TE Bvwg Erkenntnis 2019/1/24 L512 2152340-1

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Veröffentlicht am 24.01.2019
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Entscheidungsdatum

24.01.2019

Norm

AsylG 2005 §10 Abs1 Z3
AsylG 2005 §3
AsylG 2005 §3 Abs1
AsylG 2005 §57
AsylG 2005 §8 Abs1
AsylG 2005 §8 Abs2
AsylG 2005 §8 Abs3
BFA-VG §21 Abs7
BFA-VG §9
B-VG Art.133 Abs4
EMRK Art.2
EMRK Art.3
EMRK Art.8
FPG §46
FPG §50 Abs1
FPG §50 Abs2
FPG §50 Abs3
FPG §52 Abs2 Z2
FPG §52 Abs9
FPG §55 Abs2
VwGVG §24
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §28 Abs2

Spruch

L512 2152340-1/9E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Marlene JUNGWIRT als Einzelrichterin über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , StA. der islamischen Republik Pakistan, vertreten durch ARGE Rechtsberatung - Diakonie und Volkshilfe, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl, Regionaldirektion Salzburg vom XXXX , Zl. XXXX , zu Recht erkannt:

A) Die Beschwerde wird gemäß § 3 Abs. 1, § 8 Abs. 1, § 10 Abs. 1 Z 3, § 57 AsylG 2005 idgF iVm § 9 BFA-VG sowie § 52 Abs. 2 Z 2 und Abs. 9, § 46, § 55 FPG 2005 idgF als unbegründet abgewiesen.

B) Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

I.1. Der Beschwerdeführer (in weiterer Folge kurz als "BF" bezeichnet), ein Staatsangehöriger der islamischen Republik Pakistan, (in weiterer Folge "Pakistan" genannt) stellte am 26.05.2015 nach illegaler Einreise einen Antrag auf internationalen Schutz.

I.1.1. Vor den Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes brachte der BF am 27.05.2015 zusammengefasst Folgendes vor:

Der BF sei ca. XXXX Jahre alt, sein genaues Geburtsdatum sei ihm unbekannt. Er sei Schiit und Paschtune. Er habe keine Ausbildung/sei Analphabet. Zuletzt sei er Lebensmittelverkäufer gewesen.

Der BF habe seine Heimat aus Angst vor den Taliban und der Daesh-Gruppierung verlassen. Diese würden in der Region des BF Unruhe stiften und Menschen töten. Außerdem würden sie ihnen verbieten, Schulen zu besuchen. Im Falle einer Rückkehr nach Pakistan habe er Angst um sein Leben. Von staatlicher Seite habe er in der Heimat keine Sanktionen zu befürchten. Er werde weder behördlich gesucht noch bestehe ein Haftbefehl gegen den BF [Aktenseite (AS) 3 ff.]

I.1.2. Vor einer Organwalterin der belangten Behörde brachte der BF am 29.11.2016 zu seinem Fluchtgrund im Wesentlichen Folgendes vor:

Die Angaben, die er bisher im Verfahren getätigt habe, seien richtig und seien auch richtig rückübersetzt und richtig protokolliert worden.

Der BF sei in Pakistan in die Schule gegangen, als im Jahr XXXX der Krieg ausgebrochen sei. Es seien zwei Gruppen gegen die Taliban gewesen. Diese hätten XXXX und XXXX geheißen. Der Vater des BF habe diesen Gruppen monatlich 1,500.000,-- Rupien geschickt, weshalb er von den Taliban angerufen und bedroht worden sei. Die Taliban hätten dem Vater des BF gedroht, obwohl dieser in XXXX gewesen sei. Die Taliban hätten gesagt, dass sie den BF umbringen würden, weshalb ihm sein Vater die Ausreise nach XXXX ermöglicht habe. Der BF habe XXXX Jahre lang in XXXX gelebt und dort bei seinem Vater in XXXX gearbeitet, ehe er wegen seiner schiitischen Religionszugehörigkeit nach Pakistan abgeschoben worden sei. Als der BF nach Pakistan zurückgekehrt sei, habe ihm sein Vater gesagt, dass sein Leben in Gefahr sei und sie bereits von den Taliban bedroht worden wären. Deshalb habe der Vater des BF die Ausreise organisiert. Der BF habe mit staatlichen Behörden, Gerichten oder der Polizei in Pakistan nie persönlich Probleme gehabt. Aufgrund seiner Volksgruppe habe der BF keine Probleme gehabt.

Der BF erhalte staatliche Unterstützung, gehe in Österreich keiner Arbeit nach. Der BF lerne Deutsch. Er möchte die deutsche Sprache erlernen, dann einer Arbeit nachgehen und seinen Bruder nach Österreich nachholen, damit dieser hier die Schule besuchen kann. In Österreich bestehe zu keiner Person ein finanzielles oder sonstiges Abhängigkeitsverhältnis (AS 45 ff.).

I.2. Der Antrag des BF auf internationalen Schutz wurde folglich mit im Spruch genannten Bescheid der belangten Behörde gemäß § 3 Abs 1 AsylG abgewiesen und der Status eines Asylberechtigten nicht zuerkannt (Spruchpunkt I.). Gemäß § 8 Absatz 1 AsylG wurde der Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Pakistan nicht zugesprochen (Spruchpunkt II). Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG wurde nicht erteilt. Gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG wurde gegen den BF eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen und gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass eine Abschiebung nach Pakistan gemäß § 46 FPG zulässig sei (Spruchpunkt III.). Gemäß § 55 Absatz 1 bis 3 FPG wurde die Frist zur freiwilligen Ausreise mit 14 Tagen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung festgesetzt (Spruchpunkt IV.) (AS 65 ff.).

I.2.1. Im Rahmen der Beweiswürdigung erachtete die belangte Behörde das Vorbringen zu den persönlich gegen den Vater des BF gerichteten Verfolgungshandlungen bzw. Drohungen aufgrund näher dargestellter Unplausibiltäten als unglaubwürdig.

I.2.2. Zur asyl- und abschiebungsrelevanten Lage in Pakistan traf die belangte Behörde ausführliche, aktuelle Feststellungen mit nachvollziehbaren Quellenangaben.

I.2.3. Rechtlich führte die belangte Behörde aus, dass weder ein unter Art. 1 Abschnitt A Ziffer 2 der GKF noch unter § 8 Abs. 1 AsylG zu subsumierender Sachverhalt hervorkam. Es hätten sich weiters keine Hinweise auf einen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG ergeben. Zudem sei die Abschiebung zulässig, da kein Sachverhalt im Sinne des § 50 Abs 1, 2 und 3 FPG vorliege. Eine Frist für die freiwillige Ausreise bestehe in Höhe von 14 Tagen, da keine Gründe im Sinne des § 55 Abs 1a FPG vorliegen würden.

I.3. Gegen diesen Bescheid wurde mit im Akt ersichtlichen Schriftsatz innerhalb offener Frist in vollem Umfang wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit, infolge unrichtiger rechtlicher Beurteilung sowie der Verletzung von Verfahrensvorschriften, bei deren Einhaltung ein für den BF günstigerer Bescheid erzielt worden wäre, Beschwerde erhoben (AS 311 ff.).

I.4. Hinsichtlich des Verfahrensherganges im Detail wird auf den Akteninhalt verwiesen.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

II.1.1. Der Beschwerdeführer

Die Identität des BF steht fest. Der BF ist pakistanischer Staatsangehöriger und Angehöriger der Volksgruppe der Paschtunen sowie der moslemisch-schiitischen Glaubensrichtung. Er stammt aus einem Dorf in der Nähe von Parachinar im Kurram District in der Provinz Khyber Pakhtunkhwa, spricht die Sprachen Paschtu und Urdu bzw. ein bisschen Arabisch und ein bisschen Englisch und hat in Pakistan XXXX Jahre lang die Grundschule besucht, aber nicht abgeschlossen. Von XXXX war der BF legal in XXXX aufhältig und in einer XXXX tätig. Der Beschwerdeführer ist ledig und hat keine Kinder.

Der BF ist Drittstaatsangehöriger, leidet an keiner lebensbedrohenden Erkrankung, ist arbeitsfähig und in Österreich strafrechtlich unbescholten.

Der BF verfügt über bestehende familiäre Anknüpfungspunkte im Herkunftsstaat und einer - wenn auch auf niedrigerem Niveau als in Österreich - gesicherten Existenzgrundlage. In Österreich leben keine Verwandten des BF. In Pakistan leben die Mutter, ein Bruder, drei Schwestern, zwei Onkel und zwei Tanten des BF. Der Vater des BF lebt und arbeitet in XXXX , kommt aber auch nach Pakistan.

Im Mai 2015 reiste der BF illegal in das Bundesgebiet ein. Der BF ist nicht berufstätig und bezog Leistungen aus der Grundversorgung für Asylwerber.

Der BF lernt Deutsch mit einer Privatperson, verfügt über geringe Deutschkenntnisse, ist kein Mitglied in einem Verein und absolvierte keine Ausbildung in Österreich. Der BF möchte die deutsche Sprache erlernen und dann einer Arbeit nachgehen.

II.1.2. Die Lage im Herkunftsstaat Pakistan

Zur asyl- und abschiebungsrelevanten Lage in Pakistan werden folgende Feststellungen getroffen:

Politische Lage

Der Bundesstaat Pakistan besteht aus den vier Provinzen Punjab, Sindh, Baluchistan, Khyber Pakhtunkhwa (ehemals North West Frontier Province) und den "Federally Administered Tribal Areas" (FATA). Die pakistanische Verfassung bestimmt, dass die vom Parlament beschlossenen Gesetze in den FATA nur gelten, wenn dies der Präsident explizit anordnet. Daneben kontrolliert Pakistan die Gebiete von Gilgit-Baltistan (die früheren "Northern Areas") und Azad Jammu & Kashmir (AJK - "freies Kaschmir"), den auf der pakistanischen Seite der Demarkationslinie ("Line of Control") zwischen Indien und Pakistan liegenden Teil Kaschmirs. Beide Gebiete werden offiziell nicht zum pakistanischen Staatsgebiet gerechnet. Gilgit-Baltistan hat im September 2009 eine Teilautonomie erhalten. Es war bis dahin von Islamabad aus regiert worden. AJK genießt ebenfalls Autonomie, ist aber finanziell und politisch von der Regierung in Islamabad abhängig (AA 8.2015a).

Die pakistanische Bevölkerung wird vom CIA World Factbook mit Stand Juli 2015 auf über 199 Millionen geschätzt. Pakistan ist damit der siebtbevölkerungsreichste Staat der Welt (CIA 15.9.2015).

Die gesetzgebende Gewalt in Pakistan liegt beim Parlament. Das Parlament besteht aus zwei Kammern, der Nationalversammlung und dem Senat. Daneben werden in den Provinzen Pakistans Provinzversammlungen gewählt. Die Nationalversammlung umfasst 342 Abgeordnete, von denen 272 vom Volk direkt gewählt werden. 60 Sitze sind für Frauen, 10 weitere für Vertreter religiöser Minderheiten reserviert. Die Legislaturperiode dauert fünf Jahre (AA 8.2015a).

Im April 2010 wurde eine weitreichende Verfassungsreform verabschiedet, die von einem parteiübergreifenden Parlamentsausschuss seit Juni 2009 vorbereitet worden war. Ziel war es, zur Grundgestalt der unter Präsident Zulfikar A. Bhutto 1973 verabschiedeten Verfassung zurückzukehren, die nach zahlreichen Eingriffen der Militärherrscher Zia-ul Haq und Musharraf fast bis zur Unkenntlichkeit verändert worden war. Kernelemente der vorgenommenen Verfassungsänderungen sind eine Stärkung der Position des Ministerpräsidenten bei gleichzeitiger Einschränkung der Machtbefugnisse des Präsidenten, eine Stärkung des Föderalismus durch eine deutliche Ausweitung der Kompetenzen der Provinzen, eine Stärkung der Unabhängigkeit der Justiz durch ein neues Ernennungsverfahren für die obersten Richter und die Einführung zweier neuer Grundrechte: des Rechts auf Information und des Rechts auf Erziehung (AA 8.2015a).

Die Wahlbeteiligung bei den Parlamentswahlen am 11. Mai 2013 war überraschend hoch. Unter den vor den Wahllokalen Wartenden befanden sich ungewöhnlich viele junge Wähler und Frauen (NZZ 11.5.2013). Die mit der Al-Kaida verbündete TTP (Tehrik-e-Taliban Pakistan) hielt die Wahl für unislamisch und hatte für den Wahltag Selbstmordanschläge angekündigt. Die Wahl fand deshalb unter großen Sicherheitsvorkehrungen statt, mehr als 620.000 Polizisten, Paramilitärs und Soldaten waren im Einsatz (DZ 11.5.2013). Im Rahmen der Wahlen verübten die Taliban und andere Gruppen mehr als 150 Terroranschläge, bei denen ca. 170 Menschen getötet und 700 verletzt wurden (BFA 10.2014).

Im Anschluss an die Wahlen wurde eine von der Pakistan Peoples Party (PPP) geführte Regierung von der Pakistan Muslim League-N (PML-N) unter Nawaz Sharif abgelöst. Die PML-N erreichte eine absolute Mehrheit der Mandate. Zweitstärkste Partei in der Nationalversammlung wurde die ehemalige Regierungspartei PPP, dicht gefolgt von der PTI des ehemaligen Cricket-Stars Imran Khan. Die MQM (Muttahida Quami Movement), mit ihren Hochburgen in den beiden Großstädten der Provinz Sindh, Karatschi und Hyderabad, stellt die viertstärkste Fraktion im Parlament. Am 5. Juni 2013 wurde Nawaz Sharif vom Parlament zum Ministerpräsidenten gewählt. Es war das erste Mal in der Geschichte Pakistans, dass eine zivile Regierung eine volle Legislaturperiode (2008 - 2013) regieren konnte und dass der demokratische Wechsel verfassungsgemäß ablief (AA 8.2015a). Erst im Herbst 2008 war Pakistan zu demokratischen Verhältnissen zurückgekehrt, nachdem der seit 1999 regierende Militärherrscher Musharraf das Land verlassen hatte, um einem drohenden Amtsenthebungsverfahren zuvorzukommen (AA 8.4.2014).

Ebenfalls am 11. Mai 2013 fanden die Wahlen zu den vier Provinzversammlungen statt. In Punjab, der bevölkerungsreichsten Provinz (ca. 50 Prozent der Bevölkerung Pakistans), errang die PML-N mehr als zwei Drittel der Mandate. In Sindh konnte die PPP ihre Vormachtstellung verteidigen, in Khyber-Pakhtunkhwa errang die PTI die meisten Mandate und führt dort nun eine Koalitionsregierung. Die Regierung von Belutschistan wird von einem Chief Minister der belutschischen Nationalistenpartei NP geführt, die eine Koalition mit PML-N und weiteren Parteien eingegangen ist (AA 8.2015a).

Am 30. Juli 2013 wählten beide Kammern des Parlaments und Abgeordnete der Provinzparlamente mit großer Mehrheit den PML-N Politiker Mamnoon Hussain zum neuen pakistanischen Staatsoberhaupt, der am 9. September 2013 vereidigt wurde. Hussain löst Asif Ali Zardari als Staatspräsidenten ab, der als erstes Staatsoberhaupt in der Geschichte Pakistans seine Amtszeit geordnet beenden konnte. Der verfassungsmäßige Machtübergang sowohl in der Regierung als auch im Amt des Staatsoberhaupts hat die Demokratie in Pakistan erheblich gestärkt (AA 8.2015a; vgl. auch: BFA 10.2014).

Ministerpräsident Nawaz Sharif hat wirtschafts- und finanzpolitische Themen sowie die Verbesserung der Beziehungen zu den Nachbarstaaten Afghanistan und Indien zu den Schwerpunkten seiner Amtszeit erklärt. Die Regierung von Ministerpräsident Nawaz Sharif hatte sich zunächst - mandatiert durch eine Allparteienkonferenz - um eine Verständigung mit den pakistanischen Taliban auf dem Verhandlungsweg bemüht. Da sich ungeachtet der von der Regierung demonstrierten Dialogbereitschaft die schweren Terrorakte im ganzen Land fortsetzten, wurde der Dialogprozess jedoch mit Beginn der Militäroperation in Nord-Wasiristan im Juni 2014 abgebrochen (AA 8.2015a). Im Gefolge des schweren Terrorangriffs auf eine Armeeschule in Peshawar am 16.12.2014, bei dem über 150 Menschen ums Leben kamen und für den die pakistanischen Taliban die Verantwortung übernahmen, haben Regierung und Militär mit Zustimmung aller politischen Kräfte des Landes ein weitreichendes Maßnahmenpaket ("National Action Plan") zur Bekämpfung von Terror und Extremismus beschlossen. Es umfasst u.a. die Aufhebung des seit 2008 geltenden Todesstrafenmoratoriums für Terrorismus-Straftaten, die Einführung von Militärgerichten zur Aburteilung ziviler Terrorismusverdächtiger und Maßnahmen gegen Hassprediger, Terrorfinanzierung, etc. Ferner sind Ansätze erkennbar, konsequenter als bisher gegen extremistische Organisationen unterschiedlicher Couleur im ganzen Land vorzugehen und die staatliche Kontrolle über die zahlreichen Koranschulen (Madrassen) zu verstärken (AA 8.2015a; vgl. auch: BFA 9.2015).

Katastrophen

Die aufeinanderfolgenden Regierungen haben nur geringe Investitionen in die Bewältigung von Naturkatastrophen getätigt. Seit 2005 gibt es die National Disaster Management Authority (NDMA), die schnell auf Naturkatastrophen reagieren soll. Die NDMA arbeitet mit dem Militär zusammen, wenn Helikopter, Boote und Fahrzeuge benötigt werden (IRIN 3.4.2014). 2012 wurden Katastrophenmanagement-Behörden in Distrikten und Provinzen eingerichtet, doch gibt es einen Mangel an ausgebildetem Personal und finanziellen Ressourcen (TRF 9.9.2013; vgl. auch: IRIN 3.4.2014). Bei einem Erdbeben am 26.10.2015, welches in Pakistan am meisten Khyber Pakhtunkhwa, FATA, Gilgit Baltistan, Azad Jammu & Kashmir und Punjab traf, kamen mindestens 248 Menschen ums Leben. Das pakistanische Militär und Zivilbehörden entsandten mehrere Hubschrauber in die betroffenen Gebiete, um Rettungsmaßnahmen durchführen zu können (Dawn 28.10.2015). Rettungskräfte wurden auch in abgelegene bergige Gebiete entsandt, wo die Auswirkungen des Erdbebens noch unklar waren. Die NDMA berichtet, dass sie einige entlegenen Gebiete noch nicht erreicht hatten, da diese aufgrund von Erdrutschen unzugänglich wurden (BBC 27.10.2015). Die Taliban forderten ihre Kämpfer auf, die Opfer des Erdbebens zu unterstützen und gaben auch bekannt, dass sie staatliche Hilfsmaßnahmen im nördlichen Afghanistan und Pakistan nicht blockieren werden (USA Today 27.10.2015; vgl. auch: BBC 27.10.2015).

Quellen:

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AA - Auswärtiges Amt (8.4.2014): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Islamischen Republik Pakistan

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AA - Auswärtiges Amt (8.2015a): Pakistan - Innenpolitik, http://www.auswaertiges-amt.de/DE/Aussenpolitik/Laender/Laenderinfos/Pakistan/Innenpolitik_node.html, Zugriff 11.9.2015

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BBC - Afghanistan-Pakistan quake: Rescue efforts expanded, http://www.bbc.com/news/world-asia-34644125, Zugriff 29.10.2015

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BFA Staatendokumentation (10.2014): Pakistan - Challenges & Perspectives

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BFA Staatendokumentation (9.2015): Fact Finding Mission Report Pakistan,

http://www.ecoi.net/file_upload/90_1443527547_bfa-paki-ffm-report-2015-09.pdf, Zugriff 30.9.2015

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CIA - Central Intelligence Agency (15.9.2015): World Factbook, https://www.cia.gov/library/publications/the-world-factbook/geos/pk.html, Zugriff 18.9.2015

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Dawn (28.10.2015): Earthquake toll reaches 248, relief efforts continue, http://www.dawn.com/news/1215703, Zugriff 29.10.2015

-

IRIN (3.4.2014): Analysis: How effective is Pakistan's disaster authority?,

http://www.irinnews.org/report/99880/analysis-how-effective-is-pakistan-s-disaster-authority, Zugriff 28.10.2014

-

NZZ - Neue Zürcher Zeitung (11.5.2013): Hohe Wahlbeteiligung in Pakistan Anschläge fordern mindestens 24 Todesopfer, http://www.nzz.ch/aktuell/international/anschlaege-islamistischer-extremisten-auf-wahllokale-fordern-mindestens-16-todesopfer-1.18079638, Zugriff 25.11.2014

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TRF - Thomas Reuters Foundation (9.9.2013): Floods have halved Pakistan's economic growth - expert, http://www.trust.org/item/20130909134725-rm708/, Zugriff 25.11.2014

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USA Today (27.10.2015): Taliban backs relief efforts after deadly Pakistan quake,

http://www.usatoday.com/story/news/world/2015/10/27/taliban-backs-relief-efforts-after-killer-quake/74675272/, Zugriff 29.10.2015

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DZ - Die Zeit (11.5.2013): Anschläge überschatten Wahlauftakt in Pakistan,

http://www.zeit.de/politik/ausland/2013-05/pakistan-parlamentswahl-anschlag, Zugriff 25.11.2014

Sicherheitslage

Pakistan sieht sich mit Herausforderungen, wie aufständischen terroristischen Gruppen, aber auch gewalttätigen kriminellen Banden und bewaffneten politischen Parteien konfrontiert. Jedoch hat sich die allgemeine Sicherheitslage im ganzen Land verbessert (BFA 9.2015; vgl. auch: PIPS 4.1.2015). Die pakistanischen Taliban, die Lashkar-e-Jhangvi, die Belutschistan Liberation Army und andere bewaffnete Gruppen nehmen Sicherheitskräfte, Zivilisten, teilweise Mitglieder religiöser Minderheiten, Mitarbeiter von Hilfsorganisationen, Aktivisten und Journalisten ins Visier (AI 5.2013; vgl. auch: USDOS 25.6.2015). Die westlichen Grenzgebiete zu Afghanistan - Belutschistan, die FATA (Federal Administered Tribal Areas) und Khyber Pakhtunkhwa - leiden seit Jahren an Gewalt zwischen Militanten und Regierungskräften (Reuters 11.4.2013; vgl. auch: BFA 10.2014).

Im Kampf gegen die Gewalt kündigten sowohl die Bundes- als auch die provinzielle Regierung einige Maßnahmen an. Nach dem Anschlag auf eine Schule am 17. Dezember 2014 führte die Regierung die Todesstrafe wieder ein. Die Regierung genehmigte auch den 20-Punkte umfassenden National Action Plan gegen Terrorismus und veröffentlichte eine Liste von 5.400 Terrorismusverdächtigen. Nach der Implementierung dieses Plans wurden über 600 sogenannte "hardcore" Aufständische verhaftet, einschließlich 320 Anhänger der pakistanischen Taliban (SATP 2015).

Die pakistanischen Taliban hatten in einigen Regionen an der Grenze zu Afghanistan über die Jahre eigene Herrschaftsstrukturen etabliert und versucht, ihre extrem konservative Interpretation der Scharia durchzusetzen. Willkürherrschaft und Gewaltausübung der Taliban richteten sich nicht nur gegen den pakistanischen Staat und politische Gegner, sondern auch gegen dem Sufismus verbundene und andere moderate Sunniten, Schiiten und andere Minderheiten. Seit Juni 2014 ist eine groß angelegte Operation der Sicherheitskräfte in Nord-Wasiristan und den benachbarten Regionen der sogenannten Stammesgebiete (Federally Administered Tribal Areas - FATA) im Gange, die das Ziel hat, Terrorismus zu zerschlagen und die vollständige Kontrolle des Staates über die Stammesgebiete, wieder herzustellen (AA 23.7.2015).

Der Schwerpunkt der Armee liegt mehr und mehr auf der Bekämpfung der Taliban und anderer jihadistischer Gruppen (BFA 10.2014). Seit Ende April 2009, als die Armee die vorübergehende Herrschaft der Taliban über das im Norden Pakistans gelegene Swat-Tal mit einer Militäraktion beendete, haben sich die Auseinandersetzungen zwischen dem pakistanischen Militär und den pakistanischen Taliban verschärft. Von Oktober bis Dezember 2009 wurden die Taliban aus Süd-Wasiristan (FATA) vertrieben, einer Region, die von ihnen jahrelang kontrolliert worden war. 2013 lag der Schwerpunkt der Auseinandersetzungen auf dem Tirah-Tal unweit Peshawar, wo die Taliban zunächst die örtlichen Milizen und Sicherheitskräfte überrennen und die Kontrolle übernehmen konnten, bevor sie vom Militär wieder vertrieben wurden. Am 15. Juni 2014 begann eine umfassende Militäroperation in der bis dahin weitgehend von militanten und terroristischen Organisationen kontrollierten Region Nord-Wasiristan, in deren Verlauf inzwischen deren Rückzugsräume und Infrastruktur in der Region weitgehend zerstört werden konnten. Ein erheblicher Teil der Militanten und Terroristen wich jedoch vor der Militäroperation in andere Gebiete Pakistans oder über die Grenze nach Afghanistan aus, so dass der Anti-Terror-Kampf auf absehbare Zeit weiter eine große Herausforderung für das Land darstellen wird (AA 8.2015a). Weiterhin verüben die Taliban und andere militante Gruppen auch in den übrigen Teilen des Landes, insbesondere in Belutschistan, in Khyber-Pakhtunkhwa und in der Wirtschaftsmetropole Karachi, regelmäßig Anschläge. 2014 kamen laut Auswärtigem Amt bei Terroranschlägen landesweit ca. 1.750 Menschen ums Leben (AA 23.7.2015). Laut Pak Institute for Peace Studies (PIPS) dagegen führten militante nationalistisch und konfessionell motivierte Gruppen in Pakistan im Jahr 2014 1.206 Terrorattacken durch, bei welchen 1.723 Menschen ums Leben kamen. Die Anzahl der Terrorattacken im Vergleich zu 2013 sank im Jahr 2014 um 30 Prozent. In 144 sektiererischen - gegen andere muslimische Konfessionen gerichteten - Terrorakten verschiedener Gruppen wurden 255 Menschen getötet. Die Anzahl der sektiererisch motivierten Gewaltattacken sank im Jahr 2014 um 35 Prozent (PIPS 4.1.2015).

Regierungsstrategie ist es, kurz vor Militäroperationen gegen Taliban die Bevölkerung der jeweils betroffenen Agency bzw. Region zu informieren, das bedeutet die Agency wird "notified". Nach den Militäroperationen wird die Zone "denotified" und damit vom Militär als sicher für die Rückkehr erklärt und somit für die Rückkehr freigegeben. Das Militär arbeitet in diesem Prozess mit den Zivilbehörden zusammen, die zum Teil bei der Rückkehr unterstützen. Oft jedoch wurden die Regionen nicht vorher informiert, was zu massiven Vertreibungen der Menschen und zur Zerstörung der Häuser führte (BAA 6.2013; vgl. auch: BFA 10.2014).

Seit Jahren verüben die Taliban und andere terroristische Organisationen auch außerhalb von Süd-Wasiristan schwere Terroranschläge, von denen vor allem die Provinz Khyber-Pakhtunkhwa und Belutschistan, aber auch die pakistanischen Großstädte wie Karachi, Lahore und Rawalpindi betroffen sind. Die Terroranschläge zielen vor allem auf Einrichtungen des Militärs und der Polizei. Opfer sind aber auch politische Gegner der Taliban, Medienvertreter, religiöse Minderheiten, Schiiten sowie Muslime, die nicht der strikt konservativen Islam-Auslegung der Taliban folgen, wie z.B. die Sufis (AA 8.2015a).

Bei insgesamt 2.099 Vorfällen im Zusammenhang mit Gewalt (Terroranschläge, Operationen durch die Sicherheitskräfte und deren Zusammenstöße mit Militanten, ethnopolitische Gewalt, Drohnenangriffe, Gewalt zwischen den Stämmen und zwischen den Militanten, interreligiöse Zusammenstöße, religiös-kommunale Gewalt, grenzübergreifende Zusammenstöße und Zusammenstöße zwischen kriminellen Banden bzw. zwischen diesen und der Polizei) wurden 2014

5.308 Menschen getötet. Die Anzahl der Vorfälle von Gewalt sank im Jahr 2014 um 18 Prozent, jedoch stieg die Zahl der Todesopfer um 12 Prozent. Dieser Anstieg ist darauf zurück zu führen, dass viele Aufständische durch militärische Operationen getötet wurden (PIPS 4.1.2015).

Die Vorfälle der Gewalt stiegen in der Wahlzeit 2013 an (BAA 6.2013) aber im Jahr 2014 verbesserte sich die Sicherheitslage wieder. Weiters kann gesagt werden, dass sich die allgemeine Sicherheitslage in ganz Pakistan und auch in der FATA verbessert hat (BFA 9.2015). Staatliche Maßnahmen, so wie Militäroperationen in den FATA, führten in einigen kritischen Regionen zur Verbesserung der Lage. Im Swat-Tal, in Süd-Wasiristan und Nord-Wasiristan ist ein Erfolg der Militäroperationen sichtbar (BFA 9.2015). Den Drohnenangriffen der USA im Grenzgebiet zu Afghanistan fielen einige hohe Führer der Taliban zum Opfer, dies schadete besonders den strategischen Kapazitäten der Extremisten. Die Bevölkerung hat die Militanten satt. (BAA 6.2013; vgl. auch: BFA 9.2015; BFA 10.2014).

Am 15. Juni 2014 wurden Militäroperationen in Nord-Wasiristan gestartet. Über 800.000 Menschen sind aus Nord-Wasiristan geflohen (BFA 10.2014).Das Militär behauptet auch, dass sie bereits 90 Prozent der Gegend unter Kontrolle haben und dass es noch wenig Gebiete gibt, wo die Kämpfe noch andauern (BFA 9.2015). Laut dem Mediensprecher der pakistanischen Armee wurden bis zum 28. Dezember 2014 2.100 Aufständische getötet. Es wird angenommen, dass viele Führer der Aufständischen sich in andere Gebiete zurückgezogen haben (PIPS 4.1.2015).

Das pakistanische Militär führte in der FATA Anti-Terrorismus Maßnahmen und Operationen durch (USDOS 25.6.2015). 130 operative Militärschläge wurden im Jahr 2014 in den Regionen FATA, Belutschistan, Khyber Pakhtunkhwa und Karachi durchgeführt. 1.930 Menschen wurden in diesen Operationen getötet, einschließlich 1.917 Aufständische und 9 Zivilisten (PIPS 4.1.2015). Es wurden auch Maßnahmen ergriffen um die Verbindungen zwischen den Terroristen zu schwächen und Rekrutierungen durch militante Organisationen zu verhindern. Große Waffenarsenale wurden in städtischen Gebieten, wie Islamabad, Lahore und Karatschi, ausgehoben, Gang-Mitglieder und TTP-Kommandanten, die logistische Unterstützung für Militante in Stammesgebieten boten, wurden in Karatschi verhaftet, Selbstmordattentäter wurden vor der Tat verhaftet und Anschlagspläne vereitelt (USDOS 25.6.2015). Ein weiterer Weg der Bekämpfung ist die Kontrolle und Beschneidung des internationalen Geldflusses zu diesen Organisationen (BAA 6.2013).

Quellen:

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AA - Auswärtiges Amt (23.7.2015): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Islamischen Republik Pakistan

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AA - Auswärtiges Amt (8.2015a): Pakistan - Innenpolitik, http://www.auswaertiges-amt.de/DE/Aussenpolitik/Laender/Laenderinfos/Pakistan/Innenpolitik_node.html, Zugriff 11.9.2015

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AI - Amnesty International (23.5.2013): Amnesty International Report 2013 - Zur weltweiten Lage der Menschenrechte - Pakistan, http://www.ecoi.net/local_link/248024/374206_de.html, Zugriff 10.11.2015

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BAA - Bundesasylamt (6.2013): Bericht zur Fact Finding Mission Pakistan vom 8-16.3.2013 mit den Schwerpunkten Sicherheitslage, Religiöse Minderheiten Landrechte Medizinische und soziale Versorgung, Afghanische Flüchtlinge

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BFA Staatendokumentation (9.2015): Fact Finding Mission Report Pakistan,

http://www.ecoi.net/file_upload/90_1443527547_bfa-paki-ffm-report-2015-09.pdf, Zugriff 30.9.2015

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BFA Staatendokumentation (10.2014): Pakistan - Challenges & Perspectives

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PIPS - Pak Institute for Peace Studies (4.1.2015): Pakistan Security Report 2014

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Reuters (11.4.2013): Pakistan violence, http://www.trust.org/spotlight/Pakistan-violence, Zugriff 25.11.2014

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SATP-South Asia Terrorism Portal (23.2.2015): Pakistan, http://www.satp.org/satporgtp/sair/Archives/sair13/13_34.htm, Zugriff 12.11.2015

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USDOS - US Department of State (25.6.2015): Country Report on Human Rights Practices 2014- Pakistan, http://www.ecoi.net/local_link/306342/443617_de.html, Zugriff 23.9.2015

Regionale Verteilung der Gewalt

Gewalt wurde aus ganz Pakistan im Jahr 2014 gemeldet. FATA war am meisten von Gewalt geprägt mit 2.863 Todesfällen, gefolgt von Sindh mit 1.180, Belutschistan mit 653, Khyber Pakhtunkhwa mit 617, Punjab mit 180 und Gilgit Baltistan mit 3 Todesfällen (SATP 2015).

Die Gefährdung durch terroristische Anschläge seitens der pakistanischen Taliban und mit den Taliban verbundener Gruppen, insbesondere Sprengstoffanschläge und Selbstmordattentate, bleibt in Pakistan hoch. Daneben besteht weiterhin die Gefahr religiös motivierter Terroranschläge durch radikale Gruppierungen. Der regionale Schwerpunkt terroristischer Anschläge mit den meisten Opfern liegt in Khyber Pakhtunkhwa, den Stammesgebieten FATA und in Belutschistan. Die Anschläge richten sich vor allem gegen Streitkräfte, Sicherheitsdienste und Polizei sowie religiöse Stätten (AA 5.11.2015).

Laut einem lokalen Experten in Pakistan, ist Punjab, besonders der nördliche Teil dieser Provinz, das sicherste Gebiet Pakistans, gefolgt von Sindh (obwohl Teile von Karachi ziemlich gefährlich sind). An dritter Stelle liegt Khyber Pakhtunkhwa. Die unsichersten Gegenden sind Belutschistan und FATA (BFA 9.2015).

Quellen:

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AA - Auswärtiges Amt Deutschland (5.11.2015): Pakistan - Reise- und Sicherheitshinweise (Teilreisewarnung) http://www.auswaertiges-amt.de/DE/Laenderinformationen/00-SiHi/PakistanSicherh eit.html, Zugriff 29.9.2015

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BFA Staatendokumentation (9.2015): Fact Finding Mission Report Pakistan,

http://www.ecoi.net/file_upload/90_1443527547_bfa-paki-ffm-report-2015-09.pdf, Zugriff 30.9.2015

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SATP - South Asia Terrorism Portal (2015): Pakistan Assessment 2015, http://www.satp.org/satporgtp/countries/pakistan/index.htm, Zugriff 5.11.2015

Wichtige Terrorgruppen

Taliban und andere militante Organisationen in Pakistan sind in inneren Konflikten, in regionalen Kämpfen (Afghanistan, Kaschmir) und im globalen Jihad aktiv. Sie sind lose koordiniert, teilen sich aber oftmals Ressourcen und Rekruten. Verschiedene militante Gruppen haben sich zur Tehrik-e-Taliban Pakistan (TTP), den pakistanischen Taliban, im Jahr 2007 zusammengeschlossen (Reuters 11.4.2013; vgl. auch: BFA 10.2014). Die TTP ist primär für die Instabilität im Land verantwortlich. Die TTP wurde stark durch interne Krisen und die militärischen Operation in Nord-Waziristan und Khyber Agency geschwächt. Die internen Krisen hielten diese Organisation aber nicht davon ab gewaltsame Anschläge durchzuführen (PIPS 4.1.2015).

Die TTP verfügt über eine Stärke von mindestens 30.000 - 35.000 Mitgliedern (Reuters 11.4.2013; vgl. auch: SATP o.D.). Der Vertreter des PIPS erläutert, dass die TTP nicht über eine einheitliche Struktur verfügt und auch die vorhandene Struktur nicht mehr intakt ist. Jede Gruppe hat eigene Operationen. Die von der TTP ausgehende Gewalt konzentriert sich regional auf die Stammesgebiete, thematisch auf Parteien, Pro-Regierungsstämme, regierende Politiker, auf Pro-Regierungs-Älteste, Sicherheitskräfte, Moscheen, die von Sicherheitskräften aufgesucht werden oder in denen Imame oder Mullahs die Regierung unterstützen, Friedensaktivist/innen (wie Malala Yousafzai), Einrichtungen des Militärs und der Polizei, Minderheiten sowie Muslime, die nicht ihrer Scharia-Auslegung folgen. Ursprünglich waren Schiiten in den Stammesgebieten nicht Ziel der Taliban, dies hat sich geändert (BAA 6.2013). Die Anzahl der TTP-Angriffe ist im Jahr 2015 (Anm. Stand September 2015) um 70 Prozent gesunken. Dies basiert auf mehreren Gründen, sowie den Militäroperationen, die gegen die Taliban an der afghanischen Grenze durchgeführt werden und weiteren Initiativen der Regierung, Gewalt zu bekämpfen (AJ 18.9.2015). Obwohl die Zahl der Angriffe sinkt, gelingt es den Aufständischen nach wie vor, hochrangige Ziele zu treffen (Reuters 18.9.2015).

Außerhalb der TTP agieren lokale Taliban-Gruppen, die entweder mit der TTP in loser Verbindung stehen oder mit ähnlichen Zielen formiert wurden. Die meisten dieser Gruppen agieren in Khyber Pakhtunkhwa, hauptsächlich in Charsadda, Swabi, Nowshera und der Peripherie von Peschawar. Allerdings gebrauchen auch viele kriminelle Gruppen dieses Label. Die meisten dieser Gruppen sind klein und ihre Operationen sind auf ihre Umgebung begrenzt (BAA 6.2013).

Es gibt auch im Punjab sunnitische Terrorgruppen. Eine von diesen, die Lashkar-e-Jhangvi, mit dem Ziel Pakistan in ein Sunnitisches Land zu transformieren. Sie ist in viele Gruppen zersplittert, deren Taktiken und Ziele sich von einem Gebiet zum anderem unterscheiden (SATP o.D.). Sie ist eine lokal orientierte Gruppe, ihre Zielsetzung auf Schiiten richtet sich z.B. in Belutschistan vor allem gegen Hazara (BAA 6.2013; BFA 10.2014). Die Punjabi Taliban sind eine eigene, von der TTP gesonderte Gruppe, doch unterhalten sie zu dieser Verbindungen. Ihre Ziele sind hauptsächlich Sicherheitskräfte und Schiiten. Sie agieren im Punjab wie terroristische Zellen, derzeit sind sie allerdings wenig aktiv (BAA 6.2013).

Hauptakteur nationalistischer Gewalt ist die Balochistan Liberation Army. Sie ist in Belutschistan aktiv, vereinzelt auch in Karatschi und in den Stammesgebieten des angrenzenden Südpunjabs. Weitere Beispiele belutschischer Terrororganisationen sind Lashkar-e-Balochistan, die Balochistan Liberation Front und die United Baloch Army (BAA 6.2013).

Quellen:

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AJ - Aljazeera (18.9.2015): Pakistani Taliban storms airbase near Peshawar,

http://www.aljazeera.com/news/2015/09/pakistani-taliban-targets-airbase-peshawar-150918052734007.html, Zugriff 12.11.2015

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BAA - Bundesasylamt (6.2013): Bericht zur Fact Finding Mission Pakistan vom 8-16.3.2013 mit den Schwerpunkten Sicherheitslage, Religiöse Minderheiten Landrechte Medizinische und soziale Versorgung, Afghanische Flüchtlinge

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BFA Staatendokumentation (10.2014): Pakistan - Challenges & Perspectives

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PIPS - Pak Institute for Peace Studies (4.1.2015): Pakistan Security Report 2014

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Reuters (18.9.2015): Taliban gunmen kill 17 in attack on Pakistan air force base,

http://www.reuters.com/article/2015/09/18/us-pakistan-attack-idUSKCN0RI07Q20150918, Zugriff 12.11.2015

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Reuters (11.4.2013): Pakistan violence, http://www.trust.org/spotlight/Pakistan-violence, Zugriff 25.11.2014

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SATP - South Asia Terrorism Portal (o.D.): Tehreek-e-Taliban Pakistan (TTP),

http://www.satp.org/satporgtp/countries/pakistan/terroristoutfits/ttp.htm, Zugriff 5.11.2015

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SATP - South Asia Terrorism Portal (o.D.): Lashkar-e-Jhangvi, http://www.satp.org/satporgtp/countries/pakistan/terroristoutfits/Lej.htm, Zugriff 5.11.2015

Zwangsrekrutierung und Drohbriefe

Bei der Zwangsrekrutierung handelt es sich um eine Rekrutierung, die unter Androhung von Gewalt oder anderen Formen von Bedrohung durchgeführt wird. Die Interviewpartner, wie PIPS und FATA Research Centre, gaben im Rahmen der FFM 2015 an, dass sie noch nie von solchen Fällen gehört haben. Sie berichten, dass derartige Praktiken dem Ruf einer Organisation schaden würden, und dass es kontraproduktiv wär, da die Medien solche Vorfälle als Propaganda gegen die Organisationen verwenden würden, um die Kämpfer in einem schlechten Licht darzustellen. Allerdings gibt es Fälle, wo Buben und junge Männer den Organisationen wider Willen der Eltern beitreten. Auch ist es möglich von derartigen aufständischen Organisationen problemlos auszutreten ohne Angst von Verfolgung haben zu müssen. Für hochrangige Mitglieder oder Führer könnte es schwieriger sein die Organisation zu verlassen, da sie Geheimnisse und Strategien der Organisation kennen. Die Interviewpartner wissen von einigen Fällen von Personen, die die Organisation verlassen haben und jetzt in Peshawar, Quetta oder Islamabad leben (BFA 9.2015).

Auch ist es sehr unwahrscheinlich, dass ein Normalbürger (low-profile person) der unteren Mittelklasse und unteren Klasse Drohbriefe erhält. Normalerweise bekommen nur bekannte Politiker, Journalisten und Mitglieder NGOs, die sich öffentlich gegen aufständische Organisationen äußern, Drohbriefe. Wenn jedoch eine Person einen Drohbrief erhält sollte dies umgehend bei der pakistanischen Polizei gemeldet werden. Ist die Polizei allerdings nicht in der Lage die Person zu beschützen, dann kann diese Person in eine andere Stadt ziehen, um dort sicher zu sein und Arbeit zu finden (BFA 9.2015).

Quellen:

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BFA Staatendokumentation (9.2015): Fact Finding Mission Report Pakistan,

http://www.ecoi.net/file_upload/90_1443527547_bfa-paki-ffm-report-2015-09.pdf, Zugriff 30.9.2015

Regionale Problemzone FATA

Der schmale, von paschtunischen Stämmen bewohnte Streifen an der Demarkationslinie (Durand Linie) zu Afghanistan ist administrativ in den Federal Administered Tribal Areas (FATA) zusammengefasst (BAA 6.2013). Die FATA sind charakterisiert durch eine stark tribale Struktur. Es finden sich 26 Hauptstämme mit ungefähr 32 Unterstämmen. Die Bevölkerung wird auf 4,45 Millionen geschätzt mit einer Wachstumsrate von 3,76 Prozent seit 1998 (FRC 10.2015). Die FATA umfassen ca. 3 Prozent der Fläche Pakistans (AA 23.7.2015).

In den FATA operieren unterschiedliche terroristische Organisationen. Das Spektrum reicht dabei von einheimischen Aufständischen bis hin zu internationalen Terrororganisationen, welche die FATA als Ausgangspunkt ihrer Operationen verwenden. Die Organisationen kooperieren fallweise (BAA 31.1.2011). Viele Taliban flohen während des NATO-Eingriffes im Jahr 2001 in Afghanistan in die FATA, wo der pakistanische Staat lange Zeit nicht gegen sie vorging. Erst nach dem Vorrücken von Taliban Gruppen in das Swat-Tal und weitere Teile Khyber Pakhtunkhwas entstand ein Umdenken, und Regierung und Armee schritten ein. Die pakistanische Bodenoffensive und der Einsatz von US-Drohnen drängte die Führerschaft der Pakistanischen Taliban zurück. Die staatliche Kontrolle konnte in Teilen der FATA wiederhergestellt werden, jedoch ist die Sicherheitslage unbeständig, da viele Militante in andere Gebiete der FATA flohen (BAA 6.2013; vgl. auch: BFA 10.2014).

Die Lage in jeder Agency variiert und ist abhängig davon ob es laufende militärische Operationen gibt. In der Vergangenheit wurden in fast allen Agencies militärische Operationen durchgeführt. Die Sicherheitslage hat sich in der FATA aufgrund diverser militärischer Operationen verbessert. Viele Gebiete wurden von Aufständischen befreit und auch die Angriffszahlen sind gesunken. In einigen abgelegenen Gebieten, besonders in der Nähe der afghanischen Grenze gibt es noch sogenannte "Pockets" von Aufständischen. Jedoch sind die meisten dieser von dem pakistanischen Militär umrundet (BFA 9.2015).

PIPS unterteilt die FATA in Gebiete mit Taliban-Einfluss - wo eine staatliche Administration vorhanden ist, allerdings die Taliban weiterhin Netzwerke haben - und Gebiete unter Taliban Kontrolle, wo keine Administration aktiv ist. Es gibt keine Agencies mehr, in denen das gesamte Gebiet unter der vollständigen Kontrolle der Taliban ist (BAA 6.2013). Es gibt jedoch noch kleine "Pockets", wo sich die Aufständischen noch befinden (BFA 9.2015). Die Taliban haben allerdings Netzwerke und damit Einfluss in allen Agencies. Es gibt weiterhin Anschläge von Terroristen und Militärschläge (BAA 6.2013).

Die geordnete Rückführung der vertriebenen Bevölkerung in die betroffenen Regionen der Stammesgebiete, die Beseitigung der Schäden an der Infrastruktur und an privatem Eigentum ebenso wie der Wiederaufbau in den Bereichen zivile Sicherheitsorgane, Wirtschaft, Verwaltung und Justiz stellen Regierung, Behörden und Militär v

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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