TE Bvwg Beschluss 2019/4/9 W246 2142721-2

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Veröffentlicht am 09.04.2019
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Entscheidungsdatum

09.04.2019

Norm

AsylG 2005 §3 Abs1
B-VG Art.133 Abs4
VwGVG §32 Abs1

Spruch

W246 2142721-2/4E

BESCHLUSS

Das Bundesverwaltungsgericht beschließt durch den Richter Dr. Heinz VERDINO als Einzelrichter über den Antrag des XXXX , geb. XXXX (alias XXXX ), StA. Afghanistan, vertreten durch die ARGE Rechtsberatung - Diakonie und Volkshilfe, auf Wiederaufnahme des mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 04.09.2018, Zl. W246 2142721-1/10E, rechtskräftig abgeschlossenen Verfahrens:

A) Der Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens wird gemäß § 32 Abs. 1 VwGVG als unzulässig zurückgewiesen.

B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

BEGRÜNDUNG:

I. Verfahrensgang:

1. Der Antragsteller, ein afghanischer Staatsangehöriger, reiste illegal nach Österreich ein und stellte am 10.06.2015 einen Antrag auf internationalen Schutz.

2. Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl wies diesen Antrag auf internationalen Schutz nach Durchführung einer Einvernahme mit Bescheid vom 17.11.2016 bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten in Spruchpunkt I. gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005, BGBl. I Nr. 100 idF BGBl. I Nr. 24/2016, und bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Afghanistan in Spruchpunkt II. gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 leg.cit. ab. Weiters erteilte das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl dem Antragsteller keinen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 leg.cit., erließ ihm gegenüber gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 leg.cit. iVm § 9 BFA-VG, BGBl. I Nr. 87/2012 idF BGBl. I Nr. 25/2016, eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG, BGBl. I Nr. 100/2005 idF BGBl. I Nr. 24/2016, und stellte gemäß § 52 Abs. 9 leg.cit. fest, dass seine Abschiebung nach Afghanistan gemäß § 46 leg.cit. zulässig sei (Spruchpunkt III.). Schließlich sprach das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl aus, dass gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 leg.cit. die Frist für die freiwillige Ausreise 14 Tage ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung betrage (Spruchpunkt IV.).

3. Die gegen diesen Bescheid fristgerecht erhobene Beschwerde wies das Bundesverwaltungsgericht nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung mit Erkenntnis vom 04.09.2018 zur Zl. W246 2142721-1/10E als unbegründet ab. Die Revision wurde gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG für nicht zulässig erklärt.

4. Mit dem gegenständlichen Antrag vom 19.09.2018 begehrt der Antragsteller die Wiederaufnahme dieses Verfahrens.

5. Mit Beschluss vom 16.01.2019, Zl. Ra 2018/20/0502-10, wies der Verwaltungsgerichtshof nach zuvor erfolgter Bewilligung der Verfahrenshilfe die vom Antragsteller gegen das oben angeführte Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes erhobene Revision zurück.

6. Mit Erkenntnis vom 26.02.2019, Zl. E 4188/2018-15, gab der Verfassungsgerichtshof der vom Antragsteller erhobenen Beschwerde gegen das oben angeführte Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes statt, hob dieses, soweit damit seine Beschwerde gegen die Abweisung des Antrages auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten, gegen die Nichterteilung eines Aufenthaltstitels sowie gegen die Erlassung einer Rückkehrentscheidung und den Ausspruch der Zulässigkeit der Abschiebung unter Setzung einer 14-tägigen Frist für die freiwillige Ausreise abgewiesen wurde, wegen Verletzung des verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechts auf Gleichbehandlung von Fremden untereinander auf und lehnte im Übrigen die Behandlung der Beschwerde ab.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

Gemäß § 6 BVwGG, BGBl. I Nr. 10/2013 idF BGBl. I Nr. 22/2018, entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Da weder im BFA-VG, BGBl. I Nr. 87/2012 idF BGBl. I Nr. 56/2018, noch im AsylG 2005, BGBl. I Nr. 100 idF BGBl. I Nr. 56/2018, eine Senatsentscheidung vorgesehen ist, liegt in der vorliegenden Rechtssache Einzelrichterzuständigkeit vor.

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das VwGVG, BGBl. I Nr. 33/2013 idF BGBl. I Nr. 57/2018, (in der Folge: VwGVG) geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs. 1 leg.cit. trat dieses Bundesgesetz mit 01.01.2014 in Kraft. Nach § 58 Abs. 2 leg.cit. bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist. Gemäß § 31 Abs. 1 leg.cit. erfolgen die Entscheidungen und Anordnungen durch Beschluss, soweit nicht ein Erkenntnis zu fällen ist. Der Systematik des VwGVG folgend ist anzunehmen, dass sämtliche Entscheidungen über Wiederaufnahmeanträge - als selbstständige Entscheidungen - in Beschlussform zu erfolgen haben (s. Fister/Fuchs/Sachs, Verwaltungsgerichtsverfahren2, 2018, § 32 VwGVG, Anm. 13, mit weiteren Hinweisen).

Zu A) Zurückweisung des Antrages auf Wiederaufnahme des Verfahrens:

1. Nach § 32 Abs. 1 VwGVG ist dem "Antrag einer Partei auf Wiederaufnahme eines durch Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes abgeschlossenen Verfahrens stattzugeben, wenn

1. das Erkenntnis durch Fälschung einer Urkunde, falsches Zeugnis oder eine andere gerichtlich strafbare Handlung herbeigeführt oder sonstwie erschlichen worden ist oder

2. neue Tatsachen oder Beweismittel hervorkommen, die im Verfahren ohne Verschulden der Partei nicht geltend gemacht werden konnten und allein oder in Verbindung mit dem sonstigen Ergebnis des Verfahrens voraussichtlich ein im Hauptinhalt des Spruchs anders lautendes Erkenntnis herbeigeführt hätten, oder

3. das Erkenntnis von Vorfragen (§ 38 AVG) abhängig war und nachträglich über eine solche Vorfrage von der zuständigen Verwaltungsbehörde bzw. vom zuständigen Gericht in wesentlichen Punkten anders entschieden wurde oder

4. nachträglich ein Bescheid oder eine gerichtliche Entscheidung bekannt wird, der bzw. die einer Aufhebung oder Abänderung auf Antrag einer Partei nicht unterliegt und die im Verfahren des Verwaltungsgerichtes die Einwendung der entschiedenen Sache begründet hätte."

Voraussetzung für die Stellung eines Wiederaufnahmeantrages gemäß § 32 Abs. 1 VwGVG ist somit ein durch Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes abgeschlossenes Verfahren (vgl. hierzu auch VwGH 28.04.2015, Ro 2015/18/0001).

2. Gemäß § 87 Abs. 2 VfGG sind, wenn der Verfassungsgerichtshof einer Beschwerde mit Erkenntnis stattgegeben hat, die Verwaltungsgerichte und die Verwaltungsbehörden verpflichtet, in der betreffenden Rechtssache mit den ihnen zu Gebote stehenden rechtlichen Mitteln unverzüglich den der Rechtsanschauung des Verfassungsgerichtshofes entsprechenden Rechtszustand herzustellen. Ein solches Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes, mit dem ein Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes aufgehoben wird, wirkt ex tunc, d.h. die Sache tritt in die Lage zurück, in der sie sich vor Erlassung des Erkenntnisses des Bundesverwaltungsgerichtes befunden hat.

3. Da das - mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 04.09.2018 zunächst abgeschlossene - Verfahren nach der mit Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 26.02.2019 erfolgten Aufhebung nun wieder offen ist, liegt kein abgeschlossenes Verfahren iSd § 32 Abs. 1 VwGVG vor.

Der Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens ist daher als unzulässig zurückzuweisen.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

4. Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere, weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Im vorliegenden Fall ist die ordentliche Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung abhängt. Denn das Bundesverwaltungsgericht konnte sich bei allen erheblichen Rechtsfragen auf eine ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bzw. auf eine ohnehin klare Rechtslage stützen. Die maßgebliche Rechtsprechung wurde bei den Erwägungen wiedergegeben.

Schlagworte

ex tunc, offenes Verfahren, Voraussetzungen, Wiederaufnahme,
Wiederaufnahmeantrag, Wiederaufnahmegrund, Zurückweisung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2019:W246.2142721.2.00

Zuletzt aktualisiert am

05.06.2019
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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