Entscheidungsdatum
20.03.2019Norm
Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen §1Spruch
W162 2197009-1/10E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Ulrike LECHNER, LL.M. als Vorsitzende und die Richterin Mag. Julia STIEFELMEYER sowie die fachkundige Laienrichterin Verena KNOGLER, BA MA als Beisitzerinnen über die Beschwerde von XXXX , geboren am XXXX , gegen den Bescheid des Bundesamtes für Soziales und Behindertenwesen, Landesstelle Niederösterreich, vom 20.10.2017, betreffend die Abweisung des Antrags auf Vornahme der Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung der öffentlichen Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung" in den Behindertenpass, in nicht-öffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:
A) Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
I. Verfahrensgang:
1. Im Zuge des Antrags der Beschwerdeführerin auf Feststellung der Zugehörigkeit zum Personenkreis der begünstigten Behinderten befasste die belangte Behörde eine Fachärztin für Innere Medizin mit der persönlichen Begutachtung der Beschwerdeführerin und der Erstellung eines Sachverständigengutachtens. Die persönliche Begutachtung der Beschwerdeführerin fand am 10.01.2017 statt. Dabei wurde im Gutachten vom 10.01.2017 ein Gesamtgrad der Behinderung von 50 v.H. festgestellt.
Lfd. Nr.
Bezeichnung der körperlichen, geistigen oder sinnesbedingten Funktionseinschränkungen, welche voraussichtlich länger als sechs Monate andauern werden: Begründung der Positionsnummer und des Rahmensatzes:
Pos.Nr.
Gdb %
1
Lupus erythematodes mit Polyarthralgien Unterer Rahmensatz inkludiert die ständig notwendige Dauertherapie, sowie die ständig wechselnden Gelenksbeschwerden und Schwellungen mit Beeinträchtigung im Alltag ohne sichtbare Gelenksveränderung.
02.02.03
50
2
Diabetes mellitus (Autoimmundiabetes) Unterer Rahmensatz inkludiert die notwendige medikamentöse Therapie ohne Hinweis auf Folgeschäden.
09.02.02
30
3
Zustand nach tiefer Beinvenenthrombose bei Varikositas mit peripherer Pulmonalembolie 2 Stufen über dem unteren Rahmensatz, da medikamentöse Antikoagulation und Stützstrümpfe erforderlich.
05.08.01
30
4
Mikrozytäre hypochrome Anämie Unterer Rahmensatz, da keine Symptome
10.01.01
10
Unter dem Punkt
"Prüfung der Auswirkungen der festgestellten Gesundheitsschädigungen nach Art und Schwere für die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel" wird Folgendes festgehalten:
-
"Welche der festgestellten Funktionsbeeinträchtigungen lassen das Zurücklegen einer kurzen Wegstecke, das Ein- und Aussteigen sowie den sicheren Transport in einem öffentlichen Verkehrsmittel nicht zu und warum?
keine relevanten Einschränkungen
-
Liegt eine schwere Erkrankung des Immunsystems vor?
keine relevanten Einschränkungen"
Weitere Ausführungen zur Frage der "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung auf Grund einer Behinderung" sind im Sachverständigengutachten nicht vorhanden.
2. Die Beschwerdeführerin ist Inhaberin eines Behindertenpasses, ausgestellt am 06.02.2017, mit einem Grad der Behinderung von 50 v.
H. Sie beantragte unter Vorlage eines Konvoluts an medizinischen Unterlagen am 06.02.2017 (einlangend) beim Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen (im Folgenden als belangte Behörde bezeichnet) die Vornahme der Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung der öffentlichen Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung" in den Behindertenpass gewertet.
3. Mit dem angefochtenen Bescheid vom 15.02.2017 hat die belangte Behörde den Antrag auf Vornahme der Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung der öffentlichen Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung" in den Behindertenpass gemäß § 42 und § 45 BBG abgewiesen. In der Begründung des Bescheides verweist die belangte Behörde auf das eingeholte ärztliche Sachverständigengutachten vom 10.01.2017, wonach die Voraussetzungen für die Zusatzeintragung nicht vorlägen.
4. Gegen diesen Bescheid erhob die Beschwerdeführerin fristgerecht am 28.02.2017 Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht.
5. Die Beschwerde und der bezughabende Verwaltungsakt wurden dem Bundesverwaltungsgericht am 28.03.2017 vorgelegt.
6. Mit Beschluss vom 24.04.2017 hat das Bundesverwaltungsgericht den Bescheid vom 15.02.2017 aufgehoben und die Angelegenheit gemäß § 28 Abs. 3 zweiter Satz VwGVG zur Erlassung eines neuen Bescheides an das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen zurückverwiesen.
7. In der Folge erfolgte im Auftrag der belangten Behörde am 17.07.2017 eine Begutachtung aufgrund persönlicher Untersuchung durch einen Sachverständigen für Allgemeinmedizin. Dabei wurde im Sachverständigengutachten vom 19.10.2017 inhaltlich die Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel festgestellt. Darin wurde insbesondere festgestellt:
"Gesamtmobilität - Gangbild: Trägt Konfektionsschuhe, Gangbild rechts hinkend, symmetrisches Armpendeln, An - und Auskleiden alleine möglich
1. Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel - Welche der festgestellten Funktionsbeeinträchtigungen lassen das Zurücklegen einer kurzen Wegstrecke, das Ein- und Aussteigen sowie den sicheren Transport in einem öffentlichen Verkehrsmittel nicht zu und warum? Die angegebenen Beschwerden weichen zum Teil vom Ergebnis der klinischen Untersuchung ab. Es bestehen Mobilitätseinschränkungen, diese sind jedoch nicht objektivierbar derart ausgeprägt, dass kürzere Wegstrecken nicht selbstständig zurückgelegt werden können. Eine zusätzliche Verbesserung der Gehstrecke wäre durch die Verwendung eines Hilfsmittels erzielbar. Das Überwinden von üblichen Niveauunterschieden zum Ein - und Aussteigen in ein öffentliches Verkehrsmittel ist bei freier Beweglichkeit in beiden Hüft - und Kniegelenken ohne erhebliche Einschränkung möglich. Der Transport in einem öffentlichen Verkehrsmittel selbst ist durch die Erkrankung nicht mit einem erhöhten Gefährdungspotential verbunden.
2. Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel - Liegt eine schwere Erkrankung des Immunsystems vor? Nein"
8. Mit dem angefochtenen Bescheid vom 20.10.2017 hat die belangte Behörde den Antrag auf Vornahme der Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung der öffentlichen Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung" in den Behindertenpass gemäß § 42 und § 45 BBG abgewiesen. Verwiesen wurde auf das Ergebnis des Ermittlungsverfahrens.
9. Gegen diesen Bescheid wurde von der Beschwerdeführerin fristgerecht am 16.11.2017 Beschwerde erhoben. Es wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass laut Gutachten vom 19.10.2017 die Frage "Liegt eine schwere Erkrankung des Immunsystems vor?" mit "nein" beantwortet worden sei. Jedoch könne man aus den Akten der Beschwerdeführerin entnehmen, dass vor über zwei Jahren SLE Lupus diagnostiziert worden sei. Dies sei sowohl von mehreren Ärzten als auch von zwei Spitälern bestätigt worden. Das sei eine schwere, nicht heilbare Autoimmunerkrankung, die sowohl die Gelenke, Haut, Muskeln und wie in ihrem Fall auch die inneren Organe angreife. Bei der Beschwerdeführerin sei vor zwei Wochen eine Nierenbiopsie durchgeführt worden, da sich der Lupus bereits weiter ausbreite.
10. Die Beschwerde und der bezughabenden Verwaltungsakten wurden dem Bundesverwaltungsgericht am 30.05.2018 zur Entscheidung vorgelegt.
11. Aufgrund der Einwendungen der Beschwerdeführerin wurde vom Bundesverwaltungsgericht ein Sachverständigengutachten der Fachrichtung Innere Medizin aufgrund persönlicher Untersuchung vom 07.08.2018 eingeholt. Es wurde Folgendes festgestellt:
"Beurteilung und Beantwortung der im nicht nummerierten und nicht datierten Schreiben des Bundesverwaltungsgerichtes gestellten Fragen
ad 1) Diagnosenliste
Lupus erythematodes mit ausgeprägtem Schmerzsyndrom
Diabetes mellitus
Zustand nach tiefer Beinvenenthrombose bei Varikositas mit peripherer Pulmonalembolie mikrozytäre hypochrome Anämie
ad 2) Liegen erhebliche Einschränkungen der Funktionen der unteren Extremitäten vor?
Verlangsamung bei Angabe von Schmerzen bei jeder Bewegung - darüber hinaus können im Fachbereich Innere Medizin keine höhergradigen Einschränkungen festgestellt werden, dies betrifft auch durchgemachte Beinvenenthrombose mit Notwendigkeit des Tragens eines Stützstrumpfes.
ad 3) Liegen erhebliche Einschränkungen der körperlichen Belastbarkeit vor?
Die beispielhaft angeführten Leidenszustände liegen nicht vor. Durch die Anämie (Blutarmut bei Eisenmangel) ist die Leistungsfähigkeit reduziert, das Befördern schwerer Lasten ist nicht möglich steiler Bergaufgehen ist nur langsam möglich. Das Ausmaß dieser Einschränkungen hängt vom jeweiligen Blutbild ab, eine aussichtsreiche Therapiemöglichkeit besteht mit Eisensubstitution und auch weiteren medikamentösen Maßnahmen.
ad 4) Liegen erhebliche Einschränkungen psychischer, neurologischer oder intellektueller Fähigkeiten, Funktionen vor?
Die angegebenen ausgeprägten Schmerzen und die Leistungseinbußen können durch die Diagnosen im Fachbereich Innere Medizin nicht erklärt werden.
Es wird daher die Einholung eines neurologisch-psychiatrischen Gutachtens angeregt.
ad 5) Liegt eine schwere anhaltende Erkrankung des Immunsystems vor?
Nein. Auch die Medikation, die zur Behandlung des Lupus erythematodes verabreicht wird und notwendigerweise in das Immunsystem eingreift, führt nicht zu einer derartigen Einschränkung, dass deswegen die Benutzung öffentlicher Verkehrsmittel unzumutbar wäre.
ad 6) Liegt eine hochgradige Sehbehinderung, Blindheit oder Taubblindheit vor?
Dafür besteht kein Hinweis.
ad 7) Ausführliche Stellungnahme zu den Einwendungen der Beschwerdeführerin in der Beschwerde, Abl. 5:
Als Immunerkrankung im Sinne der Fragestellung ist eine Immunschwäche zu verstehen, welche zu einer drastisch erhöhten Anfälligkeit gegenüber Krankheitserregern (Bakterien, Viren, Pilze) führt. Eine derartige Immunschwäche liegt bei der Beschwerdeführerin nicht vor. Auch die notwendige medikamentöse Behandlung führt nicht zu einer derart ausgeprägten Reduktion der Immunabwehr, dass sämtliche Kontakte mit der Außenwelt und damit auch die Benutzung öffentlicher Verkehrsmittel unmöglich wären.
ad 8) Stellungnahme zu allf. Von den angefochtenen Gutachten Abl. 34-36 inkl. Rückseiten abweichenden Beurteilungen:
Keine Abweichung
ad 9) Feststellung ob bzw. wann eine Nachuntersuchung erforderlich ist:
Eine Nachuntersuchung ist nicht erforderlich, da eine wesentliche Änderung nicht zu erwarten ist.
ad 10) Wurden im Rahmen der nunmehrigen Begutachtung Befunde vorgelegt, welche der Neuerungsbeschränkung unterliegen? Wenn ja, Stellungnahme, ob aus den neu vorgelegten Befunden eine andere medizinische Beurteilung abzuleiten wäre.
Sämtliche vorgelegten Befunde sind oben zitiert worden - eine andere Beurteilung ergibt sich daraus nicht.
Die Einholung eines Gutachtens aus dem Fachbereich Neurologie-Psychiatrie wird angeregt."
12. In der Folge wurde eine Sachverständige für Psychiatrie/Neurologie mit der Begutachtung der Beschwerdeführerin beauftragt.
13. Mit Schreiben vom 28.10.2018 verzichtete die Beschwerdeführerin auf die Erstellung eines neurologischen Sachverständigengutachtens. Begründend führte sie im Wesentlichen aus, dass sie keinen Sinn an einer neurologischen Begutachtung sehe.
14. Mit Schreiben vom 14.12.2018 wurden der Beschwerdeführerin, nachweislich zugestellt am 20.12.2018, und der belangten Behörde gemäß § 45 Abs. 3 AVG das Ergebnis des Ermittlungsverfahrens nachweislich zur Kenntnis gebracht und die Möglichkeit eingeräumt, binnen zwei Wochen Stellungnahme abzugeben.
Die Beschwerdeführerin und die belangte Behörde gaben keine Stellungnahmen ab.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
Da sich die Beschwerdeführerin mit der Abweisung des Antrages auf Vornahme der Zusatzeintragung "Dem Inhaber des Passes ist die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung nicht zumutbar" in den Behindertenpass nicht einverstanden erklärt hat, war dies zu überprüfen.
1. Feststellungen:
1.1. Allgemeines
Die Beschwerdeführerin stellte am 06.02.2017 beim Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen einen Antrag auf Vornahme der Zusatzeintragung " Unzumutbarkeit der Benützung der öffentlichen Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung" in den Behindertenpass.
1.2. Ausmaß der Funktionseinschränkungen:
Lupus erythematodes mit ausgeprägtem Schmerzsyndrom; Diabetes mellitus; Zustand nach tiefer Beinvenenthrombose bei Varikositas mit peripherer Pulmonalembolie mikrozytäre hypochrome Anämie
1.3. Auswirkungen der Funktionsbeeinträchtigungen auf die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel:
Die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel ist der Beschwerdeführerin zumutbar. Die Voraussetzungen für die Vornahme der beantragten Zusatzeintragung liegen zum aktuellen Entscheidungszeitpunkt nicht vor. Keine der vorliegenden Funktionsbeeinträchtigungen bewirkt die Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel.
Es liegen keine erheblichen Funktionsstörungen der oberen und unteren Extremitäten, sowie der Wirbelsäule vor. Das Zurücklegen einer kurzen Wegstrecke ist selbständig möglich, das Ein- und Aussteigen ist bei Beweglichkeit der oberen und unteren Extremitäten möglich. Der sichere Transport ist gewährleistet, das Anhalten ist der Beschwerdeführerin ausreichend möglich. Es liegt keine Funktionsbeeinträchtigung vor, welche das Zurücklegen einer kurzen Wegstrecke, das Ein- und Aussteigen sowie den sicheren Transport in einem öffentlichen Verkehrsmittel nicht zuließe.
Es liegt auch keine schwere anhaltende Erkrankung des Immunsystems vor.
2. Beweiswürdigung:
Zu 1.1.: Die Feststellungen zu den allgemeinen Voraussetzungen ergeben sich aus dem diesbezüglich unbedenklichen, widerspruchsfreien und unbestrittenen Akteninhalt.
Zu 1.2. und 1.3.: Die Feststellungen zum Ausmaß und zur Beurteilung der Funktionseinschränkungen der Beschwerdeführerin gründen sich - in freier Beweiswürdigung - in nachstehend ausgeführtem Umfang auf die vorgelegten und eingeholten Beweismittel:
Das durch das Bundesverwaltungsgericht eingeholte Sachverständigengutachten eines Arztes für Innere Medizin vom 15.08.2018 aufgrund persönlicher Untersuchung ist schlüssig, nachvollziehbar und weist keine Widersprüche auf. Es wurde auf die Art der Leiden und deren Ausmaß ausführlich eingegangen. Die getroffenen Einschätzungen, basierend auf dem im Rahmen der persönlichen Untersuchung erhobenen klinischen Befund, entsprechen unter Berücksichtigung der vorgelegten Beweismittel den festgestellten Funktionseinschränkungen.
Sämtliche vorgelegten Beweismittel sind in die Beurteilung eingeflossen, der befasste Sachverständige hat sich eingehend damit auseinandergesetzt. Die Feststellung der Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel, die zur Abweisung der Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung" in den Behindertenpass führt, gründet sich auf das durch das Bundesverwaltungsgericht eingeholte Sachverständigengutachten vom 15.08.2018. Unter Berücksichtigung der von der Beschwerdeführerin ins Verfahren eingebrachten medizinischen Unterlagen und nach persönlicher Untersuchung der Beschwerdeführerin wurde vom medizinischen Sachverständigen festgestellt, dass die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel für die Beschwerdeführerin zum aktuellen Zeitpunkt zumutbar ist.
Der befasste Sachverständige hatte nach persönlicher Untersuchung nachvollziehbar ausgeführt, dass keines der in der Diagnoseliste festgehaltenen Leiden eine Funktionsbeeinträchtigung bewirke, welche das Zurücklegen einer kurzen Wegstrecke, das Ein- und Aussteigen sowie den sicheren Transport in einem öffentlichen Verkehrsmittel nicht zuließe. Trotz der durch vorliegenden Funktionseinschränkungen (Lupus erythematodes mit ausgeprägtem Schmerzsyndrom; Diabetes mellitus; Zustand nach tiefer Beinvenenthrombose bei Varikositas mit peripherer Pulmonalembolie mikrozytäre hypochrome Anämie) erfüllt die Beschwerdeführerin die Voraussetzungen der Zumutbarkeit.
Zudem führte der ärztliche Sachverständige in seinem Gutachten nachvollziehbar aus, dass das Gangbild verlangsamt ist, im Rahmen der Begutachtung jedoch keine höhergradigen Einschränkungen objektiviert werden konnten. Zudem wurde die Beinvenenthrombose mit Notwendigkeit des Tragens eines Stützstrumpfes bei der Beurteilung berücksichtigt. Darüber hinaus diagnostizierte der Sachverständige, dass die Wirbelsäule unauffällig sowie die Muskelmasse normal ist, an beiden Beinen ein altersgemäß normaler Gelenksstatus besteht sowie keine Gelenksveränderungen fassbar sind. Somit ist die Beschwerdeführerin in der Lage, eine kurze Wegstrecke von 300 bis 400 Metern aus eigener Kraft und ohne fremde Hilfe ohne Unterbrechung zurückzulegen.
Darüber hinaus führte der Sachverständige plausibel aus, dass im Rahmen der Begutachtung keine erheblichen Einschränkungen der oberen Extremitäten objektivierbar waren. Daher ist der Beschwerdeführerin das Festhalten möglich und somit ein sicherer Transport in öffentlichen Verkehrsmitteln gewährleistet.
Weiters wurde vom befassten Sachverständigen nachvollziehbar in seinem Gutachten festgehalten, dass durch die Anämie die Leistungsfähigkeit der Beschwerdeführerin zwar reduziert ist, das Befördern schwerer Lasten nicht sowie steiles Bergaufgehen nur langsam möglich ist. Jedoch eine aussichtsreiche Therapiemöglichkeit mit Eisensubstitution und auch weiteren medikamentösen Maßnahmen besteht.
Wenn die Beschwerdeführerin in ihrer Beschwerde moniert, dass sie an SLE Lupus leide und dies eine schwere, nicht heilbare Autoimmunkrankheit sei, so ist auf die schlüssige Ausführung des befassten Sachverständigen zu verweisen, dass die Medikation, die zur Behandlung des Lupus erythematodes verabreicht wird und notwendigerweise in das Immunsystem eingreift, nicht zu einer derartigen Einschränkung führt, dass der Beschwerdeführerin aufgrund dessen die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel unzumutbar wäre.
Darüber hinaus verdeutlichte der Sachverständige in seinem Gutachten nachvollziehbar, dass als Immunerkrankung im Sinne der Fragestellung, ob eine Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel vorliegt, eine Immunschwäche zu verstehen ist, welche zu einer drastisch erhöhten Anfälligkeit gegenüber Krankheitserregern (Bakterien, Viren, Pilze) führt. Eine derartige Immunschwäche liegt bei der Beschwerdeführerin nicht vor. Auch die notwendige medikamentöse Behandlung führt nicht zu einer derart ausgeprägten Reduktion der Immunabwehr, dass sämtliche Kontakte mit der Außenwelt und damit auch die Benutzung öffentlicher Verkehrsmittel unmöglich wären.
Die von der Beschwerdeführerin vorgebrachten Einwendungen waren sohin nicht geeignet, eine Änderung der getroffenen Beurteilung vorzunehmen.
Der erkennende Senat kommt zu dem Ergebnis, dass das eingeholte Gutachten nachvollziehbar, schlüssig und glaubwürdig die Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel begründet.
Abschließend ist beweiswürdigend anzumerken, dass die Beschwerdeführerin ihre Mitwirkungspflicht verletzt hat, indem sie trotz ordnungsgemäßer Ladung zu einer neurologischen Untersuchung auf eine weitere durch das Bundesverwaltungsgericht angeordnete Begutachtung einer Ärztin für Psychiatrie/Neurologie "verzichtete" und begründend ausführte, dass sie keinen Sinn an einer neurologischen Begutachtung sehe.
Die Beschwerdeführerin ist dem auf einer persönlichen Untersuchung basierenden Sachverständigengutachten auch nicht auf gleicher fachlicher Ebene entgegengetreten, steht es dem Antragsteller, so er der Auffassung ist, dass seine Leiden nicht hinreichend berücksichtigt wurden, nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes doch frei, das im Auftrag der Behörde erstellte Gutachten durch die Beibringung eines Gegengutachtens eines Sachverständigen seiner Wahl zu entkräften (vgl. etwa VwGH 27.06.2000, 2000/11/0093).
Seitens des Bundesverwaltungsgerichtes bestehen keine Zweifel an der Richtigkeit, Vollständigkeit und Schlüssigkeit des medizinischen Sachverständigengutachtens. Insbesondere ist darauf zu verweisen, dass das Sachverständigengutachten auf einer persönlichen Untersuchung basierte. Das eingeholte Sachverständigengutachten steht mit den Erfahrungen des Lebens, der ärztlichen Wissenschaft und den Denkgesetzen nicht in Widerspruch. Auch war dem Vorbringen kein Anhaltspunkt zu entnehmen, die Tauglichkeit der befassten Sachverständigen oder deren Beurteilung beziehungsweise Feststellungen in Zweifel zu ziehen.
Die Krankengeschichte der Beschwerdeführerin wurde insgesamt umfassend und differenziert nach den konkret vorliegenden Krankheitsbildern auch im Zusammenwirken zueinander berücksichtigt.
Das eingeholte Sachverständigengutachten wird daher in freier Beweiswürdigung der Entscheidung zugrunde gelegt.
3. Rechtliche Beurteilung:
Gemäß § 6 des Bundesgesetzes über die Organisation des Bundesverwaltungsgerichtes (Bundesverwaltungsgerichtsgesetz - BVwGG) entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.
Gemäß § 45 Abs. 3 BBG hat in Verfahren auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme von Zusatzeintragungen oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts durch den Senat zu erfolgen. Gegenständlich liegt somit Senatszuständigkeit vor.
Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das Bundesgesetz über das Verfahren der Verwaltungsgerichte (Verwaltungsgerichts-verfahrensgesetz - VwGVG) geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.
Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung - BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes - AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 - DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.
Gemäß § 27 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, soweit nicht Rechtswidrigkeit wegen Unzuständigkeit der Behörde gegeben ist, den angefochtenen Bescheid auf Grund der Beschwerde (§9 Abs. 1 Z3 und 4) oder auf Grund der Erklärung über den Umfang der Anfechtung (§ 9 Abs. 3) zu überprüfen.
Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen.
Gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG hat das Verwaltungsgericht über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.
Zu A)
1. Zur Entscheidung in der Sache:
Unter Behinderung im Sinne dieses Bundesgesetzes ist die Auswirkung einer nicht nur vorübergehenden körperlichen, geistigen oder psychischen Funktionsbeeinträchtigung oder Beeinträchtigung der Sinnesfunktionen zu verstehen, die geeignet ist, die Teilhabe am Leben in der Gesellschaft zu erschweren. Als nicht nur vorübergehend gilt ein Zeitraum von mehr als voraussichtlich sechs Monaten (§ 1 Abs. 2 BBG).
Der Behindertenpass hat den Vornamen sowie den Familien- oder Nachnamen, das Geburtsdatum eine allfällige Versicherungsnummer und den festgestellten Grad der Behinderung oder der Minderung der Erwerbsfähigkeit zu enthalten und ist mit einem Lichtbild auszustatten. Zusätzliche Eintragungen, die dem Nachweis von Rechten und Vergünstigungen dienen, sind auf Antrag des behinderten Menschen zulässig. Die Eintragung ist vom Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen vorzunehmen (§ 42 Abs. 1 BBG).
Der Behindertenpass ist unbefristet auszustellen, wenn keine Änderung in den Voraussetzungen zu erwarten ist (§ 42 Abs. 2 BBG).
Anträge auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme einer Zusatzeintragung oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung sind unter Anschluss der erforderlichen Nachweise bei dem Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen einzubringen (§ 45 Abs. 1 BBG).
Ein Bescheid ist nur dann zu erteilen, wenn einem Antrag gemäß Abs. 1 nicht stattgegeben, das Verfahren eingestellt (§ 41 Abs. 3) oder der Pass eingezogen wird. Dem ausgestellten Behindertenpass kommt Bescheidcharakter zu (§ 45 Abs. 2 BBG).
Auf Antrag des Menschen mit Behinderung ist u.a. jedenfalls einzutragen:
3. die Feststellung, dass dem Inhaber/der Inhaberin des Passes die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung nicht zumutbar ist; die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel ist insbesondere dann nicht zumutbar, wenn das 36. Lebensmonat vollendet ist und
-erhebliche Einschränkungen der Funktionen der unteren Extremitäten oder
-erhebliche Einschränkungen der körperlichen Belastbarkeit oder
-erhebliche Einschränkungen psychischer, neurologischer oder intellektueller Fähigkeiten, Funktionen oder
-eine schwere anhaltende Erkrankung des Immunsystems oder
-eine hochgradige Sehbehinderung, Blindheit oder Taubblindheit nach § 1 Abs. 4 Z 1 lit. b oder d
vorliegen (§ 1 Abs. 4 Verordnung über die Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen auszugsweise).
Grundlage für die Beurteilung, ob die Voraussetzungen für die in Abs. 4 genannten Eintragungen erfüllt sind, bildet ein Gutachten eines/einer ärztlichen Sachverständigen des Sozialministeriumservice. Soweit es zur ganzheitlichen Beurteilung der Funktionsbeeinträchtigungen erforderlich erscheint, können Experten/Expertinnen aus anderen Fachbereichen beigezogen werden. Bei der Ermittlung der Funktions-beeinträchtigungen sind alle zumutbaren therapeutischen Optionen, wechselseitigen Beeinflussungen und Kompensationsmöglichkeiten zu berücksichtigen (§ 1 Abs. 5 Verordnung über die Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen).
In den Erläuterungen zur Verordnung über die Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen BGBl. II 263/2016 wird u.a. Folgendes ausgeführt:
Mit der vorliegenden Verordnung sollen präzisere Kriterien für die Beurteilung der Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel festgelegt werden. Die durch die Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes bisher entwickelten Grundsätze werden dabei berücksichtigt.
Grundsätzlich ist eine Beurteilung nur im Zuge einer Untersuchung des Antragstellers/der Antragstellerin möglich. Im Rahmen der Mitwirkungspflicht des Menschen mit Behinderung sind therapeutische Möglichkeiten zu berücksichtigen. Therapierefraktion - das heißt keine therapeutische Option ist mehr offen - ist in geeigneter Form nachzuweisen. Eine Bestätigung des Hausarztes/der Hausärztin ist nicht ausreichend.
Durch die Verwendung des Begriffes "dauerhafte Mobilitätseinschränkung" hat schon der Gesetzgeber (StVO-Novelle) zum Ausdruck gebracht, dass es sich um eine Funktionsbeeinträchtigung handeln muss, die zumindest 6 Monate andauert. Dieser Zeitraum entspricht auch den grundsätzlichen Voraussetzungen für die Erlangung eines Behindertenpasses.
Nachfolgende Beispiele und medizinische Erläuterungen sollen besonders häufige, typische Fälle veranschaulichen und richtungsgebend für die ärztlichen Sachverständigen bei der einheitlichen Beurteilung seltener, untypischer ähnlich gelagerter Sachverhalte sein. Davon abweichende Einzelfälle sind denkbar und werden von den Sachverständigen bei der Beurteilung entsprechend zu begründen sein.
Die Begriffe "erheblich" und "schwer" werden bereits jetzt in der Einschätzungsverordnung je nach Funktionseinschränkung oder Erkrankungsbild verwendet und sind inhaltlich gleichbedeutend.
Unter erheblicher Einschränkung der Funktionen der unteren Extremitäten sind ungeachtet der Ursache eingeschränkte Gelenksfunktionen, Funktionseinschränkungen durch Erkrankungen von Knochen, Knorpeln, Sehnen, Bändern, Muskeln, Nerven, Gefäßen, durch Narbenzüge, Missbildungen und Traumen zu verstehen.
Zusätzlich vorliegende Beeinträchtigungen der oberen Extremitäten und eingeschränkte Kompensationsmöglichkeiten sind zu berücksichtigen.
Um die Frage der Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel beurteilen zu können, hat die Behörde zu ermitteln, ob der Antragsteller dauernd an seiner Gesundheit geschädigt ist und wie sich diese Gesundheitsschädigung nach ihrer Art und ihrer Schwere auf die Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel auswirkt. Sofern nicht die Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel auf Grund der Art und der Schwere der Gesundheitsschädigung auf der Hand liegt, bedarf es in einem Verfahren über einen Antrag auf Vornahme der Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauernder Gesundheitsschädigung" regelmäßig eines ärztlichen Sachverständigengutachtens, in dem die dauernde Gesundheitsschädigung und ihre Auswirkungen auf die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel in nachvollziehbarer Weise dargestellt werden. Nur dadurch wird die Behörde in die Lage versetzt, zu beurteilen, ob dem Betreffenden die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauernder Gesundheitsschädigung unzumutbar ist (vgl. VwGH vom 23.05.2012, Zl. 2008/11/0128, und die dort angeführte Vorjudikatur sowie vom 22. Oktober 2002, Zl. 2001/11/0242, vom 27.01.2015, Zl. 2012/11/0186).
Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zu dieser Zusatzeintragung ist die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel dann unzumutbar, wenn eine kurze Wegstrecke nicht aus eigener Kraft und ohne fremde Hilfe, allenfalls unter Verwendung zweckmäßiger Behelfe ohne Unterbrechung zurückgelegt werden kann oder wenn die Verwendung der erforderlichen Behelfe die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel in hohem Maße erschwert. Die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel ist auch dann nicht zumutbar, wenn sich die dauernde Gesundheitsschädigung auf die Möglichkeit des Ein- und Aussteigens und die sichere Beförderung in einem öffentlichen Verkehrsmittel unter Berücksichtigung der beim üblichen Betrieb dieser Verkehrsmittel gegebenen Bedingungen auswirkt. Zu prüfen ist die konkrete Fähigkeit öffentliche Verkehrsmittel zu benützen. Zu berücksichtigen sind insbesondere zu überwindende Niveauunterschiede beim Aus- und Einsteigen, Schwierigkeiten beim Stehen, bei der Sitzplatzsuche, bei notwendig werdender Fortbewegung im Verkehrsmittel während der Fahrt (VwGH 22.10.2002, Zl. 2001/11/0242; 14.05.2009, 2007/11/0080).
Betreffend das Kalkül "kurze Wegstrecke" wird angemerkt, dass der Verwaltungsgerichtshof von einer unter Zugrundelegung städtischer Verhältnisse durchschnittlich gegebenen Entfernung zum nächsten öffentlichen Verkehrsmittel von 300 - 400 m ausgeht (vgl. u.a. Ro 2014/11/0013 vom 27.05.2014, 2012/11/0186 vom 27.01.2015).
Ein solches Sachverständigengutachten muss sich mit der Frage befassen, ob der Antragsteller dauernd an seiner Gesundheit geschädigt ist und wie sich diese Gesundheitsschädigung nach ihrer Art und ihrer Schwere auf die Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel auswirkt (VwGH 20.03.2001, 2000/11/0321). Dabei ist auf die konkrete Fähigkeit des Beschwerdeführers zur Benützung öffentlicher Verkehrsmittel einzugehen, dies unter Berücksichtigung der hiebei zurückzulegenden größeren Entfernungen, der zu überwindenden Niveauunterschiede beim Aus- und Einsteigen, der Schwierigkeiten beim Stehen, bei der Sitzplatzsuche, bei notwendig werdender Fortbewegung im Verkehrsmittel während der Fahrt etc. (VwGH 22.10.2002, 2001/11/0242; VwGH 14.05.2009, 2007/11/0080).
Für die Berechtigung der zusätzlichen Eintragung in den Behindertenpass hinsichtlich der Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel kommt es entscheidend auf die Art und die Schwere der dauernden Gesundheitsschädigung und deren Auswirkungen auf die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel an, nicht aber auf andere Umstände, die die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel erschweren. Aus diesem Grund ist der Umstand betreffend die mangelnde Infrastruktur (Vorhandensein und Erreichbarkeit, Entfernung zum nächsten öffentlichen Verkehrsmittel, "Leben am Land") oder den Transport von schweren Gepäckstücken und das Tätigen von Einkäufen rechtlich nicht von Relevanz und kann daher bei der Beurteilung der Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel nicht berücksichtigt werden (VwGH vom 22.10.2002, 2001/11/0258).
Wie oben im Rahmen der Beweiswürdigung ausgeführt, wurde in dem vom Bundesverwaltungsgericht eingeholten, auf persönlicher Untersuchung der Beschwerdeführerin basierendem, Sachverständigengutachten nachvollziehbar verneint, dass im Fall der Beschwerdeführerin die Voraussetzungen für die Vornahme der Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung" in den Behindertenpass vorliegen.
Das vom Bundesverwaltungsgericht eingeholte Sachverständigengutachten eines Arztes für Innere Medizin vom 15.08.2018 aufgrund persönlicher Untersuchung am 07.08.2018 wird als nachvollziehbar, vollständig und schlüssig erachtet.
Die für die Vornahme der Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung" erforderlichen Voraussetzung erheblicher Einschränkungen der Funktionen der unteren Extremitäten, erheblicher Einschränkungen der körperlichen Belastbarkeit oder psychischer, neurologischer und intellektueller Fähigkeiten und Funktionen bzw. das Vorliegen einer schweren anhaltenden Erkrankungen des Immunsystems oder eine hochgradige Sehbehinderung sind bei der Beschwerdeführerin nicht erfüllt.
Es ist daher im Beschwerdefall zum aktuellen Entscheidungszeitpunkt davon auszugehen, dass die Voraussetzungen der Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung" in den Behindertenpass nicht vorliegen.
Im Übrigen ist darauf hinzuweisen, dass bei einer späteren Verschlechterung des Leidenszustandes die neuerliche Prüfung der Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel in Betracht kommt.
Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.
2. Zum Entfall einer mündlichen Verhandlung:
Das Verwaltungsgericht hat auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen.
Die Verhandlung kann entfallen, wenn
1. der das vorangegangene Verwaltungsverfahren einleitende Antrag der Partei oder die Beschwerde zurückzuweisen ist oder bereits auf Grund der Aktenlage feststeht, dass der mit Beschwerde angefochtene Bescheid aufzuheben, die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt oder die angefochtene Weisung für rechtswidrig zu erklären ist oder
2. die Säumnisbeschwerde zurückzuweisen oder abzuweisen ist.
Der Beschwerdeführer hat die Durchführung einer Verhandlung in der Beschwerde oder im Vorlageantrag zu beantragen. Den sonstigen Parteien ist Gelegenheit zu geben, binnen angemessener, zwei Wochen nicht übersteigender Frist einen Antrag auf Durchführung einer Verhandlung zu stellen. Ein Antrag auf Durchführung einer Verhandlung kann nur mit Zustimmung der anderen Parteien zurückgezogen werden. (§ 24 Abs. 3 VwGVG)
Soweit durch Bundes- oder Landesgesetz nicht anderes bestimmt ist, kann das Verwaltungsgericht ungeachtet eines Parteiantrags von einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und einem Entfall der Verhandlung weder Art. 6 Abs. 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, BGBl. Nr. 210/1958, noch Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union, ABl. Nr. C 83 vom 30.03.2010 S. 389 entgegenstehen. (§ 24 Abs. 4 VwGVG)
Das Verwaltungsgericht kann von der Durchführung (Fortsetzung) einer Verhandlung absehen, wenn die Parteien ausdrücklich darauf verzichten. Ein solcher Verzicht kann bis zum Beginn der (fortgesetzten) Verhandlung erklärt werden. (§ 24 Abs. 5 VwGVG)
In seinem Urteil vom 18. Juli 2013, Nr. 56.422/09 (Schädler-Eberle/Liechtenstein) hat der EGMR in Weiterführung seiner bisherigen Judikatur dargelegt, dass es Verfahren geben würde, in denen eine Verhandlung nicht geboten sei, etwa wenn keine Fragen der Beweiswürdigung auftreten würden oder die Tatsachenfeststellungen nicht bestritten seien, sodass eine Verhandlung nicht notwendig sei und das Gericht auf Grund des schriftlichen Vorbringens und der schriftlichen Unterlagen entscheiden könne (VwGH 03.10.2013, Zl. 2012/06/0221).
Maßgebend für die gegenständliche Entscheidung über das Vorliegen der Voraussetzungen für den beantragten Zusatzvermerk sind die Art, das Ausmaß und die Auswirkungen der festgestellten Funktionsbeeinträchtigungen auf die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel. Zur Klärung des Sachverhaltes wurde daher ein ärztliches Sachverständigengutachten eingeholt. Wie unter Punkt II.
2. bereits ausgeführt, wurde dieses als nachvollziehbar, vollständig und schlüssig erachtet.
Es wurden der Beschwerde keine Beweismittel beigelegt, welche mit der gutachterlichen Beurteilung der Funktionseinschränkungen nicht in Einklang stehen. Das Beschwerdevorbringen war - wie unter Punkt II. 2. bereits ausgeführt - nicht geeignet, relevante Bedenken an den sachverständigen Feststellungen und Beurteilungen hervorzurufen. Die Beschwerdeführerin wurde im verwaltungsgerichtlichen Verfahren persönlich untersucht. Die vorgebrachten Argumente und Beweismittel wurden im eingeholten Sachverständigengutachten berücksichtigt, soweit diese einschätzungsrelevante Aspekte enthalten bzw. noch aktuell sind und resultiert daraus keine geänderte Beurteilung. Das Vorbringen steht nicht im Widerspruch zum eingeholten Sachverständigenbeweis. Sohin ist der Sachverhalt geklärt und unbestritten. Daher konnte die Durchführung einer mündlichen Verhandlung unterbleiben.
Zu B) Unzulässigkeit der Revision Gemäß § 25a Abs. 1 des Verwaltungsgerichtshofgesetzes 1985 (VwGG) hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
Konkrete Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung sind weder in der gegenständlichen Beschwerde vorgebracht worden noch im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht hervorgekommen. Das Bundesverwaltungsgericht konnte sich bei allen erheblichen Rechtsfragen auf eine ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bzw. auf eine ohnehin klare Rechtslage zur Verordnung über die Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen stützen.
In den auf der Homepage des Bundesministeriums für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz veröffentlichten Erläuterungen zur Verordnung über die Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen BGBl. II 495/2013 wird ausgeführt, dass damit präzisere Kriterien für die Beurteilung der Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel festgelegt werden sollen. Die durch die Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes bisher entwickelten Grundsätze werden dabei berücksichtigt. Es war sohin keine - von der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes abweichende - Neuregelung beabsichtigt.
Vielmehr wird in den Erläuterungen ausdrücklich festgehalten, dass im Hinblick auf die ab 01.01.2014 eingerichtete zweistufige Verwaltungsgerichtsbarkeit, um Rechtssicherheit zu gewährleisten und die Einheitlichkeit der Vollziehung der im Behindertenpass möglichen Eintragungen sicherzustellen, die Voraussetzungen, die die Vornahme von Eintragungen im Behindertenpass rechtfertigen, in einer Verordnung geregelt werden sollen.
Es handelt sich um eine einzelfallbezogene Beurteilung, welche im Rahmen der von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätze vorgenommen wurde.
Schlagworte
Behindertenpass, Sachverständigengutachten, ZusatzeintragungEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2019:W162.2197009.1.00Zuletzt aktualisiert am
28.05.2019