Entscheidungsdatum
23.04.2019Norm
AlVG §10Spruch
W228 2216950-1/3E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Harald WÖGERBAUER als Vorsitzenden und die fachkundigen Laienrichter Dr. Peter POPPENBERGER sowie Franz KOSKARTI als Beisitzer in der Beschwerdesache von Herrn XXXX , SVNR: XXXX , beschlossen:
A)
Die Beschwerde gegen den Ausschluss der aufschiebenden Wirkung wird gemäß § 13 Abs. 5 VwGVG in Verbindung mit § 9 VwGVG mangels hinreichender Begründung abgewiesen.
B)
Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
I. Verfahrensgang:
Mit nicht rechtskräftigem Bescheid des Arbeitsmarktservice Schwechat vom 21.02.2019 wurde ausgesprochen, dass XXXX die Notstandshilfe mangels Arbeitswilligkeit ab 18.02.2019 eingestellt werde.
Begründend wurde ausgeführt, er sei nicht bereit: "eine vom AMS zugewiesene Beschäftigung als Fensterputzer im Rahmen einer Vorauwahl des AMS Wien Wagramer Straße mit möglichem Arbeitsantritt 18.2.2019 anzunehmen. Binnen kurzem hat die wiederholte Erfüllung des Tatbestandes § 9 AlVG zweimal zum Ausschluss der Leistung gemäß § 10 AlVG geführt. Dieses Verhalten dokumentiert eine generelle Ablehnung der Annahme von zumutbaren Beschäftigungen, weshalb ab der dritten Weigerung bzw. Nichtannahme bzw. Vereitelung auf einen dauerhaften Mangel an Arbeitswilligkeit geschlossen wurde und daher die Leistung gemäß § 9 AlVG einzustellen ist."
Gegen diesen Bescheid hat der Beschwerdeführer mit Schreiben vom 05.03.2019 fristgerecht Beschwerde erhoben. Der Beschwerdeführer verweist darauf, dass er im Vorfeld von der besagten Firma telefonisch verständigt wurde und um eine Arbeit bzw. sein Vorstellungsgespräch am 18.02.2019 um 6 Uhr in Vösendorf wahrzunehmen sei. Da er nicht im Stand war um diese Uhrzeit ohne Auto vor Ort zu sein (keine öffentlichen Verkehrsmittel!) wurde ihm erklärt, dass dieser Job für ihn hinfällig sei!
Mit nicht rechtskräftigem, verfahrensgegenständlichem Bescheid des Arbeitsmarktservice Schwechat vom 11.03.2019 wurde ausgesprochen, dass die aufschiebende Wirkung der Beschwerde ausgeschlossen werde. Begründend wurde mit Langzeitarbeitslosigkeit, Arbeitsunwilligkeit und generalpräventiven Gründen argumentiert.
Gegen diesen Bescheid hat der Beschwerdeführer mit Schreiben vom 28.03.2019 fristgerecht "Vorlageantrag" (gemeint: Beschwerde) erhoben. Der Standpunkt der belangten Behörde sei unrichtig, da er mit einer Vertreterin der zukünftigen Firma telefonierte und sie ihn bat, nicht wie vom AMS vorgesehen am 18.02.2019 um 09:00 Uhr in der AMS Jobbörse im 22. Wiener Gemeindebezirk vorzusprechen. Es wurde mitgeteilt, er solle am 18.02.2019 um 06:00 Uhr in Vösendorf zur Arbeit erscheinen! Da dies mit öffentlichen Verkehrsmitteln für ihn nicht möglich war, wurde gleich mitgeteilt, dass er sich nicht mehr vorzustellen brauche!
Der Akt langte am 03.04.2019 beim Bundesverwaltungsgericht ein.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
Von der Wohnadresse des Beschwerdeführers gab es am 18.02.2019 eine öffentliche Verkehrsanbindung, die um 05:24 Uhr in Vösendorf beim Postamt ankam. Dies war die erste Anbindung an diesem Tag. Auch weitere Verbindungen kamen vor 06:00 Uhr an.
Von der Wohnadresse des Beschwerdeführers gab es am 18.02.2019 einige öffentliche Verkehrsanbindungen, die vor 09:00 Uhr eine Ankunft beim AMS Wagramer Straße zur Vorauswahl sicherstellen konnten.
Der Beschwerdeführer ist beim AMS Wagramer Straße zur Vorauswahl nicht erschienen.
Er hat auch trotz gegebener öffentlicher Verkehrsanbindung aufgrund eines angeblich direkten Kontakts mit einer Firma in Vösendorf bei dieser nicht vorgesprochen.
Wirtschaftliche, finanzielle oder rechtliche Nachteile konnten nicht festgestellt werden.
2. Beweiswürdigung:
Die Verkehrsverbindungen wurden mittels Abfrage auf der Seite https://anachb.vor.at/ ermittelt. Somit konnte der Behauptung des Beschwerdeführers nicht gefolgt werden, dass es keine öffentliche Verkehrsanbindung gibt, die eine Ankunft vor 06:00 Uhr ermöglicht.
Die Nichtteilnahme an der Vorauswahl ist vom Beschwerdeführer unbestritten.
Die Nichtvorsprache bei der Firma aufgrund eines angeblichen Direktkontakts ergibt sich aus den Angaben des Beschwerdeführers.
Mangels Behauptung des Beschwerdeführers bezüglich wirtschaftlicher, finanzieller oder rechtlicher Nachteile konnten diese auch nicht festgestellt werden.
3. Rechtliche Beurteilung:
Gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG erkennen die Verwaltungsgerichte über Beschwerden gegen den Bescheid einer Verwaltungsbehörde wegen Rechtswidrigkeit.
Gemäß § 9 Abs. 2 Z 1 VwGVG ist belangte Behörde in den Fällen des Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG jene Behörde, die den angefochtenen Bescheid erlassen hat - vorliegend sohin das AMS Schwechat.
Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.
Gemäß § 56 Abs. 2 AlVG entscheidet über Beschwerden gegen Bescheide einer regionalen Geschäftsstelle des AMS das Bundesverwaltungsgericht durch einen Senat, dem zwei fachkundige Laienrichter angehören. Der Tatbestand, aus dem sich die Senatszuständigkeit ableitet, stellt nur auf die bescheiderlassende Behörde und nicht etwa darauf ab, worüber sie entschieden hat. Die Regelung trägt dem Legalitätsprinzip iSd Art. 18 Abs. 1 iVm Art. 83 Abs. 2 B-VG Rechnung, wonach der Gesetzgeber insbesondere in Bezug auf die Behörden- und Gerichtszuständigkeit zu einer präzisen, strengen Prüfungsmaßstäben standhaltenden Regelung verpflichtet ist und eine Zuständigkeitsfestlegung klar und unmissverständlich sein muss (vgl. das VwGH Erkenntnis vom 24. Oktober 2016, Ra 2016/02/0159). Gegenständlich ist Sache die Beschwerde gegen den die aufschiebende Wirkung ausschließenden Bescheid vom 30.04.2018.
Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das VwGVG, BGBl. I 2013/33 i.d.F. BGBl. I 2013/122, geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.
Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.
Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist.
Gemäß § 13 Abs. 2 VwGVG kann die Behörde die aufschiebende Wirkung mit Bescheid ausschließen, wenn nach Abwägung der berührten öffentlichen Interessen und Interessen anderer Parteien der vorzeitige Vollzug des angefochtenen Bescheides oder die Ausübung der durch den angefochtenen Bescheid eingeräumten Berechtigung wegen Gefahr im Verzug dringend geboten ist. Ein solcher Ausspruch ist tunlichst schon in den über die Hauptsache ergehenden Bescheid aufzunehmen.
Gemäß §13 Abs. 5 VwGVG hat die Beschwerde gegen einen Bescheid gemäß Abs. 2 oder 3 keine aufschiebende Wirkung. Sofern die Beschwerde nicht als verspätet oder unzulässig zurückzuweisen ist, hat die Behörde dem Verwaltungsgericht die Beschwerde unter Anschluss der Akten des Verfahrens unverzüglich vorzulegen. Das Verwaltungsgericht hat über die Beschwerde ohne weiteres Verfahren unverzüglich zu entscheiden und der Behörde, wenn diese nicht von der Erlassung einer Beschwerdevorentscheidung absieht, die Akten des Verfahrens zurückzustellen.
Zu A) Abweisung der Beschwerde:
Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zu Rechtsmitteln gegen den Ausschluss der aufschiebenden Wirkung nach § 64 Abs. 2 AVG hat die Rechtsmittelinstanz zu überprüfen, ob im Zeitpunkt der Erlassung des Bescheides der belangten Behörde die Voraussetzungen für den Ausschluss der aufschiebenden Wirkung gegeben waren (VwGH 29.09.2005, 2005/11/0123; 28.06.2001, 99/11/0243).
Die zuständige Behörde hat eine Interessenabwägung durchzuführen und darzulegen, worin die Gefahr im Verzug besteht, die einen vorzeitigen Vollzug des Bescheides dringend gebietet (Hengstschläger/Leeb, AVG, zu § 64 Rz 31). In der Interessenabwägung sind die Interessen des Beschwerdeführer gegen die berührten öffentlichen Interessen und allfälliger weitere Parteien abzuwägen, wobei in einem ersten Schritt festzustellen ist, welche Interessen überwiegen.
Im gegenständlichen Fall begründete das Arbeitsmarktservice den Ausschluss der aufschiebenden Wirkung damit, dass die aufschiebende Wirkung aus generalpräventiven Gründen den im öffentlichen Interesse gelegenen Normzweck unterlaufen würde. Insgesamt diene dieses Vorgehen dem gerechtfertigten Ziel der Verhinderung der missbräuchlichen Inanspruchnahme von Leistungen der Arbeitslosenversicherung. Außerdem sei der Ausschluss der aufschiebenden Wirkung spezialpräventiv, um die Langzeitarbeitslosigkeit des Beschwerdeführers zu beenden. Außerdem werde auf den disziplinierenden Zweck verwiesen.
Der Beschwerdeführer ist in seiner Beschwerde gegen den Ausschluss der aufschiebenden Wirkung diesem Vorhalt nicht substantiiert entgegengetreten. Er brachte nur inhaltliche Argumente. Den Beschwerdeführer trifft hinsichtlich des unverhältnismäßigen Nachteils allerdings eine Konkretisierungspflicht (VwGH 14.2.2014, Ro 2014/02/0053). Dieser Verpflichtung ist der Beschwerdeführer in seinen Beschwerdeausführungen nach Ansicht des Bundesverwaltungsgerichtes jedoch nicht nachgekommen.
Die Beurteilung, ob die geltend gemachten Nachteile die Schwelle der Unverhältnismäßigkeit erreichen, hängt somit entscheidend von den im Aufschiebungsantrag vorgebrachten konkreten Angaben ab. Der Aufschiebungsantrag enthält diesbezüglich keinerlei Angaben. In der Beschwerde und dem Nachtrag wird nicht einmal ansatzweise dargelegt, worin seine - bei Nichtzuerkennung der aufschiebenden Wirkung - konkreten Nachteile in qualitativer wie quantitativer Hinsicht liegen, die ihm in einem solchen Ausmaß drohen, dass sie die Schwelle der Unverhältnismäßigkeit iSd § 30 Abs. 2 VwGG übersteigen (VwGH 03.06.2011, AW 2011/10/0016).
Gemäß ständiger Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes hat ein Antragsteller in seinem Antrag zu konkretisieren, worin für ihn der unverhältnismäßige Nachteil gelegen wäre. Nur durch die glaubhafte Dartuung konkreter - tunlichst ziffernmäßiger - Angaben über die finanziellen Verhältnisse des Antragstellers wird das erkennende Verwaltungsgericht überhaupt erst in die Lage versetzt, zu beurteilen, ob der Vollzug des angefochtenen Bescheides für den Antragsteller einen unverhältnismäßigen Nachteil mit sich brächte (vgl. zB. VwGH 11.03.1996, AW 96/17/0071; 27.06.1996, AW 96/17/0028, 10.08.2011, AW/2011/17/0028).
Vorliegend führt der Beschwerdeführer nicht näher aus, welche konkreten wirtschaftlichen, finanziellen oder rechtlichen Nachteile für ihn mit der Durchsetzbarkeit des Bescheides verbunden wären, damit die erforderliche Abwägung gegenüber den - laut VwGH Erkenntnis vom 11.04.2018, Zl. Ro 2017/08/0033, unstrittig bestehenden - Interessen der Öffentlichkeit am Sanktionszweck des Ausschlusses der aufschiebenden Wirkung in der Arbeitslosenversicherung, vorgenommen hätte werden können. Das Bundesverwaltungsgericht hat jedoch nur über konkrete wirtschaftliche, finanzielle oder rechtliche Nachteile, nicht aber über andere Begründungen des Beschwerdeführers zu erkennen.
Fister/Fuchs/Sachs in Rz 8 gehen aufgrund des klaren Wortlautes des § 13 Abs. 5 letzter Satz VwGVG "ohne weiteres Verfahren" davon aus, dass keine Möglichkeit für Sachverhaltsfeststellungen seitens des Bundesverwaltungsgerichtes besteht. Daher erübrigen sich Erhebungen über die durch das AMS vorgelegten Dokumente hinaus.
An diesem Ergebnis ändert auch die Grobprüfung der Erfolgschancen der Beschwerde durch den erkennenden Senat nichts, da aufgrund der getroffenen Feststellungen diese als "von vornherein aussichtslos" zu beurteilen ist. Der Beschwerdeführer ist nicht zur Vorauswahl beim AMS gegangen. Er ist auch nicht zum angeblich direkt ausgemachten Termin bei einer Firma in Vösendorf, die er nicht namentlich angegeben hat und deren Ansprechpartner er ebenso nicht benannt hat, hingegangen, obwohl laut den Feststellungen öffentliche Verkehrsmittel vom Wohnsitz des Beschwerdeführers ein rechtzeitiges Einlangen in Vösendorf mit öffentlichen Verkehrsmitteln sichergestellt hätten.
Da das Bundesverwaltungsgericht somit keine Anhaltspunkte für einen unverhältnismäßigen Nachteil oder eine erfolgreiche Führung des Beschwerdeverfahrens für den Beschwerdeführer zum nunmehrigen Entscheidungszeitpunkt erkennen kann, war die Beschwerde gegen den angefochtenen Bescheid abzuweisen.
Angemerkt wird, dass mit der gegenständlichen Entscheidung eine Entscheidung in der Hauptsache nicht vorweggenommen wird und der erkennende Senat durch die gegenständliche Entscheidung und die vorgenommene Grobprüfung sich im Hauptverfahren in keine Richtung gebunden sieht.
Zu B) Unzulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
Der Senat konnte sich neben den zuvor genannten VwGH Entscheidungen auch auf die Entscheidung vom 07.09.2017, Zl. Ra 2017/08/0065, stützen.
Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.
Schlagworte
aufschiebende Wirkung, KonkretisierungEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2019:W228.2216950.1.00Zuletzt aktualisiert am
31.05.2019