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41/02 Passrecht Fremdenrecht;Norm
AsylG 1997 §7;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Wetzel und die Hofräte Dr. Bachler und Dr. Rigler als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Böhm, über die Beschwerde des B K in L, vertreten durch Mag. Dr. Hermann Löckher, Rechtsanwalt in Perg, Hauptplatz 9, gegen den Bescheid des unabhängigen Bundesasylsenates vom 12. Februar 1998, Zl. 201 740/0-III/07/98, betreffend Asylgewährung (weitere Partei: Bundesminister für Inneres), zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Bescheid vom 12. Februar 1998 hat der unabhängige Bundesasylsenat in Erledigung der Berufung des Beschwerdeführers gegen den Bescheid des Bundesasylamtes vom 20. Jänner 1998 den am 10. Dezember 1997 gestellten Asylantrag des Beschwerdeführers, eines am 9. Dezember 1997 in das Bundesgebiet eingereisten albanischen Staatsbürgers gemäß § 7 Asylgesetz 1997 - AsylG BGBl. I Nr. 76, abgewiesen und gemäß § 8 leg. cit. ausgesprochen, daß die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Beschwerdeführers nach Albanien zulässig sei.
Die belangte Behörde stellte auf Grundlage des als glaubwürdig erachteten Vorbringens des Beschwerdeführers nachstehenden Sachverhalt fest:
"Festgestellt wird, daß der Asylwerber seit Dezember des Jahres 1996 Mitglied der Demokratischen Partei ist. Im Jahr 1985 wurde sein Vater erschossen. Im Mai des Jahres 1997 wurde das Geschäft seiner Mutter von unbekannten Tätern in Brand gesteckt. Im Juni 1997, vor den Parlamentswahlen, fuhren vermummte Männer mit Kraftfahrzeugen am Wohnhaus des Asylwerbers vorbei und schossen auf das Haus mit Maschinengewehren. Von diesen Umständen erfuhr der Asylwerber durch seine Nachbarn. Ebenfalls im Juni 1997 sagten unbekannte Männer zur Mutter des Asylwerbers, daß dieser seine Aktivitäten für die Demokratische Partei einstellen solle, widrigenfalls man ihn erschießen würde. Im August des Jahres 1997 wurde einer der Freunde des Asylwerbers von unbekannten Männern verletzt. Im Juni sowie im September des Jahres 1997 wurde von unbekannten Männern auf die Häuser zweier seiner Freunde geschossen. Seit September 1997 ist der Asylwerber Vorsitzender der 'Studentenunion' der Demokratischen Partei für den Bereich der Mittelschule in Shkoder, welche er besuchte. Er wurde damals von den Schülern in diese Funktion gewählt. Seine Aufgabe bestand darin, Probleme, die ihm von Schülern oder Schülerinnen berichtet wurden, der Schulleitung bekanntzugeben. Bei diesen Problemen handelte es sich um Gewaltakte und Mißhandlungen, begangen an Schülerinnen und Schülern, oder um Diebstähle an Schülern oder Schülerinnen durch Unbekannte, bzw. um Vergewaltigungen durch Unbekannte. Viele Schülerinnen und Schüler wagten wegen der schlechten Sicherheitsverhältnisse nur in Begleitung ihrer Eltern in die Schule zu gehen. In der Heimatstadt des Asylwerbers wurde fast jeden Tag von Unbekannten geschossen, sodaß die dort lebenden Menschen Angst hatten. Ab 17.00 Uhr wurde meistens der Strom abgeschaltet. Die Polizei war untätig. Seit Anfang Oktober 1997 nahm der Asylwerber etwa fünfzehnmal, zuletzt am 15.11.1997 gemeinsam mit jeweils etwa 200 Personen in seiner Heimatstadt an Demonstrationen teil. Bei diesen Kundgebungen wurde in Sprechchören und in Texten auf Spruchbändern Protest gegen die schlechte Sicherheitslage zum Ausdruck gebracht und wurde auch die Wiederherstellung von Ruhe und Ordnung gefordert. Von Juni 1997 bis September 1997 erhielt der Asylwerber etwa sechsmal Drohbriefe von Unbekannten. In diesen Drohbriefen wurde er aufgefordert, an Kundgebungen nicht mehr teilzunehmen, widrigenfalls er erschossen würde. In den Briefen war angeführt, daß er eine weitere Tätigkeit für die Demokratische Partei mit dem Leben bezahlen würde. Der Asylwerber vermutet aufgrund von Erzählungen von Mitgliedern der Demokratischen Partei, daß es sich bei den Tätern hinsichtlich der von ihm angeführten Taten um Angehörige der Sozialistischen Partei Albaniens handelte. Er erstattete keine polizeiliche Anzeige, da er sich seitens der wenigen Polizeikräfte keine Hilfe erwartete."
Rechtlich vertrat die belangte Behörde zusammengefaßt die Ansicht, daß die Ermordung des Vaters des Beschwerdeführers im Jahr 1985 mangels zeitlichem Konnex zur Ausreise nicht asylrelevant sei. Der Beschuß des Hauses könne als nicht gegen den Beschwerdeführer selbst gerichtete Maßnahme dessen Flüchtlingseigenschaft nicht begründen. Die Drohungen gegen den Beschwerdeführer seien Aktionen von privater Seite, die den staatlichen Stellen Albaniens nicht zugerechnet werden könnten. Trotz der im Zeitraum dieser Drohungen stattgefundenen Unruhen und der damit verbundenen Auslastung der Polizei könne nicht davon gesprochen werden, daß ein staatlicher Schutz vollkommen gefehlt habe. Der Beschwerdeführer habe nicht einmal versucht, sich an staatliche Stellen um Hilfe zu wenden. Ungeachtet dessen seien die Drohungen, welche von Juni bis September 1997 stattgefunden hätten, nicht geeignet, eine noch im Zeitpunkt der Flucht am 7. Dezember 1997 bestehende wohlbegründete Furcht auszulösen. Die Bedrohung des Beschwerdeführers sei somit bereits im Zeitpunkt seiner Ausreise nicht mehr aktuell gewesen. Es müsse berücksichtigt werden, daß die Drohbriefe ohne jegliche Konsequenz geblieben seien und sich der Beschwerdeführer auch danach weiter politisch betätigt habe.
Über die gegen diesen Bescheid gerichtete Beschwerde hat der Verwaltungsgerichtshof in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:
Die Beschwerde läßt die Feststellung gemäß § 8 AsylG unbekämpft.
Auf Grundlage des unbestrittenen Sachverhaltes bestehen keine Bedenken gegen die - in der Beschwerde nicht konkret bekämpfte - Ansicht der belangten Behörde, daß die bis September 1997 stattgefundenen anonymen Drohungen gegen den Beschwerdeführer bereits im Zeitpunkt seiner Ausreise im Dezember 1997 nicht mehr geeignet waren, die Flüchtlingseigenschaft des Beschwerdeführers und die Unzulässigkeit seiner Abschiebung nach Albanien zu begründen. Der Beschwerdeführer wurde in dem kurzen Zeitraum von Juni bis September 1997 insgesamt siebenmal (sechsmal brieflich und einmal verbal über seine Mutter) mit dem Tod bedroht, falls er seine Tätigkeit für die Demokratische Partei nicht aufgebe. Im September 1997 hat er sich in die Funktion des Vorsitzenden der Studentenbewegung dieser Partei für den Bereich der von ihm besuchten Schule wählen lassen. Damit hat er sein Engagement für diese Partei sogar noch gesteigert. Trotz dieses verstärkten Engagements ist es in der Folge bis zur Ausreise des Beschwerdeführers zu keinen weiteren Drohungen und auch zu keinen Ausführungshandlungen gekommen, was es sehr zweifelhaft macht, daß diese Drohungen ernst gemeint waren. Eine mit der für die Asylgewährung bzw. die Feststellung zu Unzulässigkeit der Abschiebung maßgeblichen Wahrscheinlichkeit zu erwartende Gefährdung des Beschwerdeführers für den Zeitpunkt der Ausreise im Dezember 1997 kann jedenfalls aus den Drohungen nicht abgeleitet werden.
Es braucht daher auf das Beschwerdevorbringen, die Drohungen seien dem Heimatstaat zuzurechnen, und die in diesem Zusammenhang geltend gemachten Verfahrensmängel nicht eingegangen zu werden.
Auch die - nicht bekämpfte - Ansicht der belangten Behörde, daß die Ermordung des Vaters des Beschwerdeführers im Jahr 1985 sowie die Aktionen von unbekannten Tätern gegen das Geschäft seiner Mutter und das Wohnhaus im Mai und Juni 1997 als nicht konkret gegen den Beschwerdeführer gerichtete Maßnahmen weder die Flüchtlingseigenschaft noch die Unzulässigkeit der Abschiebung bewirken können, begegnet keinen Bedenken.
Soweit der Beschwerdeführer rügt, die Abweisung eines Asylantrages könne nicht auf § 7 AsylG gestützt werden, weil diese Bestimmung nur die Voraussetzungen für die Asylgewährung regle, ist ihm zu entgegnen, daß sich aus dieser Norm auch ergibt, daß mangels Vorliegens der darin genannten Voraussetzungen kein Asyl gewährt werden kann und in solchen Fällen daher der Asylantrag abzuweisen ist.
Die Anregung, einen Antrag auf Gesetzesprüfung hinsichtlich § 32 Abs. 1 AsylG zu stellen, geht schon deswegen ins Leere, weil diese Bestimmung im vorliegenden Fall nicht angewendet wurde.
Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet auf den §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.
Wien, am 8. März 1999
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1999:1998010286.X00Im RIS seit
20.11.2000