TE Bvwg Erkenntnis 2019/2/28 W132 2173822-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 28.02.2019
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Entscheidungsdatum

28.02.2019

Norm

BBG §40
BBG §41
BBG §45
B-VG Art.133 Abs4

Spruch

W132 2173822-1/8E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Ursula GREBENICEK als Vorsitzende und den Richter Mag. Christian DÖLLINGER sowie die fachkundige Laienrichterin Dr. Regina BAUMGARTL als Beisitzer über die Beschwerde von XXXX , geboren am XXXX , gegen den Bescheid des Bundesamtes für Soziales und Behindertenwesen, Landesstelle Wien vom XXXX , betreffend die Abweisung des Antrages auf Ausstellung eines Behindertenpasses gemäß § 40, § 41 und § 45 Bundesbehindertengesetz (BBG), zu Recht erkannt:

A)

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen und der angefochtene Bescheid bestätigt.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Am 19.06.2017 hat der Beschwerdeführer beim Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen (Kurzbezeichnung:

Sozialministeriumservice; in der Folge belangte Behörde genannt) einen Antrag auf Ausstellung eines Behindertenpasses gestellt.

1.1. Zur Überprüfung des Antrages wurde von der belangten Behörde ein Sachverständigengutachten von Dr. XXXX , Facharzt für Innere Medizin, basierend auf der persönlichen Untersuchung des Beschwerdeführers am 08.08.2017, mit dem Ergebnis eingeholt, dass der Grad der Behinderung in Höhe von 30 vH bewertet wurde.

1.2. Mit dem angefochtenen Bescheid hat die belangte Behörde den Antrag auf Ausstellung eines Behindertenpasses gemäß § 40, § 41 und § 45 BBG abgewiesen und einen Grad der Behinderung in Höhe von 30 vH festgestellt.

Dem Bescheid wurde das Sachverständigengutachten Dris. XXXX in Kopie beigelegt.

2. Gegen diesen Bescheid wurde vom Beschwerdeführer fristgerecht Beschwerde erhoben. Ohne Vorlage von Beweismitteln wurde im Wesentlichen vorgebracht, im Sachverständigengutachten werde angeführt, dass die chronische Nierenerkrankung mit höhergradiger Hypertonie einem Grad der Behinderung von 30 vH entspräche, diese Leiden nach der Einschätzungsverordnung aber einen Grad der Behinderung von 40 vH ergäben. Aufgrund der im Gutachten mit nur 20 vH eingeschätzten Teilleistungsschwäche sei er im Alltag massiv eingeschränkt und habe das Stundenausmaß seiner beruflichen Tätigkeit auf Grund der neurologischen Probleme auf Teilzeit reduzieren müssen. Auch sein Tätigkeitsbereich habe sich geändert. Durch eine cerebrale Lähmung ebenso bedingt durch die Hirnblutung leide der Beschwerdeführer an körperlicher Schwäche und habe Probleme beim Gehen. Psychisch gehe es ihm schlecht, da er an Depressionen, Konzentrations- und Gedächtnisstörungen leide. Er müsse deshalb regelmäßig fachärztliche Hilfe in Anspruch nehmen. Auf Grund seiner Langsamkeit sehe er seinen Arbeitsplatz gefährdet und ersuche auch um neurologische Begutachtung.

2.1. Zur Überprüfung des Beschwerdegegenstandes wurden vom Bundesverwaltungsgericht Sachverständigengutachten von Dr. XXXX , Facharzt für Neurologie, basierend auf der persönlichen Untersuchung des Beschwerdeführers am 20.03.2018, und von Dr. XXXX , Facharzt für Innere Medizin, basierend auf der Aktenlage, mit dem Ergebnis eingeholt, dass der Grad der Behinderung in Höhe von 30 vH bewertet wurde.

2.2. Im Rahmen des vom Bundesverwaltungsgericht gemäß § 17 VwGVG iVm § 45 Abs. 3 AVG mit Hinweis auf die Neuerungsbeschränkung gemäß § 46 BBG erteilten Parteiengehörs haben weder die belangte Behörde noch der Beschwerdeführer Einwendungen erhoben.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

Da sich der Beschwerdeführer mit dem im angefochtenen Bescheid festgestellten Grad der Behinderung nicht einverstanden erklärt hat, war dieser zu überprüfen.

1. Feststellungen:

1.1. Der Beschwerdeführer erfüllt die allgemeinen Voraussetzungen für die Ausstellung eines Behindertenpasses. Der Beschwerdeführer hat seinen Wohnsitz im Inland.

1.2. Der Gesamtgrad der Behinderung beträgt 30 vH.

1.2.1. Ausmaß der Funktionseinschränkungen:

Allgemeinzustand gut, übergewichtiger Ernährungszustand. Knochenbau:

normal, Haut und Schleimhäute: unauffällig. Lymphknoten nicht tastbar. Augen: isokor, prompte Lichtreaktion. Zunge: normal, Zähne:

eigene, gut saniert. Hals: unauffällig, Schilddrüse nicht tastbar, Pulse vorhanden, keine Gefäßgeräusche, Venen nicht gestaut.

Thorax: symmetrisch, mäßig elastisch. Lunge: sonorer Klopfschall, vesikuläres Atemgeräusch. Herz: reine rhythmische Herztöne, Frequenz 80/Min. rhythmisch.

Blutdruck: 120/80.

Abdomen: Bauchdecken weich, adipös. Leber und Milz nicht abgrenzbar. Rektal nicht untersucht, Nierenlager frei.

Extremitäten und Wirbelsäule: Wirbelsäule unauffällig, Arme normal, an den Beinen altersgemäß normaler Gelenksstatus, Pulse tastbar, keine Varizen, keine Ödeme

Gesamtmobilität - Gangbild am am 08.08.2017: keine Lähmungen, doch allgemeine Verlangsamung, er kann ohne Hilfsmittel und ohne Unterstützung gehen, jedoch nur langsam und mit eher kleinen Schritten. Der Eindruck einer Störung des Gleichgewichtssinns besteht nicht.

Neurologisch: Die Hirnnerven sind unauffällig. Die Optomotorik ist intakt. An den oberen Extremitäten bestehen keine Paresen. Die Muskeleigenreflexe sind seitengleich mittellebhaft auslösbar. Die Koordination ist intakt bis auf leichten Haltetremor beidseits. Leichte Dysdiadochokinese links > rechts. An den unteren Extremitäten bestehen keine Paresen. Fersen-, Zehenspitzen- und Einbeinstand beidseits möglich. Die Muskeleigenreflexe sind seitengleich mittellebhaft auslösbar. Die Koordination ist intakt. Die Pyramidenzeichen sind an den oberen und unteren Extremitäten negativ. Die Sensibilität wird allseits als intakt angegeben. Das Gangbild am 20.03.2018 ist ohne Hilfsmittel etwas breitbeinig aber relativ flüssig.

Psychiatrisch: Örtlich, zeitlich, zur Person und situativ ausreichend orientiert. Antrieb etwas reduziert. Auffassung regelrecht. Subjektiv kognitive Defizite. Affekt ausgeglichen, Stimmungslage euthym. Keine Ein- und Durchschafstörung. Keine produktive Symptomatik, keine Suizidalität.

1.2.2. Beurteilung der Funktionseinschränkungen:

Lfd. Nr.

Funktionseinschränkung

Position

GdB

01

Chronisch renale Insuffizienz leichten Grades Zwei Stufen über dem unteren Rahmensatz, da die EGFR erniedrigt ist. Höhergradige Hypertonie sowie inzipiente Schrumpfniere, Hyperurikämie, Z.n. 1xiger Gichtarthritis 09/2015, metabolisches Syndrom und Fundus hypertonicus I-II sind in dieser Position miterfasst.

05.04.01

30 vH

02

Organisches Psychosyndrom geringen Grades Oberer Rahmensatz, da verminderte Ausdauer der Konzentrationsfähigkeit

03.01.01

20 vH

03

Zustand nach Stammganglienblutung rechts 2014 Eine Stufe über dem unteren Rahmensatz, da geringe feinmotorische Störungen vorliegen.

04.01.01

20 vH

Gesamtgrad der Behinderung

30 vH

 

 

Der Gesamtgrad der Behinderung beträgt 30 vH, da keine ungünstige wechselseitige Leidensbeeinflussung vorliegt und die neurologischen Leiden unter Nr. 2 und 3 auch im Zusammenwirken nicht von maßgeblicher funktioneller Zusatzrelevanz sind.

2. Beweiswürdigung:

Zu 1.1.) Die Feststellungen zu den allgemeinen Voraussetzungen ergeben sich aus dem diesbezüglich unbedenklichen, widerspruchsfreien und unbestrittenen Akteninhalt.

Zu 1.2.) Die Feststellungen zu Art und Ausmaß der Funktionseinschränkungen gründen sich - in freier Beweiswürdigung - in nachstehend ausgeführtem Umfang auf die eingeholten und vorgelegten und Beweismittel:

Das im erstinstanzlichen Verfahren eingeholte ärztliche Sachverständigengutachten Dris. XXXX und die im verwaltungsgerichtlichen Verfahren eingeholten Sachverständigengutachten Dris. XXXX und Dris. XXXX sind schlüssig, nachvollziehbar und frei von Widersprüchen. Es wurde auf die Art der Leiden und deren Ausmaß ausführlich eingegangen.

Die getroffenen Einschätzungen, basierend auf dem im Rahmen persönlicher Untersuchung des Beschwerdeführers erhobenen klinischen Befund, entsprechen unter Berücksichtigung der vorgelegten Beweismittel den festgestellten Funktionseinschränkungen. Die vorgelegten Beweismittel sind nicht geeignet, die gutachterlichen Feststellungen überzeugend in Frage zu stellen.

Die vorgelegten Beweismittel sind in die Beurteilung eingeflossen, Dr. XXXX hat sich eingehend damit auseinandergesetzt und fasst deren wesentliche Inhalte wie folgt zusammen:

-

26.05.2014, Labor PVA: im Blutbild Geringfügige normozytäre Anämie, Senkung und CRP normal, Leberenzymmuster normal, BUN 15,7, Kreatinin 1,57, EGFR auf 53 vermindert

-

30.04.2014 bis 28.05.2014, ärztlicher Entlassungsbericht PVA-SKA-RZ Bad Schallerbach: Diagnosen: Intracerebrale Blutung Stammganglienbereich re. 10.03.2014, Cerebraler ischämischer Insult im Zentrum Semi ovale Ii., Essentielle (primäre) Hypertonie, Hypertensive Nierenkrankheit mit Niereninsuffizienz, Hyperurikämie

E79.0. Rehabilitationsziel: Steigerung der allgemeinen Leistungsfähigkeit, wieder selbstständig wohnen und den Haushalt führen, Erlernen eines nachhaltigen Selbstübungsprogramms,

Wiedererlangung der Arbeitsfähigkeit. Epikrise: Problemloser Stationierungsverlauf bei gutem Therapiefortschritt. Es zeigt sich eine gesteigerte allgemeine Leistungsfähigkeit, im Alltag kommt der Pat. problemlos zurecht. Kräftigung der Rumpfmuskulatur, gebesserte, weitgehend schmerzfreie Beweglichkeit in allen Wirbelsäulenabschnitten, derzeit keine radikuläre Symptomatik. Einbeinstand bds. problemlos, gute Gleichgewichtsreaktionen. Während des Aufenthaltes erfolgte auch eine neuropsychologische Behandlung mit dem Ziel der Steigerung der Leistungen des divergenten Denkens, hier zeigen sich deutliche Fortschritte. Ein Heimübungsprogramm wurde erarbeitet. Therapieempfehlung: Medikamentös: Acemin, Concor.

Ernährung: Purinarme Diät. Physiotherapeutisch: Konsequentes Fortführen hier erlernter physiotherapeutischer Übungen.

-

06.04.2017, Hanusch-Krankenhaus, III. Medizinische Abteilung.

Diagnosen: Essentielle (primäre) Hypertonie, Chronisch renale Insuffizienz, Inzipiente Schrumpfniere, Hyperurikämie, Z.n. 1xiger Gichtarthritis 09/2015, Fundus hypertonicus l-ll, Metabolisches Syndrom, Z.n. intrazerebraler Blutung im Bereich der Stammganglien rechts 18.03.2014, Z.n. zerebralem ischämischem Insult im Centrum semiovale links 18.03.2014. Prozeduren: Wir erlauben uns, o.a. Diagnosen zur Vorlage zusammenzufassen. Im Rahmen einer neu diagnostizierten arteriellen Hypertonie kam es im März 2014 zum Auftreten einer intrazerebralen Stammganglienblutung mit Halbseitenzeichen links. Neben seriell angefertigten CCT Untersuchungen, welche eine stabile Blutungssituation zeigten, fand sich MR tomographisch das Vorliegen einer rezenten Diffusionsstörung im Centrum semiovale links, weiters eine alte Stammganglienblutung links sowie mehrere Mikroblutungen im Thalamus beidseits, im Crus cerebri links, in der retrosternalen Pons bds. sowie hochfrontal subkortikal rechts. Im Rahmen der Hypertonieabklärung fand ein MRT der Nebennieren sowie eine MRA der Nierengefäße statt, hier fand sich keine Ursache für eine etwaige sekundäre Hypertonie, weiters wurde ein primärer Hyperaldosteronismus laborchemisch ausgeschlossen. Unter einer 6-fach Kombinationstherapie konnten schließlich normaler RR-Werte erzielt werden, die RR-Medikation in weiterer Folge wieder reduziert werden. Nach stattgehabtem Aufenthalt an der Univ. Klinik für Neurologie fand eine neurologische Rehabilitation in Bad Schallerbach statt, hierunter stetige Besserung des Beschwerdebildes. Es zeigte sich eine gesteigerte allgemeine Leistungsfähigkeit, im Rahmen der neuropsychologischen Behandlung mit dem Ziel der Steigerung der Leistungen des divergenten Denkens zeigten sich ebenfalls Fortschritte. Auffallend war jedoch bei Entlassung, dass bei der Produktion von Lösungen unter eingesetzten Zeitvorgaben Resultate erreicht wurden, welche außerhalb des Altersnormbereichs lagen (s. Entlassungsbericht Bad Schallerbach vom 30.06.2014). In der Zwischenzeit hat sich die körperliche Leistungsfähigkeit subjektiv wieder etwas verschlechtert, auch die Konzentrationsfähigkeit sei in den letzten 6 Monaten etwas schlechter geworden. Eine neuerliche Rehabilitation / Kur ist geplant. Seit September 2015 ist der Patient im Hanusch KH der WGKK angebunden, wird h.o. internistisch betreut.

-

30.06.2017 Klinik Pirawarth Kur und Rehabilitationszentrum, Laborbefunde: Blutzucker 91 Cholesterins 156, EGFR auf 51 vermindert, Kreatinin 1,6, Triglyceride 114, ein Blutbild Leukozyten ging auf 11,0 erhöht, Natrium, Kalium, GPT, GGT, Harnsäure normal.

Hinsichtlich des Einwandes, die Einschätzung des Nierenleidens und der Hypertonie sei zu gering erfolgt, führt Dr. XXXX fachärztlich überzeugend aus, dass die vorliegende Einschätzung der chronisch renalen Insuffizienz mit 30 vH einerseits auf der vorliegenden Einschränkung der exkretorischen Nierenfunktion und anderseits auf dem Ausmaß der Hypertonie beruht. Er erläutert weiters anschaulich, dass die Tatsache berücksichtigt wurde, dass mit einer Kombinationsbehandlung von drei blutdrucksenkenden Medikamenten ein Blutdruck von 120/80 erreicht werden konnte. Da auch der Kreatininwert nicht über 2mg/dl erhöht ist, kann entsprechend den Vorgaben der Einschätzungsverordnung eine höhere Einschätzung dieses Leidens nicht erfolgen.

Der neurologische Sachverständige Dr. XXXX fasst schlüssig zusammen, dass gegenüber dem durch die belangte Behörde eingeholten Sachverständigengutachten keine Änderung der Bewertung der neurologischen Gesundheitsschädigungen erfolgen kann, da eine Verschlechterung der Funktionsausfälle klinisch und befundmäßig nicht objektiviert werden kann und die Minderung der Konzentrationsfähigkeit unverändert beurteilt wurde, da weder fachärztliche Betreuung noch psychologische Betreuung (Testung der kognitiven Leistungsfähigkeit, ev. Kognitives Training) vorliegen.

Der Einwand, dass der Beschwerdeführer seine Arbeitszeit habe reduzieren müssen alleine, kann eine Höhereinschätzung der bestehenden Leiden und somit des Gesamtgrades der Behinderung nicht begründen, da zur Beurteilung der vorliegenden Gesundheitsschädigungen die bestehenden bzw. objektivierten Funktionsdefizite relevant sind. Hinsichtlich der Beurteilung der vorliegenden Funktionsdefizite wurde vom Beschwerdeführer kein Einwand erhoben, auch wurde weder dem durch die belangte Behörde, noch dem durch das Bundesverwaltungsgericht erhobenen klinischen Untersuchungsbefund substantiiert entgegengetreten.

Die Sachverständigengutachten Dris. XXXX und Dris. XXXX stehen mit den Erfahrungen des Lebens, der ärztlichen Wissenschaft und den Denkgesetzen nicht in Widerspruch. Auch war dem Vorbringen sowie den eingeholten und vorgelegten Beweismitteln kein Anhaltspunkt zu entnehmen, die Tauglichkeit der befassten Sachverständigen oder deren Beurteilung beziehungsweise Feststellungen in Zweifel zu ziehen. Dem Gutachten eines Sachverständigen kann zwar auch ohne Gegengutachten in der Weise entgegengetreten werden, als die Parteien Unschlüssigkeiten oder Unvollständigkeiten des Gutachtens aufzeigen. Den im verwaltungsgerichtlichen Verfahren eingeholten, nicht als unschlüssig zu erkennenden Sachverständigengutachten Dris. XXXX und Dris. XXXX - nämlich weder den gezogenen Schlussfolgerungen noch der Beurteilung der Funktionseinschränkungen - sind die Verfahrensparteien jedoch nicht entgegengetreten. Vielmehr wurde deren Inhalt im Rahmen des vom Bundesverwaltungsgericht erteilten Parteiengehörs unbeeinsprucht zur Kenntnis genommen.

Die Krankengeschichte des Beschwerdeführers wurde umfassend und differenziert nach den konkret vorliegenden Krankheitsbildern auch im Zusammenwirken zueinander berücksichtigt.

Das Beschwerdevorbringen war nicht geeignet, die gutachterliche Beurteilung, wonach ein Gesamtgrad der Behinderung in Höhe von 30 vH vorliegt, zu entkräften. Die Angaben des Beschwerdeführers konnten nicht über den erstellten Befund hinaus objektiviert werden.

3. Rechtliche Beurteilung:

Gemäß § 6 des Bundesgesetzes über die Organisation des Bundesverwaltungsgerichtes (Bundesverwaltungsgerichtsgesetz - BVwGG) entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Gemäß § 45 Abs. 3 BBG hat in Verfahren auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme von Zusatzeintragungen oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts durch den Senat zu erfolgen. Gegenständlich liegt somit Senatszuständigkeit vor.

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das Bundesgesetz über das Verfahren der Verwaltungsgerichte (Verwaltungsgerichts-verfahrensgesetz - VwGVG) geregelt (§ 1 leg.cit.).

Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

Gemäß § 27 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, soweit nicht Rechtswidrigkeit wegen Unzuständigkeit der Behörde gegeben ist, den angefochtenen Bescheid auf Grund der Beschwerde (§ 9 Abs. 1 Z 3 und 4) oder auf Grund der Erklärung über den Umfang der Anfechtung (§ 9 Abs. 3) zu überprüfen.

Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen.

Gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG hat das Verwaltungsgericht über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.

Zu A)

1. Zur Entscheidung in der Sache:

Unter Behinderung im Sinne dieses Bundesgesetzes ist die Auswirkung einer nicht nur vorübergehenden körperlichen, geistigen oder psychischen Funktionsbeeinträchtigung oder Beeinträchtigung der Sinnesfunktionen zu verstehen, die geeignet ist, die Teilhabe am Leben in der Gesellschaft zu erschweren. Als nicht nur vorübergehend gilt ein Zeitraum von mehr als voraussichtlich sechs Monaten. (§ 1 Abs. 2 BBG)

Behinderten Menschen mit Wohnsitz oder gewöhnlichem Aufenthalt im Inland und einem Grad der Behinderung oder einer Minderung der Erwerbsfähigkeit von mindestens 50% ist auf Antrag vom Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen (§ 45) ein Behindertenpaß auszustellen, wenn

1. ihr Grad der Behinderung (ihre Minderung der Erwerbsfähigkeit) nach bundesgesetzlichen Vorschriften durch Bescheid oder Urteil festgestellt ist oder

2. sie nach bundesgesetzlichen Vorschriften wegen Invalidität, Berufsunfähigkeit, Dienstunfähigkeit oder dauernder Erwerbsunfähigkeit Geldleistungen beziehen oder

3. sie nach bundesgesetzlichen Vorschriften ein Pflegegeld, eine Pflegezulage, eine Blindenzulage oder eine gleichartige Leistung erhalten oder

4. für sie erhöhte Familienbeihilfe bezogen wird oder sie selbst erhöhte Familienbeihilfe beziehen oder

5. sie dem Personenkreis der begünstigten Behinderten im Sinne des Behinderten-einstellungsgesetzes, BGBl. Nr. 22/1970, angehören.

(§ 40 Abs. 1 BBG)

Behinderten Menschen, die nicht dem im Abs. 1 angeführten Personenkreis angehören, ist ein Behindertenpaß auszustellen, wenn und insoweit das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen auf Grund von Vereinbarungen des Bundes mit dem jeweiligen Land oder auf Grund anderer Rechtsvorschriften hiezu ermächtigt ist. (§ 40 Abs. 2 BBG)

Die Höhe des Freibetrages bestimmt sich nach dem Ausmaß der Minderung der Erwerbsfähigkeit (Grad der Behinderung). Die Minderung der Erwerbsfähigkeit (Grad der Behinderung) richtet sich in Fällen,

1. in denen Leistungen wegen einer Behinderung erbracht werden, nach der hiefür maßgebenden Einschätzung,

2. in denen keine eigenen gesetzlichen Vorschriften für die Einschätzung bestehen, nach § 7 und § 9 Abs. 1 des Kriegsopferversorgungsgesetzes 1957 bzw. nach der Einschätzungsverordnung, BGBl. II Nr. 261/2010, für die von ihr umfassten Bereiche.

Die Tatsache der Behinderung und das Ausmaß der Minderung der Erwerbsfähigkeit (Grad der Behinderung) sind durch eine amtliche Bescheinigung der für diese Feststellung zuständigen Stelle nachzuweisen.

Zuständige Stelle ist:

-

Der Landeshauptmann bei Empfängern einer Opferrente (§ 11 Abs. 2 des Opferfürsorgegesetzes, BGBl. Nr. 183/1947).

-

Die Sozialversicherungsträger bei Berufskrankheiten oder Berufsunfällen von Arbeitnehmern.

-

In allen übrigen Fällen sowie bei Zusammentreffen von Behinderungen verschiedener Art das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen; dieses hat den Grad der Behinderung durch Ausstellung eines Behindertenpasses nach §§ 40 ff des Bundesbehindertengesetzes, im negativen Fall durch einen in Vollziehung dieser Bestimmungen ergehenden Bescheid zu bescheinigen.

(§ 35 Abs. 2 Einkommensteuergesetz 1988)

Als Nachweis für das Vorliegen der im § 40 genannten Voraussetzungen gilt der letzte rechtskräftige Bescheid eines Rehabilitationsträgers (§ 3), ein rechtskräftiges Urteil eines Gerichtes nach dem Arbeits- und Sozialgerichtsgesetz, BGBl. Nr. 104/1985, ein rechtskräftiges Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes oder die Mitteilung über die Gewährung der erhöhten Familienbeihilfe gemäß § 8 Abs. 5 des Familienlastenausgleichsgesetzes 1967, BGBl. Nr. 376.

Das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen hat den Grad der Behinderung nach der Einschätzungsverordnung (BGBl. II Nr. 261/2010) unter Mitwirkung von ärztlichen Sachverständigen einzuschätzen, wenn

1. nach bundesgesetzlichen Vorschriften Leistungen wegen einer Behinderung erbracht werden und die hiefür maßgebenden Vorschriften keine Einschätzung vorsehen oder

2. zwei oder mehr Einschätzungen nach bundesgesetzlichen Vorschriften vorliegen und keine Gesamteinschätzung vorgenommen wurde oder

3. ein Fall des § 40 Abs. 2 vorliegt.

(§ 41 Abs. 1 BBG)

§ 1, § 41 Abs. 1 und 2, § 55 Abs. 4 und 5 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 81/2010 treten mit 1. September 2010 in Kraft. (§ 54 Abs. 12 BBG auszugsweise)

Der Behindertenpass hat den Vornamen sowie den Familiennamen, das Geburtsdatum eine allfällige Versicherungsnummer und den festgestellten Grad der Behinderung oder der Minderung der Erwerbsfähigkeit zu enthalten und ist mit einem Lichtbild auszustatten. Zusätzliche Eintragungen, die dem Nachweis von Rechten und Vergünstigungen dienen, sind auf Antrag des behinderten Menschen zulässig. Die Eintragung ist vom Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen vorzunehmen. (§ 42 Abs. 1 BBG)

Der Behindertenpaß ist unbefristet auszustellen, wenn keine Änderung in den Voraussetzungen zu erwarten ist. (§ 42 Abs. 2 BBG)

Anträge auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme einer Zusatzeintragung oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung sind unter Anschluß der erforderlichen Nachweise bei dem Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen einzubringen. (§ 45 Abs. 1 BBG)

Ein Bescheid ist nur dann zu erteilen, wenn einem Antrag gemäß Abs. 1 nicht stattgegeben, das Verfahren eingestellt (§ 41 Abs. 3) oder der Pass eingezogen wird. Dem ausgestellten Behindertenpass kommt Bescheidcharakter zu. (§ 45 Abs. 2 BBG)

Das Beschwerdevorbringen wurde insofern berücksichtigt, als nunmehr eine fachärztlich neurologische, persönliche Untersuchung stattfand und auch eine Prüfung der Einwendungen durch einen internistischen Sachverständigen erfolgte, woraus jedoch keine Anhebung des Gesamtgrades der Behinderung resultiert.

Zum Vorbringen betreffend die Einschränkungen der Arbeitsfähigkeit des Beschwerdeführers, wird angemerkt, dass dieser Umstand gemäß § 1 der Einschätzungsverordnung bei der Beurteilung des Grades der Behinderung nicht berücksichtigt werden kann. Die Einschätzung erfolgt rein nach medizinischen Gesichtspunkten, bezogen auf das allgemeine Erwerbsleben, also unabhängig von konkreten Beschäftigungs- und Lebensverhältnissen.

Wie unter Punkt II.2. bereits ausgeführt, ist das Beschwerdevorbringen nicht geeignet darzutun, dass der in Höhe von 30 vH festgestellte Grad der Behinderung nicht dem tatsächlichen Leidensausmaß des Beschwerdeführers entspräche.

Da ein Grad der Behinderung von dreißig (30) vH festgestellt wurde und somit die Voraussetzungen für die Ausstellung eines Behindertenpasses nicht erfüllt sind, war spruchgemäß zu entscheiden.

2. Zum Entfall einer mündlichen Verhandlung:

Das Verwaltungsgericht hat auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen.

(§ 24 Abs. 1 VwGVG)

Die Verhandlung kann entfallen, wenn

1. der das vorangegangene Verwaltungsverfahren einleitende Antrag der Partei oder die Beschwerde zurückzuweisen ist oder bereits auf Grund der Aktenlage feststeht, dass der mit Beschwerde angefochtene Bescheid aufzuheben, die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt oder die angefochtene Weisung für rechtswidrig zu erklären ist oder

2. die Säumnisbeschwerde zurückzuweisen oder abzuweisen ist.

(§ 24 Abs. 2 VwGVG)

Der Beschwerdeführer hat die Durchführung einer Verhandlung in der Beschwerde oder im Vorlageantrag zu beantragen. Den sonstigen Parteien ist Gelegenheit zu geben, binnen angemessener, zwei Wochen nicht übersteigender Frist einen Antrag auf Durchführung einer Verhandlung zu stellen. Ein Antrag auf Durchführung einer Verhandlung kann nur mit Zustimmung der anderen Parteien zurückgezogen werden. (§ 24 Abs. 3 VwGVG)

Soweit durch Bundes- oder Landesgesetz nicht anderes bestimmt ist, kann das Verwaltungsgericht ungeachtet eines Parteiantrags von einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und einem Entfall der Verhandlung weder Art. 6 Abs. 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, BGBl. Nr. 210/1958, noch Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union, ABl. Nr. C 83 vom 30.03.2010 S. 389 entgegenstehen. (§ 24 Abs. 4 VwGVG)

Das Verwaltungsgericht kann von der Durchführung (Fortsetzung) einer Verhandlung absehen, wenn die Parteien ausdrücklich darauf verzichten. Ein solcher Verzicht kann bis zum Beginn der (fortgesetzten) Verhandlung erklärt werden. (§ 24 Abs. 5 VwGVG)

In seinem Urteil vom 18. Juli 2013, Nr. 56.422/09 (Schädler-Eberle/Liechtenstein) hat der EGMR in Weiterführung seiner bisherigen Judikatur dargelegt, dass es Verfahren geben würde, in denen eine Verhandlung nicht geboten sei, etwa wenn keine Fragen der Beweiswürdigung auftreten würden oder die Tatsachenfeststellungen nicht bestritten seien, sodass eine Verhandlung nicht notwendig sei und das Gericht auf Grund des schriftlichen Vorbringens und der schriftlichen Unterlagen entscheiden könne (VwGH 03.10.2013, Zl. 2012/06/0221).

Maßgebend für die gegenständliche Entscheidung über den Gesamtgrad der Behinderung sind die Art und das Ausmaß der beim Beschwerdeführer festgestellten Gesundheitsschädigungen. Zur Klärung des Sachverhaltes wurden daher ärztliche Sachverständigengutachten eingeholt. Wie unter Punkt II.2. bereits ausgeführt, wurden diese als nachvollziehbar, vollständig und schlüssig erachtet.

Im Rahmen des Parteiengehörs hatten die Verfahrensparteien die Möglichkeit sich zu äußern. Das Ergebnis des verwaltungsgerichtlichen Ermittlungsverfahrens wurde jedoch nicht bestritten. Es wurden der Beschwerde keine Beweismittel beigelegt. Das Beschwerdevorbringen war - wie unter Punkt II.2. bzw. II.3.1. bereits ausgeführt - nicht geeignet, relevante Bedenken an den sachverständigen Feststellungen und Beurteilungen hervorzurufen. Der Beschwerdeführer wurde sowohl im behördlichen als auch im verwaltungsgerichtlichen Verfahren persönlich durch einen Facharzt für Innere Medizin bzw. einen Facharzt für Nervenkrankheiten untersucht. Die vorgebrachten Argumente und vorgelegten Beweismittel wurden in den eingeholten Sachverständigengutachten berücksichtigt, soweit diese einschätzungsrelevante Aspekte enthalten bzw. noch aktuell sind. Es resultiert daraus keine geänderte Beurteilung. Das Vorbringen wird durch die beigebrachten Beweismittel nicht erhärtet, vielmehr stehen diese nicht im Widerspruch zum eingeholten Sachverständigenbeweis. Sohin ist der Sachverhalt geklärt und unbestritten. Daher konnte die Durchführung einer mündlichen Verhandlung unterbleiben. Der Anspruch einer Partei auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung ist auch kein absoluter. (VfGH vom 09.06.2017, E 1162/2017)

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 des Verwaltungsgerichtshofgesetzes 1985 (VwGG) hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Vielmehr hängt die Entscheidung von Tatsachenfragen ab. Maßgebend sind die Art des Leidens und das festgestellte Ausmaß der Funktionsbeeinträchtigungen.

Es handelt sich um eine einzelfallbezogene Beurteilung, welche im Rahmen der von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätze vorgenommen wurde.

Schlagworte

Behindertenpass, Grad der Behinderung, Sachverständigengutachten

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2019:W132.2173822.1.00

Zuletzt aktualisiert am

27.05.2019
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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