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10/07 Verwaltungsgerichtshof;Norm
AsylG 1991 §6 Abs1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Zeizinger und die Hofräte Dr. Robl, Dr. Rosenmayr, Dr. Pelant und Dr. Enzenhofer als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Ogris, in der Beschwerdesache des BT in Wien, geboren am 30. Jänner 1975, vertreten durch Dr. Theresa Jordis, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Dr. Karl Lueger-Ring 12, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Niederösterreich vom 30. Juni 1995, Zl. Fr 1277/95, betreffend Ausweisung und Zurückweisung der Anträge auf Feststellung der Unzulässigkeit der Abschiebung und auf Erteilung eines Abschiebungsaufschubes,
Spruch
1. den Beschluss gefasst:
Soweit mit dem angefochtenen Bescheid der Antrag auf Erteilung eines Abschiebungsaufschubes zurückgewiesen wurde, wird die Beschwerde als gegenstandslos geworden erklärt und das Verfahren eingestellt;
2. zu Recht erkannt:
Der angefochtene Bescheid wird in seinem Ausspruch über die Zurückweisung des Antrages auf Feststellung der Unzulässigkeit der Abschiebung wegen Rechtswidrigkeit infolge Unzuständigkeit der belangten Behörde aufgehoben.
Im Übrigen, somit im Ausspruch über die Ausweisung, wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.
Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 12.620,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem zitierten Bescheid wies die belangte Behörde zum Einen - diesbezüglich im Instanzenzug - den Beschwerdeführer gemäß § 17 Abs. 2 Z. 4 und 6 und Abs. 3 des Fremdengesetzes - FrG, BGBl. Nr. 838/1992, aus dem Bundesgebiet aus und wies zum Anderen seine Anträge "gemäß § 54 sowie gemäß § 36/2 Fremdengesetz" zurück.
In der Begründung führte die belangte Behörde im Wesentlichen aus, der Beschwerdeführer sei am 1. März 1995 "illegal", in einem Lkw versteckt, in das Bundesgebiet eingereist. Er sei nicht im Besitz eines gültigen Reisedokumentes bzw. einer entsprechenden Aufenthaltsberechtigung gewesen. Sein Asylantrag sei mit Bescheid vom 2. März 1995 gemäß § 3 des Asylgesetzes 1991 abgewiesen worden. Eine vorläufige Aufenthaltsberechtigung komme nur jenen Asylwerbern zu, die gemäß § 6 Asylgesetz direkt in das Bundesgebiet eingereist seien. Da beim Beschwerdeführer der Tatbestand der direkten Einreise "nicht vorgefunden werden konnte", komme ihm die behauptete Aufenthaltsberechtigung nicht zu. Der rechtskräftige Abschluss des Asylverfahrens sei für die Zuständigkeit der Fremdenpolizeibehörde nicht erforderlich.
Durch die Umgehung der Grenzkontrolle habe der Beschwerdeführer den Tatbestand des § 17 Abs. 2 Z. 6 FrG erfüllt. Er sei wegen des Fehlens eines Sichtvermerks (auch) unter Missachtung der Bestimmungen des Fremdengesetzes nach Österreich eingereist und innerhalb eines Monats nach seiner Einreise betreten worden.
Bezogen auf § 17 Abs. 2 Z. 4 FrG führte die belangte Behörde aus, dass eine Unterbringung und Versorgung durch die Caritas für die Erbringung des Nachweises der Mittel zum Unterhalt nicht ausreiche.
Die Zurückweisung der Anträge auf Feststellung der Unzulässigkeit der Abschiebung und auf Gewährung eines Abschiebungsaufschubes begründete die belangte Behörde damit, dass ihr diesbezüglich keine Entscheidungskompetenz zukomme.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Begehren, ihn wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften und Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.
Die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde abzuweisen.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Zu Spruchpunkt 1.:
Zur diesbezüglichen Gegenstandslosigkeit der Beschwerde wird
gemäß § 43 Abs. 2 und 9 VwGG auf die Begründung der Entscheidung
vom heutigen Tag, Zl. 95/21/0835, verwiesen.
Zu Spruchpunkt 2.:
Der Beschwerdeführer bestreitet nicht die im angefochtenen Bescheid enthaltenen Feststellungen und bekämpft nicht die darauf beruhende Ansicht der belangten Behörde, dass die Tatbestände des § 17 Abs. 2 Z. 4 und 6 FrG verwirklicht worden seien. Unter Berücksichtigung der unter Umgehung der Grenzkontrolle und ohne Sichtvermerk erfolgten Einreise des Beschwerdeführers nach Österreich hegt der Verwaltungsgerichtshof gegen die Annahme der belangten Behörde, es liege der Tatbestand des § 17 Abs. 2 Z. 6 FrG vor, keine Bedenken; ob auch der Tatbestand der Z. 4 leg. cit. erfüllt ist, kann dahinstehen.
Eine Rechtswidrigkeit der verfügten Ausweisung behauptet der Beschwerdeführer lediglich mit dem Vorbringen, die belangte Behörde habe nicht festgestellt, aus welchem Staat er gekommen sei und es sei daher nicht nachvollziehbar, woher die belangte Behörde ableite, dass die Voraussetzung der direkten Einreise gemäß § 6 Asylgesetz 1991 in seinem Fall nicht vorläge. Es sei unverständlich, warum dem Beschwerdeführer als Asylwerber keine vorläufige Aufenthaltsberechtigung gemäß § 7 Asylgesetz 1991 zukommen sollte. Im Asylverfahren sei der Bescheid der zweiten Instanz noch ausständig und es sei die aufschiebende Wirkung seiner rechtzeitigen Berufung gegen den Bescheid der Asylbehörde erster Instanz nicht ausgeschlossen worden. Durch die Abweisung seines Asylantrages durch die Behörde erster Instanz habe der Beschwerdeführer seine vorläufige Aufenthaltsberechtigung nicht verloren.
Diesem Vorbringen ist zu entgegnen, dass der Beschwerdeführer in seinem Antrag auf Feststellung der Unzulässigkeit der Abschiebung "Rest-Jugoslawien" als seinen Verfolgerstaat bezeichnet hat. Im Zusammenhang mit der Tatsache, dass der Beschwerdeführer mittels eines Lkw in das Bundesgebiet eingereist ist und die Republik Österreich keine gemeinsame Grenze mit der Bundesrepublik Jugoslawien hat, kann eine direkte Einreise aus dem Staat, in dem der Beschwerdeführer nach seiner Behauptung Verfolgung befürchten müsse (§ 6 Abs. 1 Asylgesetz 1991), nicht angenommen werden. Der Beschwerdeführer behauptet ferner nicht, er hätte aus den Gründen des § 37 FrG nicht in den Staat zurückgewiesen werden dürfen, aus dem er nach Österreich einreiste (§ 6 Abs. 2 Asylgesetz 1991). Das Fehlen der Feststellung, aus welchem Nachbarstaat der Beschwerdeführer nach Österreich einreiste, zieht somit keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides nach sich.
Dem Beschwerdeführer kam daher nie eine asylrechtliche vorläufige Aufenthaltsberechtigung zu, weshalb sich die in der Beschwerde angeschnittene Frage, ob eine solche Aufenthaltsberechtigung noch aufrecht sei, nicht stellt. Von daher erweist sich die Ausweisung des Beschwerdeführers auch aus dem Blickwinkel des § 9 Abs. 1 Asylgesetz 1991 als unbedenklich.
Betreffend die Rechtswidrigkeit der von der belangten Behörde vorgenommenen Zurückweisung des Antrages auf Feststellung der Unzulässigkeit der Abschiebung wird gemäß § 43 Abs. 2 VwGG auf die Begründung des hg. Erkenntnisses vom 4. Dezember 1996, Zl. 96/21/0041, verwiesen, in dem unter Bezug auf das hg. Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 30. Mai 1996, Zl. 94/05/0370, ausgesprochen wurde, dass die Zurückweisung des Antrages auf Feststellung der Unzulässigkeit der Abschiebung nicht in eine bloße Feststellung der Unzuständigkeit der Berufungsbehörde umgedeutet werden könne. In diesem Umfang war der angefochtene Bescheid somit gemäß § 42 Abs. 2 Z. 2 VwGG wegen Rechtswidrigkeit infolge Unzuständigkeit der belangten Behörde aufzuheben.
Die Entscheidung über die Kosten des Verfahrens beruht auf den §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994. Wien, am 5. März 1999
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1999:1995211129.X00Im RIS seit
20.11.2000