Entscheidungsdatum
23.04.2019Norm
ASVG §18bSpruch
W198 2215879-1/6E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Karl SATTLER als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX , XXXX , XXXX , gegen den Bescheid der Pensionsversicherungsanstalt, Hauptstelle Wien, vom 10.12.2018, Aktenzeichen HVBA/ XXXX , zu Recht erkannt:
A)
Der Beschwerde wird stattgegeben. Es wird festgestellt, dass die Selbstversicherung in der Pensionsversicherung für Zeiten der Pflege der nahen Angehörigen nicht mit 30.09.2018 endet.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
I. Verfahrensgang:
1. Mit Schreiben vom 18.10.2018 teilte die Beschwerdeführerin der Pensionsversicherungsanstalt (im Folgenden: PVA) mit, dass ihre Tochter, XXXX geboren am XXXX , ihren Wohnsitz für Studienzwecke seit 01.10.2017 nach XXXX verlegt habe. Es sei jedoch unbedingt erforderlich, dass sie weiterhin die im Schreiben näher bezeichneten pflegenden bzw. betreuenden Tätigkeiten erledige. Sie sei zurzeit bei der Marktgemeinde XXXX in einem Stundenausmaß von wöchentlich 28 Stunden beschäftigt. Sie bitte um Weitergewährung der Selbstversicherung in der Pensionsversicherung in entsprechendem Ausmaß.
2. Im November 2018 (genaueres Datum unleserlich) legte die Beschwerdeführerin der PVA einen ausgefüllten Fragebogen zur Selbstversicherung für die Pflege naher Angehöriger vor.
3. Mit Bescheid vom 10.12.2018 stellte die PVA fest, dass die Selbstversicherung in der Pensionsversicherung für Zeiten der Pflege der nahen Angehörigen mit 30.09.2018 endet, weil die Arbeitskraft der Beschwerdeführerin für die Pflege einer nahen Angehörigen nicht mehr erheblich beansprucht werde.
4. Gegen diesen Bescheid erhob die Beschwerdeführerin die gegenständliche Beschwerde, datiert mit 11.01.2019. Begründend führte die Beschwerdeführerin im Wesentlichen aus, dass der zeitmäßige Aufwand für ihre im Rollstuhl sitzende Tochter nicht unerheblich sei.
Für die Stuhlobsorge, welche nur sie durchführe, sei mindestens ein zeitlicher Aufwand, zweimal in der Woche, von je 6 bis 8 Stunden gegeben. Die hauptwohnsitzmäßige Anmeldung in XXXX , sei notwendig, da ihre Tochter Hauptmieterin der Wohnung in XXXX sei. Durch die Hauptwohnsitzänderung hätte sich die tatsächliche Pflege und der Aufwand,
den sie hätte, eher erhöht im Vergleich, als ihre Tochter noch zu Hause wohnte.
5. Am 13.03.2019 (einlangend) legte die PVA die Beschwerde, samt einer Äußerung sowie den Bezug habenden Verwaltungsakt dem Bundesverwaltungsgericht zur Entscheidung vor. In der Äußerung wird im Wesentlichen vorgebracht, dass das Tatbestandsmerkmal des
§ 18b ASVG auf die Pflege in häuslicher Umgebung hinweise. Daraus könne der Schluss gezogen werden, dass auch eine häusliche Gemeinschaft notwendigerweise für die Pflege bestehen müsse.
6. Am 04.04.2019 erteilte das Bundesverwaltungsgericht Aufträge zur Vorlage des Pflegegeldbescheides (an die Beschwerdeführerin) sowie des Sachverständigengutachtens (an die PVA), welches für die Ermittlung der Anzahl der Pflegestunden im Zusammenhang über die Zuerkennung (oder allfällige Neubemessung) des Pflegegeldes herangezogen wurde.
7. Am 12.04.2019 legte die PVA fristgerecht das aufgetragene Sachverständigengutachten, Ermittlung des Pflegebedarfs in Ergänzung des ärztlichen Gutachtens vom 17.05.2014 des Gutachterarztes Dr. XXXX , vor.
8. Am 17.04.2019 legte die Beschwerdeführerin fristgerecht den Bezug habenden Pflegegeldbescheid vor.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
Die in XXXX XXXX wohnhafte Beschwerdeführerin beantragte am 18.10.2018 die Weitergewährung der Selbstversicherung in der Pensionsversicherung für Zeiten der Pflege der nahen Angehörigen, XXXX , geboren am XXXX , welche seit 01.10.2017 ihren Wohnsitz für Studienzwecke nach XXXX , XXXX , verlegt hat.
Die Entfernung zwischen dem Wohnsitz der Beschwerdeführerin und dem Wohnsitz der nahen Angehörigen beträgt 47,4 km. Die Fahrzeit zwischen diesen beiden Wohnsitzen beträgt 39 Minuten. Es sind dabei 18 Minuten auf der Autobahn zurücklegbar.
Die Beschwerdeführerin arbeitet bei der Marktgemeinde XXXX in einem Stundenausmaß von 28 Stunden wöchentlich.
Die Tochter der Beschwerdeführerin ist teilweise an Wochenenden, Feiertagen und Semesterferien am Wohnsitz der Beschwerdeführerin aufhältig.
Die Beschwerdeführerin pflegt ihre Tochter unter erheblicher Beanspruchung ihrer Arbeitskraft.
2. Beweiswürdigung:
Die Wohnsitze der Beschwerdeführerin und ihrer Tochter ergeben sich aus dem ZMR (Meldedatenlage zum Zeitpunkt der Antragstellung durch die Beschwerdeführerin als auch der Bescheiderstellung) sowie dem Antrag der Beschwerdeführerin vom 18.10.2018.
Dass die Entfernung zwischen dem Wohnsitz der Beschwerdeführerin und dem Wohnsitz der nahen Angehörigen 47,4 km beträgt und die Fahrzeit zwischen den Wohnsitzen 39 Minuten, wovon 18 Minuten auf der Autobahn zurücklegbar sind, ist, ergibt sich aus dem Routenplaner (www.viamichelin.at;).
Zur Feststellung der erheblichen Beanspruchung der Arbeitskraft der Beschwerdeführerin wurde der Pflegegeldbescheid sowie das Sachverständigengutachten der PVA im Zusammenhang über die (Zuerkennung oder Neubemessung) des Pflegegeldes, welches zur Ermittlung der Anzahl der Pflegestunden diente, der Antrag sowie die Angaben der Beschwerdeführerin im Fragebogen herangezogen. Im genannten Sachverständigengutachten wird eine Pflegegeldstufe 7 mit einem monatlichen Pflegebedarf von gesamt 213 Stunden pro Monat festgestellt.
Beweiswürdigend ist festzuhalten, dass die Beschwerdeführerin sowohl in ihrem Antrag auf Weitergewährung der Selbstversicherung in der Pensionsversicherung am 18.10.2018
im November 2018 (genaueres Datum unleserlich) als auch im ausgefüllten Fragebogen zur Selbstversicherung für die Pflege naher Angehöriger vom November 2018 angegeben hat, dass sie trotz unterschiedlicher Wohnsitze, für die Stuhlobsorge ihrer Tochter, welche nur sie durchführe, zwei Mal in der Woche einen zeitlichen Aufwand von je 6 - 8 Stunden hat.
Diese beiden Nachweise (Pflegegeldbescheid und Sachverständigengutachten) sowie die Angaben der Beschwerdeführerin im Antrag und im Fragebogen, belegen die erhebliche Beanspruchung der Arbeitskraft der Beschwerdeführerin. Dies insbesondere, weil davon ausgegangen werden kann (siehe dazu später in der Beweiswürdigung), dass die Beschwerdeführerin ihre Tochter nicht nur während der Woche (in XXXX ), sondern auch teilweise an Wochenenden, Feiertagen und Semesterferien am Wohnsitz der Beschwerdeführerin pflegt. Mit einer Pflege in diesen Zeiträumen entsteht ein -weiterer- Pflegeaufwand, der das vom Verwaltungsgerichtshof festgelegte notwendige Maß (durchschnittlichen Pflegeaufwand ab 14 Stunden wöchentlich bzw. ab 60 Stunden monatlich; nähere Ausführungen dazu finden sich in der rechtlichen Beurteilung, Punkt
3.) überschreitet, bei dem von einer erheblichen Beanspruchung der Arbeitskraft auszugehen ist. Denn es ist in diesen Zeiträumen nur mehr ein zusätzlicher durchschnittlicher wöchentlicher Stundenaufwand von 2 Stunden (wenn die Beschwerdeführerin ihrer Tochter in XXXX lediglich durchschnittlich 12 Stunden pro Woche pflegt) notwendig, der in diesen Zeiträumen (an Wochenenden, Feiertagen und Semesterferien) bei lebensnaher Betrachtung erreicht werden wird.
Substantiierte Entgegnungen bzw. Ausführungen, geschweige den Ermittlungen, der PVA hinsichtlich den Angaben der Beschwerdeführerin im Antrag und im Fragebogen Arbeitskraft sind weder dem Bescheid noch dem Vorlageschreiben zu entnehmen. Im Vorlageschreiben wird lapidar ausgeführt, dass die Beschwerdeführerin auch in einem Beschäftigungsverhältnis zur Marktgemeinde XXXX in einem Stundenausmaß von wöchentlich 28 Stunden steht und könne daher nicht davon ausgegangen werden, dass auch das Tatbestandsmerkmal des § 18b Abs. 1 ASVG "unter erheblicher Beanspruchung ihrer Arbeitskraft" erfüllt ist.
Da die Entfernung zwischen dem Wohnsitz der Beschwerdeführerin und dem Wohnsitz der nahen Angehörigen 47,4 km beträgt, die Fahrzeit zwischen den Wohnsitzen 39 Minuten, wovon 18 Minuten auf der Autobahn zurücklegbar sind, dauert, scheint es auch nachvollziehbar (weil lebensnah), dass die Beschwerdeführerin ihre Tochter für die Stuhlobsorge zwei Mal in der Woche in einem zeitlichen Aufwand von je 6-8 Stunden pflegt, trotz (oder gerade wegen) der - unstrittig geblieben Beschäftigung - der Beschwerdeführerin von 28 Stunden wöchentlich.
Die Feststellung, dass die Tochter der Beschwerdeführerin teilweise an Wochenenden, Feiertagen und Semesterferien am Wohnsitz der Beschwerdeführerin aufhältig ist, ergibt sich aus dem Antrag und dem Fragebogen der Beschwerdeführerin, dem die PVA in keinster Weise entgegengetreten ist. Es ist dies auch glaubwürdig, weil lebensnah, dass die Tochter in diesen Zeiträumen teilweise bei der Beschwerdeführerin aufhältig ist, da in diesen Zeiträumen die Fahrten von XXXX nach XXXX zum Zwecke der Stuhlpflege nicht notwendig sind und daher entfallen können.
3. Rechtliche Beurteilung:
3.1. Zuständigkeit und Allgemeines
Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.
Gemäß § 414 Abs. 2 ASVG entscheidet in Angelegenheiten nach § 410 Abs. 1 Z 1, 2 und 6 bis 9 ASVG das Bundesverwaltungsgericht auf Antrag einer Partei durch einen Senat. In Ermangelung eines solchen Antrages liegt gegenständlich Einzelrichterzuständigkeit vor.
Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das VwGVG, BGBl. I Nr. 33/2013, geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.
Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung - BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes - AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 - DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.
Gemäß § 24 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen. Gemäß Abs. 3 leg. cit. hat der Beschwerdeführer die Durchführung einer Verhandlung in der Beschwerde oder im Vorlageantrag zu beantragen. Den sonstigen Parteien ist Gelegenheit zu geben, binnen angemessener, zwei Wochen nicht übersteigender Frist einen Antrag auf Durchführung einer Verhandlung zu stellen. Ein Antrag auf Durchführung einer Verhandlung kann nur mit Zustimmung der anderen Parteien zurückgezogen werden. Gemäß Abs. 4 leg. cit. kann, soweit durch Bundes- oder Landesgesetz nicht anderes bestimmt ist, das Verwaltungsgericht ungeachtet eines Parteiantrages von einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und einem Entfall der Verhandlung weder Art. 6 Abs. 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, BGBl. Nr. 210/1958, noch Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union, ABl. Nr. C 83 vom 30.03.2010 S. 389 entgegenstehen.
Der für diesen Fall maßgebliche Sachverhalt konnte als durch die Aktenlage sowie den Ermittlungen des Bundesverwaltungsgerichts (Auftrag zur Vorlage des Pflegegeldbescheides und des Sachverständigengutachtens zur Ermittlung der Anzahl der Pflegestunden) hinreichend geklärt erachtet werden. In der Beschwerde wurden keine noch zu klärenden Tatsachenfragen in konkreter und substantiierter Weise aufgeworfen. Es handelt sich - nur mehr- um die Beurteilung einer reinen Rechtsfrage. Dem Absehen von der Verhandlung stehen hier auch Art 6 Abs. 1 EMRK und Art 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union nicht entgegen.
Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist.
3.2. Zu A) Stattgebung der Beschwerde
3.2.1. Maßgebliche Bestimmungen des Allgemeinen Sozialversicherungsgesetzes (ASVG)
Selbstversicherung in der Pensionsversicherung für Zeiten der Pflege naher Angehöriger
§ 18b. ASVG idF BGBl I Nr. 138/2013
(1) Personen, die einen nahen Angehörigen oder eine nahe Angehörige mit Anspruch auf Pflegegeld zumindest in Höhe der Stufe 3 nach § 5 des Bundespflegegeldgesetzes oder nach den Bestimmungen der Landespflegegeldgesetze unter erheblicher Beanspruchung ihrer Arbeitskraft in häuslicher Umgebung pflegen, können sich, solange sie während des Zeitraumes dieser Pflegetätigkeit ihren Wohnsitz im Inland haben, in der Pensionsversicherung selbstversichern. Je Pflegefall kann nur eine Person selbstversichert sein. Die Pflege in häuslicher Umgebung wird durch einen zeitweiligen stationären Pflegeaufenthalt der pflegebedürftigen Person nicht unterbrochen.
(1a) Die Selbstversicherung ist für die Zeit einer Pflichtversicherung nach § 8 Abs. 1 Z 2 lit. j auf Grund des Bezuges eines aliquoten Pflegekarenzgeldes ausgeschlossen.
(2) Die Selbstversicherung beginnt mit dem Zeitpunkt, den die pflegende Person wählt, frühestens mit dem ersten Tag des Monats, in dem die Pflege aufgenommen wird, spätestens jedoch mit dem Monatsersten, der dem Tag der Antragstellung folgt.
(3) Die Selbstversicherung endet mit dem Ende des Kalendermonats,
1. in dem die Pflegetätigkeit oder eine sonstige Voraussetzung nach Abs. 1 weggefallen ist oder
2. in dem die pflegende Person den Austritt aus dieser Versicherung erklärt hat.
(4) Der Versicherungsträger hat ab dem dem Beginn der Selbstversicherung folgenden Kalenderjahr regelmäßig festzustellen, ob die Voraussetzungen für die Selbstversicherung noch gegeben sind. Die selbstversicherte Person ist verpflichtet, das Ende der Pflegetätigkeit innerhalb von zwei Wochen dem Versicherungsträger zu melden.
(5) Das Ende der Selbstversicherung steht hinsichtlich der Berechtigung zur Weiterversicherung in der Pensionsversicherung dem Ausscheiden aus der Pflichtversicherung im Sinne des § 17 Abs. 1 Z 1 lit. a gleich.
(6) Die selbstversicherte Person ist dem Zweig der Pensionsversicherung nach diesem Bundesgesetz zugehörig, in dem sie zuletzt Versicherungszeiten erworben hat. Liegen keine Versicherungszeiten in der Pensionsversicherung nach diesem Bundesgesetz vor, so ist die selbstversicherte Person der Pensionsversicherung der Angestellten zugehörig.
3.2.2. Für den Beschwerdefall bedeutet das:
Die Pflegeleistungen müssen in häuslicher Umgebung erbracht werden. Damit wird offenkundig der Gegensatz zur stationären Pflege (insb. in einem Heim) angesprochen, wobei nach dem letzten Satz des § 18b Abs. 1 dieser Zusammenhang nicht unterbrochen wird, wenn der/die zu Pflegende sich zeitweilig in einen stationären Pflegeaufenthalt, also in ein Krankenhaus, eine Rehabilitations- oder Kuranstalt oder für "Kurzzeitpflege" (zB nach einer Operation) in ein Heim begibt. Als nicht mehr "zeitweilig" werden im Lichte der Fristen des Abs. 3 Unterbrechungen anzusehen sein, die sich über mehrere Monate erstrecken. In diesem Rahmen werden auch andere Unterbrechungen, zB wegen Krankheit oder Urlaubs (auch der Pflegeperson) unschädlich sein (so bereits Resch, iFamZ 2010, 81 [86]).
Es spielt also keine Rolle, ob es sich um die häusliche Umgebung des/der Pflegebedürftigen oder der pflegenden bzw. gar einer dritten Person handelt. Damit muss auch kein gemeinsamer Haushalt dieser beiden Personen vorliegen, wie inzwischen auch der neugefasste § 18a Abs. 1 bestätigt (Pfeil in Mosler/Müller/Pfeil, Der SV-Komm § 18b ASVG (Stand 1.7.2018, rdb.at).
Insofern irrt die PVA, wenn sie dem Tatbestandselement häusliche Umgebung zwingend unterlegt, dass eine häusliche Gemeinschaft zwischen der Beschwerdeführerin und ihrer Tochter (pflegende Person) notwendigerweise für die Pflege bestehen müsse.
Es schadet daher grundsätzlich nicht, wenn die Beschwerdeführerin in XXXX ,
XXXX und ihre Tochter in XXXX , XXXX wohnt.
3.2.3. Maßgebliche Judikatur des Verwaltungsgerichtshofs (VwGH) zum Tatbestandselement "erheblichen Beanspruchung der Arbeitskraft":
Gemäß VwGH Ro 2014/08/0084 ist von einer "erheblichen Beanspruchung der Arbeitskraft" bei einem durchschnittlichen Pflegeaufwand ab 14 Stunden wöchentlich bzw. ab 60 Stunden monatlich auszugehen.
Wie beweiswürdigend dargelegt, ist die Arbeitskraft der Beschwerdeführerin zur Pflege ihrer Tochter erheblich beansprucht.
Es war daher festzustellen, dass die Selbstversicherung in der Pensionsversicherung für Zeiten der Pflege der nahen Angehörigen nicht mit 30.09.2018 endet.
Zu B) Unzulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung (verwiesen wird auf das unter 3.2.3. Angeführte Erkenntnis des VwGH vom 19.01.2017, VwGH Ro 2014/08/0084); weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
Schlagworte
Arbeitskraft, Pflege, Selbstversicherung, WohnsitzEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2019:W198.2215879.1.00Zuletzt aktualisiert am
06.06.2019