TE Bvwg Erkenntnis 2019/2/28 W115 2107478-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 28.02.2019
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Entscheidungsdatum

28.02.2019

Norm

BBG §40
BBG §41
BBG §45
B-VG Art.133 Abs4

Spruch

W115 2107478-1/31E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Christian DÖLLINGER als Vorsitzenden und die Richterin Mag. Ursula GREBENICEK sowie die fachkundige Laienrichterin Dr. Regina BAUMGARTL als Beisitzerinnen über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , gegen den Bescheid des Bundesamtes für Soziales und Behindertenwesen, Landesstelle XXXX , vom XXXX , VN: XXXX , betreffend die Abweisung des Antrages auf Ausstellung eines Behindertenpasses gemäß § 40, § 41 und § 45 Bundesbehindertengesetz (BBG), zu Recht erkannt:

A)

Der Beschwerde wird stattgegeben und der angefochtene Bescheid aufgehoben.

Die Voraussetzungen für die Ausstellung eines Behindertenpasses liegen aufgrund des festgestellten Grades der Behinderung in Höhe von siebzig (70) von Hundert (vH) vor.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Die Beschwerdeführerin hat am XXXX beim Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen (Kurzbezeichnung: Sozialministeriumservice; in der Folge belangte Behörde genannt) unter Vorlage eines Befundkonvolutes einen Antrag auf Ausstellung eines Behindertenpasses gestellt.

1.1. Zur Überprüfung des Antrages wurde von der belangten Behörde ein Sachverständigengutachten von Dr. XXXX , Ärztin für Allgemeinmedizin, basierend auf der persönlichen Untersuchung der Beschwerdeführerin am XXXX , mit dem Ergebnis eingeholt, dass der Grad der Behinderung mit 10 vH bewertet wurde.

1.2. Im Rahmen des von der belangten Behörde gemäß § 45 Abs. 3 AVG erteilten Parteiengehörs wurden von der Beschwerdeführerin unter Vorlage weiterer medizinischer Beweismittel Einwendungen erhoben.

1.3. Zur Überprüfung der Einwendungen wurde von der belangten Behörde von der bereits befassten Sachverständigen Dr. XXXX , basierend auf der Aktenlage, eine mit XXXX datierte medizinische Stellungnahme mit dem Ergebnis eingeholt, dass weder die erhobenen Einwendungen noch die vorgelegten Beweismittel geeignet seien, eine geänderte Beurteilung zu begründen.

1.4. Mit dem angefochtenen Bescheid hat die belangte Behörde den Antrag auf Ausstellung eines Behindertenpasses gemäß § 40, § 41 und § 45 BBG abgewiesen und einen Grad der Behinderung in Höhe von 10 vH festgestellt.

2. Gegen diesen Bescheid wurde von der Beschwerdeführerin fristgerecht Beschwerde erhoben.

Unter Vorlage eines Rezeptes vom XXXX wurde von der Beschwerdeführerin im Wesentlichen zusammengefasst vorgebracht, dass sie entgegen den Ausführungen der Sachverständigen nicht nur einmal bei einem Facharzt für Psychiatrie gewesen sei. Sie leide seit vielen Jahren an Depressionen und sei in fachärztlicher psychiatrischer Behandlung. Dies sei auch den vorgelegten Befunden zu entnehmen. Zuletzt sei auch die Dosis der Medikation erhöht worden. Weiters sei sie bereits von 2006 bis 2008 in psychotherapeutischer Behandlung gewesen und habe bis Mitte 2014 durchschnittlich einmal im Monat eine "Stütztherapie" in Anspruch genommen. Auch bei der letzten psychodiagnostischen Untersuchung am XXXX sei eine aktuell seit Jahren sichtlich chronifizierende Persönlichkeitsstörung mit massiver Antriebslosigkeit, Depressivität, Misstrauen und Vermeidungsverhalten diagnostiziert worden.

3. Die gegenständliche Beschwerde samt Verwaltungsakt langte der Aktenlage nach am XXXX beim Bundesverwaltungsgericht ein.

3.1. Mit Schreiben vom XXXX wurden von der Beschwerdeführerin weitere medizinische Beweismittel in Vorlage gebracht.

3.2. Zur Überprüfung des Beschwerdegegenstandes wurden vom Bundesverwaltungsgericht Sachverständigengutachten von Dr. XXXX , Fachärztin für Psychiatrie und Neurologie, und Dr. XXXX , Arzt für Allgemeinmedizin, basierend auf den persönlichen Untersuchungen der Beschwerdeführerin am XXXX bzw. XXXX , mit dem Ergebnis eingeholt, dass der Grad der Behinderung mit 30 vH bewertet wurde.

Im Rahmen der Begutachtung wurden von der Beschwerdeführerin weitere medizinische Beweismittel in Vorlage gebracht, welche bei der Gutachtenserstellung berücksichtigt worden sind.

3.3. Im Rahmen des vom Bundesverwaltungsgericht gemäß § 17 VwGVG iVm § 45 Abs. 3 AVG erteilten Parteiengehörs hat die belangte Behörde keine Einwendungen erhoben.

3.4. Die Beschwerdeführerin hat zum Ergebnis des Ermittlungsverfahrens mit Schreiben vom XXXX unter Vorlage weiterer medizinischer Beweismittel im Wesentlichen zusammengefasst vorgebracht, dass der in den eingeholten Sachverständigengutachten festgestellte Grad der Behinderung in Höhe von 30 vH im Hinblick auf die Schwere ihrer Erkrankung zu gering sei. Diese Beurteilung entspreche nicht ihrer Befindlichkeit und auch nicht den vorgelegten Befunden. So werde im Befund von Dr. XXXX vom XXXX beschrieben, dass sie aus psychiatrisch fachärztlicher Sicht nicht kurs- oder arbeitsfähig sei. Weiters wurde von der Beschwerdeführerin angegeben, dass sie entgegen den Ausführungen im Gutachten nicht an einer mittelgradigen depressiven Erkrankung, sondern an einer schweren chronischen Depression bipolarer Art leide, die ihr Leben enorm einschränke. Darüber hinaus leide sie an Persönlichkeitsstörungen. Gegen beide Erkrankungen nehme sie täglich Medikamente ein. Sie sei zudem ständig extrem müde, kraftlos, erschöpft und habe nur wenig Antrieb. Auch leide sie aufgrund ihrer Autoimmunerkrankung "Morbus Hashimoto Basedow" an Stoffwechsel- und Hormonstörungen. Aufgrund von Schlafstörungen sei ihr zudem sehr oft schwindelig, weshalb sie sehr viel Zeit im Bett verbringe. Sie schaffe den Alltag nicht mehr und sei nur mehr durchschnittlich zwei bis drei Stunden am Tag aktiv. So sei es ihr nicht möglich zu einer vorbestimmten Zeit aufzustehen und einer geregelten Tätigkeit nachzugehen. Sie lebe vom Reha-Geld und habe auch eine Heimhilfe. Aufgrund ihres Gesundheitszustandes sei es sehr schwierig für sie soziale Kontakte zu knüpfen und am gesellschaftlichen Leben teilzunehmen. Entgegen den Ausführungen in den eingeholten Sachverständigengutachten stelle die psychische Befindlichkeit somit eine große und nicht nur eine mäßige Einschränkung des sozialen Lebens dar.

3.5. Aufgrund der Angaben der Beschwerdeführerin und eines eingeholten Versicherungsdatenauszuges der österreichischen Sozialversicherung wurde die Pensionsversicherungsanstalt vom Bundesverwaltungsgericht aufgefordert, das Sachverständigengutachten, das der Gewährung des Bezuges von Rehabilitationsgeld durch die Beschwerdeführerin zugrunde gelegt worden ist, vorzulegen.

3.6. Mit Schreiben vom XXXX hat die Pensionsversicherungsanstalt das angeforderte Sachverständigengutachten an das Bundesverwaltungsgericht übermittelt.

3.7. Am XXXX wurde von der Beschwerdeführerin ein weiteres medizinisches Beweismittel in Vorlage gebracht.

3.8. Zur Überprüfung der Einwendungen und neu vorgelegten medizinischen Beweismittel wurde vom Bundesverwaltungsgericht ein Sachverständigengutachten von der bereits befassten Sachverständigen Dr. XXXX , basierend auf der persönlichen Untersuchung der Beschwerdeführerin am XXXX , mit dem Ergebnis eingeholt, dass der Grad der Behinderung mit 50 vH bewertet wurde.

3.9. Im Rahmen des vom Bundesverwaltungsgericht gemäß § 17 VwGVG iVm § 45 Abs. 3 AVG erteilten Parteiengehörs hat die belangte Behörde keine Einwendungen erhoben.

3.10. Die Beschwerdeführerin hat zum Ergebnis des Ermittlungsverfahrens mit Schreiben vom XXXX bzw. XXXX unter Vorlage eines Bescheides der Pensionsversicherungsanstalt vom XXXX hinsichtlich des Anspruches auf Pflegegeld der Stufe 1 ab XXXX sowie eines ärztlichen Befundes von Dr. XXXX , Facharzt für Psychiatrie, vom XXXX im Wesentlichen zusammengefasst vorgebracht, dass im eingeholten Sachverständigengutachten vom XXXX die Schwere ihrer Depression nicht berücksichtigt worden sei. Sie leide entgegen den Ausführungen der Sachverständigen an einer bipolaren Störung Typ 2, derzeit sehr depressiv mit starken Angstsymptomen und Panikattacken. Aufgrund der Schwere ihrer Depression sei sie arbeitsunfähig und habe große Schwierigkeiten selbstständig alltägliche Dinge zu verrichten. Daher sei ihr auch aufgrund eines festgestellten Pflegebedarfes von 80 Stunden im Monat seit XXXX die Pflegestufe 1 zuerkannt worden. Zudem werde sie durch die Volkshilfe Wien psychosozial betreut.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

Da sich die Beschwerdeführerin mit dem im angefochtenen Bescheid festgestellten Grad der Behinderung nicht einverstanden erklärt hat, war dieser zu überprüfen.

1. Feststellungen:

1.1. Die Beschwerdeführerin erfüllt die allgemeinen Voraussetzungen für die Ausstellung eines Behindertenpasses. Die Beschwerdeführerin hat ihren Wohnsitz im Inland.

1.2. Der Gesamtgrad der Behinderung beträgt 70 vH.

1.2.1. Ausmaß der Funktionseinschränkungen:

Haut und sichtbare Schleimhäute gut durchblutet, kein Ikterus, keine periphere oder zentrale Zyanose.

Kopf/Hals: HNAP frei, kein Meningismus, kein maßgeblicher

Exophthalmus. Zunge: feucht, wird gerade hervorgestreckt, normal. PR unauffällig. Rachen bland. Gebiss saniert. Hörvermögen unauffällig.

Hals: schluckverschiebliche Struma nodosa, keine Einflussstauung, keine Stenosegeräusche.

Thorax: symmetrisch. Herz: HT rhythmisch, mittellaut, normfrequent.

Puls: 72/min. Blutdruck: 140/90. Pulmo: sonorer KS, Vesikuläratmen, Basen atemverschieblich, keine Dyspnoe in Ruhe und beim Gang im Zimmer.

Abdomen: Bauchdecke in Thoraxniveau, Hepar nicht vergrößert, Lien nicht palpabel, keine pathologischen Resistenzen tastbar, indolent. NL bds. frei.

Obere Extremitäten: Tonus, Trophik und grobe Kraft altersentsprechend unauffällig. Nacken- und Schürzengriff gut möglich. In den Gelenken aktiv und passiv altersentsprechend frei beweglich. Faustschluss beidseits unauffällig. Eine Sensibilitätsstörung wird nicht angegeben. Feinmotorik und Fingerfertigkeit ungestört.

Untere Extremitäten: in den Gelenken altersentsprechend frei beweglich, Bandstabilität, keine Sensibilitätsausfälle. Selbstständige Hebung beider Beine von der Unterlage möglich. Grobe Kraft an beiden Beinen seitengleich normal. Fußpulse tastbar, verstärkte Venenzeichnung, keine Ödeme. PSR: seitengleich unauffällig. Nervenstämme frei, Lasegue negativ.

Wirbelsäule: in der Aufsicht gerade, weitgehend im Lot, in der Seitenansicht gering verstärkte Brustkyphose. BSD link: + 1 cm, darauf aufbauend skoliot. FH, FBA: 10 cm, Aufrichten frei, kein

Klopfschmerz. Schober, Ott: unauffällig. Altersentsprechend freie

Beweglichkeit der WS. Kinn-Brustabstand: 1 cm. Hartspann der paravertebralen Muskulatur.

Gesamtmobilität - Gangbild: unauffällig. Zehenballen- und Fersengang sowie Einbeinstand beidseits möglich. Die tiefe Hocke wird ohne Anhalten nahezu vollständig durchgeführt. Vermag sich selbstständig aus- und wieder anzuziehen.

Neurologisch: Im Kopf- und im Hirnnervenbereich keine Auffälligkeiten. Keine Halbseitenzeichen. Seitengleiche Verhältnisse bezüglich Tonus, Kraft, Sensibilität und Reflexe. Keine pathologischen Reflexe. Sämtliche Koordinationsversuche regelrecht. Romberg, Unterberger, Zehen- und Fersenstand unauffällig. Gangbild unauffällig.

Psychisch: Bewusstseinsklar und allseits orientiert. Konzentration, Aufmerksamkeit und Merkfähigkeit regelrecht. Gedankenductus regelrecht. Befindlichkeit depressiv, antriebsvermindert, affektlabil, etwas klagsam. Vermindert affizierbar und resonanzfähig. Schlafgestört. Albträume. Instabil. Mehrfache Suizidversuche in der Anamnese ( XXXX und XXXX ). Immer wieder Suizidgedanken. Derzeit aber distanziert von Suizidalität. Paranoide Verkennung von Realität.

1.2.2. Beurteilung der Funktionseinschränkungen:

Lfd. Nr.

Funktionseinschränkung

Position

GdB

01

Bipolare affektive Erkrankung mit derzeit mittelgradiger depressiver Episode Eine Stufe über dem unteren Rahmensatz, da langjährige Erkrankung mit rezidivierenden Schüben. Während der Phasen ist die Arbeitsleistung und die soziale Funktionsfähigkeit vollständig unterbrochen.

03.06.02

60 vH

02

Kombinierte Persönlichkeitsstörung Oberer Rahmensatz, da mäßige dauernde Beeinträchtigung in mehreren sozialen Bereichen, beginnend in der Kindheit.

03.04.01

40 vH

03

Chronische Autoimmunthyreopathie Unterer Rahmensatz, da mittels Hormonmedikation eine euthyreote Stoffwechsellage erzielt werden kann.

09.01.01

10 vH

04

Leichter arterieller Bluthochdruck Fixposition

05.01.01

10 vH

Gesamtgrad der Behinderung

70 vH

 

 

Der Gesamtgrad der

Behinderung beträgt 70 vH. Das führende Leiden 1 wird durch Leiden 2 aufgrund ungünstiger wechselseitiger Leidensbeeinflussung um eine Stufe erhöht. Leiden 3 und 4 erhöhen wegen fehlender funktioneller Relevanz nicht weiter.

1.3. Der Antrag auf Ausstellung eines Behindertenpasses ist am XXXX bei der belangten Behörde eingelangt.

1.4. Der Verwaltungsakt ist unter Anschluss der Beschwerdeschrift am XXXX im Bundesverwaltungsgericht eingelangt.

2. Beweiswürdigung:

Zu 1.1.) Die Feststellungen zu den allgemeinen Voraussetzungen ergeben sich aus dem diesbezüglich unbedenklichen, widerspruchsfreien und unbestrittenen Akteninhalt.

Zu 1.2.) Die Feststellungen hinsichtlich des Ausmaßes der Funktionseinschränkungen der Beschwerdeführerin gründen sich - in freier Beweiswürdigung - auf die im Beschwerdeverfahren eingeholten Sachverständigengutachten Dris. XXXX und Dris. XXXX , basierend auf den persönlichen Untersuchungen der Beschwerdeführerin, sowie auf die vorgelegten medizinischen Beweismittel.

Die eingeholten ärztlichen Sachverständigengutachten sind hinsichtlich des Ausmaßes der bei der Beschwerdeführerin vorliegenden Funktionseinschränkungen schlüssig, nachvollziehbar und weisen keine Widersprüche auf. Es wurde auf die Art der Leiden und deren Ausmaß ausführlich eingegangen.

Die vorgelegten Beweismittel sind in die Beurteilung eingeflossen und die befassten Sachverständigen haben sich im Rahmen der Gutachtenserstellung damit auseinandergesetzt. Diese Beweismittel stehen nicht im Widerspruch zum Ergebnis des eingeholten Sachverständigenbeweises, es wird kein höheres Funktionsdefizit beschrieben, als gutachterlich festgestellt wurde und sie enthalten auch keine neuen fachärztlichen Aspekte, welche unberücksichtigt geblieben sind.

Dr. XXXX beschreibt schlüssig und nachvollziehbar, dass aufgrund der nunmehr durchgeführten fachärztlichen psychiatrisch-neurologischen Untersuchung und der neu vorgelegten medizinischen Beweismittel im Vergleich zu jenem Gutachten, welches dem angefochtenen Bescheid zugrunde gelegt worden ist, nunmehr die Leiden "Bipolare affektive Erkrankung mit derzeit mittelgradiger depressiver Episode" und "Kombinierte Persönlichkeitsstörung" neu in die Diagnoseliste aufzunehmen gewesen sind. In diesem Zusammenhang wird von der Sachverständigen ausgeführt, dass von der Beschwerdeführerin zahlreiche Fachärzte für Nervenheilkunde konsultiert worden sind, sie sowohl Psychotherapie als auch medikamentöse Therapie in Anspruch genommen hat und auch die Familienanamnese hinsichtlich des Vorliegens psychischer Erkrankungen positiv ist.

Der Einschätzung von Dr. XXXX von Leiden 1 (Bipolare affektive Erkrankung mit derzeit mittelgradiger depressiver Episode) unter die Positionsnummer 03.06.01 kann jedoch nicht gefolgt werden. Die Sachverständige beurteilt das Ausmaß der depressiven Episode im Einklang mit dem im Rahmen der Untersuchung am XXXX erhobenen klinischen Befund in Verbindung mit den vorliegenden Beweismitteln als mittelgradig. Die Heranziehung der Positionsnummer 03.06.01 durch die Sachverständige widerspricht jedoch den Vorgaben der Anlage zur Einschätzungsverordnung, da für depressive bzw. manische Störungen mittleren Grades die Positionsnummer 03.06.02 mit einem Rahmensatz von 50 bis 70 vH zur Anwendung kommt. Die im Rahmen des Parteiengehörs von der Beschwerdeführerin erhobenen Einwendungen waren somit geeignet, die durch Dr. XXXX getroffene Einschätzung von Leiden 1 zu entkräften. Zur Erörterung der Rechtsfrage zur Beurteilung nach der Einschätzungsverordnung, siehe die rechtlichen Erwägungen dazu unter Punkt II.3.1.

Leiden 2 (Kombinierte Persönlichkeitsstörung) ist durch Dr. XXXX dem befunddokumentierten Ausmaß der Funktionseinschränkung entsprechend beurteilt und im Einklang mit den vorliegenden Befunden und dem im Rahmen der persönlichen Untersuchung am XXXX erhobenen klinischen Befund unter Positionsnummer 03.04.01 der Anlage zur Einschätzungsverordnung mit einem Grad der Behinderung in Höhe von 40 vH korrekt eingeschätzt worden. Durch die Heranziehung des oberen Rahmensatzes ist dem Ausmaß und der Schwere der bei der Beschwerdeführerin vorliegenden kombinierten Persönlichkeitsstörung ausreichend Rechnung getragen worden.

Im Sachverständigengutachten Dris. XXXX wird schlüssig und nachvollziehbar ausgeführt, dass die im Rahmen der Beschwerde vorgelegten bzw. nachgereichten medizinischen Beweismittel die getroffene Einschätzung hinsichtlich Leiden 3 (Chronische Autoimmunthyreopathie) bestätigen. Da mittels Hormonmedikation eine euthyreote Stoffwechsellage erzielt werden kann, ist der untere Rahmensatz der Positionsnummer 09.01.01 der Anlage zur Einschätzungsverordnung heranzuziehen. Weiters hält Dr. XXXX nachvollziehbar fest, dass gegenüber dem Gutachten der belangten Behörde, welches dem erstinstanzlichen Bescheid zugrunde gelegt worden ist, erstmalig die arterielle Hypertonie berücksichtigt wird, da diese in den von der Beschwerdeführerin vorgelegten Befunden nunmehr dokumentiert wird. Ein einschätzungsrelevanter Mitralklappenprolaps konnte nach den Ausführungen des Sachverständigen nicht ausreichend durch fachärztliche Befunde dokumentiert werden und erreicht ebenso wie ein Verdacht auf Cortisonmangel keinen Grad der Behinderung. Diesen Ausführungen von Dr. XXXX ist die Beschwerdeführerin auch nicht substantiiert entgegengetreten. Vor allem wird nicht konkret zum Ausdruck gebracht, inwiefern eine Fehleinschätzung hinsichtlich der Leiden 3 und 4 vorliegt bzw. ob, gegebenenfalls welche, gutachterlichen Ausführungen von Dr. XXXX dem tatsächlichen Leidensausmaß widersprechen. Daran vermögen auch die im Rahmen des Parteiengehörs mit Schreiben vom XXXX vorgelegten medizinischen Beweismittel nichts zu ändern. So dokumentieren die von der Beschwerdeführerin vorgelegten Blutbefunde erhöhte Werte von Thyreoglobulin-AK und TPO-AK, welche jedoch auch bereits in den mit Schreiben vom XXXX nachgereichten Befunden dokumentiert und somit im Rahmen der Gutachtenserstellung bereits von Dr. XXXX mitberücksichtigt worden sind.

Die Krankengeschichte der Beschwerdeführerin wurde somit umfassend und differenziert nach den konkret vorliegenden Krankheitsbildern auch im Zusammenwirken zueinander berücksichtigt.

Die Angaben der Beschwerdeführerin waren sohin geeignet, das der angefochtenen Entscheidung zugrunde gelegte Sachverständigengutachten zu entkräften und eine geänderte Beurteilung herbeizuführen. Aufgrund der obigen Ausführungen ist daher eine Anhebung des Gesamtgrades der Behinderung auf 70 vH gerechtfertigt.

Die Sachverständigengutachten Dris. XXXX und Dr. XXXX stehen mit den Erfahrungen des Lebens, der ärztlichen Wissenschaft und den Denkgesetzen nicht in Widerspruch. Auch war dem Vorbringen sowie den eingeholten und vorgelegten Beweismitteln kein Anhaltspunkt zu entnehmen, die Tauglichkeit der befassten Sachverständigen oder deren Beurteilung beziehungsweise Feststellungen in Zweifel zu ziehen. Zur, im Vergleich mit dem eingeholten Sachverständigengutachten Dris. XXXX , abweichenden Beurteilung von Leiden 1, siehe die obigen Ausführungen sowie die rechtlichen Erwägungen dazu unter Punkt II.3.1.

Die im Beschwerdeverfahren eingeholten Sachverständigengutachten werden daher in freier Beweiswürdigung der Entscheidung zugrunde gelegt.

Zu 1.3.) Der Antrag auf Ausstellung eines Behindertenpasses weist am Eingangsvermerk der belangten Behörde das Datum XXXX auf.

Zu 1.4.) Das Schreiben, mit welchem die Beschwerdevorlage durch die belangte Behörde erfolgt ist, weist am Eingangsvermerk des Bundesverwaltungsgerichtes das Datum XXXX auf.

3. Rechtliche Beurteilung:

Gemäß § 6 des Bundesgesetzes über die Organisation des Bundesverwaltungsgerichtes (Bundesverwaltungsgerichtsgesetz - BVwGG), BGBl. I Nr. 10/2013 idgF, entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.

Gemäß § 45 Abs. 3 des Bundesgesetzes vom 17. Mai 1990 über die Beratung, Betreuung und besondere Hilfe für behinderte Menschen (Bundesbehindertengesetz - BBG), BGBl. Nr. 283/1990 idgF, hat in Verfahren auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme von Zusatzeintragungen oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts durch den Senat zu erfolgen. Gegenständlich liegt somit Senatszuständigkeit vor.

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das Bundesgesetz über das Verfahren der Verwaltungsgerichte (Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz - VwGVG), BGBl. I Nr. 33/2013 idgF, geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung (BAO), BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes (AgrVG), BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 (DVG), BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

Gemäß § 27 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, soweit nicht Rechtswidrigkeit wegen Unzuständigkeit der Behörde gegeben ist, den angefochtenen Bescheid auf Grund der Beschwerde (§ 9 Abs. 1 Z 3 und 4) oder auf Grund der Erklärung über den Umfang der Anfechtung (§ 9 Abs. 3) zu überprüfen.

Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen.

Gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG hat das Verwaltungsgericht über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.

Zu A)

1. Zur Entscheidung in der Sache:

Gemäß § 1 Abs. 2 BBG ist unter Behinderung im Sinne dieses Bundesgesetzes die Auswirkung einer nicht nur vorübergehenden körperlichen, geistigen oder psychischen Funktionsbeeinträchtigung oder Beeinträchtigung der Sinnesfunktionen zu verstehen, die geeignet ist, die Teilhabe am Leben in der Gesellschaft zu erschweren. Als nicht nur vorübergehend gilt ein Zeitraum von mehr als voraussichtlich sechs Monaten.

Gemäß § 40 Abs. 1 BBG ist behinderten Menschen mit Wohnsitz oder gewöhnlichem Aufenthalt im Inland und einem Grad der Behinderung oder einer Minderung der Erwerbsfähigkeit von mindestens 50% auf Antrag vom Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen (§ 45) ein Behindertenpass auszustellen, wenn

1. ihr Grad der Behinderung (ihre Minderung der Erwerbsfähigkeit) nach bundesgesetzlichen Vorschriften durch Bescheid oder Urteil festgestellt ist oder

2. sie nach bundesgesetzlichen Vorschriften wegen Invalidität, Berufsunfähigkeit, Dienstunfähigkeit oder dauernder Erwerbsunfähigkeit Geldleistungen beziehen oder

3. sie nach bundesgesetzlichen Vorschriften ein Pflegegeld, eine Pflegezulage, eine Blindenzulage oder eine gleichartige Leistung erhalten oder

4. für sie erhöhte Familienbeihilfe bezogen wird oder sie selbst erhöhte Familienbeihilfe beziehen oder

5. sie dem Personenkreis der begünstigten Behinderten im Sinne des Behinderteneinstellungsgesetzes, BGBl. Nr. 22/1970, angehören.

Gemäß § 40 Abs. 2 BBG ist behinderten Menschen, die nicht dem im Abs. 1 angeführten Personenkreis angehören, ein Behindertenpass auszustellen, wenn und insoweit das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen auf Grund von Vereinbarungen des Bundes mit dem jeweiligen Land oder auf Grund anderer Rechtsvorschriften hiezu ermächtigt ist.

Gemäß § 35 Abs. 2 des Bundesgesetzes vom 7. Juli 1988 über die Besteuerung des Einkommens natürlicher Personen (Einkommensteuergesetz 1988 - EStG 1988), BGBl. Nr. 400/1988 idgF, bestimmt sich die Höhe des Freibetrages nach dem Ausmaß der Minderung der Erwerbsfähigkeit (Grad der Behinderung). Die Minderung der Erwerbsfähigkeit (Grad der Behinderung) richtet sich in Fällen,

1. in denen Leistungen wegen einer Behinderung erbracht werden, nach der hiefür maßgebenden Einschätzung,

2. in denen keine eigenen gesetzlichen Vorschriften für die Einschätzung bestehen, nach § 7 und § 9 Abs. 1 des Kriegsopferversorgungsgesetzes 1957 bzw. nach der Einschätzungsverordnung, BGBl. II Nr. 261/2010, für die von ihr umfassten Bereiche.

Die Tatsache der Behinderung und das Ausmaß der Minderung der Erwerbsfähigkeit (Grad der Behinderung) sind durch eine amtliche Bescheinigung der für diese Feststellung zuständigen Stelle nachzuweisen.

Zuständige Stelle ist:

-

Der Landeshauptmann bei Empfängern einer Opferrente (§ 11 Abs. 2 des Opferfürsorgegesetzes, BGBl. Nr. 183/1947).

-

Die Sozialversicherungsträger bei Berufskrankheiten oder Berufsunfällen von Arbeitnehmern.

-

In allen übrigen Fällen sowie bei Zusammentreffen von Behinderungen verschiedener Art das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen; dieses hat den Grad der Behinderung durch Ausstellung eines Behindertenpasses nach §§ 40 ff des Bundesbehindertengesetzes, im negativen Fall durch einen in Vollziehung dieser Bestimmungen ergehenden Bescheid zu bescheinigen.

Gemäß § 41 Abs. 1 BBG gilt als Nachweis für das Vorliegen der im § 40 genannten Voraussetzungen der letzte rechtskräftige Bescheid eines Rehabilitationsträgers (§ 3), ein rechtskräftiges Urteil eines Gerichtes nach dem Arbeits- und Sozialgerichtsgesetz, BGBl. Nr. 104/1985, ein rechtskräftiges Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes oder die Mitteilung über die Gewährung der erhöhten Familienbeihilfe gemäß § 8 Abs. 5 des Familienlastenausgleichsgesetzes 1967, BGBl. Nr. 376. Das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen hat den Grad der Behinderung nach der Einschätzungsverordnung (BGBl. II Nr. 261/2010) unter Mitwirkung von ärztlichen Sachverständigen einzuschätzen, wenn

1. nach bundesgesetzlichen Vorschriften Leistungen wegen einer Behinderung erbracht werden und die hiefür maßgebenden Vorschriften keine Einschätzung vorsehen oder

2. zwei oder mehr Einschätzungen nach bundesgesetzlichen Vorschriften vorliegen und keine Gesamteinschätzung vorgenommen wurde oder

3. ein Fall des § 40 Abs. 2 vorliegt.

Gemäß § 54 Abs. 12 BBG treten §1 sowie § 41 Abs. 1 und 2 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 81/2010 mit 1. September 2010 in Kraft.

Da im gegenständlichen Fall der Antrag auf Ausstellung eines Behindertenpasses am XXXX gestellt worden ist, war der Grad der Behinderung nach der Einschätzungsverordnung zu beurteilen.

Gemäß § 42 Abs. 1 BBG hat der Behindertenpass den Vornamen sowie den Familiennamen, das Geburtsdatum eine allfällige Versicherungsnummer und den festgestellten Grad der Behinderung oder der Minderung der Erwerbsfähigkeit zu enthalten und ist mit einem Lichtbild auszustatten. Zusätzliche Eintragungen, die dem Nachweis von Rechten und Vergünstigungen dienen, sind auf Antrag des behinderten Menschen zulässig. Die Eintragung ist vom Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen vorzunehmen.

Gemäß § 42 Abs. 2 BBG ist der Behindertenpass unbefristet auszustellen, wenn keine Änderung in den Voraussetzungen zu erwarten ist.

Gemäß § 45 Abs. 1 BBG sind Anträge auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme einer Zusatzeintragung oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung unter Anschluss der erforderlichen Nachweise bei dem Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen einzubringen.

Gemäß § 45 Abs. 2 BBG ist ein Bescheid nur dann zu erteilen, wenn einem Antrag gemäß Abs. 1 nicht stattgegeben, das Verfahren eingestellt (§ 41 Abs. 3) oder der Pass eingezogen wird. Dem ausgestellten Behindertenpass kommt Bescheidcharakter zu.

Gemäß § 1 der Einschätzungsverordnung ist unter Behinderung im Sinne dieser Verordnung die Auswirkung einer nicht nur vorübergehenden körperlichen, geistigen oder psychischen Funktionsbeeinträchtigung oder Beeinträchtigung der Sinnesfunktionen zu verstehen, die geeignet ist, die Teilhabe am Leben in der Gesellschaft, insbesondere am allgemeinen Erwerbsleben, zu erschweren. Als nicht nur vorübergehend gilt ein Zeitraum von mehr als voraussichtlich sechs Monaten.

Gemäß § 3 Abs. 1 der Einschätzungsverordnung ist eine Einschätzung des Gesamtgrades der Behinderung dann vorzunehmen, wenn mehrere Funktionsbeeinträchtigungen vorliegen. Bei der Ermittlung des Gesamtgrades der Behinderung sind die einzelnen Werte der Funktionsbeeinträchtigungen nicht zu addieren. Maßgebend sind die Auswirkungen der einzelnen Funktionsbeeinträchtigungen in ihrer Gesamtheit unter Berücksichtigung ihrer wechselseitigen Beziehungen zueinander.

Gemäß § 3 Abs. 2 der Einschätzungsverordnung ist bei der Ermittlung des Gesamtgrades der Behinderung zunächst von jener Funktionsbeeinträchtigung auszugehen, für die der höchste Wert festgestellt wurde. In der Folge ist zu prüfen, ob und inwieweit dieser durch die weiteren Funktionsbeeinträchtigungen erhöht wird. Gesundheitsschädigungen mit einem Ausmaß von weniger als 20 vH sind außer Betracht zu lassen, sofern eine solche Gesundheitsschädigung im Zusammenwirken mit einer anderen Gesundheitsschädigung keine wesentliche Funktionsbeeinträchtigung verursacht. Bei Überschneidungen von Funktionsbeeinträchtigungen ist grundsätzlich vom höheren Grad der Behinderung auszugehen.

Gemäß § 3 Abs. 3 der Einschätzungsverordnung liegt eine wechselseitige Beeinflussung der Funktionsbeeinträchtigungen, die geeignet ist, eine Erhöhung des Grades der Behinderung zu bewirken, vor, wenn

-

sich eine Funktionsbeeinträchtigung auf eine andere besonders nachteilig auswirkt,

-

zwei oder mehrere Funktionsbeeinträchtigungen vorliegen, die gemeinsam zu einer wesentlichen Funktionsbeeinträchtigung führen.

Gemäß § 3 Abs. 4 der Einschätzungsverordnung ist eine wesentliche Funktionsbeeinträchtigung dann gegeben, wenn das Gesamtbild der Behinderung eine andere Beurteilung gerechtfertigt erscheinen lässt, als die einzelnen Funktionsbeeinträchtigungen alleine.

Die Gesamteinschätzung vollzieht die Verwaltungsbehörde unter Bedachtnahme auf den durchgeführten Sachverständigenbeweis, den sie im Rahmen der ihr zustehenden freien Beweiswürdigung zu beurteilen hat (vgl. VwGH 01.06.1999, 94/08/0088 mit Hinweis auf E 19.11.1997, 95/09/0232, 0233).

Die Wahl der Position stellt nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nach, eine nur der Behörde zustehende rechtliche Beurteilung jener Leidenszustände dar, die durch die Befundungen der Sachverständigen als vorliegend erkannt wurden. Ein Austausch der Position durch die Behörde ist daher zulässig (vgl. VwGH zum KOVG 1957; 18.10.2000, 99/09/0097).

Die in der Anlage zur Einschätzungsverordnung beim jeweiligen Krankheitsbild für die Bemessung des Grades der Behinderung genannten, innerhalb einer Bandbreite entscheidenden Parameter, sind in ihrer Gesamtheit unter Berücksichtigung ihrer Wechselbeziehungen zu beurteilen (vgl. VwGH 11.11.2015, Ra 2014/11/0109).

Da bei der Beschwerdeführerin hinsichtlich Leiden 1 eine depressive Episode mittleren Grades objektiviert worden ist und während der Phasen die Arbeitsleistung und die soziale Funktionsfähigkeit vollständig unterbrochen sind, ist der mittlere Rahmensatz der Positionsnummer 03.06.02 der Anlage zur Einschätzungsverordnung mit einen Grad der Behinderung in Höhe von 60 vH heranzuziehen. Depressive Störungen schweren Grades bzw. eine manische Störung schweren Grades, welche die Anwendung der Positionsnummer 03.06.03 der Anlage zur Einschätzungsverordnung rechtfertigen würden, konnten nicht objektiviert werden. Der im Rahmen des zuletzt erteilten Parteiengehörs von der Beschwerdeführerin vorgelegte ärztliche Befund Dris. XXXX , datiert aus XXXX und sohin vor der persönlichen fachärztlichen Untersuchung durch Dr. XXXX im XXXX und vermag daher an der getroffenen Beurteilung nichts zu ändern.

Da ein Grad der Behinderung in Höhe von 70 vH festgestellt wurde und somit die Voraussetzungen für die Ausstellung eines Behindertenpasses erfüllt sind, war spruchgemäß zu entscheiden.

Falls sich der Leidenszustand der Beschwerdeführerin maßgebend verschlechtert, ist es zulässig, einen Antrag auf Neufestsetzung des Grades der Behinderung im Behindertenpass zu stellen und kommt eine neuerliche Feststellung des Grades der Behinderung in Betracht (vgl. dazu etwa VwGH vom 20.11.2012, 2011/11/0118 zu § 14 BEinstG). In diesem Zusammenhang ist zu beachten, dass gemäß § 41 Abs. 2 BBG, falls der nochmalige Antrag innerhalb eines Jahres seit der letzten rechtskräftigen Entscheidung gestellt wird, eine offenkundige Änderung des Leidenszustandes glaubhaft geltend zu machen ist, ansonsten der Antrag ohne Durchführung eines Ermittlungsverfahrens zurückzuweisen ist.

2. Zum Entfall einer mündlichen Verhandlung:

Gemäß § 24 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen.

Gemäß § 24 Abs. 2 VwGVG kann die Verhandlung entfallen, wenn

1. der das vorangegangene Verwaltungsverfahren einleitende Antrag der Partei oder die Beschwerde zurückzuweisen ist oder bereits auf Grund der Aktenlage feststeht, dass der mit Beschwerde angefochtene Bescheid aufzuheben, die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt oder die angefochtene Weisung für rechtswidrig zu erklären ist oder

2. die Säumnisbeschwerde zurückzuweisen oder abzuweisen ist.

Gemäß § 24 Abs. 3 VwGVG hat der Beschwerdeführer die Durchführung einer Verhandlung in der Beschwerde oder im Vorlageantrag zu beantragen. Den sonstigen Parteien ist Gelegenheit zu geben, binnen angemessener, zwei Wochen nicht übersteigender Frist einen Antrag auf Durchführung einer Verhandlung zu stellen. Ein Antrag auf Durchführung einer Verhandlung kann nur mit Zustimmung der anderen Parteien zurückgezogen werden.

Gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG kann, soweit durch Bundes- oder Landesgesetz nicht anderes bestimmt ist, das Verwaltungsgericht ungeachtet eines Parteiantrags von einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und einem Entfall der Verhandlung weder Art. 6 Abs. 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, BGBl. Nr. 210/1958, noch Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union, ABl. Nr. C 83 vom 30.03.2010 S. 389 entgegenstehen.

Weiters kann das Verwaltungsgericht gemäß § 24 Abs. 5 VwGVG von der Durchführung (Fortsetzung) einer Verhandlung absehen, wenn die Parteien ausdrücklich darauf verzichten. Ein solcher Verzicht kann bis zum Beginn der (fortgesetzten) Verhandlung erklärt werden.

Im gegenständlichen Fall sind maßgebend für die Entscheidung die Art und das Ausmaß der bei der Beschwerdeführerin festgestellten Gesundheitsschädigungen und der daraus resultierende Gesamtgrad der Behinderung. Zur Klärung des Sachverhaltes wurden daher im verwaltungsgerichtlichen Beschwerdeverfahren ärztliche Sachverständigengutachten eingeholt. Diese wurden im unter Punkt II.2. dargelegten Umfang als nachvollziehbar, vollständig und als schlüssig erachtet. Im Rahmen des Parteiengehörs hatten die Verfahrensparteien die Möglichkeit sich zu äußern. Die erhobenen Einwendungen wurden im Rahmen dieser Entscheidung berücksichtigt, sofern einschätzungsrelevante Aspekte davon betroffen gewesen sind. Das Beschwerdevorbringen und die erhobenen Einwendungen waren somit geeignet, relevante Bedenken an den Feststellungen der belangten Behörde hervorzurufen und resultiert daraus die geänderte Beurteilung. Sohin ist der Sachverhalt geklärt und konnte die Durchführung einer mündlichen Verhandlung unterbleiben. Der Anspruch einer Partei auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung ist auch kein absoluter (VfGH 09.06.2017, E 1162/2017-5).

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Vielmehr hängt die Entscheidung von Tatsachenfragen ab. Maßgebend sind die Art des Leidens und das festgestellte Ausmaß der Funktionsbeeinträchtigungen.

Es handelt sich um eine einzelfallbezogene Beurteilung, welche im Rahmen der von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätze vorgenommen worden ist.

Schlagworte

Behindertenpass, Grad der Behinderung, Sachverständigengutachten

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2019:W115.2107478.1.00

Zuletzt aktualisiert am

27.05.2019
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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