TE Bvwg Erkenntnis 2019/4/4 G311 2201998-2

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 04.04.2019
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Entscheidungsdatum

04.04.2019

Norm

AsylG 2005 §7 Abs1
B-VG Art.133 Abs4
VwGVG §33

Spruch

G311 2201998-2/8E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

1.) Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin Dr. Eva WENDLER als Einzelrichterin über den Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand vom 07.02.2019 des XXXX, geboren am XXXX, Staatsangehörigkeit: Kosovo, wegen Versäumung der Rechtsmittelfrist gegen den Bescheid des Bundesasylamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 07.11.2018, Zahl: XXXX, betreffend Aberkennung des Status des Asylberechtigten, Rückkehrentscheidung und Einreiseverbot:

A) Der Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wird als

unbegründet abgewiesen.

B) Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

BESCHLUSS

2.) Das Bundesverwaltungsgericht beschließt durch die Richterin Dr. Eva WENDLER als Einzelrichterin über die Beschwerde des XXXX, geboren am XXXX, Staatsangehörigkeit: Kosovo, gegen den Bescheid des Bundesasylamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 07.11.2018, Zahl:

XXXX, betreffend Aberkennung des Status des Asylberechtigten, Rückkehrentscheidung und Einreiseverbot:

A) Die Beschwerde wird als verspätet zurückgewiesen.

B) Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang und Sachverhalt:

Mit dem oben im Spruch angeführten Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (im Folgenden: BFA) wurde dem sich im Stande der Strafhaft befindenden Beschwerdeführer der ihm mit Bescheid des Bundesasylamtes vom 09.12.2003, Zahl: 03 34.413-BAT, zuerkannte Status des Asylberechtigten gemäß § 7 Abs. 1 Z 1 AsylG 2005 aberkannt und gemäß § 7 Abs. 4 AsylG festgestellt, dass dem Beschwerdeführer die Flüchtlingseigenschaft kraft Gesetzes nicht mehr zukommt (Spruchpunkt I.), gemäß § 8 Abs. 1 Z 2 AsylG wurde ihm der Status des subsidiär Schutzberechtigten nicht zuerkannt (Spruchpunkt II.), dem Beschwerdeführer ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG nicht erteilt und gegen den Beschwerdeführer gemäß § 10 Abs. 1 Z 4 AsylG iVm § 9 BFA-VG eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 3 FPG erlassen sowie weiters gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass seine Abschiebung gemäß § 46 FPG in den Kosovo zulässig ist (Spruchpunkt III.). Darüber hinaus wurde gegen den Beschwerdeführer gemäß § 53 Abs. 1 iVm Abs. 3 Z 5 FPG ein unbefristetes Einreiseverbot erlassen (Spruchpunkt IV.) und gemäß § 55 Abs. 1a FPG eine Frist für die freiwillige Ausreise "nicht gewährt" (Spruchpunkt V.).

Die Rechtsmittelbelehrung dieses Bescheides wurde auch in der Muttersprache des Beschwerdeführers - Albanisch - erteilt und lautet auszugsweise:

"Sie haben das Recht, gegen diesen Bescheid Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht zu erheben.

Die Beschwerde ist innerhalb von 4 Wochen nach Zustellung dieses Bescheides schriftlich bei uns einzubringen.

Sie hat den Bescheid, gegen den sie sich richtet, und die Behörde, die den Bescheid erlassen hat, zu bezeichnen. Weiters hat die Beschwerde die Gründe, auf die sich die Behauptung der Rechtswidrigkeit stützt, das Begehren und die Angaben, die erforderlich sind, um zu beurteilen, ob die Beschwerde rechtzeitig eingebracht ist, zu enthalten.

Die Beschwerde kann in jeder technisch möglichen Form übermittelt werden, mit E-Mail jedoch nur insoweit, als für den elektronischen Verkehr nicht besondere Übermittlungsformen vorgesehen sind. Technische Voraussetzungen oder organisatorische Beschränkungen des elektronischen Verkehrs sind auf folgender Internetseite bekanntgemacht: http://ww.bfa.gv.at

Bitte beachten Sie, dass der Absender/die Absenderin die mit jeder Übermittlungsart verbundenen Risiken (zB Übertragungsverlust, Verlust des Schriftstückes) trägt.

Eine rechtzeitig eingebrachte und zulässige Beschwerde hat aufschiebende Wirkung, das heißt, der Bescheid kann bis zur abschließenden Entscheidung nicht vollstreckt werden.

[...]"

Der Bescheid des BFA wurde vom Beschwerdeführer laut RSb-Rückschein im Akt am 12.11.2018 persönlich übernommen (vgl AS 686 Verwaltungsakt).

Die gesetzliche Rechtsmittelfrist von vier Wochen endete daher am Montag, 10.12.2018.

Gegen diesen Bescheid richtete der Beschwerdeführer die gegenständliche, mit 11.12.2018 datierte Beschwerde, welche am 11.12.2018 um 15:30 Uhr im Rechtsmittelbuch der Justizanstalt XXXX eingetragen, laut Poststempeln am Kuvert am 14.12.2018 abgesendet und langet am 17.12.2018 beim BFA ein.

Die gegenständliche Beschwerde und die Bezug habenden Verwaltungsakten wurden dem Bundesverwaltungsgericht vom BFA vorgelegt und langten am 19.12.2018 dort ein.

Mit Schreiben des Bundesverwaltungsgerichtes vom 23.01.2019 wurde dem Beschwerdeführer die Verspätung der Beschwerde vorgehalten und ihm dazu Gelegenheit gegeben, binnen zwei Wochen ab Zustellung des Verspätungsvorhaltes eine schriftliche Stellungnahme abzugeben.

Der Verspätungsvorhalt wurde dem Beschwerdeführer in der Justizanstalt XXXX am 28.01.2019 nachweislich persönlich übergeben. Die Frist zur Stellungnahme endete am 11.02.2019.

Mit dem am 14.02.2019 beim Bundesverwaltungsgericht einlangenden und mit 07.02.2019 datierten Schreiben nahm der Beschwerdeführer vorweg zur Verspätung seiner Beschwerde Stellung und stellte diese außer Streit. Begründend führte der Beschwerdeführer im Wesentlichen die Stresssituation während der Haft und durch seine Berufstätigkeit an und, dass er sich deswegen "um einen Tag bei der Einreichung der Beschwerde verkalkuliert" habe. Er ersuche diesen Umstand zu berücksichtigen und die Beschwerde als rechtzeitig anzusehen. In eventu beantrage er die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand (ohne weitere Begründung) und legte unter einem erneut seine Beschwerde vor.

Das Bundesverwaltungsgericht ersuchte sodann per E-Mail vom 18.02.2019 bei der Justizanstalt um Übermittlung eines Auszuges aus dem Rechtsmittelbuch. Der Auszug wurde per E-Mail vom 19.02.2019 übermittelt.

Das mit 07.02.2019 datierte Schreiben des Beschwerdeführers zum Verspätungsvorhalt samt Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wurde am 06.02.2019 um 17:10 Uhr in das Rechtsmittelbuch der Justizanstalt eingetragen. Die Stellungnahme und der Wiedereinsetzungsantrag langten daher fristgerecht beim Bundesverwaltungsgericht ein.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Beweiswürdigung:

Der oben angeführte Verfahrensgang und dargestellte Sachverhalt ergeben sich aus dem unzweifelhaften und unbestrittenen Akteninhalt der vorgelegten Verwaltungsakten des BFA und des vorliegenden Gerichtsaktes des BVwG.

2. Rechtliche Beurteilung:

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das VwGVG, BGBl. I 2013/33 idgF, geregelt (§ 1 leg. cit.).

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung - BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes - AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 - DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist.

Gemäß § 31 Abs. 1 VwGVG haben Entscheidungen und Anordnungen, soweit nicht ein Erkenntnis zu fällen ist, durch Beschluss zu erfolgen.

Zu Spruchteil 1.A): Zur Abweisung des Antrages auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand:

Der mit "Wiedereinsetzung in den vorigen Stand" betitelte § 33 VwGVG lautet:

"§ 33. (1) Wenn eine Partei glaubhaft macht, dass sie durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis - so dadurch, dass sie von einer Zustellung ohne ihr Verschulden keine Kenntnis erlangt hat - eine Frist oder eine mündliche Verhandlung versäumt und dadurch einen Rechtsnachteil erleidet, so ist dieser Partei auf Antrag die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu bewilligen. Dass der Partei ein Verschulden an der Versäumung zur Last liegt, hindert die Bewilligung der Wiedereinsetzung nicht, wenn es sich nur um einen minderen Grad des Versehens handelt.

(2) Die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung der Frist zur Stellung eines Vorlageantrags ist auch dann zu bewilligen, wenn die Frist versäumt wurde, weil die anzufechtende Beschwerdevorentscheidung fälschlich ein Rechtsmittel eingeräumt und die Partei das Rechtsmittel ergriffen hat oder die Beschwerdevorentscheidung keine Belehrung zur Stellung eines Vorlageantrags, keine Frist zur Stellung eines Vorlageantrags oder die Angabe enthält, dass kein Rechtsmittel zulässig sei.

(3) Der Antrag auf Wiedereinsetzung ist in den Fällen des Abs. 1 bis zur Vorlage der Beschwerde bei der Behörde, ab Vorlage der Beschwerde beim Verwaltungsgericht binnen zwei Wochen nach dem Wegfall des Hindernisses zu stellen. In den Fällen des Abs. 2 ist der Antrag binnen zwei Wochen

1. nach Zustellung eines Bescheides oder einer gerichtlichen Entscheidung, der bzw. die das Rechtsmittel als unzulässig zurückgewiesen hat, bzw.

2. nach dem Zeitpunkt, in dem die Partei von der Zulässigkeit der Stellung eines Antrags auf Vorlage Kenntnis erlangt hat,

bei der Behörde zu stellen. Die versäumte Handlung ist gleichzeitig nachzuholen.

(4) Bis zur Vorlage der Beschwerde hat über den Antrag die Behörde mit Bescheid zu entscheiden. § 15 Abs. 3 ist sinngemäß anzuwenden. Ab Vorlage der Beschwerde hat über den Antrag das Verwaltungsgericht mit Beschluss zu entscheiden. Die Behörde oder das Verwaltungsgericht kann dem Antrag auf Wiedereinsetzung die aufschiebende Wirkung zuerkennen.

(4a) Die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung der Frist zur Stellung eines Antrags auf Ausfertigung einer Entscheidung gemäß § 29 Abs. 4 ist auch dann zu bewilligen, wenn die Frist versäumt wurde, weil auf das Erfordernis eines solchen Antrags als Voraussetzung für die Erhebung einer Revision beim Verwaltungsgerichtshof und einer Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof nicht hingewiesen wurde oder dabei die zur Verfügung stehende Frist nicht angeführt war. Der Antrag ist binnen zwei Wochen

1. nach Zustellung einer Entscheidung, die einen Antrag auf Ausfertigung der Entscheidung gemäß § 29 Abs. 4, eine Revision beim Verwaltungsgerichtshof oder eine Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof als unzulässig zurückgewiesen hat, bzw.

2. nach dem Zeitpunkt, in dem die Partei von der Zulässigkeit eines Antrags auf Ausfertigung der Entscheidung gemäß § 29 Abs. 4 Kenntnis erlangt hat,

beim Verwaltungsgericht zu stellen. Die versäumte Handlung ist gleichzeitig nachzuholen. Über den Antrag entscheidet das Verwaltungsgericht.

(5) Durch die Bewilligung der Wiedereinsetzung tritt das Verfahren in die Lage zurück, in der es sich vor dem Eintritt der Versäumung befunden hat.

(6) Gegen die Versäumung der Frist zur Stellung des Wiedereinsetzungsantrags findet keine Wiedereinsetzung statt."

Gemäß § 17 VwGVG ist die subsidiäre Anwendung der §§ 71 und 72 AVG im verwaltungsgerichtlichen Verfahren ausgeschlossen. Gleichwohl sind die in der Rechtsprechung zu § 71 AVG entwickelten Grundsätze auf § 33 VwGVG übertragbar (vgl Fuchs in Fister/Fuchs/Sachs, VwGVG § 33 Anm 1 mit Verweis auf VwGH vom 13.09.2017, Ra 2017/12/0086).

Gemäß § 33 VwGVG ist der Antrag auf Wiedereinsetzung in den Fällen des Abs. 1 (Vorliegen eines unabwendbaren oder unvorhersehbaren Ereignisses) ab Vorlage der Beschwerde beim Verwaltungsgericht binnen zwei Wochen nach Wegfall dieses Hindernisses zu stellen. Die versäumte Handlung ist gleichzeitig nachzuholen.

Unabhängig vom Grundsatz der amtswegigen Ermittlung der materiellen Wahrheit hat der Wiedereinsetzungsantrag genaue Aussagen darüber zu enthalten, aus welchem Grund die Partei den Wiedereinsetzungsantrag als rechtzeitig ansieht (vgl. VwGH vom 18.05.1994, 94/03/0096; vom 10.11.1999, 99/04/0158; vom 27.01.2005, 2004/11/0212; Hengstschläger/Leeb, AVG § 71 Rz 111 (Stand 01.04.2009, rdb.at) mwN).

Mängel bezüglich Angaben über die Rechtzeitigkeit sind - obwohl inhaltlicher Natur - einer Verbesserung nach § 13 Abs. 3 AVG zugänglich. Eine am Zweck des § 13 Abs. 3 AVG orientierte Auslegung verlangt allerdings, dass Rechtzeitigkeitsangaben insbesondere dort, wo das Gesetz (wie im Fall von § 71 Abs. 2 AVG) solche Angaben nicht ausdrücklich vorschreibt, nur insoweit als Zulässigkeitserfordernis gelten können, als die Behörde auf die Mitwirkung der Partei tatsächlich angewiesen ist, um die Rechtzeitigkeit der Eingabe ohne unverhältnismäßigen Verfahrensaufwand beurteilen zu können. Ein Verbesserungsfall liegt daher etwa dann nicht vor, wenn die Frage der Rechtzeitigkeit schon auf Grund eigener Akten oder sonstigem Amtswissen der Behörde in Verbindung mit dem Inhalt des Schriftsatzes beurteilt werden kann, sodass ein Verbesserungsauftrag nur eine unnötige Verzögerung des Verfahrens bedeuten würde (vgl. Hengstschläger/Leeb, AVG § 71 Rz 113 (Stand 01.04.2009, rdb.at) mwN).

Gemäß § 71 Abs. 2 AVG muss der Antrag auf Wiedereinsetzung binnen zwei Wochen nach dem Wegfall des Hindernisses gestellt werden. Besteht dieses Hindernis in einem Rechtsirrtum, so hört dasselbe auf, sobald die Verfahrenspartei diesen Rechtsirrtum als solchen erkennen konnte und musste (vgl. VwGH 14.11.2012, 2012/08/0179). Ein lag im Gegenstand Rechtsirrtum hinsichtlich der Frage der rechtzeitigen Einbringung der Beschwerde vor. Davon hat der Beschwerdeführer zumindest mit Zustellung des Verspätungsvorhaltes des Bundesverwaltungsgerichtes an den Beschwerdeführer am 28.01.2019 von einem "Wegfall des Hindernisses" iSd § 33 Abs. 3 VwGVG auszugehen ist. Der Beschwerdeführer hat den gegenständlichen Wiedereinsetzungsantrag am 06.02.2019 im Rechtsmittelbuch der Justizanstalt eintragen lassen. Die zweiwöchige Frist endete am 11.02.2019, sodass auch ohne Verbesserungsauftrag davon ausgegangen werden kann, dass der Antrag auf Wiedereinsetzung fristwahrend gestellt wurde.

Nach ständiger Rechtsprechung des VwGH ist als Ereignis im Sinne des § 71 Abs. 1 Z 1 AVG jedes Geschehen ohne jede Beschränkung auf Vorgänge in der Außenwelt anzusehen (VwGH 26.06.1985, Zl. 83/03/0134).

Ein Ereignis ist dann "unabwendbar", wenn der Eintritt dieses Ereignisses objektiv von einem Durchschnittsmenschen nicht verhindert werden konnte. Ein Ereignis ist als "unvorhergesehen" zu werten, wenn die Partei es tatsächlich nicht mit einberechnet hat und dessen Eintritt auch unter Bedachtnahme auf die zumutbare Aufmerksamkeit und Vorsicht nicht erwarten werden konnte. Anders als das Tatbestandsmerkmal des "unabwendbaren" erfasst jenes des "unvorhergesehenen" Ereignisses die subjektiven Verhältnisse der Partei, sodass nicht der objektive Durchschnittsablauf, sondern der konkrete Ablauf der Ereignisse maßgebend ist (VwGH 17.02.1994, Zl. 93/16/0020). Das im Begriff der "Unvorhergesehenheit" gelegene Zumutbarkeitsmoment (VwGH 25.03.1976, Zl. 0265/75, VwSlg. 9024 A/1976) ist dahingehend zu verstehen, dass die erforderliche zumutbare Aufmerksamkeit dann noch gewahrt ist, wenn der Partei (ihrem Vertreter) in Ansehung der Wahrung der Frist nur ein "minderer Grad des Versehens" unterläuft (VwGH 26.06.1985, Zl. 83/03/0134; VfGH 27.02.1985, Zl. G 53/83-13 u.a.). Ein solcher "minderer Grad" des Versehens (im Sinne des § 1332 ABGB) liegt nur dann vor, wenn es sich um leichte Fahrlässigkeit handelt, also dann, wenn ein Fehler begangen wird, den gelegentlich auch ein sorgfältiger Mensch macht (VwGH 22.11.1996, Zl. 95/17/0112; 23.05.2001, Zl. 99/06/0039; 01.06.2006, Zl. 2005/07/0044). Der Wiedereinsetzungswerber darf also nicht auffallend sorglos gehandelt haben, somit die im Verkehr mit Behörden und für die Einhaltung von Terminen und Fristen erforderliche und ihm nach seinen persönlichen Fähigkeiten zumutbare Sorgfalt nicht in besonders nachlässiger Weise außer Acht gelassen haben (VwGH 08.10.1990, Zl. 90/15/0134; 14.07.1993, Zl. 93/03/0136; 24.05.2005, Zl. 2004/01/0558).

Aufgrund des festgestellten Sachverhalts ergibt sich, dass der gegenständliche Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand abzuweisen ist:

Der Beschwerdeführer begründete sowohl die (unstrittige) Verspätung seiner Beschwerde als auch den Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand im Wesentlichen mit der psychischen und physischen Stresssituation während der Haft und durch seine Berufstätigkeit, sowie der Angst, in den Kosovo zurückkehren zu müssen. Er habe sich deswegen "um einen Tag bei der Einreichung der Beschwerde verkalkuliert" und handle es sich dabei um einen minderen Grad des Versehens.

Berufliche Überlastungen reichen nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht hin, um die Bewilligung eines Antrages auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu rechtfertigen (vgl VwGH vom 17.02.1993, 93/01/0047; vom 27.02.1998, 97/19/0417; vom 28.06.2001, 2001/11/0175). Ganz allgemein liegt bei der Versäumung einer Frist oder mündlichen Verhandlung, die von der Partei damit begründet wird, dass sie unter erhöhtem Stress - hervorgerufen zB durch Studium, Wohnungssuche, Arbeitssuche, familiäre Probleme etc - litt, kein bloß minderer Grad des Versehens iSd § 71 Abs. 1 Z 1 AVG vor (vgl VwGH vom 25.09.1991, 91/16/0046; vom 25.01.1995, 94/12/0354; Hengstschläger/Leeb, AVG § 71 Rz 82 (Stand 01.04.2009, rdb.at) mwN).

Die Tatsache, dass sich die Partei in Haft befindet, ist nach der Rechtsprechung des VwGH für sich allein genommen noch kein Hinderungsgrund, der bei Versäumung einer verfahrensrechtlichen Frist die Bewilligung einer Wiedereinsetzung in den vorigen Stand rechtfertigte. Macht die Partei geltend, dass sie die (Rechtsmittel-)Frist deshalb nicht einhalten konnte, weil über sie eine Untersuchungs-, Straf- oder Schubhaft verhängt wurde, bringt sie keine taugliche Begründung für einen Wiedereinsetzungsantrag vor, weil durch einen Aufenthalt in einer Haftanstalt die Dispositionsfähigkeit nicht so weit verloren geht, dass die Partei allein deswegen außer Stande wäre, die Frist zur Erhebung eines Rechtsmittels zu wahren (vgl VwGH vom 19.11.2003, 2003/21/0090; vom 07.09.2004, 2001/18/0037; vom 31.08.2006, 2004/21/0139). Die verspätete Einbringung eines Rechtsmittels oder Erledigung eines Verbesserungsauftrags ist nicht schon deshalb unverschuldet oder lediglich auf einen minderen Grad des Versehens zurückzuführen, weil sich die Partei in Haft befindet. Dies gilt auch für Häftlinge, die (noch) unvertreten und/oder der deutschen Sprache nicht mächtig sind (vgl VwGH vom 13.12.2001, 99/21/0110; vom 19.11.2003, 2003/21/0090; vom 31.08.2006, 2004/21/0139) oder nicht über ausreichende Rechtskenntnisse verfügen (vgl VwGH vom 23.06.1998, 97/21/0770), dh auch das Zusammentreffen von Haft und mangelnder Sprach- oder Rechtskenntnis (Rechtsirrtum) ist per se noch kein Grund für eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand (vgl VwGH vom 13.12.2001, 99/21/0110; vom 28.01.2003, 2002/18/0291; vom 31.08.2006, 2004/21/0139; Hengstschläger/Leeb, AVG § 71 Rz 83 (Stand 01.04.2009, rdb.at) mwN).

Insgesamt liegen daher im gegenständlichen Fall keine tauglichen Gründe für eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand vor. Der Antrag war daher als unbegründet abzuweisen.

Zum Entfall der mündlichen Verhandlung:

Gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG kann eine mündliche Verhandlung unterbleiben, wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint oder sich aus den bisherigen Ermittlungen zweifelsfrei ergibt, dass das Vorbringen nicht den Tatsachen entspricht. Im Übrigen gilt § 24 VwGVG.

Der Beschwerdeführer hat die Durchführung einer mündlichen Verhandlung nicht beantragt. Sein Vorbringen wurde der gegenständlichen Entscheidung zugrunde gelegt. Der Sachverhalt ist im Gegenstand aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt, weshalb gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG eine mündliche Verhandlung unterbleiben konnte.

Zu Spruchteil 2.A.): Zur Zurückweisung der Beschwerde als verspätet:

§ 61 AVG lautet:

"§ 61. (1) Die Rechtsmittelbelehrung hat anzugeben, ob gegen den Bescheid ein Rechtsmittel erhoben werden kann, bejahendenfalls welchen Inhalt und welche Form dieses Rechtsmittel haben muss und bei welcher Behörde und innerhalb welcher Frist es einzubringen ist.

(2) Enthält ein Bescheid keine Rechtsmittelbelehrung oder fälschlich die Erklärung, dass kein Rechtsmittel zulässig sei oder ist keine oder eine kürzere als die gesetzliche Rechtsmittelfrist angegeben, so gilt das Rechtsmittel als rechtzeitig eingebracht, wenn es innerhalb der gesetzlichen Frist eingebracht wurde.

(3) Ist in dem Bescheid eine längere als die gesetzliche Frist angegeben, so gilt das innerhalb der angegebenen Frist eingebrachte Rechtsmittel als rechtzeitig.

(4) Enthält der Bescheid keine oder eine unrichtige Angabe über die Behörde, bei der das Rechtsmittel einzubringen ist, so ist das Rechtsmittel auch dann richtig eingebracht, wenn es der Behörde, die den Bescheid erlassen hat, oder bei der angegebenen Behörde eingebracht wurde.

(5) (Anm.: aufgehoben durch BGBl. I Nr. 158/1998)"

Gemäß § 7 Abs. 4 VwGVG beträgt die Frist zur Erhebung einer Beschwerde gegen den Bescheid einer Behörde gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG, gegen Weisungen gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 4 B-VG oder wegen Rechtswidrigkeit des Verhaltens einer Behörde in Vollziehung der Gesetze gemäß Art. 130 Abs. 2 Z 1 B-VG vier Wochen. Die Frist zur Erhebung einer Beschwerde gegen die Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 2 B-VG beträgt sechs Wochen. Sie beginnt in den Fällen des Art. 132 Abs. 1 Z 1 B-VG dann, wenn der Bescheid dem Beschwerdeführer zugestellt wurde, mit dem Tag der Zustellung, wenn der Bescheid dem Beschwerdeführer nur mündlich verkündet wurde, mit dem Tag der Verkündung (Z 1).

Gemäß § 3 Abs. 2 BFA-VG obliegt dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl

1. die Zuerkennung und die Aberkennung des Status des Asylberechtigten und des subsidiär Schutzberechtigten an Fremde in Österreich gemäß dem AsylG 2005,

2. die Gewährung von Aufenthaltstiteln aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß dem AsylG 2005,

3. die Anordnung der Abschiebung, die Feststellung der Duldung und die Vollstreckung von Rückführungsentscheidungen von EWR-Staaten gemäß dem 7. Hauptstück des FPG,

4. die Erlassung von aufenthaltsbeendenden Maßnahmen gemäß dem 8. Hauptstück des FPG,

5. die Ausstellung von österreichischen Dokumenten für Fremde gemäß dem 11. Hauptstück des FPG,

6. die Vorschreibung von Kosten gemäß § 53 und

7. die Führung von Verfahren nach dem Grundversorgungsgesetz - Bund 2005 (GVG-B 2005), BGBl. Nr. 405/1991, mit Ausnahme von Verwaltungsstrafverfahren.

§ 16 Abs. 1 BFA-VG in der zum Zeitpunkt der Bescheiderlassung sowie zum Entscheidungszeitpunkt geltenden Fassung BGBl. I Nr. 56/2018 lautet:

"§ 16. (1) Die Frist zur Erhebung einer Beschwerde gegen einen Bescheid des Bundesamtes in den Fällen des Abs. 2 und des § 7 Abs. 2 AsylG 2005, sofern der Status des Asylberechtigten aberkannt und die Aberkennung mit einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme verbunden wurde, beträgt abweichend von § 7 Abs. 4 erster Satz des Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetzes - VwGVG, BGBl. I Nr. 33/2013, zwei Wochen. Dies gilt nicht, wenn es sich bei dem Fremden im Zeitpunkt der Bescheiderlassung um einen unbegleiteten Minderjährigen (§ 2 Abs. 1 Z 17 NAG) handelt oder die aufenthaltsbeendende Maßnahme mit der Feststellung verbunden ist, dass die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden unzulässig ist."

Auf Grund des durchgeführten Ermittlungsverfahrens und des festgestellten Sachverhaltes ergibt sich:

Der angefochtene Bescheid des Bundesamtes vom 07.11.2018 wurde Beschwerdeführer nachweislich und unbestritten am 12.11.2018 durch persönliche Übernahme in der Justizanstalt XXXX rechtswirksam zugestellt.

Die Rechtsmittelbelehrung des angefochtenen Bescheides nennt ausdrücklich eine Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht als zulässiges Rechtsmittel gegen diesen Bescheid und, dass dieses "bei uns", der, den Bescheid ausstellenden, Behörde, daher dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, schriftlich einzubringen ist.

Weiters wird entsprechend den geltenden gesetzlichen Regelungen des § 16 Abs. 1 BFA-VG als lex specialis zur allgemeinen Regelung des § 7 Abs. 4 VwGVG in der Rechtsmittelbelehrung eine Beschwerdefrist von vier Wochen genannt.

Die mit bereits mit 11.12.2018 datierte Beschwerde wurde am 11.12.2018 um 15:30 Uhr in das Rechtsmittelbuch der Justizanstalt XXXX eingetragen, laut Poststempeln am Kuvert am 14.12.2018 abgesendet und langte am 17.12.2018 beim BFA ein. Die Beschwerde erweist sich daher bei einem Ablauf der Beschwerdefrist am 10.12.2018 als verspätet und wurde dies seitens des Beschwerdeführers auch nicht bestritten.

Bei der Beschwerdefrist des § 7 Abs. 4 VwGVG iVm § 16 BFA-VG handelt es sich um eine gesetzliche, nicht veränderbare und insbesondere nicht erstreckbare Frist (vgl § 33 Abs. 4 AVG [näher AVG § 33 Rz 11, § 63 Rz 100]; Fister/Fuchs/Sachs, VwGVG § 7 Anm 13; Hauer, Gerichtsbarkeit3 Rz 160; Larcher in Rauschauer/Wessely, VwGVG § 7 Rz 5; vgl auch Oberndorfer, Verwaltungsgerichtsbarkeit 94). Bei Versäumung der Frist ist die Beschwerde nach Vorlage an das Bundesverwaltungsgericht von diesem mit förmlichem Beschluss gemäß § 28 Abs. 1 iVm § 31 Abs. 1 VwGVG (vgl VwGH vom 27.04.2015, Ra 2015/11/0021; vom 19.11.2015, Ra 2015/11/0094; vom 14.10.2015, Ra 20105/17/0039) in jeder Lage des Verfahrens (vgl AVG § 63 Rz 108) zurückzuweisen (vgl Leeb in Hengstschläger/Leeb, AVG §7 VwGVG Rz 63 (Stand 15.02.2017, rdb.at)).

Nachdem die gesetzliche Beschwerdefrist vom Bundesverwaltungsgericht nicht verlängert werden kann, erweist sich die gegenständliche Beschwerde vor diesem Hintergrund jedenfalls als verspätet und war daher als solche zurückzuweisen.

Zum Entfall einer mündlichen Verhandlung:

Gemäß § 24 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen.

Die Verhandlung kann gemäß § 24 Abs. 2 Z 1 VwGVG entfallen, wenn der das vorangegangene Verwaltungsverfahren einleitende Antrag der Partei oder die Beschwerde zurückzuweisen ist oder bereits auf Grund der Aktenlage feststeht, dass der mit Beschwerde angefochtene Bescheid aufzuheben oder die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt für rechtswidrig zu erklären ist.

Nachdem die Beschwerde wegen Verspätung zurückzuweisen war, konnte eine mündliche Verhandlung gemäß § 24 Abs. 2 Z 1 VwGVG entfallen.

Zu Spruchteil 1.B) und 2.B): Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 des Verwaltungsgerichtshofgesetzes 1985 (VwGG), BGBl. Nr. 10/1985 idgF, hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision gegen die gegenständliche Entscheidung ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor. Konkrete Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung sind weder in der gegenständlichen Beschwerde vorgebracht worden noch im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht hervorgekommen.

Schlagworte

Frist, Fristversäumung, Wiedereinsetzungsantrag

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2019:G311.2201998.2.00

Zuletzt aktualisiert am

04.06.2019
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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