TE Bvwg Erkenntnis 2019/4/10 W164 2204743-1

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Veröffentlicht am 10.04.2019
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Entscheidungsdatum

10.04.2019

Norm

AlVG §24
AlVG §25
AlVG §38
B-VG Art.133 Abs4
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §28 Abs2
VwGVG §28 Abs5

Spruch

W164 2204743-1/11E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Dr. Rotraut LEITNER als Vorsitzende sowie die fachkundigen Laienrichter Mag. Martin EGGER (aus dem Kreis der ArbeitgeberInnen) und Mag. Kurt RETZER (aus dem Kreis der ArbeitnehmerInnen) als Beisitzer über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , gegen den Bescheid des Arbeitsmarktservice vom 28.02.2018, in der Fassung der Beschwerdevorentscheidung vom 23.05.2018, Zl. 2018-0566-9-000654, nach einer nicht öffentlichen Beratung vom 09.04.2019 zu Recht erkannt:

A)

Der Beschwerde wird stattgegeben. Der angefochtene Bescheid wird gem. § 28 Abs 1, Abs 2 und Abs 5 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz behoben.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

Mit dem angefochtenen Bescheid des Arbeitsmarktservice (im Folgenden: AMS) wurde der dem BF für den Zeitraum 11.01.2018 bis 31.01.2018 gewährte Bezug von Notstandshilfe widerrufen und der BF zur Rückzahlung von € 645,33 verpflichtet. Zur Begründung wurde ausgeführt, dass der BF am 07.02.2018 bei einer "Tätigkeit" (gemeint war offenbar eine die Arbeitslosigkeit ausschließende selbständige oder unselbständige Erwerbstätigkeit) betreten worden sei.

Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer (im Folgenden: BF) fristgerecht Beschwerde und führte aus, er habe am Tag der Betretung nicht gearbeitet. Er habe ein von der Fa. XXXX an die Fa. XXXX KG gemietetes Fahrzeug gelenkt. Die XXXX KG sei bis 08.07.2017 seine Firma gewesen. Aus gesundheitlichen Gründen habe er diese Firma aufgeben müssen. Dies sei dem AMS bekannt. Am genannten Abend sei er mit seinem Nachfolger XXXX unterwegs gewesen. Da dieser betrunken war, habe der BF selbst das Fahrzeug gelenkt. Er habe seinen Nachfolger nach Hause gebracht und sei dann selbst nach Hause gefahren, da er nicht zulassen konnte, sich von einer betrunkenen Person heimbringen zu lassen. Auf dem Weg habe er in der Stadt noch etwas essen wollen und sei dort von der Polizei aufgehalten worden. Die aufgrund der daraufhin erhobenen Anzeige mit dem Fall befasste Finanzpolizei habe den Akt geschlossen und angegeben, dass es keine weitere Verfolgung geben werde.

Im Rahmen einer vom AMS im Beschwerdevorverfahren aufgenommenen Niederschrift gab der BF an, er habe nicht gewusst, dass er mit dem Firmenwagen nicht privat fahren dürfe. Nach Vorsprache beim Finanzamt sei ihm geraten worden, sich als geringfügig beschäftigte Person zur Sozialversicherung melden zu lassen.

Mit Beschwerdevorentscheidung vom 23.05.2018 wurde die Beschwerde abgewiesen und der angefochtene Bescheid dahingehend abgeändert, dass die Zuerkennung der Notstandshilfe gem. § 24 Abs 2 AlVG für den Zeitraum von 11.02.2018 bis 07.02.2018 widerrufen wurde und für den Zeitraum 1.01.2018 bis 31.01.2018 € 645,33 zum Rückersatz vorgeschrieben würden.

Dagegen erhob der BF fristgerecht einen Vorlageantrag.

Die im Beschwerdeverfahren im Wege von Rechtshilfeersuchen veranlassten Ermittlungen ergaben folgendes: Die Finanzpolizei Team XXXX für das Finanzamt 2/20/21/22 bestätigte mit Schreiben vom 25.01.2019 FAGZ XXXX , dass die Überprüfung der eingangs genannten Schwerpunktkontrolle keine eindeutig nachweisbare Beschäftigung ergeben habe. Es sei daher kein Strafantrag an die Bezirksverwaltungsbehörde gestellt worden.

Die NÖGKK gab mit Schreiben vom 31.01.2019, GZ XXXX bekannt, dass der BF seit 09.02.2018 bei der XXXX KG als geringfügig beschäftigt zur Unfallversicherung gemeldet sei. Es habe kein Anlass bestanden den BF für davor liegende Zeiträume zur Vollversicherungspflicht nachzumelden.

Das AMS erhielt diese Ermittlungsergebnisse im Wege des Parteiengehörs zur Kenntnis. Mit Stellungnahme vom 29.3.2019 wurde vorgebracht, die Anzeige vom 11.02.2019 der Landespolizeidirektion Wien und des Erhebungsdienstes des AMS habe das AMS zur Erlassung des angefochtenen Bescheides veranlasst. Mehr sei dem nicht hinzuzufügen.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Hinsichtlich der Feststellungen wird auf Punkt 1. Verfahrensgang verwiesen.

2. Beweiswürdigung:

Der Sachverhalt ist unbestritten. Die Abhaltung einer mündlichen Verhandlung erscheint nicht geboten.

3. Rechtliche Beurteilung:

Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Gemäß § 56 Abs. 2 AlVG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht über Beschwerden gegen Bescheide einer Geschäftsstelle durch einen Senat, dem zwei fachkundige Laienrichter angehören, je einer aus dem Kreis der Arbeitgeber und einer aus dem Kreis der Arbeitnehmer. Im vorliegenden Fall war daher Senatszuständigkeit gegeben.

Zu A)

Gem. § 12 Abs 1 AlVG ist arbeitslos, wer

1. eine (unselbständige oder selbständige) Erwerbstätigkeit (Beschäftigung) beendet hat,

2. nicht mehr der Pflichtversicherung in der Pensionsversicherung unterliegt oder dieser ausschließlich auf Grund eines Einheitswertes, der kein Einkommen über der Geringfügigkeitsgrenze erwarten lässt, unterliegt oder auf Grund des Weiterbestehens der Pflichtversicherung für den Zeitraum, für den Kündigungsentschädigung gebührt oder eine Ersatzleistung für Urlaubsentgelt oder eine Urlaubsabfindung gewährt wird (§ 16 Abs. 1 lit. k und l), unterliegt und

3. keine neue oder weitere (unselbständige oder selbständige) Erwerbstätigkeit (Beschäftigung) ausübt.

Zufolge § 12 Abs 3 AlVG gilt inbesondere nicht als arbeitslos,

a) wer in einem Dienstverhältnis steht;

b) wer selbständig erwerbstätig ist.

Zufolge § 12 Abs 6 lit a AlVG gilt jedoch als arbeitslos,

a) wer aus einer oder mehreren Beschäftigungen ein Entgelt erzielt, das die im § 5 Abs 2 angeführten Beträge nicht übersteigt[...]

b) (...)

c) wer auf andere Art (Anm: als durch das Führen eines land-forstwirtschaftlichen Betriebes) selbständig erwerbstätig ist bzw. selbständig arbeitet und daraus ein Einkommen gemäß § 36a erzielt oder im Zeitraum der selbständigen Erwerbstätigkeit bzw. der selbständigen Arbeit einen Umsatz gemäß § 36b erzielt, wenn weder das Einkommen zuzüglich Sozialversicherungsbeiträge, die als Werbungskosten geltend gemacht wurden, noch 11,1 vH des Umsatzes die im § 5 Abs. 2 ASVG angeführten Beträge übersteigt.

Gegenstand des angefochtenen Ausgangsbescheides und damit auch des Beschwerdeverfahrens (vgl. VwGH Ro 2018/08/0011 vom 08.05.2018) ist der mit dem Nichtvorliegen von Arbeitslosigkeit begründete Widerruf der Notstandshilfe betreffend den Zeitraum 11.01.2018 bis 31.01.2018 und die Rückforderung von bereits gewährter Notstandshilfe iHv €

645,33 (§§ 24 und 25 AlVG). Im vorliegenden Fall war jedoch weder eine die Arbeitslosigkeit ausschließende selbständige noch eine vollversicherungspflichtige unselbständige Erwerbstätigkeit des BF gegeben. Es ist kein Rückforderungstatbestand erfüllt. Soweit sich der angefochtene Bescheid auf eine Verletzung der Meldepflicht (§50 AlVG) stützt, ist auszuführen, dass eine Meldepflichtverletzung allein nicht zur Einstellung der Leistung führen sondern nur in Zusammenhang mit einem Rückforderungstatbestand relevant sein kann. Die Frage, ob der BF seine Meldepflicht verletzt hat, muss im vorliegenden Fall daher nicht weiter geprüft werden.

Somit war spruchgemäß zu entscheiden.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Schlagworte

Dienstverhältnis, Nachweismangel, Notstandshilfe, Rückforderung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2019:W164.2204743.1.00

Zuletzt aktualisiert am

31.05.2019
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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