TE Bvwg Beschluss 2019/4/11 W156 2004630-1

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Veröffentlicht am 11.04.2019
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Entscheidungsdatum

11.04.2019

Norm

ASVG §410
B-VG Art.133 Abs4
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §31 Abs1

Spruch

W156 2004630-1/15E

Beschluss

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Alexandra Krebitz als Einzelrichterin über die Anträge der M XXXX K XXXX , vormals Z XXXX , geb. XXXX , vom 22.02.2019 beschlossen:

A) Die Anträge auf Nichtigerklärung des Arbeitsvertrages mit der S

XXXX XXXX EOOD Bulgarien, auf Nichtigerklärung der Entsendebestätigungen, auf Nachmeldung zu österreichischen Sozialversicherung durch die S XXXX XXXX GmbH, auf mit der Auszahlung der ausstehenden Sonderzahlungen und auf Anerkennung und Auszahlung der Urlaubstage werden mangels Zuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichtes als unzulässig zurückgewiesen.

B) Die Revision ist nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

I.1. Mit Bescheid der Wiener Gebietskrankenkasse (in Folge belangte Behörde) vom 18.10.2010, Zl. XXXX , wurde festgestellt, dass Frau M XXXX Z XXXX , VSNR XXXX , nunmehr Frau M XXXX K XXXX (in Folge BF), gemäß § 1 1. Halbsatz ASVG aufgrund ihrer Beschäftigung als Angestellte für die S XXXX XXXX GmbH (in Folge mbP) nur in der Zeit vom 12.11.2008 bis 11.1.2009 der Voll- (Kranken-, Unfall- und Pensions-)versicherungspflicht gemäß § 4 Abs. 1 Z1 iVm Abs.2 ASVG und der Arbeitslosenversicherungspflicht gemäß § 1 Abs. 1 lit.a AlVG unterliege.

I.2. Gegen diesen Bescheid erhob die BF fristgerecht Einspruch an den Landeshauptmann von Wien.

I.3. Mit angefochtenen Bescheid des Landeshauptmannes von Wien vom 20.12.2010 wurde der Einspruch als unbegründet abgewiesen und der Bescheid der Wiener Gebietskrankenkasse bestätigt.

I.4. Dagegen erhob die BF fristgerecht Berufung an das damals zuständige Bundesministerium für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz.

I.5. Mit 13.04.2014 wurde gegenständliche Berufung an das Bundesverwaltungsgericht übermittelt und der damals zuständigen Gerichtsabteilung und mit 07.08.2018 der Gerichtsabteilung W 156 zur Entscheidung zugeteilt.

I.6. Mit Schreiben vom 22.02.2019 stellt die BF die Anträge auf Nichtigerklärung des Arbeitsvertrages mit der S XXXX XXXX EOOD Bulgarien, auf Nichtigerklärung der Entsendebestätigungen, auf Nachmeldung zu österreichischen Sozialversicherung durch die S XXXX XXXX GmbH, auf mit der Auszahlung der ausstehenden Sonderzahlungen und auf Anerkennung und Auszahlung der Urlaubstage.

I.7. Am 25.02.2019 fand in Anwesenheit der BF, der mbP und der belangten Behörde eine mündliche Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht statt.

I.8. Mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 10.04.2019, W156 2004360-1/14E, wurde die Beschwerde der BF abgewiesen.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Die mbP ist im Firmenbuch beim Handelsgericht Wien mit der Zahl FN XXXX eingetragen. Sie ist Shareholder der S XXXX XXXX EOOD in Bulgarien.

Die mbP schloss mit der S XXXX XXXX EOOD einen Dienstleistungsvertrag für den Zeitraum vom 12.11.2007 bis 30.09.2009 ab, in dem die Zurverfügungstellung von 2 Mitarbeitern durch die S XXXX XXXX EOOD an die mbP vereinbart ist gegen eine monatlich zu entrichtende Abgeltung in Höhe von € 2.710,00. Als Ort der Leistungserbringung wurde vorrangig Wien vereinbart, weiter, dass die Mitarbeiter den Weisungen am Standort Wien unterliegen und die Rechte an Arbeitsergebnissen bei der verbleiben.

Die BF schloss am 18. Oktober 2007 einen Dienstvertrag mit der S XXXX XXXX EOOD, beginnend mit dem 12. November 2007. Als Dienstort ist für 2 Jahre Wien vereinbart. Tätigkeitsinhalt ist die Teilnahme an einem Traineeprogramm für die Ausbildung und den Einsatz im CEE-Raum.

Die BF begann ihre Ausbildung am 12.11.2007 am Standort Wien und wurde nach Absolvierung der Traineeausbildung im September 2009 noch bis Ende November 2009 bei der mbP beschäftigt. Ende Jänner 2010 wurde das Dienstverhältnis beendet.

Der bulgarische Sozialversicherungsträger stellte jeweils eine Bescheinigung gemäß Art. 14 Abs. 1 lit.a der Verordnung (EWG) Nr. 1408/71 für die Zeiträume vom 12. November 2007 bis 11. November 2008 mit Datum 28.02.2008 und vom 12. Jänner 2009 bis 11. Jänner 2010 mit Datum 19.01.2009 aus. Der bulgarische Sozialversicherungsträger stellte für die BF auch die Formblätter bezüglich der Inanspruchnahme von Leistungen (E106) aus.

Der bulgarische Sozialversicherungsträger hat die Bescheinigungen gemäß Art. 14 Abs. 1 lit.a der Verordnung (EWG) Nr. 1408/71 für die Zeiträume vom 12. November 2007 bis 11. November 2008 und vom 12. Jänner 2009 bis 11. Jänner 2010 nicht zurückgezogen oder für ungültig erklärt.

Gerichtliche Beweise hinsichtlich einer betrügerischen Absicht bei der Erlangung der Bescheidungen sind im Verfahren nicht hervorgekommen.

Für den verfahrensgegenständlichen Zeitraum liegt keine Bescheinigung gemäß Art. 14 Abs. 1 lit.a der Verordnung (EWG) Nr. 1408/71 vor.

Mit Schreiben vom 22.02.2019 stellt die BF die Anträge auf Nichtigerklärung des Arbeitsvertrages mit der S XXXX XXXX EOOD Bulgarien, auf Nichtigerklärung der Entsendebestätigungen, auf Nachmeldung zu österreichischen Sozialversicherung durch die S XXXX XXXX , auf mit der Auszahlung der ausstehenden Sonderzahlungen und auf Anerkennung und Auszahlung der Urlaubstage.

2. Beweiswürdigung:

Der festgestellte Sachverhalt gibt sich aus dem Akteninhalt.

3. Rechtliche Beurteilung:

3.1. Rechtliche Grundlage:

Gemäß Artikel 130 Abs. 1 B-VG erkennen die Verwaltungsgerichte über Beschwerden

1. gegen den Bescheid einer Verwaltungsbehörde wegen Rechtswidrigkeit;

2. gegen die Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt wegen Rechtswidrigkeit;

3. wegen Verletzung der Entscheidungspflicht durch eine Verwaltungsbehörde.

3.2. Zur Zurückweisung der Anträge:

Die BF stellte in ihrer Stellungnahme vom 22.02.2019 die Anträge, das Bundesverwaltungsgericht möge

1. den Arbeitsvertrag zwischen der BF und der S XXXX XXXX EOOD Bulgarien für nichtig erklären,

2. die korrekte Auszahlung der ausstehenden Urlaubstage zu veranlassen,

3. die korrekte Auszahlung der ausstehenden Sonderzahlungen zu veranlassen,

4. die mbP zu veranlassen die Anmeldung in Österreich zeitnahe durchzuführen und

5. die Entsendeerklärungen für fälschlich ausgestellt und somit nichtig zu erklären.

Zu den Anträgen 1. bis 4.

Gemäß § 6 Abs. 1 AVG iVm § 17 VwGVG hat das Verwaltungsgericht in jeder Lage des Verfahrens seine Zuständigkeit zu prüfen und eine etwaige Unzuständigkeit wahrzunehmen (VwGH 29.10.2015, Ro 2015/07/0019).

Aus der obgenannten Bestimmung ergibt sich, dass das Bundesverwaltungsgericht im Zuge einer Beschwerde gegen den Bescheid einer Verwaltungsbehörde zur Entscheidung berufen ist.

"Sache" des Beschwerdeverfahrens vor dem Verwaltungsgericht ist - ungeachtet des durch § 27 VwGVG vorgegebenen Prüfumfangs - nur jene Angelegenheit, die den Inhalt des Spruchs der vor dem Verwaltungsgericht belangten Verwaltungsbehörde gebildet hat (vgl. VwGH 27.03.2018, Ra 2015/06/0011, mwN).

Da die gegenständlichen Anträge nicht Gegenstand des angefochtenen Bescheides sind, sind diese mangels Zuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichtes als unzulässig zurückzuweisen.

Zum Antrag 5. - Nichtigerklärung der Entsendeerklärungen:

In der Rechtssache C-202/97 betreffend dem Rechtsstreit Fitzwilliam Executive Search Ltd, handelnd unter der Firma "Fitzwilliam Technical Services (FTS)", gegen Bestuur van het Landelijk instituut sociale verzekeringen hat der EuGH ausgesprochen, dass, da die E-101-Bescheinigung eine Vermutung dafür begründet, daß der Anschluß der entsandten Arbeitnehmer an das System der sozialen Sicherheit des Mitgliedstaats, in dem das Zeitarbeitsunternehmen seine Betriebsstätte hat, ordnungsgemäß ist, sie bindet folglich den zuständigen Träger des Mitgliedstaats, in den diese Arbeitnehmer entsandt sind.

Jede andere Lösung würde den Grundsatz des Anschlusses der Arbeitnehmer an ein einziges System der sozialen Sicherheit sowie die Vorhersehbarkeit des anwendbaren Systems und damit die Rechtssicherheit beeinträchtigen: In Fällen, in denen die Feststellung des anwendbaren Systems schwierig wäre, könnte der zuständige Träger beider betreffenden Mitgliedstaaten sein eigenes System der sozialen Sicherheit für anwendbar erklären, was den betroffenen Arbeitnehmern zum Nachteil gereichte.

Solange also eine E-101-Bescheinigung nicht zurückgezogen oder für ungültig erklärt wird, hat der zuständige Träger des Mitgliedstaats, in den die Arbeitnehmer entsandt sind, dem Umstand Rechnung zu tragen, daß diese bereits dem Recht der sozialen Sicherheit des Staates unterliegen, in dem das Unternehmen, das sie beschäftigt, seine Betriebsstätte hat; er kann daher die fraglichen Arbeitnehmer nicht seinem eigenen System der sozialen Sicherheit unterstellen.

Weiter hält der EuGH fest, dass der zuständige Träger des Mitgliedstaats, der diese E-101-Bescheinigung ausgestellt hat, deren Richtigkeit überprüfen und die Bescheinigung gegebenenfalls zurückziehen muss, wenn der zuständige Träger des Mitgliedstaats, in den die Arbeitnehmer entsandt sind, Zweifel an der Richtigkeit des der Bescheinigung zugrunde liegenden Sachverhalts und demnach der darin gemachten Angaben insbesondere deshalb geltend macht, weil diese den Tatbestand des Artikels 14 Absatz 1 Buchstabe a der Verordnung Nr. 1408/71 nicht erfüllten.

Soweit die betroffenen Träger im Einzelfall namentlich bei der Beurteilung des Sachverhalts und damit der Frage, ob dieser unter

Artikel 14 Absatz 1 Buchstabe a der Verordnung Nr. 1408/71 fällt, zu keiner Übereinstimmung gelangen, können sie sich an die Verwaltungskommission wenden.

Gelingt es dieser nicht, zwischen den Standpunkten der zuständigen Träger in bezug auf das anwendbare Recht zu vermitteln, steht es dem Mitgliedstaat, in den die betreffenden Arbeitnehmer entsandt sind - unbeschadet einer in dem Mitgliedstaat der ausstellenden Behörde etwa möglichen Klage - zumindest frei, gemäß Artikel 170 EG-Vertrag (jetzt Artikel 227 EG) ein Vertragsverletzungsverfahren einzuleiten, so daß der Gerichtshof die Frage des auf diese Arbeitnehmer anwendbaren Rechts und damit die Richtigkeit der Angaben in der E-101-Bescheinigung prüfen kann.

Daraus ergibt sich, dass die auch Einleitung zu einer Überprüfung der Richtigkeit der Bescheinigungen nicht in die Zuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichtes fällt, sondern in die des österreichischen Sozialversicherungsträgers.

Aufgrund der Sach- und Rechtslage war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Zu B) (Un)Zulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung wie unter Punkt 3.2 ausgeführt von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab (vgl. VwGH 25.09.1990, 89/08/0334, VwGH 2.7.2008, 2007/08/0207, VwGH 2675/55, VwSlg 5002 A, 89/08/0262, 99/08/0157, EuGH vom 10. Februar 2000 C-202/97), noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Schlagworte

Unzuständigkeit, Verfahrensgegenstand, Zurückweisung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2019:W156.2004630.1.00

Zuletzt aktualisiert am

06.06.2019
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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