TE Bvwg Erkenntnis 2019/2/26 W264 2205631-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 26.02.2019
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Entscheidungsdatum

26.02.2019

Norm

BBG §40
BBG §41
BBG §45
B-VG Art.133 Abs4

Spruch

W264 2205631-1/9E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Dr. Tanja KOENIG-LACKNER als Vorsitzende und die Richterin Mag. Carmen LOIBNER-PERGER sowie den fachkundigen Laienrichter Mag. Gerald SOMMERHUBER als Beisitzer über die Beschwerde der

XXXX , Sozialversicherungsnummer XXXX , gegen den Bescheid des Sozialministerium Service Landesstelle Wien vom 21.6.2018,

mit welchem der Antrag auf Ausstellung eines Behindertenpasses abgewiesen wurde, nach Durchführung einer nichtöffentlichen Sitzung am 26.2.2019 gemäß

§ 28 VwGVG zu Recht erkannt:

A)

Der Beschwerde wird stattgegeben und der angefochtene Bescheid wird aufgehoben.

Der Grad der Behinderung beträgt 70 vH.

B)

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Die Beschwerdeführerin XXXX , vormals XXXX , (im Folgenden: BF) beantragte beim Sozialministerium Service Landesstelle Wien die Ausstellung eines Behindertenpasses. Der Antrag langte dort am 17.11.2017 ein.

2. Das von der belangten Behörde eingeholte medizinische Sachverständigengutachten

Dris. XXXX , Arzt für Allgemeinmedizin wurde am 10.5.2018 erstellt und basiert auf persönlicher Objektivierung am 15.2.2018.

2.1. Es hält als Ergebnis fest:

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2.2. Weiters ist dem Gutachten Dris. XXXX zu entnehmen:

"Begründung für den Gesamtgrad der Behinderung:

Das führende Leiden unter lf. Nr. 1) wird durch die Gesundheitsschädigungen unter lf. Nr. 2) bis 7) nicht erhöht, da kein maßgebliches ungünstiges funktionelles Zusammenwirken besteht.

Folgende beantragten bzw. in den zugrunde gelegten Unterlagen diagnostizierten Gesundheitsschädigungen erreichen keinen Grad der Behinderung:

Zustand nach erfolgreicher Operation eines Grauen Stars ohne dokumentierte Einschränkung der Sehleistung bedingt keinen Grad der Behinderung.

Es liegt kein Audiometriebefund vor, der die bestehende Hörstörung nach der aktuellen Einschätzungsverordnung adäquat quantifizieren lässt."

Der medizinische Sachverständige stellte nach der Einschätzungsverordnung

BGBl II 261/2010 idF BGBl II 251/2012 einen Gesamtgrad der Behinderung von 20 vH fest und attestierte "Dauerzustand".

3. Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde den Antrag auf Ausstellung eines Behindertenpasses ab, da die BF mit dem sachverständig festgestellten Grad der Behinderung von 20 vH (20%) die Voraussetzungen für die Ausstellung eines Behindertenpasses nicht erfüllt. Dabei stützte sich die belangte Behörde beweiswürdigend auf das im vorangegangenen Ermittlungsverfahren eingeholte Sachverständigengutachten des Arztes für Allgemeinmedizin. Diese Sachverständigengutachten wurden dem Bescheid beigelegt und in dessen Begründung festgehalten, dass dieses Sachverständigengutachten einen Bestandteil des Bescheids darstellt.

4. Gegen diesen Bescheid wurde von der BF das Rechtsmittel der Beschwerde vom 3.7.2018 erhoben mit dem Hinweis auf den beigefügten Augenbefund über die Sehleistung der BF.

Die Durchführung einer mündlichen Verhandlung wurde nicht beantragt.

5. Die belangte Behörde legte den bezughabenden Akt mit Vorlageschreiben vom 13.9.2018 dem Bundesverwaltungsgericht zur Entscheidung vor und langte der Akt am gleichen Tage ein.

6. Mit Verbesserungsauftrag vom 9.10.2018 wurde der BF mitgeteilt, dass die eingebrachte Beschwerde offenkundige Inhaltsmängel aufweist und eine Verbesserungsfrist von vier Wochen eingeräumt. Die BF wurde hinsichtlich elektronische Einbringung von Schriftsätzen beim Bundesverwaltungsgericht auf die Verordnung des Bundeskanzlers über den elektronischen Verkehr zwischen Bundesverwaltungsgericht und Beteiligten (BVwG-EVV) hingewiesen, wonach gemäß § 1 Abs 1 letzter Satz BVwG-EVV die Einbringung per E-Mail keine zulässige Form der elektronischen Einbringung im Sinne dieser Verordnung ist.

7. Mit Einschreiben vom 25.9.2018, RECO XXXX , übermittelte die BF Folgendes:

* Audiometriebefund Dris. XXXX vom 25.6.2018

* Kurzbefund Dris. XXXX , FA für Augenheilkunde und Optometrie, vom 19.2.2018

* Rechnung der POST AG über Telefax

8. Aufgrund der Beschwerde in Zusammenschau mit den per Einschreiben vorgelegten Unterlagen wurde Dr. XXXX , FA für HNO, um Erstellung eines schriftlichen medizinischen Sachverständigenbeweises ersucht.

Dr. XXXX wurde darin mitgeteilt, dass die BF am 15.2.2018 von Dr. XXXX , Allgemeinmediziner, befundet wurde und der Befund in das allgemeinmedizinische Gutachten vom 10.5.2018, auf welchem der nunmehr bekämpfte Bescheid vom 21.6.2018 basiert (GdB: 20%), einging, worin als Ergebnis der durchgeführten Begutachtung das Hörvermögen betreffende Funktionseinschränkungen nicht festgehalten wurden, wohl aber unter "Klinischer Status - Fachstatus" eine "Hörstörung beidseits, Hörgeräteversorgung rechts" festgehalten ist.

Nach erteiltem Mängelbehebungsauftrag vom 18.9.2018 übermittelte die BF den Audiometriebefund Dris. XXXX vom 25.6.2018 mit dem Ersuchen "die geänderte Sachlage zu überprüfen" und wurde daher Dr. XXXX ersucht zu beurteilen, ob dieser vorgelegte Befund eine abweichende Beurteilung vom bisherigen Ergebnis bzw eine Erhöhung des bislang festgestellten Gesamtgrad der Behinderung bedingt und wurde die Erstellung eines Aktengutachtens darüber erbeten. Dr. XXXX wurde in der Beilage des Gutachtensauftrags der gesamte Verwaltungsakt in Kopie (darin einliegend alle bis dahin eingeholten Gutachten) sowie der Audiometriebefund Dris. XXXX vom 25.6.2018 übermittelt.

9. Am 27.11.2018 langte das Gutachten des medizinischen Sachverständigen Dr. XXXX , Facharzt für HNO, beim Bundesverwaltungsgericht ein und lautet es auszugsweise:

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10. Aufgrund der Beschwerde in Zusammenschau mit den per Einschreiben vorgelegten Unterlagen wurde nach dem Einlangen des Sachverständigengutachtens Dris. XXXX die medizinische Sachverständige Frau Dr. XXXX , FA für Augenheilkunde, um Erstellung eines schriftlichen medizinischen Sachverständigenbeweises ersucht.

Dr. XXXX wurde darin mitgeteilt, dass die BF am 15.2.2018 von Dr. XXXX , Allgemeinmediziner, befundet wurde und der Befund in das allgemeinmedizinische Gutachten vom 10.5.2018, auf welchem der nunmehr bekämpfte Bescheid vom 21.6.2018 basiert (GdB: 20%), einging, worin als Ergebnis der durchgeführten Begutachtung das Sehvermögen betreffende Funktionseinschränkungen nicht festgehalten wurden, wohl aber unter "Klinischer Status - Fachstatus" festgehalten wird "Gleitsichtbrille".

Nach erteiltem Mängelbehebungsauftrag vom 18.9.2018 übermittelte die BF den Kurzbefund Dris. XXXX vom 19.2.2018 mit dem Ersuchen "die geänderte Sachlage zu überprüfen" und wurde daher Dr. XXXX , FA für Augenheilkunde, ersucht zu beurteilen, ob dieser vorgelegte Befund eine abweichende Beurteilung vom bisherigen Ergebnis bzw eine Erhöhung des bislang festgestellten Gesamtgrad der Behinderung bedingt und wurde die Erstellung eines Aktengutachtens darüber erbeten. In der Beilage wurde der gesamte Verwaltungsakt in Kopie (darin einliegend alle bis dahin eingeholten Gutachten) sowie der Kurzbefund Dris. XXXX vom 19.2.2018 übermittelt.

11. Dr. XXXX erstattete ihr Sachverständigengutachten vom 11.1.2019 und lautet dieses auszugsweise wie folgt:

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II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

Da sich die BF mit der Abweisung des Antrages auf Ausstellung eines Behindertenpasses nicht einverstanden erklärt hat, war die Beschwerde zu prüfen.

1. Feststellungen:

1.1. Die BF ist am XXXX geboren und hat den Wohnsitz im Inland inne.

Die BF erfüllt damit die allgemeinen Voraussetzungen für die Ausstellung eines Behindertenpasses.

1.2. Die BF begehrte mit Antrag bei der belangten Behörde Sozialministerium Service Landesstelle Wien die Ausstellung eines Behindertenpasses.

1.3. Bei der BF wurden von medizinischen Sachverständigen

folgende Funktionseinschränkungen, welche voraussichtlich länger als sechs Monate dauern, festgestellt:

a) Bewegungsstörung des rechten Schultergelenkes nach knöchern geheilter Oberarmfraktur

b) Bewegungsstörung des rechten Hüftgelenkes nach knöchern geheilter Acetabulumfraktur

c) Bewegungsstörung des rechten Kniegelenkes mit Fehlstellung

d) degenerative Veränderung der Wirbelsäule, hochgradige Osteoporose

e) Zustand nach konventionelle Gallenblasenentfernung

f) leichter Bluthochdruck

g) geringgradige Bewegungsstörung des rechten Sprunggelenkes nach stattgehabter knöchern geheilter Fraktur

h) beidseitige "an Taubheit grenzende Hörstörung"

i) grüner Star, Z. n. grauer und grüner Star Operation rechts, grauer Star links, praktisch Blindheit rechts infolge Sehverminderung auf 0,2 und Gesichtsfeldverfall, Sehverminderung links auf 0,9

1.4. Der Gesamtgrad der Behinderung beträgt 70 vH.

Bei der BF liegt somit zum aktuellen Entscheidungszeitpunkt ein Grad der Behinderung von mindestens 50 vH vor.

1.5. Es besteht Dauerzustand.

2. Beweiswürdigung:

2.1. Die Feststellung zur Örtlichkeit des Wohnsitzes der BF ergibt sich aus der unbedenklichen Auskunft aus dem Zentralen Melderegister.

Die Feststellung zum Antrag auf Ausstellung eines Behindertenpasses basiert auf dem Akteninhalt des von der belangten Behörde vorgelegten Fremdakts.

Die Feststellung, dass bei der BF zum aktuellen Entscheidungszeitpunkt ein Grad der Behinderung von 70 vH vorliegt, beruht auf den bisher eingeholten Sachverständigengutachten. Es sind dies das behördlich eingeholte Gutachten Dris. XXXX , Allgemeinmediziner, welches nach persönlicher Untersuchung am 15.2.2018 am 10.5.2018 erstellt wurde, auf dem gerichtlich eingeholten Gutachten Dris. XXXX , Facharzt für HNO, vom 11.11.2018 und auf dem gerichtlich eingeholten Gutachten Dris. XXXX , FA für Augenheilkunde, vom 11.1.2019.

In den eingeholten Gutachten Dris. XXXX vom 10.5.2018, Dris. XXXX vom 11.11.2018 und Dris. XXXX vom 11.1.2019 gehen die beigezogenen Sachverständigen aus den Fachgebieten Allgemeinmedizin, HNO und Augenheilkunde bei den unter II.1.3. a) bis i) genannten bei der BF diagnostizierten Funktionsbeeinträchtigungen auf deren Ausmaß jeweils vollständig, nachvollziehbar und widerspruchsfrei ein.

Der allgemeinmedizinische Sachverständige erstellte aufgrund der Untersuchung der BF und der von der BF bis dahin vorlegten Befunde - welche im Gutachten Dris. XXXX auf Seite 2 zitiert werden - ein richtiges und schlüssiges Gutachten.

Die beiden medizinischen Sachverständigen aus den Fachgebieten HNO bzw Augenheilkunde erstellten aufgrund der Aktenlage unter Zugrundelegung des Untersuchungsbefundes Dris. XXXX vom 15.2.2018 sowie der von der BF über das gesamte Verfahren vorlegten Befunde jeweils ein richtiges und schlüssiges Gutachten.

Alle drei nunmehr vorliegenden Gutachten setzen sich auch umfassend und nachvollziehbar mit den vorgelegten Befunden und dem Vorbringen der BF über ihre Beschwerden im Zeitpunkt der Untersuchung durch Dr. XXXX am 15.2.2018 in Zusammenschau mit den vorgelegten Befunden - welche im Gutachten Dris. XXXX auf Seite 2 zitiert werden und welche von der BF dem Gericht mit Einschreiben vom 25.9.2018 übersendet wurden - auseinander.

Der Grad der Behinderung wird nach Art und Schwere der Funktionsbeeinträchtigung in festen Sätzen oder Rahmensätzen nach der Anlage der Einschätzungsverordnung BGBl II 261/2010 idF BGBl II 251/2012 festgelegt.

Das allgemeinmedizinische Sachverständigengutachten Dris. XXXX stellt nach Untersuchung der BF am 15.2.2018 die Funktionsbeeinträchtigungen Leiden1 bis Leiden7 (oben unter II.1.3. unter a) bis g) wiedergegeben) fest. Der Grad der Behinderung wird nach Art und Schwere der Funktionsbeeinträchtigung in festen Sätzen oder Rahmensätzen nach der Anlage der Einschätzungsverordnung BGBl II 261/2010 idF BGBl II 251/2012 festgelegt.

Das sachverständig festgestellte Leiden1 fällt nach der Einschätzungsverordnung BGBl II 261/2010 idF BGBl II 251/2012 unter Position Nr. 02.06.03, für welche die Einschätzungsverordnung einen fixen Rahmensatz von 20% vorsieht, welcher vom Sachverständigen angewandt wurde.

Das allgemeinmedizinische Sachverständigengutachten Dris. XXXX stellt nach Untersuchung der BF am 15.2.2018 die Funktionsbeeinträchtigung Leiden2 "Bewegungsstörung des rechten Hüftgelenkes nach knöchern geheilter Acetabulumfraktur" fest unter Anwendung des oberen Rahmensatzes von 20%.

Das sachverständig festgestellte Leiden2 fällt nach der Einschätzungsverordnung BGBl II 261/2010 idF BGBl II 251/2012 unter Position Nr. 02.05.07, für welche die Einschätzungsverordnung einen Rahmensatz von 10% bis 20% vorsieht, welcher vom Sachverständigen angewandt wurde.

Das allgemeinmedizinische Sachverständigengutachten Dris. XXXX stellt nach Untersuchung der BF am 15.2.2018 die Funktionsbeeinträchtigung Leiden3 "Bewegungsstörung des rechten Kniegelenkes mit Fehlstellung" fest unter Anwendung des oberen Rahmensatzes von 20%.

Das sachverständig festgestellte Leiden3 fällt nach der Einschätzungsverordnung BGBl II 261/2010 idF BGBl II 251/2012 unter Position Nr. 02.05.18, für welche die Einschätzungsverordnung einen Rahmensatz von 10% bis 20% vorsieht, welcher vom Sachverständigen angewandt wurde.

Das allgemeinmedizinische Sachverständigengutachten Dris. XXXX stellt nach Untersuchung der BF am 15.2.2018 die Funktionsbeeinträchtigung Leiden4 "degenerative Veränderungen der Wirbelsäule, hochgradige Osteoporose" fest unter Anwendung des oberen Rahmensatzes von 20%.

Das sachverständig festgestellte Leiden4 fällt nach der Einschätzungsverordnung BGBl II 261/2010 idF BGBl II 251/2012 unter Position Nr. 02.01.01, für welche die Einschätzungsverordnung einen Rahmensatz von 10% bis 20% vorsieht, welcher vom Sachverständigen angewandt wurde.

Das allgemeinmedizinische Sachverständigengutachten Dris. XXXX stellt nach Untersuchung der BF am 15.2.2018 die Funktionsbeeinträchtigung Leiden5 "Zustand nach konventioneller Gallenblasenentfernung" fest unter Anwendung des unteren Rahmensatzes von 10%.

Das sachverständig festgestellte Leiden5 fällt nach der Einschätzungsverordnung BGBl II 261/2010 idF BGBl II 251/2012 unter Position Nr. 07.06.01, für welche die Einschätzungsverordnung einen Rahmensatz von 10% bis 20% vorsieht, welcher vom Sachverständigen angewandt wurde.

Das allgemeinmedizinische Sachverständigengutachten Dris. XXXX stellt nach Untersuchung der BF am 15.2.2018 die Funktionsbeeinträchtigung Leiden6 "leichter Bluthochdruck" fest unter Anwendung des fixen Rahmensatzes von 10%.

Das sachverständig festgestellte Leiden6 fällt nach der Einschätzungsverordnung BGBl II 261/2010 idF BGBl II 251/2012 unter Position Nr. 05.01.01, für welche die Einschätzungsverordnung einen fixen Satz von 10% vorsieht, welcher vom Sachverständigen angewandt wurde.

Das allgemeinmedizinische Sachverständigengutachten Dris. XXXX stellt nach Untersuchung der BF am 15.2.2018 die Funktionsbeeinträchtigung Leiden7 "geringgradige Bewegungsstörung des rechten Sprunggelenkes nach stattgehabter knöchern geheilter Fraktur" fest unter Anwendung des unteren Rahmensatzes von 10%.

Das sachverständig festgestellte Leiden7 fällt nach der Einschätzungsverordnung BGBl II 261/2010 idF BGBl II 251/2012 unter Position Nr. 02.05.32, für welche die Einschätzungsverordnung einen Rahmensatz von 10% bis 40% vorsieht, welcher vom Sachverständigen angewandt wurde.

Das nunmehr hinzugetretene sachverständig von Dr. XXXX , Facharzt für HNO, festgestellte Leiden "beidseitige an Taubheit grenzende Hörstörung" (oben unter II.1.3. h) festgehalten) fällt nach der Einschätzungsverordnung BGBl II 261/2010 idF BGBl II 251/2012 unter Position Nr. 12.01.01, für welche die Einschätzungsverordnung in der Tabelle den Satz von 60% vorsieht, welcher vom Sachverständigen angewandt wurde.

Das nunmehr hinzugetretene sachverständig von Dr. XXXX , Facharzt für Augenheilkunde, festgestellte Leiden "grüner Star, Zustand nach grauer und grüner Star Operation rechts, grauer Star links, prakt. Blindheit rechts infolge Sehverminderung auf 0,2 und Gesichtsfeldverfall, Sehverminderung links auf 0,9" (oben unter II.1.3. i) festgehalten) fällt nach der Einschätzungsverordnung BGBl II 261/2010 idF BGBl II 251/2012 unter Position Nr. 11.02.01, für welche die Einschätzungsverordnung in der Tabelle den Satz von 30% vorsieht, welcher von der Sachverständigen angewandt wurde.

Die Sachverständige führte auch aus, dass der zuvor vom Facharzt für HNO, Dr. XXXX , ohne Beachtung des oben unter II.1.3. i) genannten Augenleidens mit 60vH festgestellte Gesamtgrad der Behinderung durch das Augenleiden II.1.3. i) um eine Stufe erhöht wird, da zwei Sinnesleiden zusammentreffen und daher eine ungünstige Leidensbeeinflussung besteht, sodass der Gesamtgrad der Behinderung 70vH (70%) beträgt.

Die eingeholten Gutachten Dris. XXXX vom 10.5.2018, Dris. XXXX vom 11.11.2018 und Dris. XXXX vom 11.1.2019 werden aufgrund der in den Gutachten nachvollziehbar gemachten Ausführungen seitens des Bundesverwaltungsgerichts als vollständig und schlüssig erachtet und weisen diese jeweils keine Widersprüche auf. Diese drei eingeholten Sachverständigengutachten stehen mit den Erfahrungen des Lebens, der ärztlichen Wissenschaft und den Denkgesetzen nicht in Widerspruch. Auch wurde von der BF im Verfahren nichts vorgebracht, was so zu deuten wäre, die Tauglichkeit der befassten Sachverständigen Dr XXXX , Dr. XXXX und Dr. XXXX oder deren Beurteilungen beziehungsweise Feststellungen in Zweifel zu ziehen.

Die getroffene Einschätzung, basierend auf den von der BF im Verfahren zur Verfügung gestellten Befunde ihrer niedergelassenen Ärzte und der vom Allgemeinmediziner Dr XXXX durchgeführten Untersuchung der BF, entspricht den von drei medizinischen Sachverständigen festgestellten Funktionsbeeinträchtigung. Die bei der BF vorhandenen Gesundheitsschädigungen wurde nach der Einschätzungsverordnung BGBl II 261/2010 idF BGBl II 251/2012 richtig eingestuft.

Die eingeholten Sachverständigengutachten Dris. XXXX vom 10.5.2018, Dris. XXXX vom 11.11.2018 und Dris. XXXX vom 11.1.2019 stammen aus der Feder eines Allgemeinmediziners, eines FA für HNO und einer FA für Augenheilkunde und werden diese drei jeweils vom Bundesverwaltungsgericht in freier Beweiswürdigung dieser Entscheidung zu Grunde gelegt.

Der Grundsatz der freien Beweiswürdigung (§ 45 Abs 2 AVG) bedeutet nach stRsp des VwGH nicht, dass der in der Begründung des Bescheids niederzulegende Denkvorgang der verwaltungsgerichtlichen Kontrolle nicht unterliegt. Die Bestimmung des § 45 Abs 2 AVG hat nur zur Folge, dass die Würdigung der Beweise keinen gesetzlichen Regeln unterworfen ist. Dies schließt jedoch eine verwaltungsgerichtliche Kontrolle in der Richtung nicht aus, ob der Sachverhalt genügend erhoben ist.

Die vorliegenden Beweismittel und der vorgelegte Fremdakt der belangten Behörde - in welchem die von der BF vorgelegten Beweismittel (in den Gutachten näher bezeichnete medizinische Unterlagen) sowie die mit Einschreiben vom 25.9.2018 vorgelegten medizinischen Beweismittel (oben näher bezeichnet) ermöglichen dem erkennenden Gericht, sich vom entscheidungsrelevanten Sachverhalt im Rahmen der freien Beweiswürdigung ein ausreichendes Bild zu machen.

Die freie Beweiswürdigung ist ein Denkprozess, der den Regeln der Logik zu folgen hat, und im Ergebnis zu einer Wahrscheinlichkeitsbeurteilung eines bestimmten historisch empirischen Sachverhalts, also von Tatsachen, führt. Der Verwaltungsgerichtshof führt dazu präzisierend aus, dass eine Tatsache in freier Beweiswürdigung nur dann als erwiesen angenommen werden darf, wenn die Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens ausreichende und sichere Anhaltspunkte für eine derartige Schlussfolgerung liefern (VwGH 28.09.1978, Zahl 1013, 1015/76).

Die Würdigung der Beweise ist zufolge § 45 Abs 2 AVG keinen gesetzlichen Regeln unterworfen. Davon ist jedoch eine verwaltungsgerichtliche Kontrolle in der Richtung ob die bei der Beweiswürdigung vorgenommenen Erwägungen schlüssig sind, nicht ausgeschlossen. Schlüssig sind solche Erwägungen nur dann, wenn sie ua den Denkgesetzen, somit auch dem allgemeinen menschlichen Erfahrungsgut, entsprechen.

Hauer/Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens5, § 45 AVG, E 50, Seite 305, führt beispielsweise in Zitierung des Urteils des Obersten Gerichtshofs vom 29.02.1987, Zahl 13 Os 17/87, aus: "Die aus der gewissenhaften Prüfung aller für und wider vorgebrachten Beweismittel gewonnene freie Überzeugung der Richter wird durch eine hypothetisch denkbare andere Geschehensvariante nicht ausgeschlossen. Muss doch dort, wo ein Beweisobjekt der Untersuchung mit den Methoden einer Naturwissenschaft oder unmittelbar einer mathematischen Zergliederung nicht zugänglich ist, dem Richter ein empirisch-historischer Beweis genügen. Im gedanklichen Bereich der Empirie vermag daher eine höchste, ja auch eine (nur) hohe Wahrscheinlichkeit die Überzeugung von der Richtigkeit der wahrscheinlichen Tatsache zu begründen, (...)".

Nach der ständigen Judikatur des VwGH muss ein Sachverständigengutachten einen Befund und das eigentliche Gutachten im engeren Sinn enthalten. Der Befund ist die vom Sachverständigen - wenn auch unter Zuhilfenahme wissenschaftlicher Feststellungs-methoden - vorgenommene Tatsachenfeststellung. Die Schlussfolgerungen des Sachverständigen aus dem Befund, zu deren Gewinnung er seine besonderen Fachkenntnisse und Erfahrungen benötigt, bilden das Gutachten im engeren Sinn (VwGH vom 17.02.2004, GZ 2002/06/0151).

Unter dem Blickwinkel der Judikatur der Höchstgerichte - insbesondere der zitierten Entscheidungen - sind die oben auszugsweise zitierten medizinischen Sachverständigengutachten Dris. XXXX vom 10.5.2018, Dris. XXXX vom 11.11.2018 und Dris. XXXX vom 11.1.2019 schlüssig, nachvollziehbar und weisen diese jeweils keine Widersprüche auf und erfüllen diese die Grundlage der Einschätzung des GdB bildende eingeholte Gutachten die Voraussetzungen des § 2 Abs 2 und des § 3 der Einschätzungsverordnung BGBl II 261/2010 idF BGBl II 251/2012.

Nach Würdigung des erkennenden Gerichtes erfüllen die über das gesamte Verfahren eingeholten Sachverständigengutachten Dris. XXXX vom 10.5.2018, Dris. XXXX vom 11.11.2018 und Dris. XXXX vom 11.1.2019 auch die an ein ärztliches Sachverständigengutachten gestellten Anforderungen.

3. Rechtliche Beurteilung:

3.1. Die maßgeblichen formalrechtlichen Rechtsgrundlagen sind jene des Bundesverwaltungsgerichtsgesetz (BVwGG) und jene des Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG).

Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Im Bundesbehindertengesetz normiert § 45 Abs 3, dass in Verfahren auf Ausstellung eines Behindertenpasses oder auf Vornahme einer Zusatzeintragung oder auf Einschätzung des Grad der Behinderung die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts durch Senat zu erfolgen hat. Gegenständlich liegt somit Senatszuständigkeit vor, sodass entsprechend dem § 45 Abs 4 BBG ein Vertreter der Interessensvertretung der Menschen mit Behinderung als fachkundiger Laienrichter hinzuzuziehen war.

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte - mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes - ist durch das VwGVG, BGBl. I Nr. 33/2013, geregelt (§ 1 leg.cit.).

Gemäß § 58 Abs 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.

Gemäß § 17 VwGVG sind - soweit im VwGVG nicht anderes bestimmt ist - auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

Gemäß § 27 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, soweit nicht Rechtswidrigkeit wegen Unzuständigkeit der Behörde gegeben ist, den angefochtenen Bescheid auf Grund der Beschwerde (§ 9 Abs 1 Z 3 und 4) oder auf Grund der Erklärung über den Umfang der Anfechtung (§ 9 Abs 3) zu überprüfen.

Gemäß § 28 Abs 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen.

Gemäß § 28 Abs 2 VwGVG hat das Verwaltungsgericht über Beschwerden gemäß

Art 130 Abs 1 Z 1 B-VG dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.

Zu Spruchpunkt A) - Entscheidung in der Sache:

Die maßgeblichen materiellrechtlichen Bestimmungen sind jene des Bundesbehindertengesetz (BBG).

Gemäß § 1 Abs 2 BBG ist unter "Behinderung" iSd BBG die Auswirkung einer nicht nur vorübergehenden körperlichen, geistigen oder psychischen Funktionsbeeinträchtigung oder Beeinträchtigung der Sinnesfunktionen zu verstehen, welche geeignet ist, die Teilhabe am Leben in der Gesellschaft zu erschweren. Als nicht nur vorübergehend gilt ein Zeitraum von mehr als voraussichtlich sechs Monaten.

§ 40 Abs 1 BBG normiert, dass behinderten Menschen mit Wohnsitz oder gewöhnlichem Aufenthalt im Inland und einem Grad der Behinderung oder einer Minderung der Erwerbsfähigkeit von mindestens 50% auf Antrag vom Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen (§ 45) ein Behindertenpass auszustellen ist, wenn

1. ihr Grad der Behinderung (ihre Minderung der Erwerbsfähigkeit) nach bundesgesetzlichen Vorschriften durch Bescheid oder Urteil festgestellt ist oder

2. sie nach bundesgesetzlichen Vorschriften wegen Invalidität, Berufsunfähigkeit, Dienstunfähigkeit oder dauernder Erwerbsunfähigkeit Geldleistungen beziehen oder

3. sie nach bundesgesetzlichen Vorschriften ein Pflegegeld, eine Pflegezulage, eine Blindenzulage oder eine gleichartige Leistung erhalten oder

4. für sie erhöhte Familienbeihilfe bezogen wird oder sie selbst erhöhte Familienbeihilfe beziehen oder

5. sie dem Personenkreis der begünstigten Behinderten im Sinne des Behinderteneinstellungsgesetzes (BEinstG), BGBl 22/1970, angehören.

Behinderten Menschen, welche nicht dem im Abs 1 angeführten Personenkreis angehören, ist ein Behindertenpass auszustellen, wenn und insoweit das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen auf Grund von Vereinbarungen des Bundes mit dem jeweiligen Land oder auf Grund anderer Rechtsvorschriften hiezu ermächtigt ist (§ 40 Abs 2 BBG).

Die Höhe des Freibetrages bestimmt sich nach dem Ausmaß der Minderung der Erwerbsfähigkeit (Grad der Behinderung). Die Minderung der Erwerbsfähigkeit (Grad der Behinderung) richtet sich in Fällen,

1. in denen Leistungen wegen einer Behinderung erbracht werden, nach der hiefür maßgebenden Einschätzung,

2. in denen keine eigenen gesetzlichen Vorschriften für die Einschätzung bestehen, nach § 7 und § 9 Abs. 1 des Kriegsopferversorgungsgesetzes 1957 bzw. nach der Einschätzungsverordnung, BGBl. II Nr. 261/2010, für die von ihr umfassten Bereiche.

§ 35 Abs 2 Einkommensteuergesetz 1988 (EStG) sieht vor, dass die Tatsache der Behinderung und das Ausmaß der Minderung der Erwerbsfähigkeit

(Grad der Behinderung) durch eine amtliche Bescheinigung der für diese Feststellung zuständigen Stelle nachzuweisen sind. Eine solche zuständige Stelle ist:

-

Der Landeshauptmann bei Empfängern einer Opferrente (§ 11 Abs. 2 des Opferfürsorgegesetzes, BGBl. Nr. 183/1947).

-

Die Sozialversicherungsträger bei Berufskrankheiten oder Berufsunfällen von Arbeitnehmern.

-

In allen übrigen Fällen sowie bei Zusammentreffen von Behinderungen verschiedener Art das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen; dieses hat den Grad der Behinderung durch Ausstellung eines Behindertenpasses nach §§ 40 ff des Bundesbehindertengesetzes, im negativen Fall durch einen in Vollziehung dieser Bestimmungen ergehenden Bescheid zu bescheinigen.

Als Nachweis für das Vorliegen der im § 40 genannten Voraussetzungen gilt der letzte rechtskräftige Bescheid eines Rehabilitationsträgers (§ 3), ein rechtskräftiges Urteil eines Gerichtes nach dem Arbeits- und Sozialgerichtsgesetz, BGBl 104/1985, ein rechtskräftiges Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes oder die Mitteilung über die Gewährung der erhöhten Familienbeihilfe gemäß § 8 Abs 5 des Familienlastenausgleichsgesetzes 1967,

BGBl 376.

Gemäß § 41 Abs 1 BBG hat das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen den Grad der Behinderung nach der Einschätzungsverordnung (BGBl II 261/2010 idF BGBl II 251/2012) unter Mitwirkung von ärztlichen Sachverständigen einzuschätzen, wenn

1. nach bundesgesetzlichen Vorschriften Leistungen wegen einer Behinderung erbracht werden und die hiefür maßgebenden Vorschriften keine Einschätzung vorsehen oder

2. zwei oder mehr Einschätzungen nach bundesgesetzlichen Vorschriften vorliegen und keine Gesamteinschätzung vorgenommen wurde oder

3. ein Fall des § 40 Abs 2 BBG vorliegt.

Gemäß § 54 Abs 12 BBG sind die Gesetzesstellen § 1, § 41 Abs 1 und 2, § 55 Abs 4 und 5 idF BGBl I 81/2010 mit 1. September 2010 in Kraft getreten.

Gemäß § 42 Abs 1 BBG hat der Behindertenpass den Vornamen sowie den Familien- oder Nachnamen, das Geburtsdatum eine allfällige Versicherungsnummer und den festgestellten Grad der Behinderung oder der Minderung der Erwerbsfähigkeit zu enthalten und ist mit einem Lichtbild auszustatten. Zusätzliche Eintragungen, die dem Nachweis von Rechten und Vergünstigungen dienen, sind auf Antrag des behinderten Menschen zulässig. Die Eintragung ist vom Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen vorzunehmen.

Der Behindertenpass ist gemäß § 42 Abs 2 BBG unbefristet auszustellen, wenn keine Änderung in den Voraussetzungen zu erwarten ist.

Treten Änderungen ein, durch die behördliche Eintragungen im Behindertenpass berührt werden, hat das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen diese zu berichtigen oder erforderlichenfalls einen neuen Behindertenpass auszustellen. Bei Wegfall der Voraussetzungen ist der Behindertenpass einzuziehen (§ 43 Abs 1 BBG).

Gemäß § 45 Abs 1 BBG sind Anträge auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme einer Zusatzeintragung oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung unter Anschluss der erforderlichen Nachweise bei dem Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen einzubringen.

Ein Bescheid ist nur dann zu erteilen, wenn einem Antrag gemäß Abs 1 nicht stattgegeben, das Verfahren eingestellt (§ 41 Abs 3 BBG) oder der Pass eingezogen wird. Dem ausgestellten Behindertenpass kommt gemäß § 45 Abs 2 BBG Bescheidcharakter zu.

Die maßgebenden Bestimmungen der Verordnung des Bundesministers für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz betreffend nähere Bestimmungen über die Feststellung des Grades der Behinderung (Einschätzungsverordnung BGBl II 261/2010 idF BGBl II 251/2012) lauten auszugsweise wie folgt:

Behinderung

§ 1. Unter Behinderung im Sinne dieser Verordnung ist die Auswirkung einer nicht nur vorübergehenden körperlichen, geistigen oder psychischen Funktionsbeeinträchtigung oder Beeinträchtigung der Sinnesfunktionen zu verstehen, die geeignet ist, die Teilhabe am Leben in der Gesellschaft, insbesondere am allgemeinen Erwerbsleben, zu erschweren. Als nicht nur vorübergehend gilt ein Zeitraum von mehr als voraussichtlich sechs Monaten.

Grad der Behinderung

§ 2. (1) Die Auswirkungen der Funktionsbeeinträchtigungen sind als Grad der Behinderung zu beurteilen. Der Grad der Behinderung wird nach Art und Schwere der Funktionsbeeinträchtigung in festen Sätzen oder Rahmensätzen in der Anlage dieser Verordnung festgelegt. Die Anlage bildet einen Bestandteil dieser Verordnung.

(2) Bei Auswirkungen von Funktionsbeeinträchtigungen, die nicht in der Anlage angeführt sind, ist der Grad der Behinderung in Analogie zu vergleichbaren Funktionsbeeinträchtigungen festzulegen.

(3) Der Grad der Behinderung ist nach durch zehn teilbaren Hundertsätzen festzustellen. Ein um fünf geringerer Grad der Behinderung wird von ihnen mit umfasst. Das Ergebnis der Einschätzung innerhalb eines Rahmensatzes ist zu begründen.

Gesamtgrad der Behinderung

§ 3. (1) Eine Einschätzung des Gesamtgrades der Behinderung ist dann vorzunehmen, wenn mehrere Funktionsbeeinträchtigungen vorliegen. Bei der Ermittlung des Gesamtgrades der Behinderung sind die einzelnen Werte der Funktionsbeeinträchtigungen nicht zu addieren. Maßgebend sind die Auswirkungen der einzelnen Funktionsbeeinträchtigungen in ihrer Gesamtheit unter Berücksichtigung ihrer wechselseitigen Beziehungen zueinander.

(2) Bei der Ermittlung des Gesamtgrades der Behinderung ist zunächst von jener Funktionsbeeinträchtigung auszugehen, für die der höchste Wert festgestellt wurde. In der Folge ist zu prüfen, ob und inwieweit dieser durch die weiteren Funktionsbeeinträchtigungen erhöht wird. Gesundheitsschädigungen mit einem Ausmaß von weniger als 20 vH sind außer Betracht zu lassen, sofern eine solche Gesundheitsschädigung im Zusammenwirken mit einer anderen Gesundheitsschädigung keine wesentliche Funktionsbeeinträchtigung verursacht.

Bei Überschneidungen von Funktionsbeeinträchtigungen ist grundsätzlich vom höheren Grad der Behinderung auszugehen.

(3) Eine wechselseitige Beeinflussung der Funktionsbeeinträchtigungen, die geeignet ist, eine Erhöhung des Grades der Behinderung zu bewirken, liegt vor, wenn

-

sich eine Funktionsbeeinträchtigung auf eine andere besonders nachteilig auswirkt,

-

zwei oder mehrere Funktionsbeeinträchtigungen vorliegen, die gemeinsam zu einer wesentlichen Funktionsbeeinträchtigung führen.

(4) Eine wesentliche Funktionsbeeinträchtigung ist dann gegeben, wenn das Gesamtbild der Behinderung eine andere Beurteilung gerechtfertigt erscheinen lässt, als die einzelnen Funktionsbeeinträchtigungen alleine.

Grundlage der Einschätzung

§ 4. (1) Die Grundlage für die Einschätzung des Grades der Behinderung bildet die Beurteilung der Funktionsbeeinträchtigungen im körperlichen, geistigen, psychischen Bereich oder in der Sinneswahrnehmung in Form eines ärztlichen Sachverständigengutachtens. Erforderlichenfalls sind Experten aus anderen Fachbereichen - beispielsweise Psychologen - zur ganzheitlichen Beurteilung heran zu ziehen.

(2) Das Gutachten hat neben den persönlichen Daten die Anamnese, den Untersuchungsbefund, die Diagnosen, die Einschätzung des Grades der Behinderung, eine Begründung für die Einschätzung des Grades der Behinderung innerhalb eines Rahmensatzes sowie die Erstellung des Gesamtgrades der Behinderung und dessen Begründung zu enthalten.

Zunächst ist rechtlich festzuhalten, dass der Grad der Behinderung im gegenständlichen Fall - wie dies auch die belangte Behörde zu Recht annahm - nach der Einschätzungsverordnung BGBl II 261/2010 idF BGBl II 251/2012 einzuschätzen war und blieb dies in der Beschwerde auch unbestritten.

Da der gegenständliche Antrag auf Ausstellung eines Behindertenpasses bei der belangten Behörde am 17.11.2017 einlangte und somit nach dem Tag des Inkrafttretens der Einschätzungsverordnung, dem 1.9.2010, gestellt wurde, war der Grad der Behinderung nach der Einschätzungsverordnung idgF zu beurteilen.

Betreffend die bei der BF sachverständig festgestellten vorliegenden Leiden ist der Anlage zur Einschätzungsverordnung BGBl II 261/2010 idF

BGBl II 251/2012 Näheres zu entnehmen. Die Einschätzungsverordnung normiert für die in casu festgestellten Funktionsbeeinträchtigungen wie untenstehend wiedergegeben. Betreffend die Leiden1 bis Leiden7 (oben unter II.1.3. unter a) bis g) wiedergegeben):

Ad Leiden1 - 02.06.03:

02.06 Obere Extremitäten

Bei Verlust oder Teilverlust des primären Gebrauchsarms ist nach Abschluss der Rehabilitation und einer Adapatierungsphase eine unzureichende Anpassung zu berücksichtigen, der GdB um 10% anzuheben und zu begründen. Schultergelenk, Schultergürtel Instabilität (habituelle Luxation) ist entsprechend dem Ausmaß der Funktionseinschränkungen und der Häufigkeit einzuschätzen.

02.06.03 Funktionseinschränkung mittleren Grades einseitig 20 %

Abduktion und Elevation bis maximal 90° mit entsprechender Einschränkung der Außen- und Innenrotation

Ad Leiden2 - 02.05.07:

02.05 Untere Extremitäten - Hüftgelenke

02.05.07 Funktionseinschränkung geringen Grades einseitig 10 - 20 %

Streckung/Beugung bis zu 0-10-90° mit entsprechender Einschränkung der Dreh- und Spreizfähigkeit

Ad Leiden3 - 02.05.18:

Kniegelenk

Funktionseinschränkungen im Kniegelenk als Folge von Knorpel-, Band- und Meniskusläsionen. Ausprägungen von Knorpelschäden geringeren, mittleren und schwereren Grades werden in der Einschätzung mitberücksichtigt. Bei Versorgung mit Endoprothesen (einseitig oder beidseitig) wird der Einschätzungswert um 10 % erhöht.

02.05.18 Funktionseinschränkung geringen Grades einseitig 10 - 20 %

Streckung/Beugung bis 0-0-90°

Ad Leiden4 - 02.01.01:

02.01 Wirbelsäule

02.01.01 Funktionseinschränkungen geringen Grades 10 - 20 %

Akute Episoden selten (2-3 Mal im Jahr) und kurzdauernd (Tage) Mäßige radiologische Veränderungen Im Intervall nur geringe Einschränkungen im Alltag und Arbeitsleben Keine Dauertherapie erforderlich

Ad Leiden5 - 07.06.01:

07.06 Gallenblase und Gallengänge

Malignome sind nach Abschnitt 13 einzuschätzen.

07.06.01 Funktionelle Störungen der Gallenwege 10 - 20 %

Koliken in Abständen von Monaten, Entzündungen in Abständen von Jahren, häufige Koliken, Entzündungen und Intervallbeschwerden Verlust der Gallenblase mit Störung

Ad Leiden6 - 05.05.01:

05 Herz und Kreislauf

05.01 Hypertonie

Liegt eine schwerere (über mäßig hinausgehende) Hypertonie vor, stehen die Folgeerkrankungen weit im Vordergrund. Es sind folglich diese Funktionseinschränkungen einzuschätzen. Die ursächliche Hypertonie ist bei dieser Einschätzung dann mit umfasst.

Ad Leiden7 - 02.05.32:

Sprunggelenk

Funktionseinschränkung bis Versteifung der Sprunggelenke je nach Funktion und Stellung - günstige oder ungünstige Stellung.

02.05.32 Funktionseinschränkung bis Versteifung einseitig 10 - 40 %

Betreffend das vom FA für HNO attestierte Leiden (oben unter II.1.3. unter h) wiedergegeben) - 12.02.01:

12.02 Hörorgan

12.02.01 -Einschränkungen des Hörvermögens -nach Tabelle

Die Prüfung des Hörvermögens ist ohne Hörhilfe am besser hörenden Ohr durchzuführen.

Neben der groben Prüfung der Hörweite für Umgangsprache und der Einbeziehung vorliegender Audiogramme in die Beurteilung ist die Hörprüfung nach der orientierenden Tabelle für Allgemeinmediziner durchzuführen.

Bei der fachärztlichen Beurteilung ist der prozentuelle Hörverlust (beiliegenden Tabellen) aus den Ergebnissen des Tonschwellenaudiogramms bzw. Sprachaudiogramms für die Beurteilung heranzuziehen.

Hörbedingte Sprachstörungen erhöhten den Wert um 10 % und bei Stummheit um 20 %.

Bei Kindern und Jugendlichen bis zum vollendeten 14. Lebensjahr (Abschluss der Sprachentwicklung) ist die Einschätzungstabelle für Kinder heranzuziehen. Damit werden die Sprachentwicklungsstörungen und Beeinträchtigungen der geistigen und sozialen Entwicklung miterfasst. Kriterium ist das besser hörende Ohr.

Einschätzungsrichtlinie laut österreichischer HNO-Gesellschaft:

1.-5. L j 6. - 10. L j 11.-14. L j

Geringgradig - 30 % - 20 % - 10 % -

Mittelgradig - 70 % - 60 % - 50 % -

Hochgradig - 90 % - 90 % - 80 % -

An Taubheit grenzend - 100 % - 100 % - 100 % -

Bild kann nicht dargestellt werden

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* ergänzt nach Plath (1968) zum leichteren Verständnis für Hörende

** Bei einem dera

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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