TE Vwgh Beschluss 2019/3/27 Ra 2019/10/0018

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Veröffentlicht am 27.03.2019
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Index

10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG)
10/07 Verwaltungsgerichtshof
40/01 Verwaltungsverfahren

Norm

AVG §53 Abs1
AVG §7 Abs1
B-VG Art133 Abs4
VwGG §34 Abs1

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Stöberl sowie die Hofräte Dr. Lukasser und Dr. Hofbauer als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Bleiweiss, über die Revision des D N in O, vertreten durch die Rechtsanwälte Steflitsch OG in 7400 Oberwart, Hauptplatz 14, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Burgenland vom 17. Dezember 2018, Zl. E 007/02/2017.003/042, betreffend Versagung einer Rodungsbewilligung (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bezirkshauptmannschaft Oberwart), den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1 1. Mit dem angefochtenen Erkenntnis vom 17. Dezember 2018 wies das Landesverwaltungsgericht Burgenland - im Beschwerdeverfahren - einen Antrag des Revisionswerbers vom 9. Februar 2017 auf Erteilung einer Rodungsbewilligung für zwei Grundstücke im Ausmaß von ca. 21.000 m2 bzw. ca. 29.000 m2 gemäß § 17 Forstgesetz 1975 (ForstG) ab.

2 Begründend führte das Verwaltungsgericht im Wesentlichen aus, die Waldeigenschaft der zur Rodung beantragten Grundflächen der Grundstücke Nr. 466 und 447, KG T., sei unstrittig. Der Revisionswerber habe als Rodungszweck die Errichtung einer Weidefläche geltend gemacht. Nach einer mit dem Antrag vorgelegten Stellungnahme des landwirtschaftlichen Bezirksreferates O. benötige der Revisionswerber die Weidefläche für die Haltung von Bioputen.

3 Im verwaltungsgerichtlichen Verfahren sei der Revisionswerber aufgefordert worden, zu seinen "spärlichen" Angaben in den Projektunterlagen nähere Angaben über die beabsichtigte Putenhaltung auf den gegenständlichen Grundstücken (u.a. auch über die Anzahl der Puten) zu machen. Schließlich habe der Revisionswerber die Zahl der Puten mit 1.000 bis 1.500 beziffert und weiters angegeben, er habe seinen Bioputenbetrieb als Familienbetrieb für künftige Generationen zunächst auf seine Frau und seine Tochter aufgeteilt und zur Existenzsicherung "für künftige Eigentümergenerationen beschlossen", den Familienbetrieb um die Rodungsflächen zu vergrößern. Derartige große geschlossene Flächen seien in noch wirtschaftlicher Nähe des Hofes sehr selten zu bekommen. Noch dazu seien auf den gegenständlichen Flächen vier alte Industriegebäude erhalten, welche Wasser- und Stromanschluss aufwiesen.

4 Nach den Schlussfolgerungen des forsttechnischen Sachverständigen - so das Verwaltungsgericht weiter - wiesen die zur Rodung beantragten Grundflächen ein unregelmäßiges Relief auf und seien von Mulden, Gräben und auch steileren Geländeabbrüchen durchzogen. Aufgrund der damit verbundenen Rutschungstendenzen komme dem Wald mittlere Schutzfunktion zu.

5 Rechtlich ging das Verwaltungsgericht im Wesentlichen davon aus, es lägen keine öffentlichen Interessen vor, welche eine Rodung rechtfertigten, sodass eine Interessenabwägung nach § 17 Abs. 3 ForstG entbehrlich sei (Hinweis auf VwGH 11.12.2009, 2008/10/0063).

6 Zunächst führte das Verwaltungsgericht zu einem entsprechenden Vorbringen des Revisionswerbers aus, dem Amtssachverständigen könne nicht deswegen der Vorwurf einer Befangenheit gemacht werden, weil er in seinem Gutachten auf andere - ihm offensichtlich aus anderen Verfahren bekannte - dem Revisionswerber zur Verfügung stehende Flächen hinweise.

Vorliegend habe der Revisionswerber als für die beantragte Rodung sprechendes öffentliches Interesse eine Agrarstrukturverbesserung geltend gemacht.

7 Nach ständiger Rechtsprechung sei ein in der Agrarstrukturverbesserung begründetes öffentliches Interesse an einer anderen Verwendung der zur Rodung beantragten Fläche dann zu bejahen, wenn die Rodung eine Maßnahme darstelle, die für die Bewirtschaftung eines landwirtschaftlichen Betriebes unter dem Gesichtspunkt der Existenzsicherung dieses Betriebes oder dem gleichermaßen bedeutsamen Blickwinkel der Erfordernisse eines zeitgemäßen Wirtschaftsbetriebes notwendig sei. Rein privatrechtliche Nützlichkeits- oder Zweckmäßigkeitserwägungen reichten zur Begründung eines öffentlichen Interesses an einer anderweitigen Verwendung von Waldboden unter dem Gesichtspunkt der Agrarstrukturverbesserung nicht aus.

8 Der vom Revisionswerber angeführte Rodungszweck, nämlich die Vergrößerung des bereits bestehenden Bioputenbetriebes, sei bloß unter privatrechtliche Nützlichkeits- oder Zweckmäßigkeitserwägungen zu subsumieren. Der weiters genannte Zweck, aufgrund der Schwarzkopfkrankheit (welche die Tiere des Revisionswerbers befallen habe) sei aus tiermedizinischer Sicht ein Weidewechsel erforderlich, sei zwar grundsätzlich geeignet, eine Maßnahme zur Agrarstrukturverbesserung darzustellen; der Revisionswerber habe allerdings - trotz entsprechender Aufforderung durch das Verwaltungsgericht - sein Projekt in dieser Hinsicht nicht hinsichtlich möglicher Unterstände und der Wasserversorgung ausreichend konkretisiert.

9 Mangels Vorliegen eines öffentlichen Interesses, welches eine Rodung rechtfertige, bedürfe es keiner Feststellung, welches Ausmaß das öffentliche Interesse an der Walderhaltung aufweise (wiederum Hinweis auf VwGH 2008/10/0063).

10 2. Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

11 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.

12 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

13 3.1. Die Zulässigkeitsausführungen der vorliegenden außerordentlichen Revision machen zunächst als Begründungsmangel geltend, das angefochtene Erkenntnis enthalte keine Tatsachenfeststellungen, die eine rechtliche Beurteilung des besonderen öffentlichen Interesses (an der Walderhaltung) nach § 17 Abs. 2 ForstG ermöglichten.

14 Dazu ist festzuhalten, dass das Verwaltungsgericht - erkennbar - aufgrund der vom forsttechnischen Sachverständigen festgestellten Rutschungstendenzen auf den betroffenen Flächen von einer mittleren Schutzfunktion der gegenständlichen Waldflächen ausgegangen ist (vgl. S. 20 des angefochtenen Erkenntnisses). Vor diesem Hintergrund begegnet die dem angefochtenen Erkenntnis zugrunde liegende Auffassung, wegen eines besonderen öffentlichen Interesses an der Erhaltung des Waldes (mit Blick auf dessen mittlere Schutzfunktion) lägen die Voraussetzungen des § 17 Abs. 2 ForstG nicht vor und es könne eine Rodung daher nur gemäß § 17 Abs. 3 ForstG bewilligt werden (vgl. neben dem vom Verwaltungsgericht zitierten Erkenntnis 2008/10/0063 beispielsweise VwGH 24.2.2011, 2009/10/0113), keinen Bedenken.

15 3.2. Wenn der Revisionswerber im Weiteren auf das von ihm geltend gemachte öffentliche Interesse an der beantragten Rodung, welches in einer Agrarstrukturverbesserung liege, zurückkommt, bleibt er - wie schon im verwaltungsgerichtlichen Verfahren - ein Vorbringen schuldig, weshalb die Rodung eine Maßnahme darstelle, die für die Bewirtschaftung eines landwirtschaftlichen Betriebes unter dem Gesichtspunkt der Existenzsicherung dieses Betriebes oder dem gleichermaßen bedeutsamen Blickwinkel der Erfordernisse eines zeitgemäßen Wirtschaftsbetriebes notwendig sei (vgl. etwa VwGH 9.11.2016, Ro 2014/10/0043, mwN). Die vom Revisionswerber bekundete Absicht, den Familienbetrieb zur Existenzsicherung für künftige Eigentümergenerationen zu vergrößern, reicht dazu nicht aus.

16 Daran vermag im Übrigen auch die vom Revisionswerber zitierte hg. Rechtsprechung zu dem im Siedlungswesen begründeten öffentlichen Interesse im Sinn des § 17 Abs. 4 ForstG (etwa VwGH 2.10.2007, 2006/10/0175) nichts zu ändern; im Übrigen entbindet nach dieser Judikatur auch eine Widmung eines Waldgrundstücks als "Bauland" nicht von einer forstrechtlichen Beurteilung nach den Bestimmungen des § 17 ForstG.

17 3.3. Im Weiteren wiederholen die Zulässigkeitsausführungen den Vorwurf, der Amtssachverständige für Landwirtschaft sei befangen, führen dazu allerdings lediglich aus, dieser habe behauptet, dem Revisionswerber stünden für sein Projekt andere Flächen als die zur Rodung beantragten Waldflächen zur Verfügung.

18 Wenn das Verwaltungsgericht eine derartige Äußerung des Amtssachverständigen nicht zum Anlass genommen hat, an dessen Unvoreingenommenheit und objektiver Einstellung zu zweifeln (vgl. etwa die bei Hengstschläger/Leeb, AVG2, Rz 14 zu § 7, zitierte Rechtsprechung), so kann dem nicht entgegengetreten werden. Im Übrigen könnte nach der hg. Rechtsprechung selbst ein tatsächlich bestehender Mangel an Einsicht oder Fachkunde des Amtssachverständigen nicht als Befangenheit gewertet werden (vgl. etwa die Nachweise bei Hengstschläger/Leeb, AVG, Rz 7 zu § 53).

19 4. Die Revision war daher zurückzuweisen.

Wien, am 27. März 2019

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2019:RA2019100018.L00

Im RIS seit

27.06.2019

Zuletzt aktualisiert am

08.07.2019
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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