TE Bvwg Beschluss 2019/4/16 W238 2216200-1

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Veröffentlicht am 16.04.2019
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Entscheidungsdatum

16.04.2019

Norm

AlVG §10
AlVG §38
AVG §13 Abs3
B-VG Art.133 Abs4

Spruch

W238 2216200-1/4E

BESCHLUSS

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Claudia MARIK als Vorsitzende sowie die fachkundigen Laienrichter Mag. Martin EGGER und Mag. Josef WURDITSCH als Beisitzer über die Beschwerde von XXXX , geboren am XXXX , gegen den Bescheid des Arbeitsmarktservice Wien Hietzinger Kai vom 23.10.2018, VN XXXX betreffend Verlust des Anspruchs auf Notstandshilfe für den Zeitraum vom 26.09.2018 bis 06.11.2018 gemäß § 38 iVm § 10 AlVG beschlossen:

A) Die Beschwerde wird gemäß § 9, § 17, § 28 Abs. 1, § 31 Abs. 1

VwGVG iVm § 13 Abs. 3 AVG wegen Nichterfüllung des Mängelbehebungsauftrages zurückgewiesen.

B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

BEGRÜNDUNG:

I. Verfahrensgang:

1. Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid des Arbeitsmarktservice Wien Hietzinger Kai (im Folgenden: AMS) vom 23.10.2018 wurde gemäß § 38 iVm § 10 AlVG der Verlust des Anspruchs auf Notstandshilfe für den Zeitraum vom 26.09.2018 bis 06.11.2018 ausgesprochen. Begründend wurde ausgeführt, dass sich die Beschwerdeführerin ohne Angabe triftiger Gründe geweigert habe, an der vom AMS angebotenen Wiedereingliederungsmaßnahme XXXX teilzunehmen.

Berücksichtigungswürdige Gründe für eine Nachsicht der Rechtsfolgen würden nicht vorliegen bzw. könnten nicht berücksichtigt werden.

2. Gegen diesen Bescheid wurde fristgerecht Beschwerde erhoben. Darin brachte die Beschwerdeführerin (zusammengefasst vor, dass die Bezugssperre unmenschlich sei und sie dadurch fast ihre wirtschaftliche Existenz verloren hätte.

3. Die Beschwerde und der bezughabende Verwaltungsakt wurden dem Bundesverwaltungsgericht seitens der belangten Behörde am 19.03.2019 vorgelegt.

4. Mit Mängelbehebungsauftrag vom 20.03.2019, hinterlegt am 25.03.2019, trug das Bundesverwaltungsgericht der Beschwerdeführerin die Verbesserung ihrer Beschwerde auf, da die Eingabe den Anforderungen an eine Beschwerde gemäß § 9 Abs. 1 VwGVG nicht genügte. Die Beschwerdeführerin wurde aufgefordert, ein begründetes Beschwerdevorbringen nachzureichen, aus welchen Erwägungen sie den angefochtenen Bescheid vom 23.10.2018 für rechtswidrig erachtet. Der Beschwerdeführerin wurde aufgetragen, den Mangel binnen zwei Wochen ab Zustellung der Verfügung zu beheben. Unter einem wurde die Beschwerdeführerin ausdrücklich darauf hingewiesen, dass ihre Beschwerde nach fruchtlosem Ablauf dieser Frist gemäß § 17 VwGVG iVm § 13 Abs. 3 AVG zurückgewiesen werde.

5. Die Beschwerdeführerin ließ diese Aufforderung unbeantwortet.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Mit Bescheid der belangten Behörde vom 23.10.2018 wurde gemäß § 38 iVm § 10 AlVG der Verlust des Anspruchs auf Notstandshilfe für den Zeitraum vom 26.09.2018 bis 06.11.2018 ausgesprochen.

Die von der Beschwerdeführerin gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde weist nicht die ausreichenden Bestandteile einer Beschwerde (§ 9 Abs. 1 Z 3 VwGVG) auf, insbesondere keine Gründe, auf die sich die Behauptung der Rechtswidrigkeit stützt.

Das Bundesverwaltungsgericht erteilte der Beschwerdeführerin mit Verfügung vom 20.03.2019, hinterlegt am 25.03.2019, einen entsprechenden Mängelbehebungsauftrag.

Die Beschwerdeführerin ist dem Auftrag zur Behebung des Mangels ihrer Eingabe nicht nachgekommen.

2. Beweiswürdigung:

Die Feststellungen zum maßgeblichen Sachverhalt ergeben sich aus dem Verwaltungsakt, dem Verfahren vor der belangten Behörde sowie insbesondere aus dem Beschwerdeschriftsatz und dem Rückschein des hg. Mängelbehebungsauftrages.

Der RSa-Rückschein bezüglich des Mängelbehebungsauftrages vom 20.03.2019 stellt als Zustellschein eine öffentliche Urkunde dar, welche die Vermutung der Richtigkeit und Vollständigkeit für sich hat (vgl. dazu auch die nachfolgende rechtliche Beurteilung). Auf diesem Rückschein ist ein Zustellversuch am 22.03.2019 angegeben sowie, dass eine Verständigung über die Hinterlegung in die Abgabeeinrichtung der Beschwerdeführerin eingelegt wurde. Als Beginn der Abholfrist ist der 25.03.2019 vermerkt.

Der Sachverhalt ist aktenkundig, unstrittig und deshalb erwiesen.

3. Rechtliche Beurteilung:

3.1. Die Zuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichtes und die Entscheidung durch einen Senat unter Mitwirkung fachkundiger Laienrichter ergeben sich aus §§ 6, 7 BVwGG iVm § 56 Abs. 2 AlVG.

3.2. Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung - BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes - AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 - DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist. Gemäß § 31 Abs. 1 VwGVG erfolgen die Entscheidungen und Anordnungen durch Beschluss, soweit nicht ein Erkenntnis zu fällen ist.

Zu A) Zurückweisung der Beschwerde:

3.3. § 9 Abs. 1 VwGVG legt die Anforderungen an eine Beschwerde fest.

Eine solche hat demnach zu enthalten:

1. die Bezeichnung des angefochtenen Bescheides, der angefochtenen Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt oder der angefochtenen Weisung,

2. die Bezeichnung der belangten Behörde,

3. die Gründe, auf die sich die Behauptung der Rechtswidrigkeit stützt,

4. das Begehren und

5. die Angaben, die erforderlich sind, um zu beurteilen, ob die Beschwerde rechtzeitig eingebracht ist.

Gemäß § 17 VwGVG iVm § 13 Abs. 3 AVG ermächtigen Mängel schriftlicher Anbringen das Verwaltungsgericht nicht zur Zurückweisung. Das Verwaltungsgericht hat vielmehr von Amts wegen unverzüglich deren Behebung zu veranlassen und kann dem Einschreiter die Behebung des Mangels innerhalb einer angemessenen Frist mit der Wirkung auftragen, dass das Anbringen nach fruchtlosem Ablauf dieser Frist zurückgewiesen wird. Wird der Mangel rechtzeitig behoben, so gilt das Anbringen als ursprünglich richtig eingebracht.

Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. VwGH 21.09.2010, 2010/11/0108; 13.11.2012, 2012/05/0184) dient § 13 Abs. 3 AVG dem Schutz der Parteien vor Rechtsnachteilen, die ihnen aus Anbringen entstehen können, die aus Unkenntnis der Rechtslage oder infolge eines Versehens mangelhaft sind.

Im Verbesserungsauftrag ist konkret anzugeben, welche vom Gesetz geforderten Eigenschaften dem Anbringen fehlen (vgl. VwGH 30.10.2008, 2007/07/0075; 07.09.2009, 2009/04/0153; 14.10.2013, 2013/12/0079).

Bezogen auf den angefochtenen Bescheid der belangten Behörde vom 23.10.2018 enthält die vorliegende Beschwerde vom 20.11.2018 keine Gründe, auf die sich die Behauptung der Rechtswidrigkeit stützt. Der bloße Hinweis auf allfällige wirtschaftliche Folgen der Bezugssperre zeigt für sich genommen keine Rechtswidrigkeit des Bescheides auf. Dasselbe gilt für die von der Beschwerdeführerin ins Treffen geführte "Unmenschlichkeit" der behördlichen Maßnahme.

Das unter Punkt I.2. dieses Beschlusses wiedergegebene Vorbringen kann aus Sicht des Bundesverwaltungsgerichtes daher nicht als zulässige Beschwerde im vorgenannten Sinn gewertet werden.

3.4. Der Beschwerdeführerin wurde sohin mit Verfügung des Bundesverwaltungsgerichtes vom 20.03.2019 ein entsprechender Mängelbehebungsauftrag binnen zwei Wochen mit Hinweis auf die Rechtsfolge der Zurückweisung der Beschwerde bei fruchtlosem Verstreichen der Frist erteilt.

Die Zustellung des Mängelbehebungsauftrages wurde mittels RSa-Sendung angeordnet.

Kann ein Dokument an der Abgabestelle nicht zugestellt werden und hat der Zusteller Grund zur Annahme, dass sich der Empfänger oder ein Vertreter im Sinne des § 13 Abs. 3 regelmäßig an der Abgabestelle aufhält, so ist das Dokument im Falle der Zustellung durch den Zustelldienst bei seiner zuständigen Geschäftsstelle, in allen anderen Fällen aber beim zuständigen Gemeindeamt oder bei der Behörde, wenn sie sich in derselben Gemeinde befindet, zu hinterlegen (§ 17 Abs. 1 ZustG).

Von der Hinterlegung ist der Empfänger schriftlich zu verständigen. Die Verständigung ist in die für die Abgabestelle bestimmte Abgabeeinrichtung (Briefkasten, Hausbrieffach oder Briefeinwurf) einzulegen, an der Abgabestelle zurückzulassen oder, wenn dies nicht möglich ist, an der Eingangstüre (Wohnungs-, Haus-, Gartentüre) anzubringen (§ 17 Abs. 2 ZustG).

Das hinterlegte Dokument ist mindestens zwei Wochen zur Abholung bereitzuhalten. Der Lauf dieser Frist beginnt mit dem Tag, an dem das Dokument erstmals zur Abholung bereitgehalten wird. Hinterlegte Dokumente gelten mit dem ersten Tag dieser Frist als zugestellt (§ 17 Abs. 3 ZustG).

Die Zustellung ist vom Zusteller auf dem Zustellnachweis (Zustellschein, Rückschein) zu beurkunden (§ 22 Abs. 1 ZustG).

Voraussetzung einer Zustellung durch Hinterlegung ist gemäß § 17 Abs. 1 ZustG somit u.a., dass das Dokument an der Abgabestelle nicht zugestellt werden kann. Dies ist dann der Fall, wenn der Empfänger bzw. ein Vertreter oder Ersatzempfänger nicht angetroffen werden können, sie berechtigt die Annahme verweigern (VwGH 04.10.1996, 96/02/0139) oder ein Zurücklassen an der Abgabestelle nicht möglich ist (§ 20 ZustG). Eine ohne Vorliegen dieser Voraussetzungen erfolgte Hinterlegung bleibt wirkungslos (s. etwa VwGH 20.09.2005, 2003/05/0081). Voraussetzung einer wirksamen Hinterlegung ist auch, dass der zur Hinterlegung führende Zustellversuch an einer Abgabestelle iSd § 2 Z 4 ZustG vorgenommen wurde (VwGH 09.09.2009, 2007/08/0227).

Nach den Beurkundungen des Zustellorgans wurde ein erfolgloser Zustellversuch des Mängelbehebungsauftrages am 22.03.2019 vorgenommen und sodann eine Verständigung über die Hinterlegung in die Abgabeeinrichtung eingelegt. Weiters ist dem Rückschein zu entnehmen, dass die Hinterlegung des Schriftstücks erfolgte und der Beginn der Abholfrist mit 25.03.2019 vermerkt wurde.

Bei dem genannten RSa-Rückschein handelt es sich als Zustellschein um eine öffentliche Urkunde, die die Vermutung der Richtigkeit und Vollständigkeit für sich hat, dass die Zustellung den Angaben auf dem Zustellschein entsprechend erfolgt ist. Diese Vermutung ist widerlegbar. Behauptet jemand, es lägen Zustellmängel vor, so hat er diese Behauptung entsprechend zu begründen und Beweise dafür anzuführen, welche die im Gesetz aufgestellte Vermutung zu widerlegen geeignet erscheinen lassen (VwGH 08.09.2015, Ra 2015/02/0156; 11.11.2015, Ra 2015/04/0086, je mwN). Dazu bedarf es konkreter Darlegungen und eines entsprechenden Beweisanbotes (vgl. etwa VwGH 27.07.2007, 2006/10/0040; 21.07.2011, 2007/18/0827 mwN).

Weder sind beim Bundesverwaltungsgericht Hinweise zutage getreten noch wurden von der Beschwerdeführerin Umstände vorgebracht, die begründete Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Zustellvorgangs oder des Zeitpunktes der Zustellung in Bezug auf den Mängelbehebungsauftrag aufkommen ließen.

Das Bundesverwaltungsgericht war auch nicht verpflichtet, von Amts wegen (zusätzliche) Beweise darüber aufzunehmen, ob der Beschwerdeführerin das Schreiben des Bundesverwaltungsgerichtes vom 20.03.2019 am 25.03.2019 durch Hinterlegung zugestellt worden ist, weil diese Tatsache durch das zugehörige - dem Gericht retournierte - Kuvert bereits bewiesen war. Der Umstand, dass der Adressat ein Zustellstück nicht behoben hat, löst keine Pflicht des Verwaltungsgerichtes aus, amtswegig Ermittlungen zur Widerlegung der vom Gesetz aufgestellten Vermutung der vorschriftsmäßigen Zustellung anzustellen (vgl. etwa VwGH 25.05.2011, 2010/08/0232).

3.5. Da die Beschwerdeführerin die ihr gesetzte Frist zur Behebung des ihrer Eingabe anhaftenden Mangels ungenutzt verstreichen ließ, war die Beschwerde spruchgemäß zurückzuweisen.

3.6. Im vorliegenden Beschwerdefall konnte die Verhandlung gemäß § 24 Abs. 2 Z 1 erster Fall VwGVG entfallen, weil die Beschwerde zurückzuweisen war.

Die mündliche Verhandlung konnte gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG aber auch deshalb unterbleiben, weil der Sachverhalt aus dem Verwaltungsakt in Verbindung mit der Beschwerde hinreichend geklärt ist. Art. 6 Abs. 1 EMRK steht dem Entfall der mündlichen Verhandlung nicht entgegen, weil eine zurückweisende Entscheidung, in der nur darüber abgesprochen wird, ob ein Rechtsmittel zulässig ist, nicht aber über die Sache selbst, aus der Sicht des Art. 6 EMRK keine (inhaltliche) Entscheidung "über zivilrechtliche Ansprüche oder Verpflichtungen" darstellt. Die Verfahrensgarantie des "fair hearing" iSd Art. 6 Abs. 1 EMRK kommt nicht zur Anwendung, wenn einer Entscheidung in der Sache Prozesshindernisse entgegenstehen (vgl. hiezu die Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes VfSlg. 17.063/2003 und 19.175/2010 sowie des Verwaltungsgerichtshofes VwGH 21.11.2012, 2008/07/0161 und VwGH 23.06.2014, 2013/12/0224, je mwH).

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Die hier anzuwendenden Regelungen erweisen sich als klar und eindeutig (vgl. zur Unzulässigkeit der Revision bei eindeutiger Rechtslage trotz fehlender Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes etwa VwGH 28.05.2014, Ro 2014/07/0053). Auf die unter Punkt II.3.3. zitierte Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu § 13 Abs. 3 AVG wird verwiesen.

Schlagworte

Frist, Mängelbehebung, Verbesserungsauftrag, Zurückweisung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2019:W238.2216200.1.00

Zuletzt aktualisiert am

29.05.2019
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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