Entscheidungsdatum
05.06.2018Norm
AsylG 2005 §10 Abs1 Z3Spruch
L518 2192915-1/2E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
1.) Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Dr. Markus STEININGER als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , StA. Georgien, vertreten durch ARGE Rechtsberatung, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 16.03.2018, Zl. XXXX , zu Recht erkannt:
A) Die Beschwerde wird gemäß 28 Abs. 1 VwGVG, Bundesgesetz über das Verfahren der Verwaltungsgerichte (Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz), BGBl I 33/2013 idgF, § 3 Abs. 1 und § 8 Abs. 1 Z 13, §§ 57, § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005 idgF iVm §§ 9, 18 (1) BFA-VG, BGBl I Nr. 87/2012 idgF sowie § 52 Abs. 2 Z 2 und Abs. 9, § 46, § 53 und § 55 FPG 2005, BGBl 100/2005 idgF als unbegründet abgewiesen.
B) Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
BESCHLUSS
1.) Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Dr. Markus STEININGER als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , StA. Georgien, vertreten durch ARGE Rechtsberatung, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 16.03.2018, Zl. XXXX , beschlossen:
A) Der Antrag, der Beschwerde die aufschiebende Wirkung
zuzuerkennen, wird als unzulässig zurückgewiesen.
B) Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
I. Verfahrenshergang
I.1. Die beschwerdeführende Partei (in weiterer Folge kurz als "bP" bzw. "BF" bezeichnet), ist Staatsangehöriger der Republik Georgien und brachte nach rechtswidriger Einreise in das Hoheitsgebiet der Europäischen Union und in weiterer Folge nach Österreich am 22.11.2017 bei der belangten Behörde (in weiterer Folge "bB") einen Antrag auf internationalen Schutz ein.
I.1.1. In Bezug auf das bisherige verfahrensrechtliche Schicksal bzw. das Vorbringen der bP im Verwaltungsverfahren wird auf die Ausführungen im angefochtenen Bescheid verwiesen, welche wie folgt wiedergegeben werden (Wiedergabe aus dem angefochtenen Bescheid):
(Es folgen entscheidungsrelevante Auszüge aus der Erstbefragung)
"...
"Ich bin sehr krank, habe chronische Hepatitis C und auch latente Tuberkulose. Ich leide an Depressionen und habe Angststörungen. In Georgien bin ich weder versichert noch habe ich ein Job. Die die Gesundheitsversorgung in Georgien sehr schlecht ist, mache ich mir sorgen um mein Leben da ich in keinen Krankenhaus aufgenommen werde und keine Behandlung dafür bekomme.
Ich habe hiermit alle meine Gründe und die dazugehörenden Ereignisse angegeben, warum ich nach Österreich gereist bin. Ich habe keine weiteren Gründe für eine Asylantragstellung."
..."
(Entscheidungsrelevante Auszüge aus der Einvernahme)
"...
[...]
LA: Sie wurden bereits anlässlich Ihrer gegenständlichen Asylantragstellung am 23.11.2017 im PAZ St. Pölten niederschriftlich einvernommen. Haben Sie damals der Wahrheit entsprechende Angaben gemacht?
VP: Ja, ich habe die Wahrheit gesagt.
LA: Bitte geben Sie Ihre Personendaten (Name, Geburtsdatum bzw. Alter, Staatsangehörigkeit, Volksgruppenzugehörigkeit, Religion, Familienstand) bekannt.
VP: Name: XXXX
Geburtsdatum/-Ort: XXXX , in der Stadt XXXX
Staatsangehörigkeit: Georgien
Volksgruppenzugehörigkeit: Georgier
Religion: Christlich Orthodox
Familienstand: geschieden und eine volljährige Stieftochter
LA: Wie geht es Ihnen gesundheitlich. Sind Sie gesund?
VP: Nein, weil ich Leberprobleme und Hepatitis C habe. Meine TBC Erkrankung ist momentan geheilt. Ich habe psychische Probleme, Angstzustände.
LA: An welchen Erkrankungen laborieren Sie derzeit, die nicht in Ihrer Heimat behandelt werden können?
VP: Es gibt keine Erkrankung, die man in Georgien richtig behandeln hätte können.
LA: Seit wann genau laborieren Sie an Ihren Erkrankungen? Wo wurden diesbezüglich die Diagnosen gestellt und von wem?
VP: Vor ca. zweieinhalb Monaten wurde meine Hepatitis C Erkrankung diagnostiziert, aber zu der Therapie bin ich gar nicht gekommen, weil ich festgenommen wurde. Von meiner Hepatitis C Erkrankung wusste ich seit dem Jahr 2000, aber wollte ich mich behandeln lassen und deswegen bin ich zum Arzt in Österreich gegangen. Ich bin Ende November in ein Programm für Drogenabhängige gekommen. Meine Angstzustände habe ich bereits seit zehn Jahren, richtig festgestellt wurde die psychische Störung hier in Österreich. Ich habe in Georgien bisher keinen Psychologen bezüglich meiner Angstzustände aufgesucht aus finanziellen Gründen. Ich habe seit dem Jahr 2000 Leberprobleme aufgrund meiner Drogenabhängigkeit. Ich bin seit 1987 drogenabhängig und konsumiere verordnete Ersatzdrogen momentan. Meine Tuberkulose Erkrankung ist vollständig geheilt seit dem Jahr 2009.
LA: Welche konkreten Leberprobleme haben Sie? Die genaue Diagnose bitte!
VP: Aufgrund meiner Hepatitis C Erkrankung habe ich Leberprobleme. Ich habe keine Leberschmerzen, aber ich bin müde, antriebslos und Übelkeit und vermehrtes schwitzen. Es wurden in Österreich ein Blutbefund und ein Ultraschall Befund gemacht. Es bestand der Verdacht auf Hepatitis C, ich bin aber nicht dazugekommen die Antwort zu bekommen, weil ich festgenommen wurde. Schon gegen 2009 wusste ich, dass ich Hepatitis C habe.
LA: Nehmen Sie irgendwelche Medikamente regelmäßig bzw. befinden Sie sich in regelmäßiger ärztlicher Behandlung in Österreich?
VP: Nein, weder noch.
LA: Sind Sie damit einverstanden dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl die Zustimmung zur Einholung etwaig aufliegender ärztlicher Befunde Ihre Person betreffend sowie sonstige Anfragen zu erteilen?
VP: Ja, ich erteile hiermit meine ausdrückliche Zustimmung zur Einholung von aufliegenden ärztlichen Befunden sowie sonstiger Anfragen bezüglich meiner Person.
LA: Haben Sie Familienangehörige in einem anderen Staat der EU?
VP: Nein habe ich nicht.
LA: Haben Sie Familienangehörige in Österreich?
VP: Nein habe ich nicht.
LA: Besitzen Sie einen Reisepass?
VP: Nein, ich habe meinen Reisepass im Oktober 2017 in St. Pölten verloren habe.
Nachgefragt gebe ich an, dass ich keine Verlustmeldung bei der Polizei gemacht habe.
LA: Können Sie nun irgendwelche Personaldokumente oder andere Beweismittel vorlegen?
VP: Ich habe keine Personendokumente welche ich vorlegen kann. Ich habe auch keinerlei Beweismittel bzgl. meiner Flucht- Ausreisegründe und auch keine Beweismittel bzgl. meiner Integration vorzulegen. Ich habe generell nichts dem Bundesamt vorzulegen.
LA: Wo waren Sie zuletzt in Georgien wohnhaft bzw. wo war zuletzt Ihr Lebensmittelpunkt? Geben Sie bitte die konkrete Wohnadresse, Provinz, Bezirk, Stadt, Dorf, Straße, Platz, Hausnummer etc. an.
VP: Ich habe in der Stadt XXXX , im Bezirk XXXX , in der XXXX gelebt. Ich habe in meinem Eigentumshaus dort gelebt. Ich habe dort mit meinen Eltern und meinen Bruder gelebt, die jedoch bereits verstorben sind. Ich habe glaube ich bis 2015 oder 2016 dort gelebt. Bis zum Tag meiner Ausreise habe ich bei einem Freund überachtet, ich habe aber keinen Kontakt mehr zu diesen Freund.
LA: Wie haben Sie sich Ihr Leben in Ihrer Heimat bis zu Ihrer Ausreise finanziert?
VP: Meine Bekannten haben mich finanziert und unterstützt. Ich war obdachlos und meine Freunde, die mich unterstützt haben die waren nicht obdachlos.
Nachgefragt gebe ich an, dass ich bis 2004 gearbeitet habe und auch mehr schwarz gearbeitet hatte, seit dem konnte ich keine Job mehr finden. Meine Freunde haben mich sehr gut unterstützt, sie haben Lebensmittel und Kleidung für mich gekauft und ich konnte bei ihnen übernachten. Das ist üblich in unseren Kreisen. Durch die Unterstützung meiner Freunde war es mir möglich bescheiden zu leben in meiner Heimat. Dank meiner Freunde bin ich auch hier gelandet, die haben das Geld zusammengelegt, damit ich hier eine richtige Behandlung bekomme.
F: Geben Sie bitte die Personendaten Ihrer Familienangehörigen bekannt!
VP: Schwester: XXXX , geboren am XXXX
Stieftochter: XXXX , geboren am XXXX
Ansonsten habe ich keine weiteren Familienangehörigen mehr. Meine Stieftochter ist bereits verheiratet und hat eine eigene Familie.
LA: Wo leben Ihre Schwester und Stieftochter momentan konkret?
VP: Meine Schwester und Stieftochter leben beide in der Stadt XXXX .
LA: Wie finanzieren sich Ihre Schwester und Stieftochter deren Leben in Ihrer Heimat?
VP: Deren Ehemänner arbeiten. Nachgefragt gebe ich an, dass meine Schwester und Stieftochter durch die beruflichen Tätigkeiten Ihrer Ehemänner in der Lage sind deren Leben in Georgien zu finanzieren.
LA. Haben Sie oder Ihre Angehörigen Grundbesitz in Ihrer Heimat?
VP: Es gibt nichts. Mein Eigentumshaus mussten wir im Jahr 2016 verkaufen, weil meine Schwester sehr hohe Schulden bei der Bank hatte. Im Gegenzug sollte die Schwester im Gegenzug für mich eine Einzimmerwohnung kaufen. Wir wurden jedoch betrogen um das Geld, das Verfahren läuft immer noch in Georgien, Sie musste sogar Ihre eigene Wohnung verkaufen und wohnt jetzt in einer Mietwohnung.
LA: Wie war bzw. ist das Verhältnis zwischen Ihnen und Ihrer Schwester und Stieftochter?
VP: Ich habe ein normales Verhältnis zu meiner Schwester und meiner Stieftochter.
LA: Haben Sie noch Kontakt zu Ihren Angehörigen? Wenn ja, wie oft? Welches Kommunikationsmittel nutzen Sie(telefonisch, E-Mail, postalisch, etc.)?
VP: Ich habe noch Kontakt per Messanger zu meiner Schwester und Stieftochter.
LA: Welche Schulbildung bzw. Berufsausbildung haben Sie?
VP: Ich habe acht Jahre lang die Grundschule besucht. Dann habe ich drei Jahre die Fachschule besucht und war von Beruf Werkzeugmaschinenoperator in einem Metallwerk.
LA. Welche Sprachen sprechen bzw. beherrschen Sie?
VP: Georgisch und gut Russisch.
LA: Welche Arbeit würden Sie annehmen und verrichten, um sich Ihr Leben selbstständig zu finanzieren?
VP: Ich würde alle Arbeiten am Bau übernehmen. Nachgefragt gebe ich an, dass ich arbeitswillig bin und gerne arbeiten möchte, ich bin auch arbeitsfähig.
LA: Hatten Sie in Ihrer Heimat Probleme mit den Behörden, den Sicherheitsbehörden, den Gerichten, der Staatsanwaltschaft?
VP: Nein hatte ich nicht.
LA: Haben Sie jemals strafbare Handlungen in Ihrer Heimat oder einem anderen Land begangen?
VP: Ja, hier in Österreich, in Georgien aber nicht.
LA: Sind Sie jemals mit dem Gesetz in Konflikt geraten oder wurden Sie strafrechtlich in Ihrer Heimat verurteilt?
VP: Ja, hier in Österreich, in Georgien aber nicht.
LA: Werden Sie von heimatlichen Behörden, den Gerichten, oder der Staatsanwaltschaft gesucht? Besteht gar ein Haftbefehl gegen Ihre Person?
VP: Nein, weder noch.
LA: Haben Sie sich in Ihrer Heimat religiös oder politisch betätigt? Waren Sie Mitglied einer Partei oder Organisation?
VP: Nein, weder noch.
LA: Haben sich Ihre Familienangehörigen politisch oder religiös betätigt?
VP: Nein, weder noch.
LA: Hatten Sie selbst jemals persönlich Probleme in Ihrer Heimat aufgrund Ihrer Volksgruppenzugehörigkeit?
VP: Nein hatte ich nicht.
LA: Wann genau sind Sie ausgereist aus Ihrer Heimat?
VP: Den Entschluss auszureisen, habe ich schon seit langer Zeit, aber die Möglichkeit wurde mir erst im September 2017 geboten.
LA: Sind Sie legal oder illegal aus Ihrer Heimat ausgereist?
VP: Ich bin legal mit meinem Reisepass per Flugzeug nach Spanien, habe mich dort zwei Wochen in Madrid aufgehalten und bin dann per Flugzeug weiter nach Österreich eingereist.
LA: Wer hat Ihre Ausreise organisiert und finanziert? Wie hoch waren die Kosten? Woher hatten Sie das notwendige Geld?
VP: Das Ticket für Spanien haben meine Freunde gekauft. Dann haben Sie mir noch ca. 300 Euro Taschengeld gegeben. In Madrid wurde ich auch von Bekannten abgeholt und während meines Aufenthalts unterstützt. Das Ticket nach Wien habe ich selber gekauft.
Nachgefragt gebe ich an, dass mich meine Freunde in Georgien seit dem Jahr 2016 bis zu meiner Ausreise durchgehend unterstützt haben.
F: Fühlen Sie sich wohl, können Sie sich konzentrieren und verstehen Sie die Dolmetscherin einwandfrei?
VP: Ja
LA: Warum sind Sie von Madrid nach Österreich gereist und haben hier am 22.11.2017 Ihren gegenständlichen Asylantrag gestellt?
VP: Spanien ist nicht das Land, das ich brauche. Auch die Bekannten die mich in Madrid abgeholt haben, wollten allmählich Spanien verlassen. Hier in Österreich habe ich einen Freund, deshalb bin ich nach Österreich gekommen.
FLUCHTGRUND
LA: Geben Sie bitte Ihre Ausreise- und Fluchtgründe, die Sie zur Ausreise aus Ihrer Heimat veranlasst haben, bekannt.
VP: In Georgien bin ich niemand, ein Obdachloser, der keinerlei Unterstützung vom Staat erhält, obwohl ich ein Kriegsveteran bin. Ich konnte mich nicht für immer von meinen Freuden aushalten lassen. Besonders weil sie auch nicht imstande sind meine Behandlungen zu finanzieren, deshalb habe ich das Land verlassen.
LA: Ist das Alles was Sie über Ihre höchstpersönlichen Flucht- und Ausreisegründe sagen können und wollen?
VP: Ja das ist Alles.
LA: Sind das alle Ihre Ausreise- und Fluchtgründe?
VP: Ja, weitere Gründe habe ich nicht.
LA: Was befürchten Sie im Falle Ihrer Rückkehr nach Georgien?
VP: Das ist keine Option, ich möchte nicht daran denken, was mir in Georgen passieren wird. Meine Leber wird sich allmählich zersetzen. Und man findet mich irgendwann tot in einem Graben als Obdachloser.
LA: Haben Sie bereits einen Deutschkurs besucht? Sprechen Sie bereits Deutsch?
VP: Ich kann ein wenig Deutsch, ich habe in meiner Schule es damals gelernt.
LA: Führen Sie ein Familienleben oder leben Sie in einer Lebensgemeinschaft in Österreich?
VP: Nein, weder noch.
LA: Wie finanzieren Sie sich Ihr Leben in Österreich?
VP: Von November bis Jänner und meiner Festnahem habe ich in einem Asyllager gewohnt und jetzt bin ich inhaftiert.
LA: Sind Sie in Österreich Mitglied von einem Verein oder einer sonstigen Organisation?
VP: Nein
LA: Möchten Sie noch etwas angeben?
VP: Nein
LA: Waren Sie in der Lage alles zu erzählen, was Ihnen für wichtig erscheint und Ihr Vorbringen umfassend vorzubringen? Hatten Sie dazu genug Zeit zur Verfügung?
VP: Ja
LA: Haben Sie die Dolmetscherin gut verstanden? Haben Sie inhaltlich Alles verstanden und war für Sie alles verständlich?
VP: Ja, ich habe sowohl die Dolmetscherin gut verstanden als auch der Einvernahme inhaltlich problemlos folgen können. Es war alles klar für mich und es gab keine Verständigungsschwierigkeiten.
Anmerkung: Ihnen wird nun die Möglichkeit eingeräumt, in die Länderfeststellungen des BFA zu Georgien Einsicht und Stellung zu nehmen.
Die Feststellungsunterlagen werden Ihnen gegebenenfalls vom Dolmetscher vorgelesen! (Die Feststellungsunterlagen werden Ihnen unter Wahrung einer einwöchigen Frist zur Abgabe einer schriftlichen Stellungnahme übermittelt.)
Möchten Sie das?
VP: Das benötige ich nicht.
..."
I.2. Der Antrag der bP auf internationalen Schutz wurden folglich mit im Spruch genannten Bescheid der bB gemäß § 3 Abs 1 AsylG 2005 abgewiesen und der Status eines Asylberechtigten nicht zuerkannt (Spruchpunkt I.). Gem. § 8 Abs 1 Z 1 AsylG wurde der Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Georgien nicht zugesprochen (Spruchpunkt II.). Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 wurde nicht erteilt. Gemäß § 10 Abs. 1 Z 2 AsylG iVm § 9 BFA-VG wurde gegen die bP eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen und gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass eine Abschiebung nach Georgiengemäß § 46 FPG zulässig sei. Der Beschwerde wurde gem. § 18
(1) Z 1 BFA-VG die aufschiebende Wirkung aberkannt. Gem. § 53 Abs. 1 iVm Abs. 2 FPG wurde ein auf die Dauer von 5 Jahren befristetes Einreiseverbot erlassen. Eine Frist für die freiwillige Ausreise wurde nicht gewährt und gem. § 13 Abs. 2 Z 1 AsylG wurde festgestellt, dass die bP ab dem 12.02.2018 ihr Recht zum Aufenthalt ab dem 12.02.2018 verloren hat.
I.2.1. Im Rahmen der Beweiswürdigung erachtete die bB das Vorbringen der bP in Bezug auf die Existenz einer aktuellen Gefahr einer Verfolgung als nicht glaubhaft und führte hierzu Folgendes (auszugsweise relevante wörtliche Zitierung) aus:
"Zu Ihren beim Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA) behaupteten Fluchtgründen ist festzuhalten:
Sie behaupten Georgien verlassen zu haben und in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt zu haben, aufgrund Ihres Gesundheitszustandes.
Sie laborieren an Hepatitis C, infolge dessen an Leberproblemen und Angstzuständen wegen Ihrer finanziellen Situation. Außerdem führten Sie Ihre Obdachlosigkeit an und Ihre Perspektivenlosigkeit in Ihrer Heimat.
Konkret nachgefragt, haben Sie etwaige Probleme mit heimatlichen Behörden ausgeschlossen und angegeben, Georgien ausschließlich zur Verbesserung der persönlichen Lebenssituation verlassen zu haben.
Wie bereits bei den obigen Feststellungen ausführlich ausgeführt wurde, sind alle Ihre Erkrankungen in Ihrer Heimat Georgien behandelbar und Sie sind derzeit nicht lebensbedrohlich erkrankt. Das Sie im Falle Ihrer Rückkehr nicht unmittelbar unterstandslos sind und allein für sich sorgen müssen, sondern auf Angehörige bzw. Freunde zurückgreifen können wurde bereits ausführlich erörtert. Es wird diesbezüglich auf die obigen Feststellungen verwiesen!
Sie selbst haben keine asylrelevanten Gründe die der GFK zugrunde liegen in Ihrer Einvernahme zu Protokoll gegeben. Es liegen in Ihrem konkreten Fall keine Bedrohungs- oder Verfolgungsgründe vor.
Georgien selbst gilt als sicherer Drittstaat, der sowohl schutzwillig als auch schutzfähig ist.
? betreffend die Feststellung Ihrer Situation im Falle der Rückkehr:
Die Feststellungen bezüglich Ihres derzeitigen Gesundheitszustandes, Ihres schulischen und beruflichen Werdegangs, dass Sie arbeitsfähig und arbeitswillig sind, Ihrer Angehörigen und Freunde in Georgien ergeben sich aus Ihren diesbezüglich glaubhaft getätigten Aussagen und dem Eindruck Ihres persönlichen Auftretens während der Einvernahme vor dem BFA.
Ebenso liegen den Feststellungen das Länderinformationsblatt zu Georgien und die Beantwortung der Staatendokumentation zugrunde.
Wenn auch in Georgien eine wirtschaftlich schwierigere Situation als in Österreich besteht, so ist in einer Gesamtbetrachtung, unter Berücksichtigung Ihrer individuellen Situation, festzuhalten, dass von einer lebensbedrohenden Notlage im Herkunftsstatt, welche bei einer Rückkehr die reale Gefahr einer unmenschlichen Behandlung iSd Art 3 EMRK indizieren würde, aus Sicht des Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl nicht gesprochen werden kann.
Aus den Länderfeststellungen geht hervor, dass die Grundversorgung in Georgien gewährleistet ist. Es gibt keine Fälle von Hungernöten und damit in Zusammenhang stehenden Todesfälle.
Die medizinische Behandlung von Erkrankungen ist laut den vorliegenden Länderfeststellungen im Heimatland gewährleistet."
I.2.2. Zur asyl- und abschiebungsrelevanten Lage in der Republik Georgientraf die belangte Behörde ausführliche und schlüssige Feststellungen. Aus diesen geht hervor, dass in Georgien von einer unbedenklichen Sicherheitslage auszugehen und der georgische Staat gewillt und befähigt ist, sich auf seinem Territorium befindliche Menschen vor Repressalien Dritte wirksam zu schützen. Ebenso ist in Bezug auf die Lage der Menschenrechte davon auszugehen, dass sich hieraus in Bezug auf die bP ein im Wesentlichen unbedenkliches Bild ergibt. Darüber hinaus ist davon auszugehen, dass in der Republik Georgien die Grundversorgung der Bevölkerung gesichert ist, eine soziale Absicherung auf niedrigem Niveau besteht, die medizinische Grundversorgung flächendeckend gewährleistet ist, Rückkehrer mit keinen Repressalien zu rechnen haben und in die Gesellschaft integriert werden.
I.2.3. Rechtlich führte die belangte Behörde aus, dass weder ein unter Art. 1 Abschnitt A Ziffer 2 der GKF noch unter § 8 Abs. 1 AsylG zu subsumierender Sachverhalt hervorkam. Es hätten sich weiters keine Hinweise auf einen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG ergeben und stelle die Rückkehrentscheidung auch keinen ungerechtfertigten Eingriff in Art. 8 EMRK dar. Da die bP aus einem sicheren Herkunftsstaat stammt, wurde der Beschwerde die aufschiebende Wirkung aberkannt (§ 18 (1) 1 BFA-VG).
I.3. Gegen den genannten Bescheid wurde mit im Akt ersichtlichen Schriftsatz innerhalb offener Frist Beschwerde gegen die Spruchpunkte I bis VIII erhoben und die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung beantragt sowie die Durchführung einer mündlichen Verhandlung und der bP die eine Frist für eine freiwillige Ausreise zu gewähren.
Nach Wiedergabe des Sachverhaltes wurde im Wesentlichen ein mangelhaftes Ermittlungsverfahren moniert, zumal die belangte Behörde keine umfassenden Ermittlungen zu den Behandlungsmöglichkeiten von Hepatitis C in Georgien angestellt habe. In den dem Verfahren zu Grunde liegenden Länderfeststellungen finden sich keine Ausführungen über die Behandlung von Hepatitis C und es sei derzeit nicht gesichert, dass Hepatitis C in Georgien ausreichend behandelbar sei. Die bP könne die Kosten für eine Behandlung von Hepatitis C sowie für Medikamente nicht tragen, zumal die bP seit 2004 arbeitslos und seit 2016 obdachlos sei; dies habe die belangte Behörde nicht berücksichtigt, weshalb sie eine mangelhafte rechtliche Beurteilung vorgenommen habe. Das gegen die bP erlassene Einreiseverbot stelle einen unverhältnismäßigen Eingriff in sein Privatleben dar, weil er häufigen Kontakt zu dem in St. Pölten lebenden Bruder seines Taufpaten hat, indem er zu diesen und seine Familie mehrmals die Woche Kontakt habe.
Vorgelegt werden folgende aktuellen Arztbefunde
Bestätigung einer Ärztin für Allgemeinmedizin vom 04.12.2017, wonach bei der bP folgende Diagnose nach einem Abklärungsgespräch gestellt wurde: F11.2, Psychische und Verhaltensstörungen durch Opioide:
Abhängigkeitssyndrom, F41.1. Generalisierte Angststörung, F43 Reaktionen auf schwere Belastungen und Anpassungsstörungen, B18.2, Chronische Virushepatitis C. Therapie: Codidol 120 mg 3-0-0-3 (morgens und abends je 3 St Einnahme in ihrer Station erbeten), Lyrica 150 mg (bzw. Pregabalin 150 mg 1-0-0-1 (tägliche Abgabe von 2 St. erbeten sowie eine Substitutionsverschreibung.
I.4. Nach Einlangen der Beschwerdeakte wurde im Rahmen einer Prüfung des Vorbringens festgestellt, dass der Beschwerde die aufschiebende Wirkung nicht zuzuerkennen ist (§ 18 Abs. 5 BFA-VG).
I.5. Das Vorbringen in der Beschwerdeschrift stellt die letzte Äußerung der bP im Verfahren zum gegenständlichen Antrag bzw. zu ihren Anknüpfungspunkten im Bundesgebiet dar.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen (Sachverhalt)
II.1.1. Die beschwerdeführende Partei
Bei der bP handelt es sich um im Herkunftsstaat der Mehrheits- und Titularethnie angehörigen Georgier, welcher aus einem überwiegend von Georgiern bewohnten Gebiet stammt und sich zum Mehrheitsglauben des Christentums bekennt.
Die bP ist ein mobiler, nicht invalider, arbeitsfähiger Mann mit bestehenden familiären Anknüpfungspunkten im Herkunftsstaat und einer - wenn auch auf niedrigerem Niveau als in Österreich - gesicherten Existenzgrundlage.
Die bP leidet an Psychischen und Verhaltensstörungen durch Opioide:
Abhängigkeitssyndrom, F41.1. Generalisierte Angststörung, F43 Reaktionen auf schwere Belastungen und Anpassungsstörungen, B18.2, Chronische Virushepatitis C. Die bP hat sich in Georgien im Hinblick auf die oa Krankheiten bisher nicht behandeln lassen.
Die Erkrankung der bP erreicht kein iSd Art. 3 EMRK relevantes, lebensbedrohendes Niveau und kann in Georgien behandelt werden.
Familienangehörige leben nach wie vor in Georgien.
Die bP hat in Österreich einen Bekannten in Form eines "Bruders seines Taufpaten" und lebt sonst mit keiner ihr nahestehenden Person zusammen. Sie möchte offensichtlich ihr künftiges Leben in Österreich gestalten und hält sich seit 10/2017 im Bundesgebiet auf. Sie reiste rechtswidrig in das Bundesgebiet ein. Sie lebt von der Grundversorgung und hat einen Deutschkurs besucht.
Sie ist vom Landesgericht für Strafsachen Wien, Zl. XXXX vom XXXX , rechtskräftig seit 12.02.2018 wegen § 15 StGB §§ 127, 130 (1) 1. Fall StGB zu einer Freiheitsstrafe von 8 Monaten, davon Freiheitsstrafe 6 Monate (vollzogen am XXXX ), bedingt auf eine Probezeit von 3 Jahren verurteilt worden.
Die Identität der bP steht nicht fest.
II.1.2. Die Lage im Herkunftsstaat im Herkunftsstaat Georgien
Zur asyl- und abschiebungsrelevanten Lage in Georgien schließt sich das ho. Gericht den schlüssigen und nachvollziehbaren Feststellungen der belangten Behörde an.
Es sei an dieser Stelle darauf hingewiesen, dass es sich bei Georgien um einen sicheren Herkunftsstaat gem. § 19 BFA-VG handelt.
Exkurs: Chronische Hepatitis C
Der Begriff Hepatitis bedeutet Leberentzündung. In den allermeisten Fällen handelt es sich bei einer Leberentzündung um eine Viruserkrankung (Virushepatitis).
Hepatitis C-Viren lassen sich in nahezu allen Köperflüssigkeiten nachweisen. Die Übertragung erfolgt jedoch vor allem über Blut. Ein hohes Ansteckungsrisiko besteht bei Verwendung von kontaminiertem Besteck zum Drogenkonsum, Tätowieren oder Piercing. Bei etwa 30 Prozent aller Patienten mit chronischer Hepatitis C kann kein eindeutiger Übertragungsweg festgestellt werden.
Chronische Hepatitis C
Eine chronische Hepatitis resultiert aus einer Infektion mit Hepatitis B, C und D. Auch eine durch Medikamente (beispielsweise bestimmte Wirkstoffe gegen Tuberkulose) oder Alkohol verursachte Leberentzündung neigt zu einem chronischen Verlauf.
Je nach Ursache der Leberentzündung gibt es verschiedene Behandlungsmöglichkeiten. Wenn Alkohol oder Medikamente die Leberentzündung hervorgerufen haben, darf keine weitere Aufnahme der Stoffe erfolgen. Ist die Leberfunktionsstörung sehr schwerwiegend, muss eine Hepatitis teilweise sogar auf der Intensivstation behandelt werden.
Komplikationen einer chronischen Hepatitis sind die Leberzirrhose und der Leberkrebs (Leberzellkarzinom = hepatozelluläres Karzinom):
Bei einer Leberzirrhose wird das Lebergewebe durch funktionsloses Narbengewebe ersetzt. Im frühen Stadium kann sich die Leber mitunter teilweise regenerieren. Später ist die Leber dauerhaft geschädigt. Das Risiko für eine Leberzirrhose ist vor allem bei Alkoholmissbrauch und Hepatitis C im chronischen Verlauf erhöht. Bei einer Kombination beider Faktoren ist das Risiko besonders hoch.
Eine chronische Hepatitis ist in 50 Prozent der Fälle für Leberkrebs verantwortlich.
Medikamente
Fast die Hälfte der Leberentzündung müssen medikamentös therapiert werden. Bei einer Hepatitis C wurde meist Interferon-alpha (PEG-IFN) in Kombination mit Ribavirin eingesetzt. Seit neusten gibt es aber Medikamente auf dem Markt, die das nebenwirkungsreiche Interferon in vielen Fällen ersetzen und die Therapiedauer verkürzen können. Hierzu zählen sogenannte Protease-Inhibitoren und NS5-Inhibitoren.
Protease-Inhibitoren sind Enzyme, die verhindern, dass die Viren sich korrekt vermehren können. Wirkstoffe sind Simeprevir und Paritaprevir. Die NS5-Inhibitoren greifen ebenfalls in den Vermehrungszyklus von Viren ein. Hierzu zählen Ledipasvir, Dasabuvir und Sofosbuvir. Die Medikamente werden meist in Kombinationen über mehrere Monate gegeben.
Eine Leberentzündung, die sich durch autoimmune Prozesse entwickelt hat, wird mit Medikamenten behandelt, die das Immunsystem hemmen. Hierzu zählen Kortison und Azathioprin.
Lebertransplantation
Wenn die Leberfunktion stark eingeschränkt und nicht mehr heilbar ist, muss manchmal eine Lebertransplantation durchgeführt werden. Besonders Leberentzündungen, die durch eine Infektion hervorgerufen wurden, können schnell zu einem vollständigen Funktionsausfall der Leber führen.
Krankheitsverlauf
Grundsätzlich ist eine Ausheilung dieser Erkrankung nicht wahrscheinlich, eine medikamentöse Behandlung würde jedoch mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit zu einer Ausheilung führen.
Aufgrund der übereinstimmenden Schilderung in einer Vielzahl an öffentlichen Quellen ist notorischer Weise davon ausgegangen, dass etwa 70% der chronisch Infizierten keine schwere Lebererkrankung entwickeln; sie sind zwar Virusträger und können andere anstecken, ihre Leber bleibt aber mehr oder weniger unbeschadet. Ein völliges Verschwinden des Virus ohne Therapie kommt bei chronischer Hepatitis C kaum vor. Gefährlich an der Hepatitis C ist die Möglichkeit der Entwicklung einer Leberzirrhose (Schrumpfleber) oder eines Leberkarzinoms: Bei 20% der Betroffenen ist die Leberentzündung so stark ausgeprägt, dass die zunehmenden Vernarbungen innerhalb von 20 bis 30 Jahren zu einer Schrumpfung der Leber (Zirrhose) führen.
(vgl. für viele Quellen: http://www.netdoktor.de/krankheiten/hepatitis-c-7374)
Zur asyl- und abschiebungsrelevanten Lage in der Republik Georgien traf die belangte Behörde ausführliche und schlüssige Feststellungen. Zum konkreten Vorbringen der bP stellte die bB folgendes fest:
1. Politische Lage
In Georgien leben rund 4,93 Mio. Menschen (Juli 2015) auf 69.700 km² (CIA 29.10.2015).
Georgien (georgisch: Sakartwelo) ist eine demokratische Republik. Das politische System hat sich durch die Verfassungsreform 2013 von einer semi-präsidentiellen zu einer parlamentarischen Demokratie gewandelt, (AA 10.11.2015a, vgl. auch: WZ 21.10.2013).
Staatspräsident ist Giorgi Margwelaschwili (angelobt am 17.11.2013) (RFE/RL 17.11.2013). Regierungschef ist Premierminister Irakli Garibaschwili (seit 18.11.2013). Beide gehören der Partei "Georgischer Traum" an (RFE/RL 18.11.2013).
Georgien besitzt ein Einkammerparlament mit 150 Sitzen, das durch eine Kombination aus Verhältnis- und Mehrheitswahlrecht für vier Jahre gewählt wird. Die letzte Parlamentswahl fand am 1.10.2012, die letzte Präsidentschaftswahl am 27.10.2013 statt (IFES 9.3.2015a, IFES 9.3.2015b). Die Parlamentswahlen vom 1.10.2012 gewann das aus sechs Parteien bestehende Wahlbündnis "Georgischer Traum" mit klarer Mehrheit. Internationale Wahlbeobachter von OSZE, Europarat, NATO und Europäischem Parlament bewerteten die Wahlen als wichtigen Schritt hin zur Festigung der Demokratie, auch wenn einzelne Bereiche, wie z.B. die ungleiche Größe der Wahldistrikte, noch verbesserungsbedürftig seien. Die Wahlen seien kompetitiv verlaufen. Kritik fand das polarisierte Wahlumfeld mit harscher Rhetorik und vereinzelten Fällen von Gewalt sowie Fällen von Einschüchterung, überwiegend der Opposition (AA 10.11.2015b, vgl. auch OSCE 21.12.2012). Ursprünglich schafften nur zwei der angetretenen Listen den Sprung ins georgische Parlament: Das Parteienbündis "Bidzina Ivanishvili - Georgische Traum" mit 85 Mandaten und die vormalige Regierungspartei "Vereinte Nationale Bewegung" mit 65 Sitzen (CEC o. D.).
Bei der Präsidentschaftswahl im Oktober 2013 konnte sich der Kandidat von "Georgischer Traum", Georgi Margwelaschwili, mit klarer Mehrheit bereits im ersten Wahldurchgang gegen den Wunschkandidaten des amtierenden Präsidenten Michail Saakaschwili (Vereinte Nationale Bewegung), durchsetzen. Saakaschwili, zuletzt umstritten, durfte nach zwei Amtszeiten laut Verfassung nicht mehr zur Wahl antreten. Diese Wahl brachte den ersten demokratischen Machtwechsel an der georgischen Staatsspitze seit dem Zerfall der Sowjetunion. Der neue Präsident wird in der Ex-Sowjetrepublik künftig nur eine repräsentative Rolle spielen. Eine Verfassungsänderung überträgt die wichtigsten Machtbefugnisse auf das Amt des Regierungschefs (FAZ 27.10.2013).
Nach dem Ausscheiden der Partei "Freie Demokraten" des entlassenen Verteidigungsminister Alasania aus der Regierungskoalition "Georgischer Traum" Anfang November 2014 fehlten der Regierungskoalition einige Sitze auf die einfache Mehrheit im Parlament. Unmittelbar danach wechselten einige Abgeordnete anderer Fraktionen zum Georgischen Traum, was immer noch knapp nicht für die einfache Mehrheit reichte. Daraufhin traten 12 freie Abgeordnete, die vorher bereits immer mit der Regierung gestimmt hatten, formell dem Georgischen Traum bei, sodass diese nun mit 87 Sitzen über vier Sitze mehr verfügt, als vor der Krise. Die neu hinzugekommenen Abgeordneten bilden innerhalb der Regierungskoalition "Georgischer Traum" zwei gleich starke neue Koalitionsparteien. Somit umfasst die Regierungskoalition "Georgischer Traum" nunmehr sieben Koalitionsparteien. Von der Verfassungsmehrheit (113 Sitze) ist die Koalition aber weit entfernt. Die Freien Demokraten befinden sich nun in der Opposition und bilden neben der Partei "Vereinte Nationale Bewegung" von Ex-Präsident Michail Saakaschwili nunmehr die zweite Oppositionspartei. Die neue Sitzverteilung des georgischen Parlaments lautet somit: 87 Sitze für die Regierungskoalition "Georgischer Traum", 51 Sitze für die "Vereinte Nationale Bewegung", acht Sitze für die "Freien Demokraten" sowie vier unabhängige Mandatare (Civil.ge 10.11.2014).
Die Regierungspartei "Georgischer Traum" sicherte sich infolge eines überwältigenden Sieges bei den Gemeinderatswahlen im Sommer 2014 die Kontrolle über die lokalen Selbstverwaltungskörperschaften. Medien und Nichtregierungsorganisationen (NGOs) berichteten, dass es im Vorwahlkampf angeblich Druck auf oppositionelle Kandidaten gab, ihre Kandidatur zurückzuziehen. Überdies sei es zu Störungen von Versammlungen der Opposition und zu etlichen Vorfällen von Gewalt gegen Wahlaktivisten gekommen. Obschon diese den Behörden bekannt waren, blieb eine amtliche Verfolgung aus. Laut der lokalen Wahlbeobachtungsgruppe ISFED wurden nach den Wahlen in der Hauptstadt Tiflis 155 städtische Angestellte entlassen oder hätten unter Druck gekündigt. Dies erweckte Befürchtungen, es sei aus politischen Motiven geschehen (HRW 29.1.2015).
Eine vergleichsweise große Opposition sowie ein starker Parlamentssprecher haben das Parlament in seinen Gesetzgebungs-, Kontroll-, Budget und Repräsentationsfunktionen erstarken lassen und es wieder in die öffentliche Aufmerksamkeit gerückt. Hingegen fördert die geringe politische Erfahrung eines Großteils der Abgeordneten und gesellschaftlich verbreitete hierarchische Traditionen eine Konzentration der politischen Entscheidungsfindung in den Spitzen von Parteien und Regierung. Zudem ist derzeit aufgrund von Überschneidungen in den jeweiligen Kompetenzen, aber auch persönlich begründeten Verstimmungen, eine gegenseitige Kontrolle von Präsident Margwelaschwili und Premierminister Gharibaschwili erkennbar (AA 15.10.2015).
Am 27. Juni 2014 unterzeichneten die EU und Georgien ein Assoziierungsabkommen. Das Abkommen soll Georgien in den Binnenmarkt integrieren, wobei die Prioritäten in der Zusammenarbeit in Bereichen wie Außen- und Sicherheitspolitik sowie Justiz und Sicherheit liegen. Russland sah sich hierdurch veranlasst, seinen Druck auf die Regierung in Tiflis zu erhöhen. Am 24. November 2014 unterzeichneten Russland und das abtrünnige georgische Gebiet Abchasien eine Vereinbarung über eine "strategische Partnerschaft", mit der Moskau seine militärische und wirtschaftliche Kontrolle in Abchasien erheblich ausweitete. Führende westliche Politiker, darunter die Außenbeauftragte der Europäischen Union Federica Mogherini, kritisierten diesen Schritt als Verletzung der Souveränität und territorialen Integrität Georgiens. Während die georgische Regierung die vermeintliche Reaktion Russlands auf das Assoziierungsabkommen als "weiteren Schritt zur Annexion" verurteilte, erachtete Georgiens Opposition die Vereinbarung als Beleg für das Scheitern der Bemühungen der Regierung, Russland etwas entgegenzusetzen (EP 5.12.2014).
Quellen:
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AA - Auswärtiges Amt (10.11.2015a): Innenpolitik, http://www.auswaertiges-amt.de/DE/Aussenpolitik/Laender/Laenderinfos/Georgien/Innenpolitik_node.html, Zugriff 10.11.2015
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AA - Auswärtiges Amt (10.11.2015b): Innenpolitik, http://www.auswaertiges-amt.de/DE/Aussenpolitik/Laender/Laenderinfos/Georgien/Innenpolitik_node.html, Zugriff 10.11.2015
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AA - Auswärtiges Am (15.10.2015): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in Georgien
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CEC - Election Administration of Georgia (o.D.): Report on the Elections of the Parliament of Georgia 2012, http://www.cesko.ge/uploads/other/13/13973.pdf, Zugriff 10.11.2015
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CIA - Central Intelligence Agency (7.2014): The World Fact Book - Georgia: People and Society,
https://www.cia.gov/library/publications/the-world-factbook/geos/gg.html, Zugriff 10.11.2015
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Civil.ge (14.11.2014): GD Secures Majority in Parliament as 12 MPs Join Ruling Coalition, http://www.civil.ge/eng/article.php?id=27807, Zugriff 10.11.2015
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EP - Europäisches Parlament (5.12.2014): Assoziierungsabkommen EU-Georgien,
http://www.europarl.europa.eu/EPRS/EPRS-AaG-542175-EU-Georgia-Association-Agreement-DE.pdf, Zugriff 10.11.2015
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FAZ - Frankfurter Allgemeine Zeitung (27.10.2013): Georgi Margwelaschwili gewinnt mit klarer Mehrheit, http://www.faz.net/aktuell/politik/ausland/europa/praesidentschaftswahl-in-georgien-georgi-margwelaschwili-gewinnt-mit-klarer-mehrheit-12636443.html, Zugriff 10.11.2015
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HRW - Human Rights Watch (29.1.2015): World Report 2015 - Georgia, http://www.ecoi.net/local_link/295489/430521_de.html, Zugriff 10.11.2015
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IFES - International Foundation for Electoral Systems (9.3.2015a):
Election Guide, Democracy Assistance & Elections News - Georgia, http://www.electionguide.org/elections/id/2287/, Zugriff 10.11.2015
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IFES - International Foundation for Electoral Systems (9.3.2015b):
Election Guide, Democracy Assistance & Elections News - Georgia, http://www.electionguide.org/elections/id/1638/, Zugriff 10.11.2015
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OSCE/ODIHR - Office for Democratic Institutions and Human Rights (21.12.2012): Georgia - Parliamentary Elections 1 October 2012, OSCE/ODIHR Election Observation Mission, Final Report, http://www.osce.org/odihr/98399?download=true, Zugriff 10.11.2015
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RFE/RL - Radio Free Europe / Radio Liberty (17.11.2013):
Margvelashvili Sworn In As Georgia's New President, http://www.rferl.org/content/georgia-president-inauguration/25170650.html, Zugriff 10.11.2015
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RFE/RL - Radio Free Europe / Radio Liberty (18.11.2013):
Margvelashvili Confirms New Georgian Prime Minister, http://www.rferl.org/content/georgia-government-president-garibashashvili/25171961.html, Zugriff 10.11.2015
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WZ - Wiener Zeitung (21.10.2013): Verfassungsänderung stuft Staatschef zum Staatsoberhaupt herab - Präsidentenwahl in Georgien setzt Ära Saakaschwili ein Ende, http://www.wienerzeitung.at/nachrichten/europa/europastaaten/582007_Praesidentenwahl-in-Georgien-setzt-Aera-Saakaschwili-ein-Ende.html, Zugriff 10.11.2015
2. Sicherheitslage
Die Lage in Georgien ist - mit Ausnahme der Konfliktgebiete Abchasien und Südossetien - insgesamt ruhig. Beide genannte Gebiete befinden sich nicht unter der Kontrolle der Regierung in Tiflis. In den Gebieten und an ihren Verwaltungsgrenzen sind russische Truppen stationiert (AA 11.11.2015a).
Im Zuge der Auflösung der UdSSR erhöhten sich die Spannungen innerhalb Georgiens in den Gebieten Abchasien und Südossetien, als der autonome Status der Provinzen von georgischen Nationalisten in Frage gestellt wurde. Nach der georgischen Unabhängigkeit führten heftige Auseinandersetzungen mit der Zentralregierung 1992 zu Unabhängigkeitserklärungen Südossetiens und Abchasiens, die aber von der internationalen Gemeinschaft nicht anerkannt wurden. Der Konflikt um Südossetien wurde durch den Waffenstillstand von Sotschi 1992 vorübergehend befriedet; die OSZE erhielt ein Beobachtungsmandat. Seit 1994 galt ein insgesamt eingehaltener, im Moskauer Abkommen festgeschriebener Waffenstillstand, überwacht durch eine Beobachtergruppe der Vereinten Nationen (UNOMIG) in Zusammenarbeit mit einer GUS-Friedenstruppe. In Abchasien und Südossetien waren seither russische Truppen als sogenannte friedenserhaltende Kontingente präsent. Der Einfluss des nördlichen Nachbarlandes wuchs kontinuierlich, unter anderem durch Ausgabe russischer Pässe an die abchasische und südossetische Bevölkerung. Nach zahlreichen blutigen Zwischenfällen und Provokationen aller Seiten eskalierte der Konflikt um Südossetien am 7. August 2008 nach einem Vorstoß georgischer Truppen in die südossetische Hauptstadt Zchinwali zu einem georgisch-russischen Krieg, der nach fünf Tagen durch einen von der EU vermittelten Waffenstillstand beendet wurde. Am 26. August 2008 erkannte Russland Abchasien und Südossetien, einseitig und unter Verletzung des völkerrechtlichen Prinzips der territorialen Integrität Georgiens, als unabhängige Staaten an und schloss wenig später mit diesen Freundschaftsverträge ab, die auch die Stationierung russischer Truppen in den Gebieten vorsehen. Infolge des Krieges wurden nach Schätzungen internationaler Hilfsorganisationen bis zu 138.000 Personen vorübergehend zu Vertriebenen und Flüchtlingen. Etwa 30.000 Georgier aus Südossetien konnten bis heute nicht in ihre Heimat zurückkehren. Die zivile EU-Beobachtermission EUMM nahm Anfang Oktober 2008 in Georgien ihre Arbeit auf. Das OSZE-Mandat lief Ende 2008 aus, UNOMIG endete im Juni 2009. EUMM ist damit die einzige verbliebene internationale Präsenz zur Stabilisierung in Georgien (AA 11.11.2015b).
Der Rat der Europäischen Union verlängerte im Dezember 2014 das Mandat der EU-Beobachtermission EUMM für weitere zwei Jahre, bis Dezember 2016. Im Einklang mit dem russisch-georgischen Sechs-Punkte-Programm vom August 2008 soll die EUMM auch weiterhin die Stabilisierung und Normalisierung der Lage vor Ort unterstützen (EU-Council 16.12.2014).
Ein wichtiges diplomatisches Instrument zur De-Eskalierung des Konflikts sind die sogenannten "Geneva International Discussions - GID" (Genfer Internationale Gespräche). Diese finden seit 2008 unter Beteiligung der involvierten Konfliktparteien unter dem gemeinsamen Vorsitz von Vertretern der Vereinten Nationen, der Europäischen Union und der OSZE statt. Aus den Genfer Gesprächen resultierte der "Incident Prevent