TE Lvwg Erkenntnis 2019/4/1 LVwG-M-32/002-2018

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 01.04.2019
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Entscheidungsdatum

01.04.2019

Norm

B-VG Art130 Abs1 Z2
StGG Art9
MRK Art8 Abs1
HausRSchG 1862 §1

Text

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich hat durch seinen Richter
HR Dr. Pichler über vorliegende Maßnahmenbeschwerde der A, geb. ***, derzeit dauerhaft aufhältig in ***, ***, vertreten durch RA B LL.M. in ***, ***, hinsichtlich der behaupteten Verletzung des Grundrechts auf Unverletzlichkeit des Hausrechtes nach Art. 9 StGG und des Rechts nach Art. 8 (1) EMRK, nach Durchführung der explizit beantragten öffentlichen mündlichen Verhandlung vom 12.03.2019 am Sitz des LVwG NÖ – Außenstelle Wr. Neustadt – gemäß § 28 VwGVG i.d.g.F. entschieden wie folgt und somit zu Recht erkannt:

1.   Vorliegender Maßnahmenbeschwerde wird keine Folge gegeben und diese als

unbegründet

abgewiesen.

Die am 11.11.2018 vollzogene, auf einer staatsanwaltschaftlichen Anordnung beruhende Hausdurchsuchung an der Örtlichkeit ***, ***, erweist sich als

rechtskonform.

2.   Die Beschwerdeführerin A als unterlegene Partei hat der obsiegenden Partei, der Landespolizeidirektion Niederösterreich, gemäß
§ 1 VwG-Aufwandersatzverordnung nach Z 3 leg.cit. den Betrag von 57,40 Euro als Ersatz des Vorlageaufwandes, nach Z. 4 obzitierter Bestimmung den Betrag von 368,80 Euro als Ersatz des Schriftsatzaufwandes sowie den Ersatz des Verhandlungsaufwandes von 461 Euro binnen der angemessenen Frist von
8 Wochen zu bezahlen.

3.   Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985 (VwGG) eine ordentliche Revision nach Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Entscheidungsgründe:

Die Beschwerdeführerin A hat durch ihren ausgewiesenen Rechtsvertreter vorliegende Maßnahmenbeschwerde gemäß Art. 130 Abs. 1 Z. 2 B-VG erhoben und im Wesentlichen diese inhaltlich damit begründet, dass Polizeibeamte der belangten Behörde ohne richterliche Bewilligung ihre Räumlichkeiten durchsucht hätten, wodurch sie in ihrem Grundrecht auf Unverletzlichkeit des Hausrechts nach Art. 9 StGG und in ihrem Recht nach Art. 8 (1) EMRK verletzt worden sei, hätte keine gesetzliche Grundlage für eine derartige Hausdurchsuchung bestanden, wären rechtswidrig Fotos von ihren Räumlichkeiten angefertigt worden, und seien all diese Maßnahmen von der staatsanwaltschaftlichen Bewilligung und Anordnung der Untersuchung nicht mitumfasst gewesen, sohin der Antrag gestellt würde, nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung den angefochtenen Verwaltungsakt für rechtswidrig zu erklären und ihr die gesetzlich vorgesehenen Kosten gemäß der VwG-AufwErsV zuzusprechen.

Im Rahmen des erteilten Parteiengehörs hat die belangte Behörde – die LPD Niederösterreich – die Richtigkeit des Vorbringens in der Maßnahmenbeschwerde bestritten und ausdrücklich begehrt, die Beschwerde abzuweisen, gleichfalls beantragt, die gesetzlich vorgesehenen Kosten zuzuerkennen.

In Hinblick auf dieses Vorbringen, insbesondere des explizit gestellten Antrages auf Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung, hat das LVwG NÖ an seinem Sitz an der Außenstelle Wr. Neustadt am 12.03.2019 eine öffentliche mündliche Verhandlung durchgeführt, in der Beweis erhoben wurde durch Wertung und Würdigung des gesamten Akteninhaltes, den ergänzenden Angaben der Rechtsvertretung der Beschwerdeführerin, der Aussage Letzterer, sowie der unter Wahrheitspflicht getätigten Angaben der Zeugen C, Sohn der Beschwerdeführerin, und der Beamtin des LVT NÖ mit der Decknummer ***, deren Identität vor Einlass in die materiellrechtliche Erörterung seitens des Richters anhand des zur Einsicht gereichten Dienstausweises zweifelsfrei festgestellt wurde, sohin darauf basierend folgender verfahrensrelevanter Sachverhalt mit der für das Verwaltungsverfahren notwendigen Sicherheit und unter Bedachtnahme auf die geltenden Beweislastregeln als erwiesen angenommen und der rechtlichen Beurteilung zugrunde gelegt wird:

Am Sonntag, dem 11.11.2018, gegen 7:30 Uhr – und nicht wie in der Beschwerde fälschlicherweise angeführt wurde „8:30 Uhr“ – trafen fünf in Zivil gekleidete Beamte des LVT Niederösterreich, darunter sich als einzige weibliche Beamtin die im Zuge des Verfahrens zeugenschaftlich einvernommene *** befand, bei der Adresse des C in ***, ***, ein.

Die folgende Amtshandlung basierte auf Grund richterlicher Bewilligung durch die STA *** angeordnete Durchsuchung der Örtlichkeit in ***, ***, der Wohnung des C, samt allfälliger Nebenräume, Dachboden und Kellerabteile gemäß der §§ 117 Z. 2, 119 Abs. 1, 120 Abs. 1 erster Satz StPO.

Nach Anläuten an der im Außenbereich des Grundstückes angebrachten Klingel wurde den Beamten der gemeinsame Haupteingang zu den Wohnräumlichkeiten *** und *** fast zeitgleich von dem Adressaten der angeordneten Hausdurchsuchung C, der noch mit einem Pyjama bekleidet war, im Beisein seiner Mutter A, der jetzigen Beschwerdeführerin, geöffnet.


Gleich bei Öffnen der Eingangstüre wurde seitens eines Beamten gegenüber Herrn und Frau C und A die Rechtsgrundlage für die Hausdurchsuchung und der angeordnete Zweck dieser bekanntgegeben, mit der verbalen Reaktion des C, dass der Zeitpunkt der Vornahme dieser Hausdurchsuchung eben ungünstig sei, seinem Ansinnen gegenüber den Beamten, später zu kommen, nicht gefolgt wurde.

Der Beginn der Amtshandlung fand im Bereich des gemeinsamen Ganges beider Wohneinheiten im Hausinneren statt, sowohl C als auch seine Mutter A bei der gesamten Durchsuchung anwesend waren.

Nachdem die Beamten unter getätigtem Hinweis darauf, kein unnötiges Aufsehen bei den Nachbarn zu erregen, aus eigenen Stücken freiwillig von den Hauseigentümern ins Haus gelassen wurden, stellte sich die räumliche Situation für die einschreitenden Beamten dergestalt dar, dass es sich bei den beidseitig des Flurs angebrachten Türen um nicht erkennbar abgetrennte, nicht offensichtlich gesondert bewohnte Wohneinheiten oder Räumlichkeiten handelt, unterblieb auch dahingehend im Zuge dieser ersten Kontaktaufnahme jeglicher Hinweis sowohl seitens C als auch A gegenüber den einschreitenden Polizeibeamten dergestalt, dass es sich auch um eine von der Beschwerdeführerin ausschließlich genutzte Wohneinheit handelt.

Alle vom Flur aus ersichtlichen Zimmer – respektive Wohnungstüren – sind in keinster Weise dahingehend kenntlich gemacht, dass sie objektive Anhaltspunkte oder Hinweise für Dritte bieten, dass sie ausschließlich von A bewohnt werden, sind die Türen weder farblich noch der Ausführung nach unterschiedlich ausgeführt, sondern bieten ein einheitliches Bild.

Die darauffolgende Hausdurchsuchung, Sicherstellung der auf gerichtlicher Anordnung basierenden Gegenstände, fand ausschließlich in den Räumlichkeiten des C, örtlich ***, statt, wurde – durch den Akteninhalt objektiviert – fotografisch die Sicherstellung der Gegenstände und Beweismittel dokumentiert, über welche Vorgangsweise sich die Beschwerdeführerin, die während dieser Amtshandlung im räumlichen Bereich ihres Sohnes aufhältig war, mokierte.

Zwei Polizeibeamte, darunter die einvernommene Zeugin N. ***, haben – zu diesem Zeitpunkt schon in Kenntnis des Umstandes, dass seitens der Beschwerdeführerin behauptet worden war, dass dies die von ihr bewohnten Räumlichkeiten seien – diese Wohnungstüre geöffnet und sich durch kurzfristiges Betreten von der Richtigkeit der Angabe der Beschwerdeführerin durch einen oberflächlichen Blick der Lage der Zimmer – soweit vom Eingangsbereich der Wohneinheit aus ersichtlich – vergewissert.

Beide Beamten haben umgehend, ohne irgendwelche fotografischen Aufnahmen von Räumen der A angefertigt zu haben, ohne irgendwelche Behältnisse geöffnet, durchsucht, oder Gegenstände sichergestellt zu haben, diese Wohnräumlichkeiten verlassen. Über diesbezügliches Befragen durch den den Einsatz leitenden Beamten bestätigte die Polizeibeamtin *** diesem gegenüber, dass es sich bei oberflächlicher Inanscheinnahme tatsächlich um die Räumlichkeiten der Beschwerdeführerin handelte, ihrerseits jedoch keine genaue taxative Aufzählung der dort in diesem Wohnbereich befindlichen unterschiedlichen Räume, hinsichtlich Zweck und Lage, mangels konkreter Nachschau getätigt wurde.

Zu diesen verfahrensrelevanten Feststellungen kommt das erkennende Gericht aufgrund des durchgeführten Beweisverfahrens, insbesondere der äußerst glaubwürdigen, logischen, in sich geschlossenen, nicht formelhaft vorgebrachten Angaben der unter Diensteid stehenden, beruflich als erfahren anzusehenden Zeugin, der Polizeibeamtin ***, welche ihre Angabe sachlich, emotionslos und um Darlegung des wahren Ablaufes der Geschehnisse bemüht, tätigte, ihre Aussage auch mit den Denkgesetzen der Logik in Einklang zu bringen ist.

Dass die Zeugin sich nicht an jede Kleinigkeit des Ablaufes der Amtshandlung, die sie ja übrigens nicht allein führte, erinnerte, dass es gewisse Unschärfen in ihrer Angabe, bspw. der nicht verfahrensrelevante Umstand der exakten Angabe der Anzahl der intervenierenden Beamten, gab, spricht geradezu für die Glaubwürdigkeit ihrer Aussage, da es lebensnah ist, dass bei Verstreichen einer doch erheblichen Zeitspanne aus der Erinnerung im Rahmen der Unmittelbarkeit nicht alle Einzelheiten der Geschehnisabläufe erinnerlich bleiben.

In Zusammenschau mit dem diesbezüglichen Akteninhalt, den darin aufliegenden aussagekräftigen, fotografischen Dokumentationen, ist sohin aufgrund der gegenständlichen Aussage der Zeugin *** der der rechtlichen Beurteilung zugrundeliegende Sachverhalt mit der für das Verwaltungsverfahren notwendigen Sicherheit als erwiesen anzusehen, und erübrigen sich allfällige weitere – auch amtswegig – durchzuführende Beweisaufnahmen, da diese – auch ohne unzulässige Vorwegnahme der Beweiswürdigung – zu keiner Verbreiterung der entscheidungsrelevanten Grundlage führen können.

Dem gegenüber ist den zeugenschaftlichen Angaben des C, des Sohnes der Beschwerdeführerin, kein hoher Glaubheitswert beizumessen.

Auffällig für das Gericht war, dass dieser Zeuge –nach Belehrung hinsichtlich der ihn treffenden Rechte und Pflichten als Zeuge – auch ausdrücklich belehrt, die Aussage verweigern zu können, fast wortident und auch dem logischen Duktus nach völlig übereinstimmend seine Aussage hinsichtlich der Schilderung des Ablaufes der Amtshandlung begann, dies in seltener Übereinstimmung mit der Wortwahl der Beschwerdeführerin anlässlich ihrer Befragung durch das LVwG NÖ zu gleichem Thema.

Es ist daher durchaus lebensnah, dies auch verbunden mit dem gewonnenen persönlichen Eindruck im Rahmen der Unmittelbarkeit, dass es bezüglich der Angaben der Beschwerdeführerin und der unter Wahrheitspflicht getätigten Aussage ihres Sohnes doch vorab Bestrebungen gab, die Aussagen möglichst ident abzugleichen.

Dies wird auch durch den im Rahmen der Unmittelbarkeit des Verfahrens gewonnenen persönlichen Eindrucks des Gerichts erhärtet, dass zwischen der im faktisch gemeinsamen Haushalt lebenden Beschwerdeführerin und ihrem Sohn doch ein sehr enger persönlicher Kontakt besteht, und sich das Gericht des Eindrucks nicht erwehren konnte, dass sowohl der Zeuge A als auch die Beschwerdeführerin bestrebt waren, den vor Ort amtshandelnden, intervenierenden Beamten ein rechtlich relevantes Fehlverhalten „anzuhängen“, insbesondere durch vorsätzliche Unterlassung des Hinweises sowohl der Beschwerdeführerin als auch ihres Sohnes gegenüber den Beamten, dass es sich bei den für Drittpersonen von außen nicht unterscheidbaren Zimmern um getrennte Räumlichkeiten handelt, die ausschließlich von A bewohnt werden, dies zu Beginn der Amtshandlung.

Die gegensätzliche Behauptung des Zeugen ist genauso wie diese Angabe der Beschwerdeführerin, Letztere ja nicht der Wahrheitspflicht unterliegt, als nicht glaubwürdig zu werten, dahingehend der Aussage der einvernommenen Polizeibeamtin ein erhöhter Glaubheitswert beizumessen ist.

Genauso völlig unglaubwürdig sind die übereinstimmenden Angaben der Beschwerdeführerin mit den Zeugenaussagen ihres Sohnes, dass A durch die Art und die Vorgangsweise der Durchführung der Durchsuchung und Sicherstellung in den Räumlichkeiten ihres Sohnes „geschockt“ war, dergestalt, dass sie sogar am gleichen Tag angeblicher – völlig unglaubwürdig geschilderter – psychologischer Beratung, Betreuung und Aufarbeitung des Tagesablaufes durch eine außenstehende Vertrauensperson bedurfte.

Dies steht in völligem Widerspruch zu den unmittelbar gemachten Feststellungen insbesondere in der Person der Beschwerdeführerin, welche auf das Gericht nicht nur einen intelligenten, sondern einen vor allem energischen, zielgerichteten, auf den Endzweck bedachten durchsetzungsfähigen Eindruck ihrer Persönlichkeitsstruktur hinterließ.

Genauso unglaubwürdig sind die übereinstimmenden Angaben der Beschwerdeführerin mit der Aussage ihres als Zeugen einvernommenen Sohnes, dass die Beamten offensichtlich bei Beginn der Amtshandlung „Druck ausüben“ wollten, um die Amtshandlung in das Hausinnere zu verlagern.

Es wird ja seitens der Parteien und des Zeugen C selbst zugestanden, dass die Beamten weder mit Drohungen noch mit gar angedrohter oder tatsächlich ausgeübter Gewaltanwendung in das Hausinnere gelangen wollten.

Weiters nicht nachvollziehbar ist die Behauptung der beschwerdeführenden Partei und auch der damit im Einklang zu sehenden Aussage des Zeugen C, dass widerrechtlich fotografische Aufnahmen von Räumlichkeiten der A angefertigt wurden, handelt es sich hiebei um ein unglaubwürdiges, durch nichts glaubhaft gemachtes Vorbringen, offenbar ausschließlich darauf abzielend, den vor Ort intervenierenden Beamten vorsätzlich ein Fehlverhalten zu unterstellen.

Gerade das übertriebene Schildern des Ablaufes der erstmaligen Kontaktaufnahme, des Unterstellens eines zumindest psychisch aggressiven Verhaltens der Polizeibeamten, bildet ebenfalls eine Grundlage für die getroffenen Schlussfolgerungen der mangelnden Glaubwürdigkeit sowohl der Beschwerdeführerin als auch ihres als Zeugen einvernommenen Sohnes.

Gerade auch die behaupteten widersprüchlichen Angaben, die Beamten hätten die Wohnräumlichkeiten der A durch „unbefugtes Eindringen“ betreten, zeigt von einer nicht im Rahmen der Objektivität liegenden Aussage, sondern von einer objektiv negativ gefärbten Grundeinstellung gegenüber den im gerichtlichen Auftrag handelnden Polizeibeamten vor Ort durch die Beschwerdeführerin und ihren Sohn, des ausschließlichen Adressaten der behördlich angeordneten Durchsuchung.

Es war sohin den Angaben des Zeugen C und der Beschwerdeführerin betreffend der von ihnen vermeinten widerrechtlichen Durchsuchung oder des unzulässigen Betretens der Räumlichkeiten der Mutter durch Beamte kein Glaube zu schenken, genauso wenig der Umstand der Wahrheit entspricht, dass schon bei Beginn der Amtshandlung die eintreffenden Beamten dezidiert auf die ausschließlich durch A genutzten Räumlichkeiten gegenüber den Beamten hingewiesen wurden.

Diese Schlussfolgerungen dahingehend treffen auch auf die Teile der Aussage der Beschwerdeführerin zu, die von ihrem Recht der freien Verantwortung dahingehend – gleichlautend mit der Zeugenaussage ihres Sohnes – Gebrauch machte, und ebenfalls als erwiesen feststeht, dass von den Räumlichkeiten der Beschwerdeführerin keine fotografischen Aufnahmen für Dokumentationszwecke durch die erhebenden Beamten angefertigt wurden.

Rechtlich folgt daher:

Ausgehend von obigen als erwiesen anzusehenden Sachverhaltsfeststellungen erweist sich vorliegende Maßnahmenbeschwerde als völlig

unbegründet.

I

Vorweg ist festzuhalten, dass eine Hausdurchsuchung auf der Grundlage einer gerichtlich bewilligten staatsanwaltschaftlichen Anordnung, solange die Verwaltungsorgane den ihnen durch den richterlichen Befehl gesteckten Ermächtigungsrahmen nicht überschreiten, funktionell der Gerichtsbarkeit zuzurechnen ist.

Nur im Fall einer Überschreitung des richterlichen Befehls – so wie gegenständlich behauptet – liegt hingegen insoweit ein der Verwaltung zuzurechnendes Organhandeln vor (vgl. VwGH v. 17.05.1995, 94/01/0763 ua).

Gegenständlich wird offenbar mittels vorliegender Maßnahmenbeschwerde behauptet, dass die gesetzten Maßnahmen –Betreten von Räumlichkeiten der Frau A – durch die gerichtliche Anordnung nicht gedeckt waren.

Sohin zielt gegenständliche Maßnahmenbeschwerde darauf ab, dass der Auftragszusammenhang des Organhandels zur richterlichen Gewalt durch solche Maßnahmen, die ihrem Inhalt und Umfang nach mit der gerichtlichen Anordnung keine Deckung mehr finden, begründet wird (vgl. analog VwGH v. 31.05.2000, 99/13/0084).

Gerade solches Organhandeln bei der Vornahme gegenständlicher Hausdurchsuchung in dem Umfang, in dem sie durch die gerichtliche Bewilligung gesetzt ist, stellt mangels Rechtswidrigkeit und auch mangels eines „Exzesses“ in räumlicher Hinsicht kein verwaltungsbehördliches, widerrechtliches Verhalten dar, welche gegenständliche Maßnahmenbeschwerde als rechtskonform und berechtigt erscheinen lässt.

II

Der vorliegenden Maßnahmenbeschwerde wäre nur dann Erfolg beschieden, wenn ein Exzess in räumlicher Hinsicht vorgelegen wäre.

Der typische Exzess besteht in der Durchsuchung von Räumlichkeiten, die außerhalb des richterlichen Ermächtigungsrahmens liegen.

Materiellrechtlich gesehen ist eine Hausdurchsuchung, die gegen einen Bewohner rechtmäßig durchgeführt wird, beim Fehlen abgegrenzter Wohneinheiten und des Umstandes des Nichterkennens solcher durch amtshandelnde Organe, auch in Hinblick auf das zeitgerechte Unterlassen eines ausdrücklichen Hinweises darauf, auch dann rechtmäßig, wenn lediglich zur Objektivierung einer zu einem späteren Zeitpunkt als zum Beginn der Amtshandlung getätigten Angabe, die Räumlichkeiten wären von der Hausdurchsuchung nicht umfasst, dies durch kurzes Betreten ohne genaue Nachschau und ohne Anfertigung fotografischer Aufnahmen überprüft wird.

In diesem Fall ist von keinerlei Exzess in räumlicher Hinsicht zu sprechen, erweist sich das kurzfristige Betreten der Räumlichkeiten der Beschwerdeführerin zur Objektivierung der gegenüber den Beamten getätigten Angabe, es handle sich um abgegrenzte Wohneinheiten, durchaus rechtskonform und rechtmäßig.

III

Diese Rechtsauffassung, wonach aufgrund eines Hausdurchsuchungsbefehles keine Räumlichkeiten durchsucht werden dürften, welche von Personen bewohnt werden, die nicht Adressaten des Hausdurchsuchungsbefehles sind, wird in dieser allgemeinen Form vom VwGH ausdrücklich nicht geteilt (vgl. VwGH v. 31.05.2000, 99/13/0084).

IV

Nochmals darauf hinzuweisen ist, dass keinesfalls von einem widerrechtlichen Eindringen der Beamten oder gar einer durchgeführten Durchsuchung von Räumlichkeiten, die nicht in der Privatsphäre des Sohnes der Beschwerdeführerin liegen, sondern seiner Mutter zuzurechnen sind, gegenständlich auszugehen ist.

Die in § 1 des Gesetzes vom 27.10.1862 zum Schutz des Hausrechts, RGBl. 88, enthaltene Wendung „Wohnung oder sonstiger zum Hauswesen gehörigen Räumlichkeiten“ – der der gerichtliche Hausdurchsuchungsbefehl folgt – ist im weitesten Sinn auszulegen, wobei der Schutz der Intimsphäre im Vordergrund steht (vgl. E 05.10.1982, VfSlg. 9525/1982), sind diese Räumlichkeiten von einer Durchsuchung ausgenommen.

Da zweifelsfrei auch in rechtlicher Hinsicht feststeht, dass in den Räumlichkeiten, die der Person der Beschwerdeführerin zuzurechnen sind, keinerlei Durchsuchung erfolgte, sondern sich Beamte durch bloß kurzfristiges Betreten einen räumlichen Überblick zur Bestätigung der Richtigkeit der Angabe der A verschafft haben, ist die Beschwerdeführerin weder in ihrem Grundrecht auf Unverletzlichkeit des Hausrechts nach Art. 9 StGG noch in ihrem Recht nach
Art. 8 (1) EMRK verletzt worden, erweist sich sohin gegenständliche Maßnahmenbeschwerde als

unbegründet.

V

Der Kostenausspruch gründet sich auf die spruchgenannten Gesetzesstellen.

VI

Die ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist gemäß Art. 133 Abs. 4
B-VG iVm § 25a VwGG unzulässig, da vorliegendes Erkenntnis nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, zu gegenständlicher Rechtsfrage eine gesicherte, als einheitlich anzusehende, auszugsweise zitierte Judikatur des Höchstgerichtes vorliegt und dieses Erkenntnis weder von der Lehre noch von der diesbezüglichen einheitlichen Rechtsprechung abweicht.

Schlagworte

Maßnahmenbeschwerde; Haudurchsuchung; richterlicher Befehl; staatsanwaltschaftliche Anordnung; Exzess;

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:LVWGNI:2019:LVwG.M.32.002.2018

Zuletzt aktualisiert am

06.08.2019
Quelle: Landesverwaltungsgericht Niederösterreich LVwg Niederösterreic, http://www.lvwg.noe.gv.at
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