TE Bvwg Erkenntnis 2019/2/28 W132 2212683-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 28.02.2019
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Entscheidungsdatum

28.02.2019

Norm

BBG §40
BBG §41
BBG §45
B-VG Art.133 Abs4

Spruch

W132 2212683-1/7E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Ursula GREBENICEK als Vorsitzende und den Richter Mag. Christian DÖLLINGER sowie die fachkundige Laienrichterin Dr. Regina BAUMGARTL als Beisitzer über die Beschwerde von XXXX , geboren am XXXX , gegen den Bescheid des Bundesamtes für Soziales und Behindertenwesen, Landesstelle Wien vom XXXX , betreffend die Abweisung des Antrages auf Ausstellung eines Behindertenpasses gemäß § 40, § 41 und § 45 Bundesbehindertengesetz (BBG), zu Recht erkannt:

A)

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen und der angefochtene Bescheid bestätigt.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen (Kurzbezeichnung:

Sozialministeriumservice; in der Folge belangte Behörde genannt) hat den Antrag des Beschwerdeführers vom 27.01.2017 auf Ausstellung eines Behindertenpasses aufgrund des in Höhe von 30 VH festgestellten Grades der Behinderung mit dem Bescheid von 13.07.2017 abgewiesen.

Die dagegen erhobene Beschwerde wurde vom Bundesverwaltungsgericht mit Erkenntnis vom XXXX , abgewiesen und er angefochtene Bescheid bestätigt.

2. Am 14.06.2018 hat der Beschwerdeführer bei der belangten Behörde unter Vorlage eines Befundkonvolutes einen Antrag auf Ausstellung eines Ausweises gemäß § 29b der Straßenverkehrsordnung (StVO) gestellt, welcher auch als Antrag auf Ausstellung eines Behindertenpasses und Vornahme der Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung" gilt, sofern die antragstellende Partei nicht bereits im Besitz eines solchen ist.

2.1. Zur Überprüfung des Antrages wurden von der belangten Behörde Sachverständigengutachten von Dr. XXXX , Ärztin für Allgemeinmedizin, und Dr. XXXX , Fachärztin für Augenheilkunde, basierend auf der persönlichen Untersuchung des Beschwerdeführers am 21.09.2018, mit dem Ergebnis eingeholt, dass der Grad der Behinderung in Höhe von 30 vH bewertet wurde.

2.2. Im Rahmen des gemäß § 45 Abs. 3 AVG erteilten des Parteiengehörs hat der Beschwerdeführer ohne Vorlage medizinischer Unterlagen im Wesentlichen vorgebracht, dass ein Grad der Behinderung in Höhe von 30 vH untragbar sei und er auf die Zusendung des Ergebnisses verzichte.

2.3. Mit dem angefochtenen Bescheid hat die belangte Behörde den Antrag auf Ausstellung eines Behindertenpasses gemäß § 40, § 41 und § 45 BBG abgewiesen und einen Grad der Behinderung in Höhe von 30 vH festgestellt.

Dem Bescheid wurden die eingeholten Sachverständigengutachten Dris. XXXX und Dris. XXXX vom 21.09.2018 in Kopie beigelegt.

Die belangte Behörde hat in der Bescheidbegründung angemerkt, dass über den Antrag auf Ausstellung eines Ausweises gem. § 29b StVO nicht abgesprochen werde, da die grundsätzlichen Voraussetzungen für die Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung" nicht vorliegen würden.

3. Gegen diesen Bescheid wurde vom Beschwerdeführer fristgerecht Beschwerde erhoben. Unter Vorlage eines Befundes über die Knochendichtebestimmung vom 06.02.2012 wurde im Wesentlichen vorgebracht, dass die Beurteilung seines Augenleidens falsch sei. Er habe bereits mit 18 Jahren seine erste Brille erhalten.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

Da sich der Beschwerdeführer mit dem im angefochtenen Bescheid festgestellten Grad der Behinderung nicht einverstanden erklärt hat, war dieser zu überprüfen.

1. Feststellungen:

1.1. Der Beschwerdeführer erfüllt die allgemeinen Voraussetzungen für die Ausstellung eines Behindertenpasses. Der Beschwerdeführer hat seinen Wohnsitz im Inland.

1.2. Der Gesamtgrad der Behinderung beträgt 30 vH.

1.2.1. Ausmaß der Funktionseinschränkungen:

Allgemeinzustand gut. Ernährungszustand gut. Haut/-farbe: rosig, sichtbare Schleimhäute gut durchblutet. Caput: Zähne saniert. Rachen bland. Hörvermögen nicht eingeschränkt. Keine Lippencyanose.

Sensorium altersentsprechend, HNA frei. Collum: SD schluckverschieblich, keine Einflussstauung, Lymphknoten nicht palpabel.

Augenbefund: Visus rechts: eig. Kontaktlinse 1,0 add +3,0 sph Jg 1 bin.

Visus links: eig. Kontaktlinse 1,0. Beide Augen: VBA Conj tarsi gering gerötet, HH klar, weiche KL in situ. Linsensklerose. Fundi Papille und Macula oB. Hypert. Gefäße. CT oB.

Thorax: Symmetrisch, elastisch. Cor: Rhythmisch, rein, normfrequent. Blutdruck 170/90. Pulmo: Vesikuläratmung, keine Atemnebengeräusche, keine Dyspnoe.

Abdomen: Bauchdecke weich, kein Druckschmerz, keine Resistenzen tastbar, Hepar am Ribo, Lien nicht palpabel. Nierenlager frei. Pulse allseits tastbar.

Obere Extremitäten: Symmetrische Muskelverhältnisse. Nackengriff und Schürzengriff beidseits uneingeschränkt durchführbar. Rechts Schultergelenk endlagig eingeschränkt. Grobe Kraft beidseits nicht vermindert.

Faustschluss und Spitzgriff beidseits durchführbar. Die übrigen Gelenke altersentsprechend frei beweglich. Sensibilität wird als unauffällig angegeben.

Untere Extremitäten: Zehenspitzen und Fersenstand sowie Einbeinstand beidseits durchführbar. Beide Beine von der Unterlage abhebbar. Grobe Kraft beidseits nicht vermindert, freie Beweglichkeit in Hüftgelenken und Kniegelenken. Bandstabil, kein Erguss, symmetrische Muskelverhältnisse. Sensibilität wird als unauffällig angegeben. Keine Varikositas, keine Ödeme beidseits. Senk-Spreizfüße beidseits. Geringgradiger Hallux valgus beidseits.

Wirbelsäule: Kein Klopfschmerz. Finger-Boden-Abstand im Stehen 20 cm. Rotation und Seitwärtsneigung in allen Ebenen geringgradig eingeschränkt. Gesamtmobilität und Gangbild unauffällig.

1.2.2. Beurteilung der Funktionseinschränkungen:

Lfd. Nr.

Funktionseinschränkung

Position

GdB

01

Rezidivierende Beinvenenthrombose, Zustand nach Pulmonalembolie Wahl der Position mit zwei Stufen über dem unteren Rahmensatz, da eine Dauerkoagulation erforderlich ist.

05.08.01

30 vH

02

Degenerative Veränderungen der Wirbelsäule geringen Grades Wahl der Position mit dem oberen Rahmensatz, da eine mäßiggradige Bewegungseinschränkung gegeben ist.

02.01.01

20 vH

03

Geringgradige Hypertonie Fixposition

05.01.01

10 vH

04

Bewegungseinschränkung des rechten Schultergelenkes geringen Grades Fixposition

02.06.01

10 vH

05

Höhergradige Kurzsichtigkeit und Astigmatismus beidseits mit normalem Sehvermögen beidseits Fixposition

11.02.01 Tab K1/Z1

0 vH

Gesamtgrad der Behinderung

30 vH

 

 

Der Gesamtgrad der Behinderung beträgt 30 vH, weil der Grad der Behinderung des führenden Leidens unter Nr. 1 durch die weiteren Leiden nicht erhöht wird, da deren Ausmaß gering ist und keine ungünstige wechselseitige Leidensbeeinflussung vorliegt.

Senk-Spreizfuß beidseits, sowie ein geringgradiger Hallux-valgus beidseits erreichen keinen Grad der Behinderung, da die Fehlstellung nicht über das zivilisatorische Ausmaß hinausreicht.

Eine anamnestisch angegebene Hörverminderung ohne Vorlage eines Tonaudiogrammes erreicht bei im Rahmen persönlicher Untersuchung objektiviertem, uneingeschränkten Hörvermögen keinen Grad der Behinderung.

2. Beweiswürdigung:

Zu 1.1.) Die Feststellungen zu den allgemeinen Voraussetzungen ergeben sich aus dem diesbezüglich unbedenklichen, widerspruchsfreien und unbestrittenen Akteninhalt.

Zu 1.2.) Die Feststellungen zu Art und Ausmaß der Funktionseinschränkungen gründen sich - in freier Beweiswürdigung - in nachstehend ausgeführtem Umfang auf die eingeholten und vorgelegten und Beweismittel:

Die von der belangten Behörde eingeholten ärztlichen Sachverständigengutachten Dris. XXXX und Dris. XXXX sind vollständig, schlüssig, nachvollziehbar und frei von Widersprüchen. Es wurde auf die Art der Leiden und deren Ausmaß ausführlich eingegangen. Die getroffenen Einschätzungen, basierend auf dem im Rahmen persönlicher Untersuchung des Beschwerdeführers erhobenen klinischen Befund, entsprechen unter Berücksichtigung der vorgelegten Beweismittel den festgestellten Funktionseinschränkungen.

Die vorgelegten Beweismittel sind in die Beurteilung eingeflossen, die befassten Sachverständigen haben sich eingehend damit auseinandergesetzt und fassen deren wesentliche Inhalte nachvollziehbar wie folgt zusammen:

-

WGKK vom 21.12.2009: Rezidivierende PE letzte PE 06/2009

-

Sehtestbescheinigung Fielmann GmbH vom 06.11.2014: Visus cc rechts 0,8 links 0,8

-

Augenärztlicher Befund Dr. XXXX vom 18.11.2016: Visus rechts:

-5,25 sph -0,75cyl88° - 0,7. Visus links: -0,75 sph - 2,0cyl 178° - 0,7. Beide Augen: Cat incip. Fundi Papille und Macula oB. Augendruck beidseits normal. Gesichtsfeld rechts peripher einzelne Skotomoe, li. oB.

Es wurden keine Beweismittel vorgelegt, welche im Widerspruch zum Ergebnis des eingeholten Sachverständigenbeweises stehen, weder wird ein aktuell höheres Funktionsdefizit beschrieben als gutachterlich festgestellt wurde, noch liegen Anhaltspunkte vor, dass Aspekte des Gesamtleidenszustandes unberücksichtigt geblieben sind.

Die Krankengeschichte des Beschwerdeführers wurde umfassend und differenziert nach den konkret vorliegenden Krankheitsbildern auch im Zusammenwirken zueinander berücksichtigt.

Die Einschätzung des Augenleidens ist durch eine Fachärztin für Augenheilkunde erfolgt und steht im Einklang mit der Einschätzungsverordnung, welche Richtsatzposition 11.02.01 für Sehstörungen vorsieht, wobei für die Beurteilung des Sehvermögens die korrigierte Sehschärfte (Prüfung mit optischem Sehausgleich) maßgeblich ist. Da beim Beschwerdeführer zwar eine höhergradige Kurzsichtigkeit mit Astigmatismus vorliegt, aber mit optischem Sehausgleich (Kontaktlinsen) normales Sehvermögen beidseits objektiviert werden konnte, kann eine höhere als die erfolgte Einschätzung des Augenleidens nicht erfolgen.

Der mit der Beschwerde vorgelegte Befund des Zentralröntgeninstitutes des Hanusch KH vom 06.02.2012 beschreibt eine erfolgte Knochendichtebestimmung auf Grund der Einnahme bei Marcoumar. Im Ergebnis wird festgehalten, dass die Untersuchung keinen Hinweis auf das Vorliegen einer Osteopenie ergeben hat. Eine einschätzungsrelevante Gesundheitsschädigung bzw. das Erfordernis der Erweiterung des Ermittlungsverfahrens kann aus diesem Befund somit nicht abgeleitet werden.

Die durch die belangte Behörde erfolgte Beurteilung der weiteren einschätzungsrelevanten Leiden wurde vom Beschwerdeführer nicht beeinsprucht. Die dokumentierten Gesundheitsschädigungen sind in Zusammenschau mit dem im Rahmen der persönlichen Untersuchungen erhobenen klinischen Status somit vollumfänglich - soweit ein einschätzungsrelevantes Leiden vorliegt - berücksichtigt worden.

Die im angefochtenen Verfahren vorgelegten Befunde wurden bei der Beurteilung berücksichtigt. Der mit der Beschwerde vorgelegte Befund enthält keine Hinweise auf das Vorliegen einer weiteren einschätzungsrelevanten Gesundheitsschädigung. Es liegen sohin keine Belege vor, welche im Widerspruch zu dem im Rahmen der persönlichen Untersuchungen am 21.09.2018 erhobenen klinischen Befund stehen.

Die Sachverständigengutachten Dris. XXXX und Dris. XXXX stehen mit den Erfahrungen des Lebens, der ärztlichen Wissenschaft und den Denkgesetzen nicht in Widerspruch. Auch war dem Vorbringen sowie den eingeholten und vorgelegten Beweismitteln kein Anhaltspunkt zu entnehmen, die Tauglichkeit der befassten Sachverständigen oder deren Beurteilung beziehungsweise Feststellungen in Zweifel zu ziehen.

Dem Gutachten eines Sachverständigen kann zwar auch ohne Gegengutachten in der Weise entgegengetreten werden, als die Parteien Unschlüssigkeiten oder Unvollständigkeiten des Gutachtens aufzeigen. Der Beschwerdeführer ist den - nicht als unschlüssig zu erkennenden - Sachverständigengutachten Dris. XXXX und Dris. XXXX , nämlich weder dem erhobenen klinischen Befund, noch den daraus gezogenen Schlussfolgerungen bzw. der Beurteilung der Funktionseinschränkungen, jedoch nicht substantiiert entgegengetreten.

Das Beschwerdevorbringen war nicht geeignet die gutachterliche Beurteilung, wonach ein Grad der Behinderung in Höhe von 30 vH vorliegt, zu entkräften. Der Beschwerdeführer bringt nicht konkret zum Ausdruck, inwiefern eine Fehleinschätzung vorliegt bzw. welche gutachterlichen Ausführungen nicht dem tatsächlichen Leidensausmaß entsprechen. Die Angaben des Beschwerdeführers konnten nicht über den erstellten Befund hinaus objektiviert werden.

3. Rechtliche Beurteilung:

Gemäß § 6 des Bundesgesetzes über die Organisation des Bundesverwaltungsgerichtes (Bundesverwaltungsgerichtsgesetz - BVwGG) entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Gemäß § 45 Abs. 3 BBG hat in Verfahren auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme von Zusatzeintragungen oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts durch den Senat zu erfolgen. Gegenständlich liegt somit Senatszuständigkeit vor.

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das Bundesgesetz über das Verfahren der Verwaltungsgerichte (Verwaltungsgerichts-verfahrensgesetz - VwGVG) geregelt (§ 1 leg.cit.).

Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

Gemäß § 27 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, soweit nicht Rechtswidrigkeit wegen Unzuständigkeit der Behörde gegeben ist, den angefochtenen Bescheid auf Grund der Beschwerde (§ 9 Abs. 1 Z 3 und 4) oder auf Grund der Erklärung über den Umfang der Anfechtung (§ 9 Abs. 3) zu überprüfen.

Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen.

Gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG hat das Verwaltungsgericht über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.

Zu A)

1. Zur Entscheidung in der Sache:

Unter Behinderung im Sinne dieses Bundesgesetzes ist die Auswirkung einer nicht nur vorübergehenden körperlichen, geistigen oder psychischen Funktionsbeeinträchtigung oder Beeinträchtigung der Sinnesfunktionen zu verstehen, die geeignet ist, die Teilhabe am Leben in der Gesellschaft zu erschweren. Als nicht nur vorübergehend gilt ein Zeitraum von mehr als voraussichtlich sechs Monaten. (§ 1 Abs. 2 BBG)

Behinderten Menschen mit Wohnsitz oder gewöhnlichem Aufenthalt im Inland und einem Grad der Behinderung oder einer Minderung der Erwerbsfähigkeit von mindestens 50% ist auf Antrag vom Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen (§ 45) ein Behindertenpaß auszustellen, wenn

1. ihr Grad der Behinderung (ihre Minderung der Erwerbsfähigkeit) nach bundesgesetzlichen Vorschriften durch Bescheid oder Urteil festgestellt ist oder

2. sie nach bundesgesetzlichen Vorschriften wegen Invalidität, Berufsunfähigkeit, Dienstunfähigkeit oder dauernder Erwerbsunfähigkeit Geldleistungen beziehen oder

3. sie nach bundesgesetzlichen Vorschriften ein Pflegegeld, eine Pflegezulage, eine Blindenzulage oder eine gleichartige Leistung erhalten oder

4. für sie erhöhte Familienbeihilfe bezogen wird oder sie selbst erhöhte Familienbeihilfe beziehen oder

5. sie dem Personenkreis der begünstigten Behinderten im Sinne des Behinderten-einstellungsgesetzes, BGBl. Nr. 22/1970, angehören.

(§ 40 Abs. 1 BBG)

Behinderten Menschen, die nicht dem im Abs. 1 angeführten Personenkreis angehören, ist ein Behindertenpaß auszustellen, wenn und insoweit das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen auf Grund von Vereinbarungen des Bundes mit dem jeweiligen Land oder auf Grund anderer Rechtsvorschriften hiezu ermächtigt ist. (§ 40 Abs. 2 BBG)

Die Höhe des Freibetrages bestimmt sich nach dem Ausmaß der Minderung der Erwerbsfähigkeit (Grad der Behinderung). Die Minderung der Erwerbsfähigkeit (Grad der Behinderung) richtet sich in Fällen,

1. in denen Leistungen wegen einer Behinderung erbracht werden, nach der hiefür maßgebenden Einschätzung,

2. in denen keine eigenen gesetzlichen Vorschriften für die Einschätzung bestehen, nach § 7 und § 9 Abs. 1 des Kriegsopferversorgungsgesetzes 1957 bzw. nach der Einschätzungsverordnung, BGBl. II Nr. 261/2010, für die von ihr umfassten Bereiche.

Die Tatsache der Behinderung und das Ausmaß der Minderung der Erwerbsfähigkeit (Grad der Behinderung) sind durch eine amtliche Bescheinigung der für diese Feststellung zuständigen Stelle nachzuweisen.

Zuständige Stelle ist:

-

Der Landeshauptmann bei Empfängern einer Opferrente (§ 11 Abs. 2 des Opferfürsorgegesetzes, BGBl. Nr. 183/1947).

-

Die Sozialversicherungsträger bei Berufskrankheiten oder Berufsunfällen von Arbeitnehmern.

-

In allen übrigen Fällen sowie bei Zusammentreffen von Behinderungen verschiedener Art das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen; dieses hat den Grad der Behinderung durch Ausstellung eines Behindertenpasses nach §§ 40 ff des Bundesbehindertengesetzes, im negativen Fall durch einen in Vollziehung dieser Bestimmungen ergehenden Bescheid zu bescheinigen.

(§ 35 Abs. 2 Einkommensteuergesetz 1988)

Als Nachweis für das Vorliegen der im § 40 genannten Voraussetzungen gilt der letzte rechtskräftige Bescheid eines Rehabilitationsträgers (§ 3), ein rechtskräftiges Urteil eines Gerichtes nach dem Arbeits- und Sozialgerichtsgesetz, BGBl. Nr. 104/1985, ein rechtskräftiges Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes oder die Mitteilung über die Gewährung der erhöhten Familienbeihilfe gemäß § 8 Abs. 5 des Familienlastenausgleichsgesetzes 1967, BGBl. Nr. 376.

Das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen hat den Grad der Behinderung nach der Einschätzungsverordnung (BGBl. II Nr. 261/2010) unter Mitwirkung von ärztlichen Sachverständigen einzuschätzen, wenn

1. nach bundesgesetzlichen Vorschriften Leistungen wegen einer Behinderung erbracht werden und die hiefür maßgebenden Vorschriften keine Einschätzung vorsehen oder

2. zwei oder mehr Einschätzungen nach bundesgesetzlichen Vorschriften vorliegen und keine Gesamteinschätzung vorgenommen wurde oder

3. ein Fall des § 40 Abs. 2 vorliegt.

(§ 41 Abs. 1 BBG)

§ 1, § 41 Abs. 1 und 2, § 55 Abs. 4 und 5 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 81/2010 treten mit 1. September 2010 in Kraft. (§ 54 Abs. 12 BBG auszugsweise)

Der Behindertenpass hat den Vornamen sowie den Familiennamen, das Geburtsdatum eine allfällige Versicherungsnummer und den festgestellten Grad der Behinderung oder der Minderung der Erwerbsfähigkeit zu enthalten und ist mit einem Lichtbild auszustatten. Zusätzliche Eintragungen, die dem Nachweis von Rechten und Vergünstigungen dienen, sind auf Antrag des behinderten Menschen zulässig. Die Eintragung ist vom Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen vorzunehmen. (§ 42 Abs. 1 BBG)

Der Behindertenpaß ist unbefristet auszustellen, wenn keine Änderung in den Voraussetzungen zu erwarten ist. (§ 42 Abs. 2 BBG)

Anträge auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme einer Zusatzeintragung oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung sind unter Anschluß der erforderlichen Nachweise bei dem Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen einzubringen. (§ 45 Abs. 1 BBG)

Ein Bescheid ist nur dann zu erteilen, wenn einem Antrag gemäß Abs. 1 nicht stattgegeben, das Verfahren eingestellt (§ 41 Abs. 3) oder der Pass eingezogen wird. Dem ausgestellten Behindertenpass kommt Bescheidcharakter zu. (§ 45 Abs. 2 BBG)

Wie unter Punkt II.2. bereits ausgeführt, ist das Beschwerdevorbringen nicht geeignet darzutun, dass der in Höhe von 30 vH festgestellte Grad der Behinderung nicht dem tatsächlichen Leidensausmaß des Beschwerdeführers entspräche. Der Beschwerdeführer hat der Beschwerde keine neuen Beweismittel beigelegt, welche eine einschätzungswürdige funktionseinschränkung dokumentieren, und ist dem von Dr. XXXX und Dr. XXXX erhobenen klinischen Befund nicht überzeugend entgegengetreten. Er bringt nicht substantiiert zum Ausdruck, inwiefern eine Fehlbeurteilung des Leidenszustandes vorliegt bzw. ob, gegebenenfalls welche, gutachterlichen Ausführungen nicht dem tatsächlichen Leidensausmaß entsprechen. Die gutachterliche Beurteilung wurde lediglich pauschal bestritten.

Da ein Grad der Behinderung von dreißig (30) vH festgestellt wurde und somit die Voraussetzungen für die Ausstellung eines Behindertenpasses nicht erfüllt sind, war spruchgemäß zu entscheiden.

2. Zum Entfall einer mündlichen Verhandlung:

Das Verwaltungsgericht hat auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen.

(§ 24 Abs. 1 VwGVG)

Die Verhandlung kann entfallen, wenn

1. der das vorangegangene Verwaltungsverfahren einleitende Antrag der Partei oder die Beschwerde zurückzuweisen ist oder bereits auf Grund der Aktenlage feststeht, dass der mit Beschwerde angefochtene Bescheid aufzuheben, die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt oder die angefochtene Weisung für rechtswidrig zu erklären ist oder

2. die Säumnisbeschwerde zurückzuweisen oder abzuweisen ist.

(§ 24 Abs. 2 VwGVG)

Der Beschwerdeführer hat die Durchführung einer Verhandlung in der Beschwerde oder im Vorlageantrag zu beantragen. Den sonstigen Parteien ist Gelegenheit zu geben, binnen angemessener, zwei Wochen nicht übersteigender Frist einen Antrag auf Durchführung einer Verhandlung zu stellen. Ein Antrag auf Durchführung einer Verhandlung kann nur mit Zustimmung der anderen Parteien zurückgezogen werden. (§ 24 Abs. 3 VwGVG)

Soweit durch Bundes- oder Landesgesetz nicht anderes bestimmt ist, kann das Verwaltungsgericht ungeachtet eines Parteiantrags von einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und einem Entfall der Verhandlung weder Art. 6 Abs. 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, BGBl. Nr. 210/1958, noch Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union, ABl. Nr. C 83 vom 30.03.2010 S. 389 entgegenstehen. (§ 24 Abs. 4 VwGVG)

Das Verwaltungsgericht kann von der Durchführung (Fortsetzung) einer Verhandlung absehen, wenn die Parteien ausdrücklich darauf verzichten. Ein solcher Verzicht kann bis zum Beginn der (fortgesetzten) Verhandlung erklärt werden. (§ 24 Abs. 5 VwGVG)

Maßgebend für die gegenständliche Entscheidung über den Gesamtgrad der Behinderung sind die Art und das Ausmaß der beim Beschwerdeführer festgestellten Gesundheitsschädigungen. Zur Klärung des Sachverhaltes wurden daher die der angefochtenen Entscheidung zugrunde gelegten Sachverständigengutachten geprüft.

Wie unter Punkt II.2. bereits ausgeführt, wurden diese als nachvollziehbar, vollständig und schlüssig erachtet.

Der Beschwerdeführer hat von den Sachverständigengutachten vollinhaltlich Kenntnis erlangt. Im Rahmen des Beschwerdevorbringens hatte der Beschwerdeführer die Möglichkeit sich zu äußern bzw. Beweismittel vorzulegen. Es wurden der Beschwerde jedoch keine Beweismittel beigelegt, welche mit der gutachterlichen Beurteilung der Funktionseinschränkungen nicht in Einklang stehen. Das Beschwerdevorbringen war - wie unter Punkt II.2. bzw. II.3.1.bereits ausgeführt - nicht geeignet, relevante Bedenken an den sachverständigen Feststellungen und Beurteilungen hervorzurufen. Der Beschwerdeführer wurde im behördlichen Verfahren persönlich durch eine Fachärztin für Augenheilkunde und eine Ärztin für Allgemeinmedizin untersucht. Die vorgebrachten Argumente und vorgelegten Beweismittel wurden im eingeholten Sachverständigengutachten berücksichtigt, soweit diese einschätzungsrelevante Aspekte enthalten bzw. noch aktuell sind. Das Vorbringen wird durch die beigebrachten Beweismittel nicht erhärtet, vielmehr stehen diese nicht im Widerspruch zum eingeholten Sachverständigenbeweis. Das Bundesverwaltungsgericht hat sich den tragenden beweiswürdigenden Erwägungen der belangten Behörde, dass das eingeholte Sachverständigengutachten schlüssig und frei von Widersprüchen ist, angeschlossen. Sohin ist der Sachverhalt geklärt. Daher konnte die Durchführung einer mündlichen Verhandlung unterbleiben. Der Anspruch einer Partei auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung ist auch kein absoluter. (VfGH vom 09.06.2017, E 1162/2017)

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 des Verwaltungsgerichtshofgesetzes 1985 (VwGG) hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Vielmehr hängt die Entscheidung von Tatsachenfragen ab. Maßgebend sind die Art des Leidens und das festgestellte Ausmaß der Funktionsbeeinträchtigungen.

Es handelt sich um eine einzelfallbezogene Beurteilung, welche im Rahmen der von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätze vorgenommen wurde.

Schlagworte

Behindertenpass, Grad der Behinderung, Sachverständigengutachten

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2019:W132.2212683.1.00

Zuletzt aktualisiert am

27.05.2019
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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