TE Lvwg Erkenntnis 2019/4/16 VGW-221/008/3310/2019/VOR, VGW-221/008/3311/2019/VOR, VGW-221/008/3312/

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 16.04.2019
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Entscheidungsdatum

16.04.2019

Index

10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG)
L37129 Benützungsabgabe Gebrauchsabgabe Wien
L82009 Bauordnung Wien
40/01 Verwaltungsverfahren

Norm

B-VG Art 132 Abs1 Z1
GebrauchsabgabeG Wr §2 Abs5
BauO Wr §5 Abs6
AVG §8

Text

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Verwaltungsgericht Wien hat durch seine Richterin Mag. Burda aus Anlass der Vorstellung der Frau A. B. u.a. vom 04.03.2019 gegen die Entscheidung des Verwaltungsgerichtes Wien vom 19.02.2019, Zl. VGW-221/008/RP11/12683/2018-3, mit welchem die Beschwerde gegen den Bescheid des Magistrates der Stadt Wien, Magistratisches Bezirksamt für den ... Bezirk, vom 7.8.2018, Zl. ..., soweit sie sich gegen Spruchpunkt I. richtete, gemäß § 31 Abs. 1 VwGVG als unzulässig zurückgewiesen und soweit sie sich gegen Spruchpunkt III. richtete, gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG als unbegründet abgewiesen wurde,

I. den

B E S C H L U S S

gefasst:

Die Beschwerde gegen Spruchpunkt I. wird gemäß § 31 Abs. 1 VwGVG als unzulässig zurückgewiesen.

u n d

II. Zu Recht e r k a n n t:

Die Beschwerde gegen Spruchpunkt III. wird gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG als unbegründet abgewiesen und der angefochtene Bescheid in diesem Spruchpunkt bestätigt.

III. Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

Der Spruch des angefochtenen Bescheides lautet wie folgt:

„I. Gemäß § 1 des Gebrauchsabgabegesetzes 1966 (GAG), LGBl. für Wien Nr. 20/1966 i.d.g.F. und gemäß § 82 Abs. 1 der Straßenverkehrsordnung 1960 (StVO), BGBl. 159/1960 i.d.g.F. wird der AT. KG die Erlaubnis erteilt, den öffentlichen Grund und den darüber befindlichen Luftraum vor dem Haus Wien, AU.-gasse (Zone 3) am Gehsteig im Ausmaß von 7,33 m Länge und 0,65 m Breite (Gesamtfläche: 4,76 m2) zur Aufstellung von Tischen und Stühlen in der Zeit ab Rechtskraft des Bescheides bis 31.10.2018 benützen zu dürfen.

Die Ausgestaltung hat in der mit Bescheid vom 09.06.2016, GZ ..., genehmigten Form zu erfolgen.“

Außerdem wurden in Spruchpunkt I. gemäß § 2 Abs. 2 GAG insgesamt 11 näher definierte Auflagen und Bedingungen vorgeschrieben und wurde in Spruchpunkt II. für die Erlaubnis zum Gebrauch des öffentlichen Grundes bzw. des darüber befindlichen Luftraumes eine monatliche Gebrauchsabgabe von 10,-- Euro festgesetzt.

Mit Spruchpunkt III. wurden die Einwendungen von Herrn Mag. AV. AW., bevollmächtigter Vertreter der nunmehrigen Beschwerdeführer, wonach der Gehsteig bereits durch parkende LKW (Belieferung Nachbarlokal) eingeengt werde, der Betreiber den Schanigarten bereits ohne Genehmigung betreibe, dessen Situierung zu einer das ortsübliche Ausmaß überschreitenden Beeinträchtigung durch Rauch der rauchenden Gäste im Schanigarten führe und daher ein Amtsarzt beizuziehen sei, eine Sicherung vor Abrücken und missbräuchlicher Nutzung des Schanigartens nicht gegeben sei und weiters der Antrag auf Erteilung einer Gebrauchserlaubnis unzulässig sei, weil das Verfahren zu GZ. ... noch am Verwaltungsgericht Wien anhängig sei und dieselbe Sache darstelle, zurückgewiesen.

Die rechtsfreundlich vertretenen im Rubrum genannten Beschwerdeführern erhoben gegen Spruchpunkt I. und Spruchpunkt III. des angefochtenen Bescheids rechtzeitig Beschwerde, in der im Wesentlichen unter Hinweis auf diverse gesetzliche Bestimmungen der Straßenverkehrsordnung (§ 82 StVO) und des Gebrauchsabgabegesetzes (§§ 1, 1a und 2 Wr GAG) Ausführungen zu Versagungsgründen und einschränkenden Determinanten sowie Nichtigkeit getätigt wurden. Zur Frage der Parteistellung und Rechte wurden die diesbezüglichen Bestimmungen des § 2 Abs. 5 Wr GAG und des § 5 Abs. 6 lit. a, b und d der Bauordnung für Wien zitiert.

§ 2 Abs 5 Wr GAG 1966 sei so zu verstehen, dass nicht nur dem Liegenschaftseigentümer, von dessen Liegenschaft aus der Gebrauch erfolge, sondern auch jenem Liegenschaftseigentümer, auf den dies nicht zutreffe, sofern er gleichfalls durch den Gebrauch in seinem Frontrecht berührt sein könne, Parteistellung im Verfahren zur Erteilung der Gebrauchserlaubnis zukomme (VwGH 19.09.2006,2004/05/0158). Die Möglichkeit der Beeinträchtigung dieses Rechts begründe die Parteistellung (VwGH 2004/05/0158). Von diesem Recht sei auch der Bezug von Licht und Luft umfasst (VwGH 2010/05/0197, 2001/05/0173) sowie der Schutz vor übermäßigen Lärmbeeinträchtigungen (VwGH 2004/05/0158).

Die Beschwerdeführer seien Wohnungseigentümerinnen und Wohnungseigentümer der Liegenschaft EZ ... der KG ... mit dem Grundstück Nr. ... und dem darauf bestehenden Haus mit der Grundstücksadresse AU.-gasse, Wien. Gegenstand des Verfahrens sei eine Gebrauchserlaubnis für einen Gastgarten, dessen Situierung unmittelbar vor diesem Haus Wien, AU.-gasse, und damit in einer Entfernung von weniger als 20m davon beabsichtigt sei. Zudem werde der Gastgarten für einen Gastgewerbebetrieb beantragt, der sich in diesem Haus befinde. Der verfahrensgegenständliche Antrag stamme aus dem Jahr 2018 und betreffe dieses Jahr. Im Jahr davor sei für diesen Standort keine derartige Gebrauchserlaubnis erteilt worden.

Zuletzt sei mit Bescheid der belangten Behörde vom 09.06.2016 zu ... für diesen Standort ein Gastgarten befristet bis 31.10.2016 bewilligt worden. Dieser Bescheid sei aber nicht rechtskräftig genehmigt; die Beschwerdeführer hätten dagegen am 07.07.2016 fristgerecht eine Bescheidbeschwerde erhoben, über die das Verwaltungsgericht Wien bis dato nicht entschieden habe.

Die Beschwerdeführer hätten in der mündlichen Behördenverhandlung vom 07.06.2018 mehrere Einwendungen gegen die Erteilung der beantragten Gebrauchserlaubnis erhoben, insbesondere wegen der von dem geplanten Gastgarten ausgehenden übermäßigen, das ortsübliche Ausmaß überschreitenden Immissionen, und zwar der übermäßigen Lärmimmissionen und - insbesondere durch Rauch erfolgenden - übermäßigen Schadstoffimmissionen. Sie hätten damit ihr Recht auf Licht und Luft geltend gemacht.

Entgegen dem angefochtenen Bescheid seien diese Einwendungen rechtlich relevant, weil die Beschwerdeführer jeweils ein subjektives öffentliches Recht hätten, dass die Gebrauchserlaubnis für einen Gastgarten iSd Wr GAG Tarif D Post 2, der unmittelbar vor dem auf der Liegenschaft der Beschwerdeführer bestehenden Haus errichtet und betrieben werde, und von dem übermäßige Luft- und Lärmemissionen ausgingen, die auf die unmittelbar angrenzende Liegenschaft der Beschwerdeführer und deren im Haus dieser Liegenschaft gelegenen Wohnungseigentumsobjekte über deren Außenfenster sowie über den Eingangsbereich des Hauses als übermäßige, das ortsübliche Ausmaß überschreitende Immissionen belastend einwirkten, unterbleibe. Die Zurückweisung der von den Beschwerdeführern erhobenen Einwendungen sei daher rechtswidrig. Der angefochtene Bescheid sei deshalb formell und materiell rechtswidrig.

Die belangte Behörde habe ausgehend von ihrer unrichtigen Rechtsansicht entgegen der für sie gemäß § 37 iVm § 39 AVG geltenden Ermittlungspflicht nicht sämtliche zur Beurteilung dieser Einwendungen entscheidungsrelevanten Umstände erhoben und habe auch entgegen § 37 AVG nicht den Beschwerdeführern als Verfahrensparteien Gelegenheit zur Geltendmachung ihrer rechtlichen Interessen gegeben und ihnen entgegen § 45 Abs. 3 AVG nicht Gelegenheit gegeben, zu den Ergebnissen der Beweisaufnahme Stellung zu nehmen. Sie habe damit auch das Recht der Beschwerdeführer auf Gewährung des rechtlichen Gehörs verletzt.

Es sei erforderlich, dass nunmehr diese Ermittlungen nachgeholt und entsprechende Erhebungen vorgenommen, zu diesem Zweck die Beschwerdeführer zu den Details der von ihnen eingewendeten Beeinträchtigungen vernommen und Gutachten von Amtssachverständigen aus den Fachgebieten des Lärm- und Schallschutzes und der Luftreinhaltung eingeholt würden, die dann amtsmedizinisch beurteilt würden, um die Auswirkungen von Schall- und Luftimmissionen, die von dem verfahrensgegenständlichen Gastgarten ausgehen und ausgehen könnten, zu erheben. Damit ergebe sich dann, dass der gegenständliche auf Erteilung einer Gebrauchserlaubnis gerichtete Antrag abzuweisen sei, weil diese Immissionen übermäßig seien.

Abschließend wurde die Durchführung einer mündlichen Beschwerdeverhandlung sowie die ersatzlos Aufhebung des angefochtenen Bescheids im Umfang der Anfechtung beantragt.

In der Folge wies der zuständige Rechtspfleger des Verwaltungsgerichtes Wien die Beschwerde gegen den angefochtenen Bescheid, soweit sie sich gegen Spruchpunkt I. richtete, als unzulässig zurück und soweit sie sich gegen dessen Spruchpunkt III. richtete, gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG als unbegründet ab.

Gegen diese Entscheidung wurde eine rechtzeitige Vorstellung erhoben, in welcher vorgebracht wurde, dass der Hinweis auf den Befristungsablauf der verfahrensgegenständlichen Gebrauchserlaubnis verfehlt und überdies eine Verletzung des Frontrechts der Beschwerdeführer durch den beantragten Schanigarten vorliege.

Das Verwaltungsgericht Wien hat erwogen:

Beweis wurde erhoben durch Einsicht in den aus Anlass der Beschwerdevorlage übermittelten Verwaltungsakt.

Folgender Sachverhalt steht demnach fest:

Die nunmehrigen Beschwerdeführer sind laut dem im behördlichen Akt befindlichen Grundbuchsauszug Wohnungseigentümer in der Liegenschaft Wien, AX.-gasse/ AU.-gasse.

Mit Antrag vom 29.5.2017 ersuchte die AT. KG um Genehmigung zur Aufstellung von Tischen und Stühlen vor dem Lokal in Wien, AU.-gasse, für den im Spruch ersichtlichen Zeitraum unter Hinweis auf den Bescheid des Magistratischen Bezirksamtes für den ... Bezirk vom 9.6.2016, GZ. ....

In der Folge beraumte die Verwaltungsbehörde am 17.5.2018 eine Augenscheinsverhandlung für den 7.6.2018 an, wobei sich in der Anberaumung folgender verbaler Rechtsfolgenhinweis gemäß § 2 Abs. 5 GAG befand:

„Gemäß § 2 Abs. 5 Gebrauchsabgabegesetz 1966, LGBl. für Wien Nr. 20/1966 i.d.g.F. haben nur Eigentümer, die spätestens bei der mündlichen Verhandlung Einwendungen wegen einer Beeinträchtigung der Ausübung der in § 5 Abs. 6 lit. a, b und d der Bauordnung für Wien, LGBl. für Wien Nr. 11/1930, i.d.g.F. angeführten Rechte erheben, Parteistellung.“

Diese Anberaumung wurde der Hausverwaltung der Beschwerdeführer unbestrittener Maßen zugestellt.

Bei der Augenscheinsverhandlung am 7.6.2018, an der neben der Antragstellerin, Vertretern verschiedener Behörden und der Wirtschaftskammer Wien auch Mag. AV. AW. als bevollmächtigter Vertreter der nunmehrigen Beschwerdeführer teilnahmen, wurde die Stellungnahme des Amtssachverständigen der Magistratsabteilung 46, wonach (im Wesentlichen) bei Freihaltung einer Restgehsteigsbreite von 2 Metern kein Einwand gegen die Genehmigung bestehe, den Anwesenden zur Kenntnis gebracht.

Der damalige Vertreter der nunmehrigen Beschwerdeführer sprach sich gegen die Genehmigung des Schanigartens aus, weil der Gehsteig bereits durch parkende LKW (Belieferung Nachbarlokal) eingeengt werde, der Betreiber den Schanigarten bereits ohne Genehmigung betreibe, dessen Situierung zu einer das ortsübliche Ausmaß überschreitenden Beeinträchtigung durch Rauch der rauchenden Gäste im Schanigarten führe und daher ein Amtsarzt beizuziehen sei, eine Sicherung vor Abrücken und missbräuchlicher Nutzung des Schanigartens, insbesondere durch Anhänger der im Bereich der U6 vermehrt auftretenden Suchtgiftszene, nicht gegeben sei und weiters der Antrag auf Erteilung einer Gebrauchserlaubnis unzulässig sei, da das Verfahren zu GZ. ... noch am Verwaltungsgericht Wien anhängig sei, dies dieselbe Sache darstelle und somit der Antrag durch die Behörde zurückzuweisen gewesen sei.

Beweiswürdigung:

Diese Feststellungen zum Verfahrensgang ergeben sich aus der diesbezüglich unstrittigen Aktenlage.

 

Rechtlich folgt daraus:

Die im Beschluss des Landesrechtspflegers des Verwaltungsgerichtes Wien vom 19.02.2019, Zl. VGW-221/008/RP11/12683/2018-3, zum Ausdruck kommende Rechtsansicht, wonach wegen des Ablaufes der Befristung des gegenständlich bewilligt gewesenen Schanigartens der Gegenstand des Bewilligungsverfahrens weggefallen sei und somit rein begrifflich nicht mehr „in der Sache entschieden“ werden könne, hat ihre Richtigkeit nur dort, wo das Verwaltungsgericht eine Sachentscheidung treffen müsste, dies jedoch wegen des Zeitablaufes nicht mehr kann.

Gegenständlich ist jedoch keine Sachentscheidung über den Antrag nach dem GAG und der StVO zu treffen, sondern vielmehr die prozessrechtliche Frage nach der Beschwerdelegitimation der Rechtsmittelwerberin zu beantworten:

Nach Art. 132 Abs. 1 B-VG können nur diejenigen natürlichen oder juristischen Personen eine solche Beeinträchtigung von Rechten mit Beschwerde bei einem VwG geltend machen, denen in einem vorangegangenen Verwaltungsverfahren Parteistellung zukam oder zuerkannt wurde. Parteistellung im Verwaltungsverfahren und die Befugnis zur Beschwerdeerhebung an ein Verwaltungsgericht hängen nach der innerstaatlichen Rechtslage somit unmittelbar zusammen. Der Verlust der Parteistellung im Verfahren vor der Verwaltungsbehörde führt daher in einem Bewilligungsverfahren auch zum Verlust der Beschwerdelegitimation an das Verwaltungsgericht (VwGH 28.03.2018, Ra 2015/07/0055).

Wer Partei im Verfahren zur Erteilung der Gebrauchserlaubnis ist, wird im § 2 Abs. 5 GAG geregelt:

Gemäß § 2 Abs. 5 GAG haben im Verfahren zur Erteilung der Gebrauchserlaubnis neben dem Antragsteller nur der Eigentümer der Liegenschaft, bei Bauwerken auf fremden Grund und Boden überdies der Eigentümer der Baulichkeit, von der aus der Gebrauch erfolgt oder erfolgen soll und jener Eigentümer, der durch den Gebrauch in seinem Frontrecht berührt sein kann, sofern sie spätestens bei der mündlichen Verhandlung Einwendungen wegen einer Beeinträchtigung der Ausübung der in § 5 Abs. 6 lit. a, b und d der Bauordnung für Wien, LGBl. für Wien Nr. 11/1930, in der jeweils geltenden Fassung, angeführten Rechte vorbringen, Parteistellung. Dem Eigentümer kommt keine Parteistellung zu, sofern die Liegenschaft oder die Baulichkeit in einer Entfernung von mehr als 20 m von der den Gegenstand der Gebrauchserlaubnis betreffenden Fläche liegt oder wenn innerhalb des letzten vor der Einbringung des Antrages auf Erteilung der Gebrauchserlaubnis liegenden Jahres für die den Gegenstand der Gebrauchserlaubnis betreffende Fläche bereits eine gleichartige Gebrauchserlaubnis erteilt war. Bei Wohnungseigentum sind die einzelnen Wohnungseigentümer im Sinne des Wohnungseigentumsgesetzes 2002, BGBl. I Nr. 70, in der Fassung BGBl. I Nr. 30/2012, nur durch Anschlag an allgemein zugänglicher Stelle des Hauses (jeder Stiege) zu laden. Dieser Anschlag ist von der Behörde spätestens zwei Wochen vor dem Verhandlungstermin anzubringen. Mit der Anbringung des Anschlages ist die Ladung vollzogen. Die Wohnungseigentümer haben die Anbringung des Anschlages zu dulden und dürfen ihn nicht entfernen. Eine etwaige Entfernung vor dem Verhandlungstermin bewirkt nicht die Ungültigkeit der Ladung. Die Behörde kann bei Wohnungseigentümern auch dem Verwalter (§§ 19 ff WEG 2002) die Ladung nachweislich schriftlich mit dem Auftrag zur Kenntnis bringen, diese unverzüglich den Wohnungseigentümern durch Anschlag im Hause bekannt zu geben. Ein Anschlag durch die Behörde ist sodann nicht erforderlich.

Der in § 2 Abs. 5 GAG genannte § 5 Abs. 6 BO für Wien lautet wie folgt:

„(6) In den Bebauungsplänen können folgende Fluchtlinien festgesetzt werden:

a)Baulinien, das sind die Grenzen der im Bauland gelegenen öffentlichen Verkehrsflächen (Wege, Gassen, Straßen und Plätze) gegen alle übrigen Grund-flächen des anliegenden Baulandes; sie geben das Recht, an ihnen Fenster und vor ihnen Anschlüsse an die in den Verkehrsflächen liegenden Straßenkanäle und öffentlichen Versorgungsleitungen und die nach § 83 Abs. 1 zulässigen Vorbauten herzustellen sowie Ein- und Ausgänge und Ein- und Ausfahrten anzuordnen, wenn der Bebauungsplan nicht anderes bestimmt;

b) Straßenfluchtlinien, das sind die Grenzen der im Grünland oder Sondergebiet gelegenen öffentlichen Verkehrsflächen gegen alle übrigen Grundflächen des anliegenden Grünlandes oder Sondergebietes; sie geben das Recht, an ihnen Fenster und vor ihnen Anschlüsse an die in den Verkehrsflächen liegenden Straßenkanäle und öffentlichen Versorgungsleitungen und die nach § 83 Abs. 1 zulässigen Vorbauten herzustellen sowie Ein- und Ausgänge und Ein- und Ausfahrten anzuordnen, wenn der Bebauungsplan nicht anderes bestimmt;

c) Verkehrsfluchtlinien, das sind die Grenzen des Verkehrsbandes gegen alle übrigen Widmungsgebiete oder die Grenzen von öffentlichen Verkehrsflächen im Bauland, Grünland oder in Sondergebieten, an die die Rechte und Pflichten aus den Baulinien und Straßenfluchtlinien nicht geknüpft sind;

d) Grenzfluchtlinien, das sind die Grenzen zwischen den Grundflächen für öffentliche Zwecke einerseits und allen anderen Grundflächen andererseits, soweit diese Grenzen nicht als Baulinien, Straßenfluchtlinien oder Verkehrsfluchtlinien bezeichnet sind; sie geben das Recht, gegen öffentliche Erholungsflächen unmittelbar an ihnen, wenn der Bebauungsplan nicht anderes vorsieht, anzubauen und Fenster herzustellen;

e)Baufluchtlinien, das sind die Grenzen, über die mit einem Gebäude oder Gebäudeteil mit Ausnahme der gemäß § 84 zulässigen Vorbauten nicht vorgerückt werden darf;

f)Grenzlinien, das sind die Grenzen zwischen verschiedenen Widmungsgebieten oder zwischen Grundflächen desselben Widmungsgebietes mit unterschiedlichen Bebauungs- oder Nutzungsbestimmungen, soweit diese Grenzen nicht mit einer anderen Fluchtlinie zusammenfallen.“

Nach § 8 AVG ist Partei, wer an der Sache vermöge eines Rechtsanspruches beteiligt ist; ein solcher Rechtsanspruch liegt hier vor. Dies hat der Gesetzgeber insofern berücksichtigt, als er demjenigen, von dessen Liegenschaft die Bewirtschaftung erfolgt, also im Normalfall demjenigen, dem das Frontrecht zusteht, ausdrücklich Parteistellung gewährt.

Während bei der Bewilligung nach § 82 StVO Dritte keine Parteistellung im Verfahren besitzen, hat gemäß § 2 Abs. 5 GAG im Verfahren zur Erteilung der Gebrauchserlaubnis neben dem Antragsteller nur der Eigentümer der Liegenschaft Parteistellung, bei Bauwerken auf fremden Grund und Boden überdies der Eigentümer der Baulichkeit, von der aus der Gebrauch erfolgt oder erfolgen soll, sowie jener Eigentümer, der durch den Gebrauch in seinem Frontrecht berührt sein kann. Voraussetzung ist, dass diese spätestens bei der mündlichen Verhandlung Einwendungen wegen einer Beeinträchtigung der Ausübung der in § 5 Abs. 6 lit. a, b und d der Bauordnung für Wien angeführten Rechte vorbringen.

Wie die belangte Behörde in der Begründung des angefochtenen Bescheides zutreffend ausführt, ist nach ständiger höchstgerichtlicher Judikatur (Beschluss des VwGH 20.01.2015, Ra 2014/05/0048) das in § 2 Abs. 5 des Wr. Gebrauchsabgabegesetzes 1966, normierte Frontrecht, das einzig subjektiv-öffentliche Recht, dessen Verletzung der Liegenschaftseigentümer im Verfahren zur Erteilung der Gebrauchserlaubnis geltend machen kann, und es ist davon weder ein Recht auf eine unbeeinträchtigte Sicht auf Schaufenster- oder etwa Schaukästen, noch ein Anspruch des Liegenschaftseigentümers, dass vor seiner Liegenschaft kein (fremder) Schanigarten betrieben werden dürfte, umfasst.

Hinsichtlich der Beurteilung der öffentlichen Rücksichten, wie der Sicherheit, Leichtigkeit und Flüssigkeit des Verkehrs, besteht kein Mitspracherecht, weshalb das bei der Augenscheinsverhandlung vor der belangten Behörde erhobene Vorbringen, der Gehsteig würde bereits durch parkende LKWs, welche das Nachbarlokal beliefern, eingeengt werden, rechtlich ins Leere geht und keine taugliche Einwendung im Sinne des § 2 Abs. 5 GAG darstellt.

Aus den zitierten Bestimmungen der Wiener Bauordnung über die Bebauungspläne und die Festsetzung von Fluchtlinien ergeben sich folgende Frontrechte (vgl. dazu Klose/T.Holzer, Der Schanigarten in Wien, 38ff):

.) die Herstellung von Fenstern und Anschlüssen an den Straßenkanal oder andere öffentliche Versorgungsleitungen,

.) die Anordnung von Ein- und Ausgängen oder Ein- und Ausfahrten,

.) die Herstellung von Anbauten (nur bei Grenzfluchtlinien).

So versteht gemäß dem Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 30.01.2014, 2010/05/0197, die Bauordnung für Wien unter Frontrecht, dass die Baulinien das Recht geben, an ihnen Fenster und vor ihnen Anschlüsse an die in den Verkehrsflächen liegenden Straßenkanäle und öffentlichen Versorgungsleitungen und die nach § 83 Abs. 1 Wr BauO zulässigen Vorbauten herzustellen sowie Ein- und Ausgänge und Ein- und Ausfahrten anzuordnen, wenn der Bebauungsplan nicht anderes bestimmt. Inhalt dieses Frontrechtes ist, dass Ausgänge und Ausfahrten gegen die öffentliche Verkehrsfläche erhalten bleiben, ferner die Anordnung von Fenstern gegen die öffentliche Verkehrsfläche und der Bezug von Licht und Luft (VwGH 19.09.2006, 2004/05/0158, mwN, zur insoweit gleichlautenden Bestimmung des § 10 Abs. 2 Wr BauO idF vor der Novelle LGBl. für Wien Nr. 61/2006).

Wenn die Beschwerdeführer Belästigungen durch rauchende Gäste bzw. durch Lärm monieren, verkennen sie, dass das Frontrecht keinen Rechtsanspruch auf tabak- bzw. schadstofffreie Luft und niedrige Lärmpegel im Fall des Öffnens eines Fensters einräumt, weshalb das bei der Augenscheinsverhandlung vor der belangten Behörde erhobene diesbezügliche Vorbringen ebenso keine taugliche Einwendung im Sinne des § 2 Abs. 5 GAG darstellt. Vielmehr schützt § 74 Abs. 2 GewO die hier von den Beschwerdeführern angesprochenen subjektiven Rechte und sind diese in einem betriebsanlagenrechtlichen Verfahren, nicht jedoch in einem Verfahren nach dem GAG geltend zu machen.

Ebenso stellt das Vorbringen, wonach der Schanigarten konsenslos betrieben werde bzw. wonach Befürchtungen hinsichtlich eines Missbrauchs durch die Suchtgiftszene vorlägen, keine tauglichen Einwendungen im Sinne des Gesetzes dar.

Die Beschwerdeführer erhoben sohin keine tauglichen und rechtzeitigen Einwendungen wegen einer Beeinträchtigung der Ausübung der in § 5 Abs. 6 lit. a, b und d der Bauordnung für Wien angeführten Rechte, dies obwohl sich in der ihnen zugegangenen Anberaumung ein entsprechender Rechtsfolgenhinweis befunden hatte: Mit dem von ihnen (im behördlichen Verfahren wie auch in der vorliegenden Beschwerde und Vorstellung) erstatteten Vorbringen gegen die Erteilung der beantragten Gebrauchserlaubnis für den gegenständlichen Gastgarten, wonach von diesem das ortsübliche Ausmaß überschreitende Lärm- und Schadstoffemissionen ausgehen würden, machen sie entgegen ihrer Rechtsansicht keine Verletzungen des Frontrechts geltend und erheben sohin keine tauglichen Einwendungen im Sinne des 2 Abs. 5 GAG. Das Vorbringen der Beschwerdeführer ist daher eben nicht bei der gegenständlichen Gebrauchserlaubnis zu berücksichtigen. Das in der Beschwerde geltend gemachte „Recht auf Licht und Luft“ im Sinne der Bauordnung stellt lediglich einen Schutz vor zu knapper Verbauung dar, wie sich auch aus der obzitierten Judikatur ergibt.

Indem die Beschwerdeführer keine Einwendungen im Sinne des § 2 Abs. 5 GAG erhoben, sondern nur im betriebsanlagenrechtlichen Verfahren zu überprüfende Argumente vorbrachten, erwarben sie keine Parteistellung im Verfahren nach dem GAG.

Die StVO gewährt dem Liegenschaftseigentümer gar keine subjektiven-öffentlichen Rechte in einem Genehmigungsverfahren nach § 82 Abs. 1 StVO.

Aus allen diesen Gründen wurden die Einwendungen der nunmehrigen Beschwerdeführer von der belangten Behörde in Spruchpunkt III. des angefochtenen Bescheides zu Recht als unzulässig zurückgewiesen. Daher war der angefochtene Bescheid in diesem Spruchpunkt zu bestätigen und die Beschwerde dagegen als unbegründet abzuweisen.

Mangels Parteistellung kommt den Beschwerdeführern keine Beschwerdelegitimation zu, weshalb ihr Rechtsmittel, soweit es sich gegen die Genehmigung selbst richtet, als unzulässig zurückzuweisen ist.

Gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG kann das Verwaltungsgericht ungeachtet eines Parteiantrages von einer Verhandlung absehen, wenn die Schriftsätze der Parteien des behördlichen Verfahrens und die dem Verwaltungsgericht vorgelegten Akten des Verwaltungsverfahrens erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt und wenn Art. 6 Abs. 1 EMRK dem nicht entgegensteht. Der EGMR hat in seiner Entscheidung vom 10. Mai 2007, Zl. 7401/04 (Hofbauer Nr. 2/Österreich), und vom 3. Mai 2007, Nr. 17.912/05 (Bösch/Österreich), unter Hinweis auf seine frühere Rechtsprechung dargelegt, dass der Beschwerdeführer grundsätzlich ein Recht auf eine mündliche Verhandlung vor einem Tribunal hat, außer es lägen außergewöhnliche Umstände vor, die eine Ausnahme davon rechtfertigten. Der EGMR hat das Vorliegen solcher außergewöhnlicher Umstände angenommen, wenn das Verfahren ausschließlich rechtliche oder "hoch-technische" Fragen betrifft. Der Gerichtshof verwies im Zusammenhang mit den Verfahren betreffend "ziemlich technische" Angelegenheiten ("rather technical nature of disputes") auch auf das Bedürfnis der nationalen Behörden nach zweckmäßiger und wirtschaftlicher Vorgangsweise, das angesichts der sonstigen Umstände des Falles zum Absehen von einer mündlichen Verhandlung berechtigte. Im vorliegenden Fall handelt es sich zum einen um rein rechtliche Fragen. Art. 6 EMRK steht daher dem Absehen von einer mündlichen Verhandlung nicht entgegen (vgl. VwGH 30.01.2014, 2010/05/0197).

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer diesbezüglichen Rechtsprechung, wie die Judikaturzitate belegen. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Schlagworte

Gebrauchserlaubnis; Parteistellung; subjektiv-öffentliches Recht; Frontrecht; Einwendungen; Beschwerdelegitimation

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:LVWGWI:2019:VGW.221.008.3310.2019.VOR

Zuletzt aktualisiert am

29.05.2019
Quelle: Landesverwaltungsgericht Wien LVwg Wien, http://www.verwaltungsgericht.wien.gv.at
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