TE Bvwg Beschluss 2018/11/15 G304 2203851-1

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Veröffentlicht am 15.11.2018
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Entscheidungsdatum

15.11.2018

Norm

AVG §13 Abs3
BBG §40
B-VG Art.133 Abs4
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §31 Abs1

Spruch

G304 2203851-1/5E

BESCHLUSS

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Beatrix LEHNER als Vorsitzende, sowie den Richter Ing. Mag. Franz SANDRIESSER, und den fachkundigen Laienrichter

Rudolf KRAVANJA als Beisitzer über die Beschwerde der XXXX, geb. XXXX, gegen die Bescheide des Sozialministeriumservice, Landesstelle Steiermark, vom 25.07.2018, Sozialversicherungsnummer: XXXX, beschlossen:

A)

Die Beschwerde wird gemäß § 9, § 17, § 28 Abs. 1, § 31 Abs. 1 VwGVG iVm § 13 Abs. 3 AVG wegen Nichterfüllung des Mängelbehebungsauftrages zurückgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

BEGRÜNDUNG:

I. Verfahrensgang:

1. Die Beschwerdeführerin (im Folgenden: BF) brachte am 17.05.2018 beim Sozialministeriumservice, Landesstelle Steiermark, (im Folgenden: belangte Behörde) einen Antrag auf Ausstellung eines Behindertenpasses samt Beilagen ein.

2. Mit Schreiben der belangten Behörde vom 27.07.2018 wurde der BF ein Behindertenpass mit festgestelltem Grad der Behinderung der BF von 50 v.H. übermittelt. Gestützt wurde dieses Ergebnis auf ein von der belangten Behörde eingeholtes allgemeinmedizinisches Sachverständigengutachten von Dr. XXXX vom 07.07.2018, in welchem nach Begutachtung der BF am 02.07.2018 ein Behinderungsgrad von 50 v. H. festgestellt und festgehalten wurde, dass unter Berücksichtigung der chronischen Lungenerkrankung und des chronischen Schmerzsyndroms der BF die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel zumutbar sei.

3. Gegen diesen als Bescheid zu wertenden Behindertenpass wurde fristgerecht Beschwerde erhoben.

4. Am 21.08.2018 langte beim Bundesverwaltungsgericht (im Folgenden. BVwG) die gegenständliche Beschwerde samt dazugehörigem Verwaltungsakt ein.

5. Mit Mängelbehebungsauftrag vom 20.09.2018, Zl. G304 2203851-1/2Z, der BF zugestellt am 02.10.2018, wurde der BF binnen zwei Wochen ab Zustellung dieses Schreibens die Verbesserung ihrer Beschwerde mit folgendem Wortlaut aufgetragen:

"Im gegenständlichen Fall wurde gegen Ihren ausgestellten Behindertenpass (...) mit festgestelltem Grad der Behinderung von 50 v. H. Beschwerde erhoben, die Beschwerde jedoch ohne beigelegter Vollmacht dazu von Ihrer Tochter geschrieben und unterschrieben.

Mit dieser Beschwerde wurde der Ihnen ausgestellte Behindertenpass angefochten, unter Angabe Ihrer gesundheitlichen Beeinträchtigung auf Ihre Mobilitätseinschränkung und Unfähigkeit, öffentliche Verkehrsmittel zu benützen, hingewiesen, und um neuerliche Begutachtung ersucht.

Gemäß § 9 des Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetzes (VwGV) hat die Beschwerde zu enthalten:

1. die Bezeichnung des angefochtenen Bescheides, der angefochtenen Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt oder der angefochtenen Weisung,

2. die Bezeichnung der belangten Behörde,

3. die Gründe, auf die sich die Behauptung der Rechtswidrigkeit stützt,

4. das Begehren, und

5. die Angaben, die erforderlich sind, um zu beurteilen, ob die Beschwerde rechtzeitig eingebracht ist.

Es fehlen neben einer Vollmacht Ihrer Tochter auch die Bezeichnung der belangten Behörde, das Datum des ausgestellten Behindertenpasses und die Angabe, was genau beantragt wird - Zusatzeintragung der "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung" in den Behindertenpass oder auch eine Neufestsetzung Ihres Grades der Behinderung

Sollte innerhalb der gesetzten Frist keine Mängelbehebung einlangen, wird die Beschwerde gemäß § 13 Abs. 3 AVG iVm § 17 VwGVG zurückgewiesen werden."

6. Die BF hat diesem Auftrag bis dato nicht Folge geleistet.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Mit als Bescheid der belangten Behörde zu wertendem Behindertenpass vom 27.07.2017 wurde der Antrag der BF auf Ausstellung eines Behindertenpasses vom 17.05.2018 abgewiesen, mit der Begründung, der GdB der BF betrage 50 v.H.

Dagegen wurde fristgerecht Beschwerde erhoben.

Im Beschwerdeschreiben, das anstelle von der BF selbst von der Tochter der BF verfasst und unterschrieben wurde, wurde im Wesentlichen auf die gesundheitlichen Beeinträchtigungen der BF und die Unmöglichkeit, öffentliche Verkehrsmittel zu benützen, Bezug genommen, und um neuerliche Begutachtung ersucht.

Die gegenständliche Beschwerde weist demnach jedenfalls nicht die in § 9 VwGVG angeführten Bestandteile einer Beschwerde auf, insbesondere nicht die Bezeichnung des angefochtenen Bescheides der belangten Behörde und auch kein konkretes Begehren.

Deshalb wurde der BF ein Mängelbehebungsauftrag zur Verbesserung ihrer Beschwerde binnen zwei Wochen ab Zustellung erteilt.

Diesem Auftrag ist die BF bis dato jedoch nicht nachgekommen.

2. Beweiswürdigung:

Der unter Punkt I. angeführte Verfahrensgang und die unter II. getroffenen Feststellungen ergeben sich aus dem unzweifelhaften und unbestrittenen Akteninhalt desvorgelegten Verwaltungsaktes und des vorliegenden Gerichtsaktes des BVwG.

3. Rechtliche Beurteilung:

3.1. Zuständigkeit und anzuwendendes Recht:

Gemäß § 6 des Bundesgesetzes über die Organisation des BVwG (Bundesverwaltungsgerichtsgesetz - im Folgenden: BVwGG) entscheidet das BVwG durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.

Gemäß § 45 Abs. 3 BBG hat in Verfahren auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme von Zusatzeintragungen oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung die Entscheidung des BVwG durch den Senat zu erfolgen.

Bei Senatsentscheidungen in Verfahren gemäß § 45 Abs. 3 BBG hat eine Vertreterin oder ein Vertreter der Interessenvertretung der Menschen mit Behinderung als fachkundige Laienrichterin oder fachkundiger Laienrichter mitzuwirken. Die im § 10 Abs. 1 Z 6 des Bundesbehindertengesetzes genannte Vereinigung entsendet die Vertreterin oder den Vertreter der Interessenvertretung der Menschen mit Behinderung. Hinsichtlich der Aufteilung des Nominierungsrechtes auf gleichartige Vereinigungen ist § 10 Abs. 2 des Bundesbehindertengesetzes anzuwenden. Für die Vertreterin oder den Vertreter ist jeweils auch die erforderliche Anzahl von Ersatzmitgliedern zu entsenden.

Gegenständlich liegt somit Senatszuständigkeit vor.

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das Bundesgesetz über das Verfahren der Verwaltungsgerichte (Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz - im Folgenden: VwGVG) geregelt (§ 1 leg.cit.).

Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

3.2. Zu Spruchteil A): Zurückweisung wegen Nichtbehebung der Mängel

Gemäß § 27 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, soweit nicht Rechtswidrigkeit wegen Unzuständigkeit der Behörde gegeben ist, den angefochtenen Bescheid auf Grund der Beschwerde (§ 9 Abs. 1 Z 3 und 4) oder auf Grund der Erklärung über den Umfang der Anfechtung (§ 9 Abs. 3) zu überprüfen.

Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen.

Gemäß § 31 Abs. 1 VwGVG erfolgen Entscheidungen und Anordnungen durch Beschluss, soweit nicht ein Erkenntnis zu fällen ist. Auf die Beschlüsse des Verwaltungsgerichtes sind § 29 Abs. 1 zweiter Satz, Abs. 4 und § 30 sinngemäß anzuwenden. Das gilt nicht für verfahrensleitende Beschlüsse.

Gemäß § 9 Abs. 1 VwGVG hat eine Beschwerde folgende Bestandteile zu enthalten:

-

die Bezeichnung des angefochtenen Bescheides, der angefochtenen Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt oder der angefochtenen Weisung,

-

die Bezeichnung der belangten Behörde,

-

die Gründe, auf die sich die Behauptung der Rechtswidrigkeit stützt,

-

das Begehren und

-

die Angaben, die erforderlich sind, um zu beurteilen, ob die Beschwerde rechtzeitig eingebracht ist.

Gemäß § 17 VwGVG iVm § 13 Abs. 3 AVG ermächtigen Mängel schriftlicher Anbringen das Verwaltungsgericht nicht zur Zurückweisung. Das Verwaltungsgericht hat vielmehr von Amts wegen unverzüglich deren Behebung zu veranlassen und kann dem Einschreiter die Behebung des Mangels innerhalb einer angemessenen Frist mit der Wirkung auftragen, dass das Anbringen nach fruchtlosem Ablauf dieser Frist zurückgewiesen wird. Wird der Mangel rechtzeitig behoben, so gilt das Anbringen als ursprünglich richtig eingebracht.

Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. VwGH 21.09.2010, 2010/11/0108; 13.11.2012, 2012/05/0184) dient § 13 Abs. 3 AVG dem Schutz der Parteien vor Rechtsnachteilen, die ihnen aus Anbringen entstehen können, die aus Unkenntnis der Rechtslage oder infolge eines Versehens mangelhaft sind.

Im Verbesserungsauftrag ist konkret anzugeben, welche vom Gesetz geforderten Eigenschaften dem Anbringen fehlen (vgl. VwGH 30.10.2008, 2007/07/0075; 07.09.2009, 2009/04/0153; 14.10.2013, 2013/12/0079).

Die vorliegende Beschwerde der BF wurde statt von ihr selbst von ihrer Tochter verfasst und unterschrieben und enthielt nicht die Bezeichnung des angefochtenen Bescheides der belangten Behörde und kein konkretes Begehren. In der Beschwerde wurde auf die gesundheitlichen Beeinträchtigungen der BF und eine ihr deswegen unmögliche Benützung öffentlicher Verkehrsmittel Bezug genommen und um neuerliche Begutachtung ersucht.

Da in der gegenständlichen Beschwerde weder der angefochtene Bescheid der belangten Behörde noch ein konkretes Begehren angeführt wurde, kann die von der Tochter der BF erhobene Beschwerde aus Sicht des BVwG nicht als zulässige Beschwerde im vorgenannten Sinn gewertet werden.

Nach Erteilung eines Mängelbehebungsauftrages, die mangelhafte Beschwerde binnen zwei Wochen ab Zustellung zu verbessern, langte bis dato keine verbesserte Beschwerde ein.

Die BF ließ die ihr gesetzte Frist zur Behebung der ihrer Beschwerde anhaftenden Mängel ungenutzt verstreichen.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

3.3. Im vorliegenden Beschwerdefall konnte die Verhandlung gemäß § 24 Abs. 2 Z 1 erster Fall VwGVG entfallen, weil die Beschwerde zurückzuweisen war.

Die mündliche Verhandlung konnte gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG aber auch deshalb unterbleiben, weil der Sachverhalt aus dem Verwaltungsakt in Verbindung mit der Beschwerde hinreichend geklärt ist.

Art. 6 Abs. 1 EMRK steht dem Entfall der mündlichen Verhandlung nicht entgegen, weil eine zurückweisende Entscheidung, in der nur darüber abgesprochen wird, ob ein Rechtsmittel zulässig ist, nicht aber über die Sache selbst, aus der Sicht des Art. 6 EMRK keine (inhaltliche) Entscheidung "über zivilrechtliche Ansprüche oder Verpflichtungen" darstellt. Die Verfahrensgarantie des "fair hearing" iSd Art. 6 Abs. 1 EMRK kommt nicht zur Anwendung, wenn einer Entscheidung in der Sache Prozesshindernisse entgegenstehen (vgl. hiezu die Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes VfSlg. 17.063/2003 und 19.175/2010 sowie des Verwaltungsgerichtshofes VwGH 21.11.2012, 2008/07/0161 und VwGH 23.06.2014, 2013/12/0224, je mwH).

3.4. Zu Spruchteil B): Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Die hier anzuwendenden Regelungen erweisen sich als klar und eindeutig (vgl. zur Unzulässigkeit der Revision bei eindeutiger Rechtslage trotz fehlender Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes etwa VwGH 28.05.2014, Ro 2014/07/0053). Auf die unter Punkt II.3.2. zitierte Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu § 13 Abs. 3 AVG wird verwiesen.

Schlagworte

Frist, Mängelbehebung, Verbesserungsauftrag, Zurückweisung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2018:G304.2203851.1.00

Zuletzt aktualisiert am

29.05.2019
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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