte März 2018 wurde der Bau der TAPI-Leitung in Afghanistan eingeweiht. Dabei handelt es sich um eine 1.800 Km lange Pipeline für Erdgas, die Turkmenistan, Afghanistan, Pakistan und Indien 30 Jahre lang mit 33 Billionen m³ turkmenischem Erdgas versorgen soll. Die geplante Leitung wird sich entlang der Herat-Kandahar-Autobahn erstrecken. Somit wird sie durch Gegenden, auf die die Taliban einen starken Einfluss haben, verlaufen. Jedoch erklärten die Taliban, TAPI sei ein "wichtiges Projekt" und sie würden es unterstützen (PPG 26.2.2018; vgl. RFE/RL 23.2.2018). Im Rahmen des TAPI-Projekts haben sich 70 Taliban bereit erklärt, an den Friedensprozessen teilzunehmen (Tolonews 4.3.2018). Um Sicherheit für die Umsetzung des TAPI-Projekts zu gewähren, sind tausende Sicherheitskräfte entsandt worden (Tolonews 14.3.2018).
Allgemeine Informationen zur Sicherheitslage
Herat wird als eine der relativ friedlichen Provinzen gewertet, dennoch sind Aufständische in einigen Distrikten der Provinz, wie Shindand, Kushk, Chisht-i-Sharif und Gulran, aktiv (AN 18.2.2018; vgl. UNODC 12.2017, Khaama Press 25.10.2017, AJ 25.6.2017). Des Weiteren wurde Ende Oktober 2017 verlautbart, dass die Provinz Herat zu den relativ ruhigen Provinzen im Westen des Landes zählt, wenngleich sich in den abgelegenen Distrikten die Situation in den letzten Jahren aufgrund der Taliban verschlechtert hat (Khaama Press 25.10.2017).
Die Provinz ist u.a. ein Hauptkorridor für den Menschenschmuggel in den Iran bekannt - speziell von Kindern (Pajhwok 21.1.2017)
Mitte Februar 2018 wurde von der Entminungs-Organisation Halo Trust bekannt gegeben, dass nach zehn Jahren der Entminung 14 von 16 Distrikten der Provinz sicher seien. In diesen Gegenden bestünde keine Gefahr mehr, Landminen und anderen Blindgängern ausgesetzt zu sein, so der Pressesprecher des Provinz-Gouverneurs. Aufgrund der schlechten Sicherheitslage und der Präsenz von Aufständischen wurden die Distrikte Gulran und Shindand noch nicht von Minen geräumt. In der Provinz leben u.a. tausende afghanische Binnenflüchtlinge (AN 18.2.2018).
Im Zeitraum 1.1.2017-30.4.2018 wurden in der Provinz 139 sicherheitsrelevante Vorfälle registriert. Im gesamten Jahr 2017 wurden in der Provinz Herat 495 zivile Opfer (238 getötete Zivilisten und 257 Verletzte) registriert. Hauptursache waren IEDs, gefolgt von Selbstmordanschlägen/komplexen Attacken und gezielten Tötungen. Dies bedeutet eine Steigerung von 37% im Gegensatz zum Vergleichsjahr 2016 (UNAMA 2.2018).
Militärische Operationen in Herat
In der Provinz werden militärische Operationen durchgeführt, um einige Gegenden von Aufständischen zu befreien (Khaama Press 18.1.2017; Khaama Press 15.1.2017). Auch werden Luftangriffe verübt (D&S 25.10.2017; vgl. NYT 29.8.2017); dabei wurden Taliban getötet (D&S 25.10.2017; vgl. NYT 29.8.2017). Zusammenstöße zwischen Sicherheitskräften und Aufständischen finden statt (AJ 25.6.2017; vgl. AAN 11.1.2017). In Herat sind Truppen der italienischen Armee stationiert, die unter dem Train Advise Assist Command West (TAAC-W) afghanische Streitmächte im Osten Afghanistans unterstützen (MdD o. D.).
Regierungsfeindliche Gruppierungen in Herat
Herat wird als einer der relativ friedlichen Provinzen gewertet, dennoch sind Aufständische in einigen Distrikten der Provinz, wie Shindand, Kushk, Chisht-i-Sharif und Gulran, aktiv (AN 18.2.2018;
vgl. UNODC 12.2017, Khaama Press 25.10.2017, AJ 25.6.2017). Dem Iran wird von verschiedenen Quellen nachgesagt, afghanische Talibankämpfer auszubilden und zu finanzieren (RFE/RL 23.2.2018;
vgl. Gandhara 22.2.2018, IP 13.8.2017, NYT 5.8.2017). Regierungsfeindliche Aufständische griffen Mitte 2017 heilige Orte, wie schiitische Moscheen, in Hauptstädten wie Kabul und Herat, an (FAZ 1.8.2017; vgl. DW 1.8.2017). Dennoch erklärten Talibanaufständische ihre Bereitschaft, das TAPI-Projekt zu unterstützen und sich am Friedensprozess zu beteiligen (AF 14.3.2018; vgl. Tolonews 4.3.2018). Es kam zu internen Konflikten zwischen verfeindeten Taliban- Gruppierungen (D&S 25.10.2017; vgl. NYT 29.8.2017).
Anhänger des IS haben sich in Herat zum ersten Mal für Angriffe verantwortlich erklärt, die außerhalb der Provinzen Nangarhar und Kabul verübt wurden (UNAMA 2.2018). ACLED registrierte für den Zeitraum 1.1.2017-15.7.2017 IS-bezogene Vorfälle (Gewalt gegen die Zivilbevölkerung) in der Provinz Herat (ACLED 23.2.2017).
1.2.1.4 Provinz Kabul
Eine innerstaatliche Flucht- und Schutzalternative in Kabul steht laut UNHCR vom 30.08.2018 aufgrund der dort aktuell herrschenden Sicherheits-, Menschenrechts- und humanitären Situation in der Regel nicht zur Verfügung.
1.2.2. Ethnische Minderheiten
In Afghanistan leben laut Schätzungen vom Juli 2017 mehr als 34.1 Millionen Menschen (CIA Factbook 18.1.2018). Zuverlässige statistische Angaben zu den Ethnien Afghanistans und zu den verschiedenen Sprachen existieren nicht (BFA Staatendokumentation 7.2016; vgl. CIA Factbook 18.1.2018). Schätzungen zufolge, sind: 40% Pashtunen, rund 30% Tadschiken, ca. 10% Hazara und 9% Usbeken. Auch existieren noch andere ethnische Minderheiten, wie z.B. die Aimaken, die ein Zusammenschluss aus vier semi-nomadischen Stämmen mongolisch, iranischer Abstammung sind, sowie die Belutschen, die zusammen etwa 4 % der Bevölkerung ausmachen (GIZ 1.2018; vgl. CIA Factbook 18.1.2018).
Artikel 4 der Verfassung Afghanistans besagt: "Die Nation Afghanistans besteht aus den Völkerschaften der Paschtunen, Tadschiken, Hazara, Usbeken, Turkmenen, Belutschen, Paschai, Nuristani, Aimaq, Araber, Kirgisen, Qizilbasch, Gojar, Brahui und anderen Völkerschaften. Das Wort ‚Afghane' wird für jeden Staatsbürger der Nation Afghanistans verwendet." (BFA Staatendokumentation 7.2016). Die afghanische Verfassung schützt sämtliche ethnische Minderheiten. Neben den offiziellen Landessprachen Dari und Paschtu wird in der Verfassung (Art. 16) sechs weiteren Sprachen ein offizieller Status in jenen Gebieten eingeräumt, wo die Mehrheit der Bevölkerung (auch) eine dieser Sprachen spricht: Usbekisch, Turkmenisch, Belutschisch, Pashai, Nuristani und Pamiri (AA 5.2018; vgl. MPI 27.1.2004). Es gibt keine Hinweise, dass bestimmte soziale Gruppen ausgeschlossen werden. Keine Gesetze verhindern die Teilnahme der Minderheiten am politischen Leben. Nichtsdestotrotz, beschweren sich unterschiedliche ethnische Gruppen, keinen Zugang zu staatlicher Anstellung in Provinzen haben, in denen sie eine Minderheit darstellen (USDOS 20.4.2018).
Der Gleichheitsgrundsatz ist in der afghanischen Verfassung rechtlich verankert, wird allerdings in der gesellschaftlichen Praxis immer wieder konterkariert. Soziale Diskriminierung und Ausgrenzung anderer ethnischer Gruppen und Religionen im Alltag besteht fort und wird nicht zuverlässig durch staatliche Gegenmaßnahmen verhindert (AA 5.2018). Ethnische Spannungen zwischen unterschiedlichen Gruppen resultierten weiterhin in Konflikten und Tötungen (USDOS 20.4.2018).
1.2.2.1. Hazara
Die schiitische Minderheit der Hazara macht etwa 10% der Bevölkerung aus (CIA Factbook 18.1.2018; CRS 12.1.2015). Die Hazara besiedelten traditionell das Bergland in Zentralafghanistan, das sich zwischen Kabul im Osten und Herat im Westen erstreckt und unter der Bezeichnung Hazaradschat (azarajat) bekannt ist. Das Kernland dieser Region umfasst die Provinzen Bamyan, Ghazni, Daikundi und den Westen der Provinz Wardak. Es können auch einzelne Teile der Provinzen Ghor, Uruzgan, Parwan, Samangan, Baghlan, Balkh, Badghis, und Sar-e Pul dazugerechnet werden. Wichtige Merkmale der ethnischen Identität der Hazara sind einerseits ihr ethnisch-asiatisches Erscheinungsbild, woraus gern Schlussfolgerungen über eine turko-mongolische Abstammung der Hazara gezogen werden (BFA Staatendokumentation 7.2016); andererseits gehören ethnische Hazara hauptsäch dem schiitischen Islam an (mehrheitlich Zwölfer-Schiiten) (BFA Staatendokumentation 7.2016; vgl. AJ 27.6.2016, UNAMA 15.2.2018). Eine Minderheit der Hazara, die vor allem im nordöstlichen Teil des Hazaradschat leben, sind Ismailiten (BFA Staatendokumentation 7.2016).
Die Hazara-Gemeinschaft/Gesellschaft ist traditionell strukturiert und basiert auf der Familie bzw. dem Klan. Die sozialen Strukturen der Hazara werden manchmal als Stammesstrukturen bezeichnet; dennoch bestehen in Wirklichkeit keine sozialen und politischen Stammesstrukturen. Das traditionelle soziale Netz der Hazara besteht größtenteils aus der Familie, obwohl gelegentlich auch politische Führer einbezogen werden können (BFA Staatendokumentation 7.2016).
Nicht weniger wichtig als Religion und Abstammung ist für das ethnische Selbstverständnis der Hazara eine lange Geschichte von Unterdrückung, Vertreibung und Marginalisierung. Jahrzehntelange Kriege und schwere Lebensbedingungen haben viele Hazara aus ihrer Heimatregion in die afghanischen Städte, insbesondere nach Kabul, getrieben (BFA Staatendokumentation 7.2016). Dennoch hat sich die Lage der Hazara, die während der Taliban- Herrschaft besonders verfolgt waren, grundsätzlich verbessert (AA 5.2018; vgl. IaRBoC 20.4.2016); vornehmlich aufgrund von Bildung und vor allem auf ökonomischem und politischem Gebiet (CRS 12.1.2015; vgl. GD 2.10.2017). Hazara in Kabul gehören jetzt zu den am besten gebildeten Bevölkerungsgruppen und haben auch eine Reihe von Dichtern und Schriftstellern hervorgebracht (BFA Staatendokumentation 7.2016). Auch wenn es nicht allen Hazara möglich war diese Möglichkeiten zu nutzen, so haben sie sich dennoch in den Bereichen Bildung, öffentliche Verwaltung und Wirtschaft etabliert (GD 2.10.2017).
So haben Hazara eine neue afghanische Mittelklasse gegründet. Im allgemeinen haben sie, wie andere ethnische Gruppen auch, gleichwertigen Zugang zum Arbeitsmarkt. Nichtsdestotrotz, sind sie von einer allgemein wirtschaftlichen Verschlechterung mehr betroffen als andere, da für sie der Zugang zu Regierungsstellen schwieriger ist - außer ein/e Hazara ist selbst Abteilungsleiter/in. Einer Quelle zufolge existiert in der afghanischen Gesellschaft die Auffassung, dass andere ethnische Gruppierungen schlecht bezahlte Jobs Hazara geben. Einer weiteren Quelle zufolge, beschweren sich Mitglieder der Hazara-Ethnie über Diskriminierung während des Bewerbungsprozesses, da sie anhand ihrer Namen leicht erkennbar sind. Die Ausnahme begründen Positionen bei NGOs und internationalen Organisationen, wo das Anwerben von neuen Mitarbeitern leistungsabhängig ist. Arbeit für NGOs war eine Einnahmequelle für Hazara - nachdem nun weniger Hilfsgelder ausbezahlt werden, schrauben auch NGOs Jobs und Bezahlung zurück, was unverhältnismäßig die Hazara trifft (IaRBoC 20.4.2016). So berichtet eine weitere Quelle, dass Arbeitsplatzanwerbung hauptsächlich über persönliche Netzwerke erfolgt (IaRBoC 20.4.2016; vgl. BFA/EASO 1.2018); Hazara haben aber aufgrund vergangener und anhaltender Diskriminierung eingeschränkte persönliche Netzwerke (IaRBoC 20.4.2016).
Gesellschaftliche Spannungen bestehen fort und leben lokal in unterschiedlicher Intensität gelegentlich wieder auf (AA 9.2016; vgl. USDOS 20.4.2018); soziale Diskriminierung gegen schiitische Hazara basierend auf Klasse, Ethnie oder religiösen Ansichten finden ihre Fortsetzung in Erpressungen (illegale Steuern), Zwangsrekrutierung, Zwangsarbeit, physischer Misshandlung und Festnahmen (USDOS 20.4.2018).
Die Hazara sind im nationalen Durchschnitt mit etwa 10% in der Afghan National Army und der Afghan National Police repräsentiert (Brookings 25.5.2017).
1.2.3 Wirtschafts- und Versorgungslage
Im Jahr 2015 belegte Afghanistan auf dem Human Development Index (HDI) Rang 169 von 188 (UNDP 2016). Seit 2002 hat Afghanistan mit Unterstützung durch die internationale Gemeinschaft wichtige Fortschritte beim Wiederaufbau seiner Wirtschaft erzielt. Nichtsdestotrotz bleiben bedeutende Herausforderungen bestehen, da das Land weiterhin von Konflikten betroffen, arm und von Hilfeleistungen abhängig ist (IWF 8.12.2017; vgl. WB 10.4.2018). Während auf nationaler Ebene die Armutsrate in den letzten Jahren etwas gesunken ist, stieg sie in Nordostafghanistan in sehr hohem Maße. Im Norden und im Westen des Landes konnte sie hingegen reduziert werden (SCA 22.5.2018). Angesichts des langsamen Wachstums, sicherheitsbedingter Versorgungsunterbrechungen und schwacher landwirtschaftlicher Leistungen, nimmt die Armut weiterhin zu (WB 10.4.2018).
Die Verbraucherpreisinflation bleibt mäßig und wurde für 2018 mit durchschnittlich 6% prognostiziert (IWF 8.12.2017). Der wirtschaftliche Aufschwung erfolgt langsam, da die andauernde Unsicherheit die privaten Investitionen und die Verbrauchernachfrage einschränkt. Während der Agrarsektor wegen der ungünstigen klimatischen Bedingungen im Jahr 2017 nur einen Anstieg von ungefähr 1.4% aufwies, wuchsen der Dienstleistungs- und Industriesektor um 3.4% bzw. 1.8%. Das Handelsbilanzdefizit stieg im ersten Halbjahr 2017, da die Exporte um 3% zurückgingen und die Importe um 8% stiegen (UN GASC 27.2.2018).
Arbeitsmarkt und Arbeitslosigkeit
Schätzungen zufolge leben 74,8% der Bevölkerung in ländlichen und 25,2% in städtischen Gebieten (CSO 4.2017). Für ungefähr ein Drittel der Bevölkerung ist die Landwirtschaft (inklusive Tiernutzung) die Haupteinnahmequelle (SCA 22.5.2018; vgl. AF 14.11.2017).
In den Jahren 2016-2017 wuchs die Arbeitslosenrate, die im Zeitraum 2013-2014 bei 22,6% gelegen hatte, um 1%. Die Arbeitslosigkeit betrifft hauptsächlich gering qualifizierte bildungsferne Personen; diese sind auch am meisten armutsgefährdet (WB 10.4.2018). Über 40% der erwerbstätigen Bevölkerung gelten als arbeitslos oder unterbeschäftigt (SCA 22.5.2018). Es müssten jährlich geschätzte 400.000 neue Arbeitsplätze geschaffen werden, um Neueinsteiger in den Arbeitsmarkt integrieren zu können (BFA Staatendokumentation 4.2018; vgl. SCA 22.5.2018).
Seit 2001 wurden zwar viele neue Arbeitsplätze geschaffen, jedoch sind diese landesweit ungleich verteilt und 80% davon sind unsichere Stellen (Tagelöhner) (SCA 22.5.2018).
Ungefähr 47,3% der afghanischen Bevölkerung sind unter 15 Jahre alt, 60% unter 24 Jahre. Daher muss die Versorgung der jungen Bevölkerungsschichten seitens einer viel geringeren Zahl von Erwachsenen gewährleistet werden; eine Herausforderung, die durch den schwachen Arbeitsmarkt verschlimmert wird. Mehr als ein Drittel der männlichen Bevölkerung (34,3%) Afghanistans und mehr als die Hälfte der weiblichen Bevölkerung (51,1%) sind nicht in der Lage, eine passende Stelle zu finden. Gemäß einer Umfrage von Asia Foundation (AF) aus dem Jahr 2017 wird von 70,6% der Befragten die Arbeitslosigkeit als eines der größten Probleme junger Menschen in Afghanistan zwischen 15 und 24 Jahren gesehen (AF 14.11.2017).
Projekte der afghanischen Regierung
Im Laufe des Jahres 2017 hat die afghanische Regierung weiterhin Anstrengungen unternommen, um die Rechenschaftspflicht bei der Umsetzung ihrer Entwicklungsprioritäten durch die hohen Entwicklungsräte zu fördern (UN GASC 27.2.2018). Darunter fällt u.
a. der fünfjährige (2017 - 2020) Nationale Rahmen für Frieden und Entwicklung in Afghanistan (The Afghanistan National Peace and Development Framework, ANPDF) zur Erreichung der Selbständigkeit. Ziele dieses strategischen Plans sind u. a. der Aufbau von Institutionen, die Förderung von privaten Investitionen, Wirtschaftswachstum, die Korruptionsbekämpfung, Personalentwicklung usw. (WP 10.4.2018.; vgl. GEC 29.1.2017). Im Rahmen der Umsetzung dieses Projekts hat die Regierung die zehn prioritären nationalen Programme mithilfe der Beratung durch die hohen Entwicklungsräte weiterentwickelt. Die Implementierung zweier dieser Projekte, des "Citizens' Charter National Priority Program" und des "Women's Economic Empowerment National Priority Program" ist vorangekommen. Die restlichen acht befinden sich in verschiedenen Entwicklungsstadien (UN GASC 27.2.2018). Das "Citizens' Charter National Priority Program" z. B. hat die Armutsreduktion und die Erhöhung des Lebensstandards zum Ziel, indem die Kerninfrastruktur und soziale Dienstleistungen der betroffenen Gemeinschaften verbessert werden sollen. Die erste Phase des Projektes sollte ein Drittel der 34 Provinzen erfassen und konzentrierte sich auf Balkh, Herat, Kandahar und Nangarhar. Ziel des Projekts ist es, 3,4 Mio. Menschen Zugang zu sauberem Trinkwasser zu verschaffen, die Gesundheitsdienstleistungen, das Bildungswesen, das Straßennetz und die Stromversorgung zu verbessern, sowie die Zufriedenheit und das Vertrauen der Bevölkerung in die Regierung zu steigern. Des Weiteren zielt das Projekt darauf ab, Binnenvertriebene, Behinderte, Arme und Frauen besser zu integrieren (WB 10.10.2016).
Die afghanische Regierung hat Bemühungen zur Armutsreduktion gesetzt und unterstützt den Privatsektor weiterhin dabei, nachhaltige Jobs zu schaffen und das Wirtschaftswachstum voranzutreiben. Die Ausstellung von Gewerbeberechtigungen soll gesteigert, steuerliche Sanktionen abgeschafft und öffentlich-private Partnerschaften entwickelt werden; weitere Initiativen sind geplant (BFA Staatendokumentation 4.2018; vgl. TD 28.12.2017).
2. Beweiswürdigung:
2.1. Die Feststellungen zur Staatsangehörigkeit, Namensführung, Geburtsdatum, Volksgruppen- und Religionszugehörigkeit, Herkunftsprovinz der Eltern des Beschwerdeführers sowie Geburtsort und Aufenthalt des Beschwerdeführers im Iran gründen sich auf die diesbezüglich glaubhaften Angaben des Beschwerdeführers im gesamten Asyl- und Aberkennungsverfahren.
Dass der Beschwerdeführer sowohl zum Zeitpunkt der Asylantragstellung, zum Zeitpunkt der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten sowie zum Zeitpunkt der Aberkennung des Schutzstatus minderjährig war, ergibt sich aus seinen Angaben zum Geburtsdatum; die belangte Behörde stellte die Minderjährigkeit des Beschwerdeführers nicht in Zweifel.
Die obigen Feststellungen zur Straffälligkeit ergeben sich aus dem Verwaltungs- und Gerichtsakt des Beschwerdeführers, den im Akt aufliegenden Urteilen des XXXX vom XXXX und des XXXX vom XXXX sowie dem eingeholten Strafregisterauszug vom 15.03.2019.
Dass der Beschwerdeführer am 17.02.2019 aus der Strafhaft entlassen wurde, ergibt sich aus dem eingeholten Strafregisterauszug vom 15.03.2019.
2.2. Die Feststellungen zur sonstigen persönlichen und familiären Situation des Beschwerdeführers ergeben sich aus seinen eigenen Angaben im Rahmen des Verfahrens sowie aus Abfragen in den betreffenden amtlichen österreichischen Registern, insbesondere dem Zentralen Melderegister. Die Feststellungen zur ursprünglichen Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten bzw. zur Erteilung der befristeten Aufenthaltsberechtigung und zur amtswegigen Aberkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten bzw. zum Entzug der erteilten Aufenthaltsberechtigung ergeben sich aus dem Verwaltungsakt. Da aufgrund § 46a Abs. 1 Z 2 FPG die Zuerkennung des Status eines Geduldeten ex lege erfolgt, waren zum sonstigen Privat- und Familienleben des Beschwerdeführers keine Feststellungen zu treffen.
2.3. Eine Feststellung des Inhalts, dass sich die Umstände, die zur Gewährung subsidiären Schutzes geführt haben, seit der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 12.04.2017 wesentlich und nachhaltig geändert haben, konnte jedoch im Lichte eines Vergleichs der individuellen Situation des Beschwerdeführers sowie der Sicherheits- und Versorgungslage in (ganz) Afghanistan zum Zeitpunkt der rechtskräftigen Zuerkennung des subsidiären Schutzes einerseits und zum Zeitpunkt des angefochtenen Bescheides bzw. der vorliegenden Entscheidung andererseits nicht getroffen werden. Dabei erfolgte insbesondere eine Gegenüberstellung des Inhalts der dem Bescheid vom 12.04.2017 zugrunde gelegten Länderberichte mit jener Berichtslage, die das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl bei Erlassung des angefochtenen Bescheides herangezogen hat.
2.4. Die Feststellungen zur aktuellen Lage in Afghanistan beruhen auf den oben angeführten Quellen. Das Bundesverwaltungsgericht bediente sich hierbei einer ausgewogenen Auswahl verschiedener - im Länderinformationsblatt der Staatendokumentation zitierter - Quellen staatlichen und nichtstaatlichen Ursprungs, um sich so ein möglichst umfassendes Bild über die Lage in Afghanistan machen zu können. Angesichts der Seriosität der angeführten Erkenntnisquellen und der Plausibilität der Aussagen besteht kein Grund, an der Zuverlässigkeit und Richtigkeit der Darstellung zu zweifeln. Den Verfahrensparteien bzw. deren Rechtsvertretung ist das Länderinformationsblatt der Staatendokumentation zu Afghanistan, welches das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl seinen Bescheiden regelmäßig zugrunde legt und auch im angefochtenen Bescheid (in der Fassung der Gesamtaktualisierung vom 29.06.2018 samt Kurzinformation vom 29.10.2018) herangezogen hat ebenso bekannt, wie die aktuellen UNHCR Richtlinien vom 30.08.2018 und die EASO Leitlinien zu Afghanistan vom Juni 2018.
3. Rechtliche Beurteilung:
Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Da eine Senatsentscheidung in den einschlägigen Bundesgesetzen nicht vorgesehen ist, liegt somit Einzelrichterzuständigkeit vor.
Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das VwGVG, BGBl. I Nr. 33/2013 idF BGBl. I Nr. 122/2013, geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.
Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung - BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes - AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 - DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.
Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist.
Gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG hat das Ver