TE Bvwg Erkenntnis 2019/3/6 W264 2179673-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 06.03.2019
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Entscheidungsdatum

06.03.2019

Norm

BBG §40
BBG §41
BBG §45
B-VG Art.133 Abs4

Spruch

W264 2179673-1/7E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Dr. Tanja KOENIG-LACKNER als Vorsitzende und die Richterin Mag. Carmen LOIBNER-PERGER sowie den fachkundigen Laienrichter Mag. Gerald SOMMERHUBER als Beisitzer über die Beschwerde des

XXXX , geb. XXXX , gegen den Bescheid des Sozialministeriumservice Landesstelle Wien vom 30.10.2017, mit welchem der Antrag auf Ausstellung eines Behindertenpasses abgewiesen wurde, gemäß § 28 VwGVG zu Recht erkannt:

A)

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Mit Antrag vom XXXX begehrte der Beschwerdeführer die Ausstellung eines Behindertenpasses unter Hinweis auf seine im Antrag unter "Gesundheitsschädigungen" aufgelisteten Leiden.

Nach Untersuchung am 28.8.2017 wurde das Sachverständigengutachten Dris. XXXX vom 11.10.2017 erstellt und darin ein Grad der Behinderung (GdB) von 30 vH, basierend auf den beiden Leiden "Psoriasis-Arthritis mit axialer Mitbeteiligung" und "Degenerative Wirbelsäulenveränderungen", festgestellt. Eine relevante ungünstige Leidensbeeinflussung wurde vom Sachverständigen verneint.

2. Mit Bescheid vom 30.10.2017 wurde - basierend auf dem Gutachten vom 11.10.2017

-

infolge des GdB 30 vH der Antrag des Beschwerdeführers vom XXXX auf Ausstellung eines Behindertenpasses mangels Vorliegens der Voraussetzungen abgewiesen.

3. Gegen den auf Basis des og. Gutachtens erlassenen Bescheid vom 30.10.2017 brachte der Beschwerdeführer das Rechtsmittel der Beschwerde ein und monierte darin, dass es - entgegen den Ausführungen im Gutachten Dris. XXXX - eine wechselseitige Leidensbeeinflussung zwischen seinen beiden festgestellten Leiden gebe. Durch das Zusammenspiel sei seine Gesamtmobilität massiv eingeschränkt.

Des Weiteren führte er an, dass er akute Psoriasis-Läsionen insbesondere im Genitalbereich und an den Fingernägeln habe. Die anderen Stellen wären nur aufgrund der Behandlung mit Immunsuppressiver (Cosyntex) nicht akut.

Mit der Beschwerde legte der Beschwerdeführer keine neuen Befunde vor. Die Durchführung einer mündlichen Verhandlung wurde beantragt.

4. Der Akt wurde dem Bundesverwaltungsgericht zur Entscheidung vorgelegt und langte am 14.12.2017 ein.

5. Mit dem Inhalt des Beschwerdeschreibens brachte der Beschwerdeführer zum Ausdruck, mit dem bekämpften Bescheid nicht einverstanden zu sein. Das Bundesverwaltungsgericht befasste den medizinischen Sachverständigen Dr. XXXX , Arzt für Allgemeinmedizin, zum Zwecke der Erstellung eines Gutachtens. Dr. XXXX wurde mit dem Hinweis auf das Beschwerdeschreiben, die bereits vorliegenden im ihm übermittelten Akt einliegenden medizinischen Dokumente sowie das bereits vorliegende Gutachten des Sachverständigen Dr. XXXX vom 11.10.2017 ersucht, ein Gutachten basierend auf der persönlichen Untersuchung des Beschwerdeführers betreffend den Grad der Behinderung des Beschwerdeführers zu erstellen.

Dr. XXXX wurde darauf hingewiesen, dass die jeweils gewählte Positionsnummer sowie der innerhalb des Rahmensatzes gewählte Grad der Behinderung entsprechend zu begründen sind und wurde er ersucht, bei der Gutachtenserstellung Folgendes zu berücksichtigen:

1. Betreffend die Beurteilung der vom Sachverständigen Dr. XXXX bereits festgestellte Funktionsbeeinträchtigung "Psoriasis-Arthritis mit axialer Mitbeteiligung" wird ersucht die vom Beschwerdeführer in seiner Beschwerde vorgebrachten akuten Psoriasis-Läsionen im Genitalbereich und an den Fingernägeln miteinfließen zu lassen und darzulegen in welchem Ausmaß diese Berücksichtigung gefunden haben. Ob dies bereits im Sachverständigengutachten Dris. XXXX der Fall war, ist diesem nicht eindeutig zu entnehmen, weshalb unter anderem der gegenständliche Auftrag zur Gutachtenserstellung ergeht.

2. Besteht zwischen den beim Beschwerdeführer festgestellten Leiden eine wechselseitige Leidensbeeinflussung im Sinne des § 3 der Einschätzungsverordnung (EVO) BGBl II 261/2010 idF BGBl II 251/2012?

§ 3 EVO regelt den Gesamtgrad der Behinderung und sieht vor, dass eine Einschätzung des Gesamtgrades der Behinderung dann vorzunehmen ist, wenn mehrere Funktionsbeeinträchtigungen vorliegen. Maßgebend sind die Auswirkungen der einzelnen Funktionsbeeinträchtigungen in ihrer Gesamtheit unter Berücksichtigung ihrer wechselseitigen Beziehungen zueinander.

Gemäß Abs. 3 leg.cit. liegt eine wechselseitige Beeinflussung der Funktionsbeeinträchtigungen, die geeignet ist eine Erhöhung des Grades der Behinderung zu bewirken, vor, wenn

-

sich eine Funktionsbeeinträchtigung auf eine andere besonders nachteilig auswirkt,

oder

-

zwei oder mehrere Funktionsbeeinträchtigungen vorliegen, die gemeinsam zu einer wesentlichen Funktionsbeeinträchtigung führen.

Abs. 4 leg.cit. regelt wiederum, dass eine wesentliche Funktionsbeeinträchtigung dann gegeben ist, wenn das Gesamtbild der Behinderung eine andere Beurteilung gerechtfertigt erscheinen lässt, als die einzelnen Funktionsbeeinträchtigungen alleine.

Es wird erbeten bei Beantwortung der 1. Frage auf beide Teilstriche des § 3 Abs. 3 EVO einzugehen und jeweils zu begründen, weshalb der erste bzw. zweite Teilstrich im Fall des Beschwerdeführers verwirklicht oder nicht verwirklicht ist.

Sollte im Vergleich zum bereits vorliegenden Gutachten Dris. XXXX vom 11.10.2017 ein abweichendes Ergebnis (Gesamtgrad der Behinderung bisher: 30 vH) zu Tage treten, wird um entsprechende Begründung für die Abweichung ersucht.

Sollte aus gutachterlicher Sicht die Beiziehung weiterer Sachverständiger aus anderen Teilbereichen der Medizin für erforderlich erachtet werden, so wird ersucht, dies dem Bundesverwaltungsgericht umgehend mitzuteilen.

Der medizinische Sachverständige wurde vom Gericht überdies auf die Neuerungsbeschränkung des § 46, 3. Satz BBG hingewiesen, wonach ab 14.12.2017

(Einlangen der Beschwerdevorlage im Bundesverwaltungsgericht) keine neuen Tatsachen und Beweismittel vorgebracht werden dürfen und bloß die Befunde hinsichtlich der bereits vorgebrachten Leiden relevant und zu berücksichtigen sind. Der medizinische Sachverständige wurde vom Gericht ersucht, dass er Unterlagen welche nachgereicht werden und neue (noch nicht bereits vorgebrachte) Leiden betreffen, als "bei der Untersuchung am XX vorgelegt" bezeichnen / kennzeichnen möge und diese dem Akt zwar angeschlossen werden, aber in der gutachterlichen Beurteilung nicht berücksichtigt werden.

6. In seinem Gutachten, welches beim Bundesverwaltungsgericht am 21.12.2018 einlangte, führte der allgemeinmedizinische Sachverständige Dr. XXXX aus wie im nachfolgenden Auszug aus dem Gutachten wiedergegeben:

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Zur vom Bundesverwaltungsgericht herangetragenen Frage 1:

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Zur vom Bundesverwaltungsgericht herangetragenen Frage 2:

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7. Mit Erledigung vom 16.1.2019 wurde das medizinische Sachverständigengutachten Dris. XXXX dem Beschwerdeführer als auch der belangten Behörde im Rahmen des Parteigehörs übermittelt. Ihnen wurde die Möglichkeit eingeräumt sich zu der ergänzenden Stellungnahme der Dris. XXXX binnen vier Wochen ab Zustellung zu äußern. Der Beschwerdeführer wurde darin darüber informiert, dass das Gericht seine Entscheidung auf der Grundlage der Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens erlassen wird, soweit nicht eine eingelangte Stellungnahme anderes erfordert.

8. Weder der Beschwerdeführer noch die belangte Behörde machten von dieser Möglichkeit Gebrauch.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

Da sich der Beschwerdeführer mit der Abweisung des Antrages auf Ausstellung eines Behindertenpasses nicht einverstanden erklärt hat, war die Beschwerde zu prüfen.

1. Feststellungen:

1.1. Der Beschwerdeführer ist am XXXX geboren und hat den Wohnsitz an einer Adresse

im XXXX Wiener Gemeindebezirk - somit im Inland - inne.

1.2. Der Beschwerdeführer begehrte mit Antrag vom 13.7.2017 bei der belangten Behörde die "Ausstellung eines Behindertenpasses" (dort eingelangt am 18.7.2017).

1.3. Beim Beschwerdeführer liegen folgende Funktionseinschränkungen vor:

Psoriasis-Arthritis mit axialer Mitbeteiligung

Degenerative Wirbelsäulenveränderungen

1.4. Der Gesamtgrad der Behinderung beträgt 30 v.H.

1.5. Beim Beschwerdeführer liegt somit zum aktuellen Entscheidungszeitpunkt kein Grad der Behinderung von mindestens 50 v. H. vor.

2. Beweiswürdigung:

2.1. Die unter 1.1. getroffenen Feststellungen zur Örtlichkeit des Wohnsitzes sowie zum Geburtsdatum des Beschwerdeführers ergeben sich aus einer unbedenklichen Auskunft aus dem Zentralen Melderegister.

2.2. Die unter 1.2. getroffene Feststellung basiert auf dem Akteninhalt des von der belangten Behörde vorgelegten Fremdakts, in dem sich der Antrag samt dem darauf befindlichen Eingangsstempel der belangten Behörde befindet.

2.3. Die unter 1.3. bis 1.5. getroffenen Feststellungen gründen auf dem medizinischen Sachverständigengutachten eines Allgemeinmediziners vom 20.12.2018.

Hinsichtlich bestehende Funktionseinschränkungen, deren Ausmaß, wechselseitige Leidensbeeinflussung und medizinischer Einschätzung wird die diesbezügliche Beurteilung des medizinischen Sachverständigen Dr. XXXX vom 20.12.2018 der nunmehrigen Entscheidung zugrunde gelegt.

In diesem Gutachten wird auf die Art der Leiden des Beschwerdeführers und deren Ausmaß vollständig, nachvollziehbar und widerspruchsfrei eingegangen. Alle Gesundheitsschädigungen des Beschwerdeführers wurden erfasst und ein Gesamtgrad der Behinderung von 30% ermittelt.

Der medizinische Sachverständige Dr. XXXX erstellte aufgrund der mit dem Antrag auf Ausstellung eines Behindertenpasses durch den Beschwerdeführer vorgelegten Befunde, welche ihm mit dem gesamten Fremdakt vorgelegt wurden - es sind dies die internistischen Befundberichte Dris. XXXX vom 22.6.2017 und vom 22.12.2016, der End-Befund des XXXX vom 12.4.2017, der Patientenbrief des Orthopädischen Spitals XXXX vom 30.8.2016 - ein vollständiges und schlüssiges Gutachten. Das Gutachten setzt sich auch umfassend und nachvollziehbar mit den in den vorgelegten Befunden genannten Funktionsbeeinträchtigungen des BF auseinander.

Die sachverständig festgestellte Funktionsbeeinträchtigung "Psoriasis-Arthritis mit axialer Mitbeteiligung" (Leiden 1) fällt nach der Einschätzungsverordnung

BGBl II 261/2010 idF BGBl II 251/2012 unter Position

Nr. 02.02.02 (generalisierte Erkrankungen des Bewegungsapparates mit funktionellen Auswirkungen mittleren Grades), für welche die Einschätzungsverordnung einen Rahmen von 30% bis 40% vorsieht. Der medizinische Sachverständige wendete bei der Festsetzung des Grads der Behinderung den Rahmensatz der Positionsnummer 02.02.02 mit 30% an und begründete die Wahl des unteren Rahmensatzes damit, dass bei chronischem Verkauf keine wirklich auffälligen Hautveränderungen und auch keine wirklich relevant auffälligen Funktionseinschränkungen vorliegen.

Die sachverständig festgestellte Funktionsbeeinträchtigung "degenerative Wirbelsäulenveränderungen" (Leiden 2) fällt nach der Einschätzungsverordnung

BGBl II 261/2010 idF BGBl II 251/2012 unter Position Nr. 02.01.01 (Wirbelsäule, Funktionseinschränkungen geringen Grades), für welche die Einschätzungsverordnung einen Rahmen von 10% bis 20% vorsieht. Der medizinische Sachverständige schöpfte bei der Festsetzung des Grads der Behinderung den Rahmensatz der Positionsnummer 02.01.01. mit 20% aus. Er begründete die Wahl des oberen Rahmensatzes damit, dass nachvollziehbare Beschwerden, beweisende Befunde und geringe Funktionsdefizite vorliegen.

Der BF monierte in der Beschwerde, dass er der Meinung sei es gäbe sehr wohl eine relevante ungünstige Leidensbeeinflussung zwischen Leiden 1 und Leiden 2 und werde durch das Zusammenspiel seine Gesamtmobilität massiv eingeschränkt. Medizinische Beweismittel wurden - anders als im Zeitpunkt der Antragstellung im Juli 2017 - nicht beigelegt.

Dieses Vorbringen - sowie sein Einwand akute Psoriasis-Läsionen insbesondere im Genitalbereich und an den Fingernägeln aufzuweisen - wurde dem gerichtlich befassten Sachverständigen im Gutachtensauftrag explizit zur Kenntnis gebracht. Damit setzte sich der gerichtlich beigezogene Sachverständige Dr. XXXX im Gutachten vom 20.12.2018 in seinem Untersuchungsbefund ("Haut: Finger-, Zehen- und Genitalbereich bezüglich Hautbefund praktisch unauffällig!") und in der Antwort zur Frage 1 auseinander: relevante akute Psorias-Läsionen im Genitalbereich und im Bereich der Fingernägel liegen nicht vor und ergeben sich damit keine Abweichungen zum Vorgutachten des behördlich befassten Sachverständigen Dr. XXXX , so Dr. XXXX .

Die Gesamtmobilität wird vom gerichtlich beigezogene Sachverständige Dr. XXXX im Gutachten vom 20.12.2018 nach persönlicher Untersuchung des BF am 28.6.2018 als "frei, sicher, unbehindert" beschrieben.

Dieses Sachverständigengutachten Dr. XXXX vom 20.12.2018 wurde dem Beschwerdeführer nachweislich ins Parteigehör übermittelt (persönliche Übernahme laut unbedenklichem Rückschein RSb am Dienstag 22.1.2019). Die vierwöchige Frist zur Abgabe einer Stellungnahme endete fruchtlos mit Ablauf des Dienstag 19.2.2019 und langte eine Stellungnahme des Beschwerdeführers nicht ein, sodass der Beschwerdeführer den Ausführungen des medizinischen Sachverständigen Dr. XXXX , denen das Bundesverwaltungsgericht folgt, infolge unterbliebener Stellungnahme nicht substantiiert entgegengetreten. Die Leiden des Beschwerdeführers wurden entsprechend den im Verfahren vorgelegten Befunden sowie auf Basis des bei der persönlichen Untersuchung am durch den gerichtlich befassten Sachverständige erstellten Untersuchungsbefundes eingeschätzt.

Ferner trat der Beschwerdeführer dem gegenständlichen Sachverständigengutachten

Dris. XXXX infolge unterbliebener Stellungnahme auch nicht auf fachlicher Ebene entgegen und legte ein dem entgegenstehendes Gutachten oder eine andere sachverständige Aussage, in welcher die Auffassung vertreten worden wäre, dass die Annahmen und Schlussfolgerungen des beigezogenen medizinischen Sachverständigen unzutreffend oder unschlüssig seien, nicht vor.

Ebenso stellte der Beschwerdeführer infolge unterbliebener Stellungnahme nicht in Abrede, dass die von dem medizinischen Sachverständigen Dr. XXXX aufgrund der durchgeführten Begutachtung festgestellten Funktionseinschränkungen vorliegen oder dass das medizinische Sachverständigengutachten die Einschätzung des Grades der Behinderung der jeweiligen festgestellten Funktionseinschränkungen nicht der Einschätzungsverordnung entsprechend vorgenommen hätte und wird infolge unterbliebener Stellungnahme auch nicht vorgebracht, dass das Sachverständigengutachten Dris. XXXX die Einschätzung des Gesamtgrads der Behinderung nicht entsprechend der Einschätzungsverordnung vorgenommen hätte.

Einem Antragsteller - so er die Auffassung vertritt, dass seine Leiden nicht hinreichend berücksichtigt wurden - steht es nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes frei, das im Auftrag der Behörde erstellte Gutachten durch die Beibringung eines Gegengutachtens eines Sachverständigen seiner Wahl zu entkräften (vgl. VwGH 27.6.2000, 2000/11/0093). Laut Rechtsprechung des VwGH hat der Beschwerdeführer keinen Anspruch auf die Beiziehung von Sachverständigen bestimmter Fachrichtungen (siehe VwGH 24.6.1997, 96/08/0114).

Das Gutachten des medizinischen Sachverständigen Dr. XXXX vom 20.12.2018 wird aufgrund der obigen Ausführungen seitens des Bundesverwaltungsgerichtes als vollständig und schlüssig erachtet und weist dieses keine Widersprüche auf.

Dieses ist schlüssig und nachvollziehbar, es berücksichtigt infolge der Beachtung der vom Beschwerdeführer vorgelegten Unterlagen (siehe oben unter II.2.3.) die Krankengeschichte des Beschwerdeführers umfassend und wird daher der Entscheidung zu Grunde gelegt. Dieses Gutachten steht mit den Erfahrungen des Lebens, der ärztlichen Wissenschaft und den Denkgesetzen nicht in Widerspruch. Auch brachte der Beschwerdeführer - infolge unterbliebener Stellungnahme zu dem Gutachten Dris. XXXX vom 20.12.2018 - auch nicht vor, die Tauglichkeit des befassten Sachverständigen oder dessen Beurteilungen beziehungsweise Feststellungen in Zweifel zu ziehen.

Die getroffene Einschätzung, basierend auf den vorliegenden Befunden, entspricht den festgestellten Funktionsbeeinträchtigungen (diesbezüglich wird auch auf die oben nur auszugsweise wiedergegebenen Ausführungen des Gutachtens verwiesen); die Gesundheitsschädigungen wurden nach der Einschätzungsverordnung BGBl II 261/2010 idF BGBl II 251/2012 richtig eingestuft.

Das vorliegende Sachverständigengutachten stammt aus der Feder eines medizinischen Sachverständigen aus dem Gebiet der Allgemeinmedizin und wird vom Bundesverwaltungsgericht in freier Beweiswürdigung dieser Entscheidung zu Grunde gelegt.

Der Grundsatz der freien Beweiswürdigung (§ 45 Abs 2 AVG) bedeutet nach stRsp des VwGH nicht, dass der in der Begründung des Bescheids niederzulegende Denkvorgang der verwaltungsgerichtlichen Kontrolle nicht unterliegt. Die Bestimmung des § 45 Abs 2 AVG hat nur zur Folge, dass die Würdigung der Beweise keinen gesetzlichen Regeln unterworfen ist. Dies schließt jedoch eine verwaltungsgerichtliche Kontrolle in der Richtung nicht aus, ob der Sachverhalt genügend erhoben ist.

Die vorliegenden Beweismittel und der vorgelegte Fremdakt der belangten Behörde - in welchem die vom Beschwerdeführer vorgelegten Beweismittel (oben unter II.2.3. näher bezeichnete Dokumente) einliegen - ermöglichen dem erkennenden Gericht, sich vom entscheidungsrelevanten Sachverhalt im Rahmen der freien Beweiswürdigung ein ausreichendes Bild zu machen.

Die freie Beweiswürdigung ist ein Denkprozess, der den Regeln der Logik zu folgen hat, und im Ergebnis zu einer Wahrscheinlichkeitsbeurteilung eines bestimmten historisch empirischen Sachverhalts, also von Tatsachen, führt. Der Verwaltungsgerichtshof führt dazu präzisierend aus, dass eine Tatsache in freier Beweiswürdigung nur dann als erwiesen angenommen werden darf, wenn die Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens ausreichende und sichere Anhaltspunkte für eine derartige Schlussfolgerung liefern (VwGH 28.09.1978, Zahl 1013, 1015/76).

Die Würdigung der Beweise ist zufolge § 45 Abs 2 AVG keinen gesetzlichen Regeln unterworfen. Davon ist jedoch eine verwaltungsgerichtliche Kontrolle in der Richtung ob die bei der Beweiswürdigung vorgenommenen Erwägungen schlüssig sind, nicht ausgeschlossen. Schlüssig sind solche Erwägungen nur dann, wenn sie ua den Denkgesetzen, somit auch dem allgemeinen menschlichen Erfahrungsgut, entsprechen.

Hauer/Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens5, § 45 AVG, E 50, Seite 305, führt beispielsweise in Zitierung des Urteils des Obersten Gerichtshofs vom 29.02.1987, Zahl 13 Os 17/87, aus: "Die aus der gewissenhaften Prüfung aller für und wider vorgebrachten Beweismittel gewonnene freie Überzeugung der Richter wird durch eine hypothetisch denkbare andere Geschehensvariante nicht ausgeschlossen. Muss doch dort, wo ein Beweisobjekt der Untersuchung mit den Methoden einer Naturwissenschaft oder unmittelbar einer mathematischen Zergliederung nicht zugänglich ist, dem Richter ein empirisch-historischer Beweis genügen. Im gedanklichen Bereich der Empirie vermag daher eine höchste, ja auch eine (nur) hohe Wahrscheinlichkeit die Überzeugung von der Richtigkeit der wahrscheinlichen Tatsache zu begründen, (...)".

Nach Würdigung des erkennenden Gerichtes erfüllt das eingeholten ärztliche Sachverständigengutachten Dris. XXXX auch die an ein ärztliches Sachverständigengutachten gestellten Anforderungen.

Nach der ständigen Judikatur des VwGH muss ein Sachverständigengutachten einen Befund und das eigentliche Gutachten im engeren Sinn enthalten. Der Befund ist die vom Sachverständigen - wenn auch unter Zuhilfenahme wissenschaftlicher Feststellungs-methoden - vorgenommene Tatsachenfeststellung. Die Schlussfolgerungen des Sachverständigen aus dem Befund, zu deren Gewinnung er seine besonderen Fachkenntnisse und Erfahrungen benötigt, bilden das Gutachten im engeren Sinn (VwGH vom 17.02.2004, GZ 2002/06/0151).

Unter dem Blickwinkel der Judikatur der Höchstgerichte - insbesondere der zitierten Entscheidungen - ist das medizinische Sachverständigengutachten

Dris. XXXX schlüssig, nachvollziehbar, weist keine Widersprüche auf und erfüllt dieses die Grundlage der Einschätzung des Grades der Behinderung bildenden eingeholten Gutachten die Voraussetzungen des § 2 Abs. 2 Einschätzungsverordnung BGBl II 261/2010 idF BGBl II 251/2012.

3. Rechtliche Beurteilung:

3.1. Die maßgeblichen formalrechtlichen Rechtsgrundlagen sind jene des Bundesverwaltungsgerichtsgesetz (BVwGG) und jene des Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG).

Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Im Bundesbehindertengesetz normiert § 45 Abs. 3, dass in Verfahren auf Ausstellung eines Behindertenpasses oder auf Vornahme einer Zusatzeintragung oder auf Einschätzung des Grad der Behinderung die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts durch Senat zu erfolgen hat. Gegenständlich liegt somit Senatszuständigkeit vor, sodass entsprechend dem § 45 Abs. 4 BBG ein Vertreter der Interessensvertretung der Menschen mit Behinderung als fachkundiger Laienrichter hinzuzuziehen war.

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte - mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes - ist durch das Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG) geregelt (§ 1 leg.cit.).

Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.

Gemäß § 17 VwGVG sind - soweit im VwGVG nicht anderes bestimmt ist - auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

Gemäß § 27 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, soweit nicht Rechtswidrigkeit wegen Unzuständigkeit der Behörde gegeben ist, den angefochtenen Bescheid auf Grund der Beschwerde (§ 9 Abs. 1 Z 3 und 4) oder auf Grund der Erklärung über den Umfang der Anfechtung (§ 9 Abs. 3) zu überprüfen.

Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen.

Gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG hat das Verwaltungsgericht über Beschwerden gemäß

Art 130 Abs 1 Z 1 B-VG dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.

Ad Spruchpunkt A) - Entscheidung in der Sache:

Die maßgeblichen materiellrechtlichen Bestimmungen sind jene des Bundesbehindertengesetz (BBG).

Gemäß § 1 Abs. 2 BBG ist unter "Behinderung" iSd BBG die Auswirkung einer nicht nur vorübergehenden körperlichen, geistigen oder psychischen Funktionsbeeinträchtigung oder Beeinträchtigung der Sinnesfunktionen zu verstehen, welche geeignet ist, die Teilhabe am Leben in der Gesellschaft zu erschweren. Als nicht nur vorübergehend gilt ein Zeitraum von mehr als voraussichtlich sechs Monaten.

§ 40 Abs. 1 BBG normiert, dass behinderten Menschen mit Wohnsitz oder gewöhnlichem Aufenthalt im Inland und einem Grad der Behinderung oder einer Minderung der Erwerbsfähigkeit von mindestens 50% auf Antrag vom Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen (§ 45) ein Behindertenpass auszustellen ist, wenn

1. ihr Grad der Behinderung (ihre Minderung der Erwerbsfähigkeit) nach bundesgesetzlichen Vorschriften durch Bescheid oder Urteil festgestellt ist oder

2. sie nach bundesgesetzlichen Vorschriften wegen Invalidität, Berufsunfähigkeit, Dienstunfähigkeit oder dauernder Erwerbsunfähigkeit Geldleistungen beziehen oder

3. sie nach bundesgesetzlichen Vorschriften ein Pflegegeld, eine Pflegezulage, eine Blindenzulage oder eine gleichartige Leistung erhalten oder

4. für sie erhöhte Familienbeihilfe bezogen wird oder sie selbst erhöhte Familienbeihilfe beziehen oder

5. sie dem Personenkreis der begünstigten Behinderten im Sinne des Behinderteneinstellungsgesetzes (BEinstG), BGBl 22/1970, angehören.

Behinderten Menschen, welche nicht dem im Abs. 1 angeführten Personenkreis angehören, ist ein Behindertenpass auszustellen, wenn und insoweit das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen auf Grund von Vereinbarungen des Bundes mit dem jeweiligen Land oder auf Grund anderer Rechtsvorschriften hiezu ermächtigt ist (§ 40 Abs 2 BBG).

Die Höhe des Freibetrages bestimmt sich nach dem Ausmaß der Minderung der Erwerbsfähigkeit (Grad der Behinderung). Die Minderung der Erwerbsfähigkeit (Grad der Behinderung) richtet sich in Fällen,

1. in denen Leistungen wegen einer Behinderung erbracht werden, nach der hiefür maßgebenden Einschätzung,

2. in denen keine eigenen gesetzlichen Vorschriften für die Einschätzung bestehen, nach § 7 und § 9 Abs. 1 des Kriegsopferversorgungsgesetzes 1957 bzw. nach der Einschätzungsverordnung, BGBl. II Nr. 261/2010, für die von ihr umfassten Bereiche.

§ 35 Abs. 2 Einkommensteuergesetz 1988 (EStG) sieht vor, dass die Tatsache der Behinderung und das Ausmaß der Minderung der Erwerbsfähigkeit

(Grad der Behinderung) durch eine amtliche Bescheinigung der für diese Feststellung zuständigen Stelle nachzuweisen sind. Eine solche zuständige Stelle ist:

-

Der Landeshauptmann bei Empfängern einer Opferrente (§ 11 Abs. 2 des Opferfürsorgegesetzes, BGBl. Nr. 183/1947).

-

Die Sozialversicherungsträger bei Berufskrankheiten oder Berufsunfällen von Arbeitnehmern.

-

In allen übrigen Fällen sowie bei Zusammentreffen von Behinderungen verschiedener Art das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen; dieses hat den Grad der Behinderung durch Ausstellung eines Behindertenpasses nach §§ 40 ff des Bundesbehindertengesetzes, im negativen Fall durch einen in Vollziehung dieser Bestimmungen ergehenden Bescheid zu bescheinigen.

Als Nachweis für das Vorliegen der im § 40 genannten Voraussetzungen gilt der letzte rechtskräftige Bescheid eines Rehabilitationsträgers (§ 3), ein rechtskräftiges Urteil eines Gerichtes nach dem Arbeits- und Sozialgerichtsgesetz, BGBl 104/1985, ein rechtskräftiges Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes oder die Mitteilung über die Gewährung der erhöhten Familienbeihilfe gemäß § 8 Abs. 5 des Familienlastenausgleichsgesetzes 1967,

BGBl 376.

Gemäß § 41 Abs. 1 BBG hat das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen den Grad der Behinderung nach der Einschätzungsverordnung (BGBl II 261/2010 idF BGBl II 251/2012) unter Mitwirkung von ärztlichen Sachverständigen einzuschätzen, wenn

1. nach bundesgesetzlichen Vorschriften Leistungen wegen einer Behinderung erbracht werden und die hiefür maßgebenden Vorschriften keine Einschätzung vorsehen oder

2. zwei oder mehr Einschätzungen nach bundesgesetzlichen Vorschriften vorliegen und keine Gesamteinschätzung vorgenommen wurde oder

3. ein Fall des § 40 Abs 2 BBG vorliegt.

Gemäß § 54 Abs. 12 BBG sind die Gesetzesstellen § 1, § 41 Abs 1 und 2, § 55 Abs 4 und 5 idF BGBl I 81/2010 mit 1. September 2010 in Kraft getreten.

Gemäß § 42 Abs. 1 BBG hat der Behindertenpass den Vornamen sowie den Familien- oder Nachnamen, das Geburtsdatum eine allfällige Versicherungsnummer und den festgestellten Grad der Behinderung oder der Minderung der Erwerbsfähigkeit zu enthalten und ist mit einem Lichtbild auszustatten. Zusätzliche Eintragungen, die dem Nachweis von Rechten und Vergünstigungen dienen, sind auf Antrag des behinderten Menschen zulässig. Die Eintragung ist vom Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen vorzunehmen.

Der Behindertenpass ist gemäß § 42 Abs. 2 BBG unbefristet auszustellen, wenn keine Änderung in den Voraussetzungen zu erwarten ist.

Treten Änderungen ein, durch die behördliche Eintragungen im Behindertenpass berührt werden, hat das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen diese zu berichtigen oder erforderlichenfalls einen neuen Behindertenpass auszustellen. Bei Wegfall der Voraussetzungen ist der Behindertenpass einzuziehen (§ 43 Abs. 1 BBG).

Gemäß § 45 Abs. 1 BBG sind Anträge auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme einer Zusatzeintragung oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung unter Anschluss der erforderlichen Nachweise bei dem Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen einzubringen.

Ein Bescheid ist nur dann zu erteilen, wenn einem Antrag gemäß Abs. 1 nicht stattgegeben, das Verfahren eingestellt (§ 41 Abs. 3 BBG) oder der Pass eingezogen wird. Dem ausgestellten Behindertenpass kommt gemäß § 45 Abs. 2 BBG Bescheidcharakter zu.

Die maßgebenden Bestimmungen der Verordnung des Bundesministers für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz betreffend nähere Bestimmungen über die Feststellung des Grades der Behinderung finden sich in der Einschätzungsverordnung BGBl II 261/2010

idF BGBl II 251/2012. Diese ist seit 1.9.2010 in Kraft.

Die maßgebenden Bestimmungen der Einschätzungsverordnung BGBl II 261/2010

idF BGBl II 251/2012 lauten auszugsweise wie folgt:

Behinderung

§ 1. Unter Behinderung im Sinne dieser Verordnung ist die Auswirkung einer nicht nur vorübergehenden körperlichen, geistigen oder psychischen Funktionsbeeinträchtigung oder Beeinträchtigung der Sinnesfunktionen zu verstehen, die geeignet ist, die Teilhabe am Leben in der Gesellschaft, insbesondere am allgemeinen Erwerbsleben, zu erschweren. Als nicht nur vorübergehend gilt ein Zeitraum von mehr als voraussichtlich sechs Monaten.

Grad der Behinderung

§ 2. (1) Die Auswirkungen der Funktionsbeeinträchtigungen sind als Grad der Behinderung zu beurteilen. Der Grad der Behinderung wird nach Art und Schwere der Funktionsbeeinträchtigung in festen Sätzen oder Rahmensätzen in der Anlage dieser Verordnung festgelegt. Die Anlage bildet einen Bestandteil dieser Verordnung.

(2) Bei Auswirkungen von Funktionsbeeinträchtigungen, die nicht in der Anlage angeführt sind, ist der Grad der Behinderung in Analogie zu vergleichbaren Funktionsbeeinträchtigungen festzulegen.

(3) Der Grad der Behinderung ist nach durch zehn teilbaren Hundertsätzen festzustellen. Ein um fünf geringerer Grad der Behinderung wird von ihnen mit umfasst. Das Ergebnis der Einschätzung innerhalb eines Rahmensatzes ist zu begründen.

Gesamtgrad der Behinderung

§ 3. (1) Eine Einschätzung des Gesamtgrades der Behinderung ist dann vorzunehmen, wenn mehrere Funktionsbeeinträchtigungen vorliegen. Bei der Ermittlung des Gesamtgrades der Behinderung sind die einzelnen Werte der Funktionsbeeinträchtigungen nicht zu addieren. Maßgebend sind die Auswirkungen der einzelnen Funktionsbeeinträchtigungen in ihrer Gesamtheit unter Berücksichtigung ihrer wechselseitigen Beziehungen zueinander.

(2) Bei der Ermittlung des Gesamtgrades der Behinderung ist zunächst von jener Funktionsbeeinträchtigung auszugehen, für die der höchste Wert festgestellt wurde. In der Folge ist zu prüfen, ob und inwieweit dieser durch die weiteren Funktionsbeeinträchtigungen erhöht wird. Gesundheitsschädigungen mit einem Ausmaß von weniger als 20 vH sind außer Betracht zu lassen, sofern eine solche Gesundheitsschädigung im Zusammenwirken mit einer anderen Gesundheitsschädigung keine wesentliche Funktionsbeeinträchtigung verursacht.

Bei Überschneidungen von Funktionsbeeinträchtigungen ist grundsätzlich vom höheren Grad der Behinderung auszugehen.

(3) Eine wechselseitige Beeinflussung der Funktionsbeeinträchtigungen, die geeignet ist, eine Erhöhung des Grades der Behinderung zu bewirken, liegt vor, wenn

-

sich eine Funktionsbeeinträchtigung auf eine andere besonders nachteilig auswirkt,

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zwei oder mehrere Funktionsbeeinträchtigungen vorliegen, die gemeinsam zu einer wesentlichen Funktionsbeeinträchtigung führen.

(4) Eine wesentliche Funktionsbeeinträchtigung ist dann gegeben, wenn das Gesamtbild der Behinderung eine andere Beurteilung gerechtfertigt erscheinen lässt, als die einzelnen Funktionsbeeinträchtigungen alleine.

Grundlage der Einschätzung

§ 4. (1) Die Grundlage für die Einschätzung des Grades der Behinderung bildet die Beurteilung der Funktionsbeeinträchtigungen im körperlichen, geistigen, psychischen Bereich oder in der Sinneswahrnehmung in Form eines ärztlichen Sachverständigengutachtens. Erforderlichenfalls sind Experten aus anderen Fachbereichen - beispielsweise Psychologen - zur ganzheitlichen Beurteilung heran zu ziehen.

(2) Das Gutachten hat neben den persönlichen Daten die Anamnese, den Untersuchungsbefund, die Diagnosen, die Einschätzung des Grades der Behinderung, eine Begründung für die Einschätzung des Grades der Behinderung innerhalb eines Rahmensatzes sowie die Erstellung des Gesamtgrades der Behinderung und dessen Begründung zu enthalten.

Zunächst ist rechtlich festzuhalten, dass der Grad der Behinderung im gegenständlichen Fall - wie dies auch die belangte Behörde zu Recht annahm - nach der Einschätzungsverordnung BGBl II 261/2010 idF BGBl II 251/2012 einzuschätzen war und blieb dies in der Beschwerde auch unbestritten.

Da der gegenständliche Antrag auf Ausstellung eines Behindertenpasses bei der belangten Behörde am 18.7.2017 einlangte und somit nach dem 1.9.2010 (Tag des Inkrafttretens der Einschätzungsverordnung) gestellt wurde, war der Grad der Behinderung nach der Einschätzungsverordnung idgF zu beurteilen.

Betreffend die beim Beschwerdeführer sachverständig festgestellten vorliegenden Leiden ist der Anlage zur Einschätzungsverordnung BGBl II 261/2010 idF

BGBl II 251/2012 Folgendes zu entnehmen:

Ad Leiden 1:

02.02 Generalisierte Erkrankungen des Bewegungsapparates

Es ist die resultierende Gesamtfunktionseinschränkung bei entzündlich rheumatischen Systemerkrankungen, degenerative rheumatischen Erkrankungen und systemischen Erkrankungen der Muskulatur einzuschätzen. Falls sie mit Lähmungserscheinungen einhergehen, sind sie entsprechend den funktionellen Defiziten nach Abschnitt 04. "Neuromuskuläre Erkrankungen" im Kapitel "Nervensystem" zu beurteilen.

02.02.02 Mit funktionellen Auswirkungen mittleren Grades 30 - 40 %

Mäßige Funktionseinschränkungen, je nach Art und Umfang des Gelenkbefalls, geringe Krankheitsaktivität

Ad Leiden 2

02 Muskel - Skelett - und Bindegewebssystem

Haltungs- und Bewegungsapparat

Allgemeine einschätzungsrelevante Kriterien: Beweglichkeit und Belastbarkeit - den allgemeinen Kriterien der Gelenksfunktionen, der Funktionen der Muskel, Sehen, Bänder und Gelenkskapsel sind gegenüber den alleinigen Messungen des Bewegungsradius eine stärkere Gewichtung zu geben. Entzündungsaktivität (Schmerzen, Schwellung). Bei radiologischen Befunden ist die Korrelation mit der klinischen Symptomatik für die Einschätzung relevant. Ausmaß der beteiligten Gelenke, Körperregionen und organische Folgebeteiligung.

02.01 Wirbelsäule

02.01.01 Funktionseinschränkungen geringen Grades 10 - 20 %

Akute Episoden selten (2-3 Mal im Jahr) und kurzdauernd (Tage) Mäßige radiologische Veränderungen Im Intervall nur geringe Einschränkungen im Alltag und Arbeitsleben Keine Dauertherapie erforderlich

Bei der Beurteilung hat sich die Behörde bzw das Verwaltungsgericht eines oder mehrerer Sachverständiger zu bedienen, und wäre es dem Beschwerdeführer freigestanden, das im Auftrag der Behörde erstellte Gutachten durch die Beibringung eines Gegengutachtens eines Sachverständigen seiner Wahl zu entkräften (vgl. VwGH 30.4.2014, 2011/11/0098; 21.8.2014, Ro 2014/11/0023).

Wie bereits in der Beweiswürdigung ausgeführt, ist der Beschwerdeführer infolge unterbliebener Rückmeldung zu dem im Parteigehör ihm übermittelten Sachverständigengutachten Dris. XXXX nicht entgegengetreten, etwa mit der Ausführung, dass der in Höhe von 30 % festgestellte Grad der Behinderung nicht dem tatsächlichen Leidensausmaß des Beschwerdeführers entspräche.

Wie bereits in der Beweiswürdigung ausgeführt, wurden alle vorgelegten medizinischen Beweismittel von dem allgemeinmedizinischen Sachverständigen Dr. XXXX bei der Erstellung des Gutachtens berücksichtigt und sind diese in die Beurteilungen Dris. XXXX eingeflossen. Das allgemeinmedizinische Sachverständigengutachten Dris. XXXX erfüllt die Voraussetzungen des § 4 Abs. 2 der Einschätzungsverordnung und bildet die Grundlage der Einschätzung des Grades der Behinderung jeder beim Beschwerdeführer vorhandenen Beeinträchtigung sowie die Grundlage der Einschätzung des Gesamtgrades der Behinderung des Beschwerdeführers.

Das medizinische Sachverständigengutachten Dris. XXXX wurde dem Beschwerdeführer im Rahmen des Parteiengehörs zugestellt und befundet die Funktionsbeeinträchtigungen des Beschwerdeführers und beurteilt entsprechend dem § 2 Abs. 1 der Einschätzungsverordnung deren Auswirkungen als Grad der Behinderung. Das medizinische Sachverständigengutachten Dris. XXXX nimmt die Einschätzung des Grades der Behinderung iSd § 3 Abs. 1 der Einschätzungsverordnung vor.

Die sachverständig festgestellten Funktionsbeeinträchtigungen des Beschwerdeführers, werden im Sachverständigengutachten Dris. XXXX vom 20.12.2018 als Leiden 1 und Leiden 2 bezeichnet und nach der Einschätzungsverordnung BGBl II 261/2010 idF BGBl II 251/2012 unter eine der dort vorgesehenen Positionen eingestuft und anhand des dafür vorgesehenen Prozentsatzes (Fester Satz oder Rahmensatz) mit einem Grad der Behinderung je Leiden bzw. mit einem Gesamtgrad der Behinderung (nämlich 40%) beurteilt und das Ergebnis der Einschätzung entsprechend § 2 Abs. 3 der Einschätzungsverordnung durch den medizinischen Sachverständigen Dr. XXXX begründet.

Das führende Leiden ist die Funktionseinschränkung, welche im Sachverständigengutachten als "Leiden 1" bezeichnet ist. Entsprechend dem § 3 Abs. 1 der Einschätzungsverordnung nahm der medizinische Sachverständige eine Einschätzung des Gesamtgrades der Behinderung vor, da beim Beschwerdeführer mehrere Funktionsbeeinträchtigungen vorliegen. Entsprechend dem § 3 Abs. 1 der Einschätzungsverordnung wurden von dem medizinischen Sachverständigen bei der Ermittlung des Gesamtgrades der Behinderung die einzelnen Werte der Funktionsbeeinträchtigungen nicht addiert.

Da gemäß § 3 Abs. 2 der Einschätzungsverordnung die Auswirkungen der einzelnen Funktionsbeeinträchtigungen in ihrer Gesamtheit unter Berücksichtigung ihrer wechselseitigen Beziehungen zueinander maßgebend sind, begründete der medizinische Sachverständige für den Gesamtgrad der Behinderung, dass das führende Leiden 1 durch das Leiden 2 wegen teilweiser Leidens-/Symptomenüberschneidung, fehlender maßgeblicher ungünstiger Beeinflussung des Leiden 1 und wegen fehlender maßgeblicher Zusatzrelevanz nicht weiter erhöht wird. Damit ging der medizinische Sachverständige Dr. XXXX auch auf die gerichtlich an ihn herangetragene Frage 2 vom 30.5.2018 ein.

Unter Beachtung der oben dargetanen Positionen aus der Einschätzungsverordnung samt deren Rahmensätzen bzw. festen Sätzen und den Vorgaben der Einschätzungsverordnung in den §§ 2 und 3 wurde somit der Gesamtgrad der Behinderung des Beschwerdeführers im medizinischen Sachverständigengutachten Dris. XXXX vom 20.12.2018 unter Zugrundelegung der Einschätzungsverordnung mit 30 v.H. korrekt eingeschätzt.

Im Übrigen ist aber auch darauf hinzuweisen, dass bei einer späteren Verschlechterung des Leidenszustandes die neuerliche Einschätzung des Grades der Behinderung nach Maßgabe des § 41 Abs. 2 BBG in Betracht kommt.

In diesem Zusammenhang ist zu beachten, dass gemäß § 41 Abs. 2 BBG, falls der nochmalige Antrag innerhalb eines Jahres seit der letzten rechtskräftigen Entscheidung gestellt wird, eine offenkundige Änderung des Leidenszustandes glaubhaft geltend zu machen ist, ansonsten der Antrag ohne Durchführung eines Ermittlungsverfahrens zurückzuweisen ist (vgl. VwGH vom 16.09.2008, Zl. 2008/11/0083).

Die Beschwerde war aus den dargelegten Gründen als unbegründet abzuweisen.

Zum Entfall einer mündlichen Verhandlung

Das Verwaltungsgericht hat auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen

(§ 24 Abs 1 VwGVG). Die Verhandlung kann entfallen, wenn der das vorangegangene Verwaltungsverfahren einleitende Antrag der Partei oder die Beschwerde zurückzuweisen ist oder bereits auf Grund der Aktenlage feststeht, dass der mit Beschwerde angefochtene Bescheid aufzuheben, die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt oder die angefochtene Weisung für rechtswidrig zu erklären ist oder die Säumnisbeschwerde zurückzuweisen oder abzuweisen ist (§ 24 Abs 2 VwGVG).

Nach § 24 Abs 4 VwGVG 2014 kommt ein Entfall der Verhandlung dann nicht in Betracht, wenn Art 6 MRK und Art 47 GRC die Durchführung einer solchen gebieten. Eine Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht ist daher durchzuführen, wenn es um 'civil rights' oder 'strafrechtliche Anklagen' iSd Art. 6 MRK oder um die Möglichkeit der Verletzung einer Person eingeräumter Unionsrechte (Art. 47 GRC) geht und eine inhaltliche Entscheidung in der Sache selbst getroffen wird (VwGH 9.9.2014, Ro 2014/09/0049).

Der EGMR hat in seinen Entscheidungen vom 10.5.2007, Nr. 7401/04 (Hofbauer/Österreich Nr. 2), und vom 3.5.2007, Nr. 17.912/05 (Bösch/Österreich), unter Hinweis auf seine frühere Rechtsprechung dargelegt, dass der Beschwerdeführer grundsätzlich ein Recht auf eine mündliche Verhandlung vor einem Tribunal hat, außer es lägen außergewöhnliche Umstände vor, die eine Ausnahme davon rechtfertigten. Der EGMR hat das Vorliegen solcher außergewöhnlichen Umstände angenommen, wenn das Verfahren ausschließlich rechtliche oder "hoch-technische" Fragen ("exclusively legal or highly technical questions") betrifft. Der Gerichtshof verwies im Zusammenhang mit Verfahren betreffend ziemlich technische Angelegenheiten ("rather technical nature of disputes") auch auf das Bedürfnis der nationalen Behörden nach zweckmäßiger und wirtschaftlicher Vorgangsweise, das angesichts der sonstigen Umstände des Falles zum Absehen von einer mündlichen Verhandlung berechtige (VwGH 3.10.2013, 2012/06/0221).

Der EGMR hat in seiner Entscheidung vom 18.7.2013, Nr. 56.422/09 (Schädler-Eberle/Liechtenstein) in Weiterführung seiner bisherigen Judikatur dargelegt, dass es Verfahren geben würde, in denen eine Verhandlung nicht geboten sei, etwa wenn keine Fragen der Beweiswürdigung auftreten würden oder die Tatsachenfeststellungen nicht bestritten seien, sodass eine Verhandlung nicht notwendig sei und das Gericht auf Grund des schriftlichen Vorbringens und der schriftlichen Unterlagen entscheiden könne (VwGH 3.10.2013, 2012/06/0221).

Aus Art 47 Abs 2 GRC kann ein absoluter Anspruch auf Durchführung einer mündlichen Verhandl

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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