Entscheidungsdatum
27.02.2019Norm
Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen §1Spruch
W207 2175365-1/10E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Michael SCHWARZGRUBER als Vorsitzender und die Richterin Mag. Natascha GRUBER sowie den fachkundigen Laienrichter Mag. Gerald SOMMERHUBER als Beisitzer über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , vertreten durch den Kriegsopfer- und Behindertenverband für Wien, Niederösterreich und Burgenland (KOBV), gegen den Bescheid des Sozialministeriumservice, Landesstelle Wien, vom 26.09.2017, OB:
XXXX , betreffend Abweisung des Antrages auf Vornahme der Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung" in den Behindertenpass, zu Recht erkannt:
A)
Die Beschwerde wird gemäß § 42 Abs. 1 und § 45 Abs. 1 und 2 Bundesbehindertengesetz (BBG) und § 1 Abs. 4 Z 3 der Verordnung über die Ausstellung von Behindertenpässen und Parkausweisen idgF abgewiesen.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
I. Verfahrensgang Die Beschwerdeführerin ist seit 07.05.2007 Inhaberin eines Behindertenpasses mit einem Gesamtgrad der Behinderung von 70 v.H. Die Ausstellung des Behindertenpasses erfolgte auf Grundlage eines medizinischen Sachverständigengutachtens eines Lungenfacharztes vom 25.04.2007, in dem auf Grundlage der Bestimmungen der Richtsatzverordnung die Funktionseinschränkungen 1. "Bullöses Lungenemphysem mit Zustand nach zweimaliger Zystenresektion", bewertet mit einem (Einzel)Grad der Behinderung von 50 v.H. nach der Positionsnummer 295 der Richtsatzverordnung und 2. "Bronchiektasien im rechten Lungenunterlappen", bewertet mit einem (Einzel)Grad der Behinderung von 40 v.H. nach der Positionsnummer 290 der Richtsatzverordnung, festgestellt wurden. Betreffend den festgestellten Grad der Behinderung wurde ausgeführt, dass das Leiden 1 durch das Leiden 2 um zwei Stufen erhöht werde, da eine ungünstige wechselseitige Leidensbeeinflussung vorliege. Betreffend die Benutzung öffentlicher Verkehrsmittel wurde festgehalten, dass diese zumutbar sei, da keine massive hochgradige Atemnot bei geringster Belastung oder eine Langzeit-Sauerstoff-Therapie vorliege.
Am 15.07.2016 stellte die Beschwerdeführerin beim Sozialministeriumsservice (in der Folge auch als belangte Behörde bezeichnet) einen Antrag auf Vornahme der Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung" in den Behindertenpass. Dieser Antrag wurde mit Bescheid der belangten Behörde vom 20.12.2016 rechtskräftig abgewiesen. Dies erfolgte auf Grundlage eines medizinischen Sachverständigengutachtens eines Arztes für Allgemeinmedizin vom 03.10.2016, in dem die Funktionseinschränkungen 1. "Cystische Fibrose/bullöses Lungenemphysem mit Zustand nach 2-maliger Zystenresektion und Oberfappenresektion rechts." und 2. "Chronisch-obstruktive Atemwegserkrankung/COPD IV und Bronchiektasien im rechten Lungenunterlappen." festgestellt wurden. Betreffend die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel hielt der Sachverständige damals fest, dass keinerlei erhebliche funktionelle Einschränkungen im Bereich des Stütz- und Bewegungsapparates vorliegen würden, durchgehend selbstständige und in ausreichendem Maße vorhandene Gehfähigkeit sei gegeben. Hinsichtlich der Lungenerkrankung sei eine medikamentöse Dauertherapie vorhanden, eine Dauerbehandlung mit Sauerstoff liege nicht vor. Von wiederkehrenden Infekten im Sinne einer Lokalbesiedelung des Organs sei eine erhebliche, schwere und generelle Erkrankung des Immunsystems an sich nicht ableitbar. Eine erhebliche Einschränkung der körperlichen Leistungsfähigkeit, psychischen oder intellektuellen Fähigkeiten würde nicht vorliegen. Insgesamt sei aus allgemeinmedizinisch-gutachterlicher Sicht daher eine Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel nicht nachvollziehbar.
Im Wege ihrer Rechtsvertretung stellte die Beschwerdeführerin am 16.03.2017 bei der belangten Behörde den gegenständlichen Antrag auf Vornahme der Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung" in den Behindertenpass. Diesem Antrag wurde ein Befund eines näher genannten Krankenhauses vom 10.03.2017 beigelegt. Mit Schreiben vom 27.03.2017 wurde eine von der Beschwerdeführerin gezeichnete Vollmacht vom 23.03.2017 zugunsten des Kriegsopfer- und Behindertenverband für Wien, Niederösterreich und Burgenland nachgereicht.
Die belangte Behörde holte in der Folge ein Sachverständigengutachten eines Arztes für Allgemeinmedizin auf Grundlage der Bestimmungen der Anlage der Einschätzungsverordnung vom 25.09.2017, basierend auf einer persönlichen Untersuchung der Beschwerdeführerin am 11.08.2017, ein. In diesem medizinischen Sachverständigengutachten wurde - hier in den wesentlichen Teilen und in anonymisierter Form wiedergegeben - Folgendes ausgeführt:
"...
Anamnese:
Vorgutachten vom 26.4.2013, Gesamt-GdB 70%.
Antrag auf Gewährung der Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öfftl. Verkehrsmittel, abweisender Bescheid / SMS vom 20.12.2016. Nun erneut Antrag auf Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel".
Derzeitige Beschwerden:
"Ich darf nicht mit öffentlichen Verkehrsmitteln fahren, wenn ich zu Fuß gehe, muß ich öfter eine Pause machen und ich bekomme Kopfschmerzen und Luftnot. Manchmal bin ich so müde und habe Fieber. Ein/Aussteigen und Beförderung in öffentlichen Verkehrsmitteln ist mir möglich, kurze Wegstrecken kann ich gehen. Heute bin ich mit meinem PKW selbst zur Untersuchung gekommen."
Behandlung(en) / Medikamente / Hilfsmittel:
Spiriva, Symbicort, Inhalationen, Berodualin, Sultanol.
Sozialanamnese:
Arbeiterin bei Druckereifirma.
Zusammenfassung relevanter Befunde (inkl. Datumsangabe):
10.3.2017 Dr. B. (auszugsweise): "Patientin sollte alle Situationen, die das Infektrisiko erhöhen, wie größere Menschenansammlungen, soweit wie möglich meiden. Benützung öfftl. Verkehrsmittel sollte weitestgehend gemieden werden und auf ein Minimum reduziert werden".
Untersuchungsbefund:
Allgemeinzustand:
Normal.
Ernährungszustand:
Normal.
Größe: 152,00 cm Gewicht: 49,00 kg Blutdruck: 125/70
Klinischer Status - Fachstatus:
KOPF, HALS:
Keine Stauungszeichen, keine Atemnot, keine Lippencyanose, Sprache klar.
THORAX / LUNGE / HERZ:
Hypersonorer Klopfschall, abgeschwächtes Vesiculäratmen, Dämpfung im rechten OL- Bereich, dort blande Narben, normale Atemfrequenz. Reine, rhythmische Herzaktion, keine pathologischen Geräusche.
ABDOMEN:
Weich, kein Druckschmerz, Peristaltik auskultierbar, Nierenlager beidseits frei. WIRBELSÄULE:
Etwas verspannt im Schulter/Nackenbereich, jedoch insgesamt keine maßgeblichen funktionellen Einschränkungen.
EXTREMITÄTEN:
Kreuz / Nacken / Pinzetten / Spitzgriff beidseits unbehindert, vollständiger Faustschluß beidseits, keine Muskelatrophien.
Hüftgelenke frei, Kniegelenke frei, Sprunggelenke frei beweglich. Stehen und Gehen im Untersuchungszimmer ohne Hilfsmittel möglich. Zehen / Fersengang beidseits nicht durchgeführt. Keine Ödeme.
GROB NEUROLOGISCH:
Kein relevantes motorisches Defizit, keine Sensibilitätsstörungen angegeben.
Gesamtmobilität - Gangbild:
Unauffällig, sicher, keine Hilfsmittel.
Status Psychicus:
Voll orientiert, Ductus kohärent, Antrieb normal, freundlich-kooperativ.
Ergebnis der durchgeführten Begutachtung:
Lfd. Nr.
Bezeichnung der körperlichen, geistigen oder sinnesbedingten Funktionseinschränkungen, welche voraussichtlich länger als sechs Monate andauern werden:
1
Bullöses Lungenemphysem mit Zustand nach zweimaliger Zystenresektion
2
Bronchiektasien im rechten Lungenunterlappen
[X] Dauerzustand
1. Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel - Welche der festgestellten Funktionsbeeinträchtigungen lassen das Zurücklegen einer kurzen Wegstrecke, das Ein- und Aussteigen sowie den sicheren Transport in einem öffentlichen Verkehrsmittel nicht zu und warum?
2. Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel - Liegt eine schwere Erkrankung des Immunsystems vor?
Gutachterliche Stellungnahme:
Unter Berücksichtigung der im Rahmen der Untersuchung festgestellten Defizite, insbesondere einer chronischen Lungenerkrankung mit Zustand nach operativer Intervention, ohne wesentliche Einschränkung der kardialen Leistungsbreite sowie ohne Notwendigkeit einer permanenten Sauerstoff-Therapie und bei erhaltener Kraft aller Extremitäten, sind weder die Gehleistung noch die Beweglichkeit der Arme maßgeblich eingeschränkt, sodass das Zurücklegen kurzer Wegstrecken, das Ein/Aussteigen sowie die sichere Beförderung in öffentlichen Verkehrsmitteln gewährleistet ist. Häufig wiederkehrende, schwerwiegende Infekte sind befundmäßig nicht dokumentiert, ein Attest von Dr. B. vom 10.3.2017 beinhaltet lediglich eine ausführliche Aufzählung von Erkrankungsbild, Symptomen und möglichen Komplikationen, konkrete Befunde sind jedoch nicht enthalten, sodass hier keine neuen Aspekte resultieren. Darüber hinaus ist die Infektionsgefahr in öffentlichen Verkehrsmitteln nicht höher einzustufen als an anderen öffentlichen Plätzen auch (wie z.B. Spitalsambulanzen, Kino, Supermarkt, etc.).
..."
Mit dem angefochtenen Bescheid der belangten Behörde vom 26.09.2017 wurde der Antrag der Beschwerdeführerin vom 16.03.2017 auf Vornahme der Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung" in den Behindertenpass abgewiesen. Begründend wurde ausgeführt, dass im Ermittlungsverfahren ein Gutachten eingeholt worden sei. Nach diesem Gutachten würden die Voraussetzungen für die Zusatzeintragung nicht vorliegen. Die wesentlichen Ergebnisse des ärztlichen Begutachtungsverfahrens seien der Beilage, die einen Bestandteil der Begründung bilde, zu entnehmen. Die Ergebnisse des ärztlichen Begutachtungsverfahrens seien als schlüssig erkannt und in freier Beweiswürdigung der Entscheidung zugrunde gelegt worden.
Mit Schriftsatz vom 30.10.2017 erhob die Beschwerdeführerin im Wege ihrer Rechtsvertretung Beschwerde gegen den Bescheid der belangten Behörde vom 26.09.2017, mit dem der Antrag auf Vornahme der Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung" in den Behindertenpass abgewiesen worden war. In dieser Beschwerde wird in inhaltlicher Hinsicht - hier in anonymisierter Form wiedergegeben - Folgendes ausgeführt:
"...
In umseits näher bezeichneter Rechtssache hat die belangte Behörde mit Bescheid vom 26.09.2017, den bevollmächtigten Vertretern zugestellt am 02.10.2017, den Antrag auf Vornahme der Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung" in den Behindertenpass abgewiesen.
Dieser Bescheid ist rechtswidrig und wird dazu folgendes vorgebracht:
Die Beschwerdeführerin leidet an zystischer Fibrose. Aufgrunddessen wurde bei ihr neben 2x Bullektomie auch die Oberlappen-Lobektomie durchgeführt. Die Restlunge rechts ist praktisch funktionslos und nur mehr rudimentär vorhanden. Der rechte Unterlappen ist vollständig bronchiektatisch umgewandelt mit Sekretretentionen ohne Nachweis von regulären Lungenparenchym. Der rechte Mittellappen ist deutlich überbläht und massiv emphysematos destruiert plus deutlicher Bronchiektasien, teils zystisch, teil tubulär. Die linke Lunge zeigt auch ausgedehnte Zerstörung des Parenchymes und der linke Oberlappen ist deutlich überbläht und hochgradig emphysematos destruiert. Es zeigt sich somit das Bild einer fortgeschritten parenchymatösen Zerstörung der Restlunge in Form von ausgedehnten Bronchiektasien und Emphysem.
Aufgrund des Zustandes der Lunge hat die Beschwerdeführerin nicht nur massive Atembeschwerden sondern sind die zystisch und varikös erweiterten, mit Sekret/Schleim gefüllten Bronchiektasien auch sehr oft mit Keimen besiedelt und sind diese hochgradig empfindlich für jegliche Art viraler oder bakterieller Infektion. Bei dem Ausmaß der Zerstörung der Lunge würde jede neue Infektion den respiratorischen Zustand der Beschwerdeführerin erheblich verschlechtern und könnte tatsächlich eine Lebensgefahr darstellen.
Aufgrund der Atembeschwerden ist es der Beschwerdeführerin somit nicht möglich eine Wegstrecke von 200 - 300 m zurückzulegen und muss sie außerdem alle Situationen, die das Infektionsrisiko erhöhen wie z. B. Menschenansammlungen, meiden.
Gemäß § 1 Abs. 2 Ziff. 3 der Verordnung des Bundesministers für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz über die Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweises ist dem Inhaber eines Behindertenpasses die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung insbesondere dann nicht zumutbar, wenn erhebliche Einschränkungen der körperlichen Belastbarkeit vorliegen oder eine schwere anhaltende Erkrankung des Immunsystems vorliegt.
Da bei der Beschwerdeführerin sowohl die körperliche Belastbarkeit stark eingeschränkt ist als auch das Immunsystem erkrankt ist, ist es ihr daher nicht möglich öffentliche Verkehrsmittel zu benützen.
Beweis:
> Beiliegende Befunde
> einzuholendes Sachverständigengutachten aus dem Fachbereich der
Pulmologie
> Durchführung einer mündlichen Verhandlung
Es wird daher der
ANTRAG
gestellt, der Beschwerde Folge zu geben, den angefochtenen Bescheid aufzuheben und festzustellen, dass die Voraussetzungen für die Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung" in den Behindertenpass vorliegen."
Dieser Beschwerde wurden neue medizinische Unterlagen beigelegt. Außerdem wurde eine von der Beschwerdeführerin gezeichnete Vollmacht vom 19.10.2017 zugunsten des Kriegsopfer- und Behindertenverband für Wien, Niederösterreich und Burgenland vorgelegt.
Die belangte Behörde legte den Verwaltungsakt dem Bundesverwaltungsgericht am 03.11.2017 zur Entscheidung vor. Im Begleitschreiben zur Aktenvorlage findet sich der Vermerk, dass die Erlassung einer Beschwerdevorentscheidung aufgrund von technischen Problemen nicht möglich gewesen sei.
Aufgrund des Inhaltes der eingebrachten Beschwerde und der im Rahmen der Beschwerde vorgelegten neuen medizinischen Unterlagen holte das Bundesverwaltungsgericht ein Gutachten eines Facharztes für Lungenerkrankungen vom 16.01.2019 ein. In diesem Gutachten wird nach einer persönlichen Untersuchung der Beschwerdeführerin am 12.10.2018 - hier in den wesentlichen Teilen und in anonymisierter Form wiedergegeben - Folgendes ausgeführt:
"...
Lungenfachärztliches Sachverständigengutachten
Vorgeschichte und aktueller Sachverhalt
Es wird Beschwerde gegen das Gutachten I. Instanz Dr. S. Abl. 20 vom 11.08.2017 erhoben.
In der Beschwerde Abl. 30 wird angeführt, dass eine zystische Fibrose vorliege, weiters seien neben Blasenentfernungen aus der Lunge auch eine Oberlappenentfernung durchgeführt worden. Auch die übrigen Anteile beider Lungen seien teilweise zerstört. Es bestünden massive Atembeschwerden und schleimgefüllte degenerative Veränderungen mit Besiedelung durch Keime. Es könnten nur mehr Wegstrecken von 200-300 Metern zurückgelegt werden, wegen dem Infektionsrisiko müssten Menschenansammlungen vermieden werden.
Zystische Fibrose ist seit dem 1. Lebensjahr bekannt. Bis zum jetzigen Zeitpunkt keine Lungentransplantation.
Weiters ist eine COPD IV ohne Langzeitsauerstofftherapie vorbekannt.
Vorbekannt sind Entfernungen von Zysten aus der rechten Lunge 1997 und 1998.
Ebenso ist ein bullöses Lungenemphysem seit mindestens 10 Jahren bekannt.
Eingesehen wird ein Befund des XXX vom 29.06.2018, wo die Aufnahme wegen einem akuten Atemwegsinfekt erfolgte, eine antibiotische Behandlung wurde durchgeführt. Es konnten Problemkeime (Pseudomonas) gefunden werden. Der Allgemein- und Ernährungszustand wird als gut beschrieben.
Eine Lungenfunktionsmessung vom XXX vom 23.07.2018 zeigt eine hochgradige bronchiale Obstruktion, jedoch normale Blutgase.
Ein Schreiben des gleichen Krankenhauses vom 30.04.2018 beschreibt eine Exazerbation von Asthma bronchiale.
Eingesehen wird das Gutachten des endgefertigten Sachverständigen vom 11.04.2007 des BSB, wo ein Gesamtgrad der Behinderung von 70% erreicht wurde (Emphysem, Bronchiektasen). Bereits damals war eine chronische Besiedelung der Luftwege mit Problemkeimen bekannt.
2007 erfolgte eine Resektion des rechten Lungenoberlappens, offensichtlich wegen degenerativer Veränderungen der Bronchien.
Eingesehen wird ein medizinischer Befund Dr. B. Abl. 16-17:
Im Wesentlichen wird die Krankheitsvorgeschichte der BF wiedergegeben. Angeführt werden zystische Fibrose, Bronchiektasen, wiederkehrende Lungeninfektionen, Zystenentfernung rechts, inhalative Behandlung, Atemnot, rasche Verschlechterung der Lungenfunktion und Empfehlung, größere Menschenansammlungen zu vermeiden.
Festzuhalten ist, dass dieses allgemein gehaltene Schreiben keine objektiven Messwerte, Untersuchungsbefunde, Röntgenbefunde oder sonstige für eine Gutachtenserstellung verwertbare objektive Angaben oder Befunde enthält.
Vielmehr liegt eine allgemeine Beschreibung des Krankheitsbildes vor, aus denen keine Rückschlüsse auf den tatsächlichen Schweregrad der Funktionseinschränkungen abzuleiten ist.
Allergie: keine bekannt
Alkohol: negiert, Nikotin: sie hätte nie geraucht
Medikamente: Oleovit, Sucralan, Pantoloc, Flutiform, Berodualin, Berodual, wiederkehrende Inhalationsbehandlungen, keine Langzeitsauerstofftherapie
Sozialanamnese: die BF ist als Druckereiarbeiterin tätig. Sie lebt mit ihrem Lebensgefährten im gemeinsamen Haushalt, keine Kinder, kein Pflegegeldbezug
Subjektive Beschwerden (Angaben der Beschwerdeführerin)
Wiederkehrende Infekte mit Husten und schleimigen Auswurf, Atemnot, beim Gehen bekäme sie keine Luft, sie müsse deshalb alle Strecken mit dem Auto zurücklegen. Eine Sauerstoffflasche verwende sie nicht. Im Rahmen von Atemwegsinfekten verschlechtere sich ihre Atemnot regelmäßig.
Objektiver Untersuchungsbefund
Die Befunderhebung erfolgt am 12.10.2018 im Zeitraum von 09:00-09:45 in der Ordination des endgefertigten Sachverständigen.
Sie erscheint ohne Begleitperson im guten Allgemein- und Ernährungszustand zur Untersuchung.
41-jährige Frau im guten Gesamtzustand, Größe: 152 cm, Gewicht. 49 kg
keine Ruhedyspnoe, keine Lippenzyanose, keine mobile Sauerstoffversorgung, keine fassbare Atemnot schon bei leichten Belastungen
Herz: reine rhythmische Herztöne, Frequenz: 82 pro Minute,
Blutdruck: 100/60
Lunge: sonorer Klopfschall, abgeschwächtes Atemgeräusch wie bei Emphysem ohne spastische
Nebengeräusche
Gliedmaßen, keine Krampfadern, keine Beinödeme, die großen Gelenke frei beweglich
Lungenfunktionsprüfung: hochgradige obstruktive Ventilationsstörung mit Überblähungszeichen, Veränderungen wie bei COPD lll-IV, normale Sauerstoffsättigung von 98% bei Raumluftatmung
Gangbild: altersentsprechende unauffällige Gesamtmobilität, es wird keine Gehhilfe verwendet, freier Stand und freies Sitzen ungehindert möglich, ebenso das Bücken zu den Schuhen
Psychostatus: unauffällig, zeitlich- und örtlich orientiert, keine fassbaren kognitiven Defizite, ausgeglichene, freundliche Stimmungslage
Diagnosen:
Lfd. Nr.
Bezeichnung der körperlichen, geistigen oder sinnesbedingten Funktionseinschränkungen, welche voraussichtlich länger als sechs Monate andauern werden:
1
zystische Fibrose mit degenerativen bronchialen Veränderungen (Bronchiektasen) und chronischer Besiedelung der Atemwege mit Problemkeimen
2
fortgeschrittene chronisch-obstruktive Atemwegserkrankung (COPD lll-IV)
3
bullöses Lungenemphysem
4
Zustand nach Zystenentfernung aus der rechten Lunge 1997+1998
5
Zustand nach Entfernung des rechten Lungenoberlappens 08/2012 wegen degenerativen Veränderungen
Fachärztliche Stellungnahme zu den Anfragen des Gerichtes
ad1) Siehe wie oben ausgeführt (ein Grad der Behinderung soll auftragsgemäß nicht eingeschätzt werden)
ad2) Es liegt keine Einschränkung der Funktion der unteren Extremität vor.
ad3) Die körperliche Belastbarkeit ist durch eine Kombination aus mehrerer chronischer Erkrankungen der Atmungsorgane erheblich eingeschränkt. Es liegt eine Kombination aus obstruktiver und restriktiver Ventilationsstörung (Verengung der Luftwege, sowie Verminderung des Lungenvolumens) vor.
Eine Messung der Blutgasanalyse des XXX vom Juli 2018 zeigte allerdings normale Messwerte, eine Langzeitsauerstofftherapie ist nicht erforderlich. Auch der endgefertigte Sachverständige konnte eine normale Sauerstoffsättigung feststellen. Die BF bedarf keiner Langzeitsauerstofftherapie.
Es ist ihr eine Berufstätigkeit in einer Druckerei möglich.
Obwohl die Vornahme einer Lungentransplantation 2009 grundsätzlich ins Auge gefasst wurde, war eine solche bis zum jetzigen Zeitpunkt nicht erforderlich gewesen.
Im Rahmen der Untersuchung zeigt sich die BF respiratorisch stabil, kardial kompensiert, es besteht keine erkennbare Atemnot schon bei leichten Anstrengungen, die Gesamtmobilität ist altersentsprechend.
Daraus ergibt sich, dass zwar eine erhebliche höhergradige Einschränkung der körperlichen Belastbarkeit besteht, jedoch kurze Gehstrecken im Ausmaß von 300-400 Metern selbsttätig und ohne Unterbrechung möglich sind.
Eine Funktionsstörung am Stütz- und Bewegungsapparat liegt nicht vor, es bestehen keine fassbaren kognitiven Defizite.
Das Besteigen und der sichere Transport werden durch die Krankheiten der Luftwege nicht beeinträchtigt, da sie mit keiner nennenswerten körperlichen Belastung einhergehen.
Bei der BF besteht keine Herzinsuffizienz, kein Hinweis auf Cor pulmonale und keine respiratorische Insuffizienz mit Langzeitsauerstofftherapie. Ein sekundärer Lungenhochdruck ist befundmäßig nicht objektiviert.
ad4) Fassbare- oder neurologische Einschränkungen liegen nicht vor.
ad5) Es liegt keine schwere anhaltende Erkrankung des Immunsystems vor. Es besteht keine angeborene- oder erworbene Immundefizienz.
Die BF ist in der Lage einer Berufstätigkeit nachzugehen. Sie nimmt am öffentlichen- und sozialen Leben teil, es kommt auch wiederkehrend und routinemäßig zu Aufenthalten in Krankenhäusern und Wartebereichen von Ordinationen. Aus gutachterlicher Sicht ist es nicht zulässig, den Innenraum öffentlicher Verkehrsmittel herauszugreifen, während vergleichbare andere öffentliche Räume regelmäßig aufgesucht oder benützt werden. Vielmehr ist es auch für chronisch kranke Menschen wünschenswert, am öffentlichen Leben teilzunehmen, kulturelle Einrichtungen aufzusuchen und Veranstaltungen teilzunehmen. Dies trifft im gegenständlichen Fall auch zu. Somit ist nicht nachvollziehbar, dass lediglich der Innenraum öffentlicher Verkehrsmittel nicht benützt werden könnte. Es handelt sich dabei vielmehr um eine allgemein gehaltene und bei derartigen Patienten üblicherweise vom XXX herausgegebenen Empfehlung auf allgemeiner Basis. Eine gutachterliche Verbindlichkeit ergibt sich mit der obigen Begründung daraus nicht (betrifft Beschwerde Abl. 30 und medizinischen Befund Dr. B. Abl. 16).
Bei der BF liegt keine bösartige Erkrankung mit Bestrahlung- oder Chemotherapie vor. Eine Lungentransplantation wurde nicht durchgeführt.
ad6) Nicht zutreffend.
ad7) Die Funktionseinschränkung wurde in der Liste der Diagnosen, sowie unter ad3 (Einschränkung der körperlichen Belastbarkeit) bereits ausführlich begründet.
Art und Ausmaß der pulmologischen Funktionsstörung sind zwar als höhergradig zu bezeichnen, es sind jedoch leichte Belastungen wie kurze Gehstrecken im Ausmaß von 300-400 Metern selbsttätig und ohne Pause möglich, zumal eine normale Blutgasanalyse, normale Sauerstoffsättigung, keine kardiovaskulären Folgeerkrankungen des Lungenleidens und keine Langzeitsauerstofftherapie.
ad8) Zur Beschwerde: die Diagnosen wurden vollinhaltlich aufgenommen. Der Zustand nach Entfernung eines Lungenlappens wurde in den Diagnosen gegenüber dem bekämpften Gutachten I. Instanz ergänzt. Sämtliche beschriebenen Veränderungen der Lungen sind bekannt und gutachterlich berücksichtigt.
Die Phasen akuter Infektionen können vorübergehend im Ausmaß von 2-3 Wochen zu einer Verschlechterung der Atembeschwerden führen, erreichen jedoch zusammenhängend nicht einen Zeitraum von 6 Monaten, laufen vielmehr als Episoden ab, können auch zu vorübergehenden Spitalsaufenthalten führen, stellen jedoch keinen Dauerzustand dar. Dass jede neue Infektion Lebensgefahr darstellt, ist medizinisch und gutachterlich nicht bewertbar, da ein Ausblick in die Zukunft nicht möglich ist.
Die Feststellung, dass der BF Wegstrecken im Ausmaß von 200-300 Metern nicht mehr möglich seien, ist auf Basis der objektiven Messwerte von Lungenfunktion und Sauerstoffsättigung, sowie Blutgasanalyse und klinischer Untersuchung objektiv nicht nachvollziehbar.
Zum Infektionsrisiko in öffentlichen Verkehrsmittel wurde oben Stellung genommen.
ad9) Die Befunde wurden soweit relevant im Gutachten bereits zitiert.
ad10) Bzgl. der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel bleibt es bei den Feststellungen wie im angefochtenen Gutachten I. Instanz Abl. 20-24 ohne Abweichung.
ad11) Es liegt ein Dauerzustand vor, eine Nachuntersuchung ist nicht erforderlich.
ad 12) Es wurden zwar neue Befunde vorgelegt, diese enthalten jedoch unveränderte Diagnosen und Leidenszustände, sodass daraus keine andere medizinische Beurteilung abzuleiten ist."
Mit Schreiben des Bundesverwaltungsgerichtes vom 04.02.2019 wurden die Parteien des Verfahrens über das Ergebnis der Beweisaufnahme in Kenntnis gesetzt. Den Parteien des Verfahrens wurde in Wahrung des Parteiengehörs die Gelegenheit eingeräumt, binnen zwei Wochen ab Zustellung des Schreibens eine Stellungnahme beim Bundesverwaltungsgericht abzugeben, dies unter Hinweis darauf, dass, sollten die Parteien des Verfahrens eine mündliche Verhandlung vor Gericht nicht ausdrücklich beantragen, das Bundesverwaltungsgericht in Aussicht nehme, über die Beschwerde ohne Abhaltung einer mündlichen Verhandlung aufgrund der Aktenlage zu entscheiden und seine Entscheidung auf der Grundlage der Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens zu erlassen, soweit nicht eine eingelangte Stellungnahme Anderes erfordere.
Mit Schreiben ihrer Rechtsvertretung vom 18.02.2019 gab die Beschwerdeführerin eine Stellungnahme folgenden Inhaltes - hier in anonymisierter Form wiedergegeben - ab:
"...
Der Sachverständige beschreibt in seinem Gutachten, dass der Befund von Dr. B. lediglich ein allgemein gehaltenes Schreiben wäre und keine verwertbaren und objektiven Angaben oder Befunde enthält.
Dazu wird vorgebracht, dass in diesem Befund sehr wohl verwertbar objektive Angaben gemacht werden, da er die Befunde der letzten 2 Computertomopraphien der Lungen beschreibt. Daraus geht hervor, dass die Restlunge rechts praktisch funktionslos und nur mehr rudimentär vorhanden ist. Der rechte Unterlappen ist vollständig bronchiektatisch umgewandelt mit Sekretretentionen ohne Nachweis von regulären Lungenparenchym. Der rechte Mittellappen ist deutlich überbläht und massiv emphysematos destruiert plus deutlicher Bronchiektasien, teil zystisch, teils tubulär. Die linke Lunge zeigt auch ausgedehnte Zerstörung des Parenchyms und der linke Oberlappen ist deutlich überbläht und hochgradig emphysematos destruiert. Der linke Unterlappen deutlich emphysematos sowie deutliche Bronchiektasien. Es zeigt sich das Bild einer fortgeschrittenen parenchymen Zerstörung der Restlunge in Form von ausgedehnten Bronchiektasien und Emphysem.
Die Beschwerdeführerin ist aufgrund ihrer deutlichen Beschwerden ständig in medizinischer Behandlung im AKH.
Nach der Untersuchung durch den Sachverständigen wurde die Beschwerdeführerin unter anderem im November 2018 wegen akuter Atemnot mit der Rettung abermals ins AKH transportiert.
Beweis:
> Beiliegender Befund
Außerdem hat die Beschwerdeführerin am 27.02.2019 einen Termin im K. zwecks Abklärung des Gesundheitszustandes, da sich dieser im Hinblick der Atemproblematik abermals verschlechtert hat und wird dieser Befund ehestmöglich nachgereicht.
Nicht nachvollziehbar ist der Beschwerdeführerin außerdem, dass der Sachverständige meint, dass die Beschwerdeführerin am öffentlichen- und sozialen Leben teilnimmt, es wiederkehrend und routinemäßig zu Aufenthalten in Krankenhäusern und Wartebereichen von Ordinationen kommt und es für chronisch kranke Menschen wünschenswert ist am öffentlichen Leben teilzunehmen, kulturelle Einrichtungen aufzusuchen und an Veranstaltungen teilzunehmen und er daraus schließt, dass die Beschwerdeführerin daher auch öffentliche Verkehrsmittel benützen könne.
Dagegen wird vorgebracht, dass der Sachverständige in seinem Gutachten lediglich überprüfen und anführen soll, welche gesundheitlichen Einschränkungen bei der Beschwerdeführerin vorliegen. Laut ständiger Rechtsprechung ist zu ermitteln, ob die Beschwerdeführerin dauernd an ihrer Gesundheit geschädigt ist und wie sich diese Gesundheitsschädigungen nach ihrer Art und ihrer Schwere auf die Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel auswirkt. Maßgebend für die Entscheidung über die beantrage Zusatzeintragung ist die Feststellung der Art, des Ausmaßes und der Auswirkungen der bei der Beschwerdeführerin vorliegenden Gesundheitsschädigungen auf die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel.
Es ist daher nicht nachvollziehbar, warum der Sachverständige schreibt, dass die Beschwerdeführerin am öffentlichen Leben teilnimmt und daraus schlussfolgert, dass sie daher öffentliche Verkehrsmittel benützen kann.
Gemäß § 1 Abs 4 Zi 3 der Verordnung des Bundesministers für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz für die Ausstellung von Behindertenpässen und Parkausweisen die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel insbesondere dann nicht zumutbar ist, wenn erhebliche Einschränkungen der körperlichen Belastbarkeit bestehen oder eine schwere anhaltende Erkrankung des Immunsystems besteht.
Genau dies liegt bei der Beschwerdeführerin vor.
Da der Beschwerdeführerin keinesfalls die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel aufgrund ihrer schweren Lungenerkrankung möglich ist, bleibt daher auch der Antrag auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung aufrecht.
...."
Dieser Stellungnahme beigelegt wurden medizinische Unterlagen datiert mit 25.07.2018, 13.08.2018, sowie mit 07.11.2018.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
Die Beschwerdeführerin ist Inhaberin eines Behindertenpasses mit einem festgestellten Grad der Behinderung von 70 v.H.
Die Beschwerdeführerin stellte am 16.03.2017 beim Sozialministeriumservice den gegenständlichen Antrag auf Vornahme der Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung" in den Behindertenpass.
Die Beschwerdeführerin leidet unter folgenden im Zusammenhang mit der Frage der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel relevanten Funktionseinschränkungen:
* zystische Fibrose mit degenerativen bronchialen Veränderungen (Bronchiektasen) und chronischer Besiedelung der Atemwege mit Problemkeimen
* fortgeschrittene chronisch-obstruktive Atemwegserkrankung (COPD lll-IV)
* bullöses Lungenemphysem
* Zustand nach Zystenentfernung aus der rechten Lunge 1997 und 1998
* Zustand nach Entfernung des rechten Lungenoberlappens 08/2012 wegen degenerativen Veränderungen
Die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel ist der Beschwerdeführerin zumutbar.
Hinsichtlich der bei der Beschwerdeführerin bestehenden Funktionseinschränkungen und deren Auswirkungen auf die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel werden die diesbezüglichen Befundungen und Beurteilungen im oben wiedergegebenen, vom Bundesverwaltungsgericht eingeholten Sachverständigengutachten eines Facharztes für Lungenerkrankungen vom 16.01.2019, die das bereits von der belangten Behörde eingeholte medizinische Sachverständigengutachten eines Arztes für Allgemeinmedizin vom 25.09.2017 im Wesentlichen bestätigen, der Entscheidung zu Grunde gelegt.
2. Beweiswürdigung:
Die Feststellungen zum Vorliegen eines Behindertenpasses mit einem festgestellten Grad der Behinderung von 70 v.H. sowie zur gegenständlichen Antragstellung ergeben sich aus dem Akteninhalt.
Die Feststellungen zu den vorliegenden Funktionseinschränkungen und die Feststellung der Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel, die zur Abweisung der Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung" führt, gründen sich auf das vom Bundesverwaltungsgericht eingeholte, auf einer persönlichen Untersuchung der Beschwerdeführerin und auf den von der Beschwerdeführerin im Verfahren vor der belangten Behörde und im Rahmen der Beschwerde und der Untersuchung am 12.10.2018 vorgelegten medizinischen Unterlagen basierenden medizinischen Sachverständigengutachten eines Facharztes für Lungenkrankheiten vom 16.01.2019, das das von der belangten Behörde eingeholte medizinische Sachverständigengutachten eines Arztes für Allgemeinmedizin vom 25.09.2017 im Wesentlichen bestätigt.
Der Facharzt für Lungenkrankheiten gelangte unter den von ihm geprüften Gesichtspunkten in seinem Sachverständigengutachten vom 16.01.2019 zunächst zu dem Schluss, dass bei der Beschwerdeführerin keine Einschränkung der Funktion der unteren Extremität vorliegt; das Vorliegen einer solchen wurde von der Beschwerdeführerin auch gar nicht konkret behauptet. Der Facharzt für Lungenkrankheiten gelangte weiters zu dem Schluss, dass die körperliche Belastbarkeit der Beschwerdeführerin durch eine Kombination aus mehreren chronischen Erkrankungen der Atmungsorgane erheblich eingeschränkt ist. Es liegt bei der Beschwerdeführerin eine Kombination aus obstruktiver und restriktiver Ventilationsstörung (Verengung der Luftwege, sowie Verminderung des Lungenvolumens) vor. Eine Messung der Blutgasanalyse vom Juli 2018 zeigte allerdings normale Messwerte, eine Langzeitsauerstofftherapie ist nicht erforderlich. Auch der lungenfachärztliche Sachverständige konnte eine normale Sauerstoffsättigung feststellen. Der Beschwerdeführerin ist eine Berufstätigkeit in einer Druckerei möglich; dies wird von ihr auch in ihrer Stellungnahme vom 18.02.2019 nicht bestritten. Obwohl die Vornahme einer Lungentransplantation 2009 grundsätzlich ins Auge gefasst wurde, war eine solche bis zum jetzigen Zeitpunkt nicht erforderlich. Im Rahmen der Untersuchung am 12.10.2018 zeigte sich die Beschwerdeführerin respiratorisch stabil, kardial kompensiert, und es besteht keine erkennbare Atemnot schon bei leichten Anstrengungen, die Gesamtmobilität ist altersentsprechend. Daraus ergibt sich, dass zwar eine höhergradige Einschränkung der körperlichen Belastbarkeit besteht, jedoch kurze Gehstrecken im Ausmaß von 300-400 Metern selbsttätig möglich sind. Eine Funktionsstörung am Stütz- und Bewegungsapparat liegt nicht vor, es bestehen keine fassbaren kognitiven Defizite. Das Besteigen und der sichere Transport werden durch die Krankheiten der Luftwege nicht beeinträchtigt, da sie mit keiner nennenswerten körperlichen Belastung einhergehen. Bei der Beschwerdeführerin besteht keine Herzinsuffizienz, kein Hinweis auf Cor pulmonale und keine respiratorische Insuffizienz mit Langzeitsauerstofftherapie. Ein sekundärer Lungenhochdruck ist befundmäßig nicht objektiviert. Auch liegen bei der Beschwerdeführerin keine objektivierten neurologischen Einschränkungen vor. Es liegt außerdem keine schwere anhaltende Erkrankung des Immunsystems vor, weiters besteht keine angeborene oder erworbene Immundefizienz.
Die Beschwerdeführerin ist, wie sie selbst nicht in Abrede stellte, in der Lage einer Berufstätigkeit in der Verpackungsabteilung einer Druckerei nachzugehen. Es kommt auch wiederkehrend und routinemäßig zu Aufenthalten der Beschwerdeführerin in Krankenhäusern und Wartebereichen von Ordinationen. Letzteres ergibt sich auch aus dem im Rahmen der Beschwerde vorgelegten Arztbrief eines näher genannten Facharztes für Innere Medizin, Angiologie und Pulmologie vom 18.10.2017 sowie aus den weiteren von der Beschwerdeführerin vorgelegten medizinischen Unterlagen ergibt. Es ist daher - neben der vom medizinischen Sachverständigen vorgenommenen medizinischen Beurteilung - auch unter Beachtung dieses Aspektes nicht plausibel nachvollziehbar, dass von der Beschwerdeführerin lediglich der Innenraum öffentlicher Verkehrsmittel nicht benützt werden könnte. Dem widerspricht im Übrigen im Ergebnis auch nicht die im von der Beschwerdeführerin im Rahmen der Beschwerde vorgelegten Arztbrief eines näher genannten Facharztes für Innere Medizin, Angiologie und Pulmologie vom 18.10.2017 ausgesprochene Empfehlung, auf Grund des Infektionsrisikos sollte die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel von der Beschwerdeführerin weitestgehend gemieden und auf ein Minimum reduziert werden; in diesem Zusammenhang wird auch auf die nachfolgenden rechtlichen Ausführungen verwiesen.
Der beigezogene medizinische Sachverständige führte betreffend die Frage, in welchem Ausmaß sich die festgestellten Leidenszustände nach ihrer Art und Schwere auf die Benutzung öffentlicher Verkehrsmittel auswirken, aus, dass Art und Ausmaß der pulmologischen Funktionsstörung zwar als höhergradig zu bezeichnen sind, der Beschwerdeführerin jedoch leichte Belastungen wie kurze Gehstrecken im Ausmaß von 300-400 Metern selbsttätig und ohne Pause möglich sind, zumal eine normale Blutgasanalyse und normale Sauerstoffsättigung vorliegen. Es liegen keine kardiovaskulären Folgeerkrankungen des Lungenleidens vor und bekommt die Beschwerdeführerin keine Langzeitsauerstofftherapie.
In Bezug auf den Inhalt der Beschwerde vom 30.10.2017 ist festzuhalten, dass sämtliche Diagnosen inhaltlich berücksichtigt wurden. Sämtliche beschriebenen Veränderungen der Lunge der Beschwerdeführerin sind bekannt und wurden sachverständig beurteilt. Die Phasen akuter Infektionen können, wie der beigezogene lungenfachärztliche Sachverständige nachvollziehbar ausführte, vorübergehend im Ausmaß von 2 bis 3 Wochen zu einer Verschlechterung der Atembeschwerden führen, erreichen jedoch zusammenhängend nicht einen Zeitraum von 6 Monaten. Sie laufen vielmehr als Episoden ab und können auch zu vorübergehenden Spitalsaufenthalten führen, sie stellen jedoch keinen Dauerzustand dar. Dieser sachverständigen Beurteilung stehen im Übrigen auch die der Stellungnahme vom 18.02.2019 beigelegten medizinischen Unterlagen, datiert mit 25.07.2018, 13.08.2018 sowie mit 07.11.2018, in inhaltlicher Hinsicht in keiner Weise entgegen, ergibt sich doch gerade aus diesen medizinischen Unterlagen trotz wiederkehrender Infekte und progredienter Dyspnoe insgesamt ein guter Allgemein- und normaler Ernährungszustand der Beschwerdeführerin.
Das Vorbringen in der Beschwerde, dass jede neue Infektion der Beschwerdeführerin Lebensgefahr für sie darstelle, wird weder durch die von der Beschwerdeführerin vorgelegten medizinischen Unterlagen objektiviert, noch vermag der beigezogene medizinische Sachverständige eine solche Prognose zu treffen.
Die Behauptung in der Beschwerde, dass der Beschwerdeführerin eine Wegstrecke im Ausmaß von 200 bis 300 Metern nicht mehr möglich sei, ist auf Basis der objektiven Messwerte von Lungenfunktion und Sauerstoffsättigung sowie Blutgasanalyse und klinischer Untersuchung nicht objektiviert.
Festzuhalten ist, dass der beigezogene Facharzt für Lungenkrankheiten in seinem Gutachten vom 16.01.2019 - der Zustand nach Entfernung eines Lungenlappens wurde im Gutachten vom 16.01.2019 in den Diagnosen gegenüber dem Gutachten vom 25.09.2017 ergänzt - zu den gleichen Schlussfolgerungen in Bezug auf die Frage der Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel gelangt wie bereits der Arzt für Allgemeinmedizin in seinem Sachverständigengutachten vom 25.09.2017.
Aus dem Gesagten ergibt sich, bestätigt durch die von der Beschwerdeführerin im Verfahren vorgelegten medizinischen Unterlagen, dass bei der Beschwerdeführerin zwar durchaus nicht unbeträchtliche Funktionseinschränkungen - insbesondere durch eine Kombination aus mehreren chronischen Erkrankungen der Atmungsorgane - vorliegen, die die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel erschweren, dass aber die von der Beschwerdeführerin in der Beschwerde dargestellten, subjektiv empfundenen Auswirkung auf die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel (wie z.B. dass es ihr nicht möglich sei eine Wegstrecke von 200 bis 300 m zurückzulegen) nicht in entsprechendem Ausmaß - im Sinne des Vorliegens erheblicher Einschränkungen der körperlichen Belastbarkeit oder einer schweren Erkrankung des Immunsystems nach dem Maßstab des § 1 Abs. 4 Z 3 der Verordnung über die Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen - objektiviert werden konnten.
Hinsichtlich der bestehenden Funktionseinschränkung und deren Auswirkung auf die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel tätigte die Beschwerdeführerin im Beschwerdeverfahren somit kein ausreichend konkretes Vorbringen, das die Beurteilungen der medizinischen Sachverständigen vom 16.01.2019 bzw. vom 25.09.2017 entkräften hätte können; die Beschwerdeführerin legte ihrer Beschwerde zwar neue Befunde bei, diese enthalten jedoch unveränderte Diagnosen und Leidenszustände, sodass daraus keine andere medizinische Beurteilung abzuleiten ist. Somit waren diese Befunde nicht geeignet, die durch die medizinischen Sachverständigen getroffenen Beurteilungen zu widerlegen oder zusätzliche Dauerleiden im Sinne nachhaltiger, zumindest sechs Monate dauernder Funktionseinschränkungen zu belegen bzw. eine wesentliche Verschlimmerung bestehender Leiden zu dokumentieren und damit das Vorliegen erheblicher Einschränkungen der körperlichen Belastbarkeit oder einer schweren Erkrankung des Immunsystems im Sinne der Bestimmung des § 1 Abs. 4 Z 3 der Verordnung über die Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen darzutun. Dies gilt auch für die oben wiedergegebenen Ausführungen in der Stellungnahme der Beschwerdeführerin vom 18.02.2019 und die dieser Stellungnahme beigegebenen medizinischen Unterlagen, datiert mit 25.07.2018, 13.08.2018 sowie mit 07.11.2018, die - ganz abgesehen davon, dass sie bei der Gutachtenserstellung am 16.01.2019 bereits vorhanden waren - den Beurteilungen der dem gegenständlichen Verfahren beigezogenen medizinischen Sachverständigen im Ergebnis nicht entgegenstehen; diese sind nicht geeignet, zu einem anderen Verfahrensergebnis zu führen und den eingeholten medizinischen Sachverständigengutachten substantiiert entgegenzutreten.
Die Beschwerdeführerin ist den eingeholten medizinischen Sachverständigengutachten daher im Ergebnis nicht auf gleicher fachlicher Ebene entgegengetreten, steht es dem Antragsteller, so er der Auffassung ist, dass seine Leiden nicht hinreichend berücksichtigt wurden, nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes doch frei, das im Auftrag der Behörde erstellte Gutachten durch die Beibringung eines Gegengutachtens eines Sachverständigen seiner Wahl zu entkräften (vgl. etwa das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 27.06.2000, Zl. 2000/11/0093).
Seitens des Bundesverwaltungsgerichtes bestehen keine Zweifel an der Richtigkeit, Vollständigkeit und Schlüssigkeit am vorliegenden Sachverständigengutachten eines Facharztes für Lungenkrankheiten vom 16.01.2019, welches das bereits von der belangten Behörde eingeholte medizinische Sachverständigengutachten eines Arztes für Allgemeinmedizin vom 25.09.2017 bestätigt. Die beiden eingeholten Gutachten vom 16.01.2019 und 25.09.2017 werden daher in freier Beweiswürdigung der Entscheidung zu Grunde gelegt.
3. Rechtliche Beurteilung:
Zu Spruchteil A)
Die gegenständlich maßgeblichen Bestimmungen des Bundesbehindertengesetzes (BBG) lauten auszugsweise:
"§ 42. (1) Der Behindertenpass hat den Vornamen sowie den Familien- oder Nachnamen, das Geburtsdatum, eine allfällige Versicherungsnummer, den Wohnort und einen festgestellten Grad der Behinderung oder der Minderung der Erwerbsfähigkeit zu enthalten und ist mit einem Lichtbild auszustatten. Zusätzliche Eintragungen, die dem Nachweis von Rechten und Vergünstigungen dienen, sind auf Antrag des behinderten Menschen zulässig. Die Eintragung ist vom Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen vorzunehmen.
...
§ 45. (1) Anträge auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme einer Zusatzeintragung oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung sind unter Anschluss der erforderlichen Nachweise bei dem Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen einzubringen.
(2) Ein Bescheid ist nur dann zu erteilen, wenn einem Antrag gemäß Abs. 1 nicht stattgegeben, das Verfahren eingestellt (§ 41 Abs. 3) oder der Pass eingezogen wird. Dem ausgestellten Behindertenpass kommt Bescheidcharakter zu.
(3) In Verfahren auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme von Zusatzeintragungen oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung hat die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts durch den Senat zu erfolgen.
(4) Bei Senatsentscheidungen in Verfahren gemäß Abs. 3 hat eine Vertreterin oder ein Vertreter der Interessenvertretung der Menschen mit Behinderung als fachkundige Laienrichterin oder fachkundiger Laienrichter mitzuwirken. Die fachkundigen Laienrichterinnen oder Laienrichter (Ersatzmitglieder) haben für die jeweiligen Agenden die erforderliche Qualifikation (insbesondere Fachkunde im Bereich des Sozialrechts) aufzuweisen.
...
§ 46. Die Beschwerdefrist beträgt abweichend von den Vorschriften des Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetzes, BGBl. I Nr. 33/2013, sechs Wochen. Die Frist zur Erlassung einer Beschwerdevorentscheidung beträgt zwölf Wochen. In Beschwerdeverfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht dürfen neue Tatsachen und Beweismittel nicht vorgebracht werden.
§ 47. Der Bundesminister für Arbeit und Soziales ist ermächtigt, mit Verordnung die näheren Bestimmungen über den nach § 40 auszustellenden Behindertenpaß und damit verbundene Berechtigungen festzusetzen."
§ 1 Abs. 4 der Verordnung des Bundesministers für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz über die Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen, BGBl. II Nr. 495/2013 in der Fassung des BGBl. II Nr. 263/2016, lautet - soweit im gegenständlichen Fall relevant - auszugsweise:
"§ 1 ...
(4) Auf Antrag des Menschen mit Behinderung ist jedenfalls einzutragen:
1. die Art der Behinderung, etwa dass der