TE Bvwg Erkenntnis 2019/2/28 G303 2185812-1

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Veröffentlicht am 28.02.2019
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Entscheidungsdatum

28.02.2019

Norm

BBG §40
BBG §41
BBG §45
B-VG Art.133 Abs4

Spruch

G303 2185812-1/7E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Simone KALBITZER als Vorsitzende sowie die Richterin Dr. Eva WENDLER und den fachkundigen Laienrichter Herbert WINTERLEITNER als Beisitzer über die Beschwerde von XXXX,

geboren am XXXX, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Soziales und Behindertenwesen, Landesstelle Steiermark, vom 27.12.2017, Zl. OB:

XXXX, betreffend die Abweisung des Antrages auf Ausstellung eines Behindertenpasses, zu Recht erkannt:

A)

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Der Beschwerdeführer (im Folgenden: BF) brachte am 13.09.2017 bei der Zentralen Poststelle des Bundesamtes für Soziales und Behindertenwesen, Landesstelle Steiermark, (im Folgenden: belangte Behörde) einen Antrag auf Neufestsetzung des Grades der Behinderung im Behindertenpass ein. Dem Antrag waren medizinische Beweismittel angeschlossen.

1.1. Da der BF noch nicht im Besitz eines Behindertenpasses war, wertete die belangte Behörde daher diesen Antrag als Antrag auf Ausstellung eines Behindertenpasses.

2. Im Rahmen des seitens der belangten Behörde durchgeführten Ermittlungsverfahrens wurde ein medizinisches Sachverständigengutachten eingeholt.

2.1. In dem eingeholten Gutachten von Dr. XXXX, Ärztin für Allgemeinmedizin, vom 13.12.2017 wurde, nach persönlicher Untersuchung des BF am 17.10.2017, im Wesentlichen folgendes festgehalten:

Lfd. Nr.

Bezeichnung der körperlichen, geistigen oder sinnesbedingten Funktionseinschränkungen, welche voraussichtlich länger als sechs Monate andauern werden: Begründung der Positionsnummer und des Rahmensatzes:

Pos. Nr.

GdB %

1

Kniebeschädigung beidseits nach mehrfachen Operationen beidseits Oberer Richtsatzwert aufgrund der geringgradigen Funktionseinschränkung beidseits und der Schmerzzustände.

02.05.19

30

2

Abnützung der linken Hüfte Fixer Richtsatzwert aufgrund der mittelgradigen Funktionseinschränkung und des Befundausmaßes.

02.05.09

30

3

Degeneratives Wirbelsäulensyndrom mit Fehlhaltung Oberer Richtsatzwert entsprechend der immer wiederkehrenden Schmerzsymptomatik ohne neurologische Ausfälle und der leichtgradigen Funktionsstörung.

02.01.01

20

4

Migräne ohne Aura Oberer Richtsatzwert mit ausreichender medikamentöser Therapie und der geringen Schmerzattacken.

04.11.01

20

 

Gesamtgrad der Behinderung

 

40 v.H.

2.2. Zum Gesamtgrad der Behinderung wurde begründend ausgeführt, dass der Behinderungsgrad der führenden Gesundheitsschädigung (GS) 1 durch die GS 2 aufgrund wechselseitiger negativer Leidensbeeinflussung um eine Stufe angehoben werde, und die GS 3 und die GS 4 wegen Geringfügigkeit nicht weiter anheben würden. Der Bluthochdruck unter medikamentöser Therapie sei ausreichend gut eingestellt und erreiche keinen Grad der Behinderung.

3. Mit Bescheid der belangten Behörde vom 27.12.2017, Zl. OB: XXXX, wurde der Antrag vom 13.09.2017 auf Ausstellung eines Behindertenpasses abgewiesen.

3.1. Gestützt wurde die Entscheidung der belangten Behörde auf das eingeholte, unter I.2.1. angeführte, ärztliche Sachverständigengutachten, das dem angefochtenen Bescheid als Beilage angeschlossen wurde. Danach würden die Voraussetzungen für die Ausstellung eines Behindertenpasses nicht vorliegen, da der Grad der Behinderung des BF 40 % betrage.

4. Gegen diesen Bescheid vom 27.12.2017 brachte der BF binnen offener Frist die bei der belangten Behörde am 26.01.2018 eingelangte Beschwerde ein. Begründend führte der BF aus, dass im Dezember des voriges Jahres eine Operation an der linken Hüfte vorgenommen worden sei und der BF diesbezüglich an einem entsprechenden Zustand leide. Infolge der vom BF notwendigen eingenommenen Schonhaltung sei nunmehr auch sein rechtes Hüftgelenk massiv schmerzhaft beeinträchtigt und werde auch diesbezüglich eine Operation in Erwägung gezogen. Auch die Fußgelenke seiner linken Körperhälfte würden dem BF zusehends gesundheitliche Probleme bereiten. Der BF benötige einen oftmaligen Haltungswechsel, er habe große Schmerzen beim Bücken und sei anschließend kaum in der Lage sich wieder aufzurichten. Die ständigen Schmerzen seines Bewegungsapparates und sein stark eingeschränkter Gesundheitszustand würden auch sein persönliches Wohlbefinden massiv beeinträchtigen und sei der BF dadurch regelmäßig verstimmt.

Zu Beweiszwecken beantragte der BF fachärztliche Untersuchungen auf dem Gebiet der Orthopädie sowie der Neurologie und Psychiatrie und beantragte, das erkennende Gericht möge feststellen, dass die Abweisung seines Antrages auf Ausstellung eines Behindertenpasses zu Unrecht erfolgt sei, da der Grad seiner Behinderung zumindest 50 % betrage.

5. Die gegenständliche Beschwerde und die bezughabenden Verwaltungsakten wurden von der belangten Behörde vorgelegt und sind am 12.02.2018 beim Bundesverwaltungsgericht eingegangen.

6. Zur Überprüfung des Beschwerdegegenstandes wurde seitens des erkennenden Gerichtes MR Dr. XXXX, Arzt für Allgemeinmedizin, mit der Begutachtung und Erstattung eines Sachverständigengutachtens beauftragt.

6.1. Im medizinischen Sachverständigengutachten des Sachverständigen MR Dr. XXXX, vom 06.09.2018, (gemeint wohl 06.08.2018) wird, basierend auf der persönlichen Untersuchung des BF am 06.08.2018, im zusammengefassten Ergebnis folgendes festgehalten:

Lfd. Nr.

Bezeichnung der körperlichen, geistigen oder sinnesbedingten Funktionseinschränkungen, welche voraussichtlich länger als sechs Monate andauern werden: Begründung der Positionsnummer und des Rahmensatzes:

Pos. Nr.

GdB %

1

Kniegelenksbelastungseinschränkungen beidseits nach mehrfachen Operationen beidseits Oberer Richtsatzwert aufgrund der geringgradigen Funktionseinschränkung beidseits und der Schmerzzustände

02.05.19

30

2

Degeneratives Wirbelsäulensyndrom mit Fehlhaltung Unterer Richtsatzwert entsprechend der immer wiederkehrenden Schmerzsymptomatik ohne neurologische Ausfälle und der mittelgradigen Funktionsstörung

02.01.02

30

3

Beginnende Abnützung im Bereich der Hüftgelenke bei Gelenkspiegelung links Unterer Richtsatzwert entsprechend der Funktionsminderung bei Besserung der linken Hüfte nach Gelenksspiegelung

02.05.08

20

4

Migräne ohne Aura Oberer Richtsatzwert mit ausreichender medikamentöser Therapie und der geringen Schmerzattacken

04.11.01

20

 

Gesamtgrad der Behinderung

 

40 v.H.

6.2. Zum Gesamtgrad der Behinderung wurde ausgeführt, dass die führende GS 1 durch das Zusammenwirken von GS 2 und 3 als orthopädische Funktionsminderungen wegen zusätzlicher Beeinträchtigung im Alltag um 1 Stufe angehoben werde. GS 4 hebe nicht weiter an. Das Leiden "Unspezifischer Fußgelenksschmerz" ohne Befunde führe zu keiner Funktionseinschränkung.

In der Stellungnahme wurde im Sachverständigengutachten festgehalten, dass die Wirbelsäulensymptomatik im Vorgutachten zu gering eingeschätzt worden sei, von Seiten der Kniegelenksfunktionseinschränkung sei eine adäquate Einstufung erfolgt. Bezüglich der Abnützung der linken Hüfte und der Funktionseinschränkung sei aktuell nach der stattgehabten Operation im Dezember 2017 klinisch eine Verbesserung zu sehen, eine geringe Schmerzhaftigkeit im Bereich der rechten Hüfte sei zu würdigen. Die Migräne ohne Aura sei ebenso unverändert anzusehen, sodass insgesamt prozentuell keine Veränderung des Gesamtgrades der Behinderung zu objektivieren sei.

7. Das Ergebnis der medizinischen Beweisaufnahme wurde den Verfahrensparteien vom erkennenden Gericht mit Schreiben vom 27.08.2018 zur Kenntnis gebracht und die Möglichkeit eingeräumt binnen 2 Wochen schriftlich dazu Stellung zu nehmen.

8. Mit undatierten Schreiben, beim Bundesverwaltungsgericht eingelangt am 11.09.2018, legte der BF einen Befund vom Diagnostikum Graz, vom 17.08.2018, betreffend MRT der LWS, vor und teilte mit, dass er am 17.09.2018 eine ärztliche Befundbesprechung habe.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Der BF hat einen Wohnsitz im Inland.

Der BF leidet an folgenden behinderungsrelevanten Gesundheitsschädigungen:

* Kniegelenksbelastungseinschränkungen beidseits (Grad der Behinderung: 30 %)

* Degeneratives Wirbelsäulensyndrom mit Fehlhaltung (Grad der Behinderung: 30 %)

* Beginnende Abnützung im Bereich der Hüftgelenke und Zustand nach Gelenkspiegelung links (Grad der Behinderung: 20 %)

* Migräne ohne Aura (Grad der Behinderung: 20 %)

Die beidseitigen Kniegelenksbelastungseinschränkungen mit einem Grad der Behinderung in der Höhe von 30 von Hundert werden von den weiteren, vorliegenden orthopädischen Leiden der Wirbelsäule und der Hüfte zusätzlich beeinträchtigt und erhöhen daher den Grad der Behinderung insgesamt um eine Stufe.

Der Gesamtgrad der Behinderung beträgt somit 40 (vierzig) von Hundert (v. H.).

2. Beweiswürdigung:

Der unter I. angeführte Verfahrensgang ergibt sich aus dem diesbezüglich unbedenklichen und unzweifelhaften Akteninhalt des vorgelegten Verwaltungsaktes der belangten Behörde und der Beschwerde sowie aus dem vorliegenden Gerichtsakt des Bundesverwaltungsgerichtes.

Die Feststellung zum Wohnsitz ergibt sich aus einem Auszug des Zentralen Melderegisters und den Angaben des BF im verfahrenseinleitenden Antrag.

Der Gesamtgrad der Behinderung von 40 von Hundert wurde aufgrund des vom erkennenden Gericht eingeholten Sachverständigengutachtens des Sachverständigen MR Dr. XXXX, Arzt für Allgemeinmedizin, objektiviert.

Das Sachverständigengutachten, welches auf einer persönlichen Untersuchung des BF basiert, ist schlüssig, nachvollziehbar und weist keine Widersprüche auf. Die festgestellten Gesundheitsschädigungen ergeben sich daraus. Es wurde auf die Leiden des BF und deren Ausmaß und Wechselwirkungen zueinander ausführlich eingegangen.

Die Einschätzungen der vorliegenden Gesundheitsschädigungen bezüglich der Höhe des Grades der Behinderung erfolgten entsprechend der anzuwendenden Anlage zur Einschätzungsverordnung korrekt und nachvollziehbar. Die diesbezüglichen Feststellungen beruhen darauf.

Im Sachverständigengutachten von MR Dr. XXXX vom 06.08.2018 wurde nunmehr im Vergleich zum Sachverständigengutachten von Dr. XXXX vom 13.12.2017, das dem angefochtenen Bescheid zugrunde liegt, der Grad der Behinderung der Funktionseinschränkung "degeneratives Wirbelsäulensyndrom mit Fehlhaltung" aufgrund des erhobenen Untersuchungsbefundes neu eingeschätzt und von 20% auf 30 % erhöht.

Der Grad der Behinderung des Hüftleidens wurde aufgrund der Verbesserung nach der Operation im Dezember 2017 von 30 % auf 20 % herabgesetzt. In dieser Einschätzung sind auch die Schmerzen im Bereich der rechten Hüfte, wie im Rahmen der Beschwerde vorgebracht, berücksichtigt.

Insgesamt konnte im Rahmen des Beschwerdeverfahrens keine Veränderung des Gesamtgrades der Behinderung festgestellt werden.

Das Vorbringen des BF, dass sich die bestehenden Gesundheitsschädigungen regelmäßig auf seine Stimmungslage auswirken würden, ist zweifelsohne glaubhaft, allerdings ist der Grad der Behinderung entsprechend der Kriterien der Einschätzungsverordnung nach medizinischen Gesichtspunkten abstrakt einzuschätzen.

Die vorgebrachten Fußgelenksschmerzen links konnte im Rahmen der medizinischen Begutachtung von MR Dr. XXXX nicht als behinderungsrelevantes Leiden qualifiziert werden; auch konnten diese nicht durch medizinische Befunde belegt werden.

Der Inhalt des oben angeführten Sachverständigengutachtens von MR Dr. XXXX wurde den Verfahrensparteien seitens des erkennenden Gerichtes im Rahmen eines schriftlichen Parteiengehörs zur Kenntnis gebracht und zur Möglichkeit einer Stellungnahme übermittelt.

Die Verfahrensparteien beeinspruchten das vorliegende medizinische Sachverständigengutachten nicht.

Der seitens des BF übermittelte Befund vom 17.08.2018 ist als neues Beweismittel aufgrund der bestehenden Neuerungsbeschränkung im Beschwerdeverfahren gemäß § 46 dritter Satz BBG nicht mehr zu berücksichtigen. Zudem geht daraus eindeutig hervor, dass sich keine signifikante Befundänderung zur Voruntersuchung vom 17.12.2014 ergeben habe.

Das oben angeführte Sachverständigengutachten von MR Dr. XXXX vom 06.08.2018 wird daher der gegenständlichen Entscheidung in freier Beweiswürdigung zu Grunde gelegt.

3. Rechtliche Beurteilung:

3.1. Zuständigkeit und anzuwendendes Recht:

Gemäß § 6 des Bundesgesetzes über die Organisation des Bundesverwaltungsgerichtes (Bundesverwaltungsgerichtsgesetz - BVwGG, BGBl. I Nr. 10/2013 in der geltenden Fassung) entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.

Gemäß § 45 Abs. 3 BBG (Bundesbehindertengesetz, BGBl. Nr. 283/1990 in der geltenden Fassung) hat in Verfahren auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme von Zusatzeintragungen oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts durch den Senat zu erfolgen.

Bei Senatsentscheidungen in Verfahren gemäß § 45 Abs. 3 BBG hat eine Vertreterin oder ein Vertreter der Interessenvertretung der Menschen mit Behinderung als fachkundige Laienrichterin oder fachkundiger Laienrichter gemäß § 45 Abs. 4 BBG mitzuwirken.

Gegenständlich liegt somit Senatszuständigkeit vor.

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das Bundesgesetz über das Verfahren der Verwaltungsgerichte (Verwaltungsgerichts-verfahrensgesetz - VwGVG, BGBl. I Nr. 33/2013 in der geltenden Fassung) geregelt (§ 1 leg.cit.).

Gemäß § 58 Abs 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art 130 Abs. 1 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG, BGBl. Nr. 1/1930 in der geltenden Fassung) die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

Gemäß § 27 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, soweit nicht Rechtswidrigkeit wegen Unzuständigkeit der Behörde gegeben ist, den angefochtenen Bescheid auf Grund der Beschwerde (§ 9 Abs 1 Z 3 und 4 VwGVG) zu überprüfen.

Gemäß § 28 Abs 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen.

Gemäß § 28 Abs 2 VwGVG hat das Verwaltungsgericht über Beschwerden gemäß Art 130 Abs 1 Z 1 B-VG dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.

Gemäß § 24 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen.

Das Verwaltungsgericht kann, soweit durch Bundes- oder Landesgesetz nichts anderes bestimmt ist, gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG ungeachtet eines Parteienantrags, von einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und einem Entfall der Verhandlung weder Art 6 Abs. 1 EMRK (Europäische Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten) noch Art 47 GRC (Charta der Grundrechte der Europäischen Union) entgegenstehen.

Der im gegenständlichen Fall entscheidungsrelevante Sachverhalt wurde größtenteils auf gutachterlicher Basis ermittelt. Die ärztliche Begutachtung von MR Dr. XXXX basierte auch auf einer persönlichen Untersuchung des BF. Der Inhalt des vorliegenden Sachverständigengutachtens wurde zudem von den Verfahrensparteien im Rahmen ihres schriftlichen Parteiengehörs nicht substantiiert beeinsprucht.

Da der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit den Beschwerdegründen und dem Begehren des BF geklärt erscheint, konnte eine mündliche Verhandlung gemäß § 24 VwGVG entfallen. Im vorliegenden Fall wurde darüber hinaus seitens beider Parteien eine mündliche Verhandlung nicht beantragt.

Dem Absehen von der Verhandlung stehen hier auch Art 6 Abs. 1 EMRK und Art 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union nicht entgegen.

3.2. Zu Spruchteil A):

Unter Behinderung im Sinne des Bundesbehindertengesetzes ist gemäß § 1 Abs. 2 BBG die Auswirkung einer nicht nur vorübergehenden körperlichen, geistigen oder psychischen Funktionsbeeinträchtigung oder Beeinträchtigung der Sinnesfunktionen zu verstehen, die geeignet ist, die Teilhabe am Leben in der Gesellschaft zu erschweren. Als nicht nur vorübergehend gilt ein Zeitraum von mehr als voraussichtlich sechs Monaten.

Gemäß § 40 Abs. 1 BBG ist behinderten Menschen mit Wohnsitz oder gewöhnlichem Aufenthalt im Inland und einem Grad der Behinderung oder einer Minderung der Erwerbsfähigkeit von mindestens 50 % auf Antrag vom Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen (§ 45) ein Behindertenpass auszustellen, wenn

1. ihr Grad der Behinderung (ihre Minderung der Erwerbsfähigkeit) nach bundesgesetzlichen Vorschriften durch Bescheid oder Urteil festgestellt ist;

2. sie nach bundesgesetzlichen Vorschriften wegen Invalidität, Berufsunfähigkeit, Dienstunfähigkeit oder dauernder Erwerbsunfähigkeit Geldleistungen beziehen;

3. sie nach bundesgesetzlichen Vorschriften ein Pflegegeld, eine Pflegezulage, eine Blindenzulage oder eine gleichartige Leistung erhalten;

4. für sie erhöhte Familienbeihilfe bezogen wird oder sie selbst erhöhte Familienbeihilfe beziehen oder

5. sie dem Personenkreis der begünstigten Behinderten im Sinne des Behinderteneinstellungsgesetzes, BGBl. I Nr. 22/1970 in der geltenden Fassung, angehören.

Nach § 35 Abs 2 Einkommensteuergesetz (EStG 1998), BGBl. I Nr. 400/1998 in der geltenden Fassung, sind die Tatsache der Behinderung und das Ausmaß der Minderung der Erwerbsfähigkeit (Grad der Behinderung) durch eine amtliche Bescheinigung der für diese Feststellung zuständigen Stelle nachzuweisen. Zuständige Stelle ist:

-

Der Landeshauptmann bei Empfängern einer Opferrente (§ 11 Abs 2 des Opferfürsorgegesetzes, BGBl. I Nr. 183/1947).

-

Die Sozialversicherungsträger bei Berufskrankheiten oder Berufsunfällen von Arbeitnehmern.

-

In allen übrigen Fällen sowie bei Zusammentreffen von Behinderungen verschiedener Art das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen; dieses hat den Grad der Behinderung durch Ausstellung eines Behindertenpasses nach §§ 40 ff des BBG, im negativen Fall durch einen in Vollziehung dieser Bestimmungen ergehenden Bescheid zu bescheinigen.

Gemäß § 41 Abs 1 BBG gilt als Nachweis für das Vorliegen der im § 40 leg. cit. genannten Voraussetzungen der letzte rechtskräftige Bescheid eines Rehabilitationsträgers (§ 3), ein rechtskräftiges Urteil eines Gerichtes nach dem Arbeits- und Sozialgerichtsgesetz, BGBl. I Nr. 104/1985, ein rechtskräftiges Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes oder die Mitteilung über die Gewährung der erhöhten Familienbeihilfe gemäß § 8 Abs 5 des Familienlastenausgleichsgesetzes 1967, BGBl. Nr. 376. Das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen hat den Grad der Behinderung nach der Einschätzungsverordnung (BGBl. II Nr. 261/2010 in der geltenden Fassung) unter Mitwirkung von ärztlichen Sachverständigen einzuschätzen, wenn

1. nach bundesgesetzlichen Vorschriften Leistungen wegen einer Behinderung erbracht werden und die hiefür maßgebenden Vorschriften keine Einschätzung vorsehen;

2. zwei oder mehr Einschätzungen nach bundesgesetzlichen Vorschriften vorliegen und keine Gesamteinschätzung vorgenommen wurde oder

3. ein Fall des § 40 Abs 2 leg. cit. vorliegt.

Gemäß § 45 Abs 1 BBG sind Anträge auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme einer Zusatzeintragung oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung unter Anschluss der erforderlichen Nachweise bei dem Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen einzubringen.

Ein Bescheid ist gemäß § 45 Abs 2 BBG nur dann zu erteilen, wenn einem Antrag gemäß § 45 Abs 1 BBG nicht stattgegeben, das Verfahren eingestellt (§ 41 Abs 3 BBG) oder der Pass eingezogen wird. Dem ausgestellten Behindertenpass kommt Bescheidcharakter zu.

Es war aus folgenden Gründen spruchgemäß zu entscheiden:

In der vorliegenden Rechtssache wurde gemäß § 41 Abs. 1 BBG unter Mitwirkung des ärztlichen Sachverständigen MR Dr. XXXX der Grad der Behinderung nach den Bestimmungen der Einschätzungsverordnung samt Anlage eingeschätzt.

Insgesamt konnte danach ein Gesamtgrad der Behinderung von 40 von Hundert, wie auch von der belangten Behörde festgestellt wurde, ermittelt werden.

Die Gesamteinschätzung ist auch unter Bedachtnahme auf den durchgeführten Sachverständigenbeweis vorzunehmen (vgl. VwGH 19.11.1997, Zl. 95/09/0232; 04.09.2006, Zl. 2003/09/0062).

Das anzuwendende Bundesbehindertengesetz enthält keine Regelung, aus der geschlossen werden kann, dass ein Anspruch auf die Beiziehung von Fachärzten bestimmter Richtung bestünde. Der BF hat demnach keinen Anspruch auf die Zuziehung eines Facharztes eines bestimmten Teilgebietes, wie gegenständlich in der Beschwerde gefordert. Es kommt vielmehr auf die Schlüssigkeit des eingeholten Gutachtens an. Diesen Anspruch erfüllt das Sachverständigengutachten von MR Dr. XXXX im vollem Ausmaß.

Mit der Novelle BGBl. I 57/2015 hat der Gesetzgeber für das Verfahren nach dem Bundesbehindertengesetz (§ 46 BBG) ein - eingeschränktes - Neuerungsverbot eingeführt, das in den Gesetzesmaterialien als "Neuerungsbeschränkung" bezeichnet wird. Nach dem im Beschwerdefall anwendbaren § 46 dritter Satz BBG dürfen in Beschwerdeverfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht neue Tatsachen und Beweismittel nicht vorgebracht werden.

Der vom BF am 11.09.2018 eingebrachte MRT-Befund der LWS ist von der gesetzlich normierten Neuerungsbeschränkung erfasst und kann somit nicht mehr als Entscheidungsgrundlage für das gegenständliche Beschwerdeverfahren herangezogen werden.

Im gegenständlichen Fall sind daher die Voraussetzungen für die Ausstellung eines Behindertenpasses gemäß § 40 Abs. 1 BBG, wonach behinderten Menschen mit Wohnsitz und gewöhnlichen Aufenthalt im Inland und einem Grad der Behinderung von mindestens 50 v.H. ein Behindertenpass auszustellen ist, nicht erfüllt.

Die Beschwerde war daher spruchgemäß als unbegründet abzuweisen.

3.3. Zu Spruchteil B): Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs 1 des Verwaltungsgerichtshofgesetzes 1985 (VwGG) hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art 133 Abs 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzlicher Bedeutung zukommt. Die angewendeten Teile des Bundesbehindertengesetzes und der Einschätzungsverordnung sind - soweit im Beschwerdefall relevant - eindeutig. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor. Die Beurteilung, ob die Voraussetzungen für die Ausstellung eines Behindertenpass gegeben sind, stellt stets eine Einzelfallentscheidung dar. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung. Weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Schlagworte

Behindertenpass, Grad der Behinderung, Sachverständigengutachten

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2019:G303.2185812.1.00

Zuletzt aktualisiert am

28.05.2019
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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