TE Bvwg Erkenntnis 2019/4/4 W235 2128259-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 04.04.2019
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Entscheidungsdatum

04.04.2019

Norm

AsylG 2005 §10 Abs1 Z3
AsylG 2005 §3 Abs1
AsylG 2005 §57
AsylG 2005 §8 Abs1
BFA-VG §9
B-VG Art.133 Abs4
FPG §46
FPG §52
FPG §55

Spruch

W235 2128259-1/16E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Maga. Sabine MEHLGARTEN-LINTNER als Einzelrichterin über die Beschwerde des XXXX , geb. XXXX , StA. Guinea, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 06.05.2016, Zl. 1009285300-14498688, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 04.12.2018 zu Recht erkannt:

A)

Die Beschwerde wird gemäß §§ 3 Abs. 1, 8 Abs. 1, 10 Abs. 1 Z 3 und 57 AsylG, § 9 BFA-VG, §§ 46, 52 und 55 FPG mit der Maßgabe als unbegründet abgewiesen, dass der erste Spruchteil des Spruchpunktes III. wie folgt lautet:

"Eine Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz gemäß § 57 AsylG wird nicht erteilt."

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1.1. Der bereits zum Zeitpunkt der Antragstellung volljährige Beschwerdeführer, ein Staatsangehöriger von Guinea, stellte nach unrechtmäßiger Einreise in das österreichische Bundesgebiet am 30.03.2014 den gegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz.

1.2. Im Rahmen seiner Erstbefragung vor einem Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes am 01.04.2014 gab der Beschwerdeführer zunächst zu seiner Person an, dass er am XXXX .1997 in Conakry geboren, ein Angehöriger der Volksgruppe der Fulla und Moslem sei. Der Beschwerdeführer sei ledig und habe vor der Ausreise in XXXX gelebt. Er habe von 2005 bis 2008 die Grundschule in Conakry besucht. Im Herkunftsland würden noch seine Eltern, seine Schwester und ein älterer Bruder leben. Am XXXX .2014 sei der Beschwerdeführer ohne Reisedokumente schlepperunterstützt ausgereist und sei von XXXX [Anm.: Mali] aus über zwei weitere Länder in ein ihm unbekanntes Land geflogen. Für die Reisedokumente und die Tickets habe der Schlepper gesorgt. Der Beschwerdeführer glaube, dass der Schlepper dann von der Polizei festgenommen worden sei und sei von sich aus zur Polizei gegangen und habe um Asyl angesucht.

Sein Heimatland habe der Beschwerdeführer verlassen, da am XXXX .2014 ein Freund seines Vaters zu ihm in die Werkstatt gekommen sei und gesagt habe, dass Polizisten zu ihm gekommen seien. Es sei jemand getötet worden und der Beschwerdeführer sei mit seiner Gruppe beschuldigt worden. Der Freund des Vaters habe ihm geraten, das Land zu verlassen und ihn nach XXXX gebracht. Der Freund sei dann wieder zurückgefahren und habe sich die Mutter des Beschwerdeführers bei ihm versteckt. Die Familie des Ermordeten und die Polizei habe schon die Familie des Beschwerdeführers bedroht. Daher habe der Freund des Vaters den Schlepper kontaktiert.

1.3. Da das Bundesamt am Vorbringen des Beschwerdeführers, er sei am XXXX .1997 geboren und sohin minderjährig Zweifel hatte (vgl. hierzu "Indikatoren für Altersfeststellung"; AS 23), wurde eine Untersuchung zur Bestimmung des Knochenalters der linken Hand durch "Röntgen am Ring" veranlasst. Dem Untersuchungsergebnis vom 09.04.2014 ist zu entnehmen, dass beim Beschwerdeführer "GP 31, Schmeling 4" vorliegt (vgl. AS 37).

In der Folge beauftragte das Bundesasylamt ein medizinisches Sachverständigengutachten zum Thema "Sachverständige Tatsachenfeststellung bzgl. der Unterscheidung Minder- vs. Volljährigkeit".

Das diesbezügliche Gutachten vom 28.05.2014 kommt aufgrund der durchgeführten multifaktoriellen Befunderhebung (Anamnese, körperliche Untersuchung und radiologische Bildgebung mit fachärztlicher Befundung) zu dem Schluss, dass der Beschwerdeführer zum Untersuchungszeitpunkt am XXXX .2014 ein Mindestalter von 21,6 Jahren aufgewiesen habe und sohin sein spätestmögliches Geburtsdatum der " XXXX .1992" sei. Damit habe er sich zum Zeitpunkt der Antragstellung am 30.03.2014 eindeutig jenseits des vollendeten 18. Lebensjahres befunden. Eine Minderjährigkeit des Beschwerdeführers könne sohin mit dem erforderlichen Beweismaß ausgeschlossen werden.

In der Folge wurde der Beschwerdeführer am 12.06.2014 in Anwesenheit seiner (vormaligen) gesetzlichen Vertretung vom Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl einvernommen, wobei er zunächst angab, er wolle die Kopie seiner Geburtsurkunde vorlegen. Diese Kopie (in französischer Sprache), der zufolge der Beschwerdeführer am XXXX .1997 geboren ist, wurde am XXXX .2004 ausgestellt, (vgl. AS 93). Hierzu gab der Beschwerdeführer an, dass ihm diese Unterlage von seinem älteren Bruder aus Guinea mitgebracht worden sei, der seit XXXX .2014 ebenfalls Asylwerber in Österreich sei. Das Original sei bei seiner Tante. Die Tante habe gemeint, es sei besser, wenn man das Original zu Hause aufbewahre, weil in Guinea oft eine Kopie ausreiche. Warum die Geburtsurkunde erst im Jahr 2004 ausgestellt worden sei, wisse nur der Vater des Beschwerdeführers. Sie sei ausgestellt worden, als der Beschwerdeführer in die Schule habe gehen müssen. Auf Vorhalt des Ergebnisses des medizinischen Sachverständigengutachtens zur Frage seiner Minder- bzw. Volljährigkeit gab der Beschwerdeführer an, dass er dazu nichts sagen könne, da er sein Alter immer gewusst habe. Auch seine Eltern hätten ihm sein Alter gesagt. Das sei auch das Geburtsdatum, das auf der Geburtsurkunde stehe. Es habe keinen Sinn, darüber zu diskutieren, weil ihm ohnehin ein Alter zugewiesen werde. Es gebe Leute, die so alt seien wie der Beschwerdeführer und denen geglaubt werde, dass sie minderjährig seien.

Am Ende der Einvernahme wurde dem (vormaligen) gesetzlichen Vertreter die Möglichkeit zur Stellungnahme eingeräumt, wovon kein Gebrauch gemacht wurde.

1.4. Im Verwaltungsakt des Beschwerdeführers findet sich ein Internetzeitungsartikel ("Guineenews.org") vom XXXX .2014 in französischer Sprache. Der vom Bundesamt eingeholten Übersetzung mit dem Titel "Unsicherheit in XXXX : ein Stabsgefreiter von bewaffneten Banditen niedergestreckt worden" ist zu entnehmen, dass bei einem Vorfall am XXXX .2014 ein Stabsgefreiter des Camps XXXX in XXXX umgebracht worden sei. Der Stabsgefreite sei einer der Wachen des Marktes " XXXX ", der im Zentrum von XXXX liege, gewesen. Am XXXX .2014 habe er gegen zwei Uhr früh Besuch von sechs schwerbewaffneten Banditen bekommen, die ihm eine Kugel in den Fuß geschossen und ihn danach mit einem Messer aufgeschlitzt hätten. Nach der Ermordung des Stabsgefreiten hätten die Banditen eine große Summe Geld und wertvolle Gegenstände mitgenommen. Dieser kriminelle Akt sei in XXXX nicht ungewöhnlich. Vor drei Monaten sei ein Patrouillenfahrzeug desselben Camps von sechs Kugeln getroffen worden, die von Banditen abgefeuert worden seien. Auch diese Banditen hätten eine große Menge Gold, Geld und Goldsuchgeräte entwendet. Zur Erinnerung: Während der Zusammenstöße zwischen Demonstranten und Gendarmen der Einheit Nr. XXXX am XXXX .2013 sei die Waffenkammer der Einheit ausgeraubt und eine große Menge Waffen von Unbekannten geraubt worden (vgl. AS 125).

Im Verwaltungsakt ist eine E-Mail vom 23.03 .2016 zu finden, die offensichtlich ebenfalls eine deutsche Übersetzung eines (französischsprachigen) Zeitungsartikels beinhaltet, wobei der bezughabende Artikel im Akt des Bruders des Beschwerdeführers aufliegt. Die deutsche Übersetzung berichtet über eine Jugenddemonstration in XXXX mit mindestens drei Toten - darunter zwei Gendarmen - und mehr als zehn Verletzten. Diesem Bericht ist zu entnehmen, dass an diesem Tag die Zusammenstöße zwischen Gendarmen der Einheit Nr. XXXX und den jungen Demonstranten wieder aufgeflammt seien. Die Demonstranten hätten die Freilassung ihrer in der vorigen Nacht im Anschluss an die Unruhen verhafteten Freunde gefordert. Trotz Intervention der Behörden und mehrerer hochgestellter Persönlichkeiten hätten die Jugendlichen an dieser Forderung festgehalten. Sie hätten in der gesamten Stadt Barrikaden errichtet und Reifen angezündet, bevor sie die Basis der Einheit angegriffen hätten. Nach ca. zweistündigen erfolglosen Einsatz von Tränengas hätten die Gendarmen begonnen scharf zu schießen. Während der Veröffentlichung dieser Informationen würden die Demonstrationen unvermindert weitergehen und es würden mindestens drei Tote - darunter zwei Gendarmen - und mehr als zehn Schwerverletzte gezählt. Diese Demonstration sei die Folge des Todes eines früheren Fußballers, der von Agenten der Einheit Nr. XXXX in der Nacht von Samstag auf Sonntag, den XXXX .2013, totgeprügelt worden sei. Laut zuverlässigen Quellen seien die acht Gendarmen, die das Verbrechen verübt hätten, bereits verhaftet worden (vgl. AS 127).

1.5. Am 20.07.2015 wurde der Beschwerdeführer unter Beiziehung eines geeigneten Dolmetschers für die Sprache Fulla vom Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl einvernommen, wobei er zunächst angab, dass es ihm gut gehe. Er nehme keine Drogen. Er sei in Conakry geboren und habe drei Jahre lang die Schule besucht. Wann das gewesen sei, wisse er nicht mehr, da er "klein" gewesen sei. Seine Eltern hätten ihm das erzählt. Den Namen der Schule wisse er auch nicht mehr, da ihn sein Onkel dorthin gebracht habe. Mit elf Jahren habe der Beschwerdeführer begonnen, in einer Autowerkstatt als Mechaniker zu arbeiten. Während seiner Schulzeit habe der Beschwerdeführer in Conakry bei seinem Onkel gelebt. Als sein Onkel im Jahr 2008 gestorben sei, sei der Beschwerdeführer zu seiner Familie nach XXXX zurückgegangen und habe als Mechaniker zu arbeiten begonnen. Bezahlung habe er keine bekommen. Auf Vorhalt, wenn er bis zu seiner Flucht dort gearbeitet habe, hätte er sechs Jahre ohne Bezahlung gearbeitet, gab der Beschwerdeführer an, er sei 2008 nach XXXX zurückgekehrt und habe erst 2011 mit der Arbeit begonnen. In der Zwischenzeit habe er seinem Vater in dessen Lebensmittelladen gelegentlich geholfen. Seine Mutter und sein Bruder hätten bis zum Jahr 1998 - als das Haus der Familie zerstört worden sei - in Conakry gelebt. Dann sei die Mutter mit dem Bruder zum Vater nach XXXX gezogen und der Beschwerdeführer sei zum Zweck des Schulbesuchs in Conakry bei seinem Onkel geblieben. Seine Eltern seien nach Sierra Leone geflüchtet, da sie von den Eltern eines Getöteten und vom Militär mit dem Tod bedroht worden seien. Seine Schwester wohne in Conakry bei der Tante. Sein Bruder lebe ebenfalls in Österreich als Asylwerber.

Dezidiert zu seinen Fluchtgründen befragt, gab der Beschwerdeführer an, dass er beschuldigt worden sei, mit einer Gruppe einen Mann getötet zu haben. Am XXXX .2014, am späten Vormittag, sei ein Freund seines Vaters in die Werkstatt gekommen und habe zum Beschwerdeführer gesagt, dass er von dort weg solle, weil die Familie eines Ermordeten und das Militär zu ihm nach Hause gekommen seien und nach ihm gesucht hätten. Der Beschwerdeführer habe zunächst gemeint, dass er nicht weggehe, weil er schuldlos sei; der Freund des Vaters habe allerdings gesagt, er müsse weggehen, weil ihn "die Leute" sonst umbrächten. Der Freund des Vaters habe den Beschwerdeführer nach XXXX gebracht und sei danach wieder nach XXXX zurückgefahren, um die Situation zu ermitteln. Als er zurückgekommen sei, habe er dem Beschwerdeführer gesagt, dass seine Eltern und sein Bruder auch bedroht worden und geflüchtet seien. Der Freund seines Vater habe ihm gesagt, dass eine Wache vom Markt getötet worden sei. Der Beschwerdeführer kenne jedoch keine "Gruppe". Er sei verdächtigt worden, weil er bereits 2013 ein Problem gehabt habe und verhaftet worden sei. Damals sei ein Fußballspieler vom Militär ermordet worden. Der Beschwerdeführer und andere Jugendliche hätten "für die Wahrheit" demonstriert und seien während der Demonstration verhaftet worden. Sie hätten sagen sollen, wo die Waffen seien, die während der Demonstration aus einem Polizeirevier verschwunden wären. Sie seien beschuldigt worden, ein Polizeirevier zerstört und die Waffen im Taxi des Bruders des Beschwerdeführers weggebracht zu haben. Er sei zwei Wochen im Gefängnis gewesen und gefoltert worden. Sein Bruder sei ein Monat im Gefängnis gewesen. Sein Vater und ein Freund hätten Lösegeld zahlen und unterschreiben müssen, dass wenn "irgendwas" mit den Waffen passiere, der Beschwerdeführer und sein Bruder als erstes beschuldigt werden würden. Auf die Frage, was das mit dem Mord zu tun habe, gab der Beschwerdeführer an, man habe angenommen, dass es nur Leute von der Demonstration sein könnten, die den Mann umgebracht hätten. Auf Vorhalt, in dem vorgelegten Zeitungsartikel stehe, dass bewaffnete "Banditen" den Mann getötet hätten und auf die Frage, ob der Beschwerdeführer zu einer Bande gehöre, gab er an, dass dieser Ausdruck verwendet werde, wenn jemand beschuldigt werde. Er sei kein Bandit. Wann der Mann umgebracht worden sei, wisse der Beschwerdeführer nicht. Er habe am XXXX vom Freund seines Vaters davon erfahren. Sein Vater sei nicht selbst gekommen, da das Militär bei ihnen zu Hause gewesen sei. Wann das gewesen sei, wisse der Beschwerdeführer nicht genau. Sein Bruder habe ihm erzählt, dass er geschlafen habe, als das Militär gekommen sei, da er von einer Reise zurückgekommen sei. Auf die Frage, warum das Militär nicht den Bruder mitgenommen habe, da dieser aufgrund der Vorfälle von 2013 auch verdächtig sei, gab der Beschwerdeführer an, dass bekannt sei, dass sein Bruder viel auf Reisen sei und "sie" nicht gewusst hätten, dass er da sei. Auf Vorhalt, sein Bruder habe allerdings ausgesagt, dass sie schon gewusst hätten, dass er da sei, da sein Auto vor der Türe gestanden sei, brachte der Beschwerdeführer vor, "sie" seien vorrangig seinetwegen gekommen. Aber seine Mutter habe den Bruder gewarnt und dieser sei durch das Fenster geflüchtet. Ob das Elternhaus durchsucht worden sei, wisse der Beschwerdeführer nicht. Ob gegen ihn ein Haftbefehl bestehe, wisse er nicht.

Der Beschwerdeführer lebe in einer betreuten Unterkunft der Grundversorgung, besuche einen Deutschkurs und wolle Boxer werden. Er dürfe nicht arbeiten, sei jedoch ab und zu beim Verein " XXXX ". Seit dem er hier sei, könne er in Ruhe leben. Er bitte den Staat Österreich ihm zu helfen, da er keine Basis mehr in Guinea habe. Zu den Länderfeststellungen des Bundesamtes zur Lage in Guinea mit der Möglichkeit der Einbringung einer Stellungnahme gab der Beschwerdeführer an, er wolle die landeskundlichen Feststellungen ausgehändigt haben.

2. Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG abgewiesen (Spruchpunkt I.). Unter Spruchpunkt II. dieses Bescheides wurde der Antrag des Beschwerdeführers hinsichtlich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf seinen Herkunftsstaat Guinea gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 12 AsylG abgewiesen. Ferner wurde ihm unter Spruchpunkt III. ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß §§ 57 und 55 AsylG nicht erteilt und gegen ihn wurde gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen sowie gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass seine Abschiebung nach Guinea gemäß § 46 FPG zulässig ist. Die Frist für die freiwillige Ausreise beträgt 14 Tage/zwei Wochen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung.

In seiner Begründung stellte das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl fest, dass der Beschwerdeführer lediglich die Kopie einer guineischen Geburtsurkunde vorgelegt habe, die sein Bruder angeblich aus Guinea mitgebracht habe. Es sei davon auszugehen, dass der Beschwerdeführer guineischer Staatsbürger sei. Er gehöre dem muslimischen Glauben an und leide nicht an lebensbedrohlichen Krankheiten. Der Bruder des Beschwerdeführers, XXXX , geb. XXXX , sei ebenfalls als Asylwerber in Österreich und berufe sich im Wesentlichen auf dieselben Fluchtgründe wie der Beschwerdeführer. Nicht festgestellt werden könne, dass der Beschwerdeführer begründete Furcht vor Verfolgung im Sinne der Genfer Flüchtlingskonvention in Guinea zu gewärtigen habe. Es seien keine Umstände amtsbekannt, dass in Guinea eine solche extreme Gefährdungslage bestünde, dass gleichsam jeder, der dorthin zurückkehre, einer Gefährdung im Sinne der Art. 2 und 3 EMRK ausgesetzt wäre oder eine derartige humanitäre Katastrophe vorherrsche, dass das Überleben von Personen mangels Nahrung und Wohnraum tatsächlich in Frage gestellt wäre. Der Beschwerdeführer lebe seit Mai 2014 im österreichischen Bundesgebiet. Er sei ledig. Der Bruder des Beschwerdeführers sei ebenfalls Asylwerber und lebe in der gleichen Unterkunft wie der Beschwerdeführer. Er bestreite seinen Lebensunterhalt ausschließlich aus Zuwendungen der öffentlichen Hand. Sein Aufenthalt gründe sich lediglich auf das vorläufige Aufenthaltsrecht nach dem AsylG. Die deutsche Sprache beherrsche er nur geringfügig.

Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl traf auf den Seiten 25 bis 39 des angefochtenen Bescheides unter Anführung von Quellen Länderfeststellungen zur Lage in Guinea.

Der Beweiswürdigung im angefochtenen Bescheid ist zu entnehmen, dass die Authentizität der vorgelegten Kopie einer guineischen Geburtsurkunde nicht überprüft habe werden können und würde diese in keiner Weise mit dem im Altersfeststellungsverfahren festgestellten Mindestalter übereinstimmen. Aufgrund der Sprachkompetenz gehe das Bundesamt davon aus, dass der Beschwerdeführer Staatsangehöriger von Guinea sei. Auffallend sei, dass dem Bruder des Beschwerdeführers sein Reisepass mit der Tasche, in der er diesen aufbewahrt habe, gestohlen worden sei. Nicht gestohlen worden sei jedoch die Kopie der Geburtsurkunde des Beschwerdeführers. Der Beschwerdeführer sei ausschließlich nur aufgrund der Stellung eines Antrags auf internationalen Schutz nach den Bestimmungen des Asylgesetzes zum vorübergehenden Aufenthalt im Bundesgebiet berechtigt gewesen. Er habe keine medizinischen Befunde in Vorlage gebracht, die dokumentieren hätten sollen, dass er an behandlungsnotwendigen Erkrankungen leide. Betreffend die Feststellungen der Gründe für das Verlassen des Herkunftslandes verwies die Behörde zunächst auf die beiden vorgelegten Zeitungsartikel und führte aus, dass eine Recherche zwar ergeben habe, dass die Artikel authentisch seien, die vorgebrachte Schilderung der Fluchtgründe allerdings erhebliche Ungereimtheiten aufweise, sodass davon ausgegangen werde, dass der Beschwerdeführer rund um tatsächliche Ereignisse in XXXX ein für ihn passendes Fluchtvorbringen konstruiert habe. In der Folge führte das Bundesamt mit näherer Begründung und unter Anführung von Beispielen aus, dass die Angaben des Beschwerdeführers jeglicher Logik entbehren würden und sich der Sachverhalt nicht wie geschildert ereignet haben könne. Ebenso sei die Schilderung seiner Lebensgeschichte nicht geeignet, seine Glaubwürdigkeit zu untermauern. Insbesondere habe sich im medizinischen Sachverständigengutachten im Rahmen der Altersfeststellung herausgestellt, dass das Alter des Beschwerdeführers wesentlich höher sei, als von ihm angegeben. Sein spätestmögliches Geburtsdatum laute XXXX .1992 und er sei daher beinahe fünf Jahr älter als er ursprünglich angegeben habe. Abgesehen von dem nicht als glaubwürdig anzusehenden Fluchtvorbringen wäre dem Beschwerdeführer jederzeit die innerstaatliche Fluchtalternative offen gestanden. Hier sei insbesondere die Stadt Conakry erwähnt, in welcher die Schwester des Beschwerdeführers nach wie vor wohnhaft sei. In einer Zusammenschau müsse festgestellt werden, dass die Voraussetzungen für eine innerstaatliche Fluchtalternative gegeben seien und der Beschwerdeführer aus anderen als aus den von ihm geschilderten Gründen die Flucht aus Guinea angetreten habe. Aufgrund der Volljährigkeit des Beschwerdeführers seien auch allfällige aus dem Lebensalter resultierende soziale und wirtschaftliche Benachteiligungen auszuschließen. Die landeskundlichen Feststellungen würden deutlich belegen, dass die gegenwärtige Allgemeinlage in Guinea alles andere als zufriedenstellend sei. Das "offizielle" Guinea mit seinen Behörden sei zwar willig und bemüht, die dort lebenden Menschen vor wie auch immer gearteten Übergriffen zu schützen und habe auch selbst deutliche und erfolgreiche Anstrengungen unternommen, sein Rechtssystem menschenrechtskonform und das Rechtsschutzsystem effizient zu gestalten. Dennoch würden verschiedene Interessensgruppierungen immer wieder versuchen, ihre eigenen Ziele mittels außerhalb der Legalität stehender Aktivitäten durchzusetzen versuchen. Allerdings sei klar zu sagen, dass die Intensität bzw. Quantität derartiger Übergriffe nicht überall gleich ausgeprägt sei. Nach den Länderfeststellungen gebe es unzählige nationale, internationale, staatliche, halbstaatliche und private Hilfs- und Unterstützungseinrichtungen, die bei Bedarf um Unterstützungsleistungen angegangen werden könnten. Gerade Conakry biete auch wenig qualifizierten Menschen in Verbindung mit den angesprochenen Unterstützungseinrichtungen realistische Möglichkeiten einer Existenzsicherung. Es sei davon auszugehen, dass der Beschwerdeführer auch weiterhin in der Lage sein werde, sich in seinem Herkunftsstaat versorgen zu können. In einer Gesamtbetrachtung werde davon ausgegangen, dass keine Hinderungsgründe einer Rückkehr gegeben seien und auch keine Gründe vorlägen, die zur Gewährung von subsidiärem Schutz führen könnten. Ein allfällig während des Aufenthaltszeitraumes begründetes Privatleben sei per se nicht geeignet, eine Unverhältnismäßigkeit des Eingriffs zu begründen. Die Feststellungen zu Guinea würden auf einer Zusammenstellung der Staatendokumentation des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl basieren.

In rechtlicher Hinsicht folgerte das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl zu Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides, dass keine asylrelevanten Ausreisegründe vorgebracht worden seien. Der Beschwerdeführer sei zu seinem Fluchtvorbringen nicht glaubhaft. Zu Spruchpunkt II. wurde zusammengefasst ausgeführt, dass der Beschwerdeführer keine glaubhaften Angaben darüber habe machen können, dass er im Fall der Rückkehr einer konkreten Gefahr oder einer unmenschlichen bzw. erniedrigenden Behandlung ausgesetzt wäre. Es hätten sich im Verfahren keine Anhaltspunkte ergeben, dass der Beschwerdeführer im Fall der Rückkehr nach Guinea in eine lebensbedrohende Notlage geraten würde oder einer realen, nicht bloß auf Spekulationen gegründeten Gefahr ausgesetzt wäre. Zu Spruchpunkt III. führte das Bundesamt im Wesentlichen aus, dass dem Beschwerdeführer bereits bei Antragstellung klar sein hätte müssen, dass der Aufenthalt in Österreich im Fall der Abweisung des Antrags auf internationalen Schutz nur ein vorübergehender sei. Gegen den weiteren Verbleib des Beschwerdeführers in Österreich spreche, dass kein asylrelevanter Einreisegrund bestehe, er ausschließlich von der öffentlichen Hand lebe und keine Bemühungen gezeigt habe, offiziell einer erlaubten Erwerbstätigkeit als Saisonkraft nachzugehen. Der Beschwerdeführer beherrsche die deutsche Sprache nicht ausreichend und habe sich noch keine kulturellen Werte von Österreich angeeignet. Es hätten keine Hinweise gefunden werden können, die den Schluss zuließen, dass durch eine Ausweisung auf unzulässige Weise im Sinne von Art. 8 Abs. 2 EMRK in das Recht des Beschwerdeführers auf Schutz des Familien- und Privatlebens eingegriffen werde.

Mit Verfahrensanordnung des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl wurde dem Beschwerdeführer am 10.05.2016 amtswegig ein Rechtsberater für das Beschwerdeverfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht zur Seite gestellt.

3. Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer fristgerecht am

XXXX .2016 Beschwerde wegen Rechtswidrigkeit des Inhalts sowie wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften. Begründend wurde im Wesentlichen und zusammengefasst ausgeführt, dass der Bescheid grob mangelhaft sei. Das Protokoll der Einvernahme vom 20.07.2015 sei im Bescheid falsch abgedruckt worden, da es sich um die Aussagen des Bruders des Beschwerdeführers handle. Das Protokoll der Einvernahme des Beschwerdeführers sei nicht abgedruckt worden und sei daher nicht nachvollziehbar, worauf sich die Feststellungen und die Beweiswürdigung im Bescheid stützten. Im Fall einer Rückkehr nach Guinea wäre der Beschwerdeführer einem Klima ständiger Bedrohung, struktureller Gewalt und unmittelbaren Einschränkungen sowie einer Reihe von Menschenrechtsverletzungen ausgesetzt.

Der Beschwerde beigelegt waren folgende Unterlagen:

* Empfehlungsschreiben einer Bekannten vom XXXX .2016;

* Teilnahmebestätigung am Kurs "Deutsch für AsylwerberInnen Alphabetisierung" vom XXXX .2016;

* Bestätigung des BFI XXXX BildungsGmBH betreffend die Teilnahme am Pflichtschulabschlusskurs vom XXXX .2016;

* gemeinsames Schreiben des Beschwerdeführers und seines Bruders, in welchem die vorgebrachten Fluchtgründe nochmals wiederholt bzw. ergänzt wurden (AS 241) und

* USB-Stick, auf dem gewaltsame Auseinandersetzungen zwischen unbekannten Personen zu sehen sind

4. In weiterer Folge des Beschwerdeverfahrens langten nachstehende, bis dato noch nicht vorgelegte Unterlagen beim Bundesverwaltungsgericht ein:

* Praktikumsbeurteilung für den Lehrberuf Elektrotechnik von XXXX .11.2017 bis XXXX .11.2017;

* Praktikumsbeurteilung für den Lehrberuf Automechaniker von XXXX .07.2017 bis XXXX .07.2017;

* Zeugnis über die Pflichtschulabschlussprüfung vom XXXX 2018;

* Lehrvertrag als Kraftfahrzeugtechniker vom XXXX .2018 mit dem Vermerk: tatsächliche Lehrzeit von XXXX .2018 bis XXXX .2022 und

* Empfehlungsschreiben des Geschäftsführers des Arbeitgebers des Beschwerdeführers vom XXXX .2018

5. Am 04.12.2018 fand vor dem Bundesverwaltungsgericht eine öffentliche mündliche Verhandlung unter Zuhilfenahme eines geeigneten Dolmetschers für die Sprache Fulla statt, die gemeinsam mit jener des Bruders des Beschwerdeführers geführt wurde und an der der Beschwerdeführer, sein Bruder und ihr Vertreter teilnahmen. Ein Vertreter des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl ist nicht erschienen; das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl hat sich mit E-Mail vom 12.10.2018 für die Teilnahme an der Verhandlung entschuldigt und die Abweisung der Beschwerde beantragt. Weiters wurde Frau Mag. XXXX als Zeugin einvernommen. Bereits mit der Ladung wurden den Verfahrensparteien die Länderfeststellungen des Bundesverwaltungsgerichtes zur aktuellen Situation in Guinea zur Kenntnis gebracht.

Eingangs der Verhandlung gab der Beschwerdeführer an, dass im erstinstanzlichen Verfahren zwar Rückübersetzungen gemacht worden seien, aber er das Gefühl habe, dass viel zusammengefasst und nicht ins Detail gegangen worden sei. Beispielsweise stehe im Protokoll "Asylwerber lacht", aber er habe nie gelacht. Auch stehe im Protokoll, dass er 2014 elf Jahre alt gewesen sei, das sei falsch; er sei 2008 elf Jahre alt gewesen. Es stehe auch im Protokoll, dass er verheiratet sei und Kinder habe. Das sei auch falsch. Auf Vorhalt, dass sein Alter mittels Gutachten festgestellt wurde, gab der Beschwerdeführer an, es gehe darum, dass er im Jahr 2008 die Schule verlassen habe als er elf Jahre alt gewesen sei, aber im Protokoll stehe, dass er 2008 die Arbeit als Mechaniker aufgenommen habe. Ansonsten seien ihm die Niederschriften der Erstbefragung und vor dem Bundesamt rückübersetzt worden und er habe die Wahrheit gesagt. Die Dolmetscher in der Erstbefragung und in der Einvernahme habe er gut verstanden.

Zu seiner Integration in Österreich gab der Beschwerdeführer (überwiegend in deutscher Sprache) an, dass er in Österreich eine Lebensgefährtin habe, mit der er seit ca. dreieinhalb Jahren zusammen sei. Allerdings würden sie nicht zusammen leben. Der Beschwerdeführer wohne in Salzburg; seine Freundin in Wien. Sie würden einander regelmäßig am Wochenende sehen. Er spreche Deutsch, habe den A1-Kurs und den Pflichtschulabschluss gemacht. Jetzt mache er eine Lehre als Kfz-Mechaniker und verdiene € 555,00 netto pro Monat. Der Beschwerdeführer wolle seine Lehre fertig machen und mit seinem Chef weiterarbeiten. Er wolle in dieser Firma bleiben; die Firma heiße XXXX . Ferner habe der Beschwerdeführer einen Integrationskurs machen wollen, habe jedoch erfahren, dass er diesen nur machen könne, wenn er einen regulären Aufenthaltstitel habe. Er sei auch in eine Handelsakademie aufgenommen worden, weil er die Matura habe machen wollen. Aber gleichzeitig habe er die Möglichkeit bekommen, die Lehre zu machen, die er jetzt mache. Die Zeiten hätten kollidiert und daher sei er dann doch nicht zur Schule gegangen. Er hätte nicht beides - Schule und Lehre - machen können. In seiner Freizeit mache er manchmal Yoga und meditiere. Er gehe auch laufen. Der Beschwerdeführer interessiere sich für die österreichische Geschichte und für die Kultur. Auch habe er Freunde in Österreich. Befragt zu einer besonderen Bindung zu Österreich, gab der Beschwerdeführer an, dass er hier eine Frau habe, die er liebe und mit der er eine Familie gründen wolle. An der österreichischen Gesellschaftsordnung gefalle ihm, dass Frauen und Männer die gleichen Rechte hätten. Das sei wichtig. Der Beschwerdeführer habe auch viele Frauen als Freunde; Frauen und Männer seien für ihn nicht unterschiedlich.

Im weiteren Verlauf der Verhandlung gab der Beschwerdeführer an, dass er an sich gesund sei, nur einen Husten habe. Er fühle sich jedenfalls körperlich und geistig in der Lage, der Verhandlung zu folgen. Das Original seiner Geburtsurkunde, das sein Bruder vorgelegt habe, befinde sich bei seiner Tante. Auf die Frage, wieso nicht das Original vorgelegt worden sei, gab der Beschwerdeführer an, dass sein Bruder die Geburtsurkunde mitgebracht habe und er mit der Sache nichts zu tun gehabt habe. Er habe sich auch nicht darum kümmern können. Sein Geburtsdatum sei der XXXX .1997. Auf Vorhalt des Ergebnisses des Gutachtens zur Altersfeststellung, demgemäß der Beschwerdeführer fast fünf Jahre älter sei, gab er an, dazu könne er nichts sagen. Seine Mutter habe ihm das Geburtsdatum genannt. Er könne nicht wissen, wann er geboren sei. Sein Vater habe die Geburtsurkunde "gemacht". Auf Vorhalt, dass sich auch aus seinen eigenen Angaben ergebe, dass das Geburtsdatum nicht stimmen könne, wenn er 1997 geboren sei und 1998 - sohin im Alter von ca. einem Jahr - zum Zweck des Schulbesuchs in Conakry bei seinem Onkel geblieben sei, gab der Beschwerdeführer an, dass er drei Jahre - nämlich von 2004 bis 2008 - in der Schule gewesen sei. Auf Vorhalt, dass auch in der Beschwerde, die von ihm unterschrieben worden sei, das Geburtsdatum " XXXX .1992" angeführt ist, brachte er vor, er habe schon in Traiskirchen gesagt, dass er dieses Geburtsdatum nicht akzeptiere, aber er könne nichts machen. Der Beschwerdeführer gehöre der Volksgruppe der Fulla an und sei Moslem. Er sei nicht so wirklich religiös.

Zu seinen Wohnorten und zu seinen Familienangehörigen gab der Beschwerdeführer an, dass nur noch seine Schwester in Guinea lebe. Sie wohne bei der Tante in Conakry. Die Eltern des Beschwerdeführers würden seit 2014 in Sierra Leone leben. Auf Vorhalt, der Bruder des Beschwerdeführers habe am 20.07.2015 bei der Einvernahme vor dem Bundesamt angegeben, die Eltern würden noch in Guinea leben; der Beschwerdeführer habe am selben Tag vor dem Bundesamt vorgebracht, sie wären in Sierra Leone, gab der Beschwerdeführer an, er sei beim Interview seines Bruders dabei gewesen und er habe "das" nicht erwähnt. Vielleicht könne sein Bruder das besser erklären. In Guinea habe der Beschwerdeführer zuletzt in XXXX im Stadtteil XXXX gewohnt. Bis 2008 habe er in Conakry, im Bezirk XXXX , bei seinem Onkel gewohnt. Zunächst habe er mit seinen Eltern im gemeinsamen Haushalt gelebt, aber 1997 oder 1998 habe die Regierung das Haus der Familie zerstört, weil sie damals Botschaften dort errichten wollten. Vor der Ausreise habe er mit seinen Eltern, seinem Bruder, dessen Frau und Tochter und bis 2010 mit seiner Schwester zusammen gelebt. Zu seiner Mutter habe der Beschwerdeführer noch Kontakt; zu seiner Schwester habe er keinen Kontakt. Sein Vater sei vor ca. zwei Monaten an einer Herzkrankheit verstorben. Zu seinem Leben in Guinea gab der Beschwerdeführer an, dass er von 2004 bis 2008 die Schule besucht habe. Von 2008 bis 2011 habe er seinem Vater in dessen Lebensmittelgeschäft geholfen und von 2011 bis 2014 habe er als Kfz-Mechaniker gearbeitet. Die wirtschaftliche Situation sei "super" gewesen; seine Familie habe ein gutes und schönes Leben gehabt.

Zu seinen Reisebewegungen befragt, gab der Beschwerdeführer zunächst an, er habe Guinea im März 2014 verlassen. Der beste Freund seines Vaters namens XXXX habe einen Freund, der ihm bei der Reise geholfen habe. Der Freund seines Vaters habe dem Beschwerdeführer € 2.000,00 für die Reise gegeben. Er sei ein Großhändler gewesen, mit dem der Vater des Beschwerdeführers zusammengearbeitet habe. Der Beschwerdeführer sei von XXXX nach XXXX gefahren und dann über Mali bzw. XXXX mit zwei Zwischenaufenthalten nach Österreich gereist. Einen Reisepass habe er nicht gehabt.

Zu den Fluchtgründen brachte der Beschwerdeführer im Wesentlichen und zusammengefasst vor, er habe verschiedene Probleme gehabt. 2010, 2013 und 2014 auch. 2010 anlässlich der damaligen Präsidentschaftswahlen sei er von Angehörigen der Malinke geschlagen worden. Die Armee und die Polizei sei dann eingeschritten und hätten dem Beschwerdeführer geholfen. Der Freund seines Vaters, XXXX , der auch zur Volksgruppe der Malinke gehöre, habe die Familie danach ein Jahr lang bei sich versteckt. Danach habe sich die Lage beruhigt. Auf die Frage, wieso der Freund des Vaters, der auch Malinke sei, nicht habe helfen können, wenn der Beschwerdeführer als Angehöriger der Fulla angegriffen werde, gab er an, er habe geholfen, indem er die Familie aufgenommen habe und sie auf seine Kosten hätten leben können, da das Geschäft des Vaters zerstört worden sei. Nach diesem einen Jahr hätten die Malinke aufgehört, die Fulla anzugreifen. Sein Vater habe die Arbeit wieder aufgenommen und der Beschwerdeführer habe in der Werkstatt weitergearbeitet. Auf die Frage, wie der Vater die Arbeit habe aufnehmen können, wenn das Geschäft zerstört gewesen sei, antwortete der Beschwerdeführer, dass sein Vater noch etwas Geld gehabt habe und ihm XXXX ausgeholfen habe.

2013 sei ein Fußballspieler ermordet worden. Der Beschwerdeführer habe mit anderen "für die Menschenrechte" und "gegen die Ermordung" demonstriert, wobei es zu Ausschreitungen gekommen sei. Eine Gendarmeriewache sei angegriffen und Waffen seien geplündert worden. Der Beschwerdeführer sei verhaftet worden und es habe geheißen, er und seine Gruppe seien dafür verantwortlich. Er sei verhört und geschlagen worden. Zwei Wochen sei er in Haft gewesen, dann habe sein Vater für ihn gebürgt; er habe Geld bezahlt und der Beschwerdeführer sei entlassen worden. Die Gendarmerie habe gemeint, er sei für die gestohlenen Waffen verantwortlich. Von XXXX .2013 bis zum XXXX .2013 sei er inhaftiert gewesen. Damals seien über 100 Personen festgenommen worden. Auf die Frage, ob der Beschwerdeführer wisse, was mit den andern 100 Personen passiert sei, die festgenommen worden seien, gab er an, da es sich doch um die 200 Leute gehandelt habe, könne er nicht wissen, was mit denen passiert sei. Daran, wie der Fußballspieler heiße, der getötet worden sei, erinnere sich der Beschwerdeführer nicht. Auf die Frage, in welchem Gefängnis er inhaftiert gewesen sei, gab er an, es sei kein offizielles Gefängnis gewesen. Auf Vorhalt, er habe gesagt, sein Vater habe unterschreiben müssen "wenn irgendetwas mit den Waffen passiert, werden Sie als erster beschuldigt" und auf die Frage, was er damit gemeint habe, gab der Beschwerdeführer an, das sei eine List seines Vaters gewesen, um den Beschwerdeführer und seinen Bruder freizubekommen. Sein Vater habe gewusst, dass sie nichts mit den Waffen anstellen würden. Er habe auch nicht gedacht, dass sie die Waffen hätten. Auf die Frage, wer das Schreiben auf AS 241 [Anm.: Wiederholung bzw. Ergänzung der Fluchtgründe des Beschwerdeführers und seines Bruders] verfasst habe, gab er an, das sei Frau XXXX gewesen.

Nach seiner Freilassung habe er wieder gearbeitet. Am XXXX .2014 sei er in der Arbeit gewesen, als ihn XXXX erreicht und informiert habe, dass eine Gruppe von Militärs nach ihm in seinem Elternhaus gesucht habe. Das Haus von XXXX sei nicht weit entfernt und daher habe er davon gewusst. Militär und Angehörige des Opfers hätten nach ihm gesucht. Das Opfer sei ein Militärangehöriger gewesen; der Beschwerdeführer wisse aber sonst nichts über ihn. XXXX habe ihm gesagt, dass sein Leben in Gefahr sei und er weggehen müsse. Um welche Uhrzeit das genau gewesen sei, wisse er nicht. Der Tag sei schon ziemlich fortgeschritten gewesen. Es sei 10:00 oder 11:00 Uhr vormittags gewesen. Wieso ausgerechnet der Beschwerdeführer verdächtigt worden sei, wisse er nicht. Er wisse auch nicht, wer mit der "Gruppe" gemeint sei. Er kenne keine "Gruppe", aber es sei häufig, dass wenn etwas passiere, Fulla beschuldigt würden. Die Werkstatt, in der er gearbeitet habe, sei ca. fünf bis zehn Minuten zu Fuß vom Wohnhaus entfernt gewesen. In der Umgebung sei bekannt gewesen, dass der Beschwerdeführer in dieser Werkstatt arbeite. Auf die Frage, ob man seinen Bruder auch gesucht habe, gab der Beschwerdeführer an, "sie" seien der Meinung gewesen, wenn "sie" den Beschwerdeführer nicht erwischen würden, würden "sie" seinen Bruder stattdessen mitnehmen. Auf Vorhalt, vor dem Bundesamt habe er angegeben, sein Bruder sei nicht mitgenommen worden, weil er viel auf Reisen sei und die Leute nicht gewusst hätten, dass er da sei, brachte der Beschwerdeführer vor, das stimme. Zu dem vorgelegten USB-Stick bzw. auf Vorhalt, dass dieser nichts mit seinem Vorbringen zu tun habe, gab der Beschwerdeführer an, er habe den USB-Stick vorgelegt, da das Video beweise, dass es keine Justiz in Guinea gebe. Im negativen Bescheid werde ausgeführt, dass man sich an die Justiz wenden könne, wenn etwas passiere. Das sei aber nicht der Fall und das sehe man auf dem Video. Auf Vorhalt, man sehe auf dem Video mehrere Menschen, die teilweise mit Stöcken und teilweise mit Steinen aufeinander losgingen; man sehe jedoch nicht, dass Polizei, Militär oder sonstige Vertreter des Staates daran beteiligt seien, gab der Beschwerdeführer an, das, was am Video zu sehen sei, sei in einem Gefängnis in XXXX passiert. Auf Vorhalt, dass man nur Außenaufnahmen sehe, brachte er vor, dass als Quelle "Zivilgefängnis" genannt sei. Auf weiteren Vorhalt, dass man trotzdem nur Aufnahmen von außen, die im Freien gemacht worden seien, sehe und es nach Selbstjustiz aussehe, d.h. danach, dass mehrere Menschen auf wenige Menschen losgingen, gab der Beschwerdeführer an, dass er "das" damit meine. In Guinea würden die Leute oft Selbstjustiz üben. Das Video stamme aus dem Jahr 2016 und sei von der Frau seines Bruders übermittelt worden. Woher sie das Video habe, wisse er nicht. Sie habe es in Kopie bekommen und dem Bruder des Beschwerdeführers weitergeleitet.

In der Folge wurde Frau Mag. XXXX , geb. XXXX , als Zeugin einvernommen. Sie gab im Wesentlichen an, dass sie seit ca. dreieinhalb Jahren mit dem Beschwerdeführer in einer Beziehung lebe. Sie sei hier um den Beschwerdeführer zu unterstützen. Es sei ihr ein großes Anliegen, dass er im Land bleiben dürfe. Er habe schon viel dafür getan, um sich zu integrieren. Er habe seinen Job, seine Schule, die freiwilligen Praktika, die er absolviert habe; dies alles, um zu zeigen, wie wichtig es für ihn sei, hierzubleiben. Sie hätten einander im Juni 2015 in einem Club in Wien kennen gelernt. Zunächst hätten sie sich englisch unterhalten, aber der Beschwerdeführer wolle seine Deutschkenntnisse verbessern, sodass es sein Wunsch sei, dass sie nunmehr Deutsch miteinander sprechen würden. Da der Beschwerdeführer in Salzburg und die Zeugin in Wien wohne, würden sie sich so treffen, wie es sich ausgehe. Manchmal einmal im Monat, manchmal alle zwei Monate. Aber sie würden täglich telefonieren und mehrmals täglich SMSen bzw. hätten über WhatsApp Kontakt. Im besten Fall würde ihre Beziehung so weitergehen, dass sie heiraten und eine Familie gründen. Der Beschwerdeführer kenne auch die Familie der Zeugin und es sei auch sein Umgang mit den Kindern ihrer Schwester gut. Wenn sie einander treffen, würden sie ins Kino gehen oder spazieren. Das letzte Mal hätten sie sich in Wien ein Citybike ausgeborgt und seien in den Prater gefahren. Die Zeugin sei römisch-katholisch, aber keine "strenge Christin". Weder die Zeugin noch der Beschwerdeführer seien so streng religiös, dass es diesbezüglich zu Problemen kommen könne. Der Beschwerdeführer sei auch im Haushalt hilfsbereit und die Zeugin denke nicht, dass er eine Ungleichheit zwischen Frauen und Männern sehe.

Im Rahmen der mündlichen Verhandlung legte der Beschwerdeführer nachstehende Unterlagen vor:

* sieben Empfehlungsschreiben (Beilagenkonvolut ./7);

* Bestätigung des Besuchs des Pflichtschulabschlusses vom XXXX .2018 (Beilage ./8) und

* Empfehlungsschreiben des Geschäftsführers des Arbeitgebers des Beschwerdeführers vom XXXX .2018 (Beilage ./9).

6. Am 08.01.2019 langte beim Bundesverwaltungsgericht eine im Wege der ausgewiesenen Vertretung eingebrachte Stellungnahme zu den Länderberichten ein, der im Wesentlich zu entnehmen ist, dass in Conakry und im Landesinneren regelmäßig Demonstrationen stattfänden, die teilweise heftige ethnische und politische Auseinandersetzungen nach sich ziehen würden. Soziale und wirtschaftliche Menschenrechte seien durch die sehr große Armut der Bevölkerung eingeschränkt. Zusätzlich seien die Haftbedingungen weiterhin lebensbedrohlich und weit unter internationalen Standards. Guinea sei ein multiethnisches Land, in dem es periodisch zu politischen und ethnischen Spannungen mit Verletzten und Toten komme. Die Regierung bevorzuge die Malinke und schließe andere Ethnien, wie etwa die Fulla, aus. Außerdem sei die Armut seit Mitte der 1990er Jahre noch weiter gestiegen. Dabei hätten es guineische Flüchtlinge, die aus dem Ausland zurückkehren würden, noch schwerer, da sie besonderes unter Druck stünden und der Staat nicht ausreichend Arbeitsplätze zur Verfügung stelle. Die Angaben des Beschwerdeführers würden mit den Länderinformationen übereinstimmen. Der Beschwerdeführer sei seit dreieinhalb Jahren mit seiner Lebensgefährtin liiert und hätten sie vor, in naher Zukunft zu heiraten und eine Familie zu gründen. Der Beschwerdeführer spreche gut Deutsch und absolviere gerade eine Lehre als Kfz-Mechaniker. Er nehme am gesellschaftlichen Leben teil und interessiere sich auch für die österreichische Kultur und Geschichte.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

1.1. Zur Person des Beschwerdeführers:

1.1.1. Der bereits im Zeitpunkt der Antragstellung volljährige Beschwerdeführer ist Staatsangehöriger von Guinea, Zugehöriger der Volksgruppe der Fulla und bekennt sich zur sunnitischen Glaubensrichtung des Islam. Er wurde in der guineischen Hauptstadt Conakry geboren und zog zu einem nicht näher feststellbaren Zeitpunkt nach XXXX , wo er bis zu seiner Ausreise in seinem Elternhaus lebte. Ende März 2014 reiste der Beschwerdeführer aus Guinea nach Mali aus und flog schlepperunterstützt über mehrere, ihm angeblich unbekannte Länder nach Österreich, wo er nach unrechtmäßiger Einreise am 30.03.2014 den gegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz stellte.

1.1.2. Nicht als Sachverhalt zugrunde gelegt werden sämtliche Angaben des Beschwerdeführers zur behaupteten Bedrohungssituation in Bezug auf den Herkunftsstaat Guinea. Insbesondere wird nicht festgestellt, dass der Beschwerdeführer einer konkreten Verfolgung bzw. Bedrohung von Seiten der guineischen Behörden und/oder von Familienangehörigen eines Mordopfers ausgesetzt ist, die ihn töten wollen, da der Beschwerdeführer mit seiner "Gruppe" für diese Ermordung verantwortlich gemacht wird, die asylrelevante Intensität erreicht. Ebenso wenig wird festgestellt, dass der Beschwerdeführer im Jahr 2013 fälschlicherweise von der Polizei bzw. von der Gendarmerie beschuldigt worden war, mit seiner "Gruppe" im Zuge einer Demonstration Waffen aus einer Polizeistation gestohlen zu haben und aus diesem Grund festgenommen und zwei Wochen lang inhaftiert wurde. Der Beschwerdeführer hat mit seinem Vorbringen keine Verfolgung im Sinne der Genfer Flüchtlingskonvention glaubhaft gemacht.

Nicht festgestellt wird, dass der Beschwerdeführer im Fall einer Rückkehr nach Guinea aus Gründen seiner Zugehörigkeit zur Volksgruppe der Fulla und/oder aus Gründen seines sunnitisch-moslemischen Glaubens einer asylrelevanten Gefährdung ausgesetzt wäre. Ebenso wenig wird festgestellt, dass der Beschwerdeführer bei einer Rückkehr nach Guinea aus sonstigen, in seiner Person gelegenen Gründen (etwa wegen der Zugehörigkeit zu einer sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Gesinnung) einer asylrelevanten Gefährdung ausgesetzt wäre. Auch eine drohende asylrelevante Verfolgung aus anderen Gründen ist nicht hervorgekommen und zwar weder aufgrund des Vorbringens des Beschwerdeführers noch aus amtswegiger Wahrnehmung.

1.1.3. Der Beschwerdeführer leidet weder an einer schwerwiegenden psychischen noch an einer schwerwiegenden physischen Krankheit. Er ist ledig und kinderlos bzw. ohne Obsorgeverpflichtungen im Herkunftsstaat. Nicht festgestellt werden kann, wo sich die Eltern des Beschwerdeführers aufhalten. In Guinea leben noch die Schwester und eine Tante des Beschwerdeführers in Conakry. Ferner verfügt er in Guinea über weitere soziale Anknüpfungspunkte. Der Beschwerdeführer verfügt über eine gesicherte Existenzgrundlage in Guinea. In Guinea hat er zunächst die Schule besucht und danach seinem Vater in dessen Lebensmittelgeschäft geholfen. Weiters hat er auch als Kfz-Mechaniker gearbeitet. Seine wirtschaftliche Situation in Guinea war gut, wobei hinzukommt, dass die Familie des Beschwerdeführers in XXXX ein großes Haus besitzt, das im Eigentum des Vaters des Beschwerdeführers steht.

Festgestellt wird sohin, dass der Beschwerdeführer über eine mehrjährige Schulbildung sowie über Berufserfahrung verfügt und arbeitsfähig ist sowie, dass er im Fall seiner Rückkehr nach Guinea ein familiäres- bzw. soziales Netz vorfinden und sohin nicht in eine existenzgefährdende Lage geraten würde.

Nicht festgestellt wird, dass eine Zurückweisung, Zurück- oder Abschiebung des Beschwerde-führers nach Guinea eine reale Gefahr einer Verletzung von Art 2 EMRK, Art 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten würde oder für den Beschwerdeführer als Zivilpersonen eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konflikts mit sich bringen würde.

1.1.4. Der Beschwerdeführer führt in Österreich ca. seit Juni 2015 eine partnerschaftliche Beziehung mit einer österreichischen Staatsangehörigen. Eine Lebensgemeinschaft liegt nicht vor; der Beschwerdeführer und seine Partnerin sehen sich ca. einmal pro Monat; manchmal auch nur jedes zweite Monat, da der Beschwerdeführer im Bundesland Salzburg, seine Freundin jedoch in Wien lebt. Allerdings besteht täglicher Kontakt über Telefon, SMS und WhatsApp. Darüber hinaus lebt in Österreich der ältere Bruder des Beschwerdeführers als Asylwerber. Mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom heutigen Tag wurde in dessen Verfahren eine inhaltlich gleichlautende Entscheidung getroffen.

Der Beschwerdeführer hat in Österreich die Pflichtschule abgeschlossen, hat im Jahr 2017 zwei mehrtägige Berufspraktika absolviert und macht seit XXXX .2018 eine Lehre als Kraftfahrzeugtechniker, wobei er monatlich € 555,00 netto verdient. Festgestellt wird allerdings, dass der Beschwerdeführer trotzdem nicht selbsterhaltungsfähig erwerbstätig ist, sondern seit der Antragstellung von Leistungen aus der staatlichen Grundversorgung lebt. Der Beschwerdeführer ist strafrechtlich unbescholten. Er lebt seit Antragstellung am 30.03.2014 auf der Grundlage einer vorläufigen Aufenthaltsberechtigung nach dem Asylgesetz in Österreich. Ein nicht auf das Asylgesetz gestütztes Aufenthaltsrecht ist nicht ersichtlich. Der Beschwerdeführer hat zumindest einen Deutschkurs gemacht und kann sich in Deutsch sehr gut verständigen. Darüber hinaus verfügt er in Österreich über einen Freundes- und Bekanntenkreis und steht auch mit der Familie seiner Partnerin in regelmäßigem Kontakt.

Hinweise auf das Vorliegen der Tatbestandsvoraussetzungen für einen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen kamen nicht hervor. Es konnten keine Umstände festgestellt werden, dass die Abschiebung des Beschwerdeführers nach Guinea gemäß § 46 FPG unzulässig wäre.

1.2. Zur Lage in Guinea:

1.2.1. Politische Lage:

Guinea ist ein Zentralstaat mit verfassungsmäßig starker Stellung des Präsidenten. Die Republik Guinea von heute ist geprägt von einem demokratischen Aufbruch nach dem kurzzeitigen Militärregime unter Moussa Dadis Camara (2008-2010). Zuvor war Guinea trotz politischer Öffnung unter dem autoritären Regime von Präsident Lansana Conté bestimmt. Die ersten freien Präsidentschaftswahlen 2010 endeten in der Stichwahl mit einem sehr knappen Ergebnis. Der teilweise erbittert geführte Wahlkampf von 2010 war Ausgangspunkt für eine Lagerbildung in der guineischen Politik ("Regierungsmehrheit" gegen "Opposition"), die in den folgenden Jahren immer wieder zu teils gewaltsamen Auseinandersetzungen führte und bis zu den Präsidentschaftswahlen 2015 anhielt (AA 12.2016a). In den ersten Präsidentschaftswahlen 2010 gewann Alpha Condé (Rassemblement du Peuple Guinéen RPG) und setzte sich erneut bei den Präsidentschaftswahlen am 11.10.2015 durch, diesmal im ersten Wahlgang (AA 12.2016a; vgl. USDOS 13.4.2016).

Die neue Verfassung trat im Mai 2010 in Kraft. Sie sieht eine fünfjährige Amtszeit des Präsidenten mit einmaliger Wiederwahlmöglichkeit vor. Der direkt vom Volk gewählte Präsident ist gleichzeitig der Chef der Exekutive (AA 12.2016a; vgl. CIA 12.1.2017). Er ernennt den Premierminister und die Minister. Der Präsident bestimmt vor allem die Außen- und Sicherheitspolitik sowie die strategischen wirtschaftlichen Entscheidungen. In ihrem organisatorischen Teil ist die Verfassung dem französischen Modell nachgebildet. Neben dem gewählten Parlament gibt es einen aus Vertretern der Spitzenverbände und gesellschaftlichen Gruppen zusammengesetzten Wirtschafts- und Sozialrat als Beratungsgremium sowie weitere Institutionen wie das Verfassungsgericht, den Nationalen Medienrat (Conseil Nationale de Communication), den Obersten Gerichtshof und den Rechnungshof (AA 12.2016a).

Wahlen auf Ebene der Gemeinden (Bürgermeister und Gemeinderäte) haben seit Inkrafttreten der neuen Verfassung nicht stattgefunden. Die Durchführung von Kommunalwahlen noch vor den Präsidentschaftswahlen im Oktober 2015 war - im Zusammenhang mit der Erstellung des Wählerverzeichnisses und der Besetzung der Wahlbüros - eine zentrale Forderung der Opposition, der jedoch nicht nachgekommen wurde. Kommunalwahlen waren für das erste Halbjahr 2016 vorgesehen, sind aber zwischenzeitlich auf Februar 2017 terminiert (AA 12.2016a).

Die Parlamentswahlen wurden bis September 2013 mehrfach verschoben (BS 2016). Die Regierungspartei Rally of the Guinean People (Rassemblement du Peuple Guinéen, RPG) von Alpha Condé erzielte dabei 53 von 114 Sitzen. Durch die "Rainbow Alliance" Koalition mit sieben kleineren Parteien, die jeweils einen Sitz haben, kam die Regierungspartei auf eine Mehrheit im Parlament. Die von Cellou Dalein Diallo geführte Oppositionspartei UFDG hält nunmehr 37 Sitze, andere Parteien halten 17 Sitze (BS 2016).

Quellen:

* AA - Auswärtiges Amt (12.2016a): Innenpolitik - Guinea, http://www.auswaertiges-amt.de/DE/Aussenpolitik/Laender/Laenderinfos/Guinea/Innenpolitik_node.html, Zugriff 21.2.2017;

* BS - Bertelsmann Stiftung (2016): Guinea Country Report, http://www.bti-project.org/fileadmin/files/BTI/Downloads/Reports/2016/pdf/BTI_2016_Guinea.pdf, Zugriff 21.2.2017;

* CIA - Central Intelligence Agency (12.1.2017): The World Factbook - Guinea,

https://www.cia.gov/library/publications/the-world-factbook/geos/gv.html, Zugriff 16.2.2017 und

* USDOS - U.S. Department of State (13.4.2016): Country Report on Human Rights Practices 2015 - Guinea, http://www.ecoi.net/local_link/322487/461964_de.html, Zugriff 16.2.2017

1.2.2. Sicherheitslage:

In Guinea bestehen politische Spannungen, die sich auch zu Sicherheitsrisiken aufbauen können. In Conakry sowie im Inneren des Landes kommt es regelmäßig zu Demonstrationen, die zum Teil zu heftigen Auseinandersetzungen zwischen ethnischen und politischen Gruppen und den Sicherheitskräften führen (EDA 16.2.2017; vgl. BMEIA 24.2.2017). Die Kriminalitätsrate hat sowohl in Conakry, als auch im Landesinneren stark zugenommen. Bewaffnete Raubüberfälle und Diebstähle sind häufig (BMEIA 24.2.2017; vgl. FD 21.2.2017). Aufgrund der für den Großteil der Bevölkerung sehr schwierigen wirtschaftlichen Lage gibt es in Conakry, aber auch im Landesinneren, immer wieder Akte des Vandalismus und Straßenblockaden. Auch bandenmäßige Gewaltkriminalität ist zunehmend verbreitet; nachts werden häufig Überfälle auf Passanten, Wohnhäuser und Geschäfte verübt. Die Anzahl gemeldeter Raubmorde, teilweise durch bewaffnete Täter in Uniformen, hat zugenommen. Die Sicherheitskräfte versuchen diese schwere Kriminalität ihrerseits mit Einsatz von Feuerwaffen einzudämmen, wodurch die Gefahr steigt, von verirrten Kugeln getroffen zu werden (AA 24.1.2017). Die südlichen Grenzgebiete zu Liberia, Sierra Leone und Côte d'Ivoire sind aufgrund ethnischer Spannungen gefährlich (BMEIA 24.2.2017).

Quellen:

* AA - Auswärtiges Amt (24.2.2017): Guinea: Reise- und Sicherheitshinweise,

http://www.auswaertiges-amt.de/DE/Laenderinformationen/00-SiHi/Nodes/GuineaSicherheit_node.html, Zugriff 24.2.2017;

* BMEIA - Europa, Integration und Äußeres (24.2.2017): Guinea, http://www.bmeia.gv.at/reise-aufenthalt/reiseinformation/land/guinea/, Zugriff 24.2.2017;

* EDA - Eidgenössisches Departement für auswärtige Angelegenheiten (16.2.2017): Reisehinweise für Guinea, https://www.eda.admin.ch/content/eda/de/home/laender-reise-information/guinea/reisehinweise-guinea.html, Zugriff 16.2.2017;

* FD - France Diplomatie (21.2.2017): Conseils aux voyageurs - Guinée - Sécurité,

http://www.diplomatie.gouv.fr/fr/conseils-aux-voyageurs/conseils-par-pays/guinee/, Zugriff 21.2.2017 und

* USDOS - U.S. Department of State (5.7.2016): Investment Climate Statements for 2016 - Guinea,

http://www.ecoi.net/local_link/332417/473842_de.html, Zugriff 15.2.2017

1.2.3. Rechtsschutz / Justizwesen:

Obwohl die Verfassung und die Gesetze die Unabhängigkeit der Justiz vorsehen, fehlt es dem Justizsystem an Unabhängigkeit und es ist unterfinanziert, ineffizient und offen korrupt. Das Justizsystem ist gekennzeichnet von zahlreichen Problemen wie z.B. geringes Budget, das Fehlen von qualifizierten Anwälten und Untersuchungsrichtern sowie einem veralteten und restriktiven Strafgesetzbuch (USDOS 13.4.2016). Die Autonomie der guineischen Justiz ist stark beeinträchtigt. Sie bietet praktisch keinen Rechtschutz für normale Bürger (BS 2016). Aufgrund des korruptionsanfälligen formalen Justizsystems vertrauen viele Bürger auf das traditionelle Rechtssystem (USDOS 13.4.2016; vgl. BS 2016). Fälle, die dort nicht zur Zufriedenheit der Beteiligten gelöst werden können, werden an das formale Justizsystem übergeben. Die Stimme der Frau hat im traditionellen Rechtssystem weniger Gewicht als jene des Mannes. Das Gesetz sieht die Unschuldsvermutung, die Unabhängigkeit der Richter, die Gleichheit aller Bürger vor dem Gesetz, das Recht auf einen Verteidiger und das Recht der Berufung vor; jedoch werden diese Rechte in der Praxis nicht konsistent geachtet (USDOS 13.4.2016).

Trotz der bestehenden Probleme, hat das Justizministerium begonnen, das Justizwesen wesentlich zu reorganisieren, um die Rechtsprechung zu verbessern (HRW 12.1.2017).

Quellen:

* BS - Bertelsmann Stiftung (2016): Guinea Country Report, http://www.bti-project.org/fileadmin/files/BTI/Downloads/Reports/2016/pdf/BTI_2016_Guinea.pdf, Zugriff 16.2.2017;

* HRW - Human Rights Watch (12.1.2017): World Report 2017 - Guinea, http://www.ecoi.net/local_link/334709/476538_de.html, Zugriff 14.2.2017 und

* USDOS - U.S. Department of State (13.4.2016): Country Report on Human Rights Practices 2015 - Guinea, http://www.ecoi.net/local_link/322487/461964_de.html, Zugriff 16.2.2017

1.2.4. Sicherheitsbehörden:

Die dem Verteidigungsministerium unterstellte Gendarmerie und die nationale Polizei unter dem Ministerium für Sicherheit teilen sich die nur unzulänglich definierte Verantwortung für die innere Sicherheit. Die Armee ist für die Sicherheit nach außen verantwortlich, spielt jedoch auch im Bereich der inneren Sicherheit eine Rolle. Per Gesetz sind das Militär, die Gendarmerie und die Polizei dazu befugt, Verhaftungen durchzuführen. Gesetzlich ist allerdings nur die Gendarmerie dazu ermächtigt, Verhaftungen von Angehörigen des Militärs und der Polizeikräfte durchzuführen. Es gibt auch spezielle Polizei- und Gendarmerie- Einheiten, wie das Anti-Verbrechen Büro und das Generalsekretariat des Vorsitzes, verantwortlich für besondere Einsätze im Kampf gegen Drogen und organisierte Kriminalität (USDOS 13.4.2016).

Die Polizei bleibt weiterhin unterbezahlt, inadäquat ausgerüstet und ineffizient. Es gibt mehrere Berichte über Sicherheitsdienstbehörden, die ihre Befehle ignorieren und auf übermäßige Gewalt zurückgreifen (USDOS 13.4.2016). Es gibt außerdem zahlreiche Vorwürfe über unprofessionelles Verhalten, Diebstahl und Erpressung (HRW 12.1.2017). Sicherheitskräfte folgen nur selten dem Strafgesetzbuch und verwaltungskonforme Kontrollen über die Polizei sind ineffektiv (USDOS 13.4.2016). Disziplin innerhalb der und zivile Kontrolle über die Sicherheitskräfte scheinen sich zu verbessern (HRW 12.1.2017). Mitglieder der Sicherheitskräfte sind jedoch in mehreren Vorfällen von exzessiver Gewaltanwendung (BS 2016) oder Misshandlung von Häftlingen verwickelt, als Reaktion auf Proteste und Kriminalität (HRW 12.1.2017).

Quellen:

* BS - Bertelsmann Stiftung (2016): Guinea Country Report, http://www.bti-project.org/fileadmin/files/BTI/Downloads/Reports/2

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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