TE Bvwg Erkenntnis 2019/3/27 G312 2208207-1

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Veröffentlicht am 27.03.2019
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Entscheidungsdatum

27.03.2019

Norm

AlVG §11
B-VG Art.133 Abs4
VwGVG §7 Abs4

Spruch

G312 2208207-1/4E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Manuela WILD als Vorsitzende sowie die fachkundigen Laienrichter Mag. Jutta STANGL und KommR Mag. Heinz ZAVECZ als Beisitzer über den Vorlageantrag des XXXX, SVNR: XXXX, vom 03.09.2018 gegen den Beschwerdevorentscheidung der regionalen Geschäftsstelle XXXX des Arbeitsmarktservice vom 01.10.2018, GZ: XXXX, zu Recht erkannt:

A)

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

BEGRÜNDUNG:

I. Verfahrensgang:

1. Mit Bescheid der regionalen Geschäftsstelle XXXX des Arbeitsmarktservice (im Folgenden: belangte Behörde) vom 19.01.2018 wurde ausgesprochen, dass der Bezug des Arbeitslosengeldes für den Zeitraum vom 15.01.2018 bis 09.02.2018 des XXXX (im Folgenden: Beschwerdeführer oder kurz BF) gemäß § 11 AlVG 1977 gesperrt ist.

Begründend führte die belangte Behörde im Wesentlichen aus, dass das Dienstverhältnis des BF bei XXXX durch fristlose Entlassung geendet habe.

2. Gegen den oben genannten Bescheid richtete sich die - stark verspätet - eingebrachte Beschwerde vom 03.09.2018, eingelangt am 03.09.2018 per E-Mail bei der belangten Behörde. Der BF führte im Wesentlichen aus, dass er von 2001 bis 2018 bei XXXX beschäftigt gewesen sei und diese Tätigkeit bis zu seiner Pensionierung ausüben hätte wollen. Der Grund für die fristlose Entlassung sei gewesen, dass sie (die Werkstatt) die Konsumationschips für den Hausautomaten mit Guthaben aufgeladen hätten und so diverse Snacks und Getränke gratis konsumiert hätten. Sie hätten den Schaden beim Chef wieder gutmachen wollen und hätten sich bei ihm entschuldigt. Sie seien drei langjährige Mitarbeiter gewesen, alle drei seien fristlos gekündigt worden. Er sei ihm nicht gut gegangen, daher habe er damals keine Beschwerde eingereicht.

3. Mit Bescheid vom 01.10.2018 wurde die Beschwerde gemäß § 14 VwGVG iVm § 56 AlVG (im Rahmen einer Beschwerdevorentscheidung) als verspätet eingebracht zurückgewiesen und damit begründet, dass gegen den Bescheid binnen vier Wochen Beschwerde eingereicht werden könne. Der BF habe seine Beschwerde erst am 03.09.2018 eingebracht und daher sei diese als verspätet zurückzuweisen gewesen.

4. Mit Email vom 04.10.2018 beantragte der BF die Vorlage an das Bundesverwaltungsgericht.

5. Der verfahrensgegenständliche Vorlageantrag wurde samt Beschwerde und maßgeblichen Verwaltungsakt von der belangten Behörde am 18.10.2018 dem Bundesverwaltungsgericht vorgelegt und der Gerichtsabteilung G312 zugewiesen.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

1.1. Der BF stand ab 10.02.2018 (bis 06.08.2018) im Bezug von Arbeitslosengeld in der Höhe von € 40,56 täglich.

Das letzte länger andauernde Beschäftigungsverhältnis bei XXXX endete am 12.01.2018 durch fristlose Entlassung.

1.2. Der BF erklärte am 16.01.2018 zu den Gründen für die fristlose Entlassung niederschriftlich, dass der Grund dafür unüberbrückbare Differenzen mit dem Chef gewesen seien. Näheres möchte er dazu nicht angeben. Er akzeptiere die Sperre des Arbeitslosengeldes.

1.3. Dem BF wurde der Bescheid unter Einrechnung eines dreitägigen Postweges spätestens am 23.01.2018 zugestellt.

Die Rechtsmittelfrist endete somit am 20.02.2018.

1.4. Der BF hat am 03.09.2018 seine Beschwerde bei der belangten Behörde eingebracht und begründete die Verspätung damit, dass er nach der fristlosen Entlassung in keiner guten Verfassung gewesen sei.

2. Beweiswürdigung:

Die oben getroffenen Feststellungen resultieren aus dem unzweifelhaften und unbestrittenen Akteninhalt des vorgelegten Verwaltungsaktes der belangten Behörde und des vorliegenden Gerichtsaktes des Bundesverwaltungsgerichtes.

3. Rechtliche Beurteilung:

3.1. Zu Spruchteil A):

3.2. Gemäß § 7 Abs. 4 VwGVG beträgt die Frist zur Erhebung einer Beschwerde gegen den Bescheid einer Behörde gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG, gegen Weisungen gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 4 B-VG oder wegen Rechtswidrigkeit des Verhaltens einer Behörde in Vollziehung der Gesetze gemäß Art. 130 Abs. 2 Z 1 B-VG vier Wochen. Die Frist zur Erhebung einer Beschwerde gegen die Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 2 B-VG beträgt sechs Wochen. Sie beginnt nach Z 1 in den Fällen des Art. 132 Abs. 1 Z 1 B-VG dann, wenn der Bescheid dem Beschwerdeführer zugestellt wurde, mit dem Tag der Zustellung, wenn der Bescheid dem Beschwerdeführer nur mündlich verkündet wurde, mit dem Tag der Verkündung.

Gemäß § 32 Abs. 1 AVG wird bei der Berechnung von Fristen, die nach Tagen bestimmt sind, der Tag nicht mitgerechnet, in den der Zeitpunkt oder das Ereignis fällt, wonach sich der Anfang der Fist richten soll.

Der Beginn von Fristen, die nach Wochen, Monaten oder Jahren (nach "Kalenderzeiträumen") bemessen sind, hat weder im AVG noch im FristenÜb eine ausdrückliche Regelung erfahren. Aus dem AVG geht aber doch hervor, dass auch solche Fristen an dem Tag beginnen, auf den das fristauslösende Ereignis (z.B. die Zustellung des Bescheides (vgl. § 63 Abs. 5 AVG) oder das Einlangen des Antrages fällt (vgl. VwGH vom 17.01.1990, Zl. 89/03/0003; 22.05.1990, Zl. 90/11/0089; Hellbling 217; Hengstschläger RZ 250; Mannlicher/Quell AVG § 32 Anm. 3; Thienel/Schulev-Steindl 141; Walter/Kolonovits/Muzak/Stöger RZ 234; ferner etwa auch VwGH vom 10.09.1998, Zl. 98/20/0347; Art 3 Abs. 1 FristenÜb: "dies a quo"). Dies wird von § 32 Abs. 1 AVG nämlich offenkundig vorausgesetzt und daher darin angeordnet, dass dieser Tag bei einer nach Tagen bestimmten Frist nicht mitzuzählen ist. Dementsprechend hat der VwGH ausgesprochen, dass sich aus dem Zusammenhalt von § 32 Abs. 2 AVG und Art 3 Abs. 1 FristenÜb ergibt, "dass nach Wochen, Monaten oder Jahren bestimmte Fristen an dem Tag, und zwar um 24:00 Uhr dieses Tages, zu laufen beginnen, an dem das den Fristenlauf bestimmende Ereignis stattgefunden hat (VwGH vom 17.01.1990, Zl. 89/03/0003 vgl. dazu Hengstschläger/Leeb, AVG I, 2. Ausgabe 2014, § 32 AVG, RZ 12).

Gemäß § 32 Abs. 2 AVG enden nach Wochen, Monaten oder Jahren bestimmte Fristen mit dem Ablauf desjenigen Tages der letzten Woche oder des letzten Monats, der durch seine Benennung oder Zahl dem Tag entspricht, an dem die Frist begonnen hat. Fehlt dieser Tag im letzten Monat, so endet die Frist mit Ablauf des letzten Tages dieses Monats. Gemäß § 33 Abs. 1 AVG werden Beginn und Lauf einer Frist durch Samstage, Sonntage oder gesetzliche Feiertage nicht behindert. Nach Abs. 2 ist, wenn das Ende einer Frist auf einen Samstag, Sonntag, gesetzlichen Feiertag, Karfreitag oder 24. Dezember fällt, der nächste Tag, der nicht einer der vorgenannten Tage ist, als letzter Tag der Frist anzusehen. Gemäß Abs. 3 werden die Tage von der Übergabe an einen Zustelldienst im Sinne des § 2 Z 7 des Zustellgesetzes zur Übermittlung an die Behörde bis zum Einlangen bei dieser (Postlauf) in die Frist nicht eingerechnet.

Eine nach Wochen bestimmt Frist endet demnach um Mitternacht (24:00 Uhr) des gleich bezeichneten Tages der letzten Woche der Frist (VwGH vom 18.10.1996, Zl. 96/09/0153).

3.3. Für den gegenständlichen Fall bedeutet dies, dass der Bescheid der belangten Behörde vom 19.01.2018 am 23.01.2016 mit Postzusendung (unter Einrechnung des Postweges) zugestellt worden ist und die Frist zur Einbringung einer Beschwerde an diesem Tag zu laufen begonnen hat.

Der letzte Tag der Einbringung der Beschwerde wäre der 20.02.2018 gewesen. Diese Frist ist nicht erstreckbar.

Der BF hat jedoch erst am 03.09.2018 eine Beschwerde gegen den Bescheid eingebracht und damit begründet, dass er nach der fristlosen Entlassung in keiner guten Verfassung gewesen sei. Die am 03.09.2018 per Email bei der belangten Behörde eingebrachte Beschwerde erweist sich als verspätet.

Eine Rechtsmittelfrist stellt eine nicht erstreckbare Frist dar, daher können die vom BF vorgebrachten Gründe für die Verspätung keine Berücksichtigung finden.

Die Entscheidung der belangten Behörde erging somit zu Recht und es war spruchgemäß zu entscheiden.

4. Entfall einer mündlichen Verhandlung:

Gemäß § 24 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen. Gemäß Abs. 3 hat der Beschwerdeführer die Durchführung einer Verhandlung in der Beschwerde oder im Vorlageantrag zu beantragen. Den sonstigen Parteien ist Gelegenheit zu geben, binnen angemessener, zwei Wochen nicht übersteigender Frist einen Antrag auf Durchführung einer Verhandlung zu stellen. Ein Antrag auf Durchführung einer Verhandlung kann nur mit Zustimmung der anderen Parteien zurückgezogen werden.

Gemäß Abs. 4 kann, soweit durch Bundes- oder Landesgesetz nicht anderes bestimmt ist, das Verwaltungsgericht ungeachtet eines Parteiantrages von einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und einem Entfall der Verhandlung weder Art. 6 Abs. 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, BGBl. Nr. 210/1958, noch Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union, ABl. Nr. C 83 vom 30.03.2010 S. 389 entgegenstehen.

Im gegenständlichen Fall wurde die Durchführung einer mündlichen Verhandlung durch den BF nicht beantragt, zudem ist dem angefochtenen Bescheid ein umfassendes Ermittlungsverfahren durch die belangte Behörde vorangegangen und wurde den Grundsätzen der Amtswegigkeit, der freien Beweiswürdigung, der Erforschung der materiellen Wahrheit und des Parteiengehörs entsprochen. Die belangte Behörde ist ihrer Ermittlungspflicht durch detaillierte Recherche nachgekommen. Der Sachverhalt wurde nach Durchführung eines ordnungsgemäßen Ermittlungsverfahrens unter schlüssiger Beweiswürdigung festgestellt. Der für diesen Fall maßgebliche Sachverhalt konnte als durch die Aktenlage somit als hinreichend geklärt erachtet werden, wodurch die Durchführung einer Verhandlung entfallen kann.

In der Beschwerde wurden keine noch zu klärenden Tatsachenfragen in konkreter und substantiierter Weise aufgeworfen und war gegenständlich auch keine komplexe Rechtsfrage zu lösen. Dem Absehen von der Verhandlung stehen hier auch Art 6 Abs. 1 EMRK und Art 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union nicht entgegen.

Zu Spruchteil B): Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG im vorliegenden Fall nicht zulässig weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, abhängt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht aus uneinheitlich zu beurteilen und es liegen auch keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Schlagworte

Rechtsmittelfrist, Verspätung, Zurückweisung, Zustellung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2019:G312.2208207.1.00

Zuletzt aktualisiert am

28.05.2019
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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