TE Vwgh Beschluss 2019/3/28 Ra 2018/14/0167

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Veröffentlicht am 28.03.2019
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Index

10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG)
10/07 Verwaltungsgerichtshof
40/01 Verwaltungsverfahren
41/02 Asylrecht
41/02 Passrecht Fremdenrecht

Norm

AsylG 2005 §12a Abs2
AsylG 2005 §22 Abs10
AVG §68 Abs1
BFA-VG 2014 §22
B-VG Art133 Abs4
VwGG §28 Abs3
VwGG §34 Abs1

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Präsident Dr. Thienel, den Hofrat Mag. Eder und die Hofrätin Dr.in Lachmayer als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Schweinzer, in der Rechtssache der Revision des X Y in Z, vertreten durch Dr. Stephan Foglar-Deinhardstein, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Stubenring 18, gegen den Beschluss des Bundesverwaltungsgerichts vom 24. August 2018, Zl. W166 2172365- 2/4E, betreffend Feststellung der Rechtmäßigkeit der Aufhebung des faktischen Abschiebeschutzes nach dem AsylG 2005 (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl), den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1 Der Revisionswerber, ein Staatsangehöriger Afghanistans, stellte erstmals am 6. September 2017 einen Antrag auf internationalen Schutz nach dem Asylgesetz 2005 (AsylG 2005). Als Fluchtgrund gab er an, seine Familie sei mit ihm, als er ein Jahr alt gewesen sei, von Afghanistan in den Iran geflohen. Dort habe er später Alkohol konsumiert und sei deshalb in Haft gewesen. Da im Iran Alkoholkonsum verboten sei und unter Todesstrafe gestellt werde, habe er den Iran verlassen.

Diesem Antrag wurde im April 2018 im Instanzenzug keine Folge gegeben und gegen ihn eine Rückkehrentscheidung nach dem Fremdenpolizeigesetz 2005 erlassen.

2 Aus dem Stande der Schubhaft stellte der Revisionswerber am 16. August 2018 den gegenständlichen weiteren Antrag auf internationalen Schutz, den er im Wesentlichen damit begründete, dass er seine Religion gewechselt habe und nun Christ sei. Sein Schwager sei nach Kabul abgeschoben worden und man würde ihn suchen, weil er Alkohol trinke, westlich orientiert und konvertiert sei.

3 Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl hob - nach Einvernahme des Revisionswerbers - mit am 21. August 2018 mündlich verkündetem Bescheid gemäß § 12a Abs. 2 AsylG 2005 den faktischen Abschiebeschutz auf. Die Behörde begründete dies im Wesentlichen damit, dass der entscheidungswesentliche Sachverhalt unverändert sei und entschiedene Sache im Sinne des § 68 Abs. 1 AVG vorliege.

4 Mit dem in Revision gezogenen Beschluss erklärte das Bundesverwaltungsgericht (BVwG) die Aufhebung des faktischen Abschiebeschutzes gestützt auf § 12a Abs. 2 und § 22 Abs. 10 AsylG 2005 in Verbindung mit § 22 BFA-Verfahrensgesetz (BFA-VG) für rechtmäßig. Unter einem sprach es aus, dass die Erhebung einer Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig sei.

Dies wurde im Wesentlichen damit begründet, dass das Vorbringen, sich für den christlichen Glauben zu interessieren bzw. konvertieren zu wollen, aus näher dargelegten Gründen nicht überzeugend und keine entscheidungswesentliche Änderung des maßgeblichen Sachverhalts im Vergleich zum Vorverfahren hervorgetreten sei. Auch seien im Verfahren keine Umstände aufgezeigt worden oder zu Tage getreten, dass zwischenzeitig - seit der rechtskräftigen Erlassung der Rückkehrentscheidung - der Revisionswerber einer außergewöhnlichen Gefährdung bei einer Rückkehr nach Afghanistan ausgesetzt wäre.

5 In der Revision wird zu ihrer Zulässigkeit im Wesentlichen vorgebracht, das BVwG habe seine sich aus dem Amtswegigkeitsprinzip ergebenden Pflichten grob missachtet und sei damit von näher zitierter Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abgewichen. Das BVwG gehe geradezu willkürlich von der Unglaubwürdigkeit des vom Revisionswerber vorgebrachten Religionswechsels aus. Diese Annahme sei ohne entsprechende Nachforschungen, Ermittlungen oder Durchführung einer mündlichen Verhandlung getroffen worden. Hätte das BVwG eine mündliche Verhandlung durchgeführt und näher genannte Zeugen einvernommen wäre es mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit von der Glaubwürdigkeit der Konversion ausgegangen und hätte festgestellt, dass aufgrund von entscheidungswesentlichen Änderungen des maßgeblichen Sachverhaltes die Aufhebung des faktischen Abschiebeschutzes rechtswidrig gewesen sei.

6 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

7 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.

8 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

9 Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist in der gesonderten Zulassungsbegründung konkret darzulegen, in welchen Punkten die angefochtene Entscheidung von welcher Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht bzw. konkret, welche Rechtsfrage der Verwaltungsgerichtshof uneinheitlich oder noch gar nicht beantwortet hat (vgl. VwGH 27.11.2018, Ra 2018/14/0213, mwN).

10 Die in der Zulässigkeitsbegründung der gegenständlichen Revision allgemein gehaltene Behauptung des Abweichens von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, weil das BVwG seine sich aus dem Amtswegigkeitsprinzip ergebenden Pflichten grob missachtet hätte, vermag im Sinn der eben zitierten Rechtsprechung eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung nicht darzutun.

11 Die Revision rügt, dass der Revisionswerber zur Darlegung der Ernsthaftigkeit seiner Konversion die Befragung von Zeugen, insbesondere seines Betreuers, beantragt hätte, und dies vom BVwG entgegen der Vorgaben der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes unterlassen worden wäre.

12 Der Verwaltungsgerichtshof hat in seinen Erkenntnissen vom 19.12.2017, Ra 2017/18/0451, 0452, sowie vom 12.12.2018, Ra 2018/19/0010, die Voraussetzungen dargelegt, unter denen bei einem Folgeantrag der faktische Abschiebeschutz nach § 12a Abs. 2 AsylG 2005 aberkannt werden kann. Die Revision zeigt nicht auf, dass diese Voraussetzungen fallbezogen nicht vorgelegen wären. Mit ihrem Vorbringen gelingt es ihr weder darzulegen, dass im Sinne der genannten Judikatur gebotene umfangreiche Erhebungen zur Beurteilung der Aufhebung des faktischen Abschiebeschutzes durchzuführen gewesen wären noch zu welchen konkreten Tatsachenfeststellungen diese geführt hätten.

13 In der Revision werden sohin keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung zurückzuweisen.

Wien, am 28. März 2019

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2019:RA2018140167.L00

Im RIS seit

18.06.2019

Zuletzt aktualisiert am

18.06.2019
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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