Entscheidungsdatum
30.01.2019Norm
AsylG 2005 §10 Abs1 Z3Spruch
L512 2213464-1/3E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Marlene JUNGWIRT als Einzelrichterin über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , StA. der Volksrepublik XXXX alias XXXX , vertreten durch Rechtsanwalt Mag. Nikolas RAST, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl, Regionaldirektion Wien, vom XXXX , Zl. XXXX , zu Recht erkannt:
A) Die Beschwerde wird gemäß § 3 Abs. 1, § 8 Abs. 1, § 10 Abs. 1 Z 3, § 57 AsylG 2005 idgF iVm § 9 BFA-VG sowie § 52 Abs. 2 Z 2 und Abs. 9, § 46, § 55 Absatz 1a FPG 2005 idgF und § 18 Absatz 1 Ziffer 3 BFA-VG und § 53 Absatz 1 iVm Abs. 2 FPG als unbegründet abgewiesen.
B) Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
I. Verfahrensgang:
I.1. Der Beschwerdeführer (in weiterer Folge kurz als "BF" bezeichnet), ein Staatsangehöriger der Volksrepublik XXXX , (in weiterer Folge " XXXX " genannt), stellte am XXXX vor Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes einen Antrag auf internationalen Schutz.
Zuvor stellte der BF am XXXX einen Antrag auf ein Studentenvisum. Am XXXX stellte der BF einen Erstantrag als Studierender. Dem BF wurde ein Aufenthaltstitel bis zum XXXX gewährt.
Der BF reiste spätestens am XXXX legal aufgrund eines Studentenvisums in das österreichische Bundesgebiet ein. Am XXXX stellte der BF einen Verlängerungsantrag. Aufgrund eines mangelnden Studienerfolges (der BF hat im Studienjahr XXXX keine einzige Prüfung im inskribierten Masterstudium XXXX an der XXXX positiv abgeschlossen) wurde der Verlängerungsantrag des BF mit XXXX abgewiesen.
I.1.1. Vor den Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes brachte der BF am 21.01.2017 Folgendes vor:
Er sei ledig und Staatsangehöriger von XXXX . Er gehöre der islamischen Religionsgemeinschaft und der Volksgruppe der XXXX an. Zuletzt habe er als Hilfsarbeiter gearbeitet.
Zum Fluchtgrund befragt gab der BF an, er und sein Volk würden in XXXX aufgrund seiner ethnischen Herkunft und religiösen Zugehörigkeit von Buddhisten und vom Militär in XXXX massiv verfolgt werden. Mehrere Völkermorde seien an ihnen verübt worden. Als Kind würde man dort auch nicht verschont bleiben. Deshalb sei der BF mit seinen Eltern am XXXX nach XXXX geflüchtet. Am XXXX seien sie in einem Flüchtlingslager namens XXXX ( XXXX ) aufgenommen und registriert worden. In XXXX seien sie auch nicht als Willkommen angesehen worden. Immer wieder seien sie Opfer von Bengalen gewesen. Frauen würden vergewaltigt und Kinder missbraucht werden. Außerdem würde es immer wieder unangemeldete Abschiebungen seitens der bengalischen Behörde nach XXXX geben, wo ihnen der sichere Tod erwarten würde. XXXX sei der BF von Bengalen am rechten Bein schwer verletzt worden, da er sich weigerte Schutzgeld zu zahlen. Das rechte Bein des BF sei danach amputiert worden. Im XXXX sei der BF wieder von Bengalen aufgefordert worden XXXX als Schutzgeld zu bezahlen, weil diese gewusst hätten, dass er bei einem reichen Bengalen arbeitete und sein Gehalt mehrere Jahre hinweg gespart hatte. Der BF sei XXXX von den Erpressern entführt worden. Der Arbeitgeber de BF habe den BF freikaufen müssen. Dieses Geld sei von seinem Gehalt abgezogen worden. Ein elendes Leben hätten sie dort gehabt. XXXX sei der Vater des BF beim Fischen am Meer ertrunken. Seine Mutter habe den BF seit XXXX verlassen. Seitdem wisse er gar nichts von seiner Mutter. Der BF fürchte um sein Leben. Der BF werde in seiner Heimat unmenschlich behandelt. Eine Anklage gegen den BF würde es keine geben, weil er schon als Baby das Land verlassen habe.
Der BF hat eine XXXX sowie ein XXXX vorgelegt [Aktenseite (AS) 5 ff.].
I.1.2. Vor einem Organwalter des Bundeamtes für Fremdenwesen und Asyl (kurz: BFA) gab der BF in Anwesenheit eines Dolmetschers der Sprache Bengali am 09.08.2018 Folgendes an:
Er heiße XXXX , sei am XXXX , in XXXX , in der Provinz XXXX genauer im Bezirk XXXX , in der Stadt XXXX , Dorf XXXX (das ist der XXXX Name) geboren. Es gehe ihm gut. Er sei gesund, habe eine Prothese am rechten Bein, Unterschenkel. Er sei gekidnappt worden. Dabei sei ihm das Bein mit Messern verletzt worden und musste dann amputiert werden. Im Februar XXXX sei es passiert. Der BF sei am Abend gegen XXXX in XXXX oft spazieren gewesen. Eines Tages seien 4 Leute, die XXXX gesprochen hätten, gekommen. Sie hätte den BF gefragt, ob er XXXX heiße und XXXX sei. Einer davon habe XXXX geheißen. Dieser habe gesagt, er solle ins Auto steigen. Als der BF nach dem Grund fragte, hätte ihn einer von hinten gepackt und den BF auf den Boden geworfen. Dann sei dem BF auf die Beine geschlagen worden. Dann sei der BF ins Auto gezerrt worden, in einen Minibus. Man habe sich über den BF lustig gemacht, ihm einen Stofffetzen in den Mund gesteckt und sich auf ihn gesetzt. Dann sei das Auto losgefahren, ca. 20-25 Minuten, der BF habe nicht gewusst wohin. Als der BF geweint habe, habe XXXX einen Arzt holen wollen. Vom Arzt habe der BF zwei Injektionen bekommen. Danach habe der BF nichts mehr gewusst. Als der BF aufgewacht sei, sei sein Bein weg gewesen.
Er habe in den bisherigen Einvernahmen die Wahrheit gesagt (AS 69 ff.).
I.1.3. Am XXXX erschien der BF bei der XXXX mit seiner zukünftigen Ehegattin und meldete sich für eine Eheschließung an. Unter anderem erklärte der BF im Zuge einer eidesstaatlichen Erklärung, dass er nicht im Besitz eines Passes oder sonstigen amtlichen Lichtbildausweises sei und er keine Zeugen zur Feststellung seiner Identität beibringen könne (AS 205).
I.1.4. Am XXXX wurde der BF von der XXXX zum Verdacht des schweren Betruges einvernommen (AS 209).
I.1.5. Am 23.11.2018 wurde der BF neuerlich beim BFA niederschriftlich einvernommen, wobei er zusammengefasst folgende Angaben machte:
Er heiße XXXX , sei am XXXX , in XXXX , in XXXX , geboren und aufgewachsen. Er habe zuvor einen falschen Namen verwendet. Den Grund dafür habe er bereits beim Polizeiinterview gesagt. Der BF nehme sehr viele Medikamente und sei noch immer wegen seines Fußes in Behandlung. Letzte Woche hätte er eine Thrombose Operation gehabt, jedoch habe das Blutbild nicht gepasst. Sein Hauptproblem sei das Knie. Sein Reisepass befinde sich in XXXX .
Der BF gehöre der Volksgruppe der Bengalen und der islamischen Religionsgemeinschaft an. Er sei ledig. Er lebe mit seiner Freundin hier, sie würden sich seit einem Jahr kennen. Seit September würden sie zusammenleben.
Aufgrund seiner Volksgruppenzugehörigkeit oder wegen seiner Religionszugehörigkeit sei der BF in seiner Heimat nicht verfolgt worden bzw. hatte er aufgrund seiner Volksgruppe oder seines Glaubens keine Probleme.
Zum Fluchtgrund gab der BF an, er habe in Österreich zu studieren begonnen. Damals sei das Semester schon fast zu Ende gewesen. Er habe das Semester nicht richtig mitmachen können, da nur noch Prüfungstermine stattfanden. Im Sommer sei er noch gesund gewesen. Beim Baden sei sein Bein am hinteren Teil gebrochen, nachdem er ausgerutscht sei. Aufgrund des Wetters in Österreich sei sein Bein immer dünner geworden. Im zweiten Semester sei er gänzlich krank gewesen. Er habe keine Punkte erhalten. Der Antrag auf Verlängerung seines Visums sei abgelehnt worden.
Nachdem er über die Situation mit seiner Mutter sprach, habe diese gesagt, er solle auf keinen Fall zurückkommen. Die Mutter des BF sei in der Politik involviert gewesen, weswegen sie alle in Schwierigkeiten seien. Der Cousin der Mutter des BF sei XXXX , dieser sei im XXXX . Die Mutter des BF sei derzeit in XXXX bei der XXXX , eine XXXX . Es würde etliche Fotos geben und jeder der in seiner Heimat sei, würde sie erkennen. Ebenso wisse jeder, dass sein Onkel XXXX der Verwandte der Familie des BF sei. Es würde gegen XXXX etliche Strafverfahren und deswegen auch Schwierigkeiten geben. Die Awami-League sei in zwei Teilen geteilt, es würde parteiinterne Probleme geben. Die von der gegnerischen Gruppe seien der BNP zugewandt. Der Onkel des BF sei zwei Mal nacheinander XXXX gewesen, worauf er ins Gefängnis gekommen sei. Sie seien sehr eng miteinander verbunden gewesen. Man habe dem Onkel einen Jawa Fall in XXXX angehängt. Nun wohne der Onkel im XXXX XXXX Haus. Gegen alle Verwandten von Onkel XXXX seien falsche Polizeianzeigen erstattet worden. Die meisten Verwandten seien auf der Flucht und auch der Onkel des BF sei auch der Flucht. Die RAB habe keine Namen aufgelistet, würde jedoch einfach töten, sie hätten alle verdächtigt, welche dem Onkel nahestanden. Der Onkel des BF habe Probleme mit der XXXX in XXXX , gehabt. Die Mutter des BF und der BF seien bedroht worden. Der BF und sein Bruder seien in XXXX anwesend gewesen, als die Tötungsmissionen der RAB stattfanden. Der Onkel des BF habe immer wieder Drohungen erhalten. Da die Mutter des BF Angst um den BF hatte, entschied sie, dass der BF in Ausland gehen sollte. Vor einigen Tagen sei XXXX im Kreuzfeuer erschossen worden. Er sei XXXX von XXXX gewesen. Selbst vor den Augen des BF sei ein enger Freund verhaftet worden.
XXXX habe den BF, bevor er die Mutter des BF bedrohte, immer wieder mitgeteilt, dass er den BF an die Polizei verraten würde, dass er mit XXXX Jawa (Drogen) verkaufen würde. Es habe nur einen Vorfall im Jahr XXXX gegeben.
Der BF werde durch die XXXX unterstützt. Die Freundin des BF habe einen Verein namens XXXX . Sie sei XXXX und würde dem BF wegen seinem Fußes helfen. Sie habe gedacht, weil der BF Wirtschaft studiert habe, könnten sie diesen Verein gemeinsam führen. Als der BF erwischt wurde, habe er ihr die Wahrheit über seine Identität gesagt. Der BF habe bei der XXXX gearbeitet. Er habe in einem XXXX XXXX den Kindern Englisch gelernt. Der BF lerne Deutsch zu Hause (AS 219 ff.).
I.2. Der Antrag des BF auf internationalen Schutz wurde folglich mit im Spruch genannten Bescheid der belangten Behörde gemäß § 3 Abs 1 AsylG 2005 abgewiesen und der Status eines Asylberechtigten nicht zuerkannt (Spruchpunkt I.). Gem. § 8 Abs 1 AsylG wurde der Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat XXXX nicht zugesprochen (Spruchpunkt II.). Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 wurde nicht erteilt (Spruchpunkt III.). Gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG wurde gegen den BF eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen (Spruchpunkt IV.) und gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass eine Abschiebung nach XXXX gemäß § 46 FPG zulässig sei (Spruchpunkt V.). Einer Beschwerde gegen die Entscheidung über den Antrag auf internationalen Schutz wurde gemäß § 18 Absatz 1 Ziffer 2, 3, 5 BFA-VG die aufschiebende Wirkung aberkannt (Spruchpunkt VI.). Gemäß § 55 Absatz 1 FPG wurde festgestellt, dass keine Frist für die freiwillige Ausreise bestehe (Spruchpunkt VII.). Gemäß § 53 Absatz 1 iVm Absatz 2 FPG wurde gegen den BF ein auf die Dauer von 5 Jahren befristetes Einreiseverbot erlassen (Spruchpunkt VIII.). (AS 361 ff.).
I.2.1. Im Rahmen der Beweiswürdigung erachtete die belangte Behörde das Vorbringen des BF zu seinen Fluchtgründen als nicht glaubhaft.
I.2.2. Zur asyl- und abschiebungsrelevanten Lage in XXXX traf die belangte Behörde ausführliche, aktuelle Feststellungen mit nachvollziehbaren Quellenangaben.
I.2.3. Rechtlich führte die belangte Behörde aus, dass weder ein unter Art. 1 Abschnitt A Ziffer 2 der GKF noch unter § 8 Abs. 1 AsylG zu subsumierender Sachverhalt hervorkam. Es hätten sich weiters keine Hinweise auf einen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG ergeben und stelle die Rückkehrentscheidung auch keinen ungerechtfertigten Eingriff in Art. 8 EMRK (§ 10 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005) dar. Zudem sei die Abschiebung zulässig, da kein Sachverhalt im Sinne des § 50 Abs 1, 2 und 3 FPG vorliege. Einer Beschwerde gegen die Entscheidung über den Antrag auf internationalen Schutz wurde gemäß § 18 Absatz 1 Ziffer 2, 3, 5 BFA-VG die aufschiebende Wirkung aberkannt. Gemäß § 55 Abs. 1a FPG bestehe keine Frist für die freiwillige Ausreise. Gemäß § 53 Absatz 1 iVm Absatz 2 FPG wurde gegen den BF ein fünfjähriges Einreiseverbot erlassen (AS 299 ff.).
I.3. Gegen diesen Bescheid wurde mit im Akt ersichtlichen Schriftsatz innerhalb offener Frist Beschwerde erhoben (AS 465 ff.).
I.4. Hinsichtlich des Verfahrensherganges im Detail wird auf den Akteninhalt verwiesen.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
II.1.1. Der Beschwerdeführer
Beim BF handelt es sich um einen männlichen, bengalischen Staatsbürger, welcher aus XXXX XXXX , Distrikt XXXX , stammt, die Sprache Bengali spricht. Der BF gehört der Volksgruppe der Bengalen und dem moslemischen Glauben an.
Der BF ist somit Drittstaatsangehöriger.
Der BF ist ein lediger, arbeitsfähiger Mann mit bestehenden familiären Anknüpfungspunkten im Herkunftsstaat und einer - wenn auch auf niedrigerem Niveau als in Österreich - gesicherten Existenzgrundlage.
Familienangehörige des BF - wie seine Eltern und sein Bruder- leben nach wie vor im Herkunftsstaat des BF. Der BF hat zu seinen Familienangehörigen Kontakt. Der BF hat in XXXX die Schule mit Matura abgeschlossen und absolvierte in XXXX ein XXXX .
Der BF leidet an keiner lebensbedrohlichen Krankheit. Der BF hat nach einer Amputation eine Prothese am linken Bein. Langsames Gehen ist möglich, es besteht Teilimmobilität.
Der BF möchte offensichtlich sein künftiges Leben in Österreich gestalten. Der BF befindet sich seit XXXX in Österreich. Er reiste legal mit einem Studentenvisum ins österreichische Bundesgebiet ein. Bis zum XXXX war der BF aufgrund einer Aufenthaltsbewilligung mit dem Zweck "Studierende" legal in Österreich. Zwischen der Abweisung des Verlängerungsantrages und der Asylantragstellung war der BF illegal in Österreich. Seither verfügt über ein Aufenthaltsrecht nach dem AsylG.
Der BF hat in Österreich das Masterstudium XXXX begonnen, konnte jedoch keinen ausreichenden Studienerfolg nachweisen. Der BF wurde während seines Aufenthaltes in Österreich von seiner Familie finanziell unterstützt. Der BF erhielt auch Leistungen aus der Grundversorgung.
Der BF lebt mit seiner Freundin seit 25.09.2018 zusammen. Der BF kennt seine Freundin seit ca. Dezember 2017. Der BF beabsichtigte seine Freundin unter einer falschen Identität zu heiraten.
Der BF war seit 07.08.2018 als Freiwilliger für die Abteilung Kinder und Jugendliche der XXXX Wien unterstützend tätig. Der BF lernte den Kindern Englisch.
Der BF hat mehrere Deutschkurse auf A2 und B1 Niveau absolviert. Der BF hat die ÖSD Prüfung auf A2 Niveau bestanden, die auf B1 Niveau mit ausreichend bestanden. Der BF lernt Deutsch zu Hause. Der BF hat einen Werte- und Orientierungskurs absolviert.
Der BF wurde wegen des Verdachts des schweren Betrugs angezeigt.
Der BF hat am XXXX im Zuge einer eidesstaatlichen Erklärung im Rahmen einer geplanten Eheschließung falsche Angaben zu seiner Identität gemacht.
Die Identität des BF steht fest.
II.1.2. Die Lage im Herkunftsstaat XXXX
Zur asyl- und abschiebungsrelevanten Lage in XXXX werden folgende Feststellungen getroffen:
Politische Lage
XXXX ist eine Volksrepublik (People' s Republic of Bangladesh) mit einer seit 1991 wieder geltenden parlamentarischen Demokratie als Regierungsform (GIZ 5.2017).
Das Staatsoberhaupt ist der Präsident, der vom XXXX alle fünf Jahre gewählt wird, eine einmalige Wiederwahl ist möglich. Er übt Großteils zeremonielle Funktionen aus, die Macht liegt in den Händen des Premierministers als Regierungschef, der von der stärksten im XXXX vertretenen Partei nominiert und vom Präsidenten formell ernannt wird. Der Premierminister, ernennt die Regierungsmitglieder, die vom Präsidenten bestätigt werden. Nach Ende der 5-jährigen Legislaturperiode bildet der Präsident unter seiner Führung eine unabhängige "Caretaker"-Regierung, deren verfassungsmäßige Aufgabe es ist, innerhalb von 90 Tagen die Voraussetzungen für Neuwahlen zu schaffen (ÖB XXXX 12.2016; vgl. GIZ 5.2017). Zusätzlich obliegt dem Premierminister die Kontrolle der Geheimdienste, der Streitkräfte und der paramilitärischen Einheiten (GIZ 5.2017). Aktuell hat Sheikh Hasina von der Awami League (AL) das Amt der Premierministerin inne (ÖB XXXX 12.2016)
Das XXXX (National Parliament oder Jatiya Sangsad) besteht aus einer Kammer mit 300 in Einzelwahlkreisen auf fünf Jahre direkt gewählten Abgeordneten (ÖB XXXX 12.2016) mit zusätzlichen 50 Sitzen, die nur für Frauen reserviert sind (AA 14.1.2016). Das XXXX tagt nicht während der Amtszeit der "Caretaker"-Regierung. Das Mehrheitswahlrecht führt zu stabilen Mehrheiten im XXXX und hat die Herausbildung der XXXX Nationalist Party (BNP) und der Awami League (AL) als dominierende und konkurrierende Parteien begünstigt. Während die konservative BNP Verbündete bei den islamistischen Parteien wie der Jamaat-e-Islami (JI) hat, bekommt die AL traditionell Unterstützung von linken und säkularen Parteien, wie der Arbeiterpartei, der liberaldemokratischen Partei, der national-sozialen Partei Jatiyo Samajtantrik Dal und jüngst auch von der Jatiya Partei unter dem ehemaligen Militärdiktator Hossain Mohammad Ershad (ÖB XXXX 12.2016).
Das politische Leben wird seit 1991 durch die beiden größten Parteien, die "Awami League" (AL) und "Bangladesh Nationalist Party" (BNP) bestimmt. Klientelismus und Korruption sind weit verbreitet. Gewerkschaften, Studentenorganisationen, Polizei und Verwaltung sind stark politisiert und parteipolitisch durchdrungen (AA 3.2017a). AL und BNP werden quasi-dynastisch von Sheikh Hasina und Begum Khaleda Zia geführt, die das politische Vermächtnis ihrer ermordeten Männer fortführen und eine unangefochtene Machtstellung in ihrer jeweiligen Partei genießen. Sie beeinflussen den Kandidatenauswahlprozess für Partei- und Staatsämter und geben den Takt für die politischen Auseinandersetzungen vor. Die oppositionelle BNP hat aufgrund ihrer starken gesellschaftlichen Verankerung das Potential, durch Generalstreiks (Hartals) großen außerparlamentarischen Druck zu erzeugen (GIZ 5.2017). Nennenswerte parlamentarische Stärke haben in der Vergangenheit sonst nur die Jatiya Party (JP) und die JI erzielt (GIZ 5.2017).
Infolge der Dominanz der AL und der fehlenden innerparteiischen Demokratie hat de facto jedoch die exekutive Spitze das ausschließliche Sagen bei Gesetzesentwürfen. Verschärfend kommt hinzu, dass die BNP als vormals größte Oppositionspartei nach ihrem Wahlboykott am 5.1.2014 überhaupt nicht mehr im XXXX vertreten ist. Wie schon die Vorgängerregierungen, so baut auch die gegenwärtige AL-Regierung ihre Netzwerke in der Verwaltung, im Rechtswesen und im Militär aus. Auch im Regierungskabinett folgen Ernennungen und Umbesetzungen meist dem Prinzip der Patronage (GIZ 5.2017).
Bereits am 30.7.2011 hat das XXXX bei nur einer Gegenstimme, die BNP und ihre Verbündeten haben der Parlamentssitzung nicht beigewohnt, in der 15. Verfassungsänderung den Islam als Staatsreligion bestätigt, jedoch den Zusatz "Absolutes Vertrauen und der Glauben an den Allmächtigen Allah soll die Basis allen Handelns sein" aus der Verfassung gestrichen. Ungeachtet der ausgeprägten Leistungsdefizite staatlicher Institutionen, der undemokratischen innerparteilichen? Entscheidungsstrukturen und der in der letzten Dekade verstärkt gewalttätig ausgetragenen Parteienrivalität ist der Glauben an die Demokratie innerhalb der Bevölkerung ungebrochen (GIZ 5.2017; vgl. AA 3.2017a).
Am 5.1.2014 boykottierte die BNP die 10. Parlamentswahlen wodurch die AL eine verfassungsändernde Mehrheit erreichen konnte. Weitere Sitze gingen an Koalitionspartner der AL. Die sehr geringe Wahlbeteiligung von nur ca. 30% bei den Parlamentswahlen 2014 ist auf den Wahlboykott der Opposition zurückzuführen. Es gab Berichte über massive Einschüchterungsversuche wahlbereiter Bürger seitens oppositioneller Gruppen (GIZ 5.2017; vgl. AA 3.2017a). Am Wahltag wurden mindestens 21 Menschen getötet und über 130 Wahllokale in Brand gesetzt. Die Opposition reagierte bereits einen Tag nach den Wahlen mit Generalstreiks und in vielen Distrikten wurde über Attacken gegen ethnische und religiöse Minderheiten, v.a. Hindus, berichtet. Die AL versuchte mit gezielten Verhaftungen von Oppositionspolitikern den Druck auf das Regime zu schwächen (GIZ 5.2017).
Die verfassungsändernde Mehrheit im XXXX führt zu einer enormen Machtkonzentration in den Händen der AL respektive der Regierung. Mit neuen Gesetzen zu Medien, Äußerungen im Internet, Absetzung von obersten Richtern und Förderung von NGOs aus dem Ausland wird diese Konzentration noch weiter verstärkt. Die derzeitige Regierung hat es sich zum Ziel gemacht, Verbrechen des Unabhängigkeitskrieges von 1971 juristisch aufzuarbeiten. Angeklagt sind damalige Kollaborateure der pakistanischen Streitkräfte, von denen viele bis zur letzten innerparteilichen Wahl in führenden Positionen der islamistischen JI waren (AA 3.2017a). Auch die BNP ist dadurch in der Defensive (GIZ 5.2017). Die Prozesse und (häufig Todes-) Urteile öffnen alte Wunden und führen zu gewaltsamen Auseinandersetzungen zwischen säkularen und islamistischen Kräften (AA 3.2017a). Mittlerweile wurden acht Todesurteile und mehrere lebenslange Haftstrafen ausgesprochen, sechs Hinrichtungen wurden vollstreckt. Dabei hat sich innerhalb der säkularen Zivilgesellschaft mit Blick auf das Kriegsverbrechertribunal ein grundlegender Dissens entwickelt: Während die einen auf rechtstaatliche Standards pochen und die Todesstrafe ablehnen, ist für andere, v.a. aus der urbanen Protestbewegung Shabagh, jedes Urteil unterhalb der Todesstrafe inakzeptabel (GIZ 5.2017).
Bei den am 30.12.2015 in 234 Stadtbezirken durchgeführten Kommunalwahlen in XXXX ist die regierende AL als Siegerin hervorgegangen (NETZ 2.1.2016).
Quellen:
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AA - Auswärtiges Amt (14.1.2016): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Volksrepublik XXXX
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AA - Auswärtiges Amt (3.2017a): XXXX , Innenpolitik, http://www.auswaertiges-amt.de/DE/Aussenpolitik/Laender/Laenderinfos/
XXXX /Innenpolitik_node.html, Zugriff 9.6.2017
-
GIZ - Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit GmbH (5.2017): XXXX , Geschichte & Staat, https://www.liportal.de/ XXXX /geschichte-staat/#c14332, Zugriff 9.6.2017
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HRW - Human Rights Watch (12.1.2017): World Report 2017 - Bangladesh, http://www.ecoi.net/local_link/334685/476437_de.html, Zugriff 9.6.2017
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NETZ - Partnerschaft für Entwicklung und Gerechtigkeit e.V. (2.1.2016): XXXX Aktuell, http:// XXXX .org/ XXXX /aktuell/detailansicht/news/detail/News/kommunalwahlen/cHash/781fa29261a9302cfb84107680f22794.html, Zugriff 9.6.2017
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ÖB XXXX (12.2016): Asylländerbericht
Sicherheitslage
Es gibt in XXXX keine Bürgerkriegsgebiete (AA 3.2017a).
Die Opposition organisierte Proteste und Straßenblockaden, unter denen die Wirtschaft leidet. Die Regierung reagiert mit Verhaftungen und mit Einschränkungen von Grundrechten. Sie will die öffentliche Ruhe mit allen Mitteln wiederherstellen. Die internationale Gemeinschaft verurteilte die Gewalt scharf und hat die Beteiligten zum Dialog aufgerufen (GIZ 5.2017).
Extremistische Gruppen, wie Jamaat-ul-Mujahideen Bangladesh (JMB) und Ansar al-Islam, die ihre Zugehörigkeit zu Daesh und Al Qaida auf dem indischen Subkontinent (AQIS) erklärten, haben Angriffe auf Angehörige religiöser Minderheiten, Akademiker, Ausländer, Menschenrechtsaktivisten und LGBTI-Personen, sowie weitere Gruppen durchgeführt (USDOS 3.3.2017; vgl. AI 22.2.2017). Medienberichten zufolge hat die Terrororganisation IS 2016 für 39 Morde die Verantwortung übernommen, der bengalische Al-Kaida-Ableger soll sich zu acht Taten bekannt haben (GIZ 5.2017). Die Sicherheitsbehörden waren zunächst nicht bereit, angemessene Schutzmaßnahmen zu veranlassen, gewährt aber in vielen Fällen inzwischen Personenschutz (AA 14.1.2016). Darüber hinaus kommt es regelmäßig zu intra- und interreligiöser Gewalt (AA 3.2017a; vgl. AI 22.2.2017). die Polizei tötete laut eigenen Angaben mindestens 45 mutmaßliche Terroristen in Schießereien (AI 22.2.2017).
Quellen:
-
AA - Auswärtiges Amt (14.1.2016): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Volksrepublik XXXX
-
AA - Auswärtiges Amt (3.2017a): XXXX , Innenpolitik, http://www.auswaertiges-amt.de/DE/Aussenpolitik/Laender/Laenderinfos/
XXXX /Innenpolitik_node.html, Zugriff 9.6.2017
-
AI - Amnesty International (22.2.2017): Amnesty International Report 2016/17 - The State of the World's Human Rights - Bangladesh, http://www.ecoi.net/local_link/336450/479091_de.html, Zugriff 28.6.2017
-
GIZ - Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit GmbH (5.2017): XXXX , Geschichte & Staat, https://www.liportal.de/ XXXX /geschichte-staat/#c14332, Zugriff 9.6.2017
-
USDOS (3.3.2017): Country Report on Human Rights Practices 2016 - Bangladesh, http://www.ecoi.net/local_link/337142/479908_de.html, Zugriff 12.6.2017
Rechtsschutz/Justizwesen
Das Gerichtssystem besteht aus zwei Instanzen, den untergeordneten Gerichten (Magistrates, Session- und District Judges) und dem Obersten Gerichtshof. Beide verhandeln Zivil- und Strafrechtssachen. Das Rechtssystem beruht weitgehend auf dem englischen Common Law. Der Oberste Gerichtshof besteht aus zwei Abteilungen, dem High Court, der Verfassungsfragen verhandelt und als Berufungsinstanz zu den erstinstanzlichen Gerichten fungiert, sowie dem Appellate Court, dessen Entscheidungen für alle übrigen Gerichte bindend sind. Die Richter beider Abteilungen werden gemäß der Verfassung vom Präsidenten ernannt (ÖB XXXX 12.2016).
Die Gerichtsbarkeit ist überlastet und sieht sich von vielen Seiten Versuchen der Einflussnahme ausgesetzt. (AA 3.2017a). Zusätzlich behindern Korruption und ein erheblicher Verfahrensrückstand das Gerichtssystem. Gerichtsverfahren sind durch eine überlange Verfahrensdauer geprägt, was viele Angeklagten bei der Inanspruchnahme ihres Rechts auf ein faires Verfahren hindert. Weiters kommt es zu Zeugenbeeinflussung und Einschüchterung von Opfern (USDOS 3.3.2017; vgl. FH 1.2017). Straffälle gegen Mitglieder der regierenden Partei werden regelmäßig zurückgezogen (FH 1.2017). Richter des Obersten Gerichtshofs haben des Öfteren ihre Unabhängigkeit demonstriert und gegen die Regierung entschieden (ÖB XXXX 12.2016). Durch eine kürzlich erfolgte Verfassungsänderung hat nunmehr das XXXX das Recht, oberste Richter abzusetzen (AA 3.2017a).
Auf Grundlage mehrerer Gesetze ("Public Safety Act", "Law and Order Disruption Crimes Speedy Trial Act", "Women and Children Repression Prevention Act", "Special Powers Act") wurden Sondertribunale errichtet, die Fälle innerhalb eines festgesetzten Zeitrahmens erledigen müssen. Es fehlen allerdings Vorschriften für den Fall, dass sie dieser Verpflichtung nicht nachkommen. Diese "Speedy Trial" Tribunale haben Medienberichten zufolge in den vergangenen Jahren ca. 200 Personen zum Tode verurteilt (ÖB XXXX 12.2016).
Die islamische Scharia ist zwar nicht formell als Gesetz eingeführt, spielt aber insbesondere in den Bereichen des Zivilrechts (Erbschaft, Grunderwerb, Heirat und Scheidung etc.) eine große Rolle (ÖB XXXX 12.2016).
Quellen:
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AA - Auswärtiges Amt (3.2017a): XXXX , Innenpolitik, http://www.auswaertiges-amt.de/DE/Aussenpolitik/Laender/Laenderinfos/
XXXX /Innenpolitik_node.html, Zugriff 9.6.2017
-
FH - Freedom House (1.2017): Freedom in the World 2017 - Bangladesh, http://www.ecoi.net/local_link/341770/485095_de.html, Zugriff 28.6.2017
-
ÖB XXXX (12.2016): Asylländerbericht
-
USDOS (3.3.2017): Country Report on Human Rights Practices 2016 - Bangladesh, http://www.ecoi.net/local_link/337142/479908_de.html, Zugriff 12.6.2017
Sicherheitsbehörden
Die Polizei ist beim Ministerium für Inneres angesiedelt und hat das Mandat die innere Sicherheit und Recht und Ordnung aufrecht zu erhalten. Die Armee, die dem Büro des Ministerpräsidenten untersteht, ist für die äußere Sicherheit zuständig, kann aber auch für innerstaatliche Sicherheitsaufgaben herangezogen werden. Zivile Stellen hatten weiterhin effektive Kontrolle über die Streitkräfte und die Regierung verfügt über Mechanismen, Missbrauch und Korruption zu untersuchen und zu bestrafen. Diese Mechanismen werden aber nicht immer angewandt (USDOS 3.3.2017). Das Wirken der Polizei ist gekennzeichnet durch einen Mangel an Ressourcen inklusive mangelhafter Infrastruktur, Mangel an Personal, Ausbildung und Arbeitsmaterialien, Ineffizienz und Korruption (AA 14.1.2016). Die Regierung unternahm Schritte, um in der Polizei Professionalität, Disziplin, Ausbildung und Reaktionsfähigkeit zu verbessern und die Korruption zu verringern. Die Polizei hat Regeln für angemessene Gewaltausübung in ihre Grundausbildung einbezogen, um bürgernahe Polizeiarbeit umsetzen zu können (USDOS 3.3.2017).
XXXX Sicherheitskräfte haben eine lange Geschichte von willkürlichen Verhaftungen, erzwungenem Verschwinden Lassen und außergerichtlichen Tötungen (HRW 12.1.2017). Obwohl gesetzlich verboten, gibt es Hinweise auf willkürliche Festnahmen, sowie auf die willkürliche Anwendung der gesetzlich erlaubten präventiven Festnahmen gemäß den Spezialgesetzen "Special Powers Act" und "Public Safety Act". Diese erlauben die 30-tägige Inhaftierung ohne Angabe von Gründen, um Taten zu verhindern, welche die nationale Sicherheit, Verteidigung, Souveränität, öffentliche Ordnung oder auch wirtschaftliche Interessen des Landes gefährden. Nach 30 Tagen sind dem Angehaltenen die Haftgründe zu nennen, oder er muss entlassen werden. Die Praxis weicht davon ab. Die Arretierten haben keinen Anspruch auf einen Rechtsbeistand. Die davon hauptsächlich betroffenen sind Aktivisten der politischen Parteien und NGO-Vertreter, die Kritik an der Regierung üben (ÖB XXXX 12.2016). Des Weiteren gibt es Berichte von Folter und anderen Missbräuchlichen Handlungen in Polizeigewahrsam. Der "Torture and Custodial Death (Prevention) Act" von 2013 wird nur schleppend umgesetzt (AI 22.2.2017). Betroffene sehen aus Angst vor Vergeltung in der Regel davon ab, Mitglieder der Sicherheitsbehörden wegen Menschenrechtsvergehen anzuzeigen, so dass diese straflos bleiben (AA 14.1.2016).
Die Sicherheitsbehörden bestehen zum Hauptteil aus der dem Innenministerium unterstellten " XXXX Police", die ca. 116.000 Mann zählt. Zur Unterstützung der Polizei stehen weitere Einheiten zur Verfügung:
Rapid Action Bataillons (RABs): Das Rapid Action Bataillon (RAB), gegründet 2004, untersteht dem Innenministerium. Es unterhält 14 Standorte in XXXX (RAB-1 bis RAB-14) (AA 14.1.2016) mit insgesamt ca. 8.500 Mann. Ihre Aufgabe ist der Kampf gegen bewaffnete kriminelle Organisationen und die Terrorabwehr (ÖB XXXX 12.2016; vgl. AA 14.1.2016). Die gut ausgebildeten und modern ausgerüsteten RABs sind hauptsächlich in den urbanen Zentren des Landes stationiert und verfolgen eine aggressive Strategie gegen bewaffnete "Gang"-Mitglieder, was zu zahlreichen Tötungen während Schusswechseln führt. Auch im Zuge von Demonstrationen setzten die RABs neben Gummigeschossen scharfe Munition ein, was auch hier zu Todesopfern führte. Insgesamt starben seit der Gründung 2004 laut Schätzungen über 800 Personen entweder durch Schusswechsel oder in RAB-Gewahrsam, es kam jedoch bisher zu keinen Verurteilungen (ÖB XXXX 12.2016).
XXXX Ansar: Gegründet im Jahr 1948 und ebenfalls dem Innenministerium unterstellt, gibt es aktuell ca. 23.000 leichtbewaffnete Ansars, die zur Unterstützung der Polizei im ländlichen Raum eingesetzt werden und auch Zivilschutz-Aufgaben übernehmen (ÖB XXXX 12.2016).
XXXX Rifles (BDRs): Diese ca. 40.000 Mann starke paramilitärische Truppe untersteht dem Innenministerium, wird aber hauptsächlich von Armee-Offizieren geführt und dient in erster Linie dem Grenzschutz. Die BDRs sind auch für die Verhinderung von Schmuggel und Menschenhandel zuständig (ÖB XXXX 12.2016).
Village Defence Parties (VDP): Gegründet 1976, sollte es in jedem Dorf des Landes je ein männliches und weibliches "Platoon" (32 Personen) geben, die der Unterstützung der Polizei bei der Aufrechterhaltung von Ruhe und Ordnung sowie der Unterstützung der zivilen Behörden bei sozialen und wirtschaftlichen Wiederaufbauprogrammen und bei Naturkatastrophen dienen sollen. In Städten gibt es analog dazu sogenannte "Town Defence Parties" (ÖB XXXX 12.2016).
Special Branch of Police (SB) ist beauftragt, die nationale Sicherheit zu gewährleisten, erfüllt die Funktion, nachrichtendienstliche Informationen zu sammeln und ist mit der Spionageabwehr betraut. Die SB ist überall in XXXX vertreten und besitzt die Fähigkeit, innerhalb und außerhalb des Landes zu agieren (AA 14.1.2016).
Quellen:
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AA - Auswärtiges Amt (14.1.2016): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Volksrepublik XXXX
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AI - Amnesty International (22.2.2017): Amnesty International Report 2016/17 - The State of the World's Human Rights - Bangladesh, http://www.ecoi.net/local_link/336450/479091_de.html, Zugriff
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HRW - Human Rights Watch (12.1.2017): World Report 2017 - Bangladesh, http://www.ecoi.net/local_link/334685/476437_de.html, Zugriff 12.6.2017
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ÖB XXXX (12.2016): Asylländerbericht
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USDOS (3.3.2017): Country Report on Human Rights Practices 2016 - Bangladesh, http://www.ecoi.net/local_link/337142/479908_de.html, Zugriff 12.6.2017
Folter und unmenschliche Behandlung
Obwohl Folter und grausame, unmenschliche oder erniedrigende Behandlung, durch die Verfassung und Gesetze wie der "Torture and Custodial Death (Prevention) Act" von 2013, verboten sind, gibt es weiterhin Vorwürfe von Misshandlungen durch Sicherheitskräfte und Geheimdienste. Menschrechtsorganisationen berichten, dass in den ersten neun Monaten des Jahres 2016 acht Personen zu Tode gefoltert wurden (USDOS 3.3.2017; vgl. AI 22.2.2017). Zusätzlich gab es 2016 laut Bericht von Odhikar 178 Fälle von außergerichtlichen Tötungen und 90 Fälle von erzwungenem Verschwinden Lassen (FH 1.2017).
Per Gesetz ist es Richtern möglich, über Verdächtige Untersuchungshaft zu verhängen, während Befragungen ohne Beisein eines Anwalts erfolgen können. Laut Menschrechtsorganisationen fanden viele Fälle von Folter in dieser Phase statt. Aus Angst vor Vergeltungsmaßnahmen kommt es selten zu Anzeigen, und folglich Bestrafungen oder Verurteilungen der verantwortlichen Sicherheitskräfte (USDOS 3.3.2017). 2013 hat sich mit der Praxis des "kneecapping" eine neue Art der Folter entwickelt. Dabei wird den Gefangenen in die Knie geschossen. Bei den Opfern, von denen einige invalide wurden, handelt es sich um Politiker, Journalisten und einfache Verdächtige. Diese Praxis hat auch 2016 angehalten (Odhikar 2017). Seit 2013 bis 2016 gab es 25 derartige Fälle (USDOS 3.3.2017)
Um Folter in Verwahrung zu reduzieren zu bekämpfen, hat der Oberste Gerichtshof Richtlinien für Strafverfolgungspersonal und Gerichte, bzgl. medizinischer Kontrollen und Ermittlungen zu Foltervorwürfen erlassen. Der Oberste Gerichtshof forderte außerdem die Regierung auf, einige Abschnitte des Strafprozessgesetzes zu ändern, um polizeilichen Missbrauch von Bürgern zu verringern (USDOS 3.3.2017).
Quellen:
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AI - Amnesty International (22.2.2017): Amnesty International Report 2016/17 - The State of the World's Human Rights - Bangladesh, http://www.ecoi.net/local_link/336450/479091_de.html, Zugriff 28.6.2017
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FH - Freedom House (1.2017): Freedom in the World 2017 - Bangladesh, http://www.ecoi.net/local_link/341770/485095_de.html, Zugriff 28.6.2017
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Odhikar (2017): BANGLADESH - Annual Human Rights Report 2016, http://1dgy051vgyxh41o8cj16kk7s19f2.wpengine.netdna-cdn.com/wp-content/uploads/2017/01/AHRR-2016_Eng.pdf, Zugriff 12.6.2017
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USDOS (3.3.2017): Country Report on Human Rights Practices 2016 - Bangladesh, http://www.ecoi.net/local_link/337142/479908_de.html, Zugriff 12.6.2017
Korruption
Korruption ist in XXXX weit verbreitet und hat alle Teile der Gesellschaft durchdrungen (AA 14.1.2016). Auf dem Korruptionsindex von Transparency International belegte XXXX im Jahr 2016 den 145. von 176 Plätzen (TI 25.1.2017). Vor allem im Bereich der erstinstanzlichen Gerichte, der Gerichtsbediensteten, der öffentlichen Ankläger, der Magistrate und der Anwälte wird Korruption als ein weit verbreitetes Problem angesehen (ÖB XXXX 12.2016). Laut einem Bericht von Transparency International Bangladesh (TIB) vom XXXX haben 58 % der befragten Haushalte 2015 Bestechungsgeld gezahlt (USDOS 3.3.2017). Als korrupteste Behörden werden die Migrationsbehörden sowie die Rechtspflege genannt. Versicherungen, Banken und NRO genießen den besten Ruf (AA 14.1.2016).
Eine im Jahr 2013 erlassene Gesetzesänderung führte dazu, dass die Anti-Korruptions-Kommission (ACC) der Korruption verdächtigte Behördenbeschäftigte nur noch mit Zustimmung der Regierung anklagen darf. Faktisch hat die ACC in den vergangenen Jahren lediglich eine Handvoll von Regierungsvertretern angeklagt (AA 14.1.2016). Im Gegenzug wird der Regierung vorgeworfen den ACC für politisch motivierte Strafverfolgung zu nutzen (USDOS 3.3.2017). So nutzte die Regierung die ACC um gegen die oppositionelle BNP vorzugehen. Beispielsweise liefen 2016 gegen BNP Führerin Khaleda Zia Korruptionsermittlungen (FH 1.2017). Die Regierung setze auch Schritte um die weitverbreitete Polizeikorruption zu bekämpfen (USDOS 3.3.2017).
Quellen:
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AA - Auswärtiges Amt (14.1.2016): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Volksrepublik XXXX
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FH - Freedom House (1.2017): Freedom in the World 2017 - Bangladesh, http://www.ecoi.net/local_link/341770/485095_de.html, Zugriff 28.6.2017
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ÖB XXXX (12.2016): Asylländerbericht
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TI - Transparency Index (25.1.2017): Corruption Perceptions Index 2016,
https://www.transparency.org/news/feature/corruption_perceptions_index_2016, Zugriff 26.6.2017
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USDOS - US Department of State (3.3.2017): Country Report on Human Rights Practices 2016 - Bangladesh, http://www.ecoi.net/local_link/337142/479908_de.html, Zugriff 28.6.2017
Wehrdienst und Rekrutierung
XXXX verfügt über eine Berufsarmee aus 260.000 aktiven und ca. 472.000 Reservesoldaten (AA 14.1.2016). Seit seiner Unabhängigkeit hat das Land keinen verpflichtenden Wehrdienst mehr, ein solcher ist allerdings im Bedarfsfall gesetzlich vorgesehen (ÖB XXXX 12.2016). Staatsangehörige können im Alter von 16-19 Jahren einen freiwilligen Militärdienst ableisten, sofern der Abschluss der 10. Klasse nachgewiesen wird (AI 14.1.2016). Aufgrund der obligatorischen Ausbildungszeit kommen aber Unterachtzehnjährige jedoch nicht zu Kampfeinsätzen (ÖB XXXX 12.2016). Seit 2013 können auch Frauen Wehrdienst leisten. Der erste weibliche Lehrgang graduierte 2015 (AI 14.1.2016).
Es gibt eigene Straftatbestände für Meuterei und Desertion, die im Kriegsfall nach dem "Army Act 1952" mit der Todesstrafe belegt werden können (ÖB XXXX 12.2016; vgl. AA 14.1.2016).
Es gibt keine Hinweise zu Zwangsrekrutierungen (ÖB XXXX 12.2016).
Quellen:
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AA - Auswärtiges Amt (14.1.2016): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Volksrepublik XXXX
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ÖB XXXX (12.2016): Asylländerbericht
Allgemeine Menschenrechtslage
XXXX hat bisher zahlreiche UN Menschenrechtskonventionen ratifiziert, ist diesen beigetreten oder hat sie akzeptiert, u.a.:
* CAT - Convention against Torture and Other Cruel Inhuman or Degrading Treatment or Punishment (ratifiziert 5.10.1998)
* CCPR - International Covenant on Civil and Political Rights (ratifiziert 6.9.2000)
* CEDAW - Convention on the Elimination of All Forms of Discrimination against Women (ratifiziert 6.11.1984)
* CERD - International Convention on the Elimination of All Forms of Racial Discrimination (ratifiziert 11.6.1979)
* CESCR - International Covenant on Economic, Social and Cultural Rights (ratifiziert 5.10.1998)
* CMW - International Convention on the Protection of the Rights of All Migrant Workers and Members of Their Families (unterzeichnet 7.10.1998, beigetreten 24.8.2011)
* CRC - Convention on the Rights of the Child (unterzeichnet 26.1.1990, ratifiziert 3.8.1990)
* CRC-OP-AC - Optional Protocol to the Convention on the Rights of the Child on the involvement of children in armed conflict (unterzeichnet 6.9.2000, ratifiziert 6.9.2000)