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L66503 Flurverfassung Zusammenlegung landw GrundstückeNorm
FlVfGG §1 Abs1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Fürnsinn und die Hofräte Dr. Hargassner, Dr. Bumberger, Dr. Pallitsch und Dr. Beck als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Hofmann, über die Beschwerde 1) des Mag. LL und 2) des Dr. KL, beide in Wien und beide vertreten durch Dr. Marlene Klein, Rechtsanwalt in Wien X, Quellenstraße 125/1/6, gegen den Bescheid des Landesagrarsenates beim Amt der Niederösterreichischen Landesregierung vom 13. Mai 1997, Zl. LF6-F-129, betreffend Einleitung des Flurbereinigungsverfahrens, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Begründung
Wie den Beschwerdeschriften und der ihnen angeschlossenen Ausfertigung des angefochtenen Bescheides entnommen werden kann, wurde mit dem angefochtenen Bescheid im Instanzenzug für zahlreiche Grundstücke der Katastralgemeinde A. das Flurbereinigungsverfahren eingeleitet, wobei verschiedene Eigentumsbeschränkungen angeordnet wurden. In der Begründung des angefochtenen Bescheides wies die belangte Behörde darauf hin, dass die auf der Grundlage des § 113 Abs. 1 des NÖ Flurverfassungs-Landesgesetzes 1975 (FLG), LGBl. 6650-4, verfügten Eigentumsbeschränkungen lediglich temporärer Natur seien und einer ordnungsgemäßen Abwicklung des Flurbereinigungsverfahrens dienten. Dass die Voraussetzungen für die Einleitung eines Flurbereinigungsverfahrens nicht vorlägen, treffe nicht zu. Im Erhebungsbericht des landwirtschaftlichen Sachverständigen seien die im Gebiet vorliegenden Agrarstrukturmängel ausführlich aufgezeigt worden. So hätten etwa die Beschwerdeführer, verstreut über das gesamte Flurbereinigungsgebiet, zehn Bewirtschaftungskomplexe in das Flurbereinigungsverfahren eingebracht, von welchen kein einziger eine optimale Bewirtschaftungsgröße oder Bewirtschaftungsform aufweise, wobei im besonderen die unregelmäßig geformten Vielecke dieser im Näheren beispielsweise genannten Grundstücke zu nennen seien. Auch alle anderen Besitzkomplexe und Einzelgrundstücke wiesen gebrochene, nicht parallele Grenzen sowie teilweise ungünstige Längen/Breitenverhältnisse und zu geringe Größen auf. Dies führe zu erhöhtem Arbeitszeitbedarf, erhöhten Maschinenkosten und erhöhtem Betriebsmitteleinsatz in einer im Erhebungsbericht näher genannten Weise. Die vielfach nicht mögliche maschinelle Bewirtschaftung im linearparallelen Verfahren bedinge durch Überlappungen und Überschneidungen bei der Bearbeitung ebenso einen Mehraufwand an Zeit, Maschinenstunden und Betriebsmitteln. Im Flurbereinigungsverfahren könnten der Grad der Zersplitterung, die ungünstigen Grundstücksformen und die nicht ökonomischen Grundstücksgrößen weitestgehend beseitigt werden. Einen weiteren Mangel der Agrarstruktur stelle das Fehlen von Anschlüssen an das öffentliche Wegenetz bei zahlreichen Grundstücken dar; so seien näher genannte Besitzkomplexe derzeit bestenfalls durch privatrechtliche Vereinbarungen erreichbar. Für eine zeitgemäße ordnungsgemäße Bewirtschaftung sei aber ein zweckmäßig ausgebautes Wegenetz erforderlich, weil andernfalls Teile von Grundstücken der landwirtschaftlichen Produktion entzogen wären. Willkür bei der Gestaltung des Wegenetzes sei nicht zu besorgen, weil nur solche Wege errichtet werden dürften, die einer ordnungsgemäßen Erschließung der Grundabfindungen dienten und damit im Gesetz Deckung fänden. Der Plan der gemeinsamen Maßnahmen und Anlagen sei von der Agrarbehörde zu erlassen, wobei der Flurbereinigungsgemeinschaft nur ein Mitsprache-, aber kein Entscheidungsrecht zukomme. Die Einhaltung der gesetzlichen Bestimmungen sei damit gewährleistet und eine Verschwendung finanzieller Mittel verhindert. Insgesamt lägen die Voraussetzungen für die Durchführung eines Flurbereinigungsverfahrens in geradezu klassischer Form vor. Unter Zugrundelegung des erstinstanzlich angenommenen Deckungsbeitrages von S 1.500,--/ha und Jahr und geschätzter Kosten von S 1.500,--/ha für Vermessungs- und Vermarkungsarbeiten sowie von S 500,--/ha für Rekultivierung und den von der Ausbauart der Wege abhängigen Kosten für gemeinsamen Anlagen sei offenkundig, dass der zu erwartende Erfolg sehr wohl dem Aufwand an Arbeit und Kosten entspreche.
Die gegen diesen Bescheid von den Beschwerdeführern an den Verfassungsgerichtshof gerichtete Beschwerde wurde von diesem mit Beschluss vom 9. Juni 1998, B 735/98, nach Ablehnung ihrer Behandlung dem Verwaltungsgerichtshof gemäß Art. 144 Abs. 3 B-VG zur Entscheidung abgetreten.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Ein Flurbereinigungsverfahren, auf welches gemäß § 41 FLG die Bestimmungen für die Zusammenlegung mit den dort angeführten Änderungen sinngemäß anzuwenden sind, kann an Stelle eines Zusammenlegungsverfahrens gemäß § 40 FLG durchgeführt werden, wenn dadurch u.a. die Besitz-, Benützungs- oder Bewirtschaftungsverhältnisse in einem kleineren Gebiet oder bei einer kleineren Anzahl land- oder forstwirtschaftlicher Betriebe oder lediglich durch einzelne Maßnahmen verbessert oder neu gestaltet werden. Wie das Zusammenlegungsverfahren dient auch das Flurbereinigungsverfahren der Verbesserung oder Neugestaltung der Besitz-, Benützungs- und Bewirtschaftungsverhältnisse im ländlichen Lebens- und Wirtschaftsraum durch Neueinteilung und Erschließung des land- und forstwirtschaftlichen Grundbesitzes sowie Ordnung der rechtlichen und wirtschaftlichen Grundlagen der land- und forstwirtschaftlichen Betriebe nach zeitgemäßen volks- und betriebswirtschaftlichen Gesichtspunkten im Interesse der Schaffung und Erhaltung einer leistungsfähigen Landwirtschaft (§ 1 Abs. 1 i. V.m. § 41 FLG). Zur Erreichung dieser Ziele sind auch im Flurbereinigungsverfahren die Nachteile abzuwenden, zu mildern oder zu beheben, die u.a. durch Mängel der Agrarstruktur (wie z. B. zersplitteter Grundbesitz, ganz oder teilweise eingeschlossene Grundstücke, ungünstige Grundstücksformen, unwirtschaftliche Betriebsgrößen, beengte Orts- oder Hoflage, unzulängliche Verkehrserschließung, ungünstige Geländeform, ungünstige Wasserverhältnisse) verursacht werden (§ 1 Abs. 2 Z. 1 i.V.m. § 41 FLG). Vor Einleitung eines Flurbereinigungsverfahrens hat die Behörde Erhebungen darüber durchzuführen, in welchem Umfang u.a. die oben beschriebenen Nachteile in dem in Aussicht genommenen Gebiet vorhanden sind und welche Maßnahmen voraussichtlich auszuführen sind (§ 3 i.V.m. § 41 FLG). Das Flurbereinigungsverfahren ist von Amts wegen mit Bescheid einzuleiten, wenn die Erreichbarkeit der Ziele gemäß § 1 gegeben ist und der zu erwartende Erfolg dem Aufwand an Arbeit und Kosten voraussichtlich entspricht (§ 41 Z. 1 i.V.m. § 3 Abs. 2 FLG).
Die Beschwerdeführer sehen den angefochtenen Bescheid deswegen als rechtswidrig an, weil die belangte Behörde den gesamten Aufwand an Arbeit und Kosten, der mit der Kommassierung verbunden sei, nicht berücksichtigt habe. Die Kosten für die Neuanlage des Wegenetzes habe die belangte Behörde entweder verfehlterweise dem Deckungsbeitrag von S 1.500,--/ha und Jahr unterstellt oder ebenso verfehlterweise überhaupt außer Ansatz gelassen. Diese Kosten hätten aber dem gesamten Aufwand an Arbeit und Kosten, der dem Erfolg gegenüber zu stellen sei, hinzugerechnet werden müssen. Insoweit die belangte Behörde die Kosten für die Anlage des Wegenetzes dem Deckungsbeitrag unterstellt habe, sei ihr eine Aktenwidrigkeit vorzuwerfen, als ergänzungsbedürftig erweise sich der Sachverhalt auch insofern, als zu den Kosten der Neuanlage des Wegenetzes auch noch jene der künftigen Erhaltung dieses Wegenetzes zu ermitteln gewesen wären. Es fehle damit an der für die Verfahrenseinleitung entscheidenden Ermittlung der Faktoren Erfolg und Aufwand an Arbeit und Kosten, weshalb der angefochtene Bescheid unter beiden der geltend gemachten Aufhebungsgründe als rechtswidrig beurteilt werden müsse.
Dieses Vorbringen ist nicht geeignet, der Beschwerde zu einem Erfolg zu verhelfen, weil aus der Bestimmung des § 3 Abs. 2 FLG subjektiv-öffentliche Rechte eines Eigentümers einer in das Flurbereinigungsverfahren eingezogenen Liegenschaft nicht abgeleitet werden können. Dass ein Verfahren nur dann eingeleitet werden darf, wenn die Erreichbarkeit der Kommassierungsziele gegeben ist und der zu erwartende Erfolg dem Aufwand an Arbeit und Kosten voraussichtlich entspricht, ist eine Vorschrift, welche der Agrarbehörde im Interesse der Verwaltungsökonomie eine Abwägung der
für und gegen die Einleitung eines Kommassierungsverfahrens sprechenden Faktoren im Sinne einer überschlägigen Gegenüberstellung von Aufwand und Erfolg auferlegt. Dass eine Verfahrenspartei aber aus dieser Vorschrift eine Rechtswidrigkeit des Einleitungsbescheides für sich nicht ableiten kann, ergibt sich zwangsläufig schon aus der Unquantifizierbarkeit des Kommassierungserfolges, der in § 1 Abs. 1 und 2 FLG durch die Erreichbarkeit von Zielen, insbesondere gerade auch einer Beseitigung von Mängeln der Agrarstruktur, mit Worten beschrieben ist, die es schlechthin nicht zulassen, den anzustrebenden Erfolg in Zahlen auszudrücken. Lässt sich der Erfolg im Sinne des § 3 Abs. 2 FLG aber in Zahlen nicht ausdrücken, dann nimmt dies einer Verfahrenspartei die Möglichkeit, die einer Bezifferung demgegenüber eher zugänglichen Aufwandsseite zum Anlass dafür zu nehmen, die von der Behörde nach § 3 Abs. 2 FLG vorgenommene Abwägung als rechtswidrig darzustellen.
Im Recht auf Unterbleiben der Einleitung des Flurbereinigungsverfahrens unter Einbeziehung in ihrem Eigentum stehender Grundstücke wurden die Beschwerdeführer durch den angefochtenen Bescheid damit nicht deswegen verletzt, weil die belangte Behörde den Aufwand an Arbeit und Kosten gegebenenfalls unvollständig eingeschätzt hätte.
Da der Inhalt der Beschwerde somit schon erkennen ließ, dass die von den Beschwerdeführern behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde
gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.
Wien, am 11. März 1999
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1999:1998070133.X00Im RIS seit
21.02.2002