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10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);Norm
AsylG 1997 §10 Abs1;Beachte
Miterledigung (miterledigt bzw zur gemeinsamen Entscheidung verbunden): 99/01/0052 Serie (erledigt im gleichen Sinn): 98/01/0403 E 24. März 1999 98/01/0404 E 24. März 1999 98/01/0405 E 24. März 1999Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Wetzel und die Hofräte Dr. Bachler, Dr. Rigler, Dr. Schick und Dr. Pelant als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Böhm, über die Beschwerde 1. der B J in E, und
2. des E J in E, vertreten durch die Erstbeschwerdeführerin, diese vertreten durch Dr. Reinhard Anderle, Rechtsanwalt in 4020 Linz, Jahnstraße 10, gegen die Bescheide des unabhängigen Bundesasylsenates, je vom 19. Juni 1998, Zlen. 203.651/0-IV/29/98 (betreffend Zurückweisung des Asylantrages der Erstbeschwerdeführerin; hg. Zl. 98/01/0343), und 203.653/0-IV/29/98 (betreffend Abweisung des Asylerstreckungsantrages des Zweitbeschwerdeführers; hg. Zl. 99/01/0052) (weitere Partei: Bundesminister für Inneres), zu Recht erkannt:
Spruch
Die angefochtenen Bescheide werden wegen Rechtswidrigkeit ihres Inhaltes aufgehoben.
Der Bund hat den Beschwerdeführern Aufwendungen in der Höhe von je S 6.250,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Die Erstbeschwerdeführerin und ihr minderjähriger Sohn, der Zweitbeschwerdeführer, jugoslawische Staatsangehörige, sind am 20. Mai 1998 in das Bundesgebiet eingereist. An diesem Tag stellte die Erstbeschwerdeführerin einen Asylantrag; der Zweitbeschwerdeführer begehrte - vertreten durch die Erstbeschwerdeführerin - die Asylerstreckung gemäß § 10 AsylG 1997 - AsylG, BGBl. I Nr. 76. Bei der niederschriftlichen Vernehmung am 3. Juli 1998 verzichtete der Zweitbeschwerdeführer nach Belehrung seiner Vertreterin über die Folgen gemäß § 11 Abs. 2 AsylG auf die Umdeutung seines Erstreckungsantrages in einen eigenen Asylantrag für den Fall, daß der Asylantrag seiner Mutter als unzulässig zurückgewiesen oder als offensichtlich unbegründet abgewiesen werde.
Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid, Zl. 203.651/0-IV/29/98, hat der unabhängige Bundesasylsenat den Asylantrag der Erstbeschwerdeführerin gemäß § 4 Abs. 1 AsylG als unzulässig zurückgewiesen. Dies begründete die belangte Behörde damit, daß die über Ungarn in das Bundesgebiet eingereiste Erstbeschwerdeführerin dort Schutz vor Verfolgung finden könne.
Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der belangten Behörde, Zl. 203.653/0-IV/29/98, wurde "die Berufung von JUPA Egzon" gegen den Bescheid des Bundesasylamtes, mit dem der Erstreckungsantrag des Zweitbeschwerdeführers abgewiesen worden war, abgewiesen. Zur Begründung führte die belangte Behörde im wesentlichen aus, daß der Asylantrag der Erstbeschwerdeführerin zurückgewiesen worden sei und daher die Voraussetzung für die Asylerstreckung nicht vorliege.
Über die gegen diese beiden Bescheide gerichtete Beschwerde hat der Verwaltungsgerichtshof erwogen:
Zum Bescheid betreffend die Zurückweisung des Asylantrages der Erstbeschwerdeführerin:
Der angefochtene Bescheid gleicht im Fehlen einer näheren Auseinandersetzung mit der ungarischen Rechtslage zum Punkt "Aufenthaltsberechtigung während des Asylverfahrens" (§ 4 Abs. 2 AsylG) jenem, der dem hg. Erkenntnis vom 11. November 1998, Zl. 98/01/0284, zugrunde lag.
Gemäß § 43 Abs. 2 VwGG wird daher auf die Begründung dieses Erkenntnisses verwiesen. Aus den dort angeführten Gründen war auch der hier angefochtene Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.
Zum Bescheid betreffend die Abweisung des Asylerstreckungsantrages des Zweitbeschwerdeführers:
Gemäß § 10 Abs. 1 AsylG begehren Fremde mit einem Asylerstreckungsantrag die Erstreckung des einem - der in Abs. 2 dieser Bestimmung aufgezählten - Angehörigen auf Grund eines Asylantrages oder von Amts wegen gewährten Asyl.
Gemäß § 11 Abs. 1 leg. cit. hat die Behörde auf Grund eines zulässigen Antrages durch Erstreckung Asyl zu gewähren, wenn dem Asylwerber die Fortsetzung eines bestehenden Familienlebens im Sinn von Art. 8 EMRK mit dem Angehörigen in einem anderen Staat nicht möglich ist.
Wird der Asylantrag des Angehörigen als unzulässig zurückgewiesen oder als offensichtlich unbegründet abgewiesen, so gelten gemäß dem zweiten Satz des § 11 Abs. 2 AsylG die der Sache nach damit verbundenen Asylerstreckungsanträge als Asylanträge, sofern der Erstreckungswerber nach Belehrung über die Folgen nicht ausdrücklich darauf verzichtet.
Gemäß § 32 Abs. 1 letzter Satz AsylG ist eine abgesonderte Berufung gegen Bescheide, mit denen (u.a.) im Fall der Zurückweisung des Asylantrages gemäß § 4 Abs. 1 leg. cit. der Asylerstreckungsantrag Angehöriger als unbegründet abgewiesen wurde, nicht zulässig, doch gelten solche Bescheide durch eine Berufung gegen die Entscheidung über den Asylantrag als im selben Umfang angefochten.
Da der Zweitbeschwerdeführer nach Belehrung ausdrücklich auf eine Weitergeltung seines Erstreckungsantrages als eigener Asylantrag nach Zurückweisung des Asylantrages seiner Mutter verzichtet hat, hat das Bundesasylamt zu Recht über den Erstreckungsantrag des Zweitbeschwerdeführers entschieden. Da die Erstbeschwerdeführerin gegen den ihren Asylantrag zurückweisenden Bescheid des Bundesasylamtes Berufung erhoben hat und daher auch die Abweisung des Erstreckungsantrages des Zweitbeschwerdeführers als angefochten gilt, hat die Berufungsbehörde zu Recht über den Erstreckungsantrag abgesprochen. Der - in der Beschwerde nicht gerügte - Umstand, daß die belangte Behörde hiebei "die Berufung von JUPA Egzon", der in Wahrheit keine Berufung erhoben hat, abgewiesen hat, bewirkt keine Rechtsverletzung des Zweitbeschwerdeführers.
Wie der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 15. Dezember 1998, Zl. 98/20/0311, auf welches gemäß § 43 Abs. 2 VwGG verwiesen wird, ausgesprochen hat, darf über den Erstreckungsantrag vor rechtskräftiger Erledigung des Hauptantrages jedenfalls nicht verfahrensbeendend entschieden werden. Aufgrund der Aufhebung des den Asylantrag der Erstbeschwerdeführerin zurückweisenden Bescheides mit dem vorliegenden Erkenntnis ist das Verfahren über diesen Antrag mit Wirkung ex tunc wieder offen. Der Bescheid, mit dem der Erstreckungsantrag des Zweitbeschwerdeführers abgewiesen wurde, ist daher vor rechtskräftiger Entscheidung über den Hauptantrag ergangen, weshalb er inhaltlich rechtswidrig ist (vgl. das hg. Erkenntnis vom 16. Dezember 1998, Zl. 98/01/0402). Er war daher gemäß § 42 Abs. 1 Z. 1 VwGG aufzuheben.
Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet auf den §§ 47 ff VwGG, insbesondere auf § 52 Abs. 1 leg. cit. Da sich die Beschwerde gegen zwei Verwaltungsakte richtet, insgesamt jedoch nur ein Aufwandersatz von S 12.500,-- begehrt wurde, ist mangels anderslautender Anhaltspunkte davon auszugehen, daß sich dieses Begehren je zur Hälfte auf die beiden angefochtenen Bescheide bezieht.
Wien, am 8. März 1999
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1999:1998010343.X00Im RIS seit
03.04.2001