Index
E3L E09301000Norm
B-VG Art133 Abs4Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Zorn, die Hofrätin Dr. Büsser sowie den Hofrat Dr. Sutter als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Engenhart, über die Revision des Finanzamts Judenburg Liezen in 8750 Judenburg, Herrengasse 30, gegen das Erkenntnis des Bundesfinanzgerichts vom 23. August 2017, Zl. RV/2100412/2011, betreffend Umsatzsteuer 2008 und 2009 (mitbeteiligte Partei: Verein S, z.H. Mag. E S in R), den Beschluss gefasst:
Spruch
Die Revision wird zurückgewiesen.
Begründung
1 Die mitbeteiligte Partei ist - nach dem vom Bundesfinanzgericht (BFG) festgestellten Sachverhalt - ein im Jahr 2007 gegründeter gemeinnütziger Verein mit dem Zweck, eine Sportanlage zu errichten und zu betreiben sowie Sportveranstaltungen durchzuführen und zu organisieren, wobei die finanziellen Mittel dafür laut Vereinsstatuten durch Beitrittsgebühren, Mitgliedsbeiträge, Spenden, Subventionen sowie Erlöse aus Veranstaltungen aufgebracht werden sollen. Gegenüber der Finanzverwaltung erklärte der mitbeteiligte Verein im Gründungsjahr, dass er mit einem wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb gegründet worden sei und Investitionen im Ausmaß von 400.000 EUR sowie Umsätze aus Eintrittsgeldern, Sponsorleistungen und Mitgliedsbeiträgen geplant seien.
2 Im Jahr 2010 reichte der mitbeteiligte Verein Umsatzsteuererklärungen betreffend die Jahre 2008 und 2009 ein. Darin erklärte er steuerpflichtige Umsätze iHv jeweils rund 130.000 EUR und Vorsteuern iHv rund 75.000 EUR (2008) bzw. 32.000 EUR (2009).
3 Das Finanzamt veranlagte den mitbeteiligten Verein, indem es die erklärten Umsätze gemäß § 6 Abs. 1 Z 14 UStG 1994 steuerfrei stellte und die Umsatzsteuer gemäß § 11 Abs. 12 UStG 1994 festsetzte, weil sie in Rechnung gestellt worden sei. Vorsteuerabzug wurde keiner gewährt.
4 In der dagegen eingebrachten (nunmehrigen) Beschwerde führte der mitbeteiligte Verein aus, dass die Einnahmen zum Teil aus der Zurverfügungstellung der Sportanlage (Tageskarten bzw. Saisonkarten) resultierten. Da § 6 Abs. 1 Z 16 UStG 1994 gegenüber § 6 Abs. 1 Z 14 UStG 1994 die speziellere Norm sei, seien die Befreiung gemäß § 6 Abs. 1 Z 16 UStG 1994 und die damit verbundene Option auf Steuerpflicht gemäß § 6 Abs. 2 UStG 1994 angewandt worden. Der Mitbeteiligte sei kein "Sportverein", sondern betreibe eine Sportanlage, die auch Nicht-Vereinsmitgliedern offen stehe.
5 In Vorbereitung der mündlichen Verhandlung legte der mitbeteiligte Verein eine interne "Projektbeschreibung" vor. Demnach hätten sich im Dezember 2006 Gastronomen und andere Unternehmer entschlossen, den Sportbetrieb auf professionelle Basis zu stellen, weil der örtliche Fremdenverkehrsverein nicht über die notwendigen Ressourcen verfügt habe. Dabei hätten die Gründungsmitglieder vorrangig touristische Aspekte im Auge gehabt. Einer ebenfalls vorgelegten Grundsatzvereinbarung mit dem Tourismusverband sei zu entnehmen, dass der mitbeteiligte Verein im Wesentlichen die bisher vom Tourismusverband betriebene Sportanlage übernehme und professionell betreibe. Auch die Winterwanderwege sollten von ihm präpariert werden. Dem gleichfalls vorgelegten Förderantrag an das Land (Fachabteilung Tourismusförderung) sei zu entnehmen, dass das Gesamtprojekt der Entwicklung des Tourismus diene. Das Land habe in der Folge einen Zuschuss iHv 70.000 EUR für die Anschaffung einer Beschneiungsanlage gewährt. Laut Saldenliste des Vereins hätten im Jahr 2008 verschiedene Unternehmer für Werbeauftritte 128.355 EUR brutto und im Jahr 2009 113.184 EUR bezahlt. Für Saisonkarten und Tageskarten seien 2008 28.750 EUR und 2009 34.550 EUR verrechnet worden.
6 Im Rahmen der mündlichen Verhandlung erklärte der mitbeteiligte Verein, dass es sein vorrangiges Ziel gewesen sei, den Tourismus zu fördern. Das Finanzamt erklärte dazu, dass dies aus seiner Sicht ein typischer Synergieeffekt zur vorliegenden Ausübung oder Förderung des Körpersportes sei.
7 In Reaktion auf eine unionsrechtliche Diskussion, wonach die Mehrwertsteuersystemrichtlinie 2006/112/EG (MwStSystRL) nur die Umsätze befreie, die der Sportausübung dienten, während die Werbeumsätze steuerpflichtig und vorsteuerabzugsberechtigend seien, erklärte der mitbeteiligte Verein in einem weiteren Schriftsatz nach der mündlichen Verhandlung, er wolle entsprechend der MwStSystRL besteuert werden.
8 Über Aufforderung durch das BFG legte der Mitbeteiligte Tages- und Saisonkarten sowie die Tarifbestimmungen vor, in denen allesamt keine Umsatzsteuer ausgewiesen war.
9 Mit dem angefochtenen Erkenntnis gab das BFG der Beschwerde Folge und änderte die bekämpften Bescheide ab. Begründend führte es aus, das Finanzamt habe aus den Statuten des unstrittig gemeinnützigen mitbeteiligten Vereins abgeleitet, dass es sich um einen Verein zur Förderung des Körpersportes handle, und sämtliche Umsätze gemäß § 6 Abs. 1 Z 14 UStG 1994 von der Umsatzsteuer befreit. Gleichzeitig sei die gesamte erklärte Umsatzsteuer gemäß § 11 Abs. 12 UStG 1994 vorgeschrieben worden, weil das Finanzamt davon ausgegangen sei, dass diese auch in den Rechnungen ausgewiesen gewesen sei.
10 Die Anwendbarkeit der Befreiungsbestimmung des § 6 Abs. 1 Z 14 UStG 1994 sei davon abhängig, ob es sich beim Mitbeteiligten um eine gemeinnützige Vereinigung im Sinne der §§ 34 bis 36 BAO handle, deren satzungsgemäßer Zweck ausschließlich oder weitaus überwiegend die Ausübung oder Förderung des Körpersports sei (Hinweis auf VwGH 8.4.1991, 90/15/0068). Laut Vereinsstatuten seien "Errichtung und Betrieb einer Sportanlage in (...) sowie die Durchführung und Organisation von Sportveranstaltungen" Zweck des Vereins. Der so umschriebene Zweck bestehe in der Ermöglichung der Ausübung bzw. der Förderung des Körpersports. Damit sei das Finanzamt zu Recht davon ausgegangen, dass es sich bei dem Mitbeteiligten um einen Verein zur Förderung des Körpersportes (Sportverein) handle. Für Vereine, die diese Voraussetzungen erfüllten, erstrecke sich die (innerstaatliche) Steuerfreiheit auch auf Entgelte für Tätigkeiten im Bereich der Vermögensverwaltung (§ 32 BAO) und auf jene Leistungen, die im Rahmen eines wirtschaftlichen Geschäftsbetriebes im Sinne des § 45 Abs. 1 ("entbehrlicher Hilfsbetrieb") oder Abs. 2 BAO ("unentbehrlicher Hilfsbetrieb") ausgeführt würden. Dementsprechend habe das Finanzamt auch sämtliche Umsätze gemäß § 6 Abs. 1 Z 14 UStG 1994 von der Umsatzsteuer befreit.
11 Das vom Mitbeteiligten ins Treffen geführte Erkenntnis des VwGH vom 25. Juni 2007, 2006/14/0001, demzufolge die Befreiung gemäß § 6 Abs. 1 Z 16 UStG 1994 Vorrang vor der Befreiung der Z 14 habe, betreffe die Vermietung einer Vereinskantine und lasse keine Rückschlüsse auf die Zurverfügungstellung einer Sportanlage zu. Dem Sportanlagennutzer komme es nicht auf die Vermietung des Grundstückes an, sondern auf die Nutzung der Sportanlagen. Die Zurverfügungstellung der Sportanlage stelle damit keine Grundstücksüberlassung, sondern einen Vertrag sui generis dar (Hinweis auf EuGH 18.1.2001, C-150/99, Stockholm Lindöpark).
12 Die Befreiung des Art. 132 Abs. 1 lit. m MwStSystRL erfasse demgegenüber nur die im engen Zusammenhang mit der Körpersportausübung stehenden Umsätze. Davon betroffen seien zweifelsfrei die Sportanlagenberechtigungskarten, auch wenn sie an Nichtmitglieder veräußert würden (Hinweis auf EuGH 19.12.2013, C- 495/12, Bridport and West Dorset Golf Club Ltd). Die an diverse Unternehmer aus dem Umkreis erbrachten Werbeleistungen stünden hingegen in keinem (engen) Zusammenhang mit der Sportausübung, sondern dienten den Unternehmern dazu, ihre Produkte zu präsentieren bzw. ihre Präsenz in der Region darzustellen. Damit seien diese Leistungen auch nicht von der unionsrechtlichen Befreiung umfasst.
13 Steuerpflichtige könnten sich in allen Fällen, in denen Bestimmungen einer Richtlinie inhaltlich als unbedingt und hinreichend genau erschienen, unmittelbar auf die Bestimmungen der Richtlinie berufen, wenn diese nur unzulänglich umgesetzt worden sei. Der Wortlaut des Art. 132 Abs. 1 lit. m MwStSystRL "in engem Zusammenhang mit Sport und Körperertüchtigung stehende Dienstleistungen, die Einrichtungen ohne Gewinnstreben an Personen erbringen, die Sport oder Körperertüchtigung ausüben" sei unbedingt und inhaltlich hinreichend genau beschrieben. Daher sei es dem Mitbeteiligten möglich, sich auf die unmittelbare Anwendung der MwStSystRL zu berufen.
14 Das habe Folgendes zur Konsequenz: Der Verkauf von Saisonkarten und Tageskarten im Ausmaß von 28.750 EUR (2008) bzw. 34.550 EUR (2009) sei gemäß § 6 Abs. 1 Z 14 UStG 1994 (unecht) von der Umsatzsteuer befreit. Da ein Ausweis der Umsatzsteuer in einer Rechnung nicht erfolgt sei, komme es auch zu keiner Steuerschuld aufgrund der Rechnung (wie vom Finanzamt im bekämpften Bescheid angenommen). Die Werbeleistungen im Ausmaß von
128.355 EUR brutto (2008) bzw. 113.184 EUR brutto (2009) unterlägen aufgrund der geforderten unmittelbaren Anwendung der MwStSystRL dem Normalsteuersatz.
15 Die angefallenen Vorsteuern seien im Verhältnis der steuerpflichtigen und steuerfreien Umsätze gemäß § 12 Abs. 5 Z 1 UStG 1994 aufzuteilen. Im Jahr 2008 seien somit 21,18% und im Jahr 2009 26,81% der Vorsteuern nicht abzugsfähig. Diese Änderung des %-Satzes der abzugsfähigen Vorsteuern bewirke gleichzeitig eine Änderung der Verhältnisse iSd § 12 Abs. 10 UStG 1994. Die Vorsteuern, die auf Bauten entfielen, seien dabei auf 10 Jahre; die, die auf Maschinen entfielen, auf 5 Jahre zu berichtigen. Diese Berichtigung betrage 528,19 EUR.
16 Gegen dieses Erkenntnis wendet sich die vorliegende Amtsrevision. Zu deren Zulässigkeit bringt das Finanzamt vor, das Erkenntnis weiche insoweit von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs ab, als die Umsatzsteueraufteilung zu keinem sachgerechten Ergebnis führe, denn die Aufteilung nach der Umsatzschlüsselmethode (§ 12 Abs. 5 Z 1 UStG 1994) dürfe nicht zu Ergebnissen führen, die zur wirtschaftlichen Zuordnung in erheblichem Widerspruch stünden (Hinweis auf § 12 Abs. 6 UStG 1994 sowie VwGH 23.2.2010, 2007/15/0289, und VwGH 30.9.2015, 2012/15/0129).
17 Mit diesem Vorbringen wird die Zulässigkeit der Revision nicht dargetan.
18 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
19 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen. Ein solcher Beschluss ist gemäß § 34 Abs. 3 VwGG in jeder Lage des Verfahrens zu fassen.
20 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.
21 Angesichts des Zulässigkeitsvorbringens der Amtsrevision hat der Verwaltungsgerichtshof nicht zu beurteilen, ob der mitbeteiligte Verein alle Voraussetzungen iSd §§ 34 ff BAO erfüllt und das BFG daher zu Recht von dessen Gemeinnützigkeit ausgegangen ist.
22 Dass im Hinblick auf den unionsrechtlichen Hintergrund der Regelung des § 6 Abs. 1 Z 14 UStG 1994 im gegenständlichen Fall jedenfalls nur die in engem Zusammenhang mit dem Körpersport stehenden Umsätze steuerbefreit sind, ist im Revisionsverfahren unstrittig (vgl. zur Möglichkeit, sich unmittelbar auf Richtlinienrecht zu berufen etwa VwGH 27.2.2019, Ro 2018/15/0022, 0023; oder VwGH 14.9.2017, Ro 2017/15/0017).
23 In Zweifel zieht die Amtsrevision lediglich die Aufteilung der abziehbaren Vorsteuern nach der Umsatzschlüsselmethode durch das Verwaltungsgericht. Das revisionswerbende Finanzamt könne nämlich aufgrund vorgelegter Rechnungen für das Jahr 2008 zumindest 50.000 EUR direkt der Loipenerrichtung und -betreibung zurechnen, was 66% der gesamten Vorsteuern entspreche. Dem stünden vom BFG nach der Umsatzmethode errechnete 21,18% nicht abziehbare Vorsteuer für das Jahr 2008 gegenüber. Durch § 12 Abs. 6 UStG 1994 werde das Wahlrecht in der Aufteilung der Vorsteuerbeträge jedoch insofern eingeschränkt, als die Aufteilung nach dem Verhältnis der Umsätze nicht zu ungerechtfertigten Steuervorteilen führen dürfe. Im Revisionsfall komme es - wie die Gegenüberstellung zeige - zu einem solchen ungerechtfertigten Steuervorteil für den Mitbeteiligten. Aus den Verhältnissen des Jahres 2008 könne geschlossen werden, dass dies auch für 2009 zutreffe.
24 Die Vorsteuern aus der Loipenerrichtung und -erhaltung stünden in direktem Zusammenhang mit den steuerbefreiten Umsätzen der Mitbeteiligten, nämlich der Ausübung des Körpersports (Ticketverkauf), und seien daher nicht abziehbar. Sie stünden in keinem direkten Zusammenhang mit der Bandenwerbung entlang der Loipe und somit mit den steuerpflichtigen Ausgangsumsätzen des Mitbeteiligten. Vorsteuern, die im direkten Zusammenhang mit den Werbeleistungen stünden, wären zum Beispiel für den Ankauf der Banden denkbar.
25 Das BFG hat die Zuordnung getroffen, dass auch die Umsätze aus der Bandenwerbung entlang der Loipe in direktem Zusammenhang zur Loipenerrichtung und -erhaltung stehen. Diese Zuordnung ist nicht mit einem die Zulässigkeit der Revision begründenden Mangel behaftet.
26 In der Revision werden somit keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher zurückzuweisen.
Wien, am 3. April 2019
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2019:RA2017150096.L00Im RIS seit
12.07.2019Zuletzt aktualisiert am
12.07.2019