Entscheidungsdatum
05.04.2019Norm
AsylG 2005 §10 Abs1 Z3Spruch
W260 2150785-1/25E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Mag. Markus BELFIN als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , Staatsangehörigkeit Afghanistan, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl, Regionaldirektion Steiermark vom 02.03.2017, Zl. XXXX , nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung zu Recht:
A)
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
I. Verfahrensgang:
1. XXXX (im Folgenden "Beschwerdeführer") reiste illegal ins Bundesgebiet ein und hat am 26.06.2015 den gegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz gestellt.
2. Bei der Erstbefragung am 27.06.2015 gab der Beschwerdeführer im Beisein eines Dolmetschers für die Sprache Farsi zu seinen Fluchtgründen befragt an, er sei in Afghanistan zwei Mal von maskierten Personen angegriffen und dabei auch verletzt worden. Sonst habe er keine Fluchtgründe. Zu seinen allgemeinen Lebensumständen befragt gab der Beschwerdeführer zusammengefasst an, dass er der Volksgruppe der Hazara angehöre und schiitischer Moslem sei. Er habe die Grundschule besucht und als Soldat gearbeitet. Der Beschwerdeführer stamme aus der Provinz Ghazni. Seine Eltern, Brüder und Schwestern, würden noch in Afghanistan leben. Der Beschwerdeführer habe Afghanistan vor ungefähr drei Jahren verlassen und sich anschließend im Iran aufgehalten.
3. Nach Zulassung des Verfahrens wurde der Beschwerdeführer am 28.11.2016 vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (im Folgenden "belangte Behörde") im Beisein einer Vertrauensperson, sowie eines Dolmetschers für die Sprache Farsi, niederschriftlich einvernommen.
Dabei bestätigte er zusammengefasst, wie in der Erstbefragung ausgeführt, seine Volksgruppenzugehörigkeit und Herkunftsprovinz, sowie seinen Aufenthalt im Iran. Er gab an, dass er gesund sei.
Der Beschwerdeführer habe zwei Jahre lang im Iran gelebt und als Schneider gearbeitet. Die Verlobte, zwei Schwestern sowie ein Onkel väterlicherseits des Beschwerdeführers leben in Afghanistan. Die Eltern und zwei Brüder des Beschwerdeführers leben mittlerweile im Iran.
Der Beschwerdeführer legte ein amerikanisches Führungszeugnis über seine Tätigkeit als Wächter des Lagers der Amerikaner in XXXX von 03.04.2012 bis 30.10.2012 sowie Fotos von seiner Zeit als Wächter bei den Amerikanern und Fotos von einem getöteten Arbeitskollegen vor. Er wolle damit belegen, dass er Waffen getragen habe und dass sein Leben sowohl als Schiit und Hazara als auch als Mitarbeiter für die Amerikaner in Gefahr sei. Zu seinen Fluchtgründen befragt, gab der Beschwerdeführer an, er habe bei den Amerikanern gearbeitet. Deshalb sei sein Leben in Gefahr. Sein Freund, der auch für die Amerikaner gearbeitet habe, sei getötet worden. Außerdem sei er Schiit und Hazara und würde von den Taliban festgenommen und enthauptet werden. Bei einer Rückkehr könnte er von Nachbarn angezeigt werden.
In Österreich lebe ein Cousin mütterlicherseits, der anerkannter Flüchtling sei. Der Beschwerdeführer lerne in Österreich Deutsch, spiele Fußball, habe österreichische Freunde und gelegentlich für die Kirche gearbeitet. Er legte Integrationsunterlagen vor.
4. Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid vom 02.03.2017 wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 (Spruchpunkt I.) und bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Afghanistan gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 (Spruchpunkt II.) abgewiesen. Gemäß § 57 AsylG 2005 wurde ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen nicht erteilt und gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005 iVm § 9 BFA-VG gegen den Beschwerdeführer eine Rückkehrentscheidung erlassen und wurde festgestellt, dass die Abschiebung des Beschwerdeführers gemäß § 46 FPG nach Afghanistan zulässig sei (Spruchpunkt III.). Weiters wurde ausgesprochen, dass die Frist für die freiwillige Ausreise des Beschwerdeführers gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG zwei Wochen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung betrage (Spruchpunkt IV.).
Zu den Gründen für das Verlassen des Herkunftsstaates bzw. zu der Situation im Falle der Rückkehr führte die belangte Behörde aus, dass der Beschwerdeführer keine asylrelevante Verfolgung glaubhaft machen konnte. Das Vorbringen sei widersprüchlich, er sei niemals persönlich bedroht worden und die vorgelegten Beweismittel seien auch mangels Identitätsnachweis nicht geeignet, eine asylrelevante Bedrohung glaubhaft zu machen. Ihm drohe auch auf Grund der Volksgruppenzugehörigkeit als Hazara in Afghanistan keine konkret gegen ihn gerichtete psychische oder physische Gewalt. Der Beschwerdeführer sei ein junger, gesunder Mann im arbeitsfähigen Alter, der über ein familiäres Netzwerk in Afghanistan verfüge. Unter Berücksichtigung der persönlichen Verhältnisse des Beschwerdeführers sei zusammengefasst davon auszugehen, dass er im Falle einer Rückkehr in seinen Herkunftsstaat in keine aussichtslose Lage gedrängt werde, die eine solche Rückkehr unzumutbar erscheinen lasse; seine Grundversorgung sei gewährleistet.
5. Der Beschwerdeführer erstattete namens seiner bevollmächtigten Rechtsberatung fristgerecht Beschwerde und führte darin begründend zusammengefasst aus, dass die belangte Behörde die gesamte Situation in ihrem kulturellen Kontext verkenne. Es gäbe unzählige Berichte internationaler Organisationen, welche die äußerst schwierige Sicherheitssituation in Afghanistan beschreiben. Die belangte Behörde sei zwar davon ausgegangen, dass der Beschwerdeführer in Afghanistan als Wachbeamter für ein amerikanisches Unternehmen gearbeitet habe, verneine aber zugleich das vom Beschwerdeführer beschriebene Bedrohungsszenario und stelle fest, dass es sich beim Beschwerdeführers keinesfalls um eine High-Profile Person handle, weshalb er von Seiten der Taliban nicht verfolgt werde. Es sei aber eine Tatsache, dass die Taliban eine Zusammenarbeit mit ausländischen Militärs pauschal ablehnen, unabhängig von der Position des Einzelnen. Folglich sei die Furcht des Beschwerdeführers vor Verfolgung berechtigt. Ein Schutz seitens des Herkunftsstaates sei nicht zu erwarten, weil in Afghanistan weder ein funktionierender Polizei- noch Justizapparat bestehe. Der Beschwerdeführer monierte auch, dass die Sicherheitslage in seiner Heimatprovinz Ghazni sehr schlecht sei. Eine zumutbare innerstaatliche Fluchtalternative stehe auch mangels familiärem Netzwerk nicht zur Verfügung.
6. Die Beschwerde und der Bezug habende Verwaltungsakt langten am 22.03.2017 beim Bundesverwaltungsgericht ein.
7. Mit Schreiben des Bundesverwaltungsgerichtes vom 30.06.2017 wurde eine mündliche Verhandlung für den 06.09.2017 anberaumt.
8. Das Bundesverwaltungsgericht führte am 06.09.2017 eine öffentliche mündliche Verhandlung durch. Der Beschwerdeführer wurde im Beisein seines bevollmächtigten Rechtsberaters und einer Dolmetscherin für die Sprache Dari zu seinen Fluchtgründen und zu seiner Situation in Österreich befragt. Die Niederschrift wurde der entschuldigt ferngebliebenen belangten Behörde übermittelt.
Der Beschwerdeführer legte Integrationsunterlagen vor, die im Konvolut als Beilage ./I zum Akt genommen wurden.
Aufgrund fortgeschrittener Uhrzeit wurde die Verhandlung unterbrochen und vertagt.
9. Mit Schreiben des Bundesverwaltungsgerichtes vom 11.09.2017 wurde eine weitere mündliche Verhandlung für den 08.11.2017 anberaumt.
10. Mit Schreiben vom 06.11.2017 legte der Beschwerdeführer durch seinen bevollmächtigten Rechtsberater weitere Integrationsbestätigungen vor.
11. Mit Schreiben vom 07.11.2017 übermittelte die belangte Behörde einen Abschlussbericht der Landespolizeidirektion Steiermark vom 24.09.2017 betreffend eine Amtshandlung gegen den Beschwerdeführer wegen Verdacht auf Körperverletzung.
12. Aus dem vom Bundesverwaltungsgericht am 07.11.2017 eingeholten Auszug aus dem Strafregister ist ersichtlich, dass im Strafregister der Republik Österreich für den Beschwerdeführer keine Verurteilungen aufscheinen.
13. Das Bundesverwaltungsgericht führte am 08.11.2017 eine weitere öffentliche mündliche Verhandlung durch. Die Niederschrift wurde der entschuldigt ferngebliebenen belangten Behörde übermittelt. Der Beschwerdeführer legte Integrationsunterlagen vor, die als Beilage ./II zum Akt genommen werden.
In der mündlichen Beschwerdeverhandlung wurden folgende Unterlagen in das gegenständliche Verfahren vom Bundesverwaltungsgericht eingebracht: Länderinformationsblatt der Staatendokumentation vom 22.06.2017, welche dem Beschwerdeführer bereits übermittelt wurden;
Länderinformationsblatt der Staatendokumentation vom 25.09.2017;
Gutachten Mag. Karl Mahringer zu GZ: BVwG-160.000/0001-Kammer A/2017; Gutachten Mag. Karl Mahringer, Aktualisierung des Gutachten vom 05.03.2017; Auszug aus gutachterlicher Stellungnahme des Ländersachverständigen Dr. RASULY vom 13.06.2012 im zur Zl. C15 410.319-1/2009 protokollierten Verfahren vor dem Asylgerichtshof;
Auszug aus gutachterlicher Stellungnahme des Ländersachverständigen Dr. RASULY vom 23.03.2017 im zur Zl. W177 2129278-1 protokollierten Verfahren zur Frage der Stellung der Hazara; Anfragebeantwortung der Staatendokumentation vom 28.07.2016: Afghanistan, Taliban Drohbriefe, Bedrohung militärischer Mitarbeiter; Auszug aus UNHCR-Richtlinien zur Feststellung des internationalen Schutzbedarfs afghanischer Asylsuchender vom 19.04.2016, Interne Schutzalternative; Auszug aus UNHCR-Richtlinien zur Feststellung des internationalen Schutzbedarfs afghanischer Asylsuchender 04.05.2016. Dem Beschwerdeführer wurde die Möglichkeit gegeben, in diese herkunftsstaatsbezogenen Berichte Einsicht zu nehmen sowie innerhalb einer Frist von zwei Wochen eine schriftliche Stellungnahme abzugeben.
Der Beschwerdeführer und die belangte Behörde erstatteten keine Stellungnahme.
14. Am 31.01.2018 übermittelte die belangte Behörde die "Verständigung der Behörde vom Rücktritt von der Verfolgung" der Staatsanwaltschaft Graz vom 15.01.2018, wonach gegen den Beschwerdeführer als Beschuldigten wegen § 83 StGB zu AZ: 635 063 BAZ 1257/17s von der Verfolgung (vorläufig) zurückgetreten wurde.
15. Am 04.07.2018 übermittelte die belangte Behörde einen Abschlussbericht der Landespolizeidirektion Steiermark vom 05.05.2018 betreffend eine Amtshandlung gegen den Beschwerdeführer wegen Verdacht auf Körperverletzung.
16. Mit Schreiben des Bundesverwaltungsgerichtes vom 29.01.2019 wurde den Verfahrensparteien im Rahmen des Parteiengehörs aktuelles Länderberichtsmaterial übermittelt: Länderinformationsblatt der Staatendokumentation Stand 08.01.2019, UNHCR-Richtlinien zur Feststellung des Internationalen Schutzbedarfes Afghanischer Asylsuchender Stand 30.08.2018, eine auszugsweise Übersetzung der EASO Country Guidance Afghanistan vom Juni 2018, Seiten 21-25 und 98-109 sowie BFA Arbeitsübersetzung Afghanistan vom 23.08.2017: Der Nachrichtendienst der Taliban und die Einschüchterungskampagne. Weiters wurde der Beschwerdeführer aufgefordert etwaige aktuelle Integrationsunterlagen, sowie etwaige Krankenunterlagen dem Bundesverwaltungsgericht zu übermitteln.
Die Verfahrensparteien gaben keine Stellungnahme ab.
17. Mit Schreiben vom 06.02.2019 gab der Verein Menschenrechte Österreich bekannt, dass die vom Beschwerdeführer erteilte Vollmacht niedergelegt werde.
18. Die belangte Behörde übermittelte mit Schreiben vom 13.03.2019 einen Abschlussbericht der Landespolizeidirektion Steiermark vom 08.03.2019 betreffend eine Amtshandlung gegen den Beschwerdeführer wegen Verdacht auf Sachbeschädigung.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
1.1 Feststellungen zur Person des Beschwerdeführers:
Der Beschwerdeführer führt den Namen XXXX , geboren am XXXX , im Dorf XXXX , Distrikt XXXX , in der Provinz Ghazni. Er ist afghanischer Staatsangehöriger, gehört der Volksgruppe der Hazara an, ist schiitischer Moslem, gesund und ledig; er hat keine Kinder. Seine Muttersprache ist Farsi.
Der Beschwerdeführer wuchs in der Provinz Ghazni auf und besuchte dort drei Jahre lang die Schule. Von der vierten bis zur neunten Schulstufe besuchte er eine Schule in Kabul.
Die Eltern und zwei Brüder sowie eine Schwester des Beschwerdeführers leben im Iran. Die Brüder des Beschwerdeführers arbeiten in einer Schneiderei im Iran. Die Familie des Beschwerdeführers ist Eigentümerin von landwirtschaftlichen Grundstücken in Afghanistan.
Eine Schwester, ein Onkel und ein Cousin väterlicherseits des Beschwerdeführers leben in Afghanistan. Der Onkel lebt in einem eigenen Haus in Kabul.
Es kann nicht festgestellt werden, dass der Beschwerdeführer in Afghanistan als Soldat/Wachmann gearbeitet hat und gilt als Zivilist.
Der Beschwerdeführer hat nach seiner Ausreise aus Afghanistan rund zwei Jahre im Iran gelebt und als Schneider gearbeitet.
Der Beschwerdeführer reiste 2015 vom Iran aus und über die Türkei, Griechenland und weitere Staaten nach Österreich, wo er illegal einreiste und am 26.06.2015 einen Antrag auf internationalen Schutz stellte.
1.2 Zum Fluchtvorbringen des Beschwerdeführers:
Der Beschwerdeführer stellte am 26.06.2015 den gegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz in Österreich.
Das vom Beschwerdeführer dargelegte Fluchtvorbringen, aufgrund seiner Tätigkeit als Wachmann für ein amerikanisches Unternehmen von den Taliban verfolgt und getötet zu werden, konnte nicht glaubhaft gemacht werden.
Dem Beschwerdeführer droht wegen der Zugehörigkeit zur Volksgruppe der Hazara oder zur schiitischen Religion konkret und individuell keine physische und/oder psychische Gewalt in Afghanistan. Nicht jeder Angehörige der Volksgruppe der Hazara oder der schiitischen Religion ist in Afghanistan physischer und/oder psychischer Gewalt ausgesetzt.
Der Beschwerdeführer war in seinem Herkunftsstaat Afghanistan auch keiner psychischen oder physischen Gewalt aus Gründen seiner Rasse, Nationalität, politischen Überzeugung oder Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe ausgesetzt, noch hat er eine solche, im Falle seiner Rückkehr, zu befürchten.
Der Beschwerdeführer wurde in Afghanistan nie persönlich bedroht oder angegriffen, es droht ihm auch künftig keine psychische und/oder physische Gewalt von staatlicher Seite, und/oder von Aufständischen, und/oder von sonstigen privaten Verfolgern in seinem Herkunftsstaat.
Auch sonst haben sich keine Hinweise für eine dem Beschwerdeführer in Afghanistan individuell drohende Verfolgung ergeben.
1.3 Zu einer möglichen Rückkehr des Beschwerdeführers in den Herkunftsstaat:
Es kann nicht mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit ausgeschlossen werden, dass dem Beschwerdeführer bei einer Überstellung in seine Herkunftsprovinz Ghazni aufgrund der volatilen Sicherheitslage in dieser Provinz ein Eingriff in seine körperliche Unversehrtheit drohen würde.
Dem Beschwerdeführer steht als interstaatliche Flucht- und Schutzalternative eine Rückkehr in der Stadt Mazar-e Sharif zur Verfügung, wo es ihm möglich ist, ohne Gefahr, grundlegende und notwendige Lebensbedürfnisse wie Nahrung, Kleidung sowie Unterkunft nicht befriedigen zu können bzw. in eine ausweglose bzw. existenzbedrohende Situation zu geraten, zu leben. Dem Beschwerdeführer würde bei seiner Rückkehr in diese Stadt kein Eingriff in seine körperliche Unversehrtheit drohen.
Der Beschwerdeführer ist jung und arbeitsfähig. Seine Existenz kann er in Mazar-e Sharif - zumindest anfänglich - mit Hilfs- und Gelegenheitsarbeiten sichern. Er ist auch in der Lage, eine einfache Unterkunft zu finden. Der Beschwerdeführer hat auch die Möglichkeit, finanzielle Unterstützung in Form der Rückkehrhilfe in Anspruch zu nehmen. Diese Rückkehrhilfe umfasst jedenfalls auch die notwendigen Kosten der Rückreise. Er hat in Afghanistan eine neunjährige Schulausbildung absolviert, ist mobil und anpassungsfähig und hat bereits Berufserfahrung als Schneider im Iran gesammelt, die er auch in Mazar- e Sharif wird nutzen können.
Die Stadt Mazar-e Sharif ist von Österreich aus sicher mit dem Flugzeug zu erreichen.
Der Beschwerdeführer ist gesund. Der Beschwerdeführer läuft im Falle der Rückkehr nach Mazar-e Sharif nicht Gefahr, aufgrund seines derzeitigen Gesundheitszustandes in einen unmittelbar lebensbedrohlichen Zustand zu geraten, oder dass sich eine Erkrankung in einem lebensbedrohlichen Ausmaß verschlechtern wird. Es sind auch sonst keine objektivierten Hinweise hervorgekommen, dass allenfalls andere schwerwiegende körperliche oder psychische Erkrankungen einer Rückführung des Beschwerdeführers in den Herkunftsstaat entgegenstehen würden.
1.4 Zum (Privat)Leben des Beschwerdeführers in Österreich:
Der Beschwerdeführer befindet sich seit seiner Antragstellung im Juni 2015 auf Grund einer vorübergehenden Aufenthaltsberechtigung nach dem AsylG 2005 durchgehend rechtmäßig im Bundesgebiet.
Er bezieht seit seiner Einreise Leistungen aus der vorübergehenden Grundversorgung.
Der Beschwerdeführer ist nicht selbsterhaltungsfähig.
Der Beschwerdeführer besuchte Deutschkurse, zuletzt auf Niveau A1.1. Er hat an einem Werte- und Orientierungskurs teilgenommen. In seiner Freizeit spielt der Beschwerdeführer Fußball und hat österreichische Freunde, bei denen er teilweise zu Hause zu Besuch war. Er hat freiwillig bei Arbeiten in der Pfarre seines Wohnortes mitgeholfen.
Ein Cousin des Beschwerdeführers namens XXXX lebt als anerkannter Flüchtling in Österreich. Der Beschwerdeführer hat in Österreich keine Familienangehörigen. Neben Freundschaften konnten keine weiteren substantiellen Anknüpfungspunkte im Bereich des Privatlebens des Beschwerdeführers in Österreich festgestellt werden.
Der Beschwerdeführer ist in Österreich strafrechtlich unbescholten.
1.5 Feststellungen zur Lage im Herkunftsstaat:
1.5.1 Sicherheitslage
Die Sicherheitslage in Afghanistan bleibt insgesamt volatil und weist starke regionale Unterschiede auf. Provinzen und Distrikten mit aktiven Kampfhandlungen stehen andere gegenüber, in denen die Lage trotz punktueller Sicherheitsvorfälle vergleichsweise stabil ist. Die afghanische Regierung behält die Kontrolle über Kabul, größere Bevölkerungszentren, Transitrouten, Provinzhauptstädte und den Großteil der Distriktzentren. Ausländische Streitkräfte und Regierungsvertreter sowie die als ihre Verbündeten angesehenen Angehörigen der afghanischen Sicherheitskräfte und Vertreter der afghanischen Regierung sind prioritäre Ziele der Aufständischen. Eine Bedrohung für Zivilisten geht insbesondere von Kampfhandlungen zwischen den Konfliktparteien sowie improvisierten Sprengkörpern, Selbstmordanschlägen und komplexen Angriffen auf staatliche Einrichtungen aus. In einigen Teilen des Landes ist fehlende Sicherheit die größte Bewegungseinschränkung. In bestimmten Gebieten machen Gewalt durch Aufständische, Landminen und improvisierte Sprengfallen (IEDs) das Reisen besonders gefährlich, speziell in der Nacht. Bewaffnete Aufständischengruppen betreiben illegale Checkpoints und erpressen Geld und Waren.
1.5.1.1 Herkunftsprovinz Ghazni
Ghazni, die Herkunftsprovinz des Beschwerdeführers, ist eine der wichtigsten Zentralprovinzen Afghanistans. Ghazni liegt 145 km südlich von Kabul Stadt entfernt und liegt an der Autobahn Kabul-Kandahar. Ghazni grenzt im Norden an die Provinzen (Maidan) Wardak und Bamyan, im Osten an Logar, Paktia und Paktika, im Süden an Zabul und im Westen an Uruzgan und Daikundi. Laut dem afghanischen Statistikbüro (CSO) ist Ghazni die Provinz mit der zweithöchsten Bevölkerungszahl, die auf 1.270.3192 Bewohner/innen geschätzt wird. Hauptsächlich besteht die Bevölkerung aus großen Stämmen der Paschtunen sowie Tadschiken und Hazara; Mitglieder der Bayat, Sadat und Sikh sind auch dort vertreten, wenngleich die Vielzahl der Bevölkerung Paschtunen sind. Die Provinz Ghazni zählt zu den relativ volatilen Provinzen im südöstlichen Teil des Landes zählt. Die Taliban und Aufständische anderer Gruppierungen sind in gewissen Distrikten aktiv, wobei es in der Provinz kommt zu bewaffneten Zusammenstößen zwischen den Sicherheitskräften und Aufständischen kommt. Im Zeitraum 01.01.2017 bis 30.4.2018 wurden in der Provinz 163 sicherheitsrelevante Vorfälle registriert. Im gesamten Jahr 2017 wurden 353 zivile Opfer in Ghazni (139 getötete Zivilisten und 214 Verletzte) registriert. Hauptursache waren Bodenoffensiven, gefolgt von IEDs und gezielten/willkürlichen Tötungen. Dies bedeutet einen Rückgang von 11% im Gegensatz zum Vergleichsjahr 2016. Sowohl Das Haqqani-Netzwerk, als auch die Taliban sind in manchen Regionen der Provinz aktiv.
Die Provinz Ghazni zählt laut EASO zu jenen Provinzen Afghanistans, wo willkürliche Gewalt stattfindet und allenfalls eine reelle Gefahr besteht, dass der Beschwerdeführer ernsthaften Schaden im Sinne von Art. 15(c) der Qualifizierungsrichtlinie nehmen könnte.
1.5.1.2 Provinz Balkh
Hingegen handelt es sich bei der Provinz Balkh, mit deren Hauptstadt Mazar- e Sharif, laut EASO um einen jener Landesteile, wo willkürliche Gewalt ein derart niedriges Ausmaß erreicht, dass für Zivilisten im Allgemeinen keine reelle Gefahr besteht, von willkürlicher Gewalt im Sinne von Art 15 (c) der Qualifizierungsrichtlinie persönlich betroffen zu sein.
Die Provinz Balkh ist nach wie vor eine der stabilsten Provinzen Afghanistans, sie zählt zu den relativ ruhigen Provinzen in Nordafghanistan. Balkh hat im Vergleich zu anderen Regionen weniger Aktivitäten von Aufständischen zu verzeichnen. Manchmal kommt es zu Zusammenstößen zwischen Aufständischen und den afghanischen Sicherheitskräften, oder auch zu Angriffen auf Einrichtungen der Sicherheitskräfte. Im Zeitraum 01.01.2017 - 30.4.2018 wurden in der Provinz 93 sicherheitsrelevante Vorfälle registriert.
Im gesamten Jahr 2017 wurden 129 zivile Opfer (52 getötete Zivilisten und 77 Verletzte) registriert. Hauptursache waren IEDs, gefolgt von Bodenoffensiven und Blindgänger/Landminen. Dies bedeutet einen Rückgang von 68% im Gegensatz zum Vergleichsjahr 2016. Zusammenstöße zwischen Aufständischen und Sicherheitskräften finden statt. Regierungsfeindliche Gruppierungen versuchen ihren Aufstand in der Provinz Balkh voranzutreiben.
1.5.2 Sichere Einreise
Die Stadt Mazar- e Sharif ist über den internationalen Flughafen sicher erreichbar. Der Flughafen von Mazar-e Sharif (MRZ) liegt 9 km östlich der Stadt im Bezirk Marmul. Die Befahrung der Straßen von diesem Flughafen bis zur Stadt Mazar-e Sharif ist zur Tageszeit im Allgemeinen sicher.
1.5.3 Wirtschafts- und Versorgungslage
Zur Wirtschafts- und Versorgungslage ist festzuhalten, dass Afghanistan weiterhin ein Land mit hoher Armutsrate und Arbeitslosigkeit ist. Seit 2002 hat Afghanistan mit Unterstützung durch die internationale Gemeinschaft wichtige Fortschritte beim Wiederaufbau seiner Wirtschaft erzielt. Nichtsdestotrotz bleiben bedeutende Herausforderungen bestehen, da das Land weiterhin von Konflikten betroffen, arm und von Hilfeleistungen abhängig ist. Während auf nationaler Ebene die Armutsrate in den letzten Jahren etwas gesunken ist, stieg sie in Nordostafghanistan in sehr hohem Maße. Im Norden und im Westen des Landes konnte sie hingegen reduziert werden. Angesichts des langsamen Wachstums, sicherheitsbedingter Versorgungsunterbrechungen und schwacher landwirtschaftlicher Leistungen, nimmt die Armut auch im Jahr 2018 weiterhin zu.
In den Jahren 2016-2017 wuchs die Arbeitslosenrate, die im Zeitraum 2013-2014 bei 22,6% gelegen hatte, um 1%. Die Arbeitslosigkeit betrifft hauptsächlich gering qualifizierte bildungsferne Personen; diese sind auch am meisten armutsgefährdet. Über 40% der erwerbstätigen Bevölkerung gelten im Jahr 2018 als arbeitslos oder unterbeschäftigt. Es müssten jährlich geschätzte 400.000 neue Arbeitsplätze geschaffen werden, um Neueinsteiger in den Arbeitsmarkt integrieren zu können.
Die afghanische Regierung hat Bemühungen zur Armutsreduktion gesetzt und unterstützt den Privatsektor weiterhin dabei, nachhaltige Jobs zu schaffen und das Wirtschaftswachstum voranzutreiben. Die Ausstellung von Gewerbeberechtigungen soll gesteigert, steuerliche Sanktionen abgeschafft und öffentlich-private Partnerschaften entwickelt werden; weitere Initiativen sind geplant (BFA Staatendokumentation 4.2018; vgl. TD 28.12.2017).
1.5.3.1 Wirtschaftslage der Stadt Mazar-e Sharif
Mazar- e Sharif ist ein Wirtschafts- und Verkehrsknotenpunkt in Nordafghanistan. Die Region entwickelt sich wirtschaftlich gut. Es entstehen neue Arbeitsplätze, Firmen siedeln sich an und auch der Dienstleistungsbereich wächst. Die Infrastruktur ist jedoch noch unzureichend und behindert die weitere Entwicklung der Region. In Mazar- e Sharif besteht laut EASO grundsätzlich die Möglichkeit, sicheren Wohnraum zu mieten. Als Alternative dazu stehen ferner günstige Unterkünfte in "Teehäusern" zur Verfügung. Generell besteht in Mazar- e Sharif laut EASO, trotz der im Umland herrschenden Dürre, keinerlei Lebensmittelknappheit. In Mazar- e Sahrif haben die meisten Leute laut EASO Zugang zu erschlossenen Wasserquellen sowie auch zu besseren Sanitäreinrichtungen. Schulische Einrichtungen sind in Mazar-e Sharif vorhanden.
1.5.4 Medizinische Versorgung
Medizinische Versorgung ist in Afghanistan insbesondere in größeren Städten wie etwa auch in Mazar- e Sharif sowohl in staatlichen als auch privaten Krankenhäusern verfügbar. In Mazar- e Sharif zählt dazu das Alemi Krankenhaus. Psychische Krankheiten wie posttraumatische Belastungsstörung, Depression und Angstzustände - die oft durch den Krieg hervorgerufen wurden - sind in Afghanistan weit verbreitet, es gibt aber nur geringe Kapazitäten zur Behandlung dieser Erkrankungen. Spezifische Medikamente sind grundsätzlich verfügbar.
1.5.5 Ethnische Minderheiten
In Afghanistan leben laut Schätzungen vom Juli 2017 mehr als 34,1 Millionen Menschen. Zuverlässige statistische Angaben zu den Ethnien Afghanistans und zu den verschiedenen Sprachen existieren nicht.
Schätzungen zufolge, sind: 40% Paschtunen, rund 30% Tadschiken, ca. 10% Hazara, 9% Usbeken. Auch existieren noch andere ethnische Minderheiten, wie z.B. die Aimaken, die ein Zusammenschluss aus vier semi-nomadischen Stämmen mongolisch, iranischer Abstammung sind, sowie die Belutschen, die zusammen etwa 4 % der Bevölkerung ausmachen. Die afghanische Verfassung schützt sämtliche ethnische Minderheiten. Neben den offiziellen Landessprachen Dari und Paschtu wird in der Verfassung (Art. 16) sechs weiteren Sprachen ein offizieller Status in jenen Gebieten eingeräumt, wo die Mehrheit der Bevölkerung (auch) eine dieser Sprachen spricht. Diese weiteren in der Verfassung genannten Sprachen sind Usbekisch, Turkmenisch, Belutschisch, Pashai, Nuristani und Pamiri. Es gibt keine Hinweise, dass bestimmte soziale Gruppen ausgeschlossen werden. Keine Gesetze verhindern die Teilnahme der Minderheiten am politischen Leben. Nichtsdestotrotz, beschweren sich unterschiedliche ethnische Gruppen, keinen Zugang zu staatlicher Anstellung in Provinzen haben, in denen sie eine Minderheit darstellen.
Die schiitische Minderheit der Hazara, zu welchen der Beschwerdeführer zählt, macht etwa 10% der Bevölkerung aus. Die Hazara besiedelten traditionell das Bergland in Zentralafghanistan, das sich zwischen Kabul im Osten und Herat im Westen erstreckt und unter der Bezeichnung Hazaradschat (azarajat) bekannt ist. Das Kernland dieser Region umfasst die Provinzen Bamyan, Ghazni, Daikundi und den Westen der Provinz Wardak. Es können auch einzelne Teile der Provinzen Ghor, Uruzgan, Parwan, Samangan, Baghlan, Balkh, Badghis, und Sar-e Pul dazugerechnet werden. Wichtige Merkmale der ethnischen Identität der Hazara sind einerseits ihr ethnisch-asiatisches Erscheinungsbild, woraus gern Schlussfolgerungen über eine turko-mongolische Abstammung der Hazara gezogen werden. Eine Minderheit der Hazara, die vor allem im nordöstlichen Teil des Hazaradschat leben, sind Ismailiten.
Die Hazara-Gemeinschaft/Gesellschaft ist traditionell strukturiert und basiert auf der Familie bzw. dem Klan. Die sozialen Strukturen der Hazara werden manchmal als Stammesstrukturen bezeichnet; dennoch bestehen in Wirklichkeit keine sozialen und politischen Stammesstrukturen. Das traditionelle soziale Netz der Hazara besteht größtenteils aus der Familie, obwohl gelegentlich auch politische Führer einbezogen werden können.
Nicht weniger wichtig als Religion und Abstammung ist für das ethnische Selbstverständnis der Hazara eine lange Geschichte von Unterdrückung, Vertreibung und Marginalisierung. Jahrzehntelange Kriege und schwere Lebensbedingungen haben viele Hazara aus ihrer Heimatregion in die afghanischen Städte, insbesondere nach Kabul, getrieben. Dennoch hat sich die Lage der Hazara, die während der Taliban-Herrschaft besonders verfolgt waren, grundsätzlich verbessert; vornehmlich aufgrund von Bildung und vor allem auf ökonomischem und politischem Gebiet. Hazara in Kabul gehören jetzt zu den am besten gebildeten Bevölkerungsgruppen und haben auch eine Reihe von Dichtern und Schriftstellern hervorgebracht. Auch wenn es nicht allen Hazara möglich war diese Möglichkeiten zu nutzen, so haben sie sich dennoch in den Bereichen Bildung, öffentliche Verwaltung und Wirtschaft etabliert.
So haben Hazara eine neue afghanische Mittelklasse gegründet. Im Allgemeinen haben sie, wie andere ethnische Gruppen auch, gleichwertigen Zugang zum Arbeitsmarkt. Nichtsdestotrotz, sind sie von einer allgemein wirtschaftlichen Verschlechterung mehr betroffen als andere, da für sie der Zugang zu Regierungsstellen schwieriger ist - außer ein/e Hazara ist selbst Abteilungsleiter/in. Einer Quelle zufolge existiert in der afghanischen Gesellschaft die Auffassung, dass andere ethnische Gruppierungen schlecht bezahlte Jobs Hazara geben. Einer weiteren Quelle zufolge, beschweren sich Mitglieder der Hazara-Ethnie über Diskriminierung während des Bewerbungsprozesses, da sie anhand ihrer Namen leicht erkennbar sind. Die Ausnahme begründen Positionen bei NGOs und internationalen Organisationen, wo das Anwerben von neuen Mitarbeitern leistungsabhängig ist. Arbeit für NGOs war eine Einnahmequelle für Hazara - nachdem nun weniger Hilfsgelder ausbezahlt werden, schrauben auch NGOs Jobs und Bezahlung zurück, was unverhältnismäßig die Hazara trifft. So berichtet eine weitere Quelle, dass Arbeitsplatzanwerbung hauptsächlich über persönliche Netzwerke erfolgt. Hazara haben aber aufgrund vergangener und anhaltender Diskriminierung eingeschränkte persönliche Netzwerke.
Gesellschaftliche Spannungen bestehen fort und leben lokal in unterschiedlicher Intensität gelegentlich wieder auf; soziale Diskriminierung gegen schiitische Hazara basierend auf Klasse, Ethnie oder religiösen Ansichten finden ihre Fortsetzung in Erpressungen (illegale Steuern), Zwangsrekrutierung, Zwangsarbeit, physischer Misshandlung und Festnahmen.
Die Hazara sind im nationalen Durchschnitt mit etwa 10% in der Afghan National Army und der Afghan National Police repräsentiert.
1.5.6 Religion
Etwa 99,7% der afghanischen Bevölkerung sind Muslime, davon zwischen 10-15 % Schiiten, wie es auch der Beschwerdeführer ist.
Beobachtern zufolge ist die Diskriminierung der schiitischen Minderheit durch die sunnitische Mehrheit zurückgegangen; dennoch existieren Berichte zu lokalen Diskriminierungsfällen. Afghanischen Schiiten ist es möglich, ihre Feste öffentlich zu feiern; einige Paschtunen sind jedoch wegen der Feierlichkeiten missgestimmt, was gelegentlich in Auseinandersetzungen mündet. In den Jahren 2016 und 2017 wurden schiitische Muslime, hauptsächlich ethnische Hazara, oftmals Opfer von terroristischen Angriffen u.a. der Taliban und des IS.
1.5.7 Rückkehrer
In der Zeit von 2012 bis 2017 sind 1.821.011 Personen nach Afghanistan zurückgekehrt, wobei der Großteil der Rückkehrer aus Pakistan und dem Iran kommen. Bis Juli 2017 kehrten aus Europa und der Türkei 41.803 Personen nach Afghanistan zurück. In der Provinz Balkh ließen sich von den insgesamt ca. 1,8 Millionen Rückkehrer/innen in der Zeit von 2012 bis 2017 109.845 Personen nieder.
Aufgrund der schwierigen wirtschaftlichen Bedingungen besteht auch für zurückkehrende Flüchtlinge das Risiko, in die Armut abzurutschen. Sowohl das Welternährungsprogramm der Vereinten Nationen (United Nations World Food Programme) als auch andere UN-Organisationen arbeiten mit der afghanischen Regierung zusammen, um die Kapazität humanitärer Hilfe zu verstärken, rasch Unterkünfte zur Verfügung zu stellen und Hygiene- und Nahrungsbedürfnisse zu stillen.
Die afghanische Regierung kooperierte mit UNHCR, IOM und anderen humanitären Organisationen, um IDPs, Flüchtlingen, rückkehrenden Flüchtlingen und anderen betroffenen Personen Schutz und Unterstützung zu bieten. Die Fähigkeit der afghanischen Regierung vulnerable Personen zu unterstützen, einschließlich Rückkehrer/innen aus Pakistan und dem Iran, bleibt begrenzt und ist weiterhin auf die Hilfe der internationalen Gemeinschaft angewiesen. Auch wenn scheinbar kein koordinierter Mechanismus existiert, der garantiert, dass alle Rückkehrer/innen die Unterstützung erhalten, die sie benötigen, und dass eine umfassende Überprüfung stattfindet, können Personen, die freiwillig oder zwangsweise nach Afghanistan zurückgekehrt sind, dennoch verschiedene Unterstützungsformen in Anspruch nehmen. Eine Reihe unterschiedlicher Organisationen ist für Rückkehrer/innen und Binnenvertriebene (IDP) in Afghanistan zuständig (BFA Staatendokumentation 4.2018). Außerdem erhalten Rückkehrer/innen Unterstützung von der afghanischen Regierung, den Ländern, aus denen sie zurückkehren, und internationalen Organisationen (z.B. IOM) sowie lokalen Nichtregierungsorganisationen (NGO) (z. B. IPSO und AMASO). Nichtsdestotrotz scheint das Sozialkapital die wichtigste Ressource zu sein, die Rückkehrer/innen zur Verfügung steht, da keine dezidiert staatlichen Unterbringungen für Rückkehrer existieren und familiäre Unterbringungsmöglichkeiten für Rückkehrer/innen daher als die zuverlässigste und sicherste Möglichkeit erachtet werden. So kehrt der Großteil der (freiwilligen bzw. zwangsweisen) Rückkehrer/innen direkt zu ihren Familien oder in ihre Gemeinschaften zurück. Für jene, die diese Möglichkeit nicht haben sollten, stellen die Regierung und IOM eine temporäre Unterkunft zur Verfügung. Neue politische Rahmenbedingungen für Rückkehrer/innen und IDPs wurden von unterschiedlichen afghanischen Behörden, dem Ministerium für Flüchtlinge und Repatriierung (MoRR) und internationalen Organisationen geschaffen und sind im Dezember 2016 in Kraft getreten. Diese Rahmenbedingungen gelten sowohl für Rückkehrer/innen aus der Region (Iran und Pakistan), als auch für jene, die aus Europa zurückkommen oder IDPs sind. Soweit dies möglich ist, sieht dieser mehrdimensionale Ansatz der Integration unter anderem auch die individuelle finanzielle Unterstützung als einen Ansatz der "whole of community" vor. Demnach sollen Unterstützungen nicht nur Einzelnen zugutekommen, sondern auch den Gemeinschaften, in denen sie sich niederlassen. Die Rahmenbedingungen sehen die Grundstücksvergabe als entscheidend für den Erfolg anhaltender Lösungen. Hinsichtlich der Grundstücksvergabe wird es als besonders wichtig erachtet, das derzeitige Gesetz zu ändern, da es als anfällig für Korruption und Missmanagement gilt. Auch wenn nicht bekannt ist, wie viele Rückkehrer/innen aus Europa Grundstücke von der afghanischen Regierung erhalten haben - und zu welchen Bedingungen - sehen Experten dies als möglichen Anreiz für jene Menschen, die Afghanistan schon vor langer Zeit verlassen haben und deren Zukunftsplanung von der Entscheidung europäischer Staaten über ihre Abschiebungen abhängig ist.
Die Großfamilie ist für Zurückkehrende die zentrale soziale Institution in Afghanistan und bildet das wichtigste soziale Sicherheitsnetz der Afghanen. Alle Familienmitglieder sind Teil des familiären Netzes. Die Großfamilie trägt zu Schutz, Betreuung und Versorgung ihrer Mitglieder bei. Sie bildet auch eine wirtschaftliche Einheit; die Männer der Familie sind verpflichtet, die Mitglieder der Großfamilie zu unterstützen und die Familie in der Öffentlichkeit zu repräsentieren. Auslandsafghanen pflegen zumeist enge Kontakte mit ihren Verwandten in Afghanistan. Quellen zufolge verlieren nur sehr wenige Afghanen in Europa den Kontakt zu ihrer Familie. Die Qualität des Kontakts mit der Familie hängt möglicherweise auch davon ab, wie lange die betreffende Person im Ausland war bzw. wie lange sie tatsächlich in Afghanistan lebte, bevor sie nach Europa migrierte. Der Faktor geographische Nähe verliert durch technologische Entwicklungen sogar an Wichtigkeit. Der Besitz von Mobiltelefonen ist mittlerweile "universell" geworden und digitale Kommunikation wird eine zunehmende Selbstverständlichkeit, vor allem in den Städten. Ein fehlendes familiäres Netzwerk stellt eine Herausforderung für die Reintegration von Migrant/innen in Afghanistan dar. Quellen zufolge haben aber alleinstehende afghanische Männer, egal ob sie sich kürzer oder länger außerhalb der Landesgrenzen aufhielten, sehr wahrscheinlich eine Familie in Afghanistan, zu der sie zurückkehren können. Eine Ausnahme stellen möglicherweise jene Fälle dar, deren familiäre Netze in den Nachbarstaaten Iran oder Pakistan liegen. Quellen zufolge halten Familien in Afghanistan in der Regel Kontakt zu ihrem nach Europa ausgewanderten Familienmitglied und wissen genau Bescheid, wo sich dieses aufhält und wie es ihm in Europa ergeht. Dieser Faktor wird in Asylinterviews meist heruntergespielt und viele Migranten, vor allem Minderjährige, sind instruiert zu behaupten, sie hätten keine lebenden Verwandten mehr oder jeglichen Kontakt zu diesen verloren.
Neben der Familie als zentrale Stütze der afghanischen Gesellschaft, kommen noch weitere, wichtige Netzwerke zum Tragen, wie z. B. der Stamm, der Clan und die lokale Gemeinschaft. Diese basieren auf Zugehörigkeit zu einer Ethnie, Religion oder anderen "professionellen" Netzwerken (Kolleg/innen, Kommilitonen etc.) sowie politische Netzwerke usw. Die unterschiedlichen Netzwerke haben verschiedene Aufgaben und unterschiedliche Einflüsse - auch unterscheidet sich die Rolle der Netzwerke zwischen den ländlichen und städtischen Gebieten. Ein Netzwerk ist für das Überleben in Afghanistan wichtig. So sind einige Rückkehrer/innen auf soziale Netzwerke angewiesen, wenn es ihnen nicht möglich ist, auf das familiäre Netz zurückzugreifen. Ein Mangel an Netzwerken stellt eine der größten Herausforderungen für Rückkehrer/innen dar, was möglicherweise zu einem neuerlichen Verlassen des Landes führen könnte. Die Rolle sozialer Netzwerke - der Familie, der Freunde und der Bekannten - ist für junge Rückkehrer/innen besonders ausschlaggebend, um sich an das Leben in Afghanistan anzupassen. Sollten diese Netzwerke im Einzelfall schwach ausgeprägt sein, kann die Unterstützung verschiedener Organisationen und Institutionen in Afghanistan in Anspruch genommen werden.
Afghanische Flüchtlinge im Iran
Die letzten zwei bis drei Jahre zeigen doch auf eine progressivere Entwicklung für Afghanen im Iran, wo sich die Maßnahmen der iranischen Behörden auf einen höheren Integrationsgrad der Afghanen zubewegen. Die freiwillige Rückkehr der afghanischen Flüchtlinge ist immer noch das Hauptziel der iranischen Flüchtlingspolitik, aber man hat eingesehen, dass dies im Moment nicht in größerem Maße geschehen kann. Deshalb versucht man Maßnahmen zu ergreifen, die die Situation für die Afghanen verbessern, während man darauf wartet, dass eine Rückkehr stattfinden kann. Es gibt heute einen politischen Willen, die Fähigkeit der Afghanen, sich besser selbst zu versorgen und selbstständiger zu werden, zu unterstützen, aber gleichzeitig sind die Ressourcen des Iran begrenzt und dies bedeutet eine große Herausforderung für die iranischen Behörden. Es gibt auch von den iranischen Behörden nicht zuletzt aus sicherheitsmäßigen Aspekten Interesse daran, mehr Kenntnisse über die Anzahl der sich illegal im Land aufhaltenden Staatsbürger zu erhalten. Dieses hatte zur Folge, dass die iranischen Behörden im Jahr 2017 mit einer Zählung (headcount) und der Registrierung der Afghanen, die sich illegal im Land aufhalten, begonnen haben. In dieser ersten Runde hat man einige ausgewählte Kategorien priorisiert, beispielsweise nicht-registrierte Afghanen, die mit iranischen Staatsbürgern verheiratet sind und Kinder in der Schule haben.
Im Gegensatz zu Pakistan leben nur 3% der afghanischen Flüchtlinge in Iran in Camps. Auch wenn die Flüchtlingslager für Amayesh-registrierte ("Amayesh" ist die Bezeichnung für das iranische Flüchtlingsregistrierungssystem, Anm.) Personen vorgesehen sind, leben dort in der Praxis auch nicht-registrierte Afghanen.
Die Mehrheit der Afghanen, die sich sowohl legal als auch illegal im Land aufhalten, wohnen in von Afghanen dominierten urbanen und halb-urbanen Gebieten. Schätzungen zufolge leben circa 57% der Afghanen im Iran in der Provinz Teheran, Isfahan sowie Razavi-Chorsan (mit Maschhad als Hauptort). Um die 22% leben in den Provinzen Kerman, Fars und Ghom, während die Übrigen in den anderen Provinzen verteilt sind. Die afghanische Flüchtlingspopulation im Iran besteht aus einer Anzahl unterschiedlicher ethnischer Gruppen. Schätzungen über die registrierten Afghanen zufolge gehört die Mehrheit von ihnen der Ethnie der Hazara an, gefolgt von Tadschiken, Paschtunen, Belutschen und Usbeken. Es fehlen Zahlen zur nicht-registrierten Gemeinschaft, dennoch stellen auch hier die Hazara und die Tadschiken eine Mehrheit dar.
1.5.8 Terroristische und aufständische Gruppierungen
Terroristische und aufständische Gruppierungen stellen Afghanistan und die Koalitionskräfte grundsätzlich vor erhebliche Herausforderungen. Derzeit sind rund 20 terroristische Organisationen in Afghanistan zu finden: das von außen unterstützte Haqqani-Netzwerk stellt nach wie vor die größte Gefährdung für afghanische und internationale Kräfte dar. Die Verflechtung von Taliban und Haqqani-Netzwerk ist so intensiv, dass diese beiden Gruppierungen als Fraktionen ein und derselben Gruppe angesehen werden. Wenn auch die Taliban öffentlich verkündet haben, sie würden zivile Opfer einschränken, so führt das Haqqani-Netzwerk auch weiterhin Angriffe in bevölkerungsreichen Gegenden aus. Die Taliban haben hauptsächlich in Faryab und Sar-i-Pul, wo die Mehrheit der Bevölkerung usbekischer Abstammung ist, ihre Reihen für nicht-paschtunische Kämpfer geöffnet. Schätzungen von SIGAR zufolge kontrollierten im Oktober 2017 und im Jänner 2018 die Taliban 14% der Distrikte Afghanistans. Die Taliban selbst verlautbarten im März 2017, dass sie beinahe 10% der afghanischen Distrikte kontrollierten.
Die Taliban haben eine Vielzahl von Personen ins Visier genommen, die sich ihrer Meinung nach "fehlverhalten", unter anderem Kollaborateure der afghanischen Regierung - praktisch jeder, der der Regierung in irgendeiner Weise hilft. Die Taliban bieten diesen Personen grundsätzlich die Möglichkeit an, Reue und den Willen zur Wiedergutmachung zu zeigen. Im Grunde steht jeder auf der schwarzen Liste, der (aus Sicht der Taliban) ein "Übeltäter" ist, und dessen Identität und Anschrift die Taliban ausfindig machen können.
Die Taliban haben ein Netzwerk an Spitzeln in Afghanistan, allein in der Stadt Kabul sind drei verschiedene Taliban Nachrichtendienste nebeneinander aktiv. Es heißt, dass die verschiedenen Nachrichtendienste der Taliban in Kabul über 1.500 Spione in allen 17 Stadtteilen haben. Selbst die, die umsiedeln, laufen Gefahr, auf dem Weg an den Straßensperren der Taliban festgehalten zu werden. Die Taliban behaupten, dass sie, dank ihrer Spione bei der Grenzpolizei am Flughafen Kabul und auch an vielen anderen Stellen, überwachen können, wer in das Land einreist. Sie geben an, regelmäßig Berichte darüber zu erhalten, wer neu ins Land einreist.
Die Taliban beobachten alle Fremden, die in den Dörfern und Kleinstädten unter ihrer Kontrolle ankommen genau, genauso wie die Dorfbewohner, die in Gebiete unter Regierungskontrolle reisen. Sie fürchten offensichtlich, ausspioniert zu werden und versuchen, die Rekrutierung von Informanten durch die Regierung zu beschränken. Wer in die Taliban-Gebiete ein- oder ausreist sollte die Reise überzeugend begründen können, möglichst belegt mit Nachweisen über Geschäftsabschlüsse, medizinische Behandlung etc. Wenn die Taliban einen Schuldigen suchen, der für die Regierung spioniert haben soll, ist jeder, der verdächtigt wird, sich an die Behörden gewandt zu haben, in großer Gefahr.
Es ist davon auszugehen, dass Sippenhaftung in Afghanistan ein weit verbreitetes Phänomen ist, und die Taliban neben Regierungsmitarbeitern, Sicherheitskräften und anderen, der Kollaboration oder "Spionage" bezichtigten Personen auch deren Angehörige gezielt verfolgen und bedrohen.
Eine solche Bedrohung liegt jedoch festgestelltermaßen beim Beschwerdeführer nicht vor und wird hiezu auf die Ausführungen in der Beweiswürdigung verwiesen.
2. Beweiswürdigung:
2.1 Zu den Feststellungen zur Person des Beschwerdeführers:
Die Feststellungen zur Staatsangehörigkeit, Herkunft, ethnischen und religiösen Zugehörigkeit sowie zu den Aufenthaltsorten, Familienangehörigen, Sprachkenntnissen, der Schulbildung und Berufserfahrung des Beschwerdeführers beruhen auf dessen plausiblen, im Wesentlichen gleichbleibenden Angaben im Laufe des Asylverfahrens.
Die Identität des Beschwerdeführers konnte mangels Vorlage geeigneter Dokumente nicht festgestellt werden. Die Angaben dienen zur Identifizierung im Asylverfahren.
2.2 Zu den Feststellungen zum Fluchtvorbringen des Beschwerdeführers:
Die belangte Behörde kommt im angefochtenen Bescheid zum Schluss, dass der Beschwerdeführer keine asylrelevante Verfolgung glaubhaft machen konnte und ist aus folgenden Gründen im Recht:
Zunächst ist zu erwähnen, dass der Beschwerdeführer in der Erstbefragung, befragt zu seinen Fluchtgründen, angegeben hat, er sei in Afghanistan zwei Mal von maskierten Personen angegriffen und dabei auch verletzt worden. Sonst habe er keine Fluchtgründe (vgl. AS 17). Davon, dass der Beschwerdeführer - wie in weiterer Folge vorgebracht - als Wächter bei einem amerikanischen Unternehmen gearbeitet und deshalb asylrelevante Verfolgung zu befürchten habe, war in der Erstbefragung keine Rede.
Gemäß § 19 Abs. 1 AsylG 2005 dient die Erstbefragung zwar "insbesondere" der Ermittlung der Identität und der Reiseroute eines Fremden und hat sich nicht auf die "näheren" Fluchtgründe zu beziehen (vgl. hierzu auch VfGH 27.06.2012, U 98/12), ein Beweisverwertungsverbot ist damit jedoch nicht normiert; die Verwaltungsbehörde bzw. das Bundesverwaltungsgericht können in ihrer Beweiswürdigung also durchaus die Ergebnisse der Erstbefragung in ihre Beurteilung miteinbeziehen.
Es wird daher im vorliegenden Fall zwar nicht verkannt, dass sich die Erstbefragung des Beschwerdeführers nicht in erster Linie auf seine Fluchtgründe bezog und diese daher nur in aller Kürze angegeben und protokolliert wurden.
Es ist dem Beschwerdeführer aber sehr wohl vorzuwerfen, dass er seinen Fluchtgrund, die angebliche Tätigkeit für ein amerikanisches Unternehmen und die daraus resultierenden Schwierigkeiten, nicht zumindest erwähnt hat.
Die Glaubwürdigkeit des Vorbringens des Beschwerdeführers wird daher bereits durch diesen Umstand massiv geschmälert.
Wie bereits erwähnt stützte der Beschwerdeführer sein Fluchtvorbringen in weiterer Folge darauf, dass er für ein amerikanisches Unternehmen als Wächter gearbeitet habe und sein Leben deshalb in Gefahr sei.
Er brachte in der Einvernahme bei der belangten Behörde vor, dass jeder, der für die Amerikaner gearbeitet habe, getötet werde. Ein Freund des Beschwerdeführers sei getötet worden. Auf Nachfrage, ob es konkrete Vorfälle gegen seine Person gegeben habe, sagte der Beschwerdeführer, dass ihn persönlich niemand bedroht habe. Er habe nur gesehen, was seinem Freund passiert sei. Auf Vorhalt seiner Angaben in der Erstbefragung, wonach er zwei Mal von maskierten Personen angegriffen und verletzt worden sei, sagte der Beschwerdeführer - widersprüchlich zur Erstbefragung -, er sei einmal von drei Personen überfallen worden, die sein Geld genommen haben. Er habe dies nicht gleich angegeben, weil er den Dolmetscher nicht gut verstanden habe. Die Täter seien glaublich Sunniten gewesen, die nur sein Geld gewollt haben. Dieser Vorfall sei aber nicht sein eigentlicher Fluchtgrund gewesen (vgl. AS 51). Auch diese Aussage widerspricht den Angaben aus der Erstbefragung, wonach eben nur die genannten Überfälle als Asylgrund angegeben wurden. Bereits die Angaben des Beschwerdeführers im Rahmen des erstinstanzlichen Verfahrens sind daher widersprüchlich und weisen Ungereimtheiten auf.
Der Eindruck, dass das Vorbringen des Beschwerdeführers nicht den Tatsachen entspricht, setzt sich auch im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht fort, zumal im Rahmen der mündlichen Beschwerdeverhandlungen am 06.09.2017 und 08.11.2017 weitere Widersprüche und Ungereimtheiten aufgetreten sind:
In der Beschwerdeverhandlung am 06.09.2017 führte der Beschwerdeführer im Rahmen der Befragung zu seinen Lebensumständen im Herkunftsstaat befragt aus, sein Vater habe ihm erzählt, dass ein Drohbrief zugestellt worden sei und sich der Beschwerdeführer daraufhin entschlossen habe, in den Iran zu fliehen (vgl. S 8 der Niederschrift der Beschwerdeverhandlung vom 06.09.2017). Der erkennende Richter wies den Beschwerdeführer darauf hin, dass über seinen Fluchtgründe noch gesondert gesprochen werde. Er führe jedoch bereits jetzt aus, dass der Beschwerdeführer im bisherigen Verfahren Drohbriefe noch nicht erwähnt habe. Der Beschwerdeführer entgegnete, er habe den Drohbrief nie erwähnt, da er diesen ins Meer geworfen habe (vgl. wiederum S 8 der Niederschrift der Beschwerdeverhandlung vom 06.09.2017). Im weiteren Verlauflauf der Verhandlung und auch in der Verhandlung am 08.11.2017 erzählte der Beschwerdeführer wieder nichts von einem angeblichen Drohbrief. Hätte es einen derartigen Brief gegeben, so ist es völlig unverständlich, warum der Beschwerdeführer ein Beweismittel, das sein Fluchtvorbringen stützen könnte, über Board wirft.
Genauso wenig nachvollziehbar ist, dass der Beschwerdeführer seinen Angaben zufolge seine Tazkira gemeinsam mit anderen Dokumenten bei der Flucht ins Meer geworfen habe, damit das Boot nicht sinke (vgl. S 6 der Niederschrift der Beschwerdeverhandlung vom 06.09.2017). Es ist völlig lebensfern, dass ein paar Dokumentenseiten, die kein nennenswertes Gewicht haben, über das Sinken oder Nichtsinken eines Bootes entscheiden. Umso unverständlicher ist dieses Vorbringen in Anbetracht der Tatsache, dass der Beschwerdeführer eine Bestätigung über seine angebliche Tätigkeit als Wächter für ein amerikanisches Lager sowie Fotos, die diese Tätigkeit nachweisen sollen, nicht ins Meer geworfen und im Verfahren sehr wohl vorgelegt hat. Die Bemühungen, an die in Afghanistan verbliebene Kopie seiner Tazkira zu gelangen, waren - wie seinen Angaben in der Beschwerdeverhandlung zu entnehmen ist - zudem nicht sehr intensiv. Der Beschwerdeführer habe einen Bekannten, den er aber nicht persönlich kenne, gebeten, die Kopie zu schicken, dies aber auch erst 20-30 Tage nach Erhalt seines negativen Bescheides, da er vergessen gehabt habe, dass es eine Kopie in Afghanistan gebe (vgl. S 6f der Niederschrift der Beschwerdeverhandlung vom 06.09.2017).
Bis zum heutigen Tag hat der Beschwerdeführer die Kopie seiner Tazkira nicht vorgelegt.
Der Beschwerdeführer gab - wie obig ausgeführt- in der Beschwerdeverhandlung am 06.09.2017 als Fluchtgrund an, dass er für die Amerikaner gearbeitet habe und deshalb von den Taliban bedroht worden sei. Außerdem sei er gefährdet, weil er Schiite und Hazara sei.
Hinsichtlich der vorgebrachten Tätigkeit für ein amerikanisches Unternehmen wurde dem Beschwerdeführer in der Beschwerdeverhandlung das von ihm vorgelegte Dokument (vgl. AS 65), nämlich eine Bestätigung über die Tätigkeit als Wächter für ein amerikanisches Unternehmen in Afghanistan, vorgehalten und die sich daraus für das Gericht ergebenden Ungereimtheiten mit ihm erörtert.
Dem Beschwerdeführer wurde in Erinnerung gerufen, dass er in seiner Befragung angegeben habe, dass der Name seines Vaters und sein Name auf dem Dokument enthalten seien. Auf dem Dokument steht der Vorname Abdul, sein zweiter Vorname Raof wird auf dem vorgelegten Dokument anders geschrieben und zwar Rawouf. Weiters hielt der erkennende Richter dem Beschwerdeführer vor, auf diesem Dokument seinen Nachnamen nicht erkennen zu können, sowie keinen Hinweis zu finden, dass sowohl der Name des Vaters als auch sein eigener enthalten seien, da nach Ansicht des erkennenden Richters sich dann zumindest in der englischen Übersetzung ein zweites "Mr." für die Deutlichmachung des Namens des Vaters ersichtlich sein müsste. Der Beschwerdeführer erklärte, dass sein Name wahrscheinlich deswegen anders geschrieben sei, weil es eine englische Übersetzung sei. Der Name, der nach seinem Namen komme, also Mardan Ali, sei der Name seines Vaters. Der darauffolgende Name, also Sulaiman Ali, sei der Name seines Großvaters. Er wisse nicht wieso sie kein "Mr." vor den Namen seines Vaters und seines Großvaters angegeben haben. Weiters befragt, warum der Nachname fehle, erklärte der Beschwerdeführer wenig überzeugend, dass es in Afghanistan üblich sei, dass man den Vornamen und den Nachnamen nur in der Heiratsurkunde angebe oder, wenn man ein eigenes Unternehmen habe, dessen Name der eigene Name sei. Nur in diesen Fällen schreibe man den Nachnamen dazu. Wenn man aber eine Tazkira bekomme, die Schule besuche oder als Soldat für das afghanische Heer arbeite, dann schreibe man den Vornamen und den Namen des Vaters. Auf Vorhalt, dass es sich hier offensichtlich um ein privates, amerikanisches Sicherheitsunternehmen und nicht um eine offizielle afghanische Einrichtung handle, sagte der Beschwerdeführer nur, die Amerikaner seien nach Afghanistan gekommen, um zu helfen. Sie haben nicht ihre eigenen Formalitäten verwendet. Sie haben sich an die afghanischen Gesetze und Formalitäten gehalten (vgl. S 15f der Niederschrift der Beschwerdeverhandlung vom 06.09.2017).
Dem Beschwerdeführer ist zwar zuzugestehen, dass er zumindest ansatzweise die angebliche Tätigkeit beschreiben konnte ("Wir haben für die Sicherheit der Amerikaner gesorgt. Es gab Flugzeuge, die mit Lebensmitteln für die Amerikaner befüllt waren. Als diese Amerikaner die Lebensmittel aus dem Flugzeug ausgeladen haben, haben wir für ihre Sicherheit gesorgt. Nachgefragt, am Flughafen war ich in einem Sicherheitsturm, welcher neben mehreren anderen den Abwurf von Lebensmitteln und anderen Dingen überwacht haben", vgl. S 16 der Niederschrift der Beschwerdeverhandlung vom 06.09.2017), allerdings kommt der erkennende Richter in Zusammenschau der Umstände zu dem Ergebnis, dass der Beschwerdeführer nicht glaubhaft machen konnte, für ein amerikanisches Unternehmen in Afghanistan tätig gewesen zu sein. Dies deshalb, weil aus der vorgelegten Urkunde/ Arbeitsbestätigung - wie eben dargelegt - insbesondere aufgrund der ungewöhnlichen Namensschreibweise, die der Beschwerdeführer auch nicht überzeugend erklären konnte, keinesfalls hervorgeht, dass es sich bei der darin genannten Person tatsächlich um den Beschwerdeführer handelt. Außerdem konnte oder wollte der Beschwerdeführer seine Identität auch nicht nachweisen und weist das Dokument - wie in der Beschwerdeverhandlung (vgl. S 16 der Niederschrift der Beschwerdeverhandlung vom 06.09.2017) festgehalten - zwar eine Unterschrift, aber kein Datum auf.