TE Bvwg Erkenntnis 2019/3/20 W162 2190046-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 20.03.2019
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Entscheidungsdatum

20.03.2019

Norm

AsylG 2005 §10 Abs1 Z3
AsylG 2005 §3 Abs1
AsylG 2005 §55
AsylG 2005 §57
AsylG 2005 §8 Abs1
BFA-VG §9
B-VG Art.133 Abs4
FPG §52
FPG §55

Spruch

W162 2190046-1/13E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Ulrike LECHNER, LL.M als Einzelrichterin über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , StA. Afghanistan, vertreten durch Verein Menschenrechte Österreich, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 20.02.2018, Zl. XXXX , nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 24.08.2018, zu Recht erkannt:

A) Die Beschwerde wird gemäß den §§ 3 Abs. 1, 8 Abs. 1, 10 Abs. 1 Z 3, 55, 57 AsylG 2005, § 9 BFA-VG, und §§ 52, 55 FPG als unbegründet abgewiesen.

B) Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

Die beschwerdeführende Partei führt nach eigenen Angaben den im Spruch genannten Namen, ist Staatsangehöriger Afghanistans und stellte am 07.01.2016 einen Antrag auf internationalen Schutz.

Im Rahmen der Erstbefragung am 07.01.2016 gab der damals minderjährige Beschwerdeführer an, aus der Provinz Takhar zu stammen. Er hätte sich vor drei Jahren entschlossen, nach Europa zu gehen. Als Fluchtgrund nannte er, dass er sich schon als Kind fortbilden hätte wollen. Da er aus einer armen Familie mit sieben Geschwistern stamme, sei ihm klar gewesen, dass sein Vater nicht das nötige Geld hätte, um ihn zur Schule gehen zu lassen. Er hätte arbeiten gehen müssen, um seine Familie zu unterstützen. Als er erfahren hätte, dass die Grenzen offen seien und für ihn die Reise nach Europa leistbar sei, sei er aufgebrochen. Er habe in Afghanistan keine Zukunft.

Im Rahmen der niederschriftlichen Einvernahme vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl am 18.01.2018 wiederholte der mittlerweile volljährige Beschwerdeführer, dass er aus der Provinz Takhar stamme. Er sei sunnitischer Moslem und gehöre der Volksgruppe der Tadschiken an. Er sei nicht streng gläubig und habe in Österreich noch nie eine Moschee besucht. Er hätte Medikamente gegen Kopfschmerzen genommen, wisse aber nicht wie sie heißen und nehme auch keine mehr ein. Er hätte Afghanistan im Alter von 17 Jahren verlassen, sei ledig und hätte keine Kinder. Er spreche Dari, Deutsch, Englisch, Usbekisch und ein bisschen Hindi. Sein Vater sei Usbeke und seine Mutter Tadschikin. Er hätte vor drei bis vier Monaten über das Internet das letzte Mal Kontakt zu seiner Familie gehabt. Seinen Eltern gehe es im Gegensatz zu seinen Brüdern gut. Seine Brüder seien aufgrund seiner Probleme mithineingezogen worden und würden bedroht oder gezwungen werden, am Krieg teilzunehmen. Seine Schwester sei vor etwa drei Wochen an Krebs gestorben. Er hätte es vor etwa fünf Tagen von seinem Onkel erfahren, da seine Familie ihn nicht kontaktieren hätte können. Sein Onkel lebe in der Schweiz. Wegen der Verbindung in seiner Heimatprovinz gebe es oft keinen Strom, weshalb sein Vater alle paar Monate in die Stadt fahre und ihn dann über den Messenger anrufe. Er hätte in Afghanistan in einer Apotheke gearbeitet und zwölf Jahre lang die Schule besucht. Sein Vater hätte für den Magistrat gearbeitet. Sein Vater hätte seine Ausreise nach Europa organisiert. Sein Onkel hätte ihn finanziell unterstützt. Sein Zielland sei die Schweiz gewesen.

Als Fluchtgrund gab er im Wesentlichen an, dass er während seiner Schulzeit ein Mädchen namens XXXX kennengelernt hätte. Sie seien zusammen gewesen und hätten auch körperlichen Kontakt gehabt. Zwei Monate bevor er die Schule abgeschlossen habe, hätte er um ihre Hand angehalten, jedoch hätten ihre Eltern dies nicht akzeptiert. Nach der zwölften Klasse hätte er in einer Apotheke gearbeitet. Etwa zwei Tage nachdem sie ihm geantwortet hätten, gegen 10 Uhr abends, hätten ihn drei Brüder von XXXX mit dem Motorrad angehalten und ihn zusammengeschlagen, ohne dass sie etwas gesagt oder gefragt hätten. Er sei bewusstlos gewesen, gegen 12 Uhr nachts aufgewacht und nach Hause gegangen. Zu Hause angekommen hätte ihn sein Vater gesehen und sei schockiert gewesen. Nach diesem Vorfall sei er ca. zehn bis fünfzehn Tage zu Hause gewesen. In diesem Zeitraum hätte XXXX ihren Cousin geheiratet. Eines Tages hätte XXXX ihn angerufen und gemeint, sie vermisse ihn und er solle gegen 11 Uhr abends bei ihr zu Hause vorbeikommen, da niemand zu Hause sei. Er sei dann gegen elf Uhr abends nach Dienstschluss zu ihr gegangen. Er hätte dann etwa 20 Minuten mit ihr geredet als plötzlich ihr Ehemann und ihre drei Brüder in den Raum gekommen wären. Zwei der Brüder hätten vor der Tür gewartet während einer XXXX sofort attackiert hätte. Ihr Ehemann hätte den Beschwerdeführer mit einem Gewehr auf den Kopf geschlagen und ihn mit einem Messer an der linken Hand und im Gesicht verletzt. Sodann sei er bewusstlos geworden und erst im Krankenhaus wieder aufgewacht. Es sei sehr dunkel gewesen weshalb sie wahrscheinlich gedacht hätten, dass er gestorben sei. Er sei dann in Anwesenheit seiner Mutter im Krankenhaus aufgewacht. Sie hätte ihm erzählt, dass sie ihn gegen drei Uhr in der Früh auf der Straße gefunden und die Familie kontaktiert hätten. Sein Vater hätte ihn dann in eine Klinik gebracht. Danach sei er ins Krankenhaus verlegt worden. Sein Vater hätte sich im Dorf erkundigt, wie dies passiert sei. Die Menschen hätten gesagt, dass sie ihn vor der Tür XXXX gefunden hätten. Die Brüder von XXXX und ihr Ehemann seien noch einmal zu seinem Vater gekommen und hätten ihm gesagt, dass sie den Beschwerdeführer nicht so einfach davonkommen lassen würden. Nach erfolgter Rückübersetzung korrigierte der Beschwerdeführer seine Aussage dahingehend, dass sein Vater zu XXXX Familie gegangen sei. Sie sagten, dass sie ihn finden und umbringen würden, egal wo in Afghanistan er sei. Befragt, wann er erstmals von den Brüdern bedroht worden sei, gab er an, zwei Tage gegen 10 Uhr abends nachdem er XXXX um ihre Hand gebeten hätte. Nach erfolgter Rückübersetzung gab er an, dass er die Antwort der Familie erst nach einem Monat erfahren hätte und nach zwei Tagen geschlagen worden wäre. Er vermute, dass er geschlagen worden sei, weil er körperlichen Kontakt mit ihr gehabt hätte. Ihre Familie gehöre zu den Taliban und ihr Vater sei Imam in einer Moschee. Er hätte bereits körperlichen Kontakt mit ihr gehabt, seitdem sie sich in der 10. Klasse kennengelernt hätten. In der 12. Klasse hätten sie Geschlechtsverkehr gehabt. Befragt, wie viel Zeit vom Geschlechtsverkehr bis zum ersten Angriff durch die Brüder vergangen sei, gab er an, dass es zwei Jahre gewesen wären. Sodann gab er an, dass er in der 11. Klasse gewesen sei, als sie Geschlechtsverkehr gehabt hätten.

Befragt, wo die Familie der Freundin gewesen sei, gab er an, dass ihr Vater in der Moschee und ihre Brüder als Taliban im Krieg gewesen wären. Ihre Mutter hätte nicht hören können. Daher hätte er sich immer reingeschlichen. Sein Vater hätte ihm erzählt, dass ihre Familie bei den Taliban sei. Sein Vater hätte ihm auch erzählt, dass seine Freundin mit ihrem Cousin vermählt worden sei. Befragt, warum sie sich ausgerechnet bei ihr zu Hause getroffen hätten und nicht irgendwo anders, gab er an, dass er mit ihr schlafen habe wollen und er sie daher zu Hause treffen hätte wollen. Befragt, wieso er ein derart hohes Risiko eingehe, vor allem unter dem Umstand, dass sie verheiratet gewesen sei und ihre Familienangehörigen Taliban seien, gab er an, dass er keine Möglichkeit gehabt hätte und sie ihm gesagt hätte, dass sie alleine zu Hause sei. Sein Vater sei ins Krankenhaus zu ihm gekommen und hätte das Geld für die Ausreise über Nacht telefonisch über seinen Onkel organisiert. Während der Beschwerdeführer im Krankenhaus gewesen sei, sei sein Vater zur Familie XXXX gegangen und hätte gesagt, dass das nicht gut gewesen sei, was sie getan hätten. Ihr Ehemann und die Brüder hätten gesagt, dass es ihm noch gut gehe und sie vorhätten ihn umzubringen jetzt wo sie wüssten, dass er noch lebe. Die Brüder des Beschwerdeführers seien mittlerweile 17 Jahre alt und würden auch jeden Tag von ihnen bedroht.

Auf Vorhalt, dass er bei seiner Erstbefragung lediglich davon gesprochen hätte, dass er sich fortbilden wolle und nicht das nötige Geld in Afghanistan gehabt hätte, gab er an, dass die Schweiz sein Zielland gewesen sei. Die Schlepper hätten ihm gesagt, dass falls er in Österreich oder Kroatien sei, er so was sagen solle, damit man ihn gehen ließe. Er hätte nicht die Wahrheit gesagt, weil er nicht bleiben habe wollen. Befragt, warum er nicht versucht hätte, legal zu seinem Onkel in die Schweiz zu reisen, gab er an, dass er nicht ausreichend Zeit gehabt hätte, einen Reisepass zu organisieren, als das passiert sei. Er sei 17 Jahre alt gewesen und hätte nicht so viel Geld. Auf Vorhalt, dass ihm doch die gesamte Reise von seinem Onkel finanziert worden sei, gab der Beschwerdeführer an, dass nicht genügend Zeit gewesen wäre, ein Ticket zu kaufen bzw. einen Flug zu buchen. Eine Rückkehr nach Afghanistan sei ihm nicht möglich, da es auch in Kabul Terroranschläge und Taliban gebe. Zudem unterstütze er die Gesetze der Taliban nicht. Wenn sie wüssten, dass er dagegen sei, würden sie ihn auch umbringen. Sie würden Frauen auch nicht arbeiten lassen. Der Beschwerdeführer legte überdies Integrationsunterlagen, Unterstützungsschreiben, ein afghanisches Schulzeugnis sowie Patientenbriefe betreffend seine Kopfschmerzen vor.

Mit Stellungnahme vom 08.02.2018 wiederholte der Beschwerdeführer erneut seine Fluchtgründe. Zudem brachte er vor, dass er noch nie außerhalb seines Familienverbandes in Afghanistan gelebt und über keinerlei Anknüpfungspunkte abseits von Khojabahwoddin hätte. Er hätte sich bisher sehr gut in das österreichische Bundesgebiet integriert. Zudem würde er bei einer etwaigen Rückkehr aufgrund von Äußerlichkeiten und Verhaltensweisen als "verwestlicht" wahrgenommen werden. Daher könnte er in Afghanistan nicht in Übereinstimmung mit seinen nunmehr westlich geprägten inneren Einstellungen und Überzeugungen leben, ohne daraus resultierende Verfolgung befürchten zu müssen. Zudem legte er ein Unterstützungsschreiben eines Freundes vor.

Mit Bescheid vom 20.02.2018 wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz sowohl hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch hinsichtlich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf Afghanistan abgewiesen, dem Beschwerdeführer ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen nicht erteilt und gegen ihn eine Rückkehrentscheidung erlassen sowie festgestellt, dass die Abschiebung nach Afghanistan zulässig sei. Es wurde ihm eine Frist für die freiwillige Ausreise von 14 Tagen gewährt.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die fristgerecht eingebrachte Beschwerde, die im Wesentlichen mit der Rechtswidrigkeit des Bescheidinhalts, unrichtiger Bescheidbegründung sowie Rechtswidrigkeit infolge der Verletzung von Verfahrensvorschriften begründet wurde. Im Wesentlichen bekräftigte der Beschwerdeführer sein Vorbringen hinsichtlich einer drohenden Verfolgung aufgrund einer außerehelichen Beziehung zu XXXX . Zudem wurde auf die Sicherheitslage in Afghanistan, insbesondere Kabul, und die Situation von Rückkehrenden hingewiesen.

Der Beschwerdeführer wurde mit Urteil vom 19.04.2018 des LG für Strafsachen Wien rechtskräftig wegen Vergehen des unerlaubten Umgangs mit Suchtgift nach den §§ 27 Absatz 2a, Absatz 5 SMG, sowie den §§ 27 Absatz 1 Ziffer 1 erster Fall, Absatz 1 Ziffer 1 zweiter Fall, Absatz 2 SMG, zu einer Freiheitsstrafe von 2 Monaten, bedingt, auf eine Probezeit von 3 Jahren verurteilt.

Das Bundesverwaltungsgericht führte am 24.08.2018 zur Ermittlung des maßgeblichen Sachverhaltes in Anwesenheit eines Dolmetschers für die Sprache Dari und des Rechtsvertreters eine öffentliche mündliche Verhandlung durch, an der das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl entschuldigter Weise nicht teilgenommen hat. Der Beschwerdeführer ist unentschuldigt nicht erschienen, weshalb die Verhandlung in Abwesenheit des Beschwerdeführers durchgeführt wurde. In der Verhandlung wurde festgehalten, dass der Beschwerdeführer durch seinen Rechtsvertreter, der auch eine entsprechende Zustellvollmacht hat, vertreten wird und die Zustellung der Ladung rechtskonform am 31.07.2018 um 10:46 im elektronischen Rechtsverkehr erfolgte. Ferner wurde der bisherige Akteninhalt zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung erklärt. Der Rechtsvertreter hat auf eine Stellungnahme hinsichtlich der übermittelten Länderberichten verzichtet.

Bis zum Entscheidungszeitpunkt langte vom Beschwerdeführer weder eine begründete Entschuldigung für sein Fernbleiben noch eine diesbezügliche Erklärung (unter Anschluss von Nachweisen, die sein unentschuldigtes Fernbleiben nachvollziehbar begründen) beim Bundesverwaltungsgericht ein. Auch wurde kein Antrag auf neuerliche Anberaumung einer mündlichen Verhandlung gestellt.

Mit Schreiben vom 07.01.2019 wurde das BVwG von der Anklageerhebung der Staatsanwaltschaft Wien gegen den Beschwerdeführer wegen vorsätzlicher Körperverletzung nach § 83 Absatz 1 StGB verständigt.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Zur Person:

Der Beschwerdeführer ist Staatsangehöriger Afghanistans, Tadschike, Sunnit, spricht Dari als Muttersprache, aus Takhar stammend, reiste illegal in das Bundesgebiet ein und stellte am 07.01.2016 einen Antrag auf internationalen Schutz. Zum Antragszeitpunkt war er minderjährig. Er ist ledig und hat keine Kinder. Er hat sein gesamtes Leben bis zur Ausreise mit seiner afghanischen Familie (Vater, Mutter, fünf Brüder, eine Schwester) im gemeinsamen Familienverband zusammengelebt. Er verfügt über eine zwölfjährige Schulbildung und Berufserfahrung als Verkäufer in einer Apotheke. Seine Familie lebt nach wie vor in Takhar.

Er hat regelmäßig Kontakt zu seiner Familie in Afghanistan. Er hat einen Onkel, der in der Schweiz lebt. Es kann nicht mit ausreichender Wahrscheinlichkeit festgestellt werden, dass ihn seine Familie im Falle einer Rückkehr nach Afghanistan finanziell unterstützen würde.

Der Beschwerdeführer litt zum Zeitpunkt einer Untersuchung im November 2017 an einer posttraumatischen Belastungsstörung und einem postcommotionellen Syndrom, das sich in Form von gelegentlichen Kopfschmerzen, Schwindel und Albträumen manifestierte. Der Zustand hat sich jedoch aufgrund der durchgeführten medizinischen Behandlung stabilisiert. Er ist jedenfalls in der Lage, in Afghanistan den Geschäften des täglichen Lebens nachzukommen. Der Gesundheitszustand des Beschwerdeführers ist insgesamt betrachtet als gesund zu bewerten.

Der Beschwerdeführer war in Afghanistan keiner konkreten individuellen Verfolgung ausgesetzt und wurden von ihm asylrelevante Gründe für das Verlassen seines Heimatstaates nicht glaubhaft dargetan. Es ist nicht glaubhaft, dass dem Beschwerdeführer in Afghanistan aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung Verfolgung droht. Es wird insbesondere festgestellt, dass der Beschwerdeführer nicht von der Familie eines Mädchens namens XXXX bedroht und auch nicht von dieser zusammengeschlagen wurde und ihm bei einer Rückkehr nach Afghanistan auch keine individuelle Gefahr droht.

Des Weiteren droht ihm auch keine konkrete und individuelle Verfolgung aufgrund der Tatsache, dass er in Europa gelebt hat. Gleichsam wird festgestellt, dass nicht jedem afghanischen Rückkehrer aus Europa physische und/oder psychische Gewalt in Afghanistan droht.

Im Falle einer Verbringung des Beschwerdeführers in seinen Herkunftsstaat droht diesem kein reales Risiko einer Verletzung der Art. 2 oder 3 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, BGBl. Nr. 210/1958 (in der Folge EMRK), oder der Prot. Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention.

Dem Beschwerdeführer ist eine Rückkehr in seine Heimatprovinz Takhar aufgrund der dortigen volatilen Sicherheitslage nicht zumutbar. Ihm steht aber eine zumutbare innerstaatliche Flucht- bzw. Schutzalternative in den Städten Mazar-e Sharif oder Herat zur Verfügung. Er ist jung, gesund, arbeitsfähig und hat eine zwölfjährige Schulbildung sowie Berufserfahrung durch seine Tätigkeit als Verkäufer in einer Apotheke.

Der Beschwerdeführer hält sich nachweislich seit Jänner 2016 in Österreich auf. Im Bundesgebiet verfügt er über keine Familienangehörige und hat keine sonstigen intensiven sozialen Kontakte. Der Beschwerdeführer hat mehrere Deutschkurse besucht, jedoch keine Deutschprüfung positiv absolviert. Er hat Unterstützungsschreiben vorgelegt, an einem Mentorprogramm für jugendliche Geflüchtete und einem Info-Modul "Zusammenleben" sowie Brückenkurs (Mathematik, Englisch, IKT, Deutsch) im Jahr 2017 teilgenommen. Er lebt von der Grundversorgung und ist nicht selbsterhaltungsfähig.

Der Beschwerdeführer wurde mit Urteil vom 19.04.2018 des LG für Strafsachen Wien rechtskräftig wegen Vergehen des unerlaubten Umgangs mit Suchtgift nach den §§ 27 Absatz 2a, Absatz 5 SMG, sowie den §§ 27 Absatz 1 Ziffer 1 erster Fall, Absatz 1 Ziffer 1 zweiter Fall, Absatz 2 SMG, zu einer Freiheitsstrafe von 2 Monaten, bedingt, auf eine Probezeit von 3 Jahren verurteilt.

Mit Schreiben vom 07.01.2019 wurde das BVwG von der Anklageerhebung der Staatsanwaltschaft Wien gegen den Beschwerdeführer wegen vorsätzlicher Körperverletzung nach § 83 Absatz 1 StGB verständigt.

Der Beschwerdeführer ist der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht am 24.08.2018 trotz ordnungsgemäßer Ladung unentschuldigt ferngeblieben. Bis zum Entscheidungszeitpunkt langte vom Beschwerdeführer weder eine begründete Entschuldigung für sein Fernbleiben noch eine diesbezügliche Erklärung (unter Anschluss von Nachweisen, die sein unentschuldigtes Fernbleiben nachvollziehbar begründen) beim Bundesverwaltungsgericht ein. Auch wurde kein Antrag auf neuerliche Anberaumung einer mündlichen Verhandlung gestellt. Der Beschwerdeführer kam seiner Mitwirkungspflicht gemäß § 15 AsylG 2005 sohin nicht nach. Das Bundesverwaltungsgericht kam nach nochmaliger Durchsicht des gegenständlichen Aktes zum Ergebnis, dass der entscheidungswesentliche Sachverhalt feststeht und eine Verhandlung in Anwesenheit des Beschwerdeführers nicht erforderlich ist.

Zu Afghanistan:

Neuste Ereignisse - Integrierte Kurzinformationen

KI vom 8.1.2019, Anschlag in Kabul und Verschiebung der Präsidentschaftswahl

Anschlag auf Regierungsgebäude in Kabul

Am 24.12.2018 detonierte vor dem Ministerium für öffentliches Bauwesen im Osten Kabuls (PD 16) eine Autobombe; daraufhin stürmten Angreifer das nahe gelegene Gebäude des Ministeriums für Arbeit, Soziales, Märtyrer und Behinderte und beschossen weitere Regierungseinrichtungen in der Umgebung (ORF 24.12.2018; vgl. ZO 24.12.2018, Tolonews 25.12.2018). Nach einem mehrstündigen Gefecht zwischen den afghanischen Sicherheitskräften und den Angreifern konnten diese besiegt werden. Quellen zufolge kamen ca. 43 Menschen ums Leben (AJ 25.12.2018; vgl. Tolonews 25.12.2018, NYT 24.12.2018). Bisher bekannte sich keine Gruppierung zum Anschlag (Tolonews 25.12.2018; vgl. AJ 25.12.2018).

Problematische Stimmenauszählung nach Parlamentswahlen und Verschiebung der Präsidentschaftswahl

Am 6.12.2018 erklärte die afghanische Wahlbeschwerdekommission (IECC) alle in der Provinz Kabul abgegebenen Stimmen für ungültig (RFE/RL 6.12.2018). Somit wurden die Stimmen von ungefähr einer Million Kabulis annulliert (Telepolis 15.12.2018; vgl. TAZ 6.12.2018). Die Gründe für die Entscheidung der IECC seien mehrere, darunter Korruption, Wahlfälschung und die mangelhafte Durchführung der Wahl durch die Unabhängige Wahlkommission (IEC) (Telepolis 15.12.2018; vgl. RFE/RL 6.12.2018). Die Entscheidung wurde von der IEC als "politisch motiviert" und "illegal" bezeichnet (Tolonews 12.12.2018). Am 8.12.2018 erklärte die IECC dennoch, die Kommission würde ihre Entscheidung revidieren, wenn sich die IEC kooperationswillig zeige (Tolonews 8.12.2018). Einer Quelle zufolge einigten sich am 12.12.2018 die beiden Wahlkommissionen auf eine neue Methode zur Zählung der abgegebenen Stimmen, welche die Transparenz und Glaubhaftigkeit dieser wahren sollte; ca. 10% der Stimmen in Kabul sollen durch diese neue Methode nochmals gezählt werden (Tolonews 12.12.2018). Die Überprüfung der Wahlstimmen in der Provinz Kabul ist weiterhin im Gange (Tolonews 7.1.2019). Dem Gesetz zufolge müssen im Falle der Annullierung der Stimmen innerhalb von einer Woche Neuwahlen stattfinden, was jedoch unrealistisch zu sein scheint (Telepolis 15.12.2018). Bisher hat die IEC die vorläufigen Ergebnisse der Wahl für 32 Provinzen veröffentlicht (IEC o.D.).

Am 30.12.2018 wurde die Verschiebung der Präsidentschaftswahl vom 20.4.2019 auf den 20.7.2019 verkündet. Als Gründe dafür werden u.a. die zahlreichen Probleme während und nach den Parlamentswahlen im Oktober genannt (WP 30.12.2018; vgl. AJ 30.12.2018, Reuters 30.12.2018).

Quellen:

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AJ - Al Jazeera (30.12.2018): Afghan presidential elections postponed until July 20: official, https:// www.aljazeera.com/news/2018/12/afghan-presidential-elections-postponed-july-20-official-181230185336213.html, Zugriff 8.1.2019

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AJ - Al Jazeera (25.12.2018): Kabul attack: Gunmen storm government building, kill dozens, https://www.aljazeera.com/news/southasia/2018/12/gunmen-storm-kabul-government-compound-gun-battle-ensues-181224115249492.html, Zugriff 8.1.2019

-

IEC - Independent Electoral Commission (o.D.): 2018 Afghanistan Wolesi Jirga Elections, http://www.iec.org.af/results/en/home, Zugriff 17.12.2018

-

NYT - The New York Times (24.12.2018): Militants Storm Afghan Offices in Kabul, Killing Dozens, https://www.nytimes.com/2018/12/24/world/middleeast/kabul-militant-attack.html. Zugriff 8.1.2019

-

ORF - Österreichischer Rundfunk (24.12.2018): Tote bei Angriff auf Regierungsgebäude in Kabul, https://orf.at/stories/3105448/, Zugriff 8.1.2019

-

Reuters (30.12.2018): Afghanistan to delay presidential election to July: election body,

https://www.reuters.com/article/us-afghanistan-election/afghanistan-to-delay-presidential-election-to-july-election-body-idUSKCN1OT0FR.

Zugriff 8.1.2018

-

RFE/RL - Radio Free Europe/Radio Liberty (6.12.2018): Afghan Commission Invalidates All Kabul Votes In October Parliamentary Election, https://www.rfer!.org/a/afghan-commission-invalidates-allkabul-votes-in-october-parliamentary-election/29640679.html. Zugriff 17.12.2018

-

TAZ - Die Tageszeitung (6.12.2018): Erste Wahl, dann das Chaos, https://www.taz.de/Parlamentswahl-in-Afghanistan/!5553677/, Zugriff 17.12.2018

-

Telepolis (15.12.2018): Chaos nach Parlamentswahlen, https://www.heise.de/tp/features/Chaosnach-Parlamentswahlen-4248743.html, Zugriff 17.12.2018

-

Tolonews (7.1.2019) IEC Accused of Making 'Fake Result Sheets' For Polling Stations,

https://www.tolonews.com/elections-2018/%E2%80%98iec-make-fake-result-sheets-polling-stations%E2%80%99, Zugriff 8.1.2019

-

Tolonews (25.12.2018): Kabul Attack Death Toll Rises To 43, https://www.tolonews.com/afghanistan/kabul-attack%C2%A0death-toll-rises-43. Zugriff 8.1.2019

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Tolonews (12.12.2018): IEC Resumes Recounting Of Kabul Votes Under New Method,

https://www.tolonews.com/index.php/elections-2018/iec-resumes-recounting-kabul-votes-under-new-method, Zugriff 17.12.2018

-

Tolonews (8.12.2018): IECC Conditions Decision To Review Kabul Votes,

https://www.tolonews.com/index.php/elections-2018/iecc-conditions%C2%A0decision%C2%A0%C2%A0review-kabul-votes. Zugriff 17.12.2018

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WP - The Washington Post (30.12.2018): Afghanistan's presidential elections delayed until July,

https://www.washingtonpost.com/world/asia_pacific/afghanistans-presidential-elections-delayed-until-julv/2018/12/30/038faea0-0c45-11e9-8f0c-6f878a26288a storv.html?noredirect=on&utm term=.07428f9afbb6, Zugriff 8.1.2019

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ZO - Zeit Online (24.12.2018): Mindestens 32 Tote bei Angriff in Kabul,

https://www.zeit.de/news/2018-12/24/mindestens-32-tote-bei-angriff-in-kabul-181224-99-340827.Zugriff 8.1.2018

KI vom 23.11.2018, Anschläge in Kabul

Bei einem Selbstmordanschlag in Kabul-Stadt kamen am 20.11.2018 ca. 55 Menschen ums Leben und ca. 94 weitere wurden verletzt (AJ 21.11.2018; vgl. NYT 20.11.2018, TS 21.11.2018, LE 21.11.2018). Der Anschlag fand in der Hochzeitshalle "Uranus" statt, wo sich Islamgelehrte aus ganz Afghanistan anlässlich des Nationalfeiertages zu Maulid an-Nabi, dem Geburtstag des Propheten Mohammed, versammelt hatten (AJ 21.11.2018; vgl. TS 21.11.2018, TNAE 21.11.2018, IFQ 20.11.2018, Tolonews 20.11.2018). Quellen zufolge befanden sich zum Zeitpunkt der Explosion zwischen 1.000 und 2.000 Personen, darunter hauptsächlich Islamgelehrte und Mitglieder des Ulemarates, aber auch Mitglieder der afghanischen Sufi-Gemeinschaft und andere Zivilisten, in der Hochzeitshalle (AJ 21.11.2018; vgl. LE 21.11.2018, NYT 20.11.2018, DZ 20.11.2018, IFQ 20.11.2018). Gemäß einer Quelle fand die Detonation im ersten Stock der Hochzeitshalle statt, wo sich zahlreiche Geistliche der afghanischen Sufi-Gemeinschaft versammelt hatten. Es ist nicht klar, ob das Ziel des Anschlags das Treffen der sufistischen Gemeinschaft oder das im Erdgeschoss stattfindende Treffen der Ulema und anderer Islamgelehrten war (LE 21.11.2018; vgl. TNAE 21.11.2018). Weder die Taliban noch der Islamische Staat (IS) bekannten sich zum Angriff, der dennoch von den Taliban offiziell verurteilt wurde (LE 21.11.2018; vgl. AJ 21.11.2018, IFQ 20.11.2018).

Am 12.11.2018 kamen bei einem Selbstmordanschlag in Kabul-Stadt ca. sechs Personen ums Leben und 20 weitere wurden verletzt (Tolonews 12.11.2018; vgl. DZ 12.11.2018, ANSA 12.11.2018). Anlass dafür war eine Demonstration in der Nähe des "Pashtunistan Square" im Stadtzentrum, an der hunderte von Besuchern, darunter hauptsächlich Mitglieder und Unterstützer der Hazara-Gemeinschaft, teilnahmen, um gegen die während des Berichtszeitraums anhaltenden Kämpfe in den Provinzen Ghazni und Uruzgan zu demonstrieren (Tolonews 12.11.2018; vgl. DZ 12.11.2018, KP 12.11.2018). Der IS bekannte sich zum Anschlag (DZ 12.11.2018; vgl. AJ 12.11.2018).

Bei einem Selbstmordanschlag in Kabul-Stadt kamen am 31.10.2018 ca. sieben Personen ums Leben und weitere acht wurden verletzt (Dawn 1.11.20181; vgl. 1TV 31.10.2018, Pajhwok 31.10.2018). Unter den Opfern befanden sich auch Zivilisten (Pajhwok 31.10.2018; vgl. 1TV 31.10.2018). Die Explosion fand in der Nähe des Kabuler Gefägnisses Pul-i-Charkhi statt und hatte dessen Mitarbeiter zum Ziel (Dawn 1.11.2018; vgl. 1TV 31.10.2018, Pajhwok 31.10.2018). Der IS bekannte sich zum Anschlag (Dawn 1.11.2018, vgl. 1TV 31.10.2018).

Quellen:

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1TV (31.10.2018): Suicide attack kills seven outside Kabul prison, http://www.1tvnews.af/en/news/

-

afghanistan/36271-suicide-attack-kills-seven-outside-kabul-prison? fbclid=IwAR2WADPVHTuF8LZMwm0-LYci05vz1p06BygjhELlFr-wLKNDNo8XQRLXnuQ, Zugriff 22.11.2018

-

AJ - Al Jazeera (21.11.2018): 'Brutal and barbaric': Victims recount horror of Kabul attack, https://

-

www.aljazeera.com/news/2018/11/barbaric-victims-recount-horror-kabul-attack- 181121162807917.html, Zugriff 22.11.2018

-

AJ - Al Jazeera (12.11.2018): Kabul: Suicide bomber targets protesters demanding security,

https://www.aljazeera.com/news/2018/11/afghanistan-suicide-bomber-targets-protesters-kabul-181112094659291.html, Zugriff 22.11.2018

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ANSA - Agenzia Nazionale Stampa Associata (12.11.2018):

Afghanistan: 67 morti in 24 ore, http://www.ansa.it/sito/notizie/topnews/2018/11/12/afghanistan-67-morti-in-24-ore_71bfd73c-c68f-4182-a798-34b9ace3ae65.html, Zugriff 22.11.2018

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Dawn (1.11.2018): Seven killed in suicide attack near Kabul prison,

https://www.dawn.com/news/1442782/seven-killed-in-suicide-attack-near-kabul-prison, Zugriff 22.11.2018

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DZ - Die Zeit (20.11.2018): Mehr als 50 Tote bei Anschlag in Kabul,

https://www.zeit.de/gesellschaft/zeitgeschehen/2018-11/afghanistan-kabul-explosion-anschlagattentat-ulema-rat-versammlung-tote, Zugriff 22.11.2018

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DZ - Die Zeit (12.11.2018): Mehrere Tote bei Anschlag nahe Anti-Taliban-Demo,

https://www.zeit.de/politik/ausland/2018-11/kabul-anschlag-explosion-demonstration-talibanregierungstruppen-ghasni, Zugriff 12.11.2018

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IFQ - Il Fatto Quotidiano (20.11.2018): Afghanistan, attacco kamikaze a Kabul durante incontro religioso: almeno 50 morti e 80 feriti gravi,

https://www.ilfattoquotidiano.it/2018/11/20/afghanistanattacco-kamikaze-a-kabul-durante-incontro-religioso-almeno-40-morti-e-80-feriti/4779194/, Zugriff 22.11.2018

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KP - Khaama Press (12.11.2018): Protesters gather near Presidential Palace in Kabul over recent wave of violence, https://www.khaama.com/protesters-gather-near-presidential-palace-in-kabulover-recent-wave-of-violence-02722/?fbclid=IwAR2cNyRcLjWNmzaEoWNieBq37J1eVAKL2aT_4yCqbU9HdYKpr30O1NoXe-g, Zugriff 22.11.2018

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LE - L'Express (21.11.2018): Attentat à Kaboul : la lecture de verset du Coran soudain interrompue, raconte un blessé, https://www.lexpress.fr/actualites/1/monde/attentat-a-kaboul-lalecture-de-versets-du-coran-soudain-interrompue-raconte-un-blesse_2049660.html, Zugriff 22.11.2018

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NYT - New York Times (20.11.2018): At Leas 55 Killed in Bombing of Afghan Religious Gathering,

https://www.nytimes.com/2018/11/20/world/asia/afghanistan-wedding-hall-bombing.html, Zugriff 22.11.2018

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Pajhwok Afghan News (31.10.2018): Suicide blast in front of Pul-i-Charhi prison leave 6 people dead, https://www.pajhwok.com/en/2018/10/31/suicide-blast-front-pul-i-charkhi-prison-leave-6-people-dead, Zugriff 22.11.2018

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SS - Stars and Stripes (20.11.2018): Suicide bomb attack in Kabul kills at least 43, wounds 83,

https://www.stripes.com/news/suicide-bomb-attack-in-kabul-kills-at-least-43-wounds-83-1.557397, Zugriff 22.11.2018

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TNAE - The National (21.11.2018): Kabul reels in grief after wedding hall attack,

https://www.thenational.ae/world/asia/kabul-reels-in-grief-after-wedding-hall-attack-1.794365, Zugriff 22.11.2018

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Tolonews (20.11.2018): Death Toll Rises To 50 In Kabul Wedding Hall Explosion,

https://www.tolonews.com/afghanistan/40-killed-80-wounded-kabul-wedding-hall-blast, Zugriff 22.11.2018

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Tolonews (12.11.2018): MoI Confirms 6 Death In Kabul Explosion, https://www.tolonews.com/afghanistan/casualties-feared-explosion-rocks-kabul, Zugriff 22.11.2018

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TS - Tagesschau (21.11.2018): Deutschland verurteilt Anschlag

1. Sicherheitslage

Wegen einer Serie von öffentlichkeitswirksamen (high-profile) Angriffen in städtischen Zentren, die von regierungsfeindlichen Elementen ausgeführt wurden, erklärten die Vereinten Nationen (UN) im Februar 2018 die Sicherheitslage für sehr instabil (UNGASC 27.2.2018).

Für das Jahr 2017 registrierte die Nichtregierungsorganisation INSO (International NGO Safety Organisation) landesweit 29.824 sicherheitsrelevante Vorfälle. Im Jahresvergleich wurden von INSO 2016 landesweit 28.838 sicherheitsrelevante Vorfälle registriert und für das Jahr 2015 25.288. Zu sicherheitsrelevanten Vorfällen zählt INSO Drohungen, Überfälle, direkter Beschuss, Entführungen, Vorfälle mit IEDs (Sprengfallen/ Unkonventionelle Spreng- oder Brandvorrichtung - USBV) und andere Arten von Vorfällen (INSO o.D.).

Für das Jahr 2017 registrierte die UN insgesamt 23.744 sicherheitsrelevante Vorfälle in Afghanistan (UNGASC 27.2.2018); für das gesamte Jahr 2016 waren es 23.712 (UNGASC 9.3.2017). Landesweit wurden für das Jahr 2015 insgesamt 22.634 sicherheitsrelevanter Vorfälle registriert (UNGASC 15.3.2016).

Im Jahr 2017 waren auch weiterhin bewaffnete Zusammenstöße Hauptursache (63%) aller registrierten sicherheitsrelevanten Vorfälle, gefolgt von IEDs (Sprengfallen/ Unkonventionelle Spreng- oder Brandvorrichtung - USBV) und Luftangriffen. Für das gesamte Jahr 2017 wurden 14.998 bewaffnete Zusammenstöße registriert (2016: 14.977 bewaffnete Zusammenstöße) (USDOD 12.2017). Im August 2017 stuften die Vereinten Nationen (UN) Afghanistan, das bisher als "Post-Konflikt-Land" galt, wieder als "Konfliktland" ein; dies bedeute nicht, dass kein Fortschritt stattgefunden habe, jedoch bedrohe der aktuelle Konflikt die Nachhaltigkeit der erreichten Leistungen (UNGASC 10.8.2017).

Die Zahl der Luftangriffe hat sich im Vergleich zum Jahr 2016 um 67% erhöht, die gezielter Tötungen um 6%. Ferner hat sich die Zahl der Selbstmordattentate um 50% erhöht. Die östlichen Regionen hatten die höchste Anzahl an Vorfällen zu verzeichnen, gefolgt von südlichen Regionen. Diese beiden Regionen zusammen waren von 55% aller sicherheitsrelevanten Vorfälle betroffen (UNGASC 27.2.2018). Für den Berichtszeitraum 15.12.2017 - 15.2.2018 kann im Vergleich zum selben Berichtszeitraum des Jahres 2016, ein Rückgang (-6%) an sicherheitsrelevanten Vorfällen verzeichnet werden (UNGASC 27.2.2018).

Afghanistan ist nach wie vor mit einem aus dem Ausland unterstützten und widerstandsfähigen Aufstand konfrontiert. Nichtsdestotrotz haben die afghanischen Sicherheitskräfte ihre Entschlossenheit und wachsenden Fähigkeiten im Kampf gegen den von den Taliban geführten Aufstand gezeigt. So behält die afghanische Regierung auch weiterhin Kontrolle über Kabul, größere Bevölkerungszentren, die wichtigsten Verkehrsrouten und den Großteil der Distriktzentren (USDOD 12.2017). Zwar umkämpften die Taliban Distriktzentren, sie konnten aber keine Provinzhauptstädte (bis auf Farah-Stadt; vgl. AAN 6.6.2018) bedrohen - ein signifikanter Meilenstein für die ANDSF (USDOD 12.2017; vgl. UNGASC 27.2.2018); diesen Meilenstein schrieben afghanische und internationale Sicherheitsbeamte den intensiven Luftangriffen durch die afghanische Nationalarmee und der Luftwaffe sowie verstärkter Nachtrazzien durch afghanische Spezialeinheiten zu (UNGASC 27.2.2018).

Die von den Aufständischen ausgeübten öffentlichkeitswirksamen (high-profile) Angriffe in städtischen Zentren beeinträchtigten die öffentliche Moral und drohten das Vertrauen in die Regierung zu untergraben. Trotz dieser Gewaltserie in städtischen Regionen war im Winter landesweit ein Rückgang an Talibanangriffen zu verzeichnen (UNGASC 27.2.2018). Historisch gesehen gehen die Angriffe der Taliban im Winter jedoch immer zurück, wenngleich sie ihre Angriffe im Herbst und Winter nicht gänzlich einstellen. Mit Einzug des Frühlings beschleunigen die Aufständischen ihr Operationstempo wieder. Der Rückgang der Vorfälle im letzten Quartal 2017 war also im Einklang mit vorangegangenen Schemata (LIGM 15.2.2018).

Anschläge bzw. Angriffe und Anschläge auf hochrangige Ziele

Die Taliban und weitere aufständische Gruppierungen wie der Islamische Staat (IS) verübten auch weiterhin "high-profile"-Angriffe, speziell im Bereich der Hauptstadt, mit dem Ziel, eine Medienwirksamkeit zu erlangen und damit ein Gefühl der Unsicherheit hervorzurufen und so die Legitimität der afghanischen Regierung zu untergraben (USDOD 12.2017; vgl. SBS 28.2.2018, NZZ 21.3.2018, UNGASC 27.2.2018). Möglicherweise sehen Aufständische Angriffe auf die Hauptstadt als einen effektiven Weg, um das Vertrauen der Bevölkerung in die Regierung zu untergraben, anstatt zu versuchen, Territorium in ländlichen Gebieten zu erobern und zu halten (BBC 21.3.2018).

Die Anzahl der öffentlichkeitswirksamen (high-profile) Angriffe hatte sich von 1.6. - 20.11.2017 im Gegensatz zum Vergleichszeitraum des Vorjahres erhöht (USDOD 12.2017). In den ersten Monaten des Jahres 2018 wurden verstärkt Angriffe bzw. Anschläge durch die Taliban und den IS in verschiedenen Teilen Kabuls ausgeführt (AJ 24.2.2018; vgl. Slate 22.4.2018). Als Antwort auf die zunehmenden Angriffe wurden Luftangriffe und Sicherheitsoperationen verstärkt, wodurch Aufständische in einigen Gegenden zurückgedrängt wurden (BBC 21.3.2018); auch wurden in der Hauptstadt verstärkt Spezialoperationen durchgeführt, wie auch die Bemühungen der US-Amerikaner, Terroristen zu identifizieren und zu lokalisieren (WSJ 21.3.2018).

Landesweit haben Aufständische, inklusive der Taliban und des IS, in den Monaten vor Jänner 2018 ihre Angriffe auf afghanische Truppen und Polizisten intensiviert (TG 29.1.2018; vgl. BBC 29.1.2018); auch hat die Gewalt Aufständischer gegenüber Mitarbeiter/innen von Hilfsorganisationen in den letzten Jahren zugenommen (The Guardian 24.1.2018). Die Taliban verstärken ihre Operationen, um ausländische Kräfte zu vertreiben; der IS hingegen versucht, seinen relativ kleinen Einflussbereich zu erweitern. Die Hauptstadt Kabul ist in diesem Falle für beide Gruppierungen interessant (AP 30.1.2018).

Angriffe auf afghanische Sicherheitskräfte und Zusammenstöße zwischen diesen und den Taliban finden weiterhin statt (AJ 22.5.2018; AD 20.5.2018).

Registriert wurde auch eine Steigerung öffentlichkeitswirksamer gewalttätiger Vorfälle (UNGASC 27.2.2018), von denen zur Veranschaulichung hier auszugsweise einige Beispiele wiedergegeben werden sollen (Anmerkung der Staatendokumentation: Die folgende Liste enthält öffentlichkeitswirksame (high-profile) Vorfälle sowie Angriffe bzw. Anschläge auf hochrangige Ziele und erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit).

* Selbstmordanschlag vor dem Ministerium für ländliche Rehabilitation und Entwicklung (MRRD) in Kabul: Am 11.6.2018 wurden bei einem Selbstmordanschlag vor dem Eingangstor des MRRD zwölf Menschen getötet und 30 weitere verletzt. Quellen zufolge waren Frauen, Kinder und Mitarbeiter des Ministeriums unter den Opfern (AJ 11.6.2018). Der Islamische Staat (IS) bekannte sich zum Angriff (Reuters 11.6.2018; Gandhara 11.6.2018).

* Angriff auf das afghanische Innenministerium (MoI) in Kabul: Am 30.5.2018 griffen bewaffnete Männer den Sitz des MoI in Kabul an, nachdem vor dem Eingangstor des Gebäudes ein mit Sprengstoff geladenes Fahrzeug explodiert war. Bei dem Vorfall kam ein Polizist ums Leben. Die Angreifer konnten nach einem zweistündigen Gefecht von den Sicherheitskräften getötet werden. Der Islamische Staat (IS) bekannte sich zum Angriff (CNN 30.5.2018; vgl. Gandhara 30.5.2018)

* Angriff auf Polizeistützpunkte in Ghazni: Bei Taliban-Anschlägen auf verschiedene Polizeistützpunkte in der afghanischen Provinz Ghazni am 21.5.2018 kamen mindestens 14 Polizisten ums Leben (AJ 22.5.2018).

* Angriff auf Regierungsbüro in Jalalabad: Nach einem Angriff auf die Finanzbehörde der Provinz Nangarhar in Jalalabad kamen am 13.5.2018 mindestens zehn Personen, darunter auch Zivilisten, ums Leben und 40 weitere wurden verletzt (Pajhwok 13.5.2018; vgl. Tolonews 13.5.2018). Die Angreifer wurden von den Sicherheitskräften getötet (AJ 13.5.2018). Quellen zufolge bekannte sich der Islamische Staat (IS) zum Angriff (AJ 13.5.2018).

* Angriff auf Polizeireviere in Kabul: Am 9.5.2018 griffen bewaffnete Männer jeweils ein Polizeirevier in Dasht-e-Barchi und Shar-i-Naw an und verursachten den Tod von zwei Polizisten und verwundeten sechs Zivilisten. Auch wurden Quellen zufolge zwei Attentäter von den Sicherheitskräften getötet (Pajhwok 9.5.2018). Der IS bekannte sich zum Angriff (Pajhwok 9.5.2018; vgl. Tolonews 9.5.2018).

* Selbstmordangriff in Kandahar: Bei einem Selbstmordanschlag auf einen Konvoi der NATO-Truppen in Haji Abdullah Khan im Distrikt Daman der Provinz Kandahar sind am 30.4.2018 elf Kinder ums Leben gekommen und 16 weitere Menschen verletzt worden; unter den Verletzten befanden sich u.a. rumänische Soldaten (Tolonews 30.4.2018b; vgl. APN 30.4.2018b, Focus 30.4.2018, IM 30.4.2018). Weder der IS noch die Taliban reklamierten den Anschlag für sich (Spiegel 30.4.2018; vgl. Tolonews 30.4.2018b).

* Doppelanschlag in Kabul: Am 30.4.2018 fand im Bezirk Shash Derak in der Hauptstadt Kabul ein Doppelanschlag statt, bei dem Selbstmordattentäter zwei Explosionen verübten (AJ 30.4.2018; vgl. APN 30.4.20

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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