TE Bvwg Erkenntnis 2019/2/14 L517 2197237-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 14.02.2019
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Entscheidungsdatum

14.02.2019

Norm

BBG §40
BBG §41
BBG §45
B-VG Art.133 Abs4

Spruch

L517 2197237-1/12E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Dr. NIEDERWIMMER als Vorsitzenden und den Richter Mag. Dr. STEININGER und den fachkundigen Laienrichter Mag. SOMMERHUBER als Beisitzer über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , gegen den Bescheid des Sozialministeriumservice, Landesstelle XXXX , vom 25.04.2018, OB:

XXXX , in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

A)

Der Beschwerde wird gemäß § 28 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG), BGBl. I Nr. 33/2013 idgF iVm § 1 Abs. 2, § 40 Abs. 1, § 41 Abs. 1 und 2, § 42 Abs 1 und 2, § 43 Abs 1, § 45 Abs. 1 bis 3, § 54 Abs 12, § 55 Abs 4, § 55 Abs. 5 Bundesbehindertengesetz (BBG), BGBl. Nr. 283/1990 idgF stattgegeben und festgestellt, dass der Gesamtgrad der Behinderung 50 v.H. beträgt.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG), BGBl. Nr. 1/1930 idgF, nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

15.09.2017 - Antrag der beschwerdeführenden Partei (bP) beim Sozialministeriumservice, Landesstelle XXXX (belangte Behörde bzw. bB) auf Ausstellung eines Behindertenpasses

12.03.2018 - Erstellung eines unfallchirurgischen Sachverständigengutachtens, GdB 30 v.H.

13.03.2018 - Parteiengehör

25.04.2018 - Bescheid der bB, Abweisung des Antrages der bP, GdB 30 v. H.

22.05.2018 - Beschwerde der bP

04.06.2018 - Beschwerdevorlage am Bundesverwaltungsgericht

03.08.2018 und 24.10.2018 - Stellungnahmen und Befundnachreichungen durch die bP

09.11.2018 - Ersuchen an den Sachverständigen um Gutachtensergänzung

11.01.2019 - Gutachtensergänzung, GdB 50 v.H.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1.0. Feststellungen (Sachverhalt):

Die bP ist österreichische Staatsangehörige und an der im Akt ersichtlichen Adresse im Bundesland XXXX wohnhaft.

Am 15.09.2017 stellte die bP unter Vorlage von Befunden einen Antrag auf Ausstellung eines Behindertenpasses.

Das daraufhin im Auftrag der bB am 12.03.2018 nach der Einschätzungsverordnung erstellte Gutachten eines Facharztes für Unfallchirurgie weist nachfolgenden Inhalt auf:

"Anamnese:

Im November 2015 HWS-Trauma mit Bandscheibeninstabilität C5/C6 und ventraler Stabilisierung, Cage-Implantation, ohne Lähmungen. Allerdings anhaltende Sensibilitätsstörung an den Fingern I - III rechts.

Im Rahmen des Unfalles Zerrungsverletzung an der rechten Schulter mit zunächst Schulterarthroskopie und sekundärer AC-Plastik.

Im August 2014 Schienbeinkopfbruch rechts mit konservativer Behandlung ohne Operationsbedarf, allerdings sekundärer arthroskopischer Glättungsoperation mehrmalig. Zustand nach Außenknöchelbruch beidseitig vor vielen Jahren mit Operation rechts und Gipsfixation links.

Zustand nach handgelenksnahem Speichenbruch links 2013 mit Gipsfixierung.

Zustand nach Lebensmittelvergiftung 2017 mit vorgesehener Magen-Darm-Spiegelung in 14 Tagen (Kontrolle).

Derzeitige Beschwerden:

Seitens der Halswirbelsäule sei er bewegungseingeschränkt, die Sensibilität an den Finger I - III rechts sei stärker gestört. Die Armkraft sei soweit normal.

Seitens des rechten Kniegelenkes tagesverfassungsabhängig wechselnde, gewisse Belastungsbeschwerden, die Bewegung sei gut, eine Instabilität würde nicht empfunden. Ab und zu habe unspezifische Beschwerden am linken Bein, welche er auf ein langes Krückengehen zurückführe, in Behandlung sei er diesbezüglich nicht.

Seitens des linken Handgelenkes habe er Belastungsbeschwerden mit einer gewissen Bewegungseinschränkung bei Belastung.

Subjektiv eingeschätzte Gangleistung: Mehrere 100 Meter.

Behandlung(en) / Medikamente / Hilfsmittel:

Behandlungen: Derzeit keine.

Medikamente: Schmerzmittel bedarfsweise.

Hilfsmittel: Keine.

Sozialanamnese:

Ledig, Arbeiter, derzeit AMS, keine Kinder.

Zusammenfassung relevanter Befunde (inkl. Datumsangabe):

Krankengeschichte der XXXX XXXX , Orthopädische Abteilung.

Untersuchungsbefund:

Allgemeinzustand:

Durchschnittlich.

Ernährungszustand:

Durchschnittlich.

Größe: 188,00 cm Gewicht: 84,00 kg Blutdruck:

Klinischer Status - Fachstatus:

Kommt gehend mit Konfektionsschuhen zur Begutachtung, stabile Schrittabfolge, kein Hinken, seitengleiche Vollbelastung. Einbeinstand seitengleich, Zehenballenstand problemlos, Fersenstand problemlos.

BECKENRING, UNTERE EXTREMITÄTEN:

Becken stabil, Geradstand, Beinachsen gerade, Beinlängen seitengleich, Muskulatur durchschnittlich, periphere Durchblutung, Sensibilität und Motorik ungestört.

Hüftgelenke äußerlich unauffällig, kein Druck- oder Bewegungsschmerz bei seitengleich freiem Bewegungsumfang, kein axialer Stauchschmerz.

KNIE RECHTS:

Orthograde Stellung, stabiler Kapselbandapparat, endlagiges Streck- und Beugedefizit, beim passiv Durchbewegen keine Schmerzprovokation, Gleitverhalten patellar unauffällig.

Das gegenseitige linke Kniegelenk bland, bei freier Beweglichkeit und stabilem Kapselbandapparat.

SPRUNGGELENKE:

Orthograde Stellung seitengleich, Bandapparat seitengleich stabil, Sprunggelenkgabel geschlossen, freies Bewegungsmuster, punktueller Druckschmerz an der vorderen Bandgrube rechts.

BEWEGLICHKEIT:

Hüfte:

S 0/0/115, F 35/0/20, R 40/0/20 - seitengleich Knie:

RECHTS: S 0/10/125, LINKS: S 0/0/135

Sprunggelenk:

S 15/0/45 - seitengleich

UMFANGMASZE:

Sprunggelenk:

27 cm - seitengleich

Größter Wadenumfang:

37 cm - seitengleich

Oberschenkel (10 cm proximal der Patella):

44 cm - seitengleich

BEINLÄNGEN:

(vorderer oberer Darmbeinstachel-Außenknöchelspitze)

Seitengleich.

WIRBELSÄULE:

HWS:

Dornfortsatzlinie orthograd, die HWS-Bewegung funktional kaum eingeschränkt, endlagige Einschränkung linksrotatorisch - R 90/0/70, Flexion/Deflexion 4 cm / 21 cm.

Die oberen Extremitäten motorisch frei, sensibel besteht ein Defizit an den Fingern I - III - 1. bis 5. Fingernerv mit Sensibilitätsdefizit, ohne kompletten Ausfall mit Kribbelsensation.

BWS/LWS:

Dornfortsatzlinie orthograd, Krümmungen physiologisch, keine Schonhaltung, keine Schmerzen beim Lagewechsel, soweit durchschnittliches Bewegungsmuster mit FKBA bei Flexion von 5 cm, Rotation seitengleich 35°.

Die unteren Extremitäten motorisch und sensibel frei, Lasegue beidseits negativ, PSR schwach bis mittellebhaft seitengleich auslösbar.

Die Dornfortsätze an der mittleren BWS/Th8, 9 punktuell etwas druckdolent, keine Wurzelzeichen.

SCHULTERGÜRTEL, OBERE EXTREMITÄTEN:

Schultergürtel symmetrisch, Armumfänge seitengleich, Fingermotorik, -durchblutung ungestört, Faustschluss beidseits kräftig.

SCHULTER RECHTS:

Zustand nach Eckgelenksoperation mit blander Narbe über dem AC-Gelenk, keine Instabilität, kein relevanter Druckschmerz, die Bewegung über Kopf endlagig eingeschränkt, keine vordere, keine hintere Instabilität.

Pseudoimpingement bei 100° beim Neer-Test.

Die gegenseitige linke Schulter frei.

Ellbogen klinisch unauffällig.

HANDGELENK LINKS:

Äußerlich unauffällig, schlanke Konfiguration, orthograde Achsenstellung. Seitengleich freies Bewegungsmuster, keine Rotationseinschränkung, bei fester Palpation subjektiv Druckschmerzhaftigkeit etwa in Höhe des Speichengriffels.

BEWEGLICHKEIT:

Handgelenk:

S 60/0/70, F 30/0/25, R 80/0/85 - seitengleich

THORAX, ABDOMEN:

Klinisch bland.

Gesamtmobilität - Gangbild:

Keine Einschränkung.

Status Psychicus:

Orientierend unauffällig.

Ergebnis der durchgeführten Begutachtung:

Bezeichnung der körperlichen, geistigen oder sinnesbedingten Funktionseinschränkungen, welche voraussichtlich länger als sechs

Monate andauern werden:

Begründung der Positionsnummer und des Rahmensatzes: 1 Zustand nach unfallbedingter Instabilität zwischen 5. und 6. Halswirbel mit operativer Versorgung, endlagige Bewegungseinschränkung, Gefühlsstörung an der rechten Hand - Finger I - III, ohne Kraftdefizit.

Auswahl der gegebenen Position mit unterem Rahmensatz bei mittelgradiger Funktionseinschränkung ohne motorische Ausfälle/Einschränkungen. Kein regelmäßiger Schmerzmittelbedarf. Pos.Nr. 02.01.02 GdB 30%

2 Zustand nach Schultergelenks-/Eckgelenkszerrung mit mehrmalig operativer Intervention.

Auswahl der gegebenen Position im Sinne einer geringgradigen einseitigen Funktionseinschränkung mit fixem Richtsatz. Pos.Nr. 02.06.01 GdB 10%

3 Endlagige Einschränkung der Kniegelenksbewegung rechts bei stabilem Kapselbandapparat.

Auswahl der gegebenen Position mit unterem Rahmensatz bei geringgradig einseitiger Funktionseinschränkung bei reizlosem Kniestatus. Pos.Nr. 02.05.18 GdB 10%

Gesamtgrad der Behinderung 30 v. H.

Begründung für den Gesamtgrad der Behinderung:

Gemäß der führenden Position lfd. Nr. 1, keine Stufenerhöhung durch die Position lfd. Nr. 2 + 3 wegen relativer Geringfügigkeit.

Folgende beantragten bzw. in den zugrunde gelegten Unterlagen diagnostizierten Gesundheitsschädigungen erreichen keinen Grad der Behinderung:

Zustand nach Außenknöchelbruch beidseits bei freier Funktion, Zustand nach handgelenksnahem Speichenbruch links bei freier Funktion.

..."

Die bP wurde mit Schreiben der bB vom 13.03.2018 vom Ergebnis der Beweisaufnahme verständigt, eine Stellungnahme ist nicht eingelangt.

Mit Bescheid der bB vom 25.04.2018 wurde der Antrag der bP unter Zugrundelegung des eingeholten Sachverständigenbeweises mit einem Grad der Behinderung von 30 v.H. abgewiesen.

In ihrer dagegen am 22.05.2018 erhobenen Beschwerde führte die bP aus, dass sie viele verschiedene, auch gravierende Verletzungen habe, die zum größten Teil auf Arbeitsunfälle zurückzuführen seien, und viele, sowie große Operationen notwendig gewesen seien, ebenso verschiedene Kur- und Reha-Aufenthalte sowie Therapien. Sie sei nach wie vor in ärztlicher Behandlung. Jede Form von Alltagsablauf, wie einfaches Gehen oder Heben von geringen Lasten, sei eine körperliche und vor allem auch schmerzhafte Herausforderung.

Die bP wies darauf hin, dass sie das Schreiben 13.03.2018 betreffend Parteiengehör nicht erhalten habe.

Nach Beschwerdevorlage am BVwG wurden von der bP Befunde vorgelegt und Stellungnahmen abgegeben, aufgrund derer das Ersuchen an den Sachverständigen erging, eine Stellungnahme dahingehend abzugeben, ob die vorgelegten Befunde sowie die Ausführungen der bP in ihrer Beschwerde und den Stellungnahmen eine Änderung der getroffenen Einschätzung bedingten.

In seiner am 11.01.2019 erfolgten Gutachtensergänzung führte der Facharzt für Unfallchirurgie aus:

"Die gegenständlich nachgereichten Befunde:

Rechtes Kniegelenk - MRT vom 30.08.2018: Fortgeschrittene Chondropathie in sämtlichen Kompartimenten (bis 4.-gradige Chondropathien), sowie

linkes Kniegelenk - MRT vom 08.10.2018: inzipiente Arthrosezeichen, deutlich degenerative Veränderungen des lateralen Meniskus, sowie

LWS - fachärztlich orthopädischer Befund Doz. Dr. XXXX vom 30.08.2018 - LWS- Röntgen: Osteochondrose und Spondylarthrose L5/S1, MRT LWS: mäßige Neuroforamenstenose L5/S1, Osteochondrose L5/S1, LWS - MRT vom 28.06.2018: breitbasige Discusprotrusion L4/L5 mit Kontakt zum Abgangsbereich der Nervenwurzel L5 beidseitig,

bedingen eine ergänzende Nachbewertung eines Behinderungsgrades wie folgt:

Position lfd. Nr. 1:

Position in den Richtsätzen: 02.01.02 / GdB: 40 %

Begründung: Auswahl der gegebenen Position mit oberem Rahmensatz bei bis mittelgradiger Funktionseinschränkung zweier Wirbelsäulenabschnitte, ohne motorische Ausfälle/Einschränkungen.

Position lfd. Nr. 2:

Einschränkung der Kniegelenksbewegung rechts bei fortgeschrittenem Gelenksverschleiß/Arthrose.

Position in den Richtsätzen: 02.05.19 / GdB: 30 %

Begründung: Auswahl der gegebenen Position bei relevantem, einseitigem Gelenksverschleiß, unter Integration einer beginnenden Abnützung des gegenseitigen Kniegelenkes, mit Verwendung eines oberen Rahmensatzes.

Position Ifd. Nr. 3:

Zustand nach Schultergelenks-/Eckgelenkszerrung mit mehrmaliger operativer Intervention.

Position in den Richtsätzen: 02.06.01 / GdB: 10 %

Begründung: Auswahl der gegebenen Position mit fixem Richtsatz bei einseitig geringgradiger Funktionseinschränkung.

Gesamtgrad der Behinderung: 50 %

Begründung: Wegen Stufensteigerung der führenden Position durch die Position lfd. Nr. 2, keine Stufensteigerung durch die Position lfd. N4. 3 wegen relativer Geringfügigkeit.

Gemäß des anlässlich der Begutachtung erhobenen klinischem Funktionsstatus sind in Abstimmung mit der subjektiv berichteten Mobilitäts-/Gangleistung weitere Zusatzeinträge nicht gerechtfertigt und liegt insbesondere keine Unzumutbarkeit einer Benützung öffentlicher Verkehrsmittel vor."

2.0. Beweiswürdigung:

2.1. Zum Verfahrensgang:

Der oben unter Punkt I. angeführte Verfahrensgang ergibt sich aus dem unzweifelhaften und unbestrittenen Akteninhalt der vorgelegten Verwaltungsakten der bB und des vorliegenden Gerichtsaktes des Bundesverwaltungsgerichtes.

Der oben unter Punkt II. festgestellte Sachverhalt beruht auf den Ergebnissen des vom erkennenden Gericht auf Grund der vorliegenden Akten durchgeführten Ermittlungsverfahrens.

Die Feststellungen zu den allgemeinen Voraussetzungen ergeben sich durch Einsicht in das zentrale Melderegister bzw. den im Akt befindlichen sonstigen relevanten Unterlagen.

2.2. Aufgrund des vorliegenden Verwaltungsaktes ist das ho. Gericht in der Lage, sich vom entscheidungsrelevanten Sachverhalt im Rahmen der freien Beweiswürdigung ein ausreichendes und abgerundetes Bild zu machen. Die freie Beweiswürdigung ist ein Denkprozess der den Regeln der Logik zu folgen hat und im Ergebnis zu einer Wahrscheinlichkeitsbeurteilung eines bestimmten historisch-empirischen Sachverhalts, also von Tatsachen, führt. Der Verwaltungsgerichtshof führt dazu präzisierend aus, dass eine Tatsache in freier Beweiswürdigung nur dann als erwiesen angenommen werden darf, wenn die Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens ausreichende und sichere Anhaltspunkte für eine derartige Schlussfolgerung liefern (VwGH 28.09.1978, Zahl 1013, 1015/76). Hauer/Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens,

5. Auflage, § 45 AVG, E 50, Seite 305, führen beispielsweise in Zitierung des Urteils des Obersten Gerichtshofs vom 29.02.1987, Zahl 13 Os 17/87, aus: "Die aus der gewissenhaften Prüfung aller für und wider vorgebrachten Beweismittel gewonnene freie Überzeugung der Tatrichter wird durch eine hypothetisch denkbare andere Geschehensvariante nicht ausgeschlossen. Muss doch dort, wo ein Beweisobjekt der Untersuchung mit den Methoden einer Naturwissenschaft oder unmittelbar einer mathematischen Zergliederung nicht zugänglich ist, dem Richter ein empirisch-historischer Beweis genügen. Im gedanklichen Bereich der Empirie vermag daher eine höchste, ja auch eine (nur) hohe Wahrscheinlichkeit die Überzeugung von der Richtigkeit der wahrscheinlichen Tatsache zu begründen, (...)". Vergleiche dazu auch VwGH vom 18.06.2014, Ra 2014/01/0032.

Nach der ständigen Judikatur des VwGH muss ein Sachverständigengutachten einen Befund und das eigentliche Gutachten im engeren Sinn enthalten. Der Befund ist die vom Sachverständigen - wenn auch unter Zuhilfenahme wissenschaftlicher Feststellungsmethoden - vorgenommene Tatsachenfeststellung. Die Schlussfolgerungen des Sachverständigen aus dem Befund, zu deren Gewinnung er seine besonderen Fachkenntnisse und Erfahrungen benötigt, bilden das Gutachten im engeren Sinn. Eine sachverständige Äußerung, die sich in der Abgabe eines Urteiles (eines Gutachtens im engeren Sinn) erschöpft, aber weder die Tatsachen, auf die sich dieses Urteil gründet, noch die Art, wie diese Tatsachen ermittelt wurden, erkennen lässt, ist mit einem wesentlichen Mangel behaftet und als Beweismittel unbrauchbar; die Behörde, die eine so geartete Äußerung ihrer Entscheidung zugrunde legt, wird ihrer Pflicht zur Erhebung und Feststellung des maßgeblichen Sachverhaltes (§ 37 AVG) nicht gerecht (VwGH vom 17.02.2004, GZ 2002/06/0151).

Das im Verfahren vor der bB eingeholte medizinische Sachverständigengutachten zum Grad der Behinderung bedarf nach der Rsp des VwGH (vom 21.06.2017, Ra 2017/11/0040) einer ausreichenden, auf die vorgelegten Befunde eingehenden und die Rahmensätze der Einschätzungsverordnung vergleichenden Begründung (vgl. zu den diesbezüglichen Anforderungen das hg. Erkenntnis vom 08.07.2015, Ra 2015/11/0036).

Unter dem Blickwinkel der Judikatur der Höchstgerichte, insbesondere der zitierten Entscheidungen, ist die Gutachtensergänzung, welche aufgrund der vorgelegten Befunde eingeholt wurde, in Zusammenschau mit dem im erstinstanzlichen Verfahren eingeholten unfallchirurgischen Gutachten, schlüssig, nachvollziehbar und weist keine Widersprüche auf. Nach Würdigung des erkennenden Gerichtes erfüllt sie in Zusammenschau mit dem unfallchirurgischen Gutachten vom 12.03.2018, die an ein ärztliches Sachverständigengutachten gestellten Anforderungen.

Die getroffenen Einschätzungen, basierend auf den im Rahmen der persönlichen Untersuchungen eingehend erhobenen klinischen Befunden, entsprechen den festgestellten Funktionseinschränkungen.

In der Gutachtensergänzung wurden alle relevanten von der bP beigebrachten Unterlagen bzw. Befunde berücksichtigt. Die vorgelegten Beweismittel stehen nicht im Widerspruch zum Ergebnis des eingeholten Sachverständigenbeweises.

In der angeführten Gutachtensergänzung wurde, in Zusammenschau mit dem im erstinstanzlichen Verfahren erstellten unfallchirurgischen Gutachten, vom Sachverständigen auf die Art der Leiden und deren Ausmaß, sowie die vorgelegten Befunde der bP ausführlich eingegangen.

Das eingeholte Sachverständigengutachten und die Gutachtensergänzung stehen mit den Erfahrungen des Lebens, der ärztlichen Wissenschaft und den Denkgesetzen nicht in Widerspruch.

Aufgrund der Beschwerde, der Stellungnahmen und der vorgelegten Befunde wurde das Ermittlungsverfahren erneut eröffnet und führte dieses dazu, dass in der Gutachtensergänzung am 11.01.2019 eine geänderte Einschätzung vorgenommen sowie ein geänderter, nämlich höherer, Gesamtgrad der Behinderung festgestellt wurde.

In der angeführten Gutachtensergänzung wurde, in Zusammenschau mit dem eingeholten Gutachten vom 12.03.2018, vom Sachverständigen auf die Art der Leiden und deren Ausmaß, sowie die vorgelegten Befunde der bP ausführlich eingegangen, schlüssig und nachvollziehbar das Ergebnis der durchgeführten Begutachtung dargelegt und insbesondere in der Gutachtensergänzung begründet, worin die gesundheitlichen Änderungen im Vergleich zum im erstinstanzlichen Verfahren erstellten Gutachten, und damit einhergehend die Änderung des Gesamtgrades der Behinderung, bestehen.

Der Facharzt für Unfallchirurgie stellte in der Gutachtensergänzung vom 11.01.2019 einen Gesamtgrad der Behinderung von 50 v.H. fest. Bei den einzelnen Leiden kam es sowohl bei der Lfd. Nr. 1 als auch Lfd. Nr. 2 zu einer Erhöhung des Grades der Behinderung: Die Lfd. Nr. 1 wurde unter derselben Pos.Nr. (02.01.02) mit einem GdB von 40% und der Begründung "Auswahl der gegebenen Position mit oberem Rahmensatz bei bis mittelgradiger Funktionseinschränkung zweier Wirbelsäulenabschnitte, ohne motorische Ausfälle/Einschränkungen" eingeschätzt. Die Lfd. Nr. 2, im Erstgutachten Lfd. Nr. 3 unter der Pos.Nr. 02.05.18 und einem GdB von 10% geführt, wurde vom Sachverständigen im Zuge der Gutachtensergänzung unter der Pos.Nr. 02.05.19, einem GdB von 30% und der Begründung "Einschränkung der Kniegelenksbewegung rechts bei fortgeschrittenem Gelenksverschleiß/Arthrose, Auswahl der gegebenen Position bei relevantem, einseitigem Gelenksverschleiß, unter Integration einer beginnenden Abnützung des gegenseitigen Kniegelenkes, mit Verwendung eines oberen Rahmensatzes" eingeschätzt. Gleichbleibend der nun unter der Lfd. Nr. 3, vormals Lfd. Nr. 2, eingeschätzte Zustand nach Schultergelenks-/Eckgelenkszerrung mit mehrmaliger operativer Intervention unter der Pos.Nr. 02.06.01 und einem GdB von 10%. Begründend führte der Sachverständige zur Wahl des Gesamtgrades der Behinderung von 50 v.H. aus: "Wegen Stufensteigerung der führenden Position durch die Position lfd. Nr. 2, keine Stufensteigerung durch die Position lfd. Nr. 3 wegen relativer Geringfügigkeit.

Gemäß des anlässlich der Begutachtung erhobenen klinischem Funktionsstatus sind in Abstimmung mit der subjektiv berichteten Mobilitäts-/Gangleistung weitere Zusatzeinträge nicht gerechtfertigt und liegt insbesondere keine Unzumutbarkeit einer Benützung öffentlicher Verkehrsmittel vor."

Das Sachverständigengutachten und die Gutachtensergänzung wurden im oben beschriebenen Umfang in freier Beweiswürdigung der Entscheidung des Gerichtes zu Grunde gelegt. Laut der den Befunden Rechnung tragenden Gutachtensergänzung besteht somit ein Gesamtgrad der Behinderung von 50 v.H.

3.0. Rechtliche Beurteilung:

3.1. Entscheidungsrelevante Rechtsgrundlagen:

-

Bundesverfassungsgesetz B-VG, BGBl. Nr. 1/1930 idgF

-

Bundesbehindertengesetz BBG, BGBl. Nr. 283/1990 idgF

-

Einschätzungsverordnung, BGBl. II Nr. 261/2010 idgF

-

Bundesverwaltungsgerichtsgesetz BVwGG, BGBl. I Nr. 10/2013 idgF

-

Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz VwGVG, BGBl. I Nr. 33/2013 idgF

-

Verwaltungsgerichtshofgesetz VwGG, BGBl. Nr. 10/1985 idgF

Nachfolgende Bestimmungen beziehen sich auf die im Pkt. 3.1. angeführten Rechtsgrundlagen in der jeweils geltenden Fassung.

3.2. Gemäß Art. 130 Abs 1 B-VG erkennen die Verwaltungsgerichte über Beschwerden

1. gegen den Bescheid einer Verwaltungsbehörde wegen Rechtswidrigkeit; ...

Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.

Gemäß § 45 Abs. 1 BBG sind Anträge auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme einer Zusatzeintragung oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung unter Anschluss der erforderlichen Nachweise bei dem Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen einzubringen.

Gemäß § 45 Abs. 2 BBG ist ein Bescheid nur dann zu erteilen, wenn einem Antrag gemäß Abs 1 nicht stattgegeben oder der Pass eingezogen wird.

Gemäß § 45 Abs. 3 BBG hat in Verfahren auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme von Zusatzeintragungen oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts durch den Senat zu erfolgen.

Gemäß § 45 Abs. 4 BBG hat bei Senatsentscheidungen in Verfahren gemäß Abs 3 eine Vertreterin oder ein Vertreter der Interessenvertretung der Menschen mit Behinderung als fachkundige Laienrichterin oder fachkundiger Laienrichter mitzuwirken. Die fachkundigen Laienrichterinnen oder Laienrichter (Ersatzmitglieder) haben für die jeweiligen Agenden die erforderliche Qualifikation (insbesondere Fachkunde im Bereich des Sozialrechts) aufzuweisen.

Gemäß § 45 Abs. 5 BBG entsendet die im § 10 Abs. 1 Z 6 des BBG genannte Vereinigung die Vertreterin oder den Vertreter der Interessenvertretung der Menschen mit Behinderung. Hinsichtlich der Aufteilung des Nominierungsrechtes auf gleichartige Vereinigungen ist § 10 Abs 2 des BBG anzuwenden. Für jede Vertreterin und jeden Vertreter ist jeweils auch die erforderliche Anzahl von Ersatzmitgliedern zu entsenden.

In Anwendung des Art. 130 Abs 1 Z 1 B-VG iVm § 45 Abs 3 BBG wird die Zuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichtes in der zugrundeliegenden Beschwerdeangelegenheit begründet und fällt die Entscheidung der gegenständlichen Rechtssache jenem Richtersenat zu, der unter Berücksichtigung der zitierten Bestimmungen in der Geschäftsverteilung des Bundesverwaltungsgerichtes dafür vorgesehen ist. Der erkennende Senat ist daher in diesem Beschwerdeverfahren zuständig.

3.3. Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung - BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes - AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 - DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

Gemäß § 27 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, soweit nicht Rechtswidrigkeit wegen Unzuständigkeit der Behörde gegeben ist, den angefochtenen Bescheid auf Grund der Beschwerde (§ 9 Abs 1 Z 3 und 4) oder auf Grund der Erklärung über den Umfang der Anfechtung (§ 9 Abs 3) zu überprüfen.

Gemäß § 9 Abs 1 VwGVG hat die Beschwerde zu enthalten:

1. die Bezeichnung des angefochtenen Bescheides, der angefochtenen Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt oder der angefochtenen Weisung,

2. die Bezeichnung der belangten Behörde,

3. die Gründe, auf die sich die Behauptung der Rechtswidrigkeit stützt,

4. das Begehren und

5. die Angaben, die erforderlich sind, um zu beurteilen, ob die Beschwerde rechtzeitig eingebracht ist.

Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen.

Gemäß § 28 Abs 2 VwGVG hat das Verwaltungsgericht über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs 1 Z 1 B-VG dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.

Bezugnehmend auf die zitierten Bestimmungen waren die unter Pkt. 3.1. im Generellen und die unter Pkt. 3.2 ff im Speziellen angeführten Rechtsgrundlagen für dieses Verfahren in Anwendung zu bringen.

3.4. Gemäß § 1 Abs 1 BBG soll Behinderten und von konkreter Behinderung bedrohten Menschen durch die in diesem Bundesgesetz vorgesehenen Maßnahmen die bestmögliche Teilnahme am gesellschaftlichen Leben gesichert werden.

Gemäß § 1 Abs 2 BBG ist unter Behinderung im Sinne dieses Bundesgesetzes die Auswirkung einer nicht nur vorübergehenden körperlichen, geistigen oder psychischen Funktionsbeeinträchtigung oder Beeinträchtigung der Sinnesfunktionen zu verstehen, die geeignet ist, die Teilhabe am Leben in der Gesellschaft zu erschweren. Als nicht nur vorübergehend gilt ein Zeitraum von mehr als voraussichtlich sechs Monaten.

Gemäß § 40 Abs 1 BBG ist behinderten Menschen mit Wohnsitz oder gewöhnlichem Aufenthalt im Inland und einem Grad der Behinderung oder einer Minderung der Erwerbsfähigkeit von mindestens 50% auf Antrag vom Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen (§ 45) ein Behindertenpass auszustellen, wenn

1. ihr Grad der Behinderung (ihre Minderung der Erwerbsfähigkeit) nach bundesgesetzlichen Vorschriften durch Bescheid oder Urteil festgestellt ist oder

2. sie nach bundesgesetzlichen Vorschriften wegen Invalidität, Berufsunfähigkeit, Dienstunfähigkeit oder dauernder Erwerbsunfähigkeit Geldleistungen beziehen oder

3. sie nach bundesgesetzlichen Vorschriften ein Pflegegeld, eine Pflegezulage, eine Blindenzulage oder eine gleichartige Leistung erhalten oder

4. für sie erhöhte Familienbeihilfe bezogen wird oder sie selbst erhöhte Familienbeihilfe beziehen oder

5. sie dem Personenkreis der begünstigten Behinderten im Sinne des Behinderteneinstellungsgesetzes, BGBl. Nr. 22/1970, angehören.

Gemäß § 40 Abs 2 BBG ist behinderten Menschen, die nicht dem im Abs 1 angeführten Personenkreis angehören, ein Behindertenpass auszustellen, wenn und insoweit das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen auf Grund von Vereinbarungen des Bundes mit dem jeweiligen Land oder auf Grund anderer Rechtsvorschriften hiezu ermächtigt ist.

Gemäß § 41 Abs 1 BBG gilt als Nachweis für das Vorliegen der im § 40 genannten Voraussetzungen der letzte rechtskräftige Bescheid eines Rehabilitationsträgers (§ 3), ein rechtskräftiges Urteil eines Gerichtes nach dem Arbeits- und Sozialgerichtsgesetz, BGBl. Nr. 104/1985, ein rechtskräftiges Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes oder die Mitteilung über die Gewährung der erhöhten Familienbeihilfe gemäß § 8 Abs 5 des Familienlastenausgleichsgesetzes 1967, BGBl. Nr. 376.

Das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen hat den Grad der Behinderung nach der Einschätzungsverordnung (BGBl. II Nr. 261/2010) unter Mitwirkung von ärztlichen Sachverständigen einzuschätzen, wenn

1. nach bundesgesetzlichen Vorschriften Leistungen wegen einer Behinderung erbracht werden und die hiefür maßgebenden Vorschriften keine Einschätzung vorsehen oder

2. zwei oder mehr Einschätzungen nach bundesgesetzlichen Vorschriften vorliegen und keine Gesamteinschätzung vorgenommen wurde oder

3. ein Fall des § 40 Abs 2 vorliegt.

Gemäß § 41 Abs 2 BBG sind Anträge auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme von Zusatzeintragungen oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung ohne Durchführung eines Ermittlungsverfahrens zurückzuweisen, wenn seit der letzten rechtskräftigen Entscheidung noch kein Jahr vergangen ist. Dies gilt nicht, wenn eine offenkundige Änderung einer Funktionsbeeinträchtigung glaubhaft geltend gemacht wird.

Gemäß § 42 Abs 1 BBG hat der Behindertenpass den Vornamen sowie den Familien- oder Nachnamen, das Geburtsdatum, eine allfällige Versicherungsnummer und den festgestellten Grad der Behinderung oder der Minderung der Erwerbsfähigkeit zu enthalten und ist mit einem Lichtbild auszustatten. Zusätzliche Eintragungen, die dem Nachweis von Rechten und Vergünstigungen dienen, sind auf Antrag des behinderten Menschen zulässig. Die Eintragung ist vom Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen vorzunehmen.

Gemäß § 42 Abs 2 BBG ist der Behindertenpass unbefristet auszustellen, wenn keine Änderung in den Voraussetzungen zu erwarten ist.

Gemäß § 43 Abs 1 BBG hat das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen, sofern Änderungen eintreten, durch die behördliche Eintragungen im Behindertenpass berührt werden, erforderlichenfalls einen neuen Behindertenpass auszustellen. Bei Wegfall der Voraussetzungen ist der Behindertenpass einzuziehen.

Gemäß § 43 Abs 2 BBG ist der Besitzer des Behindertenpasses verpflichtet, dem Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen binnen vier Wochen jede Änderung anzuzeigen, durch die behördliche Eintragungen im Behindertenpass berührt werden, und über Aufforderung dem Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen den Behindertenpass vorzulegen.

Gemäß § 45 Abs 1 BBG sind Anträge auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme einer Zusatzeintragung oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung unter Anschluss der erforderlichen Nachweise bei dem Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen einzubringen.

Gemäß § 45 Abs 2 BBG ist ein Bescheid nur dann zu erteilen, wenn einem Antrag gemäß Abs 1 nicht stattgegeben, das Verfahren eingestellt (§41 Abs 3) oder der Pass eingezogen wird. Dem ausgestellten Behindertenpass kommt Bescheidcharakter zu.

Gemäß § 47 BBG ist der Bundesminister für Arbeit und Soziales ermächtigt, mit Verordnung die näheren Bestimmungen über den nach § 40 auszustellenden Behindertenpass und damit verbundene Berechtigungen festzusetzen.

Gemäß § 1 der Einschätzungsverordnung ist unter Behinderung die Auswirkung einer nicht nur vorübergehenden körperlichen, geistigen oder psychischen Funktionsbeeinträchtigung oder Beeinträchtigung der Sinnesfunktionen zu verstehen, die geeignet ist, die Teilhabe am Leben in der Gesellschaft, insbesondere am allgemeinen Erwerbsleben, zu erschweren. Als nicht nur vorübergehend gilt ein Zeitraum von mehr als voraussichtlich sechs Monaten.

Gemäß § 2 Abs 1 leg cit sind die Auswirkungen der Funktionsbeeinträchtigungen als Grad der Behinderung zu beurteilen. Der Grad der Behinderung wird nach Art und Schwere der Funktionsbeeinträchtigung in festen Sätzen oder Rahmensätzen in der Anlage der Einschätzungsverordnung festgelegt. Die Anlage bildet einen Bestandteil dieser Verordnung.

Gemäß § 2 Abs 2 leg cit ist bei Auswirkungen von Funktionsbeeinträchtigungen, die nicht in der Anlage angeführt sind, der Grad der Behinderung in Analogie zu vergleichbaren Funktionsbeeinträchtigungen festzulegen.

Gemäß § 2 Abs 3 leg cit ist der Grad der Behinderung nach durch zehn teilbaren Hundertsätzen festzustellen. Ein um fünf geringerer Grad der Behinderung wird von ihnen mit umfasst. Das Ergebnis der Einschätzung innerhalb eines Rahmensatzes ist zu begründen.

Gemäß § 3 Abs 1 leg cit ist eine Einschätzung des Gesamtgrades der Behinderung dann vorzunehmen, wenn mehrere Funktionsbeeinträchtigungen vorliegen. Bei der Ermittlung des Gesamtgrades der Behinderung sind die einzelnen Werte der Funktionsbeeinträchtigungen nicht zu addieren. Maßgebend sind die Auswirkungen der einzelnen Funktionsbeeinträchtigungen in ihrer Gesamtheit unter Berücksichtigung ihrer wechselseitigen Beziehungen zueinander.

Gemäß § 3 Abs 2 leg cit ist bei der Ermittlung des Gesamtgrades der Behinderung zunächst von jener Funktionsbeeinträchtigung auszugehen, für die der höchste Wert festgestellt wurde. In der Folge ist zu prüfen, ob und inwieweit dieser durch die weiteren Funktionsbeeinträchtigungen erhöht wird. Gesundheitsschädigungen mit einem Ausmaß von weniger als 20 vH sind außer Betracht zu lassen, sofern eine solche Gesundheitsschädigung im Zusammenwirken mit einer anderen Gesundheitsschädigung keine wesentliche Funktionsbeeinträchtigung verursacht.

Bei Überschneidungen von Funktionsbeeinträchtigungen ist grundsätzlich vom höheren Grad der Behinderung auszugehen.

Gemäß § 3 Abs 3 leg cit liegt eine wechselseitige Beeinflussung der Funktionsbeeinträchtigungen, die geeignet ist, eine Erhöhung des Grades der Behinderung zu bewirken, vor, wenn

-

sich eine Funktionsbeeinträchtigung auf eine andere besonders nachteilig auswirkt,

-

zwei oder mehrere Funktionsbeeinträchtigungen vorliegen, die gemeinsam zu einer wesentlichen Funktionsbeeinträchtigung führen.

Gemäß § 3 Abs 4 leg cit ist eine wesentliche Funktionsbeeinträchtigung dann gegeben, wenn das Gesamtbild der Behinderung eine andere Beurteilung gerechtfertigt erscheinen lässt, als die einzelnen Funktionsbeeinträchtigungen alleine.

Gemäß § 4 Abs 1 leg cit bildet die Grundlage für die Einschätzung des Grades der Behinderung die Beurteilung der Funktionsbeeinträchtigungen im körperlichen, geistigen, psychischen Bereich oder in der Sinneswahrnehmung in Form eines ärztlichen Sachverständigengutachtens. Erforderlichenfalls sind Experten aus anderen Fachbereichen - beispielsweise Psychologen - zur ganzheitlichen Beurteilung heran zu ziehen.

Gemäß § 4 Abs 2 leg cit hat das Gutachten neben den persönlichen Daten die Anamnese, den Untersuchungsbefund, die Diagnosen, die Einschätzung des Grades der Behinderung, eine Begründung für die Einschätzung des Grades der Behinderung innerhalb eines Rahmensatzes sowie die Erstellung des Gesamtgrades der Behinderung und dessen Begründung zu enthalten.

Nach der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes hat die Gesamtbeurteilung mehrerer Leidenszustände nicht im Wege einer Addition der aus den Richtsatzpositionen sich ergebenden Hundertsätze der Minderung der Erwerbsfähigkeit zu erfolgen, sondern nach den Grundsätzen des § 3 der genannten Richtsatzverordnung. Nach dieser Bestimmung ist dann, wenn mehrere Leiden zusammentreffen, bei der Einschätzung der Minderung der Erwerbsfähigkeit zunächst von der Gesundheitsschädigung auszugehen, die die höchste Minderung der Erwerbsfähigkeit verursacht. Sodann ist zu prüfen, ob und inwieweit der durch die Gesamteinschätzung zu erfassende Leidenszustand infolge des Zusammenwirkens aller zu berücksichtigenden Gesundheitsschädigungen eine höhere Einschätzung der Minderung der Erwerbsfähigkeit rechtfertigt, wobei im Falle der Beurteilung nach dem BEinstG gemäß § 27 Abs 1 dieses Gesetzes Gesundheitsschädigungen mit einem Ausmaß von weniger als 20 v H. außer Betracht zu lassen sind, sofern eine solche Gesundheitsschädigung im Zusammenwirken mit einer anderen Gesundheitsschädigung keine wesentliche Funktionsbeeinträchtigung verursacht (u.a. VwGH vom 24. September 2003, Zl. 2003/11/0032; VwGH vom 21. August 2014, Zl. Ro 2014/11/0023-7).

Weiters wird in dem Gutachten auch festgestellt, dass die Behinderung iSd § 1 Abs 2 BBG mehr als 6 Monate gegeben sein wird.

Das erstellte Gutachten erfüllt auch die im § 4 Einschätzungsverordnung normierten Voraussetzungen.

Das Sachverständigengutachten wurde im oben beschriebenen Umfang in freier Beweiswürdigung der Entscheidung des Gerichtes zu Grunde gelegt. Das zitierte Gutachten erfüllt sämtliche der in der Einschätzungsverordnung normierten Voraussetzungen.

Die vom ärztlichen Sachverständigen erfolgte Bewertung der angegebenen Beschwerden und Krankheitszustände entspricht der Einschätzungsverordnung sowohl hinsichtlich Position, als auch Prozentsatz. Festlegungen innerhalb eines Rahmensatzes wurden schlüssig begründet.

3.5. Gemäß § 24 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen.

Gemäß § 24 Abs. 2 VwGVG kann die Verhandlung entfallen, wenn

1. der das vorangegangene Verwaltungsverfahren einleitende Antrag der Partei oder die Beschwerde zurückzuweisen ist oder bereits auf Grund der Aktenlage feststeht, dass der mit Beschwerde angefochtene Bescheid aufzuheben, die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt oder die angefochtene Weisung für rechtswidrig zu erklären ist oder

2. die Säumnisbeschwerde zurückzuweisen oder abzuweisen ist.

Gemäß § 24 Abs. 3 VwGVG hat der Beschwerdeführer die Durchführung einer Verhandlung in der Beschwerde oder im Vorlageantrag zu beantragen. Den sonstigen Parteien ist Gelegenheit zu geben, binnen angemessener, zwei Wochen nicht übersteigender Frist einen Antrag auf Durchführung einer Verhandlung zu stellen. Ein Antrag auf Durchführung einer Verhandlung kann nur mit Zustimmung der anderen Parteien zurückgezogen werden.

Gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG kann, soweit durch Bundes- oder Landesgesetz nicht anderes bestimmt ist, das Verwaltungsgericht ungeachtet eines Parteiantrags von einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und einem Entfall der Verhandlung weder Art. 6 Abs. 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, BGBl. Nr. 210/1958, noch Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union, ABl. Nr. C 83 vom 30.03.2010 S. 389 entgegenstehen.

Gemäß § 24 Abs. 5 VwGVG kann das Verwaltungsgericht von der Durchführung (Fortsetzung) einer Verhandlung absehen, wenn die Parteien ausdrücklich darauf verzichten. Ein solcher Verzicht kann bis zum Beginn der (fortgesetzten) Verhandlung erklärt werden.

Gemäß Art. 6 Abs. 1 EMRK hat jede Person ein Recht darauf, dass über Streitigkeiten in Bezug auf ihre zivilrechtlichen Ansprüche und Verpflichtungen oder über eine gegen sie erhobene strafrechtliche Anklage von einem unabhängigen und unparteiischen, auf Gesetz beruhenden Gericht in einem fairen Verfahren, öffentlich und innerhalb angemessener Frist verhandelt wird. Das Urteil muss öffentlich verkündet werden; Presse und Öffentlichkeit können jedoch während des ganzen oder eines Teiles des Verfahrens ausgeschlossen werden, wenn dies im Interesse der Moral, der öffentlichen Ordnung oder der nationalen Sicherheit in einer demokratischen Gesellschaft liegt, wenn die Interessen von Jugendlichen oder der Schutz des Privatlebens der Prozessparteien es verlangen oder - soweit das Gericht es für unbedingt erforderlich hält - wenn unter besonderen Umständen eine öffentliche Verhandlung die Interessen der Rechtspflege beeinträchtigen würde.

Gemäß Abs. 2 gilt jede Person, die einer Straftat angeklagt ist, bis zum gesetzlichen Beweis ihrer Schuld als unschuldig.

Gemäß Abs. 3 hat jede angeklagte Person mindestens folgende Rechte:

a) innerhalb möglichst kurzer Frist in einer ihr verständlichen Sprache in allen Einzelheiten über Art und Grund der gegen sie erhobenen Beschuldigung unterrichtet zu werden;

b) ausreichende Zeit und Gelegenheit zur Vorbereitung ihrer Verteidigung zu haben;

c) sich selbst zu verteidigen, sich durch einen Verteidiger ihrer Wahl verteidigen zu lassen oder, falls ihr die Mittel zur Bezahlung fehlen, unentgeltlich den Beistand eines Verteidigers zu erhalten, wenn dies im Interesse der Rechtspflege erforderlich ist;

d) Fragen an Belastungszeugen zu stellen oder stellen zu lassen und die Ladung und Vernehmung von Entlastungszeugen unter denselben Bedingungen zu erwirken, wie sie für Belastungszeugen gelten;

e) unentgeltliche Unterstützung durch einen Dolmetscher zu erhalten, wenn sie die Verhandlungssprache des Gerichts nicht versteht oder spricht.

Gemäß Art. 47 Abs. 1 GRC hat jede Person, deren durch das Recht der Union garantierte Rechte oder Freiheiten verletzt worden sind, das Recht, nach Maßgabe der in diesem Artikel vorgesehenen Bedingungen bei einem Gericht einen wirksamen Rechtsbehelf einzulegen.

Gemäß Abs. 2 hat jede Person ein Recht darauf, dass ihre Sache von einem unabhängigen, unparteiischen und zuvor durch Gesetz errichteten Gericht in einem fairen Verfahren, öffentlich und innerhalb angemessener Frist verhandelt wird. Jede Person kann sich beraten, verteidigen und vertreten lassen.

Gemäß Abs. 3 wird Personen, die nicht über ausreichende Mittel verfügen, Prozesskostenhilfe bewilligt, soweit diese Hilfe erforderlich ist, um den Zugang zu den Gerichten wirksam zu gewährleisten.

Nach Ansicht des Verfassungsgerichtshofes steht das

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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