TE Bvwg Beschluss 2019/4/9 I404 2215200-1

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Veröffentlicht am 09.04.2019
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Entscheidungsdatum

09.04.2019

Norm

AlVG §10
B-VG Art.133 Abs4
VwGVG §28 Abs3 Satz2

Spruch

I404 2215200-1/3E

BESCHLUSS

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin MMag. Alexandra JUNKER als Vorsitzende sowie die fachkundigen Laienrichter Franz OPBACHER und Edith STIMPFL als Beisitzer über die Beschwerde von XXXX gegen den Bescheid des Arbeitsmarktservice Innsbruck vom 23.11.2018 betreffend den Verlust des Anspruchs auf Notstandshilfe für den Zeitraum vom 14.11.2018 bis 25.12.2018 gemäß § 10 Abs. 1 iVm § 38 des Arbeitslosenversicherungsgesetzes 1977 (AlVG) nach nichtöffentlicher Sitzung beschlossen:

A)

Der angefochtene Bescheid wird gemäß § 28 Abs. 3 des Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetzes (VwGVG) aufgehoben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an das Arbeitsmarktservice Innsbruck zurückverwiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang und Sachverhalt

1. Mit Bescheid vom 23.11.2018 sprach die regionale Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice Innsbruck (in der Folge: belangte Behörde) aus, dass XXXX (in der Folge: Beschwerdeführer) seinen Anspruch auf Arbeitslosengeld für den Zeitraum 14.11.2018 bis 25.12.2018 verloren hat und eine Nachsicht nicht erteilt wird. Begründend führte die belangte Behörde aus, dass der Beschwerdeführer die Arbeitsaufnahme als Verkaufshelfer bei der Firma G vereitelt habe. Gründe für eine Nachsicht der Rechtsfolgen würden nicht vorliegen bzw. könnten nicht berücksichtigt werden.

2. Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer rechtzeitig und zulässig das Rechtsmittel einer Beschwerde. Begründend führte der Beschwerdeführer aus, dass er sich wie vorgegeben selbständig beworben habe. Aus gesundheitlichen Gründen, über welche die belangte Behörde Bescheid gewusst habe und welche auch schriftlich vorgelegt worden seien, sei er nicht in der Lage gewesen, den von der belangten Behörde vorgegebenen Job bei der Firma G anzunehmen, da im Rahmen dieses Jobs viel gekocht werde. Es sei für ihn auch generell sehr schwierig einen Job zu finden, da er ab dem 02.01.2019 seinen Zivildienst ableiste und am 12.12.2018 eine Weisheitszahn-OP habe.

3. Mit Schreiben vom 27.02.2019 legte die belangte Behörde die Beschwerde dem Bundesverwaltungsgericht zur Entscheidung vor. Im Rahmen einer ergänzenden Stellungnahme führte die belangte Behörde aus, dass der Beschwerdeführer seine Beschwerde auf zwei wesentliche Vorbringen gestützt habe, nämlich zum einen auf die Diagnose vom Hausarzt vom 19.09.2018 und zum anderen auf die Aufnahme des Zivildienstes mit 02.01.2019. Trotz mehrfacher Aufforderung durch die belangte Behörde habe der Beschwerdeführer kein ergänzendes Gutachten vorgelegt. Von Amtswegen sei leider auch keines in Auftrag gegeben worden und fehle nunmehr die Bearbeitungszeit dazu. Nach Ansicht der belangten Behörde müsse nämlich geklärt werden, ob diese Übelkeit durch Kochgeruch eine interimistische (eventuell psychisch bedingte) oder eine generelle sei. Unbekannt sei auch, auf welche Gerüche er allergisch reagiere (Fett, Dunst, Fleisch...). Er handle sich dabei um seinen erlernten Beruf. Als Verkaufshelfer hätte er im Freien unter Frischluftzufuhr mit sehr eingeschränkter Speisenzubereitung arbeiten müssen. Bezüglich der Aufnahme seiner Tätigkeit im Rahmen des Zivildienstes sei anzumerken, dass dies keine die Arbeitslosigkeit beendende Tätigkeit darstelle, weshalb keine Nachsicht gewährt werden könne. Zivildienst werde in diesem Zusammenhang wie Präsenzdienst beurteilt. Da die Bearbeitungsfrist mit dem heutigen Tage ablaufe und ein ergänzendes Gutachten von Dr. S hilfreich sein würde, werde die Beschwerde nunmehr dem Bundesverwaltungsgericht zur Entscheidung vorgelegt.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Rechtliche Beurteilung:

1.1. Zuständigkeit und anzuwendendes Recht

§ 6 BVwGG lautet wie folgt:

Das Bundesverwaltungsgericht entscheidet durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.

§ 56 Abs. 2 des Arbeitslosenversicherungsgesetz 1977 (AlVG) in der geltenden Fassung lautet wie folgt:

Über Beschwerden gegen Bescheide einer Geschäftsstelle entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch einen Senat, dem zwei fachkundige Laienrichter angehören, je einer aus dem Kreis der Arbeitgeber und aus dem Kreis der Arbeitnehmer. Die Frist zur Erlassung einer Beschwerdevorentscheidung durch die Geschäftsstelle beträgt zehn Wochen.

Gegenständlich liegt somit Senatszuständigkeit vor.

Die §§ 1, 17 und 58 Abs. 1 und 2 VwGVG lauten wie folgt:

§ 1. Dieses Bundesgesetz regelt das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes.

§ 17. Soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, sind auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung - BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes - AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 - DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

§ 58. (1) Dieses Bundesgesetz tritt mit 1. Jänner 2014 in Kraft.

(2) Entgegenstehende Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht sind, bleiben unberührt.

Spruchpunkt A) Aufhebung und Zurückverweisung

1.2. Die §§ 28 Abs. 1 bis 3 und 31 VwGVG lauten wie folgt:

Erkenntnisse

§ 28. (1) Sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen.

(2) Über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG hat das Verwaltungsgericht dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn

1. der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder

2. die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.

(3) Liegen die Voraussetzungen des Abs. 2 nicht vor, hat das Verwaltungsgericht im Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG in der Sache selbst zu entscheiden, wenn die Behörde dem nicht bei der Vorlage der Beschwerde unter Bedachtnahme auf die wesentliche Vereinfachung oder Beschleunigung des Verfahrens widerspricht. Hat die Behörde notwendige Ermittlungen des Sachverhalts unterlassen, so kann das Verwaltungsgericht den angefochtenen Bescheid mit Beschluss aufheben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an die Behörde zurückverweisen. Die Behörde ist hiebei an die rechtliche Beurteilung gebunden, von welcher das Verwaltungsgericht bei seinem Beschluss ausgegangen ist.

Beschlüsse

§ 31. (1) Soweit nicht ein Erkenntnis zu fällen ist, erfolgen die Entscheidungen und Anordnungen durch Beschluss.

(2) An seine Beschlüsse ist das Verwaltungsgericht insoweit gebunden, als sie nicht nur verfahrensleitend sind.

(3) Auf die Beschlüsse des Verwaltungsgerichtes sind § 29 Abs. 1 zweiter Satz, Abs. 4 und § 30 sinngemäß anzuwenden. Dies gilt nicht für verfahrensleitende Beschlüsse.

Die wesentlichen Bestimmungen des AlVG 1977 lauten wie folgt:

Arbeitswilligkeit

§ 9. (1) Arbeitswillig ist, wer bereit ist, eine durch die regionale Geschäftsstelle oder einen vom Arbeitsmarktservice beauftragten, die Arbeitsvermittlung im Einklang mit den Vorschriften der §§ 2 bis 7 des Arbeitsmarktförderungsgesetzes (AMFG), BGBl. Nr. 31/1969, durchführenden Dienstleister vermittelte zumutbare Beschäftigung in einem Arbeitsverhältnis als Dienstnehmer im Sinn des § 4 Abs. 2 ASVG anzunehmen, sich zum Zwecke beruflicher Ausbildung nach- oder umschulen zu lassen, an einer Maßnahme zur Wiedereingliederung in den Arbeitsmarkt teilzunehmen, von einer sonst sich bietenden Arbeitsmöglichkeit Gebrauch zu machen und von sich aus alle gebotenen Anstrengungen zur Erlangung einer Beschäftigung zu unternehmen, soweit dies entsprechend den persönlichen Fähigkeiten zumutbar ist.

(2) Eine Beschäftigung ist zumutbar, wenn sie den körperlichen Fähigkeiten der arbeitslosen Person angemessen ist, ihre Gesundheit und Sittlichkeit nicht gefährdet, angemessen entlohnt ist, in einem nicht von Streik oder Aussperrung betroffenen Betrieb erfolgen soll, in angemessener Zeit erreichbar ist oder eine entsprechende Unterkunft am Arbeitsort zur Verfügung steht sowie gesetzliche Betreuungsverpflichtungen eingehalten werden können. Als angemessene Entlohnung gilt grundsätzlich eine zumindest den jeweils anzuwendenden Normen der kollektiven Rechtsgestaltung entsprechende Entlohnung. Die zumutbare tägliche Wegzeit für Hin- und Rückweg beträgt jedenfalls eineinhalb Stunden und bei einer Vollzeitbeschäftigung jedenfalls zwei Stunden. Wesentlich darüber liegende Wegzeiten sind nur unter besonderen Umständen, insbesondere wenn am Wohnort lebende Personen üblicher Weise eine längere Wegzeit zum Arbeitsplatz zurückzulegen haben oder besonders günstige Arbeitsbedingungen geboten werden, zumutbar.

...

§ 10. (1) Wenn die arbeitslose Person

1. sich weigert, eine ihr von der regionalen Geschäftsstelle oder einen vom Arbeitsmarktservice beauftragten, die Arbeitsvermittlung im Einklang mit den Vorschriften der §§ 2 bis 7 AMFG durchführenden Dienstleister zugewiesene zumutbare Beschäftigung anzunehmen oder die Annahme einer solchen Beschäftigung vereitelt, oder

2. sich ohne wichtigen Grund weigert, einem Auftrag zur Nach(Um)schulung zu entsprechen oder durch ihr Verschulden den Erfolg der Nach(Um)schulung vereitelt, oder

3. ohne wichtigen Grund die Teilnahme an einer Maßnahme zur Wiedereingliederung in den Arbeitsmarkt verweigert oder den Erfolg der Maßnahme vereitelt, oder

4. auf Aufforderung durch die regionale Geschäftsstelle nicht bereit oder in der Lage ist, ausreichende Anstrengungen zur Erlangung einer Beschäftigung nachzuweisen,

so verliert sie für die Dauer der Weigerung, mindestens jedoch für die Dauer der auf die Pflichtverletzung gemäß Z 1 bis 4 folgenden sechs Wochen, den Anspruch auf Arbeitslosengeld. Die Mindestdauer des Anspruchsverlustes erhöht sich mit jeder weiteren Pflichtverletzung gemäß Z 1 bis 4 um weitere zwei Wochen auf acht Wochen. Die Erhöhung der Mindestdauer des Anspruchsverlustes gilt jeweils bis zum Erwerb einer neuen Anwartschaft. Die Zeiten des Anspruchsverlustes verlängern sich um die in ihnen liegenden Zeiträume, während derer Krankengeld bezogen wurde.

(2) Hat sich die arbeitslose Person auf einen durch unwahre Angaben über Umfang und Ausmaß von Teilzeitbeschäftigungen begründeten besonderen Entgeltschutz nach Teilzeitbeschäftigungen berufen, so erhöht sich die Mindestdauer des Anspruchsverlustes nach Abs. 1 um weitere zwei Wochen.

(3) Der Verlust des Anspruches gemäß Abs. 1 ist in berücksichtigungswürdigen Fällen wie zB bei Aufnahme einer anderen Beschäftigung nach Anhörung des Regionalbeirates ganz oder teilweise nachzusehen.

(4) Wer, ohne dadurch den Erfolg der Schulungsmaßnahme zu gefährden, tageweise nicht an einer Schulungsmaßnahme teilnimmt, verliert den Anspruch auf Arbeitslosengeld für Tage des Fernbleibens, außer wenn dieses durch zwingende Gründe gerechtfertigt ist.

1.3. Der Verwaltungsgerichtshof hat die Voraussetzungen, unter denen das Verwaltungsgericht von der in § 28 Abs. 3 VwGVG festgelegten Befugnis zur Aufhebung und Zurückverweisung Gebrauch machen darf, im Erkenntnis vom 26.06.2014, Ro 2014/03/0063, näher präzisiert.

Danach hat die meritorische Entscheidungspflicht des Verwaltungsgerichts Vorrang und bildet die Zurückverweisungsmöglichkeit eine Ausnahme, deren Inanspruchnahme begründungspflichtig ist und die strikt auf den ihr gesetzlich zugewiesenen Raum zu beschränken ist. Zur Aufhebung und Zurückverweisung ist das Verwaltungsgericht bei "krassen bzw. besonders gravierenden Ermittlungslücken" befugt, was insbesondere dann der Fall ist, wenn die Verwaltungsbehörde "jegliche erforderliche Ermittlungstätigkeit unterlassen", "lediglich völlig ungeeignete Ermittlungsschritte gesetzt" oder "bloß ansatzweise ermittelt" hat oder wenn Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass die Behörde "Ermittlungen unterließ, damit diese dann durch das Verwaltungsgericht vorgenommen werden (etwa im Sinn einer ‚Delegierung' der Entscheidung)".

1.4. Im gegenständlichen Verfahren wurde ausgesprochen, dass der Beschwerdeführer gemäß § 10 AlVG seinen Anspruch auf Notstandshilfe für den Zeitraum von 14.11.2018 bis 25.12.2018 verloren hat und Nachsicht nicht erteilt wird. In der Begründung ist im Wesentlichen ausgeführt, dass der Beschwerdeführer die Arbeitsaufnahme als Verkaufshelfer bei der Firma G durch sein Verhalten vereitelt habe.

Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes sind die Bestimmungen der §§ 9 und 10 AlVG Ausdruck des dem gesamten Arbeitslosenversicherungsrecht zu Grunde liegenden Gesetzeszweckes, den arbeitslos gewordenen Versicherten, der trotz Arbeitsfähigkeit und Arbeitswilligkeit nach Beendigung seines Beschäftigungsverhältnisses keine Beschäftigung gefunden hat, möglichst wieder durch Vermittlung in eine ihm zumutbare Beschäftigung einzugliedern und ihn so in die Lage zu versetzen, seinen Lebensunterhalt ohne Zuhilfenahme öffentlicher Mittel zu bestreiten. Wer eine Leistung der Versichertengemeinschaft der Arbeitslosenversicherung in Anspruch nimmt, muss sich daher darauf einstellen, eine ihm angebotene zumutbare Beschäftigung anzunehmen, dh bezogen auf eben diesen Arbeitsplatz arbeitswillig zu sein (vgl. zB das Erkenntnis des VwGH vom 28.01.2015 2013/08/0176).

Der Tatbestand des § 10 Abs. 1 Z. 1 AlVG wird nur verwirklicht, wenn es sich um eine zumutbare und damit für die Zuweisung geeignete Beschäftigung handelt. Grundvoraussetzung für die Zuweisungstauglichkeit einer Beschäftigung an einen Arbeitslosen ist, dass dessen Kenntnisse und (körperlichen) Fähigkeiten jenen Kenntnissen und Fähigkeiten entsprechen, die an der zugewiesenen Arbeitsstelle verlangt werden (vgl. Erk. des VwGH vom 11.06.2014, Zl. 2013/08/0084).

Wenn ein Arbeitsloser die Zumutbarkeit einer zugewiesenen Arbeitsstelle gegenüber dem Arbeitsmarktservice bestreitet, dann hat sich das Arbeitsmarktservice mit dieser Frage in der Begründung seines Bescheides auch dann auseinander zu setzen, wenn es die Einwände nicht für berechtigt hält. Das Arbeitsmarktservice hat insbesondere auch darzutun, welche Anforderungen mit der zugewiesenen Beschäftigung verbunden sind und ob der Beschwerdeführer nach seinen geistigen und körperlichen Fähigkeiten diesen Anforderungen genügt (vgl. das Erkenntnis des VwGH vom 21. Dezember 2005, Zl. 2004/08/0053). Weiters hat der Verwaltungsgerichtshof ausgesprochen, dass wenn aktenkundig deutliche Anhaltspunkte für das Vorliegen von regelwidrigen Körper- oder Geisteszuständen vorhanden sind, welche geeignet sind, die Arbeitsfähigkeit des Arbeitslosen in Zweifel zu ziehen, die belangte Behörde seine Arbeitsfähigkeit von Amts wegen zu prüfen hat, wofür eine medizinische Untersuchung in Betracht kommt (vgl. das Erkenntnis des VwGH vom 15.05.2013, Zl. 2011/08/0356).

In dem Bescheid der belangten Behörde sind keinerlei Feststellungen enthalten, die sich auf die Kriterien der Zumutbarkeit der zugewiesenen Beschäftigung beziehen. Dies wäre aber hinsichtlich der körperlichen Einschränkung der arbeitslosen Person bzw. zur Frage, ob die Beschäftigung die Gesundheit des Beschwerdeführers gefährdet, notwendig gewesen, zumal im Betreuungsplan des Beschwerdeführers vom 08.11.2018 ausdrücklich auf den Befund des Arztes bezüglich der Diagnose Nausea mit Gastroenteritis bei Expostition mit Küchengeruchsbelastung vermerkt ist. Auch in der Niederschrift vom 22.11.2018 hat der Beschwerdeführer vorgebracht, dass man ihm beim Vorstellungsgespräch gesagt habe, dass man viel kochen müsse ("3 Fritteusen und 2 Griller") und das nicht gehe, weil er mit den Küchengerüchen nicht zurecht komme.

In der Folge hat die belangte Behörde keinerlei Ermittlungen dahingehend getätigt, ob die dem Beschwerdeführer zugewiesene Stelle zumutbar gewesen wäre. Dies wäre aber notwendig gewesen, zumal der belangten Behörde bekannt war, dass der Beschwerdeführer an gesundheitlichen Beeinträchtigungen leidet.

Auch aus dem sonstigen Akteninhalt kann nicht geschlossen werden kann, ob die dem Beschwerdeführer zugewiesen Tätigkeit diesem zumutbar gewesen wäre.

Hinsichtlich des Vorbringens der belangten Behörde im Rahmen ihrer Stellungnahme vom 07.03.2019, dass die Bearbeitungsfrist auslaufe und daher die Beschwerde zur weiteren Bearbeitung an das Bundesverwaltungsgericht weitergeleitet werden müsse, ist darauf hinzuweisen, dass die belangten Behörde innerhalb der für die Erlassung einer Beschwerdevorentscheidung offenen stehenden Frist deshalb nur noch ansatzweise (bzw. gar nicht mehr) ermitteln konnte, weil sie die erforderlichen Ermittlungen nicht schon vor Erlassung des Bescheides durchgeführt hat (siehe dazu die jüngste Rechtsprechung des VwGH vom 21.02.2019, 2019/08/0026-4).

1.5. Im vorliegenden Fall liegt daher nach Ansicht des erkennenden Senates ein mangelhaft ermittelter Sachverhalt vor, zumal zu der wesentlichen Frage, ob die dem Beschwerdeführer zugewiesene Tätigkeit diesem aufgrund seiner gesundheitlichen Einschränkungen zumutbar gewesen wäre, keine Ermittlungen getätigt wurden und auch aus dem vorgelegten Akt der belangten Behörde eine solche Überprüfung nicht durchgeführt werden kann. Die belangte Behörde hätte jedenfalls nicht ohne weitere Ermittlungen den Verlust des Arbeitslosengeldes feststellen dürfen.

1.6. Die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Bundesverwaltungsgericht selbst ist nicht im Interesse der Raschheit gelegen, weil nichts darauf hindeutet, dass die erforderliche Feststellung durch das Bundesverwaltungsgericht selbst, verglichen mit der Feststellung durch die belangte Behörde nach Zurückverweisung mit einem Zeitgewinn verbunden wäre. Es liegt auch kein Anhaltspunkt dafür vor, dass die Feststellung durch das Bundesverwaltungsgericht selbst im Vergleich zur Feststellung durch die Verwaltungsbehörde mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden wäre. Aufgrund dieser Ausführungen liegen daher alle Voraussetzungen des § 28 Abs. 3 VwGVG vor und war daher der Bescheid der belangten Behörde aufzuheben und zur Erlassung eines neuen Bescheides an das Arbeitsmarktservice zurückverwiesen.

1.7. Gemäß § 24 Abs. 2 Z 1 VwGVG kann eine Verhandlung entfallen, wenn der das vorangegangene Verwaltungsverfahren einleitende Antrag der Partei oder die Beschwerde zurückzuweisen ist, oder bereits auf Grund der Aktenlage feststeht, dass der mit Beschwerde angefochtene Bescheid aufzuheben, die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt oder die angefochtene Weisung für rechtswidrig zu erklären ist.

Weil bereits auf Grund der Aktenlage feststand, dass der angefochtene Bescheid zu beheben war, konnte eine mündliche Verhandlung gemäß § 24 Abs. 2 Z 1 VwGVG unterbleiben.

Zu Spruchpunkt B)

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG im vorliegenden Fall nicht zulässig weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, abhängt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht als uneinheitlich zu beurteilen und es liegen auch keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Schlagworte

Ermittlungspflicht, Kassation, körperliche Eignung, mangelnde
Sachverhaltsfeststellung, Zumutbarkeit

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2019:I404.2215200.1.00

Zuletzt aktualisiert am

03.06.2019
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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