Entscheidungsdatum
23.04.2019Norm
AlVG §46 Abs5Spruch
W238 2217200-1/4E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin Mag. Claudia MARIK als Einzelrichterin über die Beschwerde von XXXX , geboren am XXXX , vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Karl-Heinz PLANKEL, Bartensteingasse 16/11, 1010 Wien, wegen Verletzung der Entscheidungspflicht zur Erlassung eines Feststellungsbescheides durch das Arbeitsmarktservice Wien Esteplatz zu Recht:
A) I. Der Säumnisbeschwerde wird gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 3 B-VG iVm
§ 8 VwGVG stattgegeben.
II. Der Antrag von XXXX auf Erlassung eines Feststellungsbescheides vom 01.06.2018 betreffend die am 18.05.2018 erfolgte Vorschreibung der Verpflichtung zur persönlichen Wiedermeldung nach § 46 Abs. 5 vorletzter Satz AlVG wird als unzulässig zurückgewiesen.
B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
I. Verfahrensgang:
1. Am 18.05.2018 wurde der nunmehrigen Beschwerdeführerin seitens des Arbeitsmarktservice Wien Esteplatz (im Folgenden: AMS) im Zuge eines Kontrolltermins eine schriftliche Information über die erforderlichen Schritte für eine erfolgreiche Wiedermeldung nach einer Unterbrechung des Leistungsbezuges bzw. der Vormerkung iSd § 46 Abs. 5 AlVG ausgehändigt. Darin wurde der Beschwerdeführerin u.a. vorgeschrieben, für die Weitergewährung der Leistung bzw. für die weitere Vormerkung persönlich in die zuständige regionale Geschäftsstelle zu kommen.
2. Am 01.06.2018 brachte die Beschwerdeführerin beim AMS einen Antrag auf Erlassung eines Feststellungsbescheides darüber ein, "welche sachlichen und (gesetzlichen) Gründe für eine Verpflichtung zur persönlichen Wiedermeldung vorliegen."
3. Am 08.02.2019 erhob die Beschwerdeführerin eine Säumnisbeschwerde. Begründend wurde ausgeführt, dass die sechsmonatige Entscheidungsfrist ab Einlangen des Feststellungsantrags abgelaufen sei. Durch die behördliche Untätigkeit sei die Beschwerdeführerin in ihrem verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Entscheidung verletzt worden. Die Verzögerung sei auf ein überwiegendes Verschulden der Behörde zurückzuführen, zumal diese weder durch ein schuldhaftes Verhalten der Beschwerdeführerin noch durch unüberwindliche Hindernisse an der Entscheidung gehindert gewesen sei. Abschließend wurde beantragt, das Bundesverwaltungsgericht möge über den Antrag auf Erlassung eines Feststellungsbescheides vom 01.06.2018 entscheiden.
4. Am 09.04.2019 wurde dem Bundesverwaltungsgericht die Säumnisbeschwerde samt bezughabenden Verwaltungsakten vorgelegt. Anlässlich der Beschwerdevorlage führte das AMS aus, dass die Erlassung eines Feststellungsbescheides über die Rechtmäßigkeit der persönlichen Wiedermeldung nach Unterbrechungs- oder Ruhenszeiträumen weder erforderlich noch zulässig sei. Ein Bescheid werde nicht erfolgen.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen und Beweiswürdigung:
Der beschriebene Verfahrensgang wird den Feststellungen zugrunde gelegt. Die Feststellungen ergeben sich aus der unzweifelhaften Aktenlage sowie aus dem diesbezüglich gleichlautenden Parteienvorbringen.
2. Rechtliche Beurteilung:
2.1. Gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 3 B-VG erkennt das Bundesverwaltungsgericht über Beschwerden wegen Verletzung der Entscheidungspflicht durch eine Verwaltungsbehörde.
Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Die in § 56 Abs. 2 AlVG vorgesehene Senatszuständigkeit, wonach das Bundesverwaltungsgericht "über Beschwerden gegen Bescheide einer Geschäftsstelle" durch einen Senat entscheidet, dem zwei fachkundige Laienrichter angehören, bezieht sich nach dem unzweifelhaften Wortlaut der Bestimmung auf die Bescheidbeschwerde. Vorliegend handelt es sich jedoch nicht um eine Beschwerde gegen einen Bescheid einer Geschäftsstelle, sondern um eine Säumnisbeschwerde. Da im einschlägigen Materiengesetz insoweit keine Senatszuständigkeit normiert ist, ist vorliegend gemäß § 6 BVwGG Einzelrichterzuständigkeit gegeben.
Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das VwGVG, BGBl. I Nr. 33/2013, geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung - BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes - AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 - DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.
Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist. Gemäß § 31 Abs. 1 VwGVG erfolgen die Entscheidungen und Anordnungen durch Beschluss, soweit nicht ein Erkenntnis zu fällen ist.
Zu A)
I. Stattgebung der Säumnisbeschwerde:
2.2. § 8 VwGVG regelt die Frist zur Erhebung einer Säumnisbeschwerde. Diese kann erst erhoben werden, wenn die Behörde die Sache nicht innerhalb von sechs Monaten, wenn gesetzlich eine kürzere oder längere Entscheidungsfrist vorgesehen ist, innerhalb dieser entschieden hat. Die Frist beginnt mit dem Zeitpunkt, in dem der Antrag auf Sachentscheidung bei der Stelle eingelangt ist, bei der er einzubringen war. Die Beschwerde ist abzuweisen, wenn die Verzögerung nicht auf ein überwiegendes Verschulden der Behörde zurückzuführen ist. Gemäß Abs. 2 Z 2 leg.cit. wird die Zeit eines Verfahrens vor dem Verwaltungsgerichtshof, vor dem Verfassungsgerichtshof oder vor dem Gerichtshof der Europäischen Union in die Frist nicht eingerechnet.
Ein überwiegendes Verschulden der Behörde ist dann anzunehmen, wenn die Verzögerung weder durch das Verschulden der Partei noch durch unüberwindliche Hindernisse verursacht wurde. Für diese Beurteilung gilt es auszumachen, ob die Ursache einer Verzögerung des Verwaltungsverfahrens (überwiegend) im Einflussbereich der Behörde liegt; gegebenenfalls ist das Verschulden der Partei an der Verzögerung des Verfahrens gegen jenes der Behörde abzuwägen (vgl. Hengstschläger/Leeb, Verwaltungsverfahrensrecht, 5. Auflage, Rz 638 mit zahlreichen Hinweisen auf die Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes).
2.3. Die Beschwerde wegen Verletzung der Entscheidungspflicht gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 3 B-VG dient dem Rechtsschutz gegen Säumnis der Behörden. Zweck der Säumnisbeschwerde ist es, demjenigen, der durch die Untätigkeit einer Behörde beschwert ist, ein rechtliches Instrument zur Verfügung zu stellen, um eine Entscheidung in der Sache zu erlangen (vgl. VwGH 25.11.2015, Ra 2015/08/0102).
Gemäß § 73 Abs. 1 AVG sind Behörden verpflichtet, über Anträge von Parteien innerhalb von sechs Monaten zu entscheiden.
Am 01.06.2018 langte der Feststellungsantrag der Beschwerdeführerin beim AMS Wien Esteplatz ein, womit die in § 73 Abs. 1 AVG festgelegte sechsmonatige Entscheidungsfrist zu laufen begann.
Das AMS hat über diesen Antrag unbestritten nicht entschieden.
Am 08.02.2019 und damit nach Ablauf der sechsmonatigen Entscheidungsfrist langte die vorliegende Säumnisbeschwerde beim AMS ein.
Die Behörde hat das Unterbleiben einer Entscheidung über den Feststellungsantrag lediglich damit begründet, dass die Erlassung eines Feststellungsbescheides weder erforderlich noch zulässig sei.
Aus dem Umstand, dass die Erlassung des beantragten Bescheides etwa aufgrund der Rechtsprechung zur Zulässigkeit eines Feststellungsbescheides nicht (mehr) geboten gewesen wäre, lässt sich allerdings noch nicht darauf schließen, dass keine Säumnis der Behörde vorliegt (VwGH 27.06.2017, Ra 2016/12/0092). Grundsätzlich besteht nämlich ein Anspruch des Antragstellers auf Zurückweisung seines Antrags. Auch dieser Anspruch ist mit Säumnisbeschwerde verfolgbar (s. VwGH 27.01.2004, 2000/10/0062, VwSlg 16269 A/2004, mwH auf die ständige Rechtsprechung). Eine Verwaltungsbehörde verletzt ihre Entscheidungspflicht daher nicht nur dann, wenn sie (beispielsweise) über ein Rechtsmittel nicht rechtzeitig eine Sachentscheidung trifft, sondern auch dann, wenn sie eine gebotene Zurückweisung eines Rechtsmittels verabsäumt (s. VwGH 21.09.2005, 2005/13/0064).
Bei der Entscheidung über die Frage, ob die Behörde mit der Erlassung eines Bescheides säumig war, ist daher nicht darauf abzustellen, ob der Feststellungsantrag inhaltlich berechtigt ist oder mangels Feststellungsinteresse zurückzuweisen gewesen wäre.
Vorliegend war die Behörde zum Zeitpunkt der Erhebung der Säumnisbeschwerde säumig.
Es wurde auch nicht dargetan, dass die Verzögerung durch das Verschulden der Partei oder durch unüberwindliche Hindernisse verursacht wurde. Dafür bestehen auch anhand der Aktenlage keine Hinweise.
Vielmehr ist von einem überwiegenden Verschulden der Behörde an der Verzögerung auszugehen.
Die Säumnisbeschwerde erweist sich somit im Ergebnis als zulässig und begründet.
II. Zurückweisung des Feststellungsantrags:
2.4. Die im vorliegenden Zusammenhang maßgebliche Bestimmung des § 46 AlVG, BGBl. 609/1977 idF BGBl. I 100/2018, lautet auszugsweise:
"Geltendmachung des Anspruches auf Arbeitslosengeld
§ 46. (1) Der Anspruch auf Arbeitslosengeld ist bei der zuständigen regionalen Geschäftsstelle persönlich geltend zu machen. Für die Geltendmachung des Anspruches ist das bundeseinheitliche Antragsformular zu verwenden. Personen, die über ein sicheres elektronisches Konto beim Arbeitsmarktservice (eAMS-Konto) verfügen, können den Anspruch auf elektronischem Weg über dieses geltend machen, wenn die für die Arbeitsvermittlung erforderlichen Daten dem Arbeitsmarktservice bereits auf Grund einer Arbeitslosmeldung oder Vormerkung zur Arbeitsuche bekannt sind; sie müssen jedoch, soweit vom Arbeitsmarktservice keine längere Frist gesetzt wird, innerhalb von 10 Tagen nach elektronischer Übermittlung des Antrages persönlich bei der regionalen Geschäftsstelle vorsprechen. Das Arbeitsmarktservice kann die eigenhändige Unterzeichnung eines elektronisch eingebrachten Antrages binnen einer gleichzeitig zu setzenden angemessenen Frist verlangen, wenn Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Geltendmachung bestehen. Der Anspruch gilt erst dann als geltend gemacht, wenn die arbeitslose Person bei der regionalen Geschäftsstelle zumindest einmal persönlich vorgesprochen hat und das vollständig ausgefüllte Antragsformular übermittelt hat. Das Arbeitsmarktservice kann vom Erfordernis der persönlichen Vorsprache absehen. Eine persönliche Vorsprache ist insbesondere nicht erforderlich, wenn die arbeitslose Person aus zwingenden Gründen, wie Arbeitsaufnahme oder Krankheit, verhindert ist, den Antrag persönlich abzugeben. Die Abgabe (das Einlangen) des Antrages ist der arbeitslosen Person zu bestätigen. Können die Anspruchsvoraussetzungen auf Grund des eingelangten Antrages nicht ohne weitere persönliche Vorsprache beurteilt werden, so ist die betroffene Person verpflichtet, auf Verlangen bei der regionalen Geschäftsstelle vorzusprechen. Hat die regionale Geschäftsstelle zur Klärung der Anspruchsvoraussetzungen, etwa zur Beibringung des ausgefüllten Antragsformulars oder von sonstigen Unterlagen, eine Frist bis zu einem bestimmten Zeitpunkt gesetzt und wurde diese ohne triftigen Grund versäumt, so gilt der Anspruch erst ab dem Tag als geltend gemacht, ab dem die beizubringenden Unterlagen bei der regionalen Geschäftsstelle eingelangt sind.
...
(5) Wird der Bezug von Arbeitslosengeld unterbrochen oder ruht der Anspruch (§ 16), wobei der regionalen Geschäftsstelle das Ende des Unterbrechungs- oder Ruhenszeitraumes im Vorhinein nicht bekannt ist, so ist der Anspruch auf das Arbeitslosengeld oder auf den Fortbezug neuerlich geltend zu machen. Wenn der Unterbrechungs- oder Ruhenszeitraum 62 Tage nicht übersteigt, so genügt für die Geltendmachung die Wiedermeldung bei der regionalen Geschäftsstelle. Die Wiedermeldung kann telefonisch oder elektronisch erfolgen, soweit die regionale Geschäftsstelle nicht ausdrücklich eine persönliche Wiedermeldung vorschreibt. Die regionale Geschäftsstelle kann die persönliche Geltendmachung oder Wiedermeldung insbesondere vorschreiben, wenn Zweifel an der Verfügbarkeit zur Arbeitsvermittlung bestehen oder eine persönliche Abklärung zur Wahrung oder Verbesserung der Vermittlungschancen erforderlich ist. Erfolgt die Wiedermeldung nicht binnen einer Woche nach Ende des Unterbrechungs- oder Ruhenszeitraumes, so gebührt das Arbeitslosengeld erst wieder ab dem Tag der Wiedermeldung.
(6) Hat die arbeitslose Person den Eintritt eines Unterbrechungs- oder Ruhenstatbestandes wie zB die bevorstehende Aufnahme eines Dienstverhältnisses ab einem bestimmten Tag mitgeteilt, so wird der Bezug von Arbeitslosengeld ab diesem Tag unterbrochen. Tritt der Unterbrechungs- oder Ruhenstatbestand nicht ein, so genügt für die Geltendmachung die Wiedermeldung bei der regionalen Geschäftsstelle. Die Wiedermeldung kann telefonisch oder elektronisch erfolgen, soweit die regionale Geschäftsstelle nicht ausdrücklich eine persönliche Wiedermeldung vorschreibt. Die regionale Geschäftsstelle kann die persönliche Wiedermeldung insbesondere vorschreiben, wenn Zweifel an der Verfügbarkeit zur Arbeitsvermittlung bestehen oder eine persönliche Abklärung zur Wahrung oder Verbesserung der Vermittlungschancen erforderlich ist. Erfolgt die Wiedermeldung nicht binnen einer Woche nach der Unterbrechung, so gebührt das Arbeitslosengeld erst wieder ab dem Tag der Wiedermeldung.
(7) Ist der regionalen Geschäftsstelle das Ende des Unterbrechungs- oder Ruhenszeitraumes im Vorhinein bekannt und überschreitet die Unterbrechung oder das Ruhen den Zeitraum von 62 Tagen nicht, so ist von der regionalen Geschäftsstelle ohne gesonderte Geltendmachung und ohne Wiedermeldung über den Anspruch zu entscheiden. Die arbeitslose Person ist in diesem Fall im Sinne des § 50 Abs. 1 verpflichtet, den Eintritt in ein Arbeitsverhältnis oder sonstige maßgebende Änderungen, die im Unterbrechungs- oder Ruhenszeitraum eintreten, der regionalen Geschäftsstelle zu melden. In allen übrigen Fällen ist der Anspruch neuerlich geltend zu machen."
2.5. Ein Feststellungsbescheid dient im Allgemeinen der verbindlichen Klarstellung, ob ein strittiges Rechtsverhältnis besteht oder nicht (Hengstschläger/Leeb, AVG § 56 Rz 68).
Ein öffentliches Interesse berechtigt lediglich die Behörden, von Amts wegen einen Feststellungsbescheid zu erlassen; ein Antrag einer Partei kann hingegen nur auf ein rechtliches Interesse dieser Partei an einer solchen Feststellung gegründet werden (vgl. Hengstschläger/Leeb, AVG § 56 Rz 74 f; vgl. auch Walter/Thienel, Verwaltungsverfahrensgesetze I2 § 56 AVG E 211). Ein rechtliches Interesse muss im Zeitpunkt der Erlassung des über den Feststellungsantrag absprechenden Bescheides (noch) bestehen. Eine an ein im Zeitpunkt der Erlassung des genannten Bescheides abgeschlossenes Geschehen anknüpfende Feststellung über ein Recht oder Rechtsverhältnis muss der Abwendung zukünftiger Rechtsgefährdung des Antragstellers dienen (vgl. etwa VwGH 19.03.1990, 88/12/0103; 17.12.1996, 94/01/0797; 26.11.2008, 2008/08/0189).
Ein hinreichendes Interesse an einer bescheidförmigen Feststellung ist dann anzunehmen, wenn die betreffende Feststellung - im Zeitpunkt der Bescheiderlassung - für die Partei im Einzelfall ein notwendiges Mittel zweckentsprechender "Rechtsverteidigung" bzw. "Rechtsverfolgung" darstellt. Dies setzt wiederum voraus, dass der Feststellung in concreto die Eignung zukommt, ein Recht oder Rechtsverhältnis für die Zukunft klarzustellen und dadurch die Gefährdung eines subjektiven Rechts des Antragstellers zu beseitigen (vgl. Hengstschläger/Leeb, AVG § 56 Rz 75). Ein Feststellungsbescheid als subsidiärer Rechtsbehelf ist jedenfalls dann nicht zulässig, wenn die strittige Rechtsfrage im Rahmen eines anderen gesetzlich vorgezeichneten Verwaltungsverfahrens entschieden werden kann. Dabei schließt nicht schon der Umstand, dass irgendein anderes Verfahren existiert, in dem die strittige Rechtsfrage geklärt werden kann, die Notwendigkeit der Rechtsverfolgung und damit einen Feststellungsantrag aus. Vielmehr muss das Ergebnis des betreffenden Verfahrens das rechtliche Interesse des Antragstellers abdecken. Ferner ist dies nach der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes und des Verwaltungsgerichtshofes nur dann anzunehmen, wenn dem Antragsteller die Beschreitung des "Rechtsweges" vor den Verwaltungsbehörden oder den Gerichten (VwSlg 6789 F/1993; vgl. auch VwSlg 13.732 A/1992 verst. Sen.) auch zumutbar und dieser damit im Hinblick auf das Rechtsschutzbedürfnis gleichwertig ist (vgl. Hengstschläger/Leeb, AVG § 56 Rz 79 mHa Funk, ÖJZ 1972, 35; vgl. auch VwSlg 7017 F/1995; Achatz, NZ 1988, 216ff; Antoniolli/Koja 549).
Im Zusammenhang mit der Zulässigkeit eines Feststellungsantrags betreffend die Vorschreibung eines Kontrollmeldetermins hielt der Verwaltungsgerichtshof in seiner Entscheidung vom 22.12.2010, 2009/08/0277, fest, dass zum Zeitpunkt der Erlassung des Bescheides betreffend den Abspruch über den Feststellungsantrag die Kontrollmeldetermine, hinsichtlich derer der Arbeitslose die Anträge auf Feststellung ihrer Unzulässigkeit gestellt hatte, längst verstrichen waren. Der Feststellungsantrag konnte sich daher nur (mehr) auf eine Rechtsgefährdung des Arbeitslosen stützen, die daraus resultiert, dass er diese beiden Termine nicht wahrgenommen hatte. Eine derartige Rechtsgefährdung würde nur bei einer Sanktionierung dieses bereits geschehenen Verhaltens des Arbeitslosen eintreten. Eine derartige Sanktionierung sieht das Gesetz auch vor (vgl. §§ 10 und 49 Abs. 2 AlVG), es besteht insoweit aber Rechtsschutz in einem anderen, gesetzlich vorgezeichneten, dem Arbeitslosen auch zumutbaren Verwaltungsverfahren, sodass ein Feststellungsantrag (als lediglich subsidiärer Rechtsbehelf) nicht zulässig war.
2.6. Im vorliegenden Fall wurde der Beschwerdeführerin am 18.05.2018 seitens des AMS im Zuge eines Kontrolltermins eine schriftliche Information über die erforderlichen Schritte für eine erfolgreiche Wiedermeldung nach einer Unterbrechung des Leistungsbezuges bzw. der Vormerkung iSd § 46 Abs. 5 AlVG folgenden Inhalts ausgehändigt:
"Unterbrechungen bis zu 62 Tagen
-
Wurde Ihr Leistungsbezug bzw. Ihre Vormerkung unterbrochen (z.B. wegen Krankheit oder Beschäftigung), müssen Sie für die Weitergewährung Ihrer Leistung bzw. für eine weitere Vormerkung persönlich in Ihre zuständige regionale Geschäftsstelle kommen.
-
Ein E-Mail, ein Anruf oder eine Nachricht über Ihr eAMS-Konto ist nicht ausreichend, damit Ihre Leistung bzw. Ihre Vormerkung fortgesetzt wird.
-
Bitte beachten Sie, dass Ihre persönliche Wiedermeldung innerhalb einer Woche nach Ende des Unterbrechungsgrundes erfolgen muss. Sollten Sie diese Rückmeldefrist nicht einhalten, beginnt Ihr Leistungsbezug bzw. Ihre Vormerkung erst wieder ab dem Tag Ihrer Vorsprache beim Arbeitsmarktservice.
Bei Unterbrechungen, die länger als 62 Tage dauern, besteht frühestens ab dem Tag Ihrer Meldung beim Arbeitsmarktservice ein Anspruch auf eine Leistung bzw. eine Vormerkung. Diese Meldung kann persönlich oder elektronisch über Ihr eAMS-Konto erfolgen."
Am 01.06.2018 beantragte die Beschwerdeführerin einen Feststellungsbescheid darüber, "welche sachlichen und (gesetzlichen) Gründe für eine Verpflichtung zur persönlichen Wiedermeldung vorliegen."
§ 46 AlVG regelt die Voraussetzungen, unter denen ein Sachgeschehen als "Geltendmachung des Anspruchs", an welche das Gesetz den Beginn des Leistungsbezugs knüpft, zu erachten ist. Die Bestimmung sieht auch einige Fälle einer rückwirkenden Geltendmachung vor (vgl. VwGH 09.09.2015, Ra 2015/08/0052).
§ 46 Abs. 5 AlVG kommt zur Anwendung, wenn der regionalen Geschäftsstelle das Ende des Unterbrechungs- oder Ruhenszeitraumes im Vorhinein nicht bekannt ist. Nach der angeführten Bestimmung findet eine Rückwirkung dann statt, wenn die Wiedermeldung (diese genügt, wenn die Unterbrechung 62 Tage nicht überschreitet) binnen einer Woche nach dem Ende des Unterbrechungszeitraums erfolgt; sie wirkt dann auf das Ende der Unterbrechung zurück. Bei einer Wiedermeldung nach Ablauf der Wochenfrist gebührt indessen der Fortbezug erst ab dem Tag der Meldung.
Bis zur Novelle BGBl I 5/2010 bestand gemäß § 46 Abs. 5 AlVG grundsätzlich die Notwendigkeit einer persönlichen Geltendmachung (u.a.) bei Unterbrechungen des Leistungsbezuges oder bei Ruhen des Anspruchs. Seit 01.07.2010 ermöglicht § 46 Abs. 5 AlVG auch eine telefonische oder elektronische Wiedermeldung, wenn der Unterbrechungs- oder Ruhenszeitraum 62 Tage nicht übersteigt und das AMS keine persönliche Geltendmachung oder Wiedermeldung vorschreibt. Die Vorschreibung einer persönlichen Wiedermeldung ist etwa bei Bestehen von Zweifeln an der Verfügbarkeit zur Arbeitsvermittlung oder bei Notwendigkeit einer persönlichen Abklärung zur Wahrung bzw. Verbesserung der Vermittlungschancen zulässig (§ 46 Abs. 5 vorletzter Satz AlVG).
Erfolgt die Wiedermeldung nicht binnen einer Woche nach der Unterbrechung, so gebührt das Arbeitslosengeld bzw. die Notstandshilfe erst wieder ab dem Tag der Wiedermeldung. In solchen Fällen wird die zuständige regionale Geschäftsstelle des AMS (entsprechend der ständigen Verwaltungspraxis) einen Bescheid darüber zu erlassen haben, ab welchem Tag Arbeitslosengeld bzw. Notstandshilfe gebührt.
Sollte die Beschwerdeführerin daher künftig in einem Fall des § 46 Abs. 5 AlVG, wenn der regionalen Geschäftsstelle das Ende des Unterbrechungs- oder Ruhenszeitraumes im Vorhinein nicht bekannt ist und die Unterbrechung oder das Ruhen 62 Tage nicht überschreitet, entgegen der Vorschreibung des AMS zunächst nur eine telefonische oder elektronische Wiedermeldung binnen einer Woche nach der Unterbrechung veranlassen, eine persönliche Wiedermeldung beim AMS jedoch erst nach Ablauf der Wochenfrist vornehmen, wäre seitens der zuständigen regionalen Geschäftsstelle ein Bescheid des Inhalts zu gewärtigen, dass der Fortbezug der Leistung (erst) ab dem Tag der persönlichen Wiedermeldung gebührt.
Im Rahmen dieses Verwaltungsverfahrens wäre jedoch auch die Frage zu klären, ob die in Rede stehende Vorschreibung einer persönlichen Wiedermeldung nach § 46 Abs. 5 vorletzter Satz AlVG überhaupt zulässig ist oder ob eine allenfalls frühere (jedenfalls binnen Wochenfrist erfolgte) telefonische bzw. elektronische Wiedermeldung auf das Ende der Unterbrechung zurückzuwirken vermag.
Da Rechtsschutz somit in einem anderen, in § 46 Abs. 5 AlVG vorgezeichneten, der Beschwerdeführerin auch zumutbaren Verwaltungsverfahren besteht (vgl. dazu etwa VwGH 22.12.2010, 2009/08/0277), war der Feststellungsantrag der Beschwerdeführerin mit Blick auf die Subsidiarität dieses Rechtsbehelfs als unzulässig zurückzuweisen.
2.7. Eine öffentliche mündliche Verhandlung konnte gemäß § 24 Abs. 2 Z 1 VwGVG entfallen, weil der das vorangegangene Verwaltungsverfahren einleitende Feststellungantrag der Beschwerdeführerin zurückzuweisen war.
Zu B) Unzulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist nicht zulässig, weil keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt: Dass über einen Feststellungsantrag abzusprechen ist, entspricht der oben zitierten Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (z.B. VwGH 27.06.2017, Ra 2016/12/0092). Ebenso wenig weicht die vorliegende Entscheidung von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur Zulässigkeit von Feststellungsbescheiden ab (vgl. dazu Pkt. II.2.5.).
Schlagworte
Entscheidungsfrist, Feststellungsbescheid, Feststellungsinteresse,European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2019:W238.2217200.1.00Zuletzt aktualisiert am
04.06.2019