TE Vwgh Beschluss 2019/4/15 Ra 2018/02/0087

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Veröffentlicht am 15.04.2019
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Index

L70309 Buchmacher Totalisateur Wetten Wien
001 Verwaltungsrecht allgemein
10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG)
10/07 Verwaltungsgerichtshof
40/01 Verwaltungsverfahren

Norm

AVG §71
B-VG Art133 Abs4
VwGG §34 Abs1
VwRallg
WettenG Wr 2016 §27 Abs3

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Beck sowie die Hofräte Mag. Dr. Köller und Mag. Straßegger als Richter, unter Mitwirkung des Schriftführers Mag. Friedwagner, über die Revision der L GmbH in W, vertreten durch Mag. Dr. Georg Haunschmidt, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Stadiongasse 6-8, gegen das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes Wien vom 7. April 2017, Zl. VGW-103/042/4322/2017-4, betreffend Zurückweisung eines Antrages auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand in einer Angelegenheit nach dem Wiener Wettengesetz (Partei gemäß § 21 Abs. 1 Z 2 VwGG: Magistrat der Stadt Wien), den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1 Beim Magistrat der Stadt Wien langte am 29. Dezember 2016 ein mit 27. Dezember 2015 datiertes Schreiben der revisionswerbenden Partei mit folgendem Wortlaut ein:

"Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand Wir waren im Besitze einer Buchmacherkonzession die von uns

nicht bekannten Änderung des Wettgesetzes betroffen ist resp. betroffen war.

Faktum ist, dass unserem Geschäftsführer Herr P am 10. Mai 2016 durch ein eMail über das aufrechte Bestehen der Buchmacherkonzession bestätigt wurde. Von den bevor stehenden Änderungen ab 14. Mai wurden wir nicht informiert und wurde das auch im persönlichen Telefonat mit Frau Mag K nicht angesprochen.

Wir sind ein kleiner mittelständischer Betrieb und haben von diesen Änderungen nichts gewusst auch ist uns ein angebliches Rundschreiben des Magistrats niemals zugegangen. Wir sind der Meinung, dass wir daher nur ein geringfügiges, entschuldbares Fehlverhalten begangen haben, noch dazu wo wir bei der Konzessionserteilung eine unbefristete Bankgarantie vorgelegt haben. Diese Bankgarantie sollte sich in der Gewahrsame des Magistrats befinden; wir selbst sind nicht mehr im Besitze einer Kopie, da die gesetzliche Aufbewahrungsfrist längst abgelaufen ist.

Die Einhaltung der gesetzlichen 14tägigen Frist für den Wiedereinsetzungsantrag ist durch die Tatsache, dass wir erst am Tag der Beschlagnahme von den Änderungen erfahren haben. Das geringfügige Verschulden sollte durch die obigen Ausführungen ausreichend dargetan sein.

Es wird daher gebeten, dem Antrag stattzugeben und im Sinne des Antrages positiv zu entscheiden."

2 Diesen Antrag wies der Magistrat der Stadt Wien als unzulässig zurück.

3 Mit dem angefochtenen Erkenntnis wies das Verwaltungsgericht Wien die dagegen erhobene Beschwerde der revisionswerbenden Partei als unbegründet ab und es sprach aus, dass eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig sei.

4 Begründend führte das Verwaltungsgericht aus, der revisionswerbenden Partei sei mit Bescheid der Wiener Landesregierung vom 21. Juni 2005 für eine näher genannte Betriebsstätte auf unbestimmte Dauer die Bewilligung zum Abschluss von Wetten aus Anlass von sportlichen Veranstaltungen erteilt worden. Am 19. Dezember 2016 hätten Organe des Magistrats der Stadt Wien die Geschäftsräumlichkeiten der revisionswerbenden Partei auf die Einhaltung der wettrechtlichen Bestimmungen kontrolliert. Mit dem als Wiedereinsetzungsantrag titulierten Schreiben seien weder eine Fristversäumnis noch das Vorliegen eines Hindernisses im Sinne des § 71 AVG behauptet worden und es fehlten Angaben zum Beginn des Wegfalls eines Hindernisses. Darüber hinaus handle es sich bei der in der Beschwerde genannten Frist des § 27 Abs. 3 Wiener Wettengesetz um eine materiellrechtliche und somit nicht restituierbare Frist.

5 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

6 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in

nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.

7 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

8 Zur Zulässigkeit der Revision wird vorgebracht, § 27 Abs. 3 Wiener Wettengesetz enthalte eine formelle Frist. Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes könne auch ein Rechtsirrtum über die genannte Frist einen Wiedereinsetzungsgrund darstellen, der mit der behördlichen Kontrolle am 19. Dezember 2016 weggefallen sei. Die revisionswerbende Partei habe alle notwendigen Angaben für den Wiedereinsetzungsantrag gemacht und die versäumte Handlung nachgeholt.

9 Gemäß § 27 Abs. 3 Wiener Wettengesetz, LGBl. 26/2016 (am 13. Mai 2016 im Landesgesetzblatt für Wien kundgemacht) sind das Wettreglement und der Bonitätsnachweis der Behörde spätestens nach Ablauf von sechs Monaten nach Inkrafttreten dieses Gesetzes zur Kenntnis zu bringen bzw. vorzulegen, widrigenfalls die vor dem Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Gesetzes erteilte Berechtigung erlischt.

10 Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes kann einer Rechtsfrage nur dann grundsätzliche Bedeutung im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B-VG zukommen, wenn sie über den konkreten Einzelfall hinaus Bedeutung entfaltet. Der Frage, ob besondere Umstände des Einzelfalles auch eine andere Auslegung einer Erklärung gerechtfertigt hätten, kommt in der Regel keine grundsätzliche Bedeutung im besagten Sinn zu. So geht die - vertretbare - Auslegung eines Antrages in ihrer Bedeutung nicht über den Einzelfall hinaus und vermag sohin auch keine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung aufzuwerfen. Der Frage, ob besondere Umstände des Einzelfalles auch eine andere Auslegung einer Erklärung gerechtfertigt hätten, kommt in der Regel ebenfalls keine grundsätzliche Bedeutung im besagten Sinn zu (vgl. etwa VwGH 11.10.2018, Ra 2018/16/0154, mwN).

11 Der oben wiedergegebene Inhalt des als Wiedereinsetzungsantrag bezeichneten Schreibens der revisionswerbenden Partei lässt die vom Verwaltungsgericht vorgenommene Deutung, dass nicht einmal die Behauptung einer Fristversäumung enthalten sei, als vertretbar erscheinen. Zwar legt der in der Eingabe enthaltene Hinweis auf die ihre Buchmacherkonzession betreffenden "Änderungen ab 14. Mai" nahe, dass damit das Wiener Wettengesetz gemeint sein könnte, doch ist daraus nicht mit ausreichender Klarheit ersichtlich, ob überhaupt eine der verschiedenen im genannten Gesetz enthaltenen Fristen versäumt worden wäre. Zum nicht näher umschriebenen entschuldbaren Fehlverhalten wird in der Eingabe auf eine bereits im Zeitpunkt der Konzessionserteilung vorgelegte Bankgarantie verwiesen, sodass deren Übermittlung an den Magistrat ohnedies nicht verspätet erfolgt wäre. Da die erstmals in der Beschwerde genannte Frist des § 27 Abs. 3 Wiener Wettengesetz auch die Vorlage des Wettreglements erfordert und dazu in der Eingabe nichts gesagt wird, ist es nachvollziehbar, wenn das Verwaltungsgericht die Behauptung einer konkreten Fristversäumung vermisst.

12 Darüber hinaus wird mit § 27 Abs. 3 Wiener Wettengesetz das Erlöschen einer Berechtigung, somit eines materiellrechtlichen Anspruchs -  ohne Durchführung eines Verfahrens (vgl. VwGH 16.11.2018, Ra 2018/02/0304) - angeordnet, sodass die darin genannte zeitliche Beschränkung nicht als verfahrensrechtliche, sondern vielmehr als materiellrechtliche Frist zu werten und nicht restituierbar ist (vgl. die bei Hengstschläger/Leeb, AVG § 71 Rz. 18 zu vergleichbaren Regelungen wiedergegebene hg. Rechtsprechung).

13 In der Revision werden sohin keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher zurückzuweisen.

Wien, am 15. April 2019

Schlagworte

Individuelle Normen und Parteienrechte Auslegung von Bescheiden und von Parteierklärungen VwRallg9/1Rechtsgrundsätze Fristen VwRallg6/5

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2019:RA2018020087.L00

Im RIS seit

22.07.2019

Zuletzt aktualisiert am

22.07.2019
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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