TE Bvwg Erkenntnis 2019/1/10 W105 2163627-1

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Veröffentlicht am 10.01.2019
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Entscheidungsdatum

10.01.2019

Norm

AsylG 2005 §10 Abs1 Z3
AsylG 2005 §3 Abs1
AsylG 2005 §57
AsylG 2005 §8 Abs1
BFA-VG §9
B-VG Art.133 Abs4
FPG §46
FPG §52
FPG §55
VwGVG §28 Abs2

Spruch

W105 2163627-1/14E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Harald BENDA als Einzelrichter über die Beschwerde des XXXX, XXXX geb., StA. Afghanistan, vertreten durch XXXX, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 24.05.2017, Zl. 1091811503/151594895, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 04.05.2018 zu Recht erkannt:

A)

Die Beschwerde wird gemäß §§ 3 Abs. 1, 8 Abs. 1, 10 Abs. 1 Z 3 und 57 AsylG 2005, § 9 BFA-VG und §§ 52, 55 FPG als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Der Beschwerdeführer (BF), ein männlicher, lediger Staatsangehöriger von Afghanistan und Angehöriger der Volksgruppe der Hazara, stellte 20.10.2015 den gegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz stellte.

Im Verlauf seiner Erstbefragung durch ein Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes vom 21.10.2015 gab der nunmehrige Beschwerdeführer an, sieben Jahre die Grundschule besucht zu haben und verfüge er in Herkunft über familiäre Anknüpfungspunkte in Form seiner Eltern und mehrerer Geschwister. Er sei vor einem Jahr von daheim in den Iran geflüchtet und habe dort ca. ein Jahr verbracht und habe sich sodann schlepperunterstützt nach der Türkei begeben, weiter nach Griechenland und sei er dann mit dem Bus und verschiedenen Zügen über ihm unbekannte Länder und Routen nach Österreich gelangt. Er sei im Oktober 2015 in die EU eingereist. Die Kosten für seine Reise hätten 4000 bis 5000 Euro betragen. Der Antragsteller wurde sodann nach dem Fluchtgrund befragt (unter der Anleitung: die Befragung hat sich gemäß § 19 Abs. 1 AsylG 2005 nicht auf die näheren Fluchtgründe zu beziehen, ist aber durch den AW in eigenen Worten abschließend zu beantworten. In seiner Darstellung von ca. einer halben Seite sollten die sechs W (wer, wann, was, wo, wie, wieso) abgedeckt sein).

Hierbei gab der Antragsteller wörtlich an: "In meiner Heimat habe ich mich in eine Frau verliebt. Diese wurde schwanger. Ihre Eltern bzw. die Familie hat das erfahren. Sie musste mich den Eltern vorstellen. Die waren jedoch nicht einverstanden mit mir und wollten mich umbringen, für das, was ich Ihrer Tochter angetan habe. Auch meine Eltern waren mit meiner Wahl (wohl gemeint: nicht) einverstanden."

Auf die Frage, was er für den Fall der Rückkehr in seine Heimat befürchte, gab der Antragsteller an, er habe sich in der Heimat in eine Frau verliebt und sei diese schwanger geworden und hätten ihre Eltern bzw. die Familie das erfahren. Im weiteren wiederholte der Antragsteller die oben dargestellten Ausführungen.

Der niederschriftlichen Einvernahme war ein Übersetzer für die Muttersprache des Antragstellers beigezogen, das Protokoll wurde dem Antragsteller am Ende Einvernahme rückübersetzt zur Kenntnis gebracht und bekräftigte er mit seiner Unterschrift, dass es keine Verständigungsprobleme gegeben hätte sowie bestätigte er sohin den Inhalt des aufgenommenen Protokolls.

Im Rahmen der niederschriftlichen Einvernahme vom 20.02.2017 vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA) gab der BF im Wesentlichen an, er verstehe den Dolmetsch gut. Auf Frage, ob bei der Erstbefragung alles richtig protokolliert worden sei, gab der Antragsteller an, es sei ihm nicht rückübersetzt worden, jedoch glaube er, dass alles richtig protokolliert wurde. Im weiteren gab der Antragsteller auf Befragen an, er stehe in Grundversorgung, sei in Österreich nicht Mitglied in einem Verein, einer religiösen Gruppe oder einer sonstigen Organisation und habe keine Verwandten in Österreich. Umgekehrt gab der Antragsteller auf Befragen an, er habe sehr viele österreichische Freunde und besuche derzeit einen Kurs A2. Im weiteren gab er an gesund zu sein. Er sei Hazara und schiitischer Moslem, nicht verheiratet und habe keine Kinder. Er habe insgesamt elf (!) Jahre die Schule besucht und habe sich zuletzt regelmäßig in seinem Heimatdorf (genannt) aufgehalten bzw. habe er dort von Geburt an bis zur Ausreise gewohnt. Er habe zuletzt mit seiner Familie, dh seinen Eltern, zwei Brüdern und seiner jüngeren Schwester zusammengelebt. Sein Vater habe einen Laden gehabt und sei seine Mutter Schneiderin gewesen. Er habe zudem nach der Schule auf den Feldern gearbeitet.

Befragt nach seinen Beweggründen Afghanistan zu verlassen gab der Antragsteller wörtlich zu Protokoll:

"LA: Was waren Ihre persönlichen Beweggründe, Afghanistan zu verlassen? Schildern Sie die Gründe für Ihre Ausreise so konkret, detailliert und chronologisch wie möglich, sodass diese auch für eine außenstehende Person nachvollziehbar sind.

VP: Ich habe ein junges Mädchen geliebt. Das habe ich auch meinen Eltern erzählt. Ich sagte ihnen, dass ich dieses Mädchen liebe und heiraten möchte. Ich wollte, dass meine Eltern bei der Familie des Mädchens um ihre Hand anhalten. Meine Eltern waren dagegen. Ich hatte Geschlechtsverkehr mit diesem Mädchen, das war bei ihr zuhause. Nach einiger Zeit, ist sie krank geworden, ich glaube es waren 5 Monate danach. Sie wurde zum Arzt gebracht, wo man festgestellt hat, dass dieses Mädchen schwanger ist. Ihre Eltern haben davon erfahren und haben ihr Vorwürfe gemacht und sie unter Druck gesetzt. Sie wollten erfahren, von wem dieses Kind ist. Nachdem das junge Mädchen unter Druck gesetzt wurde, hat sie schließlich gesagt, dass das Kind von mir ist. Ihre Eltern haben sie zu uns gebracht und sagten, dass sie, dieses Mädchen nicht mehr brauchen. Ich wollte sie heiraten, da ich sie geliebt habe, aber meine Eltern waren dagegen. Mein Vater ist sehr religiös und sagte mir, dass ich Schande über die Familie gebracht habe und so etwas in unserer Kultur nicht geduldet wird. Meine Eltern waren damit überhaupt nicht einverstanden. Es gab einen großen Streit.

Die Familie der jungen Frau namens XXXXwar bei uns, es gab einen großen Streit mit meinen Eltern. Sie haben unsere Fenster eingeschlagen und sie haben unsere Sträucher angezündet. Dann sind die Leute aus der Region gekommen und haben uns voneinander getrennt. Die Leute brachten die Familie der jungen Frau zu sich nachhause. Nachdem die Familie weg war, hat mein Vater mich geschlagen. Er hat mich aus dem Haus geworfen und sagte mir, dass er mich nicht mehr haben will.

Ich ging zu meinem Onkel väterlicherseits und habe mich eine Woche bei ihm aufgehalten. Der Vater von XXXX hat erfahren, dass ich bei meinem Onkel bin. Es war gegen Abend, er ist ins Haus gekommen und hat mich mit den Kolben eines Gewehrs geschlagen. Mein Onkel hatte ihn zurückgehalten. Ich bin weggelaufen und bin mit meiner Schulter an einer Türe angekommen und habe mich verletzt. Seither habe ich Schmerzen in meiner Schulter. Ich bin von dort weggelaufen. Diese Person hat 3 Schüsse in die Luft abgefeuert. Er hat mir hinterhergerufen, dass ich stehen bleiben soll, aber ich bin davon gelaufen.

Die Nacht habe ich in einem Graben verbracht. Am nächsten Tag in der Früh bin ich mit einem Auto nach Ghazni gefahren. Von Ghazni bin ich dann weiter in den Iran gereist. Das ist mein Fluchtgrund.

Anm.: Die Einvernahme wird für 5 Minuten unterbrochen.

LA: Wieso haben Sie dieses Mädchen XXXX nicht von sich aus geheiratet?

VP: Ohne Einverständnis meiner Eltern konnte ich sie nicht heiraten.

LA: Ist es in Ihrem Kulturkreis nicht üblich, dass in dem Falle einer ungewollten Schwangerschaft Sie verpflichtet wären, dieses Mädchen zu heiraten?

VP: Ich wäre nicht verpflichtet gewesen sie zu heiraten. Ich habe sie geliebt, deswegen hatte ich auch Geschlechtsverkehr mit ihr.

LA: Was wurde Ihnen von dem Vater von XXXX angedroht?

VP: Er hat mich mit einem Gewehr bedroht.

LA: Woher wusste der Vater von XXXX, dass Sie sich bei Ihrem Onkel aufhalten?

VP: Das weiß ich nicht. Er hat es erfahren.

LA: Wie alt war XXXX, als sie schwanger wurde?

VP: Sie ist um ein Jahr jünger als ich.

LA: Wenn Ihr Vater gegen eine Heirat war, wieso sollte sich dann der Zorn des Vaters von XXXX gegen Sie richten?

VP: Das weiß ich nicht, mein Vater hat sie weggeschickt und der Vater von XXXX ist zu mir gekommen.

LA: Wann haben Sie XXXX kennengelernt?

VP: Wir stammen aus der gleichen Region und wir kennen uns schon seit unserer Kindheit.

LA: Wieso war Ihr Vater gegen eine Heirat zwischen Ihnen und XXXX?

VP: Zu mir sagte er, dass ich noch zu jung bin um zu Heiraten. Ich solle noch meine Ausbildung fertigmachen.

LA: Wenn Ihr Vater wollte, dass Sie Ihre Ausbildung fertig machen, wieso warf er Sie aus dem Haus?

VP: Als er erfahren hat, dass ich mit ihr Geschlechtsverkehr hatte und sie schwanger ist, kam die Familie von XXXXzu uns. Es gab einen großen Streit und deswegen hat er mich aus dem Haus geworfen.

LA: Worum ging es bei diesem Streit?

VP: Die Familie brachte, das junge Mädchen zu uns nachhause. Meine Eltern wollten sie nicht haben. Deshalb kam es zu einem Streit. Die Familie von XXXX hat meiner Familie vorgeworfen, dass ich sie geschwängert habe und sie nun auch nicht haben will.

LA: Wie bestreitet die Familie von XXXX ihren Lebensunterhalt?

VP: Sie arbeiten in der Landwirtschaft.

LA: Wann hatten Sie Geschlechtsverkehr mit XXXX?

VP: Anfang Führling des Jahres 1393 im Monat Hamal (= März/April 2014) Befragt, es war in der Nacht um 22 Uhr. Ihre Eltern waren nicht zuhause. Ich bin zu ihr gegangen um sie zu besuchen und es hat sich dann ergeben.

LA: Wo waren die Eltern von XXXX zu diesem Zeitpunkt?

VP: Sie waren bei ihren Verwandten. Befragt, im Dorf XXXX, dieses Dorf liegt auch in der Region XXXX.

LA: Hat XXXX Geschwister?

VP: Ja, ich glaube sie hat 5 Brüder und eine Schwester. Befragt, ihre Geschwister sind alle jünger als sie.

LA: Wo waren die Geschwister von XXXX, als Sie XXXX geschwängert haben?

VP: Sie waren auch zuhause.

LA: Wie heißt der Vater von XXXX?

VP: XXXX.

LA: Hatten Sie seitdem Sie aus dem Elternhaus geworfen wurden, Kontakt mit XXXX?

VP: Nein, ich konnte keinen Kontakt aufnehmen.

LA: Haben Sie alles angeben, das Ihnen wichtig erscheint, oder haben Sie noch irgendwelche Ergänzungen zu machen?

VP: Ich habe alles gesagt.

LA: Wurden Sie persönlich in Afghanistan von den dort agierenden Behörden gesucht, waren Sie je in Haft?

VP: Nein, weder noch.

LA: Wie hoch waren die Kosten für Ihre Flucht?

VP: 5000€

LA: Wie finanzierten Sie Ihre Flucht?

VP: Ich habe ein Jahr und ein Monat im Iran gearbeitet.

LA: Wo lebt Ihre Familie jetzt?

VP: In meinem Heimatdorf. Mein Vater ist nach meiner Flucht an einem Herzinfarkt verstorben. Das alles geschah wegen mir.

LA: Wann hatten Sie das letzte Mal Kontakt zu Ihrer Familie?

VP: Vor etwa 3 Monaten.

LA: Wer ist nun das Familienoberhaupt Ihrer Familie?

VP: Mein ältester Bruder.

LA: Ist Ihr ältester Bruder ebenfalls gegen die Heirat zwischen Ihnen und XXXX?

VP: Nein, er hatte nichts dagegen.

LA: Wieso kehrten Sie dann nicht nach Afghanistan zurück?

VP: Ich konnte nicht, mein Vater hat mich aus dem Haus geschmissen. Der Vater vonXXXX hat die Absicht mich zu töten.

LA: Nun könnten Sie doch XXXX heiraten und somit den Wunsch des Vaters von XXXX nachkommen. Wie kommen Sie dazu, dass der Vater von XXXX Sie töten möchte?

VP: Vor 4 Monaten habe ich mit meiner Mutter gesprochen. Sie erzählte mir, dassXXXX eine Totgeburt hatte und nun verschwunden ist. Man weiß nicht, was mit ihr passiert ist. Man weiß auch nicht ob sie getötet wurde.

LA: Was fürchten Sie bei einer eventuellen Rückkehr nach Afghanistan?

VP: Ihr Vater wird mich umbringen und die junge Frau ist nun verschwunden.

LA: Wieso flüchteten Sie nicht in eine andere Region in Afghanistan z. B. Kabul oder Mazar-e-Sharif?

VP: Dorf kenne ich mich nicht aus. Außerdem kann man sich dort nicht frei bewegen. Vor allem wegen den Taliban und den Daesh. Ich bin Schiit und Hazara.

LA: Haben Sie alles verstanden was Sie gefragt wurden, sowohl von der Sprache als auch vom Verständnis her? Haben Sie den/die Dolmetscher/in einwandfrei verstanden?

VP: Ja. Ja.

LA: Es wird Ihnen nunmehr die Niederschrift rückübersetzt und Sie haben die Möglichkeit noch etwas richtig zu stellen oder hinzuzufügen.

Anm.: Die gesamte Niederschrift wird wortwörtlich rückübersetzt.

LA: Haben Sie nun nach der Rückübersetzung Einwendungen vorzubringen?

VP: Nein, keine."

Unter einem legte der BF nachstehende Unterlagen vor:

* Zertifikat Deutschkurs A2

* Deutschkursbestätigung B1 vom 30.3.2017

* mehrere Empfehlungsschreiben

* Kursbesuchsbestätigung-Deutschkurs vom 27.06.2016

* Kursbesuchsbestätigung-Deutschkurs vom 20.02.2017

* Teilnahmebestätigung-Schulungen der Basisbildung vom 20.02.2017

2. Mit Bescheid vom 05.10.2017 wies das BFA den Antrag des BF auf internationalen Schutz sowohl bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 Asylgesetz 2005 (AsylG) idgF (Spruchpunkt I.) als auch hinsichtlich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Afghanistan gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 leg. cit. ab (Spruchpunkt II.). Gleichzeitig wurde dem BF ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG nicht erteilt, gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG iVm § 9 BFA-Verfahrensgesetz (BFA-VG) idgF gegen ihn eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 Fremdenpolizeigesetz 2005 (FPG) idgF erlassen sowie gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass seine Abschiebung gemäß § 46 FPG nach Afghanistan zulässig sei (Spruchpunkt III.), und gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG die Frist für seine freiwillige Ausreise mit zwei Wochen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung festgesetzt (Spruchpunkt IV.).

Begründend wurde zusammengefasst ausgeführt, dass der BF die von ihm vorgebrachte Bedrohung nicht glaubhaft sei. Weiters könne nicht festgestellt werden, dass er bei einer Rückkehr in eine existenzbedrohende Notlage gedrängt werde oder den Verlust der Lebensgrundlage zu erleiden hätte. Im Fall der Rückkehr nach Afghanistan könne er sich eine neue Existenz aufbauen.

Beweiswürdigend ausgeführt wie folgt:

"Betreffend die Feststellungen zu den Gründen für das Verlassen

Ihres Herkunftsstaats:

Sie gaben an, dass Sie ein junges Mädchen namens XXXXgeliebt hätten und mit diesem Geschlechtsverkehr hatten. Dadurch wäre dieses Mädchen schwanger geworden und die Familie dieses Mädchen hätte sie zu Ihnen nachhause gebracht, da die Familie wollte, dass dieses Mädchen bei Ihnen aufgenommen wird. Ihre eigene Familie hätte dies verwehrt und hat sich auch gegen eine Hochzeit zwischen Ihnen und diesen Mädchen ausgesprochen. Ihr Vater hätte Sie aus dem Haus geworfen, da Sie Schande über Ihre Familie gebracht hätten.

Danach gingen Sie zu Ihrem Onkel väterlicherseits, bei dem Sie sich eine Wochen aufgehalten hätten. Jedoch hätte der Vater von XXXX herausgefunden, dass Sie sich bei Ihrem Onkel väterlicherseits aufhalten würden und dieser wäre dann eines Abends zu Ihnen gekommen und hätte Sie mit einem Gewehrkolben geschlagen. Sie sind daraufhin weggelaufen und der Vater von XXXX hätte 3 Mal in die Luft geschossen. Am nächsten Morgen hätten Sie Afghanistan in Richtung Iran verlassen.

Die Behörde konnte aufgrund Ihrer Schilderungen nicht zu der Feststellung gelangen, dass Sie in Afghanistan einer asylrelevanten Bedrohung ausgesetzt gewesen sind. Sie konnten zum einen nicht erläutern, wie der Vater von XXXX herausgefunden hätte, dass Sie sich bei Ihrem Onkel väterlicherseits aufhalten. Ebenso konnten Sie bezüglich Ihrer Bedrohung durch den Vater XXXX nicht mehr angaben, als, dass dieser Sie mit einem Gewehr bedroht hätte. Der Umstand, dass dieser Sie nur mit einem Gewehr geschlagen hätte und danach in die Luft geschossen hätte, wäre selbst gemäß des Falles, dass man Ihrem Vorbringen Glauben schenken würde, kein Grund dafür, dass das Bundesamt davon ausgehen würde, dass diese Bedrohung eine asylrelevante Intensität erreicht hätte. Diese Feststellung wir hierzu noch untermauert, von der Tatsache, dass Sie im Rahmen Ihres Verfahrens nicht vorgebracht haben, dass der Vater von XXXX Sie mit dem Tod bedroht hätte.

Ebenso zweifelt die Behörde am Wahrheitsgehalt Ihres Vorbringens, da Sie mit einer Heirat einverstanden gewesen wären, jedoch Ihr Vater gegen diese Heirat gewesen wäre, sodass der Zorn des Vaters von XXXX sich gegen Ihren Vater gerichtet hätte, da Ihr Vater derjenige war, der gegen diese Heirat gewesen wäre. Die Behörde kann daher ebenfalls nicht nachvollziehen, wieso Sie von dem Vater von XXXX bedroht worden wären.

Die erkennende Behörde kann daher, in Anbetracht des Mangels an glaubhaft vorgebrachten Fluchtgründen, in keiner Weise feststellen, dass Sie aufgrund einer Verfolgung bzw. Furcht vor solcher Ihr Heimatland verließen, sondern ist viel mehr davon auszugehen, dass Sie aufgrund des Wunsches nach Emigration Ihr Heimatland verließen. Die Gründe für Ihre Ausreise mögen im rein privaten Bereich, nämlich der Verbesserung der Lebenssituation gelegen haben, eine Verfolgung Ihrerseits brachten Sie im Laufe Ihres Verfahrens zu keinem Zeitpunkt glaubhaft vor."

In Bezug auf den II. Spruchpunkt wurde festgehalten:

"Betreffend die Feststellungen zu Ihrer Situation im Fall Ihrer

Rückkehr:

Es ist Ihnen bei einer Rückkehr nach Afghanistan möglich, sich in den Städten Kabul, Mazar-e-Sharif und Herat eine neue Existenz aufzubauen. Sie sind bei einer Rückkehr nach Afghanistan, speziell in den Städten Kabul, Mazar-e-Sharif und Herat, keiner Gefährdung ausgesetzt, zumal Sie kein diesbezügliches Vorbringen für eine Rückkehr nach Kabul, Mazar-e-Sharif und Herat glaubhaft machen konnten. Sie sind somit bei einer Rückkehr in Ihr Heimatland nicht gefährdet bzw. keiner speziell Sie betreffenden Bedrohung ausgesetzt.

Es besteht keine sonstige, wie auch immer geartete, besondere Gefährdung Ihrer Person in Afghanistan. Sie werden in Afghanistan nicht aus Gründen der Zugehörigkeit zu Ihrer Rasse oder Religionsgemeinschaft verfolgt, zumal Sie keine individuellen Gründe vorbrachten.

Ihnen droht aufgrund Ihrer Ausreise, Ihrer Asylantragstellung in Österreich oder anderer Umstände, die sich außerhalb des Herkunftsstaates ereignet haben, keine Verfolgung.

Es haben sich im Verfahren auch keine Anhaltspunkte dafür ergeben, dass Sie in Ihrem

Heimatland Afghanistan einer ungesetzmäßigen Verfolgung von staatlichen Organen bei Ihrer Rückkehr drohen würde.

Es sind keine Umstände amtsbekannt, dass in Afghanistan, speziell in den Städten Kabul, Mazar-e-Sharif und Herat, eine solche extreme Gefährdungslage bestünde, dass gleichsam jeder, der dorthin zurückkehrt, einer Gefährdung im Sinne der Art. 2 und 3 EMRK ausgesetzt wäre, oder eine derartige humanitäre Katastrophe vorherrschte, dass das Überleben sämtlicher dort lebender Personen mangels Nahrung und Wohnraum tatsächlich in Frage gestellt wäre.

Sie haben im Falle Ihrer Rückkehr die Möglichkeit, sich sowohl an die zahlreich tätigen NGO¿s in Afghanistan zu wenden, um dort jene Unterstützung zu erhalten, die notwendig ist, Ihre Grundbedürfnisse an Unterkunft, Verpflegung, Bildung usw. zu decken. Es ist Ihnen auch zuzumuten, dass Sie sich an diese Einrichtungen wenden, sollten Sie selbst nicht in der Lage sein, sich um Ihre Bedürfnisse selbst zu kümmern.

Gemäß § 67 AsylG 2005 kann auch eine finanzielle Rückkehrhilfe als Startkapital für Ihren Neubeginn in Afghanistan gewährt werden, zumal aktuell einige Rückkehrprogramme existieren. Rückkehrer/Innen werden auf Basis dieser gesetzlichen Grundlage vom ersten Informationsgespräch bis zur tatsächlichen Rückreise in einer Einrichtung beraten, begleitet und umfassend unterstützt. Die Bereitschaft zur Rückkehr ist darüber hinaus eng verbunden mit der Schaffung von Überlebengrundlagen im Herkunftsstaat. Abgestimmt auf die individuelle Situation der Rückkehrenden sind verschieden Formen der Unterstützung notwendig bzw. möglich: Schaffung des Zugangs zu Wohn-, Ausbildungs- oder Arbeitsmöglichkeiten; Beschaffung von Arbeitsgeräten; Vermittlung zu den Hilfsorganisationen im Heimatland; finanzielle Unterstützung. Durch den Aufbau eines Netzwerkes von Kontakten zu Hilfsorganisationen in den jeweiligen Rückkehrländern soll der Neubeginn der Rückkehrenden, in der Regel entwurzelten Menschen während der Anfangsphase erleichtert werden.

Die afghanische Regierung hat eine nationale Kampagne gestartet, um ihre Bevölkerung von der Rückkehr in die Heimat zu überzeugen. Die Bargeldunterstützung für zurückkehrende Flüchtlinge wurde von UNHCR von US$ 200 auf US$ 400 pro Kopf erhöht. UNHCR stellt jenen Familien Bargeldhilfe zur Verfügung, die im Besitz legaler Dokumente sind, während das afghanische Flüchtlingsministerium jenen ohne legale Dokumente Unterstützung anbietet (Daily Times 26.7.2016).

Sie können sich aber auch von Österreich aus für diverse Rückkehrprogramme anmelden und diese Starthilfe für einen Neustart in Afghanistan in Anspruch nehmen.

Die Erreichbarkeit von Kabul, Mazar-e-Sharif und Herat auf dem Luftwege ist von Österreich aus möglich.

Es haben sich in einer Gesamtschau Ihrer Angaben und unter Berücksichtigung der Länderinformationen zu Afghanistan keine konkreten Anhaltspunkte ergeben, wonach die Erreichbarkeit in die Städte Kabul, Mazar-e-Sharif und Herat für Sie nicht sicher wäre.

Da Ihnen wie bereits erörtert im Herkunftsstaat auch keine Verfolgung droht, geht die Behörde davon aus, dass Ihnen in Afghanistan auch keine Gefahren drohen, die eine Erteilung des subsidiären Schutzes rechtfertigen würden.

Betreffend die Feststellungen zu Ihrem Privat- und Familienleben:

Die Feststellungen Ihr Privat- und Familienleben betreffend, ergeben sich aus Ihrer niederschriftlichen Einvernahme.

Betreffend die Feststellungen zur Lage in Ihrem Herkunftsstaat:

Die Feststellungen zu Ihrem Herkunftsland basieren auf einer Zusammenstellung der Staatendokumentation des Bundesamtes. Diese ist gemäß § 60 Abs. 2 AsylG 2005 zur Objektivität verpflichtet und unterliegt der Beobachtung eines Beirates. Es ist daher davon auszugehen, dass alle zitierten Unterlagen von angesehenen staatlichen und nichtstaatlichen Einrichtungen stammen, ausgewogen zusammengestellt wurden und somit keine Bedenken bestehen, sich darauf zu stützen.

Zur Aktualität der Quellen, die für die Feststellungen herangezogen wurden, wird angeführt, dass diese, soweit sich die erkennende Behörde auf Quellen älteren Datums bezieht, aufgrund der sich nicht geänderten Verhältnisse nach wie vor als aktuell bezeichnet werden können. Die Länderfeststellungen ergeben sich aus den zitierten, unbedenklichen Quellen.

Bezüglich der von der erkennenden Behörde getätigten Feststellungen zur allgemeinen Situation in Ihrem Herkunftsland ist festzuhalten, dass diese Kenntnisse als notorisch vorauszusetzen sind.

Gemäß § 45 Absatz 1 AVG bedürfen nämlich Tatsachen, die bei der Behörde offenkundig sind (so genannte "notorische" Tatsachen; vergleiche Walter/Thienel, Verwaltungsverfahrensgesetze 13-MSA1998-89) keines Beweises. "Offenkundig" ist eine Tatsache dann, wenn sie entweder "allgemein bekannt" (notorisch) oder der Behörde im Zuge ihrer Amtstätigkeit bekannt und dadurch "bei der Behörde notorisch" (amtsbekannt) geworden ist; "allgemein bekannt" sind Tatsachen, die aus der alltäglichen Erfahrung eines Durchschnittsmenschen - ohne besondere Fachkenntnisse - hergeleitet werden können. (VwGH 23.01.1986, 85/02/0210; vergleiche auch Fasching; Lehrbuch 2 Rz 853). Zu den notorischen Tatsachen zählen auch Tatsachen, die einer Vielzahl von Massenmedien in einer der Allgemeinheit zugänglichen Form über Wochen hin im Wesentlichen gleich lautend und oftmals wiederholt auch für einen Durchschnittsmenschen leicht überprüfbar publiziert wurden, wobei sich die Allgemeinnotorietät nicht auf die bloße Verlautbarung beschränkt, sondern allgemein bekannt ist, dass die in den Massenmedien verbreiteten Tatsachen auch der Wahrheit entsprechen.

Selbst wenn Ihnen die Länderfeststellungen nicht persönlich übersetzt wurden und somit das Parteiengehör verletzt wurde, so wird dieser Umstand nach ständiger Rechtsprechung der Höchstgerichte dadurch geheilt, dass im Bescheid die Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens dargelegt werden und Sie die Möglichkeit haben in Ihrer Beschwerde dazu Stellung zu nehmen (Thienel, Verwaltungsverfahrensrecht, 3. Auflage, S. 175; mit Nachweisen zu entsprechender höchstgerichtlicher Judikatur)."

Zu Spruchpunkt III. wurde erwogen, dass der BF zwar schon Anstrengungen zur Integration in Österreich unternommen habe, er jedoch den Großteil seines Lebens in Afghanistan verbracht habe, wo seine Angehörigen nachwievor leben würden und er sich demgegenüber erst seit knapp zwei Jahren in Österreich aufhalte. Trotz seiner Integrationsbemühungen sei kein unverhältnismäßiger Eingriff in das Recht auf Achtung des Privatlebens gegeben und überwiege das Interesse der Öffentlichkeit an einem geordneten Fremdenwesen die privaten Interessen des Beschwerdeführers.

3. Gegen diesen Bescheid wurde fristgerecht Beschwerde erhoben und in dieser neuerlich ausgeführt, dass der BF sich in seinem Dorf in ein Mädchen verliebt habe und habe er zu ihr eine sehr intime Beziehung gehabt und hätten die beiden heiraten wollen. Sie hätten sich heimlich getroffen und Geschlechtsverkehr miteinander gehabt, woraufhin das Mädchen schwanger geworden sei. Die Eltern des Beschwerdeführers seien gegen diese Eheschließung gewesen. Sie habe sodann gegenüber ihrer Familie den Vater des Kindes preisgegeben und hätte die Familie des Mädchens ihn sodann zur Ehe zwingen wollen. Die Eltern des Beschwerdeführers hätten ihn hierauf aus dem Haus geworfen, da er Schande über die Familie gebracht habe. Er habe sich bei seinem Onkel versteckt, war jedoch kurze Zeit darauf vom Vater des Mädchens gefunden und mit einer Waffe bedroht worden sei. Im Dezember 2016 habe ihm seine Mutter telefonisch mitgeteilt, dass der Vater aufgrund eines Herzinfarktes verstorben sei, seine Verlobte eine Totgeburt erlitten habe und sie darüber hinaus verschwunden sei. Weiters habe ihm die Mutter mitgeteilt, dass die Familie des Mädchens nun verstärkt nach ihm suchen würde.

Gerügt wurden mangelhafte Länderfeststellungen und würden diese im gegenständlichen Verfahren den Ansprüchen der Judikatur nicht gerecht werden; sie seien unvollständig und daher mangelhaft. Im weiteren wurde auf die seitens UNHCR erstellte Risikoprofile verwiesen, wonach ua Angehörige religiöser Minderheiten und Personen, von denen vermutet werde, dass sie gegen die Scharia verstoßen hätten, sowie auch Personen, bei denen vermutet werde, dass sie gegen islamische Grundsätze, Normen und Werte gemäß der Auslegung regierungsfeindlicher Kräfte verstoßen hätten und auch Männer und Frauen, die ein Gewicht gegen gesellschaftliche Normen verstoßen hätten, einem besonderen Risiko ausgesetzt wären. Im weiteren seien mangelnde Feststellungen zur Person des Beschwerdeführers getroffen worden: Die belangte Behörde habe den Kern des Fluchtvorbringens verkannt und damit auch eine fehlerhafte Feststellung zur Person des Beschwerdeführers getroffen. So drohe dem Beschwerdeführer - und zwar unter anderem - Verfolgung durch den Vater seiner Verlobten, doch drohe ihm auch die Verfolgung durch die staatlichen Behörden, wie auch die sonstigen privaten Akteure, die sich im Dorf des Beschwerdeführers aufhalten würden. Die Verübung einer Straftat der Ehrverletzung ziehe nach afghanischem Recht durch die Vollziehung außerehelichen Geschlechtsverkehrs gravierende strafrechtliche Sanktionen nach sich, wie im weiteren auch die Länderberichte klar darlegen würden. Auch wurde unrichtige Beweiswürdigung gerügt; insbesondere die Schlussfolgerungen der Behörde, dass die Angaben des Antragstellers nicht glaubhaft seien. Im Zentrum der Problematik stehe die Ehrverletzung des Antragstellers. Dem Beschwerdeführer drohe in seinem Herkunftsstaat Verfolgung aufgrund der Beziehung, die er eingegangen sei; sowohl dem Mann als auch der Frau würden diesfalls erhebliche strafrechtliche Sanktionen drohen. Auf die Problematik der Ehrenmorde in Afghanistan wurde des Weiteren verwiesen. Im weiteren habe es die belangte Behörde verabsäumt, die Situation der Hazara in Afghanistan, vor allem in Bezug auf die Bedrohung durch Taliban in ihrer Entscheidungsfindung zu berücksichtigen. Aus verschiedenen Berichten gehe hervor, dass vor allem schiitische Hazara ständigen Übergriffen ausgesetzt seien. Eine innerstaatliche Fluchtalternative stehe dem Antragsteller nicht offen.

4. Mit Schriftsatz vom 29.03.2018 verwies der Antragsteller - nunmehr rechtsfreundlich vertreten - darauf, dass sich in den letzten Monaten die Hinweise dafür deutlich verdichtet hätten, dass für jede Person eine Rückkehr nach Afghanistan eine ernsthafte Bedrohung des Lebens und der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen des innerstaatlichen Konfliktes im Sinne der Rechtsprechung des VwGH und des EuGH mit sich bringen würde.

In diesem Zusammenhang wurde auf einen Entschließungsantrag des Europäischen Parlaments vom 11.12.2017 verwiesen, wonach aufgefordert werde, Abschiebungen nach Afghanistan einzustellen. Im Weiteren sei darauf verwiesen, dass die afghanische Staatsspitze nunmehr in Verhandlungen mit den Taliban eintrete. Gemäß einem Bericht von ARD vom 06.03.2018 über den "Perspektiven Bericht" der deutschen Bundesregierung zum deutschen Engagement in Afghanistan stellte sich die Bundesregierung auf ein langfristiges Engagement in Afghanistan ein. Gezeichnet werde ein düsteres Bild von der Lage im Lande: Unzureichende Effektivität der staatlichen Verwaltung, verstärkte Angriffe der Taliban sowie von IS-Gruppen sowie Korruption, Armut Arbeitslosigkeit, Flucht und Migration. Gemäß der Einschätzung der deutschen Bundesregierung habe die afghanische Regierung über 40 % des Landes die Kontrolle verloren. Aufgrund der aktuellen Berichtslage müsse gefolgert werden, dass nunmehr ganz in Afghanistan eine prekäre Sicherheitslage herrsche sowie sei auch eine deutlich ungünstigere Prognose als noch vor einem Jahr zu erstellen. Mittlerweile muss vielmehr davon ausgegangen werden, dass der den bewaffneten Konflikt kennzeichnende Grad willkürlicher Gewalt ein so hohes Niveau erreicht hat, das stichhaltige Gründe für die Annahme bestehen, eine Zivilperson liefe bei einer Rückkehr in das betreffende Land oder gegebenenfalls die betreffende Region allein durch ihre Anwesenheit im Gebiet dieses Landes oder dieser Region Gefahr, einer ernsthaften Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit ausgesetzt zu sein auch die größeren Städte Afghanistan sein nunmehr längst Ziel der Gewalt der Taliban geworden.

5. Mit Schriftsatz vom 27.04.2018 ergänzte der Beschwerdeführer seine Beschwerde und führte aus, die allgemeine Situation in Afghanistan habe sich in den letzten Monaten maßgeblich und auf eine Weise verändert, die in den bisher behandelten Unterlagen nicht abgebildet sei. Der Antragsteller wäre im Fall seiner Rückkehr nach Afghanistan aufgrund von in seiner Person gelegenen, schon im bisherigen Verfahren vorgebrachten Umstände, insbesondere aber auch wegen seiner durch langjährige Abwesenheit von Afghanistan bedingten Unkenntnis der aktuellen Gegebenheiten und Umstände, die ihm wirksame Schutzmaßnahmen unmöglich machen würden, unter anderem der ernsthaften Bedrohung seines Lebens und seiner Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen des innerstaatlichen Konflikts ausgesetzt.

Zum Beweis dafür verwies der Antragsteller auf das "Gutachten" einer namhaft gemachten deutschen Expertin vom 28.03.2018. Das "Gutachten" enthalte eine umfassende Darstellung der Sicherheitslage in Afghanistan mit besonderem Augenmerk auf die wesentlichen Akteure des Konflikts. Dabei seien Quellen bis in den März 2018 ausgewertet worden. Die Frage nach einer in Afghanistan anwesenden Person werde dahingehend beantwortet, dass die Gefahr, allein aufgrund der Anwesenheit in Afghanistan einen ernsthaften Schaden hinsichtlich des Lebens oder der körperlichen Unversehrtheit zu erleiden. Im gesamten Staatsgebiet bestehe das Gesamtniveau der Gewalt und bestehe aus einer Kombination von Gewaltformen, die grundsätzlich landesweit drohen würden. Eine Bedrohung sei besonders für Personen anzunehmen, die nach längerer Abwesenheit aus dem Ausland nach Afghanistan zurückkehren würden, welche die aktuellen örtlichen Gegebenheiten nicht kennen würden, wie etwa welcher Teil des Landesabschnitts oder einer Stadt gerade von welcher Gruppierung beherrscht werde, welche Verkehrswege vergleichsweise sicher sein und auf welche Signale zu achten sei und das Risiko, Opfer willkürlicher Gewalt zu werden zu reduzieren.

Im Weiteren wurde auf ergänzende Beweisquellen in Form einer Entscheidung des französischen Asylgerichtshofs vom 09.03.2018 verwiesen und beziehe sich dieser auf die Feststellungen zur Sicherheitslage in aktuellen Berichten von UNAMA und EASO. Auch etwa der Bericht der Süddeutschen Zeitung vom 20.04.2018 mache mehrere Entwicklungen deutlich: Sodass es auch innerhalb von Kabul laufend zu willkürlichen Gewalthandlungen dritter Personen komme sowie dass der anhaltende Bürgerkrieg allein im Jahr 2017 mehr als 10 000 Opfer gefordert habe.

Insgesamt müsse der daraus geschlossen werden, dass sich die Lage hinsichtlich des Gewaltniveau verschlechtert hätte und habe sich derart den bewaffneten Konflikt kennzeichnende Grad willkürlicher Gewalt ein so hohes Niveau erreicht, das stichhaltige Gründe für die Annahme bestehen, dass auch Zivilpersonen gefahren laufen eine Rückkehr des betreffende Land oder gegebenenfalls die betreffende Region allein durch die Anwesenheit im Gebiet Afghanistans einer ernsthaften Bedrohung des Lebens oder Unversehrtheit ausgesetzt zu sein.

6. Am 04.05.2018 fand vor dem Bundesverwaltungsgericht eine öffentliche mündliche Verhandlung statt, in welcher ein Konvolut von Unterlagen betreffend die Integration des BF vorgelegt und der Beschwerdeführer zu seinem Fluchtgrund sowie zu seinen Lebensumständen in Österreich und in Afghanistan befragt wurde.

Das Beschwerderechtsgespräch stellt sich wie nachstehend dar:

RI: Wo sind Sie geboren und aufgewachsen?

BF: In Afghanistan in der Stadt XXXX.

RI: Über welche Schulbildung verfügen Sie?

BF: Elf Jahre Schulbildung.

RI: Können Sie das genauer darlegen?

BF: Ich besuchte die Grundschule vom Jahr 2001 bis 2008 und das Gymnasium von 2008 bis 2014. Also, wenn man das insgesamt rechnet, besuchte ich die Schule insgesamt elf Jahre lang.

RI: Aufgrund anderslautender Angaben bei der Ersteinvernahme, ersuche ich Sie mir, dass näher zu erklären.

BF: Es tut mir leid, ich habe damals einen Fehler gemacht. Ich sprach bei meiner Erstbefragung von der Grundschule. In Wirklichkeit besuchte ich die Schule elf Jahre lang. Ich habe auch religiösen Unterricht in Koran erhalten.

RI: Haben Sie zuletzt gearbeitet?

BF: Ja, ich war in unserer eigenen Landwirtschaft beschäftigt.

RI: Wie war Ihre wirtschaftliche Situation?

BF: Durchschnittlich.

RI: Haben Sie Geschwister?

BF: Ja, ich habe zwei Brüder und eine Schwester.

RI: Erzählen Sie nun vorab in ein bis zwei Sätzen, warum Sie weggegangen sind.

BF: Es tut mir leid, meine Geschichte ist so, dass ich mich dafür schäme.

RI: Sie brauchen sich nicht zu schämen. Ich kenne diese Grundgeschichte aus vielen Verhandlungen. Erzählen Sie mir jetzt bitte Ihre eigene Geschichte.

BF: Ich war in der Landwirtschaft beschäftigt und ich besuchte eine Schule. In unserem Dorf lernte ich ein Mädchen kennen. Wir haben uns geliebt. Ich wollte sie heiraten. Ich habe darüber mit meinen Eltern gesprochen. Sie akzeptierten das aber nicht. Meine Eltern meinten, ich soll zunächst die Schule beenden und studieren. Erst dann soll ich heiraten. Aber wir liebten uns. Ich wurde dann mit ihr intim und das führte dann dazu, dass wir das Land verlassen haben.

RI: Wie alt waren Sie beide, als Sie einander kennenlernten?

BF: Wir kannten uns bereits seit unserer Kindheit. Sie war aus demselben Dorf.

RI: Wie alt waren Sie, als Sie das erste Mal intim wurden?

BF: An das Datum kann ich mich nicht erinnern. Ich war, glaube ich, circa 16 Jahre alt.

RI: Und das Mädchen?

BF: Sie war circa ein Jahr jünger.

RI: Wann war das etwa?

BF: Im Jahr 2014, nach afghanischer Zeitrechnung war das 1393.

RI: Was können Sie mir über Ihre Geliebte erzählen?

BF: Das Mädchen ist nicht mit uns verwandt. Sie wohnte mit ihrer Familie im selben Dorf, wie wir.

RI: Setzen Sie fort.

BF: Es war im Frühling 1393 (=2014), als ihre Eltern nicht zu Hause waren, sie waren in einem Dorf namens XXXX, um Verwandte dort zu besuchen, daher besuchte ich meine Freundin in der Nacht bei ihr zu Hause. Wir schliefen miteinander. Circa fünf Monate später wurde meine Freundin krank. Als sie zum Arzt gebracht wurde, stellte er fest, dass sie schwanger ist. Ihre Eltern setzten das Mädchen unter Druck, sie wurde auch von ihnen geschlagen. Sie wollten von ihr wissen, von wem das Kind ist. Meine Freundin erzählte ihnen dann über mich. Ihre Familie kam dann zu uns nach Hause. Es gab einen Streit.

RI: Erzählen Sie mir nun eine gewisse Innensicht Ihrer Erlebnisse. Das, was Sie bisher geschildert haben, ist ein abstrakter Lebensablauf. Erzählen Sie mir etwas über Ihre Freundin, Ihre Beziehung und wie sich das Alles entwickelt hat.

BF: Ich war circa zehn oder elf Jahre alt, als ich mich in das Mädchen verliebte. Auch sie war in mich verliebt. Ich wollte sie auch heiraten, aber meine Eltern waren damit nicht einverstanden. Da die Sicherheitslage in Afghanistan schlecht ist, konnte ich mit ihr nicht woanders hingehen, deshalb wurden wir dann intim.

RI: Erzählen Sie mir über gemeinsame Aktivitäten.

BF: Gesehen haben wir uns in unserem Dorf. Eines Nachts, als ihre Eltern in einem anderen Dorf waren, um Verwandte zu besuchen, besuchte ich meine Freundin bei ihr zu Hause. Mit ihrem Einverständnis schliefen wir miteinander.

RI: Was können Sie mir grundsätzlich über Ihre Freundin erzählen?

BF: Das Mädchen hatte fünf Brüder und eine Schwester. Sie war das älteste Kind in der Familie. Als ich meine Mutter im Jahr 2016 telefonisch kontaktierte, erzählte sie mir, dass meine Freundin, als sie im siebten Monat schwanger war, eine Fehlgeburt hatte. Das Kind war bereits tot. Meine Mutter erzählte auch, dass das Mädchen nicht mehr im Dorf ist. Ob ihre Eltern sie woanders hingebracht haben oder sie getötet haben, wisse sie nicht.

RI: Können Sie mir nicht irgendetwas Persönliches oder über Ihre eingegangene Beziehung erzählen?

BF: Meine Freundin heißt XXXX. Ihr Vater heißt XXXX.

RI wiederholt die Frage.

BF: Wie zuvor erzählt, war sie aus demselben Dorf. Wir kannten uns bereits seit der Kindheit. Erst als ich zehn oder elf Jahre alt war, habe ich ihr gesagt, dass ich sie liebe. Auch sie liebte mich. Ich konnte sie vor meinen Eltern nicht treffen. Daher gingen wir weit weg, um einander zu treffen.

RI: An welcher Krankheit hat Ihre Freundin damals gelitten?

BF: Sie hatte Kopfschmerzen und Bauchschmerzen, daher wurde sie zum Arzt gebracht.

RI: Wie haben Sie davon erfahren?

BF: Sie hat mir das selbst gesagt. Wir haben uns gesehen.

RI: Erzählen Sie darüber.

BF: Als wir uns getroffen haben, sagte sie mir, dass sie Kopf- und Bauchschmerzen hat, dann wurde sie zum Arzt gefragt. Er stellte dann die Schwangerschaft fest.

RI: Also woher wussten Sie, dass Ihre Freundin zum Arzt gebracht worden war?

BF: Wie gesagt, wir wohnten im selben Dorf. Ich konnte sie aber nicht zum Arzt bringen. Sie sagte, dass sie zum Arzt gehen wird. Als sie dann von ihren Eltern dorthin gebracht wurde, habe ich erst danach erfahren.

RI: Sie haben vor der Erstbehörde angegeben, Ihre Eltern seien gegen diese Verbindung gewesen, das sie sehr religiös seien. Heute haben Sie einen anderen Grund genannt. Können Sie das erklären?

BF: Beide Gründe sind richtig. Ich habe deshalb erwähnt, dass meine Eltern religiös sind, weil ich mit diesem Mädchen "XXXX" (gemeint XXXX) gemacht habe. Meine Eltern haben mich deshalb hinausgeschmissen.

RI: Wie ist es dann insgesamt weitergegangen? Erzählen Sie über die weiteren Interaktionen.

BF: Nachdem ihre Eltern erfuhren, dass das Kind von mir ist, sind sie mit meiner Freundin zu uns nach Hause gekommen. Es gab einen riesen Streit. Sie zerstörten die Fensterscheiben. Es sind dann auch andere Dorfbewohner zu uns gekommen und sorgten dafür, dass sie wieder nach Hause gehen. Nachdem sie weg waren, hat mich mein Vater viel geschlagen. Er hat mich auch mit heißem Wasser verbrannt. Die Narben sind auch noch heute sichtbar.

RI: Wie haben Sie sich nach dem Streit mit Ihrem Vater verhalten?

BF: Ich bin dann zu meinem Onkel väterlicherseits gegangen. Sie wussten von dem Vorfall nicht. Circa eine Woche später kam mein Cousin und fragte mich, was ich getan habe, dass bewaffnete Leute zum Haus des Onkels kommen und nach mir fragen. Ich wurde sehr nervös und lief weg. Dabei stieß meine Schulter gegen den Türrahmen. Es hat sehr wehgetan. Ich habe heute noch Schmerzen.

RI: Haben Sie dann unmittelbar das Land verlassen?

BF: Ja.

RI: Wohin sind Sie gegangen?

BF: Als ich vom Haus meines Onkels weglief, wurde dreimal nach mir geschossen. Sie wollten, dass ich stehenbleibe, ich tat es aber nicht. Ich lief in den Wald. Die Nacht verbrachte ich in einem Verließ. Am nächsten Tag fuhr ich Richtung Ghazni und dann weiter in den Iran.

RI: Wie lange nach dem Weggang aus dem Heimatdorf haben Sie sich noch in Afghanistan aufgehalten?

BF: Circa eine Woche.

RI: Hatten Sie Geld bei sich?

BF: Nein. Ich hatte nur 300 Afghani in meiner Hosentasche eingesteckt. Mit diesem Geld bin ich dann nach Ghazni gefahren.

RI: Wovon haben Sie in dieser einen Woche gelebt?

BF: In Ghazni lernte ich in einem Hotel einen Schlepper kennen. Ich habe ihn gebeten, mich in den Iran zu bringen. Ich versprach ihm, dass ich dort arbeiten werde und ihn bezahlen würde. Er gab mir auch seine Telefonnummer. Ich blieb zwei Nächte in Ghazni und drei Nächte in XXXX. Diese Kosten wurden auch vom Schlepper übernommen.

RI: Wieviel hat die Schleppung in den Iran gekostet?

BF: Die Schlepper verlangen dafür 1,8 Millionen iranische Toman.

RI: Wie viel ist das in Dollar oder in Euro ungefähr?

BF: Das weiß ich nicht.

RI: Wieviel hat Ihre Reisebewegung vom Iran nach Österreich gekostet?

BF: 4.000 bis 5.000 Euro.

Die Verhandlung wird um 10:08 Uhr für eine kurze Pause unterbrochen.

Die Verhandlung wird um 10:21 Uhr fortgesetzt.

RI: Erzählen Sie mir von Ihrem Aufenthalt im Iran. Waren Sie dort verfolgt?

BF: Nein, im Iran hatte ich diesbezüglich keine Probleme. Dort kannte mich auch niemand. Mit Bekannten hatte ich keinen Kontakt. Ich habe ein Jahr lang in einer Steinbruchfirma gearbeitet. Ich habe dort auch geschlafen, da ich im Iran keine Dokumente hatte, konnte ich mich auch nicht frei bewegen.

RI: Wieviel haben Sie ungefähr monatlich verdient?

BF: 1,5 Million Toman monatlich. Wenn ich Überstunden machte, verdiente ich mehr.

RI: Wie viel ist das ungefähr in Euro?

BF: Das weiß ich nicht.

RI: In welcher Form haben Sie die Schleppung nach Österreich bezahlt?

BF: Ich habe den Schlepper nicht persönlich getroffen, sondern ich telefonierte nur mit ihm. Ich habe das Geld für die Schleppung meinem Vorarbeiter gegeben, dieser hat dann das Geld auf das Konto des Schleppers überwiesen.

RI: Wieviel Geld haben Sie dem Vorarbeiter gegeben?

BF: Circa 12 Millionen Toman.

RI: Wie kommen Sie konkret darauf, dass die Reisebewegung 4.000 bis 5.000 Euro gekostet hat?

BF: Das habe ich ihm ungefähr umgerechnet gesagt.

RI: Haben Sie Kontakt zu Ihrer Familie, seit Sie hier in Österreich sind?

BF: Ja, mein erster Kontakt war im Jahr 2016 mit meiner Mutter. Sie erzählte mir, dass die Familie meinetwegen viel durchgemacht hat und dass mein Vater inzwischen verstorben ist. Er hatte Atemprobleme und ist dann meinetwegen gestorben, weil er sich viele Sorgen machen musste. Sie erzählte mir auch von meiner Freundin, dass sie das Kind tot zur Welt gebracht hat und dass sie von ihren Eltern entweder umgebracht worden ist oder woanders hingebracht worden ist.

RI: Ihr Vater ist also an Atemproblemen gestorben. Habe ich das richtig verstanden?

BF: Ja, er hatte Atemprobleme, aber gestorben ist er an einem Herzinfarkt.

RI: Was würden Sie für den Fall einer theoretischen Rückkehr nach Afghanistan befürchten?

BF: Im Falle einer Rückkehr habe ich Angst vor den Eltern meiner Freundin. Von dem Mullah und den Dorfbewohnern, sie werden mich wegen dieser sexuellen Beziehung zu meiner Freundin verfolgen und steinigen. Unser Lehrer erzählte uns auch in der Schule, dass, wenn man "XXXX" macht, würde man gesteinigt werden. Dieser Lehrer hat uns auch von einem Vorfall aus einem anderen Dorf, bei dem jemand gesteinigt wurde, erzählt. Davor habe ich Angst. Außerdem bin ich ein Hazara und Schiite. Als solcher habe ich Angst von den Taliban, Daesh und die Kochis (Nomaden). Diese sind gegen Hazara und Schiiten.

RI: Glauben Sie, dass Ihnen eine Verfolgung der Familie dieses Mädchens in ganz Afghanistan drohen würde?

BF: Nein, in ganz Afghanistan nicht, aber wenn ihrer Familie eine Beschwerde über mich beim Staat oder bei der Regierung über mich gemacht hat, könnte es sein, dass ich in ganz Afghanistan festgenommen werde und wenn die Familie erfährt, dass ich von Europa zurückgekehrt bin oder in Kabul bin, werden sie mich bestimmt dort verfolgen. Wenn ich in Afghanistan leben könnte, hätte ich den gefährlichen Fluchtweg nicht auf mich genommen.

RI: Ich beziehe mich nun auf den Zeitraum Ihrer Anwesenheit in Österreich. Den vorgelegten Unterlagen entnehme ich ein hervorragendes Engagement Ihrerseits und einen hohen Integrationswillen. Möchten Sie in Ergänzung dieser Unterlagen noch etwas vortragen?

BF: Wegen meiner Schulterprobleme war ich im Iran beim Arzt. Dort wurden mir nur Schmerztabletten gegeben. Als ich nach Österreich kam, wollte ich ein Bauingenieur werden, aber, das ist wegen meiner Schulter nicht möglich. Ich erwarte vom österreichischen Staat, dass ich Asyl bekomme und hier bleiben darf. Da ich Schulter- und Rückenprobleme habe, kann ich keine schweren Arbeiten verrichten, daher möchte ich jetzt in einem Kindergarten arbeiten.

Dem BFV wird Raum geboten.

BFV: Arbeiten Sie jetzt schon im Kindergarten oder in der Kinderbetreuung?

BF: Ich besuche jeden Tag von acht bis vierzehn Uhr die Hauptschule. Danach arbeite ich bis 17 Uhr dreimal in der Woche in einem XXXX in XXXX.

BFV: Das Dorf, in dem Sie gelebt haben, wie viele Einwohner hat das ungefähr?

BF: Unser Dorfvorsteher sagte einmal, dass in unserem Dorf ungefähr 350 Menschen wohnen. Es gab in unserem Dorf ungefähr 50 Häuser.

BFV: Wenn Sie sich irgendjemanden in Afghanistan vorstellen, sagen Sie dieser Person dann normalerweise woher sie kommen?

BF: Ja, das ist gut möglich.

BFV: Ist es dann auch möglich, dass diese Personen dann Erkundigungen über Sie einholen?

BF: Nein.

BFV: Haben Sie aktuell noch Kontakt zu Ihrer Mutter?

BF: Auch im Jahr 2017 habe ich mit meiner Mutter telefoniert. Sie sagte mir, dass sie meinetwegen sehr viel durchgemacht hat und, dass ich nicht so geworden bin, wie ein Sohn sein sollte. Sie sagte auch, dass sie genug vom Leben hat, wenn sie nicht drei andere Kinder hätte, hätte sie sich umgebracht. Jedes Mal, wenn ich mit ihr rede, kann ich mich nicht mehr konzentrieren und muss ich weinen.

BFV: Würde Ihre Familie, wenn Sie nach Afghanistan zurückkehren würden, wieder bei ihnen aufnehmen?

BF: Nein.

BFV: Würde man Sie unterstützen?

BF: Wegen diesem Vorfall nicht.

BFV: Können Sie mir Ihre damalige Freundin beschreiben, so, dass ich sie mir vorstellen kann?

BF: Ich habe XXXX sehr geliebt. Wir konnten uns nicht im Dorf bzw. in der Öffentlichkeit treffen. Unser Grundstück war ungefähr eine halbe Stunde von unserem Dorf entfernt. Ich habe sie, als ich und auch sie Zeit hatte, dort getroffen. Ich kaufte ihr auch Geschenke.

BFV: Ich wollte, dass Sie mir XXXX beschreiben.

BF: Sie war sehr schön, wegen ihrer Schönheit liebte ich sie. Sie war körperlich kleiner als ich.

RI: Möchten Sie noch abschließend etwas sagen?

BF: Ich bitte Sie, mir Asyl zu gewähren. Unser Land wird jeden Tag von Terroristen, wie die Taliban und die Daesh angegriffen. Ich kann dorthin nicht mehr zurückkehren.

RI: Zur weiteren Vorgehensweise: Die Unterlagen, die vorgelegten wurden, werden nun geprüft. Allfällige weitere Dokumentation wird ins Verfahren eingeführt werden bzw. werden solche Unterlagen Ihrem Vertreter zugeleitet, um allenfalls auch Stellung beziehen zu können.

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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