TE Bvwg Erkenntnis 2019/4/9 I419 2211428-1

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Veröffentlicht am 09.04.2019
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Entscheidungsdatum

09.04.2019

Norm

AuslBG §12b
B-VG Art.133 Abs4

Spruch

I419 2211428-1/3E

I419 2211434-1/3E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Dr. Tomas JOOS als Vorsitzender sowie den fachkundigen Laienrichter Mag. Markus Hintner und die fachkundige Laienrichterin Maria Wodounik als Beisitzer und Beisitzerin über die Beschwerden von XXXX gegen die Bescheide des AMS Bludenz vom 11.10.2018,

1. Zl. XXXX (weitere Partei XXXX, geb. 2000) und

2. Zl. XXXX (weitere Partei XXXX, geb. 1998),

zu Recht erkannt:

A) Die Beschwerden werden als unbegründet abgewiesen.

B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Die Beschwerdeführerin beantragte am 08.08.2018 beim zuständigen BH für zwei Staatsangehörige der (nunmehrigen) Republik Nordmazedonien je einen Aufenthaltstitel "Rot-Weiß-Rot-Karte" nach § 41 Abs. 2 Z. 2 NAG und erklärte, diese sollten als "Koch/Kellner" in je einem Betrieb der Beschwerdeführerin tätig werden. Dabei sei ein Bruttolohn von € 2.430,-- vorgesehen.

2. Das vom BH nach § 20d Abs. 1 AuslBG eingebundene AMS räumte der Beschwerdeführerin wie folgt Parteiengehör ein:

Betreffend den jüngeren Arbeitnehmer, auf den sich der im Spruch erstgenannte Bescheid bezieht, teilte das AMS am 10.09.2018 mit, gemäß der Anlage C zu § 12b Z. 1 AuslBG seien lediglich die Voraussetzungen für 30 von 50 erforderlichen Punkten belegt, da der kopierte Ausbildungsnachweis weder gestempelt noch unterschrieben und keine ausbildungsadäquate Berufserfahrung nachgewiesen worden sei.

Den älteren Arbeitnehmer betreffend, auf den sich der zweite im Spruch genannte Bescheid bezieht, teilte das AMS am 11.09.2018 mit, gemäß der Anlage C zu § 12b Z. 1 AuslBG seien lediglich die Voraussetzungen für 30 von 50 erforderlichen Punkten belegt, da der Ausbildungsnachweis für die Tätigkeit "Koch/Kellner" nicht berücksichtigt werden könne, weil damit die Qualifikation als Kellner nicht belegt sei, und keine ausbildungsadäquate Berufserfahrung nachgewiesen worden sei.

Betreffend beide Arbeitnehmer teilte das AMS mit, das genannte Bruttoentgelt entspreche nicht 50 % der Höchstbeitragsgrundlage nach § 108 Abs. 3 ASVG, und in der Arbeitgebererklärung fehlten die Wochenstundenangabe und die Unterschrift.

3. Die Beschwerdeführerin legte sodann für beide Arbeitnehmer neue, mit 13.09.2018 datierte Arbeitsverträge für die Tätigkeit "Koch" mit einem Monatslohn von € 2.560,-- brutto vor.

4. Mit den bekämpften Bescheiden versagte das AMS gemäß § 20d Abs. 1 letzter Satz AuslBG die jeweilige Zulassung als sonstige Schlüsselkraft im Sinn des § 12b Z. 1 AuslBG und verwies auf die nicht erreichte Mindestpunktezahl und das erforderliche Mindest-Bruttoeinkommen. Die Bescheide hat der BH der Beschwerdeführerin und den Arbeitnehmern am 17.10.2018 zugestellt.

5. Beschwerdehalber bringt die Arbeitgeberin vor, die beiden Fremden verfügten jeweils über eine abgeschlossene Ausbildung mit Diplom als Koch, die Behörde über die Urkunden darüber, weshalb die dafür gebührende Punktevergabe geboten und dadurch die erforderliche Punktzahl zu erreichen sei.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Der Verfahrensgang wird festgestellt, wie oben in I. wiedergegeben.

Ferner wird festgestellt:

Die Arbeitnehmer sind unter 30 Jahre alt und haben die Sprachprüfung Niveau A1 bestanden, der jüngere 2017, der ältere 2018. Anrechenbare Berufserfahrung wurde nicht vorgebracht.

Sie sollten als Köche mit 40 Wochenstunden für einen Bruttolohn von je € 2.560,-- beschäftigt werden. Sie haben im Herkunftsstaat jeweils eine Ausbildung als Koch begonnen.

Der jüngere Arbeitnehmer hat 2018 eine dreisemestrige Schulausbildung für Gastgewerbe-Tourismus abgeschlossen und eine Abschlussprüfung als Koch bestanden. Es kann nicht festgestellt werden, dass der ältere Arbeitnehmer eine solche Ausbildung abgeschlossen hat.

2. Beweiswürdigung:

Der oben angeführte Verfahrensgang ergibt sich aus dem diesbezüglich unbedenklichen und unzweifelhaften Akteninhalt der vorgelegten Verwaltungsakten der belangten Behörde.

Die Konditionen der Beschäftigung waren den zuletzt vorgelegten Arbeitgebererklärungen zu entnehmen.

Während für den jüngeren Arbeitnehmer Übersetzungen der Zeugnisse über die drei "Klassen" von 28.04.2017, 22.10.2017 und 30.03.2018 sowie des "Diploms" über eine Abschlussprüfung vom 26.06.2018 vorliegen, woraus sich eine in Halbjahre unterteilte Ausbildung ergibt, finden sich für den älteren solche Übersetzungen für Zeugnisse vom 03.03., 29.04. und 19.05.2017 sowie die erste und die dritte Seite der Übersetzung eines Duplikats eines Diploms vom 28.06.2017.

Betreffend den älteren Arbeitnehmer vermochten die Urkunden aufgrund ihrer Datierung keine dreisemestrige Ausbildung darzutun und wegen der fehlenden zweiten Seite des Diploms auch keinen Abschluss, zumal auf Seite 3 des übersetzten Duplikats davon die Rede ist, dass das Original vorlag, welches - wie aus der Kopie im Verwaltungsakt ersichtlich - aus zwei Seiten besteht.

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu A) Abweisung der Beschwerden

3.1 Beschwerdelegitimation

Nach § 20d Abs. 1 AuslBG kann der Antrag auf eine "Rot-Weiß-Rot - Karte" für (unter anderem) sonstige Schlüsselkräfte "auch vom Arbeitgeber für den Ausländer im Inland eingebracht werden". Diese Formulierung könnte so verstanden werden, dass der Arbeitgeber als Vertreter des Fremden tätig wird, ohne selbst Partei zu sein. Aus den Materialien (EBRV 2150 Blg. XXIV. GP, 17) erschließt sich jedoch, dass mit dieser Bestimmung eine Antragslegitimation des Arbeitgebers gemeint ist.

Diese Auslegung wird auch durch die Anordnung des letzten Satzes im zitierten Absatz bestätigt, wonach die regionale Geschäftsstelle (des AMS) bei Nichtvorliegen der Voraussetzungen die Zulassung zu versagen und den diesbezüglichen Bescheid der nach dem NAG zuständigen Behörde "zur Zustellung an den Arbeitgeber und den Ausländer" zu übermitteln hat.

Auch § 21 AuslBG, wonach der Ausländer Parteistellung in allen Verfahren hat, in denen seine persönlichen Umstände maßgeblich für die Entscheidung sind, sowie in jenen Fällen, in denen keine Person im Sinne des § 2 Abs. 3 vorhanden ist, in allen anderen Verfahren aber die Stellung eines Beteiligten, lässt darauf schließen, dass der Arbeitgeber in allen Antragsverfahren nach dem AuslBG Partei, und infolgedessen auch beschwerdelegitimiert ist. Dessen Parteistellung entspricht auch der Definition des Parteibegriffs in § 8 AVG.

Damit ist die Beschwerdelegitimation (auch) des Arbeitgebers in den beiden vorliegenden Verfahren zu bejahen.

3.2 Fehlende Zulassungsvoraussetzungen

Gemäß § 12b Z. 1 AuslBG werden Ausländer zu einer Beschäftigung als Schlüsselkraft zugelassen, wenn sie die erforderliche Mindestpunkteanzahl für die in Anlage C angeführten Kriterien erreichen und für die beabsichtigte Beschäftigung ein monatliches Bruttoentgelt erhalten, das mindestens 50 % (wenn sie das 30. Lebensjahr überschritten haben: 60 %) der monatlichen Höchstbeitragsgrundlage gemäß § 108 Abs. 3 ASVG zuzüglich Sonderzahlungen beträgt, und sinngemäß die Voraussetzungen des § 4 Abs. 1 (der Beschäftigungsbewilligung) mit Ausnahme der Z. 1 (Aufenthaltsrecht etc.) erfüllt sind.

Das Gericht hat seiner Entscheidung die Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt seiner Entscheidung zu Grunde zu legen. Fallbezogen ist daher die Anlage C in der Fassung BGBl. I Nr. 94/2018 maßgeblich.

Darin ist als Mindestpunktezahl 55 statt früher 50 vorgesehen, wobei fallbezogen jeweils folgende Punkte vergeben werden könnten:

Qualifikation: 20 Punkte im Fall festgestellter abgeschlossener Berufsausbildung oder spezieller Kenntnisse oder Fertigkeiten in der beabsichtigten Beschäftigung.

Ausbildungsadäquate Berufserfahrung: Keine Punkte, da eine solche weder vorgebracht noch festgestellt wurde.

Sprachkenntnisse Deutsch: 5 Punkte für die nachgewiesenen Deutschkenntnisse zur elementaren Sprachverwendung auf einfachstem Niveau (A 1), früher 10 Punkte.

Sprachkenntnisse Englisch: Keine Punkte, da solche weder vorgebracht noch festgestellt wurden.

Alter: 15 Punkte wegen Alters bis 30 Jahre, früher 20 Punkte.

Dies zeigt, dass selbst bei Vergabe von 20 Punkten für die Qualifikation des jeweiligen Arbeitnehmers dieser lediglich 40 Punkte erreichen würde, was weniger ist als erforderlich.

Es erübrigt sich demnach, über die Punktevergabe für die dreisemestrige Ausbildung zu entscheiden, die jedenfalls ihrer Dauer nach nicht der dreijährigen Kochausbildung in Österreich gleichgestellt werden kann (vgl. BVwG 23.03.2017, G304 2123971-2/7E), womit sich ebenso erübrigt, die speziellen Kenntnisse und Fertigkeiten der Arbeitnehmer bezogen auf die Verwendung als Köche zu bewerten (zur Unterscheidung der Berufsqualifikationen in §§ 12a und 12b AuslBG vgl. VwGH 31.05.2012, 2012/09/0025).

Die monatliche Höchstbeitragsgrundlage gemäß § 108 Abs. 3 ASVG beträgt nach § 45 Abs. 1 ASVG das 30-Fache der täglichen, welche gemäß Art. I § 1 Z. 2 der Kundmachung BGBl. II Nr. 329/2018 für 2019 mit € 174,-- ermittelt wurde, und daher € 5.220,--. Das monatliche Bruttoentgelt (für Personen im Alter bis 30: 50 %) muss daher nach § 12b Z. 1 AuslBG mindestens € 2.610,-- betragen. Für 2018 lagen diese Werte entsprechend BGBl. II Nr. 339/2017 bei € 171,-- (tägliche Höchstbeitragsgrundlage), € 5.130,-- (monatliche Höchstbeitragsgrundlage) und € 2.565,-- (50 % davon).

Das bedeutet, dass auch die vorgesehene Entlohnung der Arbeitnehmer mit € 2.560,-- hinter dem in § 12b Z. 1 AuslBG Verlangten zurückbleibt, und dies auch schon zum Zeitpunkt der angefochtenen Entscheidung so war.

Wenn die Voraussetzungen einer Zulassung als Schlüsselkraft gemäß § 12b Z. 1 AuslBG nicht vorliegen, hat die regionale Geschäftsstelle die Zulassung zu versagen und den diesbezüglichen Bescheid unverzüglich der nach dem NAG zuständigen Behörde zur Zustellung an den Arbeitgeber und den Ausländer zu übermitteln.

Die der Beschwerdeführerin zugestellten bekämpften Bescheide sind demnach zu Recht ergangen, sodass die dagegen erhobenen Beschwerden abzuweisen waren.

4. Unterbleiben einer Verhandlung:

Der Sachverhalt war im Sinne des § 24 Abs. 4 VwGVG entscheidungsreif, weshalb von der Durchführung einer Verhandlung abgesehen werden konnte. Dem Entfall der Verhandlung stand auch Art 6 EMRK nicht entgegen, weil lediglich rechtliche Fragen zu klären waren (vgl. VwGH 19.03.2014, 2013/09/0159 mwH).

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Schlagworte

Bruttoeinkommen, Entgelt, Rot-Weiß-Rot-Karte, Schlüsselkraft

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2019:I419.2211428.1.00

Zuletzt aktualisiert am

06.06.2019
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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