TE Bvwg Erkenntnis 2019/3/20 W141 2212014-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 20.03.2019
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Entscheidungsdatum

20.03.2019

Norm

BBG §40
BBG §41
BBG §45
B-VG Art.133 Abs4

Spruch

W141 2212014-1/3E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Gerhard HÖLLERER als Vorsitzenden und den Richter Mag. Stephan WAGNER sowie die fachkundige Laienrichterin

Mag. Bettina PINTER als Beisitzer über die Beschwerde von XXXX , geboren am XXXX , gegen den Bescheid des Bundesamtes für Soziales und Behindertenwesen, Landesstelle Wien, vom 15.11.2018, OB: XXXX , betreffend die Abweisung des Antrages auf Ausstellung eines Behindertenpasses gem. § 40, § 41 und § 45 Bundesbehindertengesetz (BBG) idgF, zu Recht erkannt:

A)

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen und der angefochtene Bescheid bestätigt.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Die Beschwerdeführerin hat am 08.06.2018 beim Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen (Kurzbezeichnung:

Sozialministeriumservice; in der Folge belangte Behörde genannt) unter Vorlage eines Befundkonvoluts einen Antrag auf Ausstellung eines Behindertenpasses gestellt.

2. Zur Überprüfung des Antrages wurde von der belangten Behörde ein Sachverständigengutachten eines Allgemeinmediziners, basierend auf der persönlichen Untersuchung der Beschwerdeführerin am 16.07.2018, mit dem Ergebnis eingeholt, dass der Grad der Behinderung mit 30 vH bewertet wurde.

3. Mit dem angefochtenen Bescheid hat die belangte Behörde den Antrag auf Ausstellung eines Behindertenpasses gemäß § 40, § 41 und § 45 BBG abgewiesen.

Dem Bescheid war das allgemeinmedizinische Sachverständigengutachten beigelegt.

4. Gegen diesen Bescheid wurde von der Beschwerdeführerin mit bei der belangten Behörde am 14.12.2018 einlangten Schreiben fristgerecht Beschwerde erhoben.

Ohne Vorlage weiterer Befunde wurde von der Beschwerdeführerin im Wesentlichen vorgebracht, dass sie bereits 1991 einen Bescheid über einen GdB von 30vH erhalten habe und sie sich nicht erklären könne, dass sich der Grad der Behinderung seitdem, trotz Hinzukommen zahlreicher Leiden, nicht erhöht habe.

4.1. Mit Beschwerdevorlage vom 03.01.2019 wurde das Beschwerdevorbringen samt dazugehörigem Verwaltungsakt dem Bundesverwaltungsgericht zur Entscheidung vorgelegt.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

Da sich die Beschwerdeführerin mit dem im angefochtenen Bescheid festgestellten Grad der Behinderung nicht einverstanden erklärt hat, war dieser zu überprüfen.

1. Feststellungen:

1.1. Die Beschwerdeführerin hat ihren Wohnsitz im Inland.

1.2. Der Gesamtgrad der Behinderung beträgt 30 vH.

1.2.1. Ausmaß der Funktionseinschränkungen:

Allgemeinzustand: guter Allgemeinzustand

Ernährungszustand: guter Ernährungszustand

Größe: 163,00 cm Gewicht: 127,00 kg Blutdruck: 140/85

Klinischer Status - Fachstatus:

Sauerstoffsättigung der Raumluft: pO2: 94%, Puls: 58/min, keine

Ruhedyspnoe Kopf: Zähne: saniert, Gleitsichtbrille, Sensorium frei, Nervenaustrittspunkte unauff.,

Hals: keine Einflussstauung, Schilddrüse schluckverschieblich, Lymphknoten o.B.,

Thorax: symmetrisch, Fassthorax, multiple Naevi im Bereich des Dorsums,

Herz: normal konfiguriert, Herztöne rein, keine pathologischen Geräusche,

Lunge: vesikuläres Atemgeräusch, Basen gut verschieblich, son. Klopfschall,

Wirbelsäule: Halswirbelsäule frei beweglich, Kinn-Jugulum-Abstand 2cm, seichte rechtskonvexe Skoliose der Brustwirbelsäule, Hyperlordose der Lendenwirbelsäule, Fingerbodenabstand 20cm, thorakaler Schober 30/33cm, Ott: 10/13cm, Hartspann der Lendenwirbelsäule,

Abdomen: weich, über Thoraxniveau, Hepar und Lien nicht palpabel, keine Resistenz tastbar, blande Narbe nach Appendektomie und medianer UB-Laparotomie,

Nierenlager: beidseits frei,

Obere Extremität: frei beweglich bis auf endlagige Elevationsstörung beider Arme, Globalfunktion und grobe Kraft beidseits erhalten, Nacken- und Kreuzgriff möglich,

Untere Extremität: frei beweglich bis auf schmerzbedingte

Flexionsstörung beider Hüftgelenke: 0/0/90° werden demonstriert, Flexionsstörung beider Kniegelenke bei Zustand nach

Kniegelenksersatz rechts: 0/0/100°, geringe Beinlängendifferenz links -1,0 cm, seitengleicher Umfang beider Kniegelenke: 50,5cm, keine signifikante Involutionsatrophie der Unterschenkelmuskulatur,

Umfang des rechten Unterschenkels: 45cm (links: 46cm), keine Ödeme, Gefäßzeichnung ohne trophische Hautstörungen, Reflex nur schwach auslösbar, Babinski negativ, freie Beweglichkeit der Sprunggelenke,

Umfang des rechten Sprunggelenkes: 31,5cm (links: 31cm), Zehenballen- und Fersengang mühevoll möglich,

Gesamtmobilität - Gangbild:

leicht hinkendes Gangbild, keine Gehhilfe erforderlich, keine objektivierbare Sturzneigung, AW kommt mit einer Stützkrücke zur Untersuchung,

Status Psychicus:

zeitlich und örtlich orientiert, ausgeglichene Stimmungslage, normale Kommunikation möglich

1.2.2. Beurteilung der Funktionseinschränkungen:

Lfd. Nr.

Funktionseinschränkung

Position

GdB

1

degenerative Veränderung der Wirbelsäule, Bandscheibenschädigung im Hals- und Lendenwirbelsäulensegment unterer Rahmensatz, da keine motorischen Defizite fassbar

02.01.02

30 vH

2

mäßiger Bluthochdruck fixer Rahmensatz; Wahl dieser Position, da keine maßgebliche Störung der Linksventrikelfunktion dokumentiert

05.01.02

20 vH

3

Zustand nach Hüfttotalendoprothese links 11/2014, Abnützungserscheinungen des rechten Hüftgelenkes Unterer Rahmensatz, da gutes postoperatives Ergebnis ohne Lockerungszeichen und Flexion bis zumindest 90° möglich

02.05.08

20 vH

4

Zustand nach Knietotalendoprothese rechts 02/2016, Abnützungserscheinungen am linken Kniegelenk Unterer Rahmensatz, da gutes postoperatives Ergebnis ohne Lockerungszeichen und Flexion bis zumindest 90° möglich

02.05.19

20 vH

5

chronisch venöse Insuffizienz, Zustand nach tiefer Beinvenenthrombose links eine Stufe über dem unteren Rahmensatz, da Schwellneigung, jedoch keine trophischen Hautschäden fassbar

05.08.01

20 vH

6

Zustand nach Kataraktoperation beidseits mit gutem Sehvermögen rechts (1,0) und links (0,8), Tab. Kolonne 1, Zeile 1; +10% wegen Hinterkammerlinsenimplantation beidseits

11.02.01

10 vH

7

Hashimoto-Thyreoiditis unterer Rahmensatz, da unter Substitutionstherapie euthyreote Stoffwechsellage erzielt werden kann

09.01.01

10 vH

8

Zustand nach Gallenblasenresektion unterer Rahmensatz, da gutes postoperatives Ergebnis und keine Ernährungsstörung fassbar

07.06.01

10 vH

9

Fersensporne beidseits, rezidivierende Achillodynie links, fixer Rahmensatz

02.05.40

10 vH

10

Fingergelenksarthrose beidseits unterer Rahmensatz, da keine maßgebliche Beeinträchtigung der Globalfunktion beider Hände

02.06.26

10 vH

11

multiple Naevi vor allem im Rückenbereich fixer Rahmensatz

01.01.01

10 vH

12

Verlust der Gebärmutter fixer Rahmensatz

08.03.02

10 vH

Gesamtgrad der Behinderung

30 vH

 

 

Begründung für den Gesamtgrad der Behinderung: Der Gesamtgrad der Behinderung beträgt 30 vH. Das führende Leiden 1 wird durch die weiteren Leiden 2-12 nicht erhöht, da kein maßgebliches ungünstiges funktionelles Zusammenwirken vorliegt.

1.3. Der gegenständliche Antrag ist am 08.06.2018 bei der belangten Behörde eingelangt.

2. Beweiswürdigung:

Aufgrund der vorliegenden Beweismittel und des Aktes der belangten Behörde ist das Bundesverwaltungsgericht (BVwG) in der Lage, sich vom entscheidungsrelevanten Sachverhalt im Rahmen der freien Beweiswürdigung ein ausreichendes Bild zu machen. Die freie Beweiswürdigung ist ein Denkprozess, der den Regeln der Logik zu folgen hat und im Ergebnis zu einer Wahrscheinlichkeitsbeurteilung eines bestimmten historisch empirischen Sachverhalts, also von Tatsachen, führt. Der Verwaltungsgerichtshof führt dazu präzisierend aus, dass eine Tatsache in freier Beweiswürdigung nur dann als erwiesen angenommen werden darf, wenn die Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens ausreichende und sichere Anhaltspunkte für eine derartige Schlussfolgerung liefern (VwGH 28.09.1978, Zahl 1013, 1015/76).

Hauer/Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens,

5. Auflage, § 45 AVG, E 50, Seite 305, führen beispielsweise in Zitierung des Urteils des Obersten Gerichtshofs vom 29.02.1987, Zahl 13 Os 17/87, aus: "Die aus der gewissenhaften Prüfung aller für und wider vorgebrachten Beweismittel gewonnene freie Überzeugung der Tatrichter wird durch eine hypothetisch denkbare andere Geschehensvariante nicht ausgeschlossen. Muss doch dort, wo ein Beweisobjekt der Untersuchung mit den Methoden einer Naturwissenschaft oder unmittelbar einer mathematischen Zergliederung nicht zugänglich ist, dem Richter ein empirisch-historischer Beweis genügen. Im gedanklichen Bereich der Empirie vermag daher eine höchste, ja auch eine (nur) hohe Wahrscheinlichkeit die Überzeugung von der Richtigkeit der wahrscheinlichen Tatsache zu begründen, (...)".

Zu 1.1.) Die Feststellungen zu den allgemeinen Voraussetzungen ergeben sich aus dem diesbezüglich unbedenklichen, widerspruchsfreien und unbestrittenen Akteninhalt.

Zu 1.2.) Die Feststellungen zu Art und Ausmaß der Funktionseinschränkungen und des Gesamtgrades der Behinderung der Beschwerdeführerin gründen sich - in freier Beweiswürdigung - auf das im erstinstanzlichen Verfahren eingeholte ärztliche Sachverständigengutachten, basierend auf der persönlichen Untersuchung der Beschwerdeführerin, auf den vorgelegten medizinischen Beweismitteln sowie der Aktenlage.

Das durch die belangte Behörde eingeholte ärztliche Sachverständigengutachten ist schlüssig, nachvollziehbar und weist keine Widersprüche auf. Es wurde auf die Art der Leiden und deren Ausmaß ausführlich eingegangen. Die getroffenen Einschätzungen, basierend auf dem im Rahmen der persönlichen Untersuchung erhobenen klinischen Befunde, entsprechen den festgestellten Funktionseinschränkungen.

Der befasste Sachverständige fasst die vorgelegten Beweismittel nachvollziehbar wie folgt zusammen:

-

Röntgenbefund der Lendenwirbelsäule vom 06.10.2004/Ergebnis:

mäßige Spondylose der LWS, Beckenübersicht und beide Hüftgelenke/Ergebnis: Zeichen beginnend degenerativer Hüftgelenksveränderung beidseits und inzipiente SIG-Arthrose beidseits

-

Röntgenbefund der Lendenwirbelsäule vom 23. 5. 2007/Ergebnis:

geringe s-förmige Skoliose, Osteochondrose sowie Spondylarthrose L4 bis S1, Beckenübersicht/Ergebnis: mäßige Sacroiliacalgelenksarthrose sowie inzipiente Coxarthrose

-

Magnetresonanzbefund der Lendenwirbelsäule vom 31.05.2007: L3/L4 Bandscheibenprolaps, breitbasige dorsale Vorwölbung der Bandscheibe im Segment L4/5 und L5/S1 ohne Bedrängung der Nervenwurzeln, geringe dorsale Bandscheibenvorwölbung TH 12/L1 und L2/3 bei Osteochondrosen

-

Thoraxröntgen vom 17.01.2008: konstitutionelle bedingter Zwerchfellhochstand beidseits, sonst unauffälliger Befund

-

Magnetresonanzbefund des Schädels vom 11.02.2008:

Mikroangiopathie, MRT der Halswirbelsäule/Ergebnis:

Wirbelkörperhämangiom C5, kyphotischen Knick C5/6, serielle Protrusionen C4/5, C5/6, weniger ausgeprägt C6/7 mit jeweils geringer Impression des Duralsackes ohne Affektion austretender neuronaler Strukturen

-

Röntgenbefund beider Hände vom 20.03.2009: geringe Zeichen einer Heberden- sowie Bouchard-Arthrose, inzipiente Daumensattelgelenksarthrose, Röntgen beider Vorfüsse: incipiente Hallux valgus mit Zeichen einer Großzehengrundgelenksarthrose beidseits, beidseits dorsaler und plantarer Fersensporne, unauffällige Knochendichte in der Osteodensiometrie (DEXA)

-

Röntgenbefund beider Kniegelenke vom 20.03.2009/Ergebnis:

deutliche medialseitig betonte Gonarthrose, Femoropatellararthrose, Sehnenansatzverkalkungen an der Patellaoberkante, Mammographie beidseits/Ergebnis: stationär unauffälliger Befund, kein Malignitätshinweis

-

Röntgenbefund beider Sprunggelenke vom 24.03.2011: inzipiente arthrotische Veränderungen im oberen und unteren Sprunggelenksspalt, 5mm großer dorsaler und plantarer Fersensporne

-

Ambulanzkarte des WSP vom 14.03.2011/Diagnose: chronisch-venöse Insuffizienz Grad I bei Vena saphena magna-Stamm- und Seitenastvarikose rechts, konservatives Procedere empfohlen,

-

Histologische Befund vom 07.03.2011/Diagnose: papilläres bis Kran böses Hämangiom vom super offiziellen Typ, im Gesunden existiert, für Malignität kein Anhaltspunkt

-

Röntgenbefund der gesamten Wirbelsäule vom 03.06.2014/Ergebnis:

Streckhaltung der gesamten Wirbelsäule, mäßige Spondylose der BWS und LWS, Zeichen der Bandscheibenschädigung C5 bis C7 bzw. L3 bis S1, Costotransversalarthrose bei TH 8 und 9 beidseits, Uncarthrose der kaudalen HWS, Beckenübersicht/Ergebnis: Zeichen der Coxarthrose links, beide Kniegelenke/Ergebnis: Zeichen medialbetonte Gonarthrose beidseits, rechts > links, sowie Retropatellararthrose rechts

-

Befundbericht des XXXX vom 23.06.2014/Diagnosen: höhergradige Coxarthrose links mit gluteal Insuffizienz, Gonarthrose beidseits, Hypertonie, Spondylosen BWS und LWS, Costotransversalarthrose TH 8 und 9 beidseits, Chondropathie C5 bis C7, Uncovertebralarthrosen unteren HWS

-

Patientenbrief des XXXX vom 26.11.2014/Diagnosen: Coxarthrose links, Gonarthrose beidseits, St. p. Kniearthroskopie rechts 2005, Adipositas permagna, arterielle Hypertonie, Hyperlipidämie, substituierte Hypothyreose, St. p. Wertheim-Operation, St. p.

Cholezystektomie, St. p. Narbenbruchoperation, Therapie: am 19.11.2014 Implantation einer Hüfttotalendoprothese links

-

Entlassungsbrief des XXXX vom 09.02.2015/Diagnosen:

Hüfttotalendoprothese links nach Coxarthrose am 19.11.2014 im XXXX , arterielle Hypertonie, Allergie (Laktoseintoleranz)

-

Bestrahlungsprotokoll des radiologischen Facharztes vom 27.07.2015 und 22.06.2015: Fersensporne rechts und links bestrahlt

-

Sonographie der linken Achillessehne vom 07.11.2015:

intratendinöse Verkalkung, Verdacht auf größeren Patellasporn

-

Patientenbrief des XXXX vom 16.02.2016/Aufnahmegrund: Gonarthrose rechts mit typischen Beschwerden, Diagnosen bei Entlassung: St. p. Hüfttotalendoprothese links 11/2014, Hyperlipidämie, arterielle Hypertonie, chronische Niereninsuffizienz, Adipositas per magna, Hypothyreose, Hyperurikämie, durchgeführte Maßnahmen: am 04.02.2016 Knietotalendoprothese rechts,

-

Entlassungsbericht der Klinik XXXX vom 11.05.2016/Diagnosen: St.

         p.       Implantation einer Knietotalendoprothese rechts am 04.02.2016, andere Vorerkrankungen: St. p. Hüfttotalendoprothese links 11/2014, rezidivierende Achillodynie links, arterielle Hypertonie, St. p. Mammareduktionsplastik beidseits, St. p. Tonsillektomie, Appendektomie, Hysterektomie und Cholezystektomie, multiple Naevi vor allem im Rückenbereich, Hypothyreose bei Hashimoto-Thyreoiditis, Adipositas (BMI: 45,5 kg/m2)

-

Arztbrief-Augen des XXXX vom 12.12.2016/Therapie:

Hinterkammerlinsenimplantation links am 12.12.2016

-

Röntgenbefund beider Hände vom 04.06.2018: geringe Heberden-Arthrosen sowie Bouchard-Arthrose an sämtlichen Fingern, geringe Daumensattelgelenksarthrose beidseits, rechtes Kniegelenk:

Zustand nach Knietotalendoprothese, reguläre Artikulationsstellung, keine Lockerungszeichen, kleiner cranialer Patellarsporn

-

augenärztlicher Befund vom 19.06.2018/korrigierter Visus rechts:

1,0/korrigierter Visus links: 0,8, Diagnosen: beidseits Makuladegeneration, beidseits Myopie, Astigmatismus, Presbyopie, beidseits Pseudoaphakie, beidseits Sicca-Syndrom, linkes Auge Glaskörpertrübung, linkes Auge Yag-Laser-Campsulotomie, Exophorie, Hypertonie

Die vorgelegten medizinischen Beweismittel sind in die Beurteilung eingeflossen und der befasste Sachverständige hat sich im Rahmen der Gutachtenserstellung damit auseinandergesetzt. Die angeführten Beweismittel stehen nicht im Widerspruch zum Ergebnis des eingeholten Sachverständigenbeweises, es wird kein höheres Funktionsdefizit beschrieben, als gutachterlich festgestellt wurde und sie enthalten auch keine neuen fachärztlichen Aspekte, welche unberücksichtigt geblieben sind.

Der Sachverständige führt nachvollziehbar aus, dass die Beurteilung des führenden Leidens, degenerative Veränderungen der Wirbelsäule, Bandscheibenschädigung im Hals- und Lendenwirbelsäulensegment, unter der Richtsatzposition 02.01.02 mit einem Grad der Behinderung in Höhe von 30 vH erfolgt. Er erklärt schlüssig, dass diese körperliche Beeinträchtigung durch die weiteren Leiden 2 bis 12 nicht erhöht wird, da kein maßgebliches ungünstiges funktionelles Zusammenwirken bewirkt wird.

Der Allgemeinmediziner nimmt zudem ausführlich zu in den zugrunde gelegten Unterlagen diagnostizierten Gesundheitsschädigungen, die jedoch keinen Grad der Behinderung erreichen, Stellung. Er führt hierzu aus, dass der Zustand nach Reduktionsplastik beider weiblicher Brüste mit gutem postoperativen Ergebnis keinen Grad der Behinderung bedingt.

Weiters wird im Sachverständigengutachten erläutert, dass das bei der Beschwerdeführerin vorliegende Übergewicht und der erhöhte Blutfett- und Harnsäurespiegel zwar Risikofaktoren darstellen, jedoch ebenfalls keinen GdB erreichen. Ebenso ist der Zustand nach erfolgter Narbenbruchoperation und Entfernung eines Schloffertumors ohne signifikante Klinik und ohne tastbare Bruchpforte sowie der Zustand nach Konisation ohne signifikante Klink nicht geeignet, einen Grad der Behinderung herbeizuführen.

Die bei der Beschwerdeführerin vorliegenden Gesundheitsschädigungen wurden somit im eingeholten Sachverständigengutachten dem Ausmaß der Funktionseinschränkungen entsprechend beurteilt und unter die entsprechenden Positionsnummern der Anlage zur Einschätzungsverordnung eingeschätzt.

Die Angaben der Beschwerdeführerin konnten somit nicht über den erstellten Befund hinaus objektiviert werden. Die Krankengeschichte der Beschwerdeführerin wurde umfassend und differenziert nach den konkret vorliegenden Krankheitsbildern auch im Zusammenwirken zueinander berücksichtigt. Die vorgelegten Beweismittel stehen nicht im Widerspruch zum Ergebnis des eingeholten Sachverständigenbeweises, es wird kein aktuell höheres Funktionsdefizit beschrieben als gutachterlich festgestellt wurde und sie enthalten auch keine neuen fachärztlichen Aspekte, welche unberücksichtigt geblieben sind. Das Beschwerdevorbringen war somit nicht geeignet die gutachterliche Beurteilung, wonach ein Grad der Behinderung in Höhe von 30 vH vorliegt, zu entkräften.

Das Sachverständigengutachten steht mit den Erfahrungen des Lebens, der ärztlichen Wissenschaft und den Denkgesetzen nicht in Widerspruch. Auch war dem Vorbringen sowie den vorgelegten Beweismitteln kein Anhaltspunkt zu entnehmen, die Tauglichkeit der befassten Sachverständigen oder deren Beurteilung beziehungsweise Feststellungen in Zweifel zu ziehen.

Die Angaben der Beschwerdeführerin konnten nicht über den erstellten Befund hinaus objektiviert werden. Auch ist die Beschwerdeführerin dem - nicht als unschlüssig zu erkennenden - Sachverständigengutachten nicht auf gleicher fachlicher Ebene entgegengetreten.

Das Sachverständigengutachten wird daher in freier Beweiswürdigung der Entscheidung zugrunde gelegt.

Zu 1.3.) Der Antrag der Beschwerdeführerin weist am Eingangsvermerk der belangten Behörde das Datum 08.06.2018 auf.

3. Rechtliche Beurteilung:

Gemäß § 6 des Bundesgesetzes über die Organisation des Bundesverwaltungsgerichtes (Bundesverwaltungsgerichtsgesetz - BVwGG), BGBl. I Nr. 10/2013 idgF, entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.

Gemäß § 45 Abs. 3 des Bundesgesetzes vom 17. Mai 1990 über die Beratung, Betreuung und besondere Hilfe für behinderte Menschen (Bundesbehindertengesetz - BBG), BGBl. Nr. 283/1990 idgF, hat in Verfahren auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme von Zusatzeintragungen oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts durch den Senat zu erfolgen. Gegenständlich liegt somit Senatszuständigkeit vor.

Gemäß § 46 BBG beträgt die Beschwerdefrist abweichend von den Vorschriften des Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetzes, BGBl. I Nr. 33/2013, sechs Wochen. Die Frist zur Erlassung einer Beschwerdevorentscheidung beträgt zwölf Wochen. In Beschwerdeverfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht dürfen neue Tatsachen und Beweismittel nicht vorgebracht werden.

Gemäß § 54 Abs. 18 BBG tritt § 46 BBG in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 57/2015 mit 1. Juli 2015 in Kraft.

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das Bundesgesetz über das Verfahren der Verwaltungsgerichte (Verwaltungs-gerichtsverfahrensgesetz - VwGVG), BGBl. I Nr. 33/2013 idgF, geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung (BAO), BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes (AgrVG), BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 (DVG), BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

Gemäß § 27 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, soweit nicht Rechtswidrigkeit wegen Unzuständigkeit der Behörde gegeben ist, den angefochtenen Bescheid auf Grund der Beschwerde (§ 9 Abs. 1 Z 3 und 4) oder auf Grund der Erklärung über den Umfang der Anfechtung (§ 9 Abs. 3) zu überprüfen.

Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen.

Gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG hat das Verwaltungsgericht über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.

Zu A)

1. Zur Entscheidung in der Sache:

Gemäß § 1 Abs. 2 BBG ist unter Behinderung im Sinne dieses Bundesgesetzes die Auswirkung einer nicht nur vorübergehenden körperlichen, geistigen oder psychischen Funktionsbeeinträchtigung oder Beeinträchtigung der Sinnesfunktionen zu verstehen, die geeignet ist, die Teilhabe am Leben in der Gesellschaft zu erschweren. Als nicht nur vorübergehend gilt ein Zeitraum von mehr als voraussichtlich sechs Monaten.

Gemäß § 40 Abs. 1 BBG ist behinderten Menschen mit Wohnsitz oder gewöhnlichem Aufenthalt im Inland und einem Grad der Behinderung oder einer Minderung der Erwerbsfähigkeit von mindestens 50% auf Antrag vom Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen (§ 45) ein Behindertenpass auszustellen, wenn

1. ihr Grad der Behinderung (ihre Minderung der Erwerbsfähigkeit) nach bundesgesetzlichen Vorschriften durch Bescheid oder Urteil festgestellt ist oder

2. sie nach bundesgesetzlichen Vorschriften wegen Invalidität, Berufsunfähigkeit, Dienstunfähigkeit oder dauernder Erwerbsunfähigkeit Geldleistungen beziehen oder

3. sie nach bundesgesetzlichen Vorschriften ein Pflegegeld, eine Pflegezulage, eine Blindenzulage oder eine gleichartige Leistung erhalten oder

4. für sie erhöhte Familienbeihilfe bezogen wird oder sie selbst erhöhte Familienbeihilfe beziehen oder

5. sie dem Personenkreis der begünstigten Behinderten im Sinne des Behinderteneinstellungsgesetzes, BGBl. Nr. 22/1970, angehören.

Gemäß § 40 Abs. 2 BBG ist behinderten Menschen, die nicht dem im Abs. 1 angeführten Personenkreis angehören, ein Behindertenpass auszustellen, wenn und insoweit das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen auf Grund von Vereinbarungen des Bundes mit dem jeweiligen Land oder auf Grund anderer Rechtsvorschriften hiezu ermächtigt ist.

Gemäß § 35 Abs. 2 des Bundesgesetzes vom 7. Juli 1988 über die Besteuerung des Einkommens natürlicher Personen (Einkommensteuergesetz 1988 - EStG 1988), BGBl. Nr. 400/1988 idgF, bestimmt sich die Höhe des Freibetrages nach dem Ausmaß der Minderung der Erwerbsfähigkeit (Grad der Behinderung). Die Minderung der Erwerbsfähigkeit (Grad der Behinderung) richtet sich in Fällen,

1. in denen Leistungen wegen einer Behinderung erbracht werden, nach der hiefür maßgebenden Einschätzung,

2. in denen keine eigenen gesetzlichen Vorschriften für die Einschätzung bestehen, nach § 7 und § 9 Abs. 1 des Kriegsopferversorgungsgesetzes 1957 bzw. nach der Einschätzungsverordnung, BGBl. II Nr. 261/2010, für die von ihr umfassten Bereiche.

Die Tatsache der Behinderung und das Ausmaß der Minderung der Erwerbsfähigkeit (Grad der Behinderung) sind durch eine amtliche Bescheinigung der für diese Feststellung zuständigen Stelle nachzuweisen.

Zuständige Stelle ist:

-

Der Landeshauptmann bei Empfängern einer Opferrente (§ 11 Abs. 2 des Opferfürsorgegesetzes, BGBl. Nr. 183/1947).

-

Die Sozialversicherungsträger bei Berufskrankheiten oder Berufsunfällen von Arbeitnehmern.

-

In allen übrigen Fällen sowie bei Zusammentreffen von Behinderungen verschiedener Art das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen; dieses hat den Grad der Behinderung durch Ausstellung eines Behindertenpasses nach §§ 40 ff des Bundesbehindertengesetzes, im negativen Fall durch einen in Vollziehung dieser Bestimmungen ergehenden Bescheid zu bescheinigen.

Gemäß § 41 Abs. 1 BBG gilt als Nachweis für das Vorliegen der im § 40 genannten Voraussetzungen der letzte rechtskräftige Bescheid eines Rehabilitationsträgers (§ 3), ein rechtskräftiges Urteil eines Gerichtes nach dem Arbeits- und Sozialgerichtsgesetz, BGBl. Nr. 104/1985, ein rechtskräftiges Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes oder die Mitteilung über die Gewährung der erhöhten Familienbeihilfe gemäß § 8 Abs. 5 des Familienlastenausgleichsgesetzes 1967, BGBl. Nr. 376. Das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen hat den Grad der Behinderung nach der Einschätzungsverordnung (BGBl. II Nr. 261/2010) unter Mitwirkung von ärztlichen Sachverständigen einzuschätzen, wenn

1. nach bundesgesetzlichen Vorschriften Leistungen wegen einer Behinderung erbracht werden und die hiefür maßgebenden Vorschriften keine Einschätzung vorsehen oder

2. zwei oder mehr Einschätzungen nach bundesgesetzlichen Vorschriften vorliegen und keine Gesamteinschätzung vorgenommen wurde oder

3. ein Fall des § 40 Abs. 2 vorliegt.

§ 1 sowie § 41 Abs. 1 und 2 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 81/2010 treten mit 1. September 2010 in Kraft.

Da im gegenständlichen Fall der Antrag auf Ausstellung eines Behindertenpasses am 08.06.2018 gestellt worden ist, war der Grad der Behinderung nach der Einschätzungsverordnung zu beurteilen.

Gemäß § 42 Abs. 1 BBG hat der Behindertenpass den Vornamen sowie den Familien- oder Nachnamen, das Geburtsdatum eine allfällige Versicherungsnummer und den festgestellten Grad der Behinderung oder der Minderung der Erwerbsfähigkeit zu enthalten und ist mit einem Lichtbild auszustatten. Zusätzliche Eintragungen, die dem Nachweis von Rechten und Vergünstigungen dienen, sind auf Antrag des behinderten Menschen zulässig. Die Eintragung ist vom Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen vorzunehmen.

Gemäß § 42 Abs. 2 BBG ist der Behindertenpass unbefristet auszustellen, wenn keine Änderung in den Voraussetzungen zu erwarten ist.

Gemäß § 45 Abs. 1 BBG sind Anträge auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme einer Zusatzeintragung oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung unter Anschluss der erforderlichen Nachweise bei dem Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen einzubringen.

Gemäß § 45 Abs. 2 BBG ist ein Bescheid nur dann zu erteilen, wenn einem Antrag gemäß Abs. 1 nicht stattgegeben, das Verfahren eingestellt (§ 41 Abs. 3) oder der Pass eingezogen wird. Dem ausgestellten Behindertenpass kommt Bescheidcharakter zu.

Da ein Grad der Behinderung von 30 vH festgestellt wurde und somit die Voraussetzungen für die Ausstellung eines Behindertenpasses nicht erfüllt sind, war spruchgemäß zu entscheiden.

2. Zum Entfall einer mündlichen Verhandlung:

Gemäß § 24 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen.

Gemäß § 24 Abs. 2 VwGVG kann die Verhandlung entfallen, wenn

1. der das vorangegangene Verwaltungsverfahren einleitende Antrag der Partei oder die Beschwerde zurückzuweisen ist oder bereits auf Grund der Aktenlage feststeht, dass der mit Beschwerde angefochtene Bescheid aufzuheben, die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt oder die angefochtene Weisung für rechtswidrig zu erklären ist oder

2. die Säumnisbeschwerde zurückzuweisen oder abzuweisen ist.

Gemäß § 24 Abs. 3 VwGVG hat der Beschwerdeführer die Durchführung einer Verhandlung in der Beschwerde oder im Vorlageantrag zu beantragen. Den sonstigen Parteien ist Gelegenheit zu geben, binnen angemessener, zwei Wochen nicht übersteigender Frist einen Antrag auf Durchführung einer Verhandlung zu stellen. Ein Antrag auf Durchführung einer Verhandlung kann nur mit Zust

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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