TE Vwgh Beschluss 2019/4/3 Ra 2019/18/0110

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Veröffentlicht am 03.04.2019
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Index

10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG)
10/07 Verwaltungsgerichtshof
19/05 Menschenrechte
41/02 Passrecht Fremdenrecht

Norm

AsylG 2005 §8 Abs1
B-VG Art133 Abs4
MRK Art2
MRK Art3
VwGG §28 Abs3
VwGG §34 Abs1

Beachte

Miterledigung (miterledigt bzw zur gemeinsamen Entscheidung verbunden):Ra 2019/18/0111Ra 2019/18/0112Ra 2019/18/0113Ra 2019/18/0114

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Vizepräsidentin Dr.in Sporrer sowie die Hofrätin Mag. Dr. Maurer-Kober und den Hofrat Dr. Sutter als Richterinnen und Richter, unter Mitwirkung des Schriftführers Mag. Wuketich, über die Revision 1. M D, 2. H K, 3. A D, 4. A D, 5. A A, alle vertreten durch Mag. Robert Bitsche, Rechtsanwalt in 1050 Wien, Nikolsdorfergasse 7-11/Top 15, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 5. Februar 2019, Zlen. L525 2142953- 1/9E, L525 2142955-1/8E, L525 2142950-1/6E, L525 2142951-1/6E und L525 2212262-1/2E, betreffend Asylangelegenheiten (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl), den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1 Die Revisionswerber sind Mitglieder einer Familie. Der Erstrevisionswerber und die Zweitrevisionswerberin sind Ehegatten, der Drittrevisionswerber, die Viertrevisionswerberin und die Fünftrevisionswerberin sind deren in Österreich geborenen minderjährigen Kinder im Alter von sechs Monaten bis drei Jahren. Sie sind alle Staatsangehörige von Bangladesch, gehören zur bengalischen Volksgruppe und bekennen sich zum schiitischmoslemischen Glauben.

2 Sie beantragten am 10. Februar 2016 (für den Erstrevisionswerber und die Zweitrevisionswerberin), am 6. April 2016 (für den Drittrevisionswerber und die Viertrevisionswerberin) und am 15. November 2018 (für die Fünftrevisionswerberin) internationalen Schutz.

3 Als Fluchtgrund brachte der Erstrevisionswerber zusammengefasst vor, er habe als neutraler Kandidat bei der Gemeindewahl seines Dorfes kandidiert. Damit sei der Führer der Gegenpartei nicht einverstanden gewesen und habe illegal den Auftrag gegeben, dass die Polizei ihn entführen solle. Man habe den Erstrevisionswerber auf ein Feld gebracht und erschießen wollen, wobei seine Augen verbunden gewesen seien. Erst nach mehrstündigem Bitten sei er freigelassen worden, und die Entführer hätten ihm aufgetragen, er solle das Land verlassen. Die Zweitrevisionswerberin brachte im Wesentlichen vor, sie sei für die Organisation "BRAC" tätig gewesen und habe den Auftrag gehabt, Eltern zu überzeugen, ihre Töchter in die Schule zu schicken. Aufgrund dieser Tätigkeit sei sie bedroht worden. Die dritt- bis fünftrevisionswerbenden Parteien würden keine eigenen Fluchtgründe geltend machen.

4 Mit Bescheiden vom 2. Dezember 2016 (betreffend die erstbis viertrevisionswerbenden Parteien) sowie vom 20. November 2018 (betreffend die Fünftrevisionswerberin) wies das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl die Anträge auf internationalen Schutz vollinhaltlich ab, erteilte den revisionswerbenden Parteien keine Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen, erließ jeweils eine Rückkehrentscheidung, stellte fest, dass eine Abschiebung der revisionswerbenden Parteien nach Bangladesch zulässig sei, und legte jeweils eine Frist von zwei Wochen für die freiwillige Ausreise fest.

5 Mit dem angefochtenen Erkenntnis wies das Bundesverwaltungsgericht (BVwG) die dagegen erhobenen Beschwerden nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung als unbegründet ab. Die Revision wurde vom Verwaltungsgericht gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG für nicht zulässig erklärt.

6 Begründend führte das BVwG aus, das Fluchtvorbringen der revisionswerbenden Parteien sei nicht glaubhaft. Hinsichtlich der Nichtzuerkennung des Status von subsidiär Schutzberechtigten legte es dar, dass keine reale Gefahr einer Art. 2 oder 3 EMRK-Verletzung und kein Hinweis auf das Vorliegen einer existenzbedrohenden Notlage im Herkunftsstaat bestehe.

7 Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die außerordentliche Revision, in der zur Zulässigkeit vorgebracht wird, bei den revisionswerbenden Parteien handle es sich um eine Familie mit drei Kleinstkindern, sohin um eine besonders vulnerable Personengruppe. Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs sei eine besondere Vulnerabilität bei der Beurteilung, ob den revisionswerbenden Parteien eine Verletzung ihrer durch Art. 2 und 3 EMRK gewährten Rechte drohe, im Speziellen zu berücksichtigen, was im vorliegenden Fall nicht passiert sei.

8 Mit diesem Vorbringen wird die Zulässigkeit der Revision nicht aufgezeigt.

9 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

10 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.

11 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

12 Der Verwaltungsgerichtshof hat bereits wiederholt ausgesprochen, dass bei der Prüfung betreffend die Zuerkennung von subsidiärem Schutz eine Einzelfallprüfung vorzunehmen ist, in deren Rahmen konkrete und nachvollziehbare Feststellungen zu der Frage zu treffen sind, ob einer Person im Fall der Rückkehr in ihren Herkunftsstaat die reale Gefahr ("real risk") einer gegen Art. 3 EMRK verstoßenden Behandlung droht. Es bedarf einer ganzheitlichen Bewertung der möglichen Gefahren, die sich auf die persönliche Situation des Betroffenen in Relation zur allgemeinen Menschenrechtslage im Zielstaat zu beziehen hat (vgl. VwGH 21.3.2018, Ra 2017/18/0474-0479).

13 Diesbezüglich ist auszuführen, dass im vorliegenden Einzelfall - auch unter Berücksichtigung der besonderen Vulnerabilität der minderjährigen Kinder - eine Verletzung der durch Art. 2 und 3 EMRK geschützten Rechte im Ergebnis nicht ersichtlich ist. Das BVwG stützte seine Einschätzung insbesondere auf die bestehenden familiären Anknüpfungspunkte im Heimatort, die positive wirtschaftliche Situation der revisionswerbenden Parteien sowie auf den Umstand, dass der Erstrevisionswerber zwei Häuser besitze. Weiters traf es Feststellungen zur Sicherheitslage, zur Bewegungsfreiheit und zur Grundversorgung. Angesichts dieser in der Revision unbestritten gebliebenen Feststellungen kann dem BVwG nicht entgegengetreten werden, wenn es die Voraussetzungen für die Zuerkennung des Status von subsidiär Schutzberechtigten verneint. Die Revision zeigt damit nicht konkret auf den vorliegenden Fall bezogen auf, warum entgegen der festgestellten Situation eine Rückkehr zu einer Verletzung der revisionswerbenden Parteien in ihren Rechten nach Art. 2 oder 3 EMRK führen würde.

14 In der Revision werden somit keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher zurückzuweisen.

Wien, am 3. April 2019

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2019:RA2019180110.L00

Im RIS seit

05.07.2019

Zuletzt aktualisiert am

05.07.2019
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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