TE Bvwg Erkenntnis 2019/2/20 W212 2214618-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 20.02.2019
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Entscheidungsdatum

20.02.2019

Norm

AsylG 2005 §5
B-VG Art.133 Abs4
FPG §61

Spruch

W212 2214618-1/2E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Dr. SINGER als Einzelrichterin über die Beschwerde von XXXX alias XXXX alias XXXX , geb. XXXX , StA. Senegal, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 05.02.2019, Zl. 1216409309-190032672, zu Recht erkannt:

A)

Die Beschwerde wird gemäß § 5 AsylG 2005 und § 61 FPG als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

Der Beschwerdeführer, ein Staatsangehöriger aus Senegal, stellte am 10.01.2019 den vorliegenden Antrag, ihm in Österreich internationalen Schutz zu gewähren. Laut der im Akt aufliegenden EURODAC-Treffermeldung suchte der Beschwerdeführer am 23.01.2015 in Italien um Asyl an (IT1 ...).

Am 10.01.2019 fand eine Erstbefragung des Beschwerdeführers durch ein Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes statt, in welcher der Beschwerdeführer zu seinem Reiseweg befragt angab, seinen Heimatort im November 2010 verlassen zu haben und über Mali, Niger und Libyen, in welchen Ländern er sich unterschiedlich lang aufgehalten habe, im Jänner 2015 nach Italien gelangt zu sein, wo er sich bis 05.01.2019 aufgehalten habe. In Österreich sei er am 06.01.2019 eingereist. Er habe in keinem dieser Länder um Asyl angesucht und habe in keinem anderen Land ein Visum oder einen Aufenthaltstitel gehabt. In Italien habe er weder eine Lehre beginnen noch zur Schule gehen können. Als er das Lager hätte verlassen müssen, hätte er fünf Monate auf der Straße gelebt. In Österreich wolle er zur Schule gehen und eine Lehre als Mechaniker beginnen. Das Vorliegen von familiären Anknüpfungspunkten in Österreich oder in einem anderen EU-Land sowie das Vorhandensein von gesundheitlichen Problemen wurde vom Beschwerdeführer verneint.

Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl richtete am 15.01.2019 ein Wiederaufnahmegesuch gemäß Art. 18 Abs. 1 lit. b der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates (in der Folge Dublin III-VO) an Italien; dies unter Bekanntgabe des vom Beschwerdeführer angegebenen Reiseweges und des Eurodac-Treffers der Kategorie 1 mit Italien aus 2015.

Mit Schreiben vom 29.01.2019 stimmte die italienische Dublin-Behörde diesem Ersuchen gemäß Art. 18 Abs. 1 lit. b der Dublin-III-VO ausdrücklich zu und gab unter einem die Identitäten bekannt, unter welchen der Beschwerdeführer in Italien aufgetreten war.

Am 05.02.2019 fand - in Anwesenheit eines Rechtsberaters und nach durchgeführter Rechtsberatung - die Einvernahme des Beschwerdeführers vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl statt. Hierbei gab der Beschwerdeführer zu seinem Gesundheitszustand befragt an, der Einvernahme folgen zu können, lediglich unter Zahnschmerzen zu leiden, jedoch weder Medikamente dagegen zu nehmen noch bisher bei einem Arzt gewesen zu sein. Er sei im November 2015 in Italien angekommen und wäre ungefähr drei Jahre im Lager in Montroduno untergebracht gewesen. Es hätte dort nur eine Schlafmöglichkeit für mehrere Leute in einem kleinen Zimmer gegeben und hätte er täglich nur den Weg zwischen Schlafzimmer und Speisesaal zurückgelegt. Er habe sich beschwert, dass er etwas lernen wolle, aber ihm wäre weder die italienische Sprache beigebracht worden, noch wäre er beraten worden bezüglich des Berufes, den er erlernen habe wollen. Im Lager hätte man ihm eines Tages einen Zettel gezeigt, den er unterschreiben sollte. Nachdem er unterschrieben hätte, wäre ihm gesagt worden, dass er das Lager verlassen soll. Er wisse nicht, was er unterschrieben habe. Ebenso wenig wisse er, ob er einen Asylantrag gestellt habe oder nicht, die Fingerabdrücke seien ihm jedenfalls abgenommen worden. Er wäre nicht der einzige gewesen, der das Lager habe verlassen müssen und hätten sie dann unter einer Brücke geschlafen und Lagerfeuer gemacht. Zum Essen seien sie zur Caritas gegangen. Von der Caritas hätten sie aber nur zu essen bzw. Decken bekommen, jedoch keine Unterkunftsmöglichkeit. Die Organisation "Rotes Kreuz" kenne er nicht. Von der Caritas habe er auch Medikamente gegen seine Zahnschmerzen bekommen. Schließlich sei er nach Österreich gereist und wolle er nicht wieder nach Italien zurück.

Mit dem angefochtenen Bescheid wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz ohne in die Sache einzutreten gemäß § 5 Abs. 1 AsylG 2005 als unzulässig zurückgewiesen und ausgesprochen, dass gemäß Artikel 18 Abs. 1 lit. b Dublin III-VO Italien für die Prüfung des Antrages zuständig sei (Spruchpunkt I.). Gleichzeitig wurde gegen den Beschwerdeführer gemäß § 61 Abs. 1 FPG die Außerlandesbringung angeordnet und festgestellt, dass demzufolge seine Abschiebung nach Italien gemäß § 61 Abs. 2 FPG zulässig sei (Spruchpunkt II.).

Die Feststellungen zur Lage in Italien wurden im Wesentlichen Folgendermaßen zusammengefasst (nunmehr gekürzt durch das Bundesverwaltungsgericht):

1. Neueste Ereignisse - Integrierte Kurzinformationen

KI vom 18.12.2018, Sicherheits- und Immigrationsdekret (Salvini-Dekret); Asylstatistik (relevant für Abschnitt2/ Allgemeines zum Asylverfahren; Abschnitt 3/Dublin-Rückkehrer, Abschnitt 6/Unterbringung und Abschnitt 7/Schutzberechtigte)

Das Sicherheits- und Immigrationsdekret des italienischen Innenministers Matteo Salvini ist am 28.11.2018 vom italienischen Parlament endgültig als Gesetz angenommen worden (GF 3.12.2018; vgl. DS 28.11.2018, INT 27.11.2018).

Es sieht eine Reihe von Änderungen im Asylbereich vor. Um die wichtigsten zu nennen: Der humanitäre Aufenthalt, zuletzt die am häufigsten verhängte Schutzform in Italien, wird künftig nur noch für ein Jahr (bislang zwei Jahre) und nur noch als Aufenthaltstitel für "spezielle Fälle" vergeben, nämlich wenn erhebliche soziale oder gesundheitliche Gründe vorliegen, bzw. wenn im Herkunftsland außergewöhnliche Notsituationen herrschen. Schutzberechtigten, die bestimmte Straftaten begehen, kann der Status leichter wieder aberkannt werden. Ebenso können Migranten, denen bereits die italienische Staatsbürgerschaft verliehen wurde, diese wieder verlieren, wenn sie wegen Terrorismusdelikten verurteilt werden. Die Aufenthaltsdauer in den Abschiebezentren wird von maximal 90 auf 180 Tage verdoppelt. Es wird insgesamt weniger Geld für den Bereich Immigration zur Verfügung gestellt, dafür mehr für die Repatriierung. Das SPRAR-System der Unterbringung soll künftig nur noch für unbegleitete minderjährige Asylwerber und anerkannte Schutzberechtigte zugänglich sein, während andere Asylwerber bis zum Abschluss ihres Verfahrens in den CAS/CARA bleiben sollen. Auch ist vorgesehen, dass besetzte Gebäude geräumt und Besetzer bestraft werden sollen. Italien wird hinkünftig eine Liste sicherer Herkunftsstaaten führen (GF 3.12.2018; vgl. INT 27.11.2018, SO 29.11.2018).

Vulnerable Asylwerber mit Ausnahme unbegleiteter Minderjähriger haben demnach keinen Zugang zum SPRAR-System mehr. Diese Personen werden nun im Rahmen des CAS-Systems untergebracht. Das italienische Innenministerium hat hierzu bekannt gegeben, dass für CAS daher neue Ausschreibungsbedingungen ausgearbeitet wurden, die seitens der Präfekturen in Zukunft bindend herangezogen werden müssen. Es steht derzeit noch eine abschließende Prüfung durch den italienischen Rechnungshof aus, daher wurden diese noch nicht veröffentlicht. Seitens des italienischen Innenministeriums wurde jedoch betont, dass die Einhaltung sämtlicher europarechtlicher Bestimmungen (hier insbesondere die Aufnahmerichtlinie 2013/33/EU) unter Wahrung der menschlichen Würde jedenfalls sichergestellt sei. Bei den Kernleistungen (Sozialbetreuung, Information, soziokulturelle Mediation, sanitäre Einrichtungen sowie Startpaket, Taschengeld und Telefonkarte) komme es zu keiner Kürzung oder Streichung. Lediglich Integrationsmaßnahmen seien in der neuen Systematik Personen mit internationalem Schutz vorbehalten (VB 17.12.2018).

Von der Neuregelung des Aufnahmesystems in Italien sind auch Dublin-Rückkehrer betroffen. Diese werden bereits aktuell nicht mehr im Rahmen des SPRAR-Systems, sondern im CAS untergebracht und laut italienischem Innenministerium kann eine adäquate Unterbringung sichergestellt werden (VB 17.12.2018).

Laut offizieller italienischer Statistik wurden im Jahr 2018 bis zum 14. Dezember 52.350 Asylanträge in Italien gestellt. Mit selbem Datum waren 2018 bereits 53.834 Anträge negativ erledigt (inkl. Unzulässige), 6.852 erhielten Flüchtlingsstatus, 4.132 erhielten subsidiären Schutz, 19.884 erhielten humanitären Schutz. 7.651 Antragsteller waren nicht mehr auffindbar (MdI 14.12.2018).

Quellen:

* DS - Der Standard (28.11.2018): Salvini pflügt Italiens Asylrecht radikal um,

https://derstandard.at/2000092626603/Salvini-pfluegt-via-Sicherheitsdekret-italienisches-Asylrecht-um, Zugriff 5.12.2018

* GF - Guida Fisco (3.12.2018): Decreto Sicurezza: riassunto del testo e cosa prevede su immigrazione, https://www.guidafisco.it/decreto-sicurezza-testo-cos-e-cosa-prevede-cambia-salvini-immigrazione-2157, Zugriff 5.12.2018

* MdI - Ministero dell'Interno (14.12.2018): Commissione Nazionale per il Diritto di Asilo, per E-Mail

* INT - Internazionale (27.11.2018): Cosa prevede il decreto sicurezza e immigrazione,

https://www.internazionale.it/bloc-notes/annalisa-camilli/2018/11/27/decreto-sicurezza-immigrazione-cosa-prevede, Zugriff 18.12.2018

* SO - Spiegel Online (29.11.2018): Italien verschärft seine Einwanderungsgesetze drastisch, http://www.spiegel.de/politik/ausland/fluechtlinge-italien-verschaerft-seine-einwanderungsgesetze-drastisch-a-1241091.html, Zugriff 5.12.2018

* VB des BM.I Italien (17.12.2018): Bericht des VB, per E-Mail

2. Allgemeines zum Asylverfahren

In Italien existiert ein rechtsstaatliches Asylverfahren mit gerichtlichen Beschwerdemöglichkeiten (AIDA 21.3.2018; für ausführliche Informationen siehe dieselbe Quelle).

Laut offizieller italienischer Statistik wurden 2018 bis zum 21. September 42.613 Asylanträge in Italien gestellt. Mit selbem Datum waren 2018 38.512 Anträge negativ erledigt (inkl. unzulässige),

4.756 erhielten Flüchtlingsstatus, 2.838 erhielten subsidiären Schutz, 17.728 erhielten humanitären Schutz. 5.433 Antragsteller waren nicht mehr auffindbar (MdI 21.9.2018).

Die Asylverfahren nehmen je nach Region sechs bis fünfzehn Monate in Anspruch. Wenn Rechtsmittel ergriffen werden, kann sich diese Dauer auf bis zu zwei Jahren erstrecken (USDOS 20.4.2018).

Am 24.9.2018 hat Italiens Regierung ein Dekret verabschiedet, das Verschärfungen im Asylrecht vorsieht. Der Schutz aus humanitären Gründen würde weitgehend abgeschafft werden, besetzte Häuser sollen geräumt werden und deren Bewohnern drohen Haftstrafen. Auch die Regelungen für den Verlust des Schutzanspruchs würden verschärft werden. Das vom Kabinett einstimmig verabschiedete Dekret bleibt unter Juristen jedoch umstritten. Es muss nun vom Präsidenten unterzeichnet und dann innerhalb von 60 Tagen auch noch vom Parlament verabschiedet werden, bevor es in Kraft treten kann. In Anbetracht der umstrittenen Materie, kann es also noch zu einer Abschwächung des Dekrets kommen (NZZ 25.9.2018).

Quellen:

* AIDA - Asylum Information Database (21.3.2018): Italian Council for Refugees (CIR) / Association for Legal Studies on Immigration (ASGI): Country Report: Italy,

http://www.asylumineurope.org/sites/default/files/report-download/aida_it_2017update.pdf, Zugriff 3.8.2018

* MdI - Ministero dell'Interno (21.9.2018): Commissione Nazionale per il Diritto di Asilo, per E-Mail

* NZZ - Neue Zürcher Zeitung (25.9.2018): Italien verschärft sein Asylrecht: Der Schutz aus humanitären Gründen wird abgeschafft, https://www.nzz.ch/international/italien-verschaerft-sein-asylrecht-ld.1422862, Zugriff 25.9.2018

* USDOS - US Department of State (20.4.2018): Country Report on Human Rights Practices 2017: Italy, https://www.ecoi.net/de/dokument/1430262.html, Zugriff 24.9.2018

3. Dublin-Rückkehrer

Wenn Italien einer Überstellung ausdrücklich zustimmt, wird der Flughafen angegeben, welcher der für das konkrete Asylverfahren zuständigen Quästur am nächsten liegt. Wenn Italien durch Fristablauf zustimmt, landen Rückkehrer üblicherweise auf den Flughäfen Rom-Fiumicino und Mailand-Malpensa. Ihnen wird am Flughafen von der Polizei eine Einladung (verbale di invito) ausgehändigt, der zu entnehmen ist, welche Quästur für ihr Asylverfahren zuständig ist. Die Quästuren sind oft weit von den Ankunftsflughäfen entfernt und die Asylwerber müssen auf eigene Faust und zumeist auch auf eigene Kosten innerhalb weniger Tage dorthin reisen, was bisweilen problematisch sein kann(AIDA 21.3.2018).

Die Situation von Dublin-Rückkehrern hängt vom Stand ihres Verfahrens in Italien ab:

1. Wenn ein Rückkehrer noch keinen Asylantrag in Italien gestellt hat, kann er dies tun, so wie jede andere Person auch (AIDA 21.3.2018).

2. Ist das Verfahren des Rückkehrers in der Zwischenzeit positiv ausgegangen, hat er eine Aufenthaltserlaubnis erhalten (AIDA 21.3.2018).

3. Ist das Verfahren des Rückkehrers noch anhängig, wird es fortgesetzt und er hat dieselben Rechte wie jeder andere Asylwerber auch (AIDA 21.3.2018).

4. Wenn das Verfahren vor endgültiger Entscheidung unterbrochen wurde, etwa weil sich der Antragsteller diesem entzogen hat, und der Betreffende wird von Italien im Rahmen von Art. 18(1)(c) zurückgenommen, wird das Verfahren auf Antrag wieder aufgenommen (EASO 12.2015).

5. Bei Rückkehrern, die unter Art. 18(1)(d) und 18(2) fallen und welche Italien verlassen haben, bevor sie über eine negative erstinstanzliche Entscheidung informiert werden konnten, beginnt die Rechtsmittelfrist erst zu laufen, nachdem der Rückkehrer von der Entscheidung in Kenntnis gesetzt wurde (EASO 12.2015; vgl. AIDA 21.3.2018).

6. Wurde der Rückkehrer beim ersten Aufenthalt in Italien von einer negativen Entscheidung in Kenntnis gesetzt und hat dagegen nicht berufen, kann er zur Außerlandesbringung in ein Schubhaftlager gebracht werden (AIDA 21.3.2018).

7. Hat sich der Rückkehrer dem persönlichen Interview nicht gestellt und sein Antrag wurde daher negativ beschieden, kann er nach Rückkehr ein neues Interview beantragen (AIDA 21.3.2018).

(Für weitere Informationen, siehe Kapitel 6.3. Dublin-Rückkehrer.)

Quellen:

* AIDA - Asylum Information Database (21.3.2018): Italian Council for Refugees (CIR) / Association for Legal Studies on Immigration (ASGI): Country Report: Italy,

http://www.asylumineurope.org/sites/default/files/report-download/aida_it_2017update.pdf, Zugriff 3.8.2018

* EASO - European Asylum Support Office (12.2015): Quality Matrix Report: Dublin procedure, per E-Mail

4. Non-Refoulement

Das italienische Innenministerium hat explizit bestätigt, dass alle Migranten das Recht haben, vor Refoulement geschützt zu werden und keine Ausweisungen zu erhalten, ohne zuvor korrekt darüber informiert worden zu sein. Die italienische Kooperation mit Libyen im Kampf gegen die Migration über das Mittelmeer ist Gegenstand starker Kritik durch Menschenrechtsorganisationen. Es gibt Berichte über sogenannte Push-backs an der österreichischen Grenze (AIDA 21.3.2018).

Quellen:

* AIDA - Asylum Information Database (21.3.2018): Italian Council for Refugees (CIR) / Association for Legal Studies on Immigration (ASGI): Country Report: Italy,

http://www.asylumineurope.org/sites/default/files/report-download/aida_it_2017update.pdf, Zugriff 3.8.2018

5. Versorgung

Asylwerber dürfen zwei Monate nach Antragstellung legal arbeiten (AIDA 21.3.2018; vgl. USDOS 20.4.2018).

Im SPRAR gibt es die Möglichkeit an Jobtrainigsprogrammen teilzunehmen und es werden auch standardisierte Integrationsprogramme für Asylwerber und Schutzberechtigte angeboten. Dazu gehören auch Ausbildungen und Praktika. Diese Art von Integrationsmaßnahmen wird nur im SPRAR angeboten, allerdings auch hier mit regionalen Unterschieden. Berufliche Schulungen oder andere Integrationsprogramme können auch mit nationalen Mitteln (8xmille) oder mit Mitteln des Asyl-, Migrations- und Integrationsfonds (AMIF) über das Innenministerium und NGOs bereitgestellt werden. Die im Rahmen von AMIF finanzierten Projekte sind jedoch in Bezug auf die Dauer der Aktivität und die Anzahl der Projekte sehr begrenzt. Kommunen können auch Berufsausbildungen, Praktika und spezielle Beschäftigungsstipendien finanzieren (borse lavoro), die sowohl Italienern als auch Ausländern offenstehen, einschließlich Asylsuchenden. Die Möglichkeit, an Berufsausbildungen oder Praktika teilzunehmen, ist im Falle von Asylsuchenden, die in Regierungszentren untergebracht sind, erheblich begrenzt. In der Praxis haben Asylwerber Schwierigkeiten beim Zugang zum Arbeitsmarkt, etwa durch Verzögerungen bei der Registrierung ihrer Asylanträge (die damit einhergehende Aufenthaltserlaubnis ist für den Zugang zum Arbeitsmarkt wichtig), oder durch die anhaltende Wirtschaftskrise, die Sprachbarriere, Abgelegenheit der Unterbringungszentren usw. (AIDA 21.3.2018).

Es gibt Berichte über Diskriminierung und Ausbeutung von Migranten durch Arbeitgeber. Die hohe Arbeitslosigkeit schmälert die Chancen von Migranten auf legale Anstellung (USDOS 20.4.2018).

Quellen:

* AIDA - Asylum Information Database (21.3.2018): Italian Council for Refugees (CIR) / Association for Legal Studies on Immigration (ASGI): Country Report: Italy,

http://www.asylumineurope.org/sites/default/files/report-download/aida_it_2017update.pdf, Zugriff 3.8.2018

* USDOS - US Department of State (20.4.2018): Country Report on Human Rights Practices 2017: Italy, https://www.ecoi.net/de/dokument/1430262.html, Zugriff 24.9.2018

5.1. Unterbringung

Grundsätzlich sind Fremde zur Unterbringung in Italien berechtigt, sobald sie den Willen erkennbar machen, um Asyl ansuchen zu wollen. Das Unterbringungsrecht gilt bis zur erstinstanzlichen Entscheidung bzw. dem Ende der Rechtsmittelfrist. Bei Rechtsmitteln mit automatischer aufschiebender Wirkung besteht dieses Recht auch bis zur Entscheidung des Gerichts. Asylwerber können überall in Italien untergebracht werden, je nach Verfügbarkeit von Plätzen und ohne Einspruchsmöglichkeit. Gemäß der Praxis in den Jahren 2016 und 2017 erfolgt der tatsächliche Zugang zur Unterbringung erst mit der formellen Registrierung des Antrags (verbalizzazione) anstatt sofort nach der erkennungsdienstlichen Behandlung (fotosegnalamento). Zwischen diesen beiden Schritten sind, abhängig von Region und Antragszahlen, Wartezeiten bis zu mehreren Monaten möglich, in denen Betroffene Probleme beim Zugang zu alternativer Unterbringung haben können. Zum Ausmaß dieses Phänomens gibt es allerdings keine statistischen Zahlen. Betroffene Asylwerber ohne ausreichende Geldmittel sind daher auf Freunde oder Notunterkünfte angewiesen, oder es droht ihnen Obdachlosigkeit. In ganz Italien gibt es auch informelle Siedlungen oder besetzte Häuser, in denen Fremde leben (AIDA 21.3.2018).

Schätzungen der NGO Médecins sans Frontières (MSF) zufolge, waren im Feber 2018 im ganzen Land mindestens 10.000 Personen von der Unterbringung faktisch ausgeschlossen, darunter Asylwerber und Schutzberechtigte. Sie leben nicht selten in besetzen Gebäuden, von denen mittlerweile durch Involvierung von Regionen oder Gemeinden aber auch viele legalisiert wurden (MSF 8.2.2018). Vertreter des UNHCR, von IOM und anderer humanitärer Organisationen und NGOs, berichteten ebenfalls über tausende von legalen und illegalen Migranten und Flüchtlingen, die in verlassenen Gebäuden und in unzulänglichen und überfüllten Einrichtungen in Rom und anderen Großstädten leben und nur eingeschränkten Zugang zu medizinischer Versorgung, Rechtsberatung, Bildung und anderen öffentlichen Dienstleistungen haben (USDOS 20.4.2018).

Von den in Aufnahmestellen der Regierung untergebrachten Migranten ist ein kleiner Prozentsatz in Zentren untergebracht, die direkt von lokalen Behörden geführt werden und deren Qualität allgemein als hoch gilt, während der Rest in Zentren mit sehr unterschiedlicher Qualität untergebracht ist, unter anderem in alten Schulen, Kasernen und Wohnungen (USDOS 20.4.2018).

Das italienische Unterbringungssystem ist in drei Phasen eingeteilt:

die Phase der unmittelbaren Notversorgung in sogenannten CPSA/Hotspots in den Hauptankunftsorten von Bootsflüchtlingen; die Erstaufnahmephase in großen Zentren (CARA bzw. CDA) bzw. in temporären Strukturen (CAS), wenn keine Plätze verfügbar sind; und schließlich die Zweitaufnahmephase in den sogenannten SPRAR-Unterkünften. Gemäß Gesetz muss die Unterbringung in der Erstaufnahme lediglich grundlegenden Bedürfnissen Rechnung tragen, während sie im SPRAR die individuelle Integration im Fokus haben soll:

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(AIDA 21.3.2018)

Grundsätzlich sollten Antragsteller dieses System "so schnell als möglich" durchlaufen und in SPRAR-Strukturen untergebracht werden. Platzmangel hat aber dazu geführt, dass dies nicht immer eingehalten wird (AIDA 21.3.2018).

Mit Stand 31.8.2018 waren 155.619 Migranten in staatlichen italienischen Unterbringungseinrichtungen untergebracht. (VB 24.9.2018).

CPSA (Centri di primo soccorso e accoglienza) / Hotspots

Im Zuge der zunehmenden Migrationsbewegungen in Richtung Europa hat die Europäische Kommission im Mai 2015 zur besseren Steuerung der Migration den sogenannten "Hotspot approach" eingeführt, um in den Hauptankunftsstaaten für Migranten (Griechenland und Italien) eine rasche Identifizierung und Registrierung der ankommenden Migranten zu gewährleisten und die Effektivität der EU-Relocationprogramme zu erhöhen (GDP 18.1.2018).

Personen, die - vor allem auf dem Seeweg - illegal nach Italien gelangen, kommen zunächst in die großen Zentren (CPSA, derzeit formell als Hotspots operativ) in Pozzallo, Trapani und Messina (Lampedusa und Taranto wurden im März 2018 vorläufig geschlossen) und werden dort formell erkennungsdienstlich behandelt und in Asylwerber und Migranten getrennt und entsprechend weiter behandelt - also wenn möglich außer Landes gebracht (eventuell verbunden mit Schubhaft in einem CPR) bzw. in Asylwerberunterkünfte verlegt. Kritiker bezeichnen die Art und Weise wie diese Gruppen identifiziert werden, als oberflächlich (AIDA 21.3.2018).

Der Aufenthalt in den Hotspots soll so kurz als möglich sein und 48 bis 72 Stunden nicht überschreiten, was aber oft nicht eingehalten wird. Kritiker sprechen im Zusammenhang mit dem Aufenthalt in Hotspots von Haft ohne ausreichende gesetzliche Basis und richterliche Anordnung (AIDA 21.3.2018; vgl. GDP 18.1.2018). Personen, die einen Asylantrag gestellt haben, dürfen nach der erkennungsdienstlichen Behandlung (fotosegnalamento) die Hotspots in der Regel zwar ungehindert verlassen und betreten, es wurden in der Vergangenheit aber Verzögerungen bei der Einbringung von Asylanträgen beobachtet, wodurch Antragsteller für Monate in Hotspots bleiben mussten (AIDA 21.3.2018).

Die Gesamtkapazität der Hotspot-Zentren lag im Juli 2017 bei ca.

1.600 Plätzen (GDP 18.1.2018).

CDA (Centri di accoglienza) / CARA (Centri d'accoglienza richiedenti asilo) / CAS (Centri di accoglienza straordinaria)

Zum Unterschied von der Phase der ersten Hilfe und Unterstützung an den Hauptanlandungspunkten von Migration über das Mittelmeer (siehe oben) findet die klassische Erstaufnahme in kollektiven Zentren und - wenn nötig - in temporären Strukturen statt. CDA und CARA sind kollektive Erstaufnahmezentren (AIDA 21.3.2018).

Wenn in anderen Unterbringungsstrukturen temporäre Engpässe herrschen, können CAS als Notunterkünfte, solange als unbedingt notwendig, von den Präfekturen zur Verfügung gestellt werden. Von den CAS sollen die Unterzubringenden im Idealfall dann in SPRAR weitervermittelt werden. Ende August 2017 gab es 9.150 CAS in Italien, 77 davon reserviert für unbegleitete Minderjährige. Anfang Dezember 2017 lebten 151.239 Personen in CAS, das waren 81% des gesamten italienischen Aufnahmesystems (AIDA 21.3.2018).

Erstaufnahmestrukturen sind große Zentren mit sehr vielen Unterbringungsplätzen und bieten eine eher grundlegende Versorgung mit Nahrung, Kleidung, Basisinformation, Rechtsberatung und medizinischer Notversorgung. Es handelt sich um. Die Qualität der Leistungen, insbesondere bei juristischer und psycho-sozialer Unterstützung, ist jedoch regional unterschiedlich. Die Identifizierung und Betreuung von Vulnerablen lassen oft zu wünschen übrig. In diesen Strukturen ist auf die persönlichen Bedürfnisse der Antragsteller (Alter, Geschlecht, Familienverhältnisse, Vulnerabilität) Rücksicht zu nehmen. In CDA, CARA und CAS gibt es in der Regel ein Taschengeld. Ende November 2017 gab es 15 Erstaufnahmezentren in sieben Regionen Italiens, mit damals 10.738 Untergebrachten (AIDA 21.3.2018).

SPRAR (Sistema di Protezione per Richiedenti Asilo e Rifugiati)

Das SPRAR bietet Unterbringung, Unterstützung und Integration für Asylwerber und Schutzberechtigte. Finanziert wird dieses System durch das italienische Innenministerium und die Gemeinden. In der Praxis deckt das SPRAR aber nur rund 20% des Unterbringungsbedarfs in Italien ab. Die SPRAR-Projekte bieten Übersetzungsleistungen, linguistisch-kulturelle Mediation, rechtliche Beratung, Sprachtraining, Einschulung, medizinische Versorgung, sozio-psychologische Unterstützung, Unterstützung Vulnerabler, Jobtrainings, Integrationsberatung sowie kulturelle und Freizeitaktivitäten und ein Taschengeld. Auch im SPRAR kann die Qualität der gebotenen Leistungen regional unterschiedlich sein. Das SPRAR besteht (Stand Feber 2018) aus 876 kleineren dezentralisierten, öffentlich finanzierten Aufnahmeprojekten lokaler Gemeinden und NGOs mit gesamt 35.869 Plätzen. Davon waren 3.488 Plätze in 143 Projekten für unbegleitete Minderjährige und 734 Plätze in 52 Projekten für psychisch beeinträchtigte Personen reserviert. Meist handelt es sich bei den Unterbringungen um Wohnungen (AIDA 21.3.2018).

NGOs

Außerhalb der staatlichen Strukturen existiert noch ein Netzwerk privater Unterbringungsmöglichkeiten, betrieben von karitativen Organisationen bzw. Kirchen. Ihre Zahl ist schwierig festzumachen. Interessant sind sie speziell in Notfällen oder als Integrationsmittel. Im April 2017 beherbergten über 500 Familien in Italien einen Fremden. In einer Initiative der Caritas waren im Mai 2017 rund 500 weitere Migranten privat untergebracht (AIDA 21.3.2018).

CPR (Centri di Permanenza per il Rimpatrio)

Personen, die sich illegal im Land aufhalten und keinen internationalen Schutz beantragen, kommen unter bestimmten Voraussetzungen für eine Unterbringung in einem Schubhaftzentrum (CPR) infrage. Gleiches gilt für Personen die eine Ausweisung erhalten haben. Italien verfügt über fünf CPR mit zusammen 610 Plätzen; vier weitere CPR sind derzeit inaktiv. Unbegleitete Minderjährige und Vulnerable können nicht in CPR untergebracht werden, Familien hingegen schon. In der Praxis werden aber nur sehr selten Kinder in CPR untergebracht (AIDA 21.3.2018). Wenn Migranten in den Hotspots die Abgabe von Fingerabdrücken verweigern, können sie für max. 90 Tage (30 Tage mit zweimaliger Verlängerungsmöglichkeit) in CPR inhaftiert werden (CoE-CPT 10.4.2018).

Diese Zentren waren vormals unter der Bezeichnung Centri di identificazione ed espulsione (CIE) bekannt (GDP 18.1.2018).

* Quellen:

* AIDA - Asylum Information Database (21.3.2018): Italian Council for Refugees (CIR) / Association for Legal Studies on Immigration (ASGI): Country Report: Italy,

http://www.asylumineurope.org/sites/default/files/report-download/aida_it_2017update.pdf, Zugriff 3.8.2018

* CoE-CPT - Council of Europe - European Committee for the Prevention of Torture and Inhuman or Degrading Treatment or Punishment (10.4.2018): Report to the Italian Government on the visit to Italy carried out by the European Committee for the Prevention of Torture and Inhuman or Degrading Treatment or Punishment (CPT) from 7 to 13 June 2017, https://www.ecoi.net/en/file/local/1428908/1226_1523350206_2018-13-inf-eng-docx.pdf, Zugriff 21.9.2018

* GDP - Global Detention Project (18.1.2018): Immigration Detention in Italy,

https://www.globaldetentionproject.org/wp-content/uploads/2017/11/GDP-Immigration-Detention-Report-2018.pdf, Zugriff 21.9.2018

* MSF - Médecins Sans Frontières (8.2.2018): "Out of sight" - Second edition, https://www.ecoi.net/de/dokument/1424506.html, Zugriff 19.9.2018

* USDOS - US Department of State (20.4.2018): Country Report on Human Rights Practices 2017: Italy, https://www.ecoi.net/de/dokument/1430262.html, Zugriff 24.9.2018

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VB des BM.I Italien (24.9.2018): Bericht des VB, per E-Mail

Dublin-Rückkehrer

Dublin-Rückkehrer die noch nicht in Italien offiziell untergebracht waren, haben Zugang zu Unterbringung. Eine allgemeine Aussage, wie lange es dauert bis tatsächlich ein Platz gefunden ist, ist nicht möglich. Aufgrund von mangelnder Information der Rückkehrer am Flughafen zum Wiedereintritt in das italienische Unterbringungssystem, Fragmentierung des Systems und Platzknappheit, dauert es tendenziell länger. Berichten zufolge kommt es auch vor, dass Dublin-Rückkehrer nicht untergebracht werden und sich daher selbst um ihre Unterbringung - mitunter in Behelfssiedlungen - kümmern müssen. Wenn Rückkehrer in Italien bereits einmal offiziell untergebracht waren und diese Unterbringung einfach verlassen haben, kann dies zu Problemen führen. Wenn diese Personen nach Rückkehr einen Antrag auf Unterbringung stellen, kann dieser von der zuständigen Präfektur abgelehnt werden. Gestützt auf Daten aus dem Jahr 2016, denen auch für 2017 Gültigkeit bescheinigt wird, bezeichnen NGOs den Zugang von Dublin-Rückkehrern, auch von Familien mit Kindern, zu Unterbringung in Italien, als willkürlich (AIDA 21.3.2018). Die NGO Baobab Experience betreibt in Rom ein informelles Migrantencamp und berichtet von einer Zunahme von Dublin-Rückkehrer, Antragstellern die das offizielle Unterbringungssystem verlassen müssen weil sie die maximale Unterbringungsdauer erreicht haben und Inhabern eines Schutztitels unter den von ihnen Betreuten (MSF 8.2.2018).

Im Sinne des Tarakhel-Urteils des EGMR stellte Italien im Februar 2015 in einem Rundbrief eine Liste von SPRAR-Einrichtungen zur Verfügung, welche für die Unterbringung von Familien geeignet sind, die als Dublin-Rückkehrer nach Italien zurückkehren. Zuletzt wurde am 4. Juli 2018 ein neuer Rundbrief versendet und die Liste aktualisiert. Diese umfasst nun 19 SPRAR-Projekte mit zusammen 79 Unterbringungsplätzen, welche für die Unterbringung von Familien mit Kindern im Rahmen der Dublin-Rückkehr reserviert sind (MdI 4.7.2018).

* Quellen:

* AIDA - Asylum Information Database (21.3.2018): Italian Council for Refugees (CIR) / Association for Legal Studies on Immigration (ASGI): Country Report: Italy,

http://www.asylumineurope.org/sites/default/files/report-download/aida_it_2017update.pdf, Zugriff 3.8.2018

* MdI - Ministero dell'Interno (4.7.2018): Circular Letter, per E-Mail

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MSF - Médecins Sans Frontières (8.2.2018): "Out of sight" - Second edition, https://www.ecoi.net/de/dokument/1424506.html, Zugriff 19.9.2018

Medizinische Versorgung

Asylwerber und Personen mit einem Schutzstatus in Italien müssen sich beim italienischen nationalen Gesundheitsdienst registrieren und haben dann in Bezug auf medizinische Versorgung dieselben Rechte und Pflichten wie italienische Staatsbürger. Das gilt unabhängig davon, ob sie staatliche Versorgung genießen oder nicht. Das Recht auf medizinische Versorgung entsteht formell im Moment der Registrierung eines Asylantrags, wobei es aber in der Praxis in einigen Regionen bis zu einigen Monaten Verzögerung kommen kann, weil bei bestimmten Quästuren die Zuweisung des Steuer-Codes (codice fiscale), die im Zuge der Formalisierung des Asylantrags erfolgt und für den Zugang zur medizinischen Versorgung wichtig ist, so lange dauert. Bis dahin haben die betroffenen Asylsuchenden nur Zugang zu medizinischen Basisleistungen wie etwa einer Notfallversorgung, wie sie gemäß Artikel 35 des Einwanderungsgesetzes (TUI) auch illegalen Migranten zusteht. Die Anmeldung beim italienischen nationalen Gesundheitsdienst erfolgt in den Büros der lokalen Gesundheitsdienste (Aziende sanitarie locali, ASL). Im Zuge der Registrierung wird eine Gesundheitskarte (tessera sanitaria) ausgestellt. Die Registrierung berechtigt zu folgenden Leistungen:

freie Wahl eines Hausarztes bzw. Kinderarztes (kostenlose Arztbesuche, Hausbesuche, Rezepte, usw.); Geburtshilfe und gynäkologische Betreuung bei der Familienberatung (consultorio familiare) ohne allgemeinärztliche Überweisung; kostenlose Aufenthalte in öffentlichen Krankenhäusern. Das Recht auf medizinische Versorgung sollte im Rahmen der Erneuerung der Aufenthaltserlaubnis nicht erlöschen. In der Praxis kann es aber bei der Erneuerung zu Verzögerungen kommen. Eines der größten Hindernisse für den Zugang zu Gesundheitsdiensten ist die Sprachbarriere (AIDA 21.3.2018).

Die Wohnsitzmeldung ist für Asylwerber und Schutzberechtigte die größte administrative Hürde für die Registrierung beim nationalen Gesundheitsdienst. Wenn sie aus der Unterbringung ausziehen, wird ihr Wohnsitz dort abgemeldet. Folglich müssen sie sich anderswo melden. Eine Wohnsitzmeldung in einem besetzten Gebäude oder unter einer fiktiven Adresse (wie bei Obdachlosen) ist in der Regel nicht möglich, wenn auch in Rom einzelne Kommunen gelegentlich schon Ausnahmen gemacht haben. Die Folge ist ein zunehmender Rückgriff auf das System der vorübergehend aufhältigen Fremden (Straniero Temporaneamente Presente, STP), das illegal aufhältigen Migranten den Zugang zu medizinischer Notfallbehandlung ermöglicht. Medizinische Behandlung wird vermehrt über die Notaufnahmen der Krankenhäuser in Anspruch genommen. Auch die medizinischen Leistungen von privaten humanitären Organisationen werden immer wichtiger. Diese können aber keine Medikamente zu Kassenkonditionen verschreiben, so dass die von ihnen behandelten Migranten die Medikamente zum vollen Preis kaufen müssen (MSF 8.2.2018).

Asylwerber können sich auf Basis einer Eigendeklaration bei den ASL als bedürftig registrieren lassen. Sie werden dann arbeitslosen Staatsbürgern gleichgestellt und müssen keine Praxisgebühr ("Ticket") bezahlen. Die Praxis ist jedoch nicht im ganzen Land einheitlich, die Befreiung gilt aber überall zumindest für zwei Monate ab Asylantragstellung (=der Zeitraum in dem kein Zugang zum Arbeitsmarkt besteht). Um die Ticket-Befreiung danach beizubehalten, müssen sich die AW offiziell arbeitslos melden (AIDA 21.3.2018).

Asylwerber mit psychischen Problemen und Folteropfer haben dasselbe Recht auf Zugang zu medizinischer Versorgung wie italienische Bürger. In der Praxis haben sie die Möglichkeit von speziellen Leistungen des nationalen Gesundheitsdienstes und spezialisierten NGOs zu profitieren. Die NGOs ASGI und Ärzte und Grenzen betreiben in Rom seit April 2016 ein Zentrum zur Identifikation und Rehabilitation von Folteropfern. ASGI arbeitet auch mit anderen Institutionen zusammen und beobachtet die Einhaltung der verfassungsmäßigen Rechte der Migranten auf medizinische Versorgung (AIDA 21.3.2018).

MedCOI bearbeitet grundsätzlich keine medizinischen Anfragen zu EU-Mitgliedsstaaten, da die medizinischen Mitarbeiter von MedCOI (Ärzte) davon ausgehen, dass medizinische Behandlungsmöglichkeiten in der EU generell in ausreichendem Maße verfügbar sind. Ausnahmen von dieser Regel sind nur in sehr spezifischen Einzelfällen möglich (MedCOI 14.12.2016).

* Quellen:

* AIDA - Asylum Information Database (21.3.2018): Italian Council for Refugees (CIR) / Association for Legal Studies on Immigration (ASGI): Country Report: Italy,

http://www.asylumineurope.org/sites/default/files/report-download/aida_it_2017update.pdf, Zugriff 3.8.2018

* MedCOI - Medical Country of Origin Information (14.12.2016):

Auskunft MedCOI, per E-Mail

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MSF - Médecins Sans Frontières (8.2.2018): "Out of sight" - Second edition, https://www.ecoi.net/de/dokument/1424506.html, Zugriff 19.9.2018

Zusammengefasst wurde festgehalten, dass die Identität des Beschwerdeführers nicht feststehe. Der Beschwerdeführer leide weder an einer schweren körperlichen oder ansteckenden Krankheit noch an einer psychischen Erkrankung. Der Beschwerdeführer habe in Italien um Asyl angesucht und habe Italien dem Wiederaufnahmegesuch ausdrücklich zugestimmt. In Österreich verfüge der Beschwerdeführer über keine familiären oder verwandtschaftlichen Anknüpfungspunkte. Aus den Angaben des Beschwerdeführers seien keine stichhaltigen Gründe für die Annahme glaubhaft gemacht worden, dass dieser tatsächlich konkret Gefahr liefe, in Italien Folter oder unmenschlicher oder erniedrigender Strafe oder Behandlung unterworfen zu werden oder dass diesem eine Verletzung seiner durch Art. 3 EMRK gewährleisteten Rechte dadurch drohen könnte. Insbesondere sei hervorzuheben, dass in Italien ausreichende Versorgung für Asylwerber gewährleistet sei. Dass dem Beschwerdeführer Versorgungsleistungen für Asylwerber in Italien in rechtswidriger Weise vorenthalten werden könnten, habe sich im Verfahren nicht ergeben. Mangels familiärer Anknüpfungspunkte und mangels Anhaltspunkten für eine Integrationsverfestigung in Österreich sei davon auszugehen, dass die Anordnung der Außerlandesbringung nicht zu einer relevanten Verletzung der Dublin III-VO sowie von Art. 7 GRC bzw. Art. 8 EMRK führe und die Zurückweisungsentscheidung daher unter diesen Aspekten zulässig sei. Die Regelvermutung des § 5 Abs. 3 AsylG habe bei Abwägung aller Umstände nicht erschüttert werden können. Es habe sich kein zwingender Anlass für die Ausübung des Selbsteintrittsrechts ergeben.

Am 11.02.2019 langte fristgerecht eine Beschwerde beim Bundesamt ein. Darin wird zusammengefasst ausgeführt, dass der Beschwerdeführer auf der Straße hätte schlafen müssen, da ihm keine Unterkunft zur Verfügung gestellt wäre. Weiters hätte er keine staatliche Unterstützung von der italienischen Asylbehörde bekommen, weder betreffend Integration noch des Arbeitsmarktservice.

Die Aufnahme in ein Quartier werde Asylwerbern in Italien in der Praxis erst nach der förmlichen Registrierung gewährt. Da diese oft erst Monate später erfolge, würden schon gleich zu Beginn des Asylverfahrens viele Asylwerber nicht in eine Unterkunft aufgenommen werden. Auch Dublin-Rückkehrer würden mit erheblichen Problemen konfrontiert sein, so gebe es einen Mangel an Informationen, wie sie wieder in ihr Asylverfahren einsteigen könnten. Darüber hinaus dauert es in vielen Fällen aufgrund mangelnder freier Platze und der Fragmentierung des italienischen Systems zu lange, bis ein freier Platz gefunden würde. Außerdem sei der Zugang zu medizinischen Leistungen mangelhaft.

Es wurde beantragt, der Beschwerde aufschiebende Wirkung zuzuerkennen sowie vom Selbsteintrittsrecht gemäß Artikel 17 Dublin III Verordnung Gebrauch zu machen.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Der Beschwerdeführer, ein volljähriger Staatsangehöriger aus Senegal, reiste von Libyen kommend über Italien in das Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten ein und suchte dort am 23.01.2015 um Asyl an (IT1...). In weiterer Folge begab sich der Beschwerdeführer illegal in das Bundesgebiet und stellte am 10.01.2019 den vorliegenden Antrag auf internationalen Schutz.

Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl richtete am 15.01.2019 ein Wiederaufnahmegesuch gemäß Art. 18 Abs. 1 lit. b Dublin III-VO an Italien, welchem die italienischen Behörden am 29.01.2019 ausdrücklich zustimmten.

Das Bundesverwaltungsgericht schließt sich den oben wiedergegebenen Feststellungen des angefochtenen Bescheides zur Allgemeinsituation im Mitgliedstaat Italien an.

Konkrete, in der Person des Beschwerdeführers gelegene Gründe, welche für die reale Gefahr des fehlenden Schutzes vor Verfolgung im zuständigen Mitgliedstaat sprechen, liegen nicht vor.

Es kann nicht festgestellt werden, dass der Beschwerdeführer im Falle einer Überstellung nach Italien Gefahr liefe, einer unmenschlichen Behandlung oder Strafe oder der Todesstrafe bzw. einer sonstigen konkreten individuellen Gefahr unterworfen zu werden.

Der Beschwerdeführer ist nicht lebensbedrohlich erkrankt; er leidet nicht an akuten Erkrankungen, die eine Überstellung nach Italien unzulässig machen würden. In Italien sind alle Krankheiten behandelbar und ist ausreichende medizinische Versorgung für Asylwerber gewährleistet und auch in der Praxis zugänglich.

Der Beschwerdeführer verfügt in Österreich weder über familiäre noch besondere private Anknüpfungspunkte.

2. Beweiswürdigung:

Die festgestellten Tatsachen hinsichtlich der illegalen Einreise des Beschwerdeführers in das Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten über Italien sowie der dortigen Asylantragstellung ergeben sich aus den diesbezüglichen nachvollziehbaren Angaben des Beschwerdeführers in Zusammenschau mit der vorliegenden EURODAC-Treffermeldung der Kategorie 1 mit Italien vom 23.01.2015 und der ausdrücklichen Zustimmung der italienischen Dublin-Behörde.

Die Gesamtsituation des Asylwesens im zuständigen Mitgliedstaat resultiert aus den umfangreichen und durch aktuelle Quellen belegten Länderfeststellungen des angefochtenen Bescheides, welche auf alle entscheidungsrelevanten Fragen eingehen. Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl hat in seiner Entscheidung neben Ausführungen zur Versorgungslage von Asylwerbern in Italien auch Feststellungen zur dortigen Rechtslage und Vollzugspraxis von asyl- und fremdenrechtlichen Bestimmungen (darunter konkret auch im Hinblick auf Rückkehrer nach der Dublin-VO) samt dem jeweiligen Rechtschutz im Rechtsmittelweg getroffen.

Aus den im angefochtenen Bescheid dargestellten Länderinformationen ergeben sich keine ausreichend begründeten Hinweise darauf, dass das italienische Asylwesen grobe systemische Mängel aufweisen würde. Insofern war aus Sicht des Bundesverwaltungsgerichts insbesondere in Bezug auf die Durchführung des Asylverfahrens, die medizinische Versorgung sowie die Sicherheitslage von Asylsuchenden in Italien, den Feststellungen der erstinstanzlichen Entscheidung zu folgen. Individuelle, unmittelbare und vor allem hinreichend konkrete Bedrohungen, welche den Länderberichten klar und substantiell widersprechen würden, hat der Beschwerdeführer nicht dargetan. Eine den Beschwerdeführer konkret treffende Bedrohungssituation in Italien wurde nicht ausreichend substantiiert vorgebracht (siehe hiezu die weiteren Ausführungen unten).

Die Feststellungen zum Gesundheitszustand des Beschwerdeführers ergeben sich aus den eigenen Angaben des Beschwerdeführers. Diesbezüglich wurde kein Vorbringen erstattet, welches geeignet wäre, den Schutzbereich des Art. 3 EMRK zu tangieren.

Die festgestellten persönlichen Verhältnisse des Beschwerdeführers ergeben sich aus den eigenen Angaben.

3. Rechtliche Beurteilung:

Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Gegenständlich liegt somit Einzelrichterzuständigkeit vor.

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichts ist durch das VwGVG, BGBl. I 2013/33 idF BGBl I Nr 57/2018, geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung - BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes - AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 - DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

§ 1 BFA-VG idF BGBl I Nr 56/2018, bestimmt, dass dieses Bundesgesetz allgemeine Verfahrensbestimmungen beinhaltet, die für alle Fremden in einem Verfahren vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, vor Vertretungsbehörden oder in einem entsprechenden Beschwerdeverfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht gelten. Weitere Verfahrensbestimmungen im AsylG und FPG bleiben unberührt. In Asylverfahren tritt das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl an die Stelle des Bundesasylamtes (vgl § 75 Abs 18 AsylG 2005 idF BGBl I 2013/144).

§ 16 Abs. 6 und § 18 Abs. 7 BFA-VG bestimmen für Beschwerdevorverfahren und Beschwerdeverfahren, dass §§ 13 Abs. 2 bis 5 und 22 VwGVG nicht anzuwenden sind.

Zu A) Abweisung der Beschwerde:

Die maßgeblichen Bestimmungen des Asylgesetzes 2005 (AsylG 2005) idgF lauten:

§ 5 (1) Ein nicht gemäß §§ 4 oder 4a erledigter Antrag auf internationalen Schutz ist als unzulässig zurückzuweisen, wenn ein anderer Staat vertraglich oder auf Grund der Dublin-Verordnung zur Prüfung des Asylantrages oder des Antrages auf internationalen Schutz zuständig ist. Mit der Zurückweisungsentscheidung ist auch festzustellen, welcher Staat zuständig ist. Eine Zurückweisung des Antrages hat zu unterbleiben, wenn im Rahmen einer Prüfung des § 9 Abs. 2 BFA-VG festgestellt wird, dass eine mit der Zurückweisung verbundene Anordnung zur Außerlandesbringung zu einer Verletzung von Art. 8 EMRK führen würde.

(2) Gemäß Abs. 1 ist auch vorzugehen, wenn ein anderer Staat vertraglich oder auf Grund der Dublin-Verordnung dafür zuständig ist zu prüfen, welcher Staat zur Prüfung des Asylantrages oder des Antrages auf internationalen Schutz zuständig ist.

(3) Sofern nicht besondere Gründe, die in der Person des Asylwerbers gelegen sind, glaubhaft gemacht werden oder beim Bundesamt oder beim Bundesverwaltungsgericht offenkundig sind, die für die reale Gefahr des fehlenden Schutzes vor Verfolgung sprechen, ist davon auszugehen, dass der Asylwerber in einem Staat nach Abs. 1 Schutz vor Verfolgung findet.

§ 10 (1) Eine Entscheidung nach diesem Bundesgesetz ist mit einer Rückkehrentscheidung oder einer Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß dem 8. Hauptstück des FPG zu verbinden, wenn

1. der Antrag auf internationalen Schutz gemäß §§ 4 oder 4a zurückgewiesen wird,

2. der Antrag auf internationalen Schutz gemäß § 5 zurückgewiesen wird,

3. ...

und in den Fällen der Z 1 und 3 bis 5 von Amts wegen ein Aufenthaltstitel gemäß § 57 nicht erteilt wird.

§ 9 Abs. 1 und 2 BFA-Verfahrensgesetz (BFA-VG) idgF lautet:

§ 9 (1) Wird durch eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG, eine

Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß § 61 FPG, eine Ausweisung gemäß § 66 FPG oder ein Aufenthaltsverbot gemäß § 67 FPG in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen, so ist die Erlassung der Entscheidung zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist.

(2) Bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK sind insbesondere zu berücksichtigen:

1. die Art und Dauer des bisherigen Aufenthaltes und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Fremden rechtswidrig war,

2. das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens,

3. die Schutzwürdigkeit des Privatlebens,

4. der Grad der Integration,

5. die Bindungen zum Heimatstaat des Fremden,

6. die strafgerichtliche Unbescholtenheit,

7. Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts,

8. die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Fremden in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren,

9. die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes des Fremden in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist.

§ 61 Fremdenpolizeigesetz 2005 (FPG) idgF lautet:

§ 61 (1) Das Bundesamt hat gegen einen Drittstaatsangehörigen eine

Außerlandesbringung anzuordnen, wenn

1. dessen Antrag auf internationalen Schutz gemäß §§ 4a oder 5 AsylG 2005 zurückgewiesen wird oder nach jeder weiteren, einer zurückweisenden Entscheidung gemäß §§ 4a oder 5 AsylG 2005 folgenden, zurückweisenden Entscheidung gemäß § 68 Abs. 1 AVG oder

2. ...

(2) Eine Anordnung zur Außerlandesbringung hat zur Folge, dass eine Abschiebung des Drittstaatsangehörigen in den Zielstaat zulässig ist. Die Anordnung bleibt binnen 18 Monaten ab Ausreise des Drittstaatsangehörigen aufrecht.

(3) Wenn die Durchführung der Anordnung zur Außerlandesbringung aus Gründen, die in der Person des Drittstaatsangehörigen liegen, eine Verletzung von Art. 3 EMRK darstellen würde und diese nicht von Dauer sind, ist die Durchführung für die notwendige Zeit aufzuschieben.

(4) Die Anordnung zur Außerlandesbringung tritt außer Kraft, wenn das Asylverfahren gemäß § 28 AsylG 2005 zugelassen wird.

Die maßgeblichen Bestimmungen der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates (Dublin III-VO) lauten:

"Art. 3 Verfahren zur Prüfung eines Antrags auf internationalen Schutz

(1) Die Mitgliedstaaten prüfen jeden Antrag auf internationalen Schutz, den ein Drittstaatsangehöriger oder Staatenloser im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats einschließlich an der Grenze oder in den Transitzonen stellt. Der Antrag wird von einem einzigen Mitgliedstaat geprüft, der nach den Kriterien des Kapitels III als zuständiger Staat bestimmt wird.

(2) Lässt sich anhand der Kriterien dieser Verordnung der zuständige Mitgliedstaat nicht bestimmen, so ist der erste Mitgliedstaat, in dem der Antrag auf internationalen Schutz gestellt wurde, für dessen Prüfung zuständig.

Erweist es sich als unmöglich, einen Antragsteller an den zunächst als zuständig bestimmten Mitgliedstaat zu überstellen, da es wesentliche Gründe für die Annahme gibt, dass das Asylverfahren und die Aufnahmebedingungen für Antragsteller in diesem Mitgliedstaat systemische Schwachstellen aufweisen, die eine Gefahr einer unmenschlichen oder entwürdigenden Behandlung im Sinne des Artikels 4 der EU-Grundrechtecharta mit sich bringen, so setzt der die Zuständigkeit prüfende Mitgliedstaat, die Prüfung der in Kapitel III vorgesehenen Kriterien fort, um festzustellen, ob ein an

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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